Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.09.2021, Az.: 1 KN 115/19

Ausgleich, naturschutzrechtlicher; Entwässerungskonzept; Kompensationsflächen; Normenkontrolle, Antragsbefugnis; örtliche Bauvorschrift

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.09.2021
Aktenzeichen
1 KN 115/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70994
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Flächen, die von der Gemeinde nach § 1a Abs. 3 Satz 4 Alt. 2 BauGB zum naturschutzrechtlichen Ausgleich bereitgestellt werden, sich aber im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht im Eigentum der betreffenden Gemeinde befinden, müssen in sonstiger Weise gesichert sein. Dass die Fläche im Eigentum der Samtgemeinde steht, der die Gemeinde angehört, und eine Überlassung der Fläche in Aussicht steht, genügt zur Sicherung nicht. Es bedarf einer - ggf. durch einen Beschluss des Samtgemeinderates abgesicherten - rechtsverbindlichen Erklärung der Samtgemeinde, dass die Fläche der Gemeinde als Kompensationsfläche zeitlich unbefristet überlassen wird.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin am 17. Januar 2019 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ einschließlich Ziffer 1 der Örtlichen Bauvorschriften, zuletzt bekannt gemacht am 28. November 2019, ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Normenkontrollverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ der Antragsgegnerin. Er hat Sorge, dass das durch den Plan ausgewiesene neue Wohngebiet die landwirtschaftliche Nutzung seines unmittelbar angrenzenden Außenbereichsgrundstücks beeinträchtigen wird.

Der Antragsteller ist Landwirt. In seinem Eigentum stehen u.a. zwei am südöstlichen Rand des Ortsteils Mulsum der Antragsgegnerin gelegene Grundstücke mit den Flurstückbezeichnungen J. bzw. K. (der Gemarkung Mulsum Flur L.; auf diese Gemarkung/Flur beziehen sich auch die weiteren Flurstückangaben). Das Flurstück J. liegt - getrennt durch das Flurstück M., dessen Eigentümer der Beigeladene zu 2. ist - rückwärtig zur östlichen Bebauung des Mühlenwegs. Das Flurstück K. grenzt südlich an die östliche Verlängerung des Querwegs an. Beide Grundstücke befanden sich bisher im Außenbereich und wurden von dem Antragsteller landwirtschaftlich durch Ackerbau genutzt. Nach seinem - von der Antragsgegnerin allerdings nicht bestätigten - Vortrag ist der Antragsteller zudem Inhaber eines durch Rezess abgesicherten Zufahrtsrechts an dem im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Flurstück N., das seine beiden Grundstücke mit dem Mühlenweg verbindet.

Der südöstliche Siedlungsbereich des Ortsteils Mulsum ist u.a. durch den Bebauungsplan Nr. 12 „Südlich der alten Schmiedestraße“, dessen Plangebiet die Grundstücke bis südlich der Straße Suerfeld umfasst, und den Bebauungsplan Nr. 3 „Suerfeld“, dessen Plangebiet bis östlich der Straße Mühlenweg reicht, beplant. Zur Fortsetzung der eigenbedarfsorientierten wohnbaulichen Entwicklung beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 26. Mai 2016 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 29 „Suerfeld 2“. Das Neubaugebiet mit etwa 50 Wohngrundstücken soll südlich bzw. östlich direkt an die bereits vorhandene Wohnbebauung der Straßen Suerfeld bzw. Mühlenweg anschließen. Begrenzt wird der Planbereich im Osten durch die Verlängerung der Straße Wiesenrain, im Süden durch die Verlängerung des Querwegs. Das Flurstück J. des Antragstellers und das Flurstück N. der Antragsgegnerin werden demgemäß von der Planung erfasst. Das Flurstück K. des Antragstellers verbleibt zwar im Außenbereich, grenzt mit seiner Nordseite aber unmittelbar an das Plangebiet an.

Der Flächennutzungsplan der Samtgemeinde E-Stadt 2015 stellte den Bereich im Zeitpunkt der Planaufstellung bereits als Wohnbaufläche dar. Eingetragen war auch eine teilweise Ortsrandeingrünung an der Grenze zu dem Flurstück K. des Antragstellers. Ausweislich im Aufstellungsverfahren erstellter gutachterlicher Stellungnahmen verläuft am südöstlichen Rand des Plangebiets ein aus Laubbäumen und -sträuchern heimischer Arten zusammengesetzter Gehölzstreifen, der auf einer Eschkante liegt, die ungefähr 1 m Höhenunterschied zu dem Bereich südlich des Plangebiets aufweist.

Die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB wurde mit Schreiben vom 29. März 2017 eingeleitet. Zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB wurde ein Erörterungstermin am 24. April 2017 durchgeführt. Mit dem Terminhinweis vom 6. April 2017 wurde auch der Planaufstellungsbeschluss vom 26. Mai 2016 ortsüblich bekanntgemacht.

Hierauf reichte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin mehrere auf den 17. April 2017 datierende Stellungnahmen ein. Er machte geltend, dass es zu Konflikten zwischen der landwirtschaftlichen Nutzung seines Flurstücks K. und dem geplanten Wohngebiet kommen könne. Die Bewirtschaftung des Ackers könne sich durch Gerüche von Pflanzenschutzmitteln und Gülle, durch Maschinengeräusche an Sonn- und Feiertagen sowie in den Abend- und Nachtstunden, durch Staubentwicklung und verdriftendes Beregnungswasser negativ auf die Wohnnutzung auswirken. Auch könne die Wohnnutzung zu einer Verschmutzung seiner Ackerfläche durch Kot von Haushunden und Müll führen; zu besorgen sei ebenso der Eintrag von Samen und invasiven Neobiota. Zur Vermeidung solcher Konflikte solle im Plangebiet zu seinem Flurstück K. eine Distanzfläche mit aufgebrachtem Erdwall und Buschbepflanzung eingerichtet werden. Weiter befürchte er, dass die mit der Wohnbebauung einhergehende Bodenversiegelung im Plangebiet angesichts sich durch den Klimawandel verstärkender Niederschläge zu einer Vernässung seiner Ackerfläche führe. Zudem betrachte er die Baumreihe nördlich seines Flurstücks K. als grenzbezeichnenden Weidewall, der auch unter seinem persönlichen Schutz stehe.

In dem von dem Rat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 12. Juni 2018 gebilligten Planentwurf wurde dem Wunsch des Antragstellers nach der Festsetzung eines Erdwalls zwischen der Wohnbebauung und seinem Flurstück K. nicht nachgekommen. Allerdings wurden an der Grenze zur Ackerfläche des Antragstellers eine 5 m tiefe private Grünfläche mit durch textliche Festsetzung näher bestimmten Bindungen zur Erhaltung und Pflanzung von Bäumen und Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen und eine davon 3 m zurückgesetzte Baugrenze vorgesehen.

