Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.07.2022, Az.: 12 KS 147/21
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 05.07.2022
- Aktenzeichen
- 12 KS 147/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 59735
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 07.06.2023 - AZ: BVerwG 7 B 25.22
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG gilt auch für artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahmen.
2. Zur Anfechtung einer Auflage, die temporäre Abschaltungen in Abhängigkeit von Witterungsbedingungen zum Schutz von Fledermäusen vorsieht, die über die im Landespflegerischen Begleitplan vorgesehenen Abschaltzeiträume hinausgehen
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Nebenbestimmungen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
Der Rechtsvorgängerin der Klägerin (F.) wurde auf ihren Antrag vom 31. Januar 2017 mit Bescheid vom 3. September 2020 gemäß §§ 4, 19 BImSchG, Nr. 1.6.2, Anhang 1 der 4. BImSchV die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei - mit den Nrn. 19 bis 21 bezeichneten - Windenergieanlagen (als Teil eines größeren Windparks) erteilt. Die Genehmigung wurde mit diversen Nebenbestimmungen versehen.
Mit Widerspruch vom 22. September 2020 wandte sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin gegen einzelne der im Bescheid unter IIIa. sowie IIIb. aufgeführten Nebenbestimmungen. Unter dem 22. April 2021 zeigte sie der Beklagten einen Bauherrenwechsel für die drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen (= WEA) an und benannte die Klägerin als neue Bauherrin. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2021 hob die Beklagte einige der angegriffenen Nebenbestimmungen (ersatzlos) auf und ersetzte andere durch geänderte Regelungen. Dieser Widerspruchsbescheid benennt im Betreff als Vorhabenträgerin die Rechtsvorgängerin der Klägerin (F.) und in der Begründung dann u.a. eine „G.“.
Die Klägerin (als Klägerin zu 1.) sowie ihre Rechtsvorgängerin (als Klägerin zu 2.) haben unter dem 22. September 2021 Klage gegen die im Bescheid i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2021 im Abschnitt IIIa. Ziffer 2.2 und im Abschnitt IIIb. Ziffern 3.1.1, 3.1.2, 3.2.2, 3.2.4, 3.4. enthaltenen Nebenbestimmungen erhoben.
Diese lauten zusammengefasst:
„IIIa. Bedingungen:
Von der Genehmigung darf gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG* erst Gebrauch gemacht werden, wenn die folgenden Bedingungen (IIIa., Ziffer 1.1 bis 2.2) erfüllt sind. Die Durchführung der Baumaßnahmen darf zuvor nicht begonnen werden.
2. Naturschutz
2.2 Rechtliche Sicherung der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen
Mit der Bauausführung darf erst begonnen werden, wenn die Vermeidungs- und Ausgleichsflächen durch Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) der Region Hannover rechtlich gesichert sind. Ein Nachweis über die Sicherung der betroffenen Flächen durch entsprechende Eintragungen im Grundbuch ist der UNB vorzulegen.
lllb. Auflagen
3. Naturschutz
3.1.1 Während der gesamten Bauphase und bis zum Abschluss der Herrichtungsarbeiten der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen ist durch eine „Umweltbaubegleitung (UBB)" unter Hinzuziehung einer vom Antragsteller berufenen fachkundigen Person die Durchführung und Herrichtung der vorgesehenen Vermeidungs-/Schutzmaßnahmen sowie die Herrichtung der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen regelmäßig zu überprüfen und ggf. durch Nachbesserungen sicherzustellen. Die beauftragte Person trägt Sorge und Verantwortung für die naturschutzfachlich sach- und fachgerechte Abwicklung der Baumaßnahme sowie der Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen. Rechtzeitig vor Baubeginn sind der Unteren Naturschutzbehörde (UNB), naturschutz@region-hannover.de, das mit der UBB beauftragte Gutachterbüro und ein Ansprechpartner zu benennen. Nach Abschluss der Bauphase und nach erfolgter Herstellung der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen ist der UNB unaufgefordert ein schriftlicher Ergebnisbericht vorzulegen. Während der gesamten Bauphase sind monatliche Zwischenberichte zu erstatten.