Zur Oberflächenentwässerung im Plangebiet hieß es in dem damaligen Entwurf der Planbegründung (Stand: 17.5.2018), dass das Ingenieurbüro O., P., ein Konzept erarbeiten und umsetzen werde. Hinsichtlich der geregelten Ableitung von entstehendem Oberflächen- und Niederschlagswasser aus dem Gebiet seien bereits Vorbemessungen der abwassertechnischen Anlagen sowie Angaben zum Flächenbedarf und für den Verlauf sowie die Reihenfolge der Herstellung der erforderlichen Erschließungsanlagen erfolgt. Entlang des äußeren Randes des Plangebietes verlaufe im Bestand ein unterirdischer Regenwasserkanal. Dieser könne für die Umsetzung des ersten Bauabschnittes genutzt werden. Für die Umsetzung der weiteren Bauabschnitte müssten zusätzlich neue Kanäle zusammen mit der Herstellung der Planstraßen verlegt werden. Die Oberflächenentwässerung münde in ein Regenrückhaltebecken (RRB), welches schon für die Erweiterung des Bebauungsplans Nr. 12 „Südlich der Alten Schmiedestraße“ ausgelegt worden sei und sich südwestlich außerhalb des Plangebietes zwischen den Straßen Mühlenweg und Heerloge befinde (Flurstück Q. der Gemarkung Mulsum Flur R.). Das Konzept zur Oberflächenentwässerung werde nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant und umgesetzt werden. Dabei werde sichergestellt, dass sich zukünftige Wasserhaltungen nicht negativ auf die Bewirtschaftbarkeit benachbarter Flächen auswirkten.

Im Rahmen der durch Schreiben vom 5. Juli 2018 eingeleiteten Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB teilte das Umweltamt, Abt. Wasserwirtschaft, des Landkreises C-Stadt unter dem 29. August 2018 mit, dass die Antragsgegnerin am 30. Juni 2003 die wasserrechtliche Genehmigung zur Herstellung eines RRB mit einer baulichen Anlage zur Abflussregulierung in einem Gewässer III. Ordnung beantragt und auch erhalten habe. Diese Anlagen dienten der Ableitung des Niederschlagswassers aus dem Gebiet des Bebauungsplans Nr. 12 „Südlich der Alten Schmiedestraße“. Im Zusammenhang mit der Erschließung des Plangebietes seien durch die ungedrosselte Ableitung des Oberflächenwassers in den Graben zwischen Mühlenweg und Heerloge, maßgeblich bei Starkregenereignissen, Überstauungen der anliegenden Grundstücke aufgetreten. Aus den damaligen Antragsunterlagen gehe nicht eindeutig hervor, ob die damals in der hydraulischen Berechnung berücksichtigten Flächen des Bebauungsplans Nr. 12 „Südlich der Alten Schmiedestraße“ mit den geplanten Erweiterungsflächen der heutigen Fläche des Bebauungsplanes Nr. 29 „Suerfeld 2“ entsprächen. Hingewiesen werde darauf, dass für die wasserrechtlichen Erschließungsanlagen eine Erlaubnis gemäß § 8 WHG erforderlich sei. Hierfür sei ein wasserwirtschaftlicher Begleitplan aufzustellen. Die sich durch die hydraulische Berechnung ergebenden Veränderungen (Volumen des RRB, Änderung des Drosselabflusses) seien umzusetzen.

Die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB fand vom 25. Juli bis einschließlich 31. August 2018 statt. In der Auslegungsbekanntmachung vom 5. Juli 2018 heißt es, dass während der Auslegungszeit Stellungnahmen zu den Entwurfsunterlagen von jedermann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift vorgebracht werden könnten.

Der Antragsteller erhob unter dem 29. August 2018 Einwendungen. Er hielt an seiner Ansicht fest, dass die Oberflächenentwässerung der Grundstücke im Plangebiet aufgrund der hohen Versiegelung problematisch sei, wobei er ergänzend darauf hinwies, dass das Gelände vom Nord- bis zum Südrand ein Gefälle von 5 m aufweise. Soweit in dem Entwurf der Planbegründung davon ausgegangen werde, dass die Oberflächenentwässerung in ein RRB münden solle, das sich südwestlich des Plangebiets befinde und bereits für die Erweiterung des Bebauungsplangebiets Nr. 12 „Südlich der Schmiedestraße“ ausgelegt worden sei, sei dieses zur Aufnahme des Oberflächenwassers aus dem Baugebiet „Suerfeld 2“ nicht geeignet. Ganz offensichtlich sei das RRB nach seiner Einrichtung nicht von eingeschwemmten Sedimenten gereinigt worden. Es habe sich über die Zeit zu einem Wald und aufgrund der besonderen Lebensbedingungen in einem Wald-Regenrückhaltebecken auch zu einem Biotop entwickelt. Die Rückführung des RRB in einen funktionsfähigen Zustand unterliege erheblichen Restriktionen, zu denen sich die Planung bislang nicht verhalte. Der Antragsteller wiederholte zudem seine Forderung nach einer Distanzfläche mit Erdwall zu seinem Flurstück K.. Neben dem damit verfolgten Zweck, die Wohnnutzung vor landwirtschaftlichen Emissionen zu schützen, sei auch zu beachten, dass bei der Bewirtschaftung der Ackerfläche Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden. Die dadurch möglichen Konflikte ließen sich, wie der Senat in einem früheren Verfahren entschieden habe, dadurch vermeiden, dass zwischen dem Baugebiet und den Ackerflächen ein für Tropfen undurchdringlicher Baum- und Strauchschutzstreifen entwickelt werde. Nach der Planung grenze das Wohngebiet aber unmittelbar an seine Ackerfläche an. Der vorgesehene Pflanzstreifen von 5 m sei zu schmal, um den erforderlichen Schutz sicherzustellen, und schließe wegen der Bestimmung als private Grünfläche auch nicht den Aufenthalt von Menschen aus.

In der Folgezeit - die Unterlagen datieren vom 26. November 2018 - wurde von dem beauftragten Ingenieurbüro das Konzept zur Oberflächenentwässerung des Plangebiets erstellt. In einer „Anlage 1 - Erläuterung des Sachverhalts zum Thema „Entwässerung“ fasste die Antragsgegnerin die maßgeblichen Erwägungen zusammen:

Zum Sachverhalt wurde ergänzt, dass das für das Baugebiet „Südlich der alten Schmiedestraße“ beantragte RRB am 15. Oktober 2004 einschließlich der Herstellung der baulichen Anlagen zur Abflussregulierung in dem Graben zwischen Mühlenweg und Heerloge genehmigt worden sei. Das RRB, das in seiner Dimensionierung ausschließlich für das damalige Baugebiet ausgelegt gewesen sei, sei seinerzeit planmäßig und fachgerecht hergestellt worden. Zudem sei ein Regenwasserkanal (DN 700/800) verlegt worden, der die Verbindung zwischen den Kanälen in den Straßen Suerfeld und Mühlenweg herstelle. Das seinerzeit hergestellte RRB sei jedoch nicht oder jedenfalls nur kurzfristig ordnungsgemäß betrieben worden. Die Unterhaltungslast für das RRB, die Zu- und Abläufe sowie die verrohrten und offenen Gräben im Zu- und Abflussbereich des RRB liege bei der Antragsgegnerin. Durch den fehlenden Betrieb, mangelnde Instandhaltung bzw. Wartung und Pflege des RRB habe eine teilweise ungedrosselte Ableitung von Niederschlagswasser aus dem Baugebiet „Südlich der alten Schmiedestraße“ stattgefunden. Dies habe trotz der im Graben vorhandenen Drosselung insbesondere bei starken Regenfällen zu Überstauungen auf den anliegenden Grundstücken zwischen den Straßen Heerloge und Mühlenweg geführt. Auch in der Straße Im Wiesengrund im Bereich des Abflusses des RRB - einem verrohrten und offenen Graben entlang und nordwestlich der Straße Im Wiesengrund - sei es aufgrund dessen wiederholt zu Überstauungen gekommen. Über die Jahre sei zudem ein dichter Bewuchs im RRB entstanden. Insgesamt stelle sich das RRB und die Zu- und Abflusssituation aus derzeitiger Sicht als nicht funktionsfähig im Sinne der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Entwässerung dar.