3.1.2 Der Beginn der Erdarbeiten sowie die Inbetriebnahme sind vom Träger der Maßnahme mindestens vier Wochen vorher anzuzeigen. Die Anzeigen sind an die Untere Naturschutzbehörde der Region Hannover, naturschutz@region-hannover.de, zu richten. Die Erdarbeiten und die Inbetriebnahme dürfen erst nach erfolgter Abnahme der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen durch die UNB erfolgen.
3.2.2 Die Baufeldräumung (Baufeldfreimachung, Abschieben des Oberbodens) darf nur außerhalb der Kernbrutzeit, in der Zeit vom 01.07. bis 31.03 erfolgen. Gehölze dürfen nur in der Zeit vom 01.10 bis 28.02 beseitigt werden.
3.2.4 Zur Vermeidung von Fledermausschlag sind die Anlagen in der Zeit vom 01.04. bis 31.10. jedes Jahres unter folgenden gleichzeitig auftretenden Bedingungen abzuschalten:
- Windgeschwindigkeiten in Nabenhöhe < 6 m/sec
- Temperaturen in der Nacht > 10 Grad Celsius in Nabenhöhe
- kein Niederschlag
- eine Stunde vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang
Es ist sicherzustellen, dass bei Eintreten der Abschaltbedingungen unverzüglich ein Stillstand der Rotoren erreicht wird. Wird bei der stehenden Windenergieanlage in einem 10-Minuten-lntervall eine Windgeschwindigkeit von > 6,5 m/s (Mittelwert) erreicht, kann die Anlage wieder in Betrieb genommen werden.
Die Programmierung der Abschaltung ist durch den Betreiber sicherzustellen. Der Beleg über die eingehaltenen Abschaltungen muss bis spätestens 30.11. jedes Jahres mit vollständigen Temperatur- und Winddaten sowie Daten zur Rotordrehung der Anlage der Region Hannover, Untere Naturschutzbehörde in prüffähiger Form (Exceltabellen) übergeben werden.
3.4 Sämtliche Ausgleichsflächen müssen zeitgleich mit dem Baubeginn (Erdarbeiten) aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen und entsprechend hergerichtet sein.“
Mit Bescheid vom 7. Oktober 2021 hat die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 19. August 2021 gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin zurückgenommen und unter dem 12. Oktober 2021 sodann einen im Übrigen inhaltsgleichen neuen Widerspruchsbescheid erlassen, der nunmehr (eindeutig) die Klägerin als Adressatin ausweist.
Mit Beschluss vom 8. November 2021 hat der Senat daraufhin auf übereinstimmenden Wunsch der Beteiligten das Verfahren der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Klägerin zu 2.) abgetrennt. Dieses unter dem neuen Aktenzeichen 12 KS 171/21 geführte Verfahren haben die Beteiligten durch die Annahme eines Vergleichsbeschlusses vom 9. November 2021 erledigt.
Die Klägerin führt das vorliegende Verfahren somit allein weiter, und zwar entsprechend ihrer Erklärung vom 27. Oktober 2021 gegen den Ausgangsbescheid in Gestalt des neuen, unstreitig an sie gerichteten Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2021.
Die WEA sind im Zeitraum vom Juli 2021 bis Dezember 2021 errichtet worden und im Januar 2022 in Betrieb gegangen.
Vor Inbetriebnahme der WEA ist nach übereinstimmender Angabe der Beteiligten entsprechend der Nebenbestimmung IIIa. 2.2 die dingliche Sicherung der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen nachgewiesen worden. Zudem sind gemäß der Auflage IIIb. 3.1.2 der Beginn der Erdarbeiten sowie die Inbetriebnahme angezeigt worden und die Abnahme der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen durch die UNB erfolgt. Die unter der Auflage IIIb. 3.2.2 angeordnete Bauzeitregelung ist bei der erfolgten Errichtung eingehalten, den Anforderungen, die in der Auflage IIIb. 3.1.1 vorgesehen waren, ist Rechnung getragen, und schließlich sind - wie unter IIIb. 3.4 vorgesehen - die Kompensationsflächen rechtzeitig aus der Nutzung genommen worden.