Weiter heißt es, dass das Oberflächenentwässerungskonzept des beauftragten Ingenieurbüros die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachte. Das Nord-Süd-Gefälle des Plangebietes und die Topographie seien berücksichtigt worden. Die zulässige Versiegelung im Plangebiet sei den wassertechnischen Berechnungen zugrunde gelegt worden. Die Planung sei für ein 5-jähriges Regenereignis ausgelegt worden. Durch die Umsetzung des Konzepts werde auch sichergestellt, dass sich die Realisierung des Baugebietes nicht negativ auf benachbarte Flächen auswirke.

Zu dem Oberflächenentwässerungskonzept im Einzelnen wurde ausgeführt, dass die für das Baugebiet „Suerfeld 2“ vorgesehene abschnittsweise Realisierung in (drei) Bauabschnitten auch für die Reihenfolge der Herstellung neuer abwassertechnischer Anlagen im Baugebiet und der Nutzung vorhandener Anlagen von Bedeutung sei. Innerhalb des Plangebiets befinde sich ein Regenwasserkanal, der im Zuge des Baugebietes „Südlich der alten Schmiedestraße“ verlegt worden sei und vom Anschluss an der Straße Suerfeld im Norden entlang des Rands des Plangebiets „Suerfeld 2“ zum Anschluss an die Straße Mühlenweg im Südwesten verlaufe. Es sei vorgesehen, dass alle Planstraßen im Baugebiet „Suerfeld 2“ neue Regenwasserkanäle erhielten, die an den vorhandenen Regenwasserkanal angeschlossen werden sollten. Dies bedürfe keiner wasserrechtlichen Genehmigung. Der vorhandene Regenwasserkanal werde im Zuge dessen gefilmt und ggf. instandgesetzt. Zum Zeitpunkt der Realisierung des 3. Bauabschnitts werde ein Abschnitt des bestehenden Regenwasserkanals innerhalb des Plangebiets umzulegen sein. Der gesamte Netzstrang, auch in der Straße Mühlenweg, an den das neue Baugebiet angeschlossen werden solle, sei hydraulisch überprüft worden mit dem Ergebnis, dass die Rohrleitungen ausreichend dimensioniert seien. Dies heiße, dass bei einem 5-jährigen Regenereignis hierdurch kein Überstau eintrete. Um sicherzustellen, dass der Anschluss des neuen Baugebiets nicht zu Entwässerungsproblemen im weiteren Verlauf des örtlichen Entwässerungsnetzes führe, werde das südwestlich des Plangebiets gelegene RRB zunächst grundsaniert und wieder in Betrieb genommen. Die Zu- und Abflusssituation zum RRB werde wiederhergestellt und die zu- und abführenden offenen und verrohrten Gräben würden instandgesetzt. Für die Rückhaltung des Oberflächenwassers aus dem Baugebiet „Suerfeld 2“ sei zusätzlich ein Volumen von 714 m³ zu schaffen. Es sei beabsichtigt, ein neues RRB auf einer nordöstlich an das Plangebiet angrenzenden Fläche südlich der Feldstraße zu errichten und die Zuordnung der RRB zu ändern. Das im Baugebiet „Suerfeld 2“ entstehende Oberflächenwasser solle zukünftig in das ertüchtigte RRB zwischen Mühlenweg und Heerloge und das in dem Baugebiet „Südlich der Alten Schmiedestraße“ und in der Feldstraße anfallende Oberflächenwasser solle in das neu zu errichtende RRB südlich der Feldstraße abgeleitet werden.

Über die im Auslegungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen beriet der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 17. Januar 2019 auf der Grundlage von Abwägungsvorschlägen und traf einen Abwägungsbeschluss. Anschließend beschloss der Rat den Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ mit Örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Die Anlagen der Sitzungsvorlagen zum Abwägungsbeschluss und zur Entwurfsbilligung vom 12. Juni 2018 wurden zum Bestandteil des Beschlusses gemacht. Die Ausfertigung der Planurkunde erfolgte am 26. Juni 2019. Zunächst am 27. Juni 2019 und - zur vorsorglichen Abwendung eines etwaigen Bekanntmachungsmangels - erneut am 28. November 2019 machte die Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss im Amtsblatt für den Landkreis C-Stadt bekannt.

Der damit in Kraft gesetzte Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ mit Örtlichen Bauvorschriften weist auf einer Fläche von ca. 4,90 ha - durch Textliche Festsetzung (TF) 1 beschränkte - Allgemeine Wohngebiete aus, die sich in die Teilgebiete WA 1 und WA 2 aufteilen. Dabei sind Mindestgrundstücksgrößen - für Einzelhausgrundstücke 700 m² und für Doppelhausgrundstücke 350 m² je Haushälfte - festgelegt (TF 5). Das Flurstück J. des Antragstellers und die zu seinem Flurstück K. hin gelegenen Flächen werden als WA 1 festgesetzt. Zum Maß der baulichen Nutzung ist im WA 1 eine Grundflächenzahl von 0,25, eine Höchstzahl von Vollgeschossen von einem und eine maximal zulässige Gebäudehöhe von 10,50 m bestimmt. Im WA 2 gilt eine Grundflächenzahl von 0,3, eine Höchstzahl von Vollgeschossen von zwei und eine maximale Gebäudehöhe von 11 m. Der Höhenbezugspunkt ist durch Textliche Festsetzung bestimmt (TF 2). Hinsichtlich der Bauweise ist für das WA 1 festgelegt, dass nur Einzel- oder Doppelhäuser zulässig sind, wobei je Einzelhaus höchstens zwei Wohnungen, je Doppelhaushälfte höchstens eine Wohnung zulässig sind (TF 4.1). Für das WA 2 ist eine abweichende Bauweise als offene Bauweise, wobei die Länge der Gebäude 30 m je Gebäude nicht überschreiten dürfen (TF 3), bestimmt. Je Einzelhaus sind höchstens vier Wohnungen zulässig (TF 4.2). Für die Wohnbauflächen sind Baugrenzen festgesetzt, und zwar zu den Erschließungsstraßen im Abstand von 4 m und im Übrigen im Abstand von 3 m. Die Errichtung von Garagen und überdachten Stellplätzen i.S. des § 12 BauNVO sowie Nebenanlagen i.S. des § 14 BauNVO in Form von Gebäuden zwischen Baugrenze und angrenzender Straßenverkehrsfläche ist nicht zulässig (TF 6).

Die verkehrliche Erschließung des neuen Wohngebiets mit Kfz erfolgt grundsätzlich von Norden über eine Verlängerung der Straße Wiesenrain und innerhalb des Plangebiets durch eine „Zwei-Ring-Führung“, wobei ein östlich gelegener Abschnitt nur als Fuß- und Radweg ausgewiesen ist. Zusätzlich wird im südwestlichen Bereich des Plangebiets über das im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Flurstück N. eine verkehrliche Verbindung zur Mühlenstraße hergestellt. Das Flurstück ist in einer Breite von 7 m als Straßenverkehrsfläche und mit seinen restlichen 4,6 m als öffentliche Grünfläche ausgewiesen. Die Nutzung der Straßenverkehrsfläche ist allerdings im Wesentlichen nur für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen; die weitere Zufahrt zum Plangebiet durch Kfz soll durch Absperrpoller verhindert werden. Der Abschnitt zwischen Mühlenweg und Absperrpollern dient aber auch der Erschließung des Flurstücks M. des Beigeladenen zu 2. und des Flurstücks J. des Antragstellers von Süden aus sowie der Erreichbarkeit dessen Flurstücks K. vom Mühlenweg aus.