Auf den Hinweis des Senats, dass im Falle der Erledigung von Nebenbestimmungen vor Erlass des Widerspruchsbescheides (12. Oktober 2021) dieser schon keine sachliche Entscheidung zu ihnen mehr hätte enthalten dürfen, hat die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juni 2022 - den sie in der mündlichen Verhandlung überreicht hat - ihren Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2021 aufgehoben, soweit darin über den Widerspruch gegen die Nebenbestimmungen IIIb. 3.1.2, 3.2.2. und 3.4 entschieden worden war.
Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend:
Die Nebenbestimmung IIIa. 2.2 habe sich nicht erledigt. Zwar sei die darin angeordnete Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Beklagten im Juni 2021 erfolgt. Diese Eintragung im Grundbuch könne jedoch jederzeit rückgängig gemacht werden. Eine Erledigung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht vor, solange der mit einer behördlichen Maßnahme erstrebte Erfolg noch nicht endgültig eingetreten sei. Dass sich ein Verwaltungsakt nicht schon deshalb erledige, weil er vollzogen sei, ergebe sich auch aus § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach das Gericht auf Antrag aussprechen könne, dass und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rückgängig zu machen habe.
Diese Nebenbestimmung sei bezogen auf die Vermeidungsfläche schon deshalb rechtswidrig, weil keine Rechtsgrundlage für die geforderte dingliche Sicherung einer solchen Fläche bestehe.
Gemäß § 15 Abs. 4 BNatSchG, der ohnehin nicht direkt anwendbar sei, seien (nur) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Die Anordnung einer Sicherung für die Vermeidungsmaßnahmen sei damit im Gesetz nicht vorgesehen. Es gebe auch einen erheblichen Unterschied zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie der hier relevanten Vermeidungsmaßnahme. Ausgleichsmaßnahmen seien nicht unmittelbar betriebsbezogen und erforderten somit auch keine Zeitgleichheit in ihrer Umsetzung. Für ihre Umsetzung bestehe - je nach dem betreffenden, hinreichend bestimmt von der Behörde benannten Kompensations- und Entwicklungsziel - ein zeitlicher Horizont, es seien Nachbesserungen möglich usw. Dies unterscheide sie erheblich von - hier in Rede stehenden - artenschutzrechtlichen Vermeidungsmaßnahmen. Denn diese dienten ausschließlich dazu, das gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG relevante Tötungsrisiko für Individuen besonders geschützter Arten so zu senken, dass es unterhalb der Signifikanzschwelle liege. Werde also eine angeordnete Vermeidungsmaßnahme nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt, führe dies unmittelbar und sofort dazu, dass der Anlagenbetrieb illegal sei. Dann könne die zuständige Behörde sofort mit einer Stilllegungsverfügung reagieren. Zudem stehe eine Ordnungswidrigkeit, bei genauem Hinsehen allerdings auch die Verwirklichung einer Straftat nach § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB im Raum. Ob Vermeidungsmaßnahmen ordnungsgemäß umgesetzt werden, liege in der Prüfungs- und Kontrollpflicht der zuständigen Behörde, § 52 BImSchG, § 3 Abs. 2 BNatSchG. Eine Sicherung von Vermeidungsmaßnahmen - wobei die „Sicherung“ insbesondere bei von der Beklagten herangezogenen verhaltensbedingten Maßnahmen wie Ernteabschaltungen sowieso fraglich sei - ersetze diese Kontrollpflicht nicht und garantiere auch nicht die Umsetzung der Vermeidungsmaßnahme.
Zudem hätten die gesetzlichen Eingriffs- /Ausgleichsregelungen in §§ 13 ff. BNatSchG mit dem Artenschutzrecht und damit auch mit den entsprechenden artenschutzrechtlichen Vermeidungsmaßnahmen nach §§ 44 f. BNatSchG ohnehin zunächst einmal nichts zu tun, so dass eine Anwendung der §§ 13 ff. BNatSchG auf artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahmen nicht möglich sei. Eine Analogie mit Blick bspw. auf § 15 Absatz 4 BNatSchG sei ausgeschlossen, da die Vergleichbarkeit der Interessenlage jedenfalls fehle und eine Sicherung aus den angeführten Gründen unnötig sei. Somit sei die Nebenbestimmung IIIa. 2.2. insoweit ersatzlos zu löschen, als sie eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit für die Vermeidungsfläche(n) vorsehe.