Wie im Planentwurf vorgesehen, wird ein 5 m breiter Streifen private Grünfläche ausgewiesen, der vom südlichen Ende der Planstraße entlang der Grenze zum Flurstück K. des Antragstellers bis zur östlichen Grenze des Plangebiets und von dort im rechten Winkel nach Norden verläuft, bis er - etwa auf halber Länge der Ostseite des Plangebiets - wieder auf die Planstraße trifft. Dabei ist - mit näheren grünordnerischen Bestimmungen (TF 7) - die südliche private Grünfläche zugleich als Fläche mit Bindung zur Erhaltung und Pflanzung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen und die östliche private Grünfläche zugleich als Fläche für die Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen festgesetzt. Insbesondere ist angeordnet, dass zu erhaltende und anzupflanzende Bäume durch den jeweiligen Grundstückseigentümer in ihrer natürlichen Größe zu entwickeln, dauerhaft zu pflegen, zu erhalten und zu schützen sowie bei Abgang durch entsprechende Neuanpflanzungen gleicher Art und Qualität auf demselben Grundstück zu ersetzen sind (TF 7.4).

Weiter sind in der Planurkunde ohne Normcharakter gekennzeichnet die Eschkante und die drei Bauabschnitte. Die in den Plan aufgenommenen Örtlichen Bauvorschriften sind mit dem Zusatz „(gemäß § 84 NBauO)“ versehen. Ziffer 1 bestimmt Dachform und Dachneigung von Gebäuden; Ziffer 2 legt fest, dass je Wohnung mindestens 2 Stellplätze auf den privaten Grundstücksflächen anzulegen sind. Die Planurkunde umfasst schließlich Hinweise u.a. zum Artenschutz und zur Kompensationsfläche. Dabei wird im Einzelnen angegeben, auf welchen externen Ausgleichsflächen und mit welchem Ziel insgesamt 2,05 ha Kompensationsfläche außerhalb des Plangebiets gesichert wird.

Die Vermarktung der Baugrundstücke im Gebiet des Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ übernahm die Antragsgegnerin selbst und kaufte hierzu Flächen von der Kirchengemeinde Mulsum an; der Grundstückskaufvertrag wurde am 30. November 2018 notariell beurkundet. Nicht erworben wurden neben dem Flurstück J. des Antragstellers die im Eigentum des Beigeladenen zu 1. stehenden Flurstücke S. und T. sowie das Flurstück M. des Beigeladenen zu 2. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2021 ist - von den beiden im Eigentum des Beigeladenen zu 1. stehenden Flurstücken abgesehen - der 1. Bauabschnitt des Plangebiets weitgehend verwirklicht; für den 2. Bauabschnitt sind die Erschließungsanlagen fertig gestellt.

Bereits am 29. August 2019 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung seiner Antragsbefugnis stützt er sich auf seine Stellung als Eigentümer sowohl des in die Planung einbezogenen Flurstücks J. als auch des an das Plangebiet angrenzenden Flurstücks K.. In der Sache vertritt der Antragsteller die Auffassung, in seinem Anspruch auf ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange beeinträchtigt zu sein. Die Planung stelle nicht sicher, dass es zu keinem Konflikt zwischen der schutzwürdigen Nutzung von Flächen im Plangebiet einerseits und der Pflanzenschutzmittelanwendung auf seinem Flurstück K. andererseits komme. Auch trage die Planung nicht hinreichend Sorge dafür, dass Niederschlagswasser nicht auf der im westlichen Bereich des Plangebiets direkt nach Süden führenden Planstraße ungehindert auf seine landwirtschaftliche Fläche laufe. Gewährleistet werde ebenfalls nicht, dass er sein Zufahrtsrecht an dem im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Flurstück N. weiterhin uneingeschränkt ausnutzen könne. Weitere Mängel träten hinzu. So würden die Belange von Natur und Landschaft nicht hinreichend erfasst. Gleichsam ins Blaue hinein seien Annahmen zur Bedeutung der zu bebauenden Ackerfläche getroffen worden, die nicht durch Untersuchungen fundiert seien. Darüber hinaus erfüllten die externen Kompensationsflächen nicht die Vorgaben des § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB. Schließlich verstießen die Örtlichen Bauvorschriften gegen das Zitiergebot.

Der Antragsteller beantragt,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 17. Januar 2019 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ einschließlich Ziffer 1 der Örtlichen Bauvorschriften, zuletzt bekannt gemacht am 28. November 2019, für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin hält den Normenkontrollantrag für unbegründet und ist sämtlichen Rügen des Antragstellers, hinsichtlich der Belange von Natur und Landschaft unter Vorlage gutachterlicher Stellungnahmen, entgegengetreten.

Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben jeweils keinen Antrag gestellt und sich auch sonst nicht im Verfahren geäußert.

Der Planaufstellungsvorgang ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Über den Normenkontrollantrag kann entschieden werden, obwohl für die Beigeladenen zu 1. und 2. niemand zur mündlichen Verhandlung vom 8. September 2021 erschienen ist. Denn in ihren jeweils am 11. Mai 2021 zugestellten Ladungen war ein entsprechender Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO enthalten.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.

I.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller nach § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO vollumfänglich antragsbefugt. Auch steht ihm ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite.

Soweit sich der Antragsteller gegen Ziffer 1 der nach § 84 Abs. 6 NBauO in den Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ aufgenommenen Örtlichen Bauvorschriften wendet, ergibt sich seine Antragsbefugnis aus seiner Stellung als Eigentümer des in die Planung einbezogenen Flurstücks J., für das die in der Vorschrift getroffenen Regelungen zur Dachform und Dachneigung von Gebäuden Anwendung finden.

Etwas Anderes gilt entgegen der Auffassung des Antragstellers allerdings hinsichtlich der auf Bauplanungsrecht gestützten Festsetzungen. Zwar stellt die Ausweisung des bisherigen Außenbereichsgrundstücks als Allgemeines Wohngebiet (WA 1) mit Festlegungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Bauweise und zur überbaubaren Grundstücksfläche für den Antragsteller eine Bestimmung seines Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.7.1997 - 4 BN 11.97 -, Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 22 = juris Leitsatz 1 und Rn. 6 f.; Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123 = juris Leitsatz 1 und Rn. 10 f.). Der Antragsteller hat aber nicht, wie es für die Bejahung der Antragsbefugnis zusätzlich erforderlich ist, hinreichend substantiiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die für das Flurstück J. getroffenen Festsetzungen in seinem Eigentumsrecht verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123 = juris Leitsatz 2 und Rn. 12). Wenngleich die Ambivalenz bauplanerischer Festlegungen, nach der auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein kann, zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123 = juris Leitsatz 2 und Rn. 13; Beschl. v. 29.10.2019 - 4 BN 36/19 -, BauR 2020, 237 = juris Rn. 4), gibt die Begründung des Normenkontrollantrags jedoch keinen Anhalt für die Annahme, die Ausweisung des Außenbereichsgrundstücks als Wohnbaufläche erweise sich für den Antragsteller nicht ausschließlich als positiv. Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der überbaubaren Grundstücksfläche dem Antragsteller zu Unrecht weitergehende bauliche Nutzungsmöglichkeiten vorenthielten, sind ebenfalls nicht dargetan. Der Antragsteller hat sich auch zu keinem Zeitpunkt dagegen gewandt, dass ihm durch die Überplanung die Nutzung des Flurstücks J. als Ackerfläche entzogen wird. Soweit die Landwirtschaftskammer Niedersachen in ihren in den Beteiligungsverfahren nach § 4 Abs. 1 und 2 BauGB abgegebenen Stellungnahmen vom 31. März 2017 bzw. 20. August 2018 allgemein auf eine mögliche Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe durch den Flächenverlust hingewiesen hatte, war diese nach der Abwägungstabelle nicht zu erkennen und läge im Falle des Antragstellers im Hinblick auf die Größe des Flurstücks von (nur) ca. 2.500 m² und seine weiteren landwirtschaftlichen Eigentumsflächen auch fern.