Diese Nebenbestimmung sei zu dem auch insoweit rechtswidrig, als sie darüber hinaus die Eintragung einer Dienstbarkeit zur Sicherung der Ausgleichsflächen zugunsten der Unteren Naturschutzbehörde der Region Hannover fordere. Für eine Sicherung zugunsten der Naturschutzbehörde sei kein Raum, da nicht erkennbar sei, welchen Grund diese Sicherung verfolge. Die Dienstbarkeit sei auch sinnlos, da bei Wegfall der schuldrechtlichen Vereinbarung (des Eigentümers) mit dem Vorhabenträger auch die Dienstbarkeit zu löschen sei. Die Beklagte fordere keine „Abstraktion der Sicherheit“. Schließlich sei die Dienstbarkeit inhaltlich und zeitlich zu unbestimmt, und mangele es insoweit an einer hinreichenden Begründung für die Sicherung.
Die darüber hinaus angegriffene Nebenbestimmung IIIb. 3.2.4 sei hinsichtlich des Abschaltzeitraums zu weitgehend und abzuändern. Als Abschaltzeitraum sei zu Unrecht der 1. April bis zum 30. Oktober (richtig 31.) jedes Jahres vorgesehen. Eine Abschaltung hätte jedoch nur für den Zeitraum vom 20. Juni bis zum 15. September vorgesehen werden dürfen. Es handele sich um eine unbegründete und an Beurteilungsfehlern leidende Abweichung von dem kürzeren, o. a. Abschaltzeitraum, der im - im Genehmigungsverfahren von der Vorhabenträgerin vorgelegten - Landschaftspflegerischen Begleitplan (= LBP) und in ihren artenschutzrechtlichen Fachbeiträgen vorgesehen sei.
Zwar stehe der Verwaltung bei der Klärung der Frage, ob der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, d. h. eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos, durch das jeweilige Vorhaben erfüllt sei, (weiterhin) eine Einschätzungsprärogative zu. Die leitenden Erwägungen dieser Entscheidung müssten jedoch erkennbar sein, und diese Entscheidung müsse, insbesondere wenn sie von Standards abweiche, besonders begründet werden. Der LBP vom 2. Juli 2020 entspreche den Anforderungen des Windenergieerlasses Niedersachsen und stelle somit eine verlässliche Entscheidungsgrundlage dar. Dieser LBP sehe vor, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos schon durch eine zeitlich befristete Abschaltung der WEA im Zeitraum von „nur“ Ende Juni bis Mitte September vermieden werden könne. Die Beklagte habe sich jedoch nicht auf diesen, sondern auf das Gutachten „Fachgutachten H.“ und (vermeintlich) auf die „Faunistische Sonderuntersuchungen Teil 2: Fledermäuse“ Stand 30.01.2016 gestützt. Dies sei nicht nachvollziehbar.
Das Gutachten „Fachgutachten H.“ von Herrn Dipl.-Ing. I. sehe vor, dass das Risiko der Kollision von Fledermäusen im Zeitraum von Ende Juni bis Mitte September bestehe, durch eine zeitlich befristete Abschaltung der WEA in diesem Zeitraum abgewendet werden könne und komme mithin zu demselben Schluss wie der LBP vom 2. Juli 2020. Die von der Beklagten für ihre abweichende Einschätzung herangezogenen „Faunistische(-n) Sonderuntersuchungen Teil 2: Fledermäuse“ Stand 30.01.2016 seien nicht Bestandteil des Genehmigungsverfahrens, sondern Teil des „Nachbarverfahrens“ J.. Es sei nicht erklärlich, warum die Beklagte dieses, ein anderes „Projekt“ betreffende Gutachten, welches sich zudem nicht in den Verwaltungsvorgängen finde, in dem vorliegenden Verfahren maßgeblich berücksichtigt habe, statt auf die für das vorliegende Verfahren erstellte o. a. Unterlage(-n) abzustellen. Dies sei sachfremd. Ferner sei der Verweis auf Seite 54 des Gutachtens „Faunistische Sonderuntersuchungen Teil 2: Fledermäuse“ Stand 30.01.2016 auf einen Mindestabstand von 100 m zu allen vorhandenen linearen Gehölzen irreführend. Im Gutachten von Herrn I. werde nämlich ausdrücklich erklärt, dass „aus aktueller Sicht diese These, in dieser pauschalen Form nicht mehr aufrechterhalten werden“ könne. Die Beklagte habe demnach lediglich eine bestimmte Passage eines Gutachtens, welches nicht Bestandteil des Verfahrens gewesen sei, ausgewählt, diese Passage aus dem Zusammenhang gerissen und genutzt, um einen umfassenden Abschaltzeitraum zu begründen. Es gebe tatsächlich jedoch keine fachlich empfohlenen Mindestabstände zu solchen Strukturen. Auch im o. a. Windenergieerlass 2016 bzw. dem darin einbezogenen Artenschutzleitfaden fänden sich solche nicht. Zudem sei überhaupt nicht klar, von welchen relevanten Maßen bei der Bestimmung des Abstandes zwischen „bedeutsamen Gehölzstrukturen mit Leitfunktion“ und der jeweiligen WEA in der benannten Unterlage ausgegangen werde. Solche sachfremden Erwägungen könnten eine Abweichung von einer verlässlichen Entscheidungsgrundlage, dem LBP vom 2. Juli 2020, nicht hinreichend begründen. Darüber hinaus wirke die Forderung nach der vorgeschlagenen Abschaltperiode „zynisch“, da es sich um den Maximalabschaltzeitraum handele. Es sei mithin eine „worst-case“-Anordnung erfolgt, für die es keiner Untersuchungen bedurft hätte. Es wäre jedoch Aufgabe der Beklagten gewesen, eine differenzierte, fachlich belastbare Entscheidung zu treffen. Die Nebenbestimmung IIIb. 3.2.4 sei somit rechtswidrig und in dem Umfang aufzuheben, dass sie den im LBP vom 2. Juli 2020 vorgesehenen kürzeren Abschaltzeiten entspreche.
Die Klägerin hatte - wie im Widerspruchsverfahren - zunächst noch weitere Nebenbestimmungen angegriffen und zuletzt mit Schriftsatz vom 14. Juni 2022 angekündigt, sie werde hilfsweise zu der unter den dortigen Nrn. 1 und 2 begehrten, zuvor angeführten Aufhebung der Nebenbestimmungen IIIa. 2.2 (Nr. 1) und IIIb. 3.2.4 (Nr. 2) Neubescheidung beantragen (Nr. 3) und bezogen auf die Nebenbestimmungen IIIb 3.1.1., 3.1.2, 3.2.2 und 3.4 (unter Nr. 4) einen Fortsetzungsfeststellungsantrag stellen. In der mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, an diesen mit Schriftsatz vom 14. Juni 2022 unter den Nrn. 3 und 4 angekündigten Anträgen nicht festzuhalten. Der dortige Antrag unter Nr. 2 beziehe sich, wie sich aus der Antragsbegründung ergebe, nicht auf die ersatzlose Aufhebung der Abschaltzeiten, sondern auf ihre Reduzierung auf den in „ihrem“ LBP vorgesehenen Zeitraum und werde entsprechend neu gefasst. Mit dem Antrag unter Nr. 1 wolle sie sich inhaltlich jedenfalls auch gegen den Fortbestand der Eintragung einer Dienstbarkeit wenden.
Den o. a. Antrag zu Nr. 4 haben die Beteiligten daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dementsprechend beantragt.