Der Antragsteller kann hinsichtlich der bauplanerischen Festsetzungen aber eine Antragsbefugnis aus seiner Stellung als Eigentümer des mit seiner Nordseite an das Plangebiet angrenzenden Flurstücks K. herleiten. In Bezug auf das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Recht auf gerechte Abwägung ist bereits derjenige antragsbefugt, der sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn das Interesse des Betroffenen geringwertig, nicht schutzwürdig, für die Gemeinde nicht erkennbar oder sonst makelbehaftet ist. Die Prüfung, ob dies der Fall ist, ist allerdings nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes vorzunehmen und darf nicht in einem Umfang und in einer Intensität erfolgen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt (stRspr; vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 16.6.2020 - 4 BN 53.19 -, BRS Nr. 88 = juris Rn. 9 m.w.N.). Nach diesen Maßgaben ist der Antragsteller antragsbefugt. Der von ihm im Aufstellungsverfahren geforderte Schutz seiner Ackerfläche vor Niederschlagswasser aus dem Plangebiet stellt einen abwägungserheblichen privaten Belang dar. § 1 Abs. 7 BauGB verlangt, dass der Bauleitplanung eine Erschließungskonzeption zugrunde liegt, nach der das im Plangebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen - auch außerhalb des Plangebiets - keinen Schaden nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.11.2015 - 4 CN 9.14 -, BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 13; v. 21.3.2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 = juris Leitsatz 2 und Rn. 15). Eine Gefährdung des Flurstücks K. durch unkontrolliert abfließendes Niederschlagswasser ist nach dem anzuwendenden Prüfungsmaßstab auch nicht offensichtlich ausgeschlossen. Das Plangebiet, dessen Boden nach der Bewertung in der im Rahmen der Planaufstellung erstellten Eingriffsregelung mit Kompensationsmaßnahmen des Landschaftsarchitekten U. (Stand: 18.1.2019) von mittlerer Wasserdurchlässigkeit ist (S. 5), weist von seinem Nord- bis zu seinem Südrand ein Gefälle von ca. 5 m auf. Die Ackerfläche des Antragstellers liegt aufgrund der Eschkante noch ungefähr einen Meter tiefer.

Hiernach ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag gegeben. Eine räumliche „vollständige Verwirklichung“ der Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung im Plangebiet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.2019 - 4 BN 15.18 -, juris Rn. 5) liegt noch nicht vor. Weitgehend fertiggestellt ist bislang nur der von dem Flurstück 111/1 des Antragstellers am weitesten entfernt liegende 1. Bauabschnitt der Wohnbebauung im Norden des Plangebiets.

II.

Der Normenkontrollantrag ist auch im beantragten Umfang begründet. Der Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ einschließlich Ziffer 1 der in ihn aufgenommenen Örtlichen Bauvorschriften ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam.

1.

Der Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ ist materiell-rechtlich fehlerhaft. Die Antragsgegnerin hat, wie der Antragsteller zu Recht beanstandet, bei der Abwägung der für und gegen die Planung sprechenden Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB die Anforderungen des § 1a Abs. 3 BauGB nicht hinreichend beachtet. In dem nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses fehlt es an der erforderlichen (vollständigen) Sicherung der im Umweltbericht festgelegten externen Ausgleichsmaßnahmen für die mit der Planung verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft (a). Mit seinen sonstigen gegen die Abwägung gerichteten Rügen wäre der Antragsteller demgegenüber aller Voraussicht nach nicht durchgedrungen (b.).

a)

Der Bebauungsplan weist einen zu seiner Unwirksamkeit führenden materiell-rechtlichen Fehler auf, weil den nach § 1a Abs. 1 BauGB im Planaufstellungsverfahren anzuwendenden Vorschriften zum Umweltschutz nicht vollumfänglich Genüge getan ist. Der Antragsteller macht zu Recht geltend, dass die externen Kompensationsflächen nicht (sämtlich) die Vorgaben des § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB erfüllen.

Nach § 1a Abs. 3 Satz 1 bis 4 BauGB sind die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden.

Eine i.S. von § 1a Abs. 3 Satz 4 Alt. 2 BauGB von der Gemeinde bereitgestellte Fläche ist eine solche, die sich bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Eigentum der Gemeinde befindet oder für die in sonstiger Weise zumindest ein zeitlich unbefristetes Verfügungsrecht gesichert ist (vgl. OVG NRW, Urt. v. 5.12.2017 - 10 D 97/15.NE -, NuR 2018, 138 = juris Rn. 32 f. u.a. mit Verweis auf Senatsurt. v. 5.4.2001 - 1 K 2758/00 -, juris Rn. 18: erforderlich, dass die Flächen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Eigentum der Gemeinde bzw. ihr zur Verfügung stehen). Diesen Anforderungen genügt eine der von der Antragsgegnerin zur Kompensation der Bodenversiegelung im Plangebiet festgelegten Kompensationsflächen nicht. Anders als die anderen sechs zum Ausgleich bestimmten Flurstücke (Flurstück V. der Gemarkung Mulsum Flur W., Flurstück X. der Gemarkung Mulsum Flur Y., Flurstücke Z. und AA. der Gemarkung A-Stadt Flur AB., Flurstück AC. der Gemarkung A-Stadt Flur AD. und Flurstück AE. der Gemarkung Essel Flur AF.) stand das Flurstück AG. der Gemarkung A-Stadt Flur 1 in dem nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht im Eigentum der Antragsgegnerin, sondern der Samtgemeinde E-Stadt. Erforderlich gewesen wäre hiernach eine Sicherung dieser Fläche in sonstiger Weise, die sich aber nicht feststellen lässt. Denn hierfür hätte - wohl auf der Grundlage eines Beschlusses des Samtgemeinderates nach § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG - eine rechtsverbindliche Erklärung der Samtgemeinde E-Stadt vorliegen müssen, dass der Antragsgegnerin das Flurstück AG. der Gemarkung A-Stadt Flur AB. als Kompensationsfläche zeitlich unbefristet überlassen wird.

Ein Absehen von dieser formalen Anforderung kommt auch im Hinblick auf den der Rüge des Antragstellers entgegengesetzten Vortrag der Antragsgegnerin nicht in Betracht. Zwar ist nachzuvollziehen, dass die Antragsgegnerin aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Samtgemeinde E-Stadt, der gemeinsamen Verwaltung und einheitlichen Kassenführung (Liquiditätspool) sowie den personellen Verbindungen zwischen beiden Gebietskörperschaften davon ausgegangen ist, ihre Absicht, das Flurstück AG. der Gemarkung A-Stadt Flur AB. als Ausgleichsfläche zu nutzen, auch umsetzen zu können. Ebenso ist verständlich, dass die Samtgemeinde E-Stadt wegen etwaiger Auswirkungen auf den Haushalt vor Erlass eines Ratsbeschlusses festgestellt wissen wollte, wann und mit welchem finanziellen Aufwand die Fläche aufgewertet werde. Dies ändert aber nichts daran, dass nur eine rechtlich verbindliche Erklärung die „Ungewissheit eines späteren Sinneswandels der zuständigen Stellen“ (vgl. OVG NRW, Urt. v. 5.12.2017 - 10 D 97/15.NE -, NuR 2018, 138 = juris Rn. 30 f.) hinreichend sicher ausschließt.

b)

Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten für den Fall, dass die Antragsgegnerin von ihren Möglichkeiten zur Planheilung (§ 214 Abs. 4 BauGB) Gebrauch macht, weist der Senat darauf hin, dass die sonstigen Angriffe des Antragstellers gegen die Abwägung voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätten.

aa)

Entgegen seiner Auffassung hat sich der Rat der Antragsgegnerin mit den geltend gemachten privaten Belangen des Antragstellers fehlerfrei auseinandergesetzt.