hinsichtlich des von der Beklagten erlassenen Genehmigungsbescheides vom 3. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2021 die Nebenbestimmungen
erstens in Abschnitt IIIa. Ziffer 2.2 aufzuheben
und zweitens in Abschnitt IIIb. Ziffer 3.2 insoweit aufzuheben, als eine Abschaltung in der Zeit vom 1. April bis einschließlich 19. Juni und vom 16. September bis einschließlich 30. Oktober angeordnet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und macht zur Begründung bezogen auf den ersten Antrag geltend: Sowohl Ausgleichs- als auch Vermeidungsmaßnahmen seien zu sichern und dauerhaft zu erhalten. Ohne dauerhafte Sicherung von Maßnahmen zur Einhaltung des Vermeidungsgebotes nach § 15 Abs. 1 BNatSchG sei ein Vorhaben nicht genehmigungsfähig. Vorliegend bedürfe die Vermeidungsmaßnahme der Mitwirkung Dritter, die Beklagte könne die Vermeidungsmaßnahme und somit die Einhaltung des Vermeidungsgebotes nicht über den Genehmigungsbescheid gegenüber der Klägerin abschließend regeln. Ein Pachtvertrag (zwischen Dritten) lasse sich kündigen, könne eine begrenzte Laufzeit haben, sei Eigentümerwechseln ausgesetzt und sei insoweit nicht ausreichend. Die grundbuchliche Eintragung zugunsten der unteren Naturschutzbehörde stelle im Gegensatz zu einem (solchen) Pachtvertrag zwischen der Klägerin und einem Dritten sicher, dass die Vermeidungsmaßnahmen unabhängig von dem schuldrechtlichen Verhältnis zu einem Dritten eingehalten werden.
Bezogen auf den zweiten Antrag führt sie aus: Sie habe in ihrer Genehmigung die im LBP nur für den Zeitraum vom 20. Juni bis 15. September vorgesehene Abschaltung auf den Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober erweitert, um insbesondere dem Vorkommen der Rauhautfledermaus Rechnung zu tragen. Schon das „Fachgutachten H.“, welches Bestandteil der Antragsunterlagen sei, stelle ein Vorkommen der gefährdeten Rauhautfledermaus im Zeitraum April bis Juni fest. Unterstützt würden diese Untersuchungsergebnisse durch die Feststellungen des Gutachtens „Faunistische Sonderuntersuchungen Teil 2: Fledermäuse“, Stand 30.1.2016, welches den betroffenen Untersuchungsraum einschließe. In diesem Gutachten werde dazu ausgeführt:
„Bei Abendsegler, Kleinabendsegler, Mücken-, Rauhaut- und Breitflügelfledermaus muss bei Realisierung des geplanten Projektes mit einer von Frühjahr bis Herbst durchgehenden Gefährdung gerechnet werden, d. h. Schlagverluste sind auch außerhalb der Wanderzeiten möglich.“
Nach der Konfliktanalyse dieses Gutachtens (S. 54) solle aus fachgutachterlicher Sicht im Planungsprozess darauf geachtet werden, dass die Standorte der WEA einen Mindestabstand von 100 m zu allen vorhandenen linearen Gehölzen einhalten. Für die in Plananlage 2 als wichtige lokale Leitelemente gekennzeichneten Habitatelemente werde sogar ein Abstand von mindestens 200 m angeraten. Die hier geplanten WEA unterschritten diese fachlich empfohlenen Mindestabstände zu bedeutsamen Gehölzstrukturen mit Leitfunktion jedoch erheblich, die Abstände betrügen zum Teil nur 15 m, 23 m, 45 m und 67 m. Durch die wesentliche Unterschreitung der Mindestabstände zu fledermausrelevanten Strukturen und damit zu Bereichen regelmäßiger Aktivitätsschwerpunkte ergebe sich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko.
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten und unter Einbeziehung des Leitfadens Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen als Bestandteil des o. a. Windenergieerlasses sei daher ihre - vom LBP abweichende - Festsetzung des erweiterten Abschaltzeitraums nicht zu beanstanden. Der genannte Erlass empfehle Abschaltzeiten vom 1. April bis 30. April während des Frühjahrszugs/ Bezugs der Wochenstuben, in der Wochenstubenzeit vom 1. Mai bis zum 31. Juli und während des Herbstzugs/ Bezugs der Winterquartiere vom 15. Juli bis zum 31. Oktober. Da es hier zu diesen Zeiten ausweislich der vorliegenden Gutachten zu einer erheblichen Gefährdung der bezeichneten Fledermausarten komme, habe sie (die Beklagte) die Abschaltzeiten auf diese Zeiträume erweitert. Denn eine Senkung des Tötungsrisikos auf ein Maß, das die Genehmigung des Betriebs der WEA ermögliche, sei nur durch eine Abschaltung der WEA bei Vorliegen der in der Auflage 3.2.4 genannten Kriterien während des festgelegten Zeitraums möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Diese Einstellung bezieht sich auf den Streit um die Rechtmäßigkeit der ursprünglich - und zuletzt mit Schriftsatz vom 14. Juni 2022 unter Nr. 4 - auch angegriffenen Auflagen IIIb. Ziffern 3.1.1, 3.1.2, 3.2.2 und 3.4. Hinsichtlich des mit diesem Schriftsatz unter Nr. 3 angekündigten Hilfsantrages war hingegen keine Einstellung des Verfahrens erforderlich, da über diesen Antrag nur im Fall der Abweisung der Anträge zu Nrn. 1 oder 2 sachlich zu entscheiden war und diese Voraussetzung in der mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten war (vgl. auch § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Neufassung des Antrags zu Nr. 2 versteht der Senat nicht als Teilrücknahme, sondern nach der Klagebegründung nur als zulässige Klarstellung des bereits ursprünglich insoweit nur eingeschränkt verfolgten Klagebegehrens (§ 88 VwGO).
Die demnach noch aufrechterhaltenen Anträge zu Nrn. 1 (I.) und 2 (II.) haben keinen Erfolg.
I. Der Antrag zu Nr. 1 ist teilweise unzulässig (1.), bei sachgerechtem Verständnis des Klagebegehrens nach § 88 VwGO im Übrigen zulässig, aber unbegründet (2.).
1. Soweit sich die Klägerin (weiter) gegen die Nebenbestimmung unter IIIa. 2.2. richtet, hat sich diese Bedingung entgegen der Auffassung der Klägerin erledigt und kann mithin nicht mehr zulässiger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein (vgl. Pietzcker/Marsch in: Schoch/Schneider, VwGO, Werkstand: Juni 2021, § 42 Abs. 1 Rn. 20).
Die Erledigung eines Verwaltungsaktes im Sinne (auch) der VwGO bedeutet den Wegfall der mit der Anfechtungsklage bekämpften beschwerenden Regelung. Ob dieser Wegfall eingetreten ist, ist im Ausgangspunkt vom Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und nicht vom Klägerinteresse her zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 15.11.1990 - 3 C 49/87 -, juris, Rn. 21 f.).
a) In dem angefochtenen Bescheid vom 3. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2021 findet sich die angefochtene Nebenbestimmung 2.2. - wie oben ausgeführt - unter „IIIa. Bedingungen“; sie lautet:
„Mit der Bauausführung darf erst begonnen werden, wenn die Vermeidungs- und Ausgleichsflächen durch Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) der Region Hannover rechtlich gesichert sind. Ein Nachweis über die Sicherung der betroffenen Flächen durch entsprechende Eintragungen im Grundbuch ist der UNB vorzulegen.“
Es folgen unter „IIIb. Auflagen“ weitere Nebenbestimmungen.
Sowohl die bewusste Bezeichnung der mit dem Antrag zu Nr. 1 angegriffenen Nebenbestimmung im Bescheid als „Bedingung“ als auch der Wortlaut der Sätze „darf erst begonnen werden, wenn“ sowie „Ein Nachweis über die Sicherung … ist der UNB vorzulegen“ sowie der bewusst zwischen Bedingungen und Auflagen unterscheidende Aufbau des Bescheides sprechen dafür, dass es sich insoweit um eine aufschiebende Bedingung handelt - von der Genehmigung darf durch Baubeginn erst nach Eintragung der Dienstbarkeiten als einer Bedingung Gebrauch gemacht werden.
b) Eine solche aufschiebende Bedingung erledigt sich jedoch als eigenständige Regelung mit ihrem Eintritt, wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Mai 2022 sinngemäß insoweit zutreffend ausgeführt hat. Denn damit ist ihre Rechtfolge, die innere Wirksamkeit des Hauptverwaltungsaktes, eingetreten. Diese Rechtsfolge kann auch nicht durch die der Klägerin vor Augen stehende nachträgliche