α)

Hinsichtlich der Einwendungen des Antragstellers zu einer durch die Planung bewirkten Vernässung seines Grundstücks hat der Rat der Antragsgegnerin in der Abwägung darauf verwiesen, dass mit Unterlagen vom 26. November 2018 ein tragfähiges Entwässerungskonzept durch die Errichtung eines weiteren RRB und Wiederherstellung des bereits vorhandenen, 2004 genehmigten RRB erarbeitet worden ist. Das entspricht den Anforderungen des § 1 Abs. 7 BauGB, der verlangt, dass der Bauleitplanung eine Erschließungskonzeption zugrunde liegt, nach der das im Plangebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen - auch außerhalb des Plangebiets - keinen Schaden nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.11.2015 - 4 CN 9.14 -, BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 13; v. 21.3.2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 = juris Leitsatz 2 und Rn. 15). Die dazu von der Antragsgegnerin in der „Anlage 1 - Erläuterung des Sachverhalts zum Thema „Entwässerung“ dargestellten Erwägungen sind in sich schlüssig. Demgegenüber greifen die gegen das Entwässerungskonzept vorgebrachten Einwände des Antragstellers nicht durch:

Dass das ursprünglich für das Baugebiet „Südlich der alten Schmiedestraße“ angelegte RRB funktionsunfähig geworden war und es deswegen in dem Bereich zu Überschwemmungen gekommen ist, hat die Antragsgegnerin selbst eingeräumt. Daraus lässt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers aber nicht schließen, dass die Antragsgegnerin auch zukünftig ihre Unterhaltungspflichten vernachlässigen wird.

Ungeachtet der rechtlichen Relevanz (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) ist festzustellen, dass im Zusammenhang mit der (weitgehenden) Herstellung des 1. Bauabschnitts des Baugebiets „Suerfeld 2“ auch bereits Schritte zur Umsetzung des Entwässerungskonzepts erfolgt sind. Das vom Landkreis C-Stadt am 22. Juli 2019 baugenehmigte neue RRB ist seit Mitte 2020 fertiggestellt und sein Betrieb aufgenommen. Das Umweltamt, Abt. Wasserwirtschaft, des Landkreises C-Stadt, hat mit Schreiben vom 29. Juli 2019 mitgeteilt, dass die zur Ertüchtigung des bereits vorhandenen RRB erforderlichen Maßnahmen mit der 2004 erteilten wasserrechtlichen Genehmigung mitgeregelt seien. Einer weiteren wasserrechtlichen Genehmigung bedarf es daher nicht. Anders als der Antragsteller meint, leidet die genannte Stellungnahme des Umweltamtes, Abt. Wasserwirtschaft, auch nicht an einem Fehler. Es heißt darin ausdrücklich, dass die (Wieder)Herstellung eines Volumens von mindestens 714 m³ erforderlich sei, was das beauftragte Ingenieurbüro in eine Aufstauung um 9 cm umsetzt. Dass diese Maßnahme bislang noch nicht durchgeführt wurde, ist, wie sich aus einem Schreiben des beauftragten Ingenieurbüros vom 9. Juni 2020 ergibt, dadurch begründet, dass bislang nur der 1. Bauabschnitt in das RRB entwässert. Es spricht nicht gegen das Entwässerungskonzept, dass anscheinend vor der Umsetzung der Aufstauung der Ausgang des vorliegenden Verfahrens abgewartet wird. Die 2004 erteilte wasserrechtliche Genehmigung, deren Nebenbestimmungen der Antragsteller angreift, ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Ebenso ist nicht von Bedeutung, ob das RRB damals technisch richtig umgesetzt worden ist. Das Umweltamt, Abt. Wasserwirtschaft, des Landkreises C-Stadt, hat der Antragsgegnerin in seinem Schreiben vom 29. Juli 2019 explizit vorgegeben, dass die jetzt erforderlichen baulichen Maßnahmen unter Anwendung der Regeln der Technik durchzuführen und auch dauerhaft in einem ordnungsgemäßen und funktionsgerechten Zustand zu erhalten sind.

Dass die Planung sowohl hinsichtlich des neuen als auch des instandgesetzten RRB auf ein 5-jähriges Regenereignis abstellt, entspricht - wie in dem Schreiben des beauftragten Ingenieurbüros vom 9. Juni 2020 dargelegt - dem Anwendungsbereich der DWA - A117, einem von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. in überarbeiteter Fassung im Dezember 2013 neu herausgegebenen Arbeitsblatt zur Bemessung von Regenrückhalteräumen. Es ist weder dargelegt noch sonst zu erkennen, dass im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 17. Januar 2019 nach dem Stand der Technik andere Vorgaben bestanden. Auch die für „Entwässerungslagen für Gebäude und Grundstücke“ geltende DIN 1986-100 aus Dezember 2016 führt an, dass die Jährlichkeit des Berechnungsregens für die Entwässerung von Dachflächen (unverändert) mindestens einmal in 5 Jahren betragen müsse. In dem Schreiben des Ingenieurbüros vom 9. Juni 2020 ist weiter ausgeführt, dass die Regendaten aus dem KOSTRA-DWD 2010R Atlas - der Begriff KOSTRA-DWD steht für Koordinierte Starkniederschlags-Regionalisierungs-Auswertungen des Deutschen Wetterdienstes - entnommen worden sind. KOSTRA-DWD 2010R galt ab dem 1. November 2017 und löste die Fassung KOSTRA-DWD 2010 ab. Von der hinreichenden Aktualität der Regendaten ist hiernach auszugehen.

Soweit der Antragsteller geltend macht, dass mit der Festlegung auf ein fünfjähriges Regenereignis in Kauf genommen wird, dass es bei selteneren Ereignissen zu Überschwemmungen kommen kann, trifft dies zwar zu. Ein absoluter Schutzanspruch besteht aber von Gesetzes wegen nicht. Gefordert sind Vorkehrungen, durch die sichergestellt wird, dass die Beeinträchtigungen jedenfalls auf das Maß zurückgeführt werden, das die Schutzgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch zulässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.3.2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 = juris Leitsatz 3 und Rn. 15). Darüber hinaus darf die Gemeinde bei der planerischen Konfliktbewältigung berücksichtigen, dass die Grundstücksnachbarn eines stark hängigen Plangebiets (Unterlieger) aufgrund der Lage ihres Grundstücks, d.h. aus der Situation ihres Grundeigentums ("Situationsgebundenheit"), die Obliegenheit trifft, in einer ihnen wirtschaftlich zumutbaren Weise für den Fall von Starkregenereignissen selbst Schutzvorkehrungen zu treffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.3.2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 = juris Rn. 18). Das gilt auch hier, zumal im Fall einer Überlastung des Entwässerungssystems auf der Ackerfläche des Antragstellers keine Schäden besonderen Ausmaßes drohen.

β)

Bezüglich des zur Vermeidung von Nutzungskonflikten erforderlichen Abstandes von Wohnen und Ackerfläche hat sich der Rat der Antragsgegnerin in seiner Abwägung an der „Bekanntmachung über die Mindestabstände bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zum Schutz von Umstehenden und Anwohnern, die der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zugrunde gelegt werden“ (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BvL 16/02/02 vom 27.4.2016) orientiert, aus der sich Mindestabstände für Spritz- und Sprühanwendungen von 2 m für Flächenkulturen und 5 m für Raumkulturen zu Grundstücken mit Wohnbebauung ergeben. Hieraus - so die Abwägung - folge nicht die Notwendigkeit einer Anpflanzung; es müsse lediglich Abstand gehalten werden. Diese Anforderung werde durch den festgesetzten 5 m breiten Streifen private Grünfläche erfüllt. Damit würden der erforderliche Schutz der künftigen Bewohner des Plangebiets sowie die Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Belange hinreichend gesichert, zumal ein Landwirt seinerseits dazu verpflichtet sei, durch Einsatz verlust- und abdriftmindernder Geräte und Düsen mit den entsprechenden Einstellungen nach dem aktuellen Stand der Technik i.S.d. „guten fachlichen Praxis“, die den Schutz von Anwohner mit einbeziehe, Abdrift von behandelten Flächen zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund sei es faktisch auch nicht von Bedeutung, in wessen Eigentum der Pflanzstreifen stehe (private oder öffentliche Fläche), denn es könnten sich in beiden Fällen Personen auf den Flächen aufhalten. Vielmehr solle auf das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme als verpflichtende Maxime verwiesen werden. Eine Einschränkung der Bewirtschaftung der Ackerfläche des Antragstellers sei mithin nicht erkennbar.

Gegen diese Erwägungen ist rechtlich nichts zu erinnern. Der Senat ist in dem Fall einer heranrückenden Wohnbebauung an einen Obstbaubetrieb von ähnlichen Vorgaben ausgegangen (vgl. Senatsurt. v. 12.6.2018 - 1 LB 141/16 -, RdL 2018, 318 = juris Rn. 24). Auch die von dem Antragsteller selbst angeführte neuere Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (v. 19.5.2021 - 15 CS 21.1147 -, NVwZ-RR 2021, 710) stellt auf die „Bekanntmachung über die Mindestabstände bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zum Schutz von Umstehenden und Anwohnern, die der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zugrunde gelegt werden“ und die darin genannten Abstände von 2 m bzw. 5 m ab (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.5.2021 - 15 CS 21.1147 -, NVwZ-RR 2021, 710 = juris Rn. 22). Anders als in dem dort entschiedenen Fall wird für die hier zu beurteilende Planung sogar der großzügigere 5 m-Abstand zugrunde gelegt und sind die Flächen auch nicht zum Betreten und zur Nutzung im Kindergarten- und Kinderkrippenbetrieb bestimmt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.5.2021 - 15 CS 21.1147 -, NVwZ-RR 2021, 710 = juris Rn. 24). Vielmehr stehen die auf der Fläche vorzunehmenden und nach TF 7.4 zu erhaltenden Anpflanzungen einem Betreten entgegen. Zudem müssen sich auch die zukünftigen Bewohner des Wohngebiets so verhalten, dass sich sie sich keiner Gefährdung durch die angrenzende Landwirtschaft aussetzen. Ergänzend ist noch zu berücksichtigen, dass die Ackerfläche des Antragstellers wegen der Eschkante ca. 1 m tiefer liegt als das Plangebiet, was die Wahrscheinlichkeit des Eintrags von Pflanzenschutzmitteln verringert.

γ)

Der Vortrag des Antragstellers, es werde nicht gewährleistet, dass er sein durch Rezess abgesichertes Zufahrtsrecht an dem im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Flurstück N. weiterhin uneingeschränkt ausnutzen könne, greift nicht durch. Belege zu der behaupteten Vereinbarung, von deren Existenz die Antragsgegnerin nicht ausgeht, hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Zudem ist in der Abwägung zutreffend darauf hingewiesen, dass durch die Planung die Erschließung des Flurstücks J. des Antragstellers und seiner landwirtschaftlichen Fläche K. über das Flurstück N. gerade sichergestellt wird.

bb)

Auch die Rüge des Antragstellers, die Belange von Natur und Landschaft seien nicht hinreichend erfasst worden, überzeugt nicht. Wie die von der Antragsgegnerin zu den Einwänden des Antragstellers eingeholten Stellungnahmen des Dipl.-Biologen AH. und des Landschaftsarchitekten U. bestätigen, ist die Bedeutung des überplanten Gebiets weder hinsichtlich eines Feldlerchen- und Kibitzhabitats noch bezüglich des Vorkommen von Greifvögeln unzutreffend bewertet worden.

α)

Nach dem im Planaufstellungsverfahren erstellten Fachbeitrag Artenschutz des Dipl.-Biologen Bartels wird das Plangebiet nach den Lebensraumansprüchen der Feldlerche und des Kiebitzes von beiden Arten nicht als Brutgebiet genutzt. Zur Begründung war - für den Senat nachvollziehbar und hinsichtlich der Örtlichkeit durch Luftbilder bestätigt - ausgeführt worden, dass Feldlerchen beim Brüten zu Vertikalstrukturen wie Wald und Siedlungsflächen Abstände von mindestens 60 bis 120 m einhielten. Einzelne Gebäude, Bäume und Gebüsche würden geduldet. Der Kiebitz sei scheu gegenüber Menschen und halte vergleichsweise hohe Fluchtdistanzen zu Menschen, Gebäuden, Baumbeständen etc. Weite Sichtmöglichkeiten seien für Brutvorkommen erforderlich. Im Bereich der Bauflächen liege kein Ort in mehr als 100 m Abstand zu angrenzenden Siedlungsflächen und Straßen, die mit Gebäuden, Baumreihen und Hecken Vertikalstrukturen bildeten.

Der Antragsteller hatte der gutachterlichen Einschätzung zwar entgegengehalten, dass das Baugebiet eine Fläche von etwa 230 m x 210 m besitze und Waldstrukturen derzeit nicht vorhanden seien. Bäume und Hecken seien nur schütter und lückenhaft vorhanden; sie würden von Lerchen nicht so wie Wälder und Siedlungsbereiche gemieden. Daher sei es sehr wohl möglich, dass die bisherige Ackerfläche jenseits eines Abstands von ca. 60 m zu den im Norden und Westen vorhandenen Siedlungsstrukturen als Lerchen- und Kiebitz-Habitat in Frage komme.

In seiner dazu eingeholten Stellungnahme vom 4. Juni 2020 hat der Dipl.-Biologe AH. allerdings bei gleichzeitiger Erläuterung, dass die auf Fachliteratur beruhenden Abstandsangaben in der Aussagekraft von Größenordnungen zu verstehen sind, da im Artverhalten wissenschaftlich keine exakten Meterangaben möglich seien, daran festgehalten, dass die Arten Feldlerche und Kiebitz den Geltungsbereich des Bebauungsplanes nicht als Brutgebiet nutzten. Zur Begründung ist dargelegt, dass auch Hecken und Baumreihen mit lückigem Gehölzbestand von Feldlerche und Kiebitz als Vertikalstruktur wahrgenommen würden. Im Plangebiet liege kein Ort vor, der deutlich außerhalb des Abstands von rund 100 m zu Vertikalstrukturen läge.

Aus Sicht des Senats ist der Einwand des Antragstellers damit ausgeräumt, zumal es in der ergänzenden Stellungnahme des Landschaftsarchitekten U. vom 5. Juni 2020 bestätigend heißt, das Ergebnis des Fachbeitrags Artenschutz werde durch eigene Begehungen des Plangebiets und der Umgebung gestützt. Zwar hat der Antragsteller in seiner Replik die Ansicht vertreten, dass die Belastbarkeit der Angaben des Dipl.-Biologen AH. zu den Meideabständen der beiden Vogelarten weiterhin Zweifel begegne. Zur Begründung hat er jedoch nur darauf verwiesen, dass sich im Internet Hinweise des Naturschutzbundes Deutschland hinsichtlich Kiebitzen und des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern in Bezug auf Feldlerchen fänden, dass ein Abstand von 50 m eingehalten werden solle. Mit der von dem Dipl.-Biologen AH. angeführten Fachliteratur hat sich der Antragsteller ebenso wenig auseinandersetzt wie mit dessen Hinweis, dass die für die Vögel notwendigen Distanzen ohnehin nur ungefähr angegeben werden könnten. Das weitere Argument des Antragstellers, die Anmerkung des Landschaftsarchitekten U., dass die im Osten und Süden an das Plangebiet anschließenden Acker- und Grünlandflächen als Lebensraum für die Feldlerche geeignet seien, stehe der 100 m-Angabe des Dipl.-Biologen AH. entgegen, weil sich dort auch Heckenstrukturen befänden, ist schon im Tatsächlichen nicht belegt. Im Übrigen kommt die Stellungnahme des Landschaftsarchitekten U. vom 5. Juni 2020 ausdrücklich zu dem Ergebnis, dass in der Zusammenschau keine Maßnahmen zur Kompensation für bodenbrütende Vogelarten erforderlich geworden seien.

β)

Nach Ansicht des Antragstellers war das Vorhandensein von Greifvögeln, auf deren Vorkommen im Süden und Südosten des Plangebiets im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung hingewiesen worden war, vorschnell negiert worden. Dazu hatte er geltend gemacht, dass gerade die Bäume am Süd- und Ostrand der Ackerfläche bevorzugte Aufenthaltspunkte für Greifvögel seien, die die ebene und weithin einsehbare Fläche als Nahrungshabitat nutzten. Ferner existiere ein naturschutzrechtlich geschützter alter Weidewall mit hohen Altgehölzen südlich in ca. 180 m Entfernung; dort befinde sich aktuell ein Horst mit Brutbetrieb. Eine vollständige Bebauung des Plangebiets lasse die typische Jagdweise der Greifvögel nicht mehr zu, weshalb die Annahmen, die Planung bedeute keinen erheblichen Eingriff, so dass Ausgleichsmaßnahmen nicht erforderlich seien, nicht überzeuge.

Dem hat der Dipl.-Biologe Bartels in seiner Stellungnahme vom 4. Juni 2020 entgegengesetzt, dass die bei der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgten Hinweise auf Vorkommen von Greifvögeln keine Angabe zur Art enthalten hätten. Hinweise auf Vorkommen gefährdeter Greifvogelarten lägen nach der durchgeführten Datenrecherche nicht vor. Die Nutzung des Plangebietes durch Greifvögel der gegenüber menschlichen Aktivitäten und Siedlungsnähe vergleichsweise wenig empfindlichen und im Bestand ungefährdeten Greifvogelarten, wie dem Mäusebussard, zur Nahrungssuche werde als möglich eingeschätzt. Ebenso sei es möglich, dass Greifvögel die Bäume am Plangebietsrand als Sitzwarten bei der Nahrungssuche nutzten und sich gelegentlich dort aufhielten. Das Plangebiet weise jedoch verglichen mit benachbarten Flächen in der freien Landschaft keine besondere Eignung als Nahrungsfläche für diese Arten auf, die bezüglich der Wahl des Nahrungsgebietes vergleichsweise wenig anspruchsvoll seien. Es könne davon ausgegangen werden, dass bei einer Überbauung der Fläche des Plangebiets von knapp 5 ha Flächengröße diese Arten auf andere geeignete Nahrungsflächen ausweichen könnten, die in der direkten und weiteren Umgebung verfügbar seien, ohne dass es zu wesentlichen Einschränkungen des Nahrungsangebotes kommen werde. Bezüglich der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bedeute daher der Verlust der Fläche als Nahrungsfläche keine erhebliche Beeinträchtigung im Schutzgut Tiere. In der artenschutzrechtlichen Prüfung ergebe sich aus diesem Verlust von Nahrungsfläche keine Relevanz, da weder Fortpflanzungs- und Ruhestätten betroffen seien noch erhebliche Störungen daraus resultieren könnten.

Zwar sieht der Antragsteller auch diese gutachterliche Stellungnahme in seiner Replik nicht als überzeugend an. In der Sache beschränkt sich sein Vortrag aber auf die Aussage, dass durch Beobachtungen und vorhandenen Nistplatz die Greifvogelart Bussard, durch Ansitz und Jagdflug die Greifvogelart Turmfalke im Plangebiet nachgewiesen sei. Die von dem Dipl.-Biologen Bartels angenommene fehlende Relevanz des durch die Planung bewirkten Verlustes von Nahrungsfläche wird dadurch nicht in Frage gestellt.

2.

Die Unwirksamkeit von Ziffer 1 der im Bebauungsplan Nr. 29 „Suerfeld 2“ enthaltenen Örtlichen Bauvorschriften ergibt sich, wie von dem Antragsteller geltend gemacht, aus einem Verstoß gegen das Zitiergebot.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind auf § 84 Abs. 3 NBauO beruhende örtliche Bauvorschriften, die gemäß § 84 Abs. 4 Satz 2 NBauO von der Gemeinde als Satzung im übertragenen Wirkungskreis erlassen werden, „Rechtsverordnungen in Satzungsform“ und unterliegen als solche dem Zitiergebot aus Art. 43 Abs. 2 Satz 1 NV, nach dem in einer Verordnung die Rechtsgrundlage anzugeben ist. Dem Zitiergebot wird nicht dadurch genügt, dass allein § 84 NBauO als Ermächtigungsgrundlage angeführt wird, erforderlich ist darüber hinaus mindestens die Nennung des einschlägigen Absatzes (siehe i.E. Senatsurt. v. 9.9.2020 - 1 KN 71/18 -, BauR 2021, 52 = juris Rn. 60 f. m.w.N.). Die vom Senat bislang offen gelassene Frage, ob ein Vollzitat mit genauer Angabe der Nummer erforderlich ist (vgl. zuletzt Senatsurt. v. 24.2.2021 - 1 KN 75/18 -, BauR 2021, 1919 = juris Leitsatz 2 und Rn. 33), braucht auch hier nicht entschieden zu werden.

Als Regelung, die Anforderungen an Dachform und Dachneigung von Gebäuden im Plangebiet stellt, beruht Ziffer 1 der Örtlichen Bauvorschriften ersichtlich auf § 84 Abs. 3 Nr. 1 NBauO. Genannt wird in der Planurkunde allerdings - gleichermaßen für Ziffer 1 wie für die auf § 84 Abs. 1 Nr. 2 NBauO gestützte Ziffer 2 der Örtlichen Bauvorschriften - nur § 84 NBauO.

3.

Der Kostenentscheidung liegen die Vorschriften der §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO zugrunde. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. kommt jeweils mangels Beteiligung am Normenkontrollverfahren nicht in Betracht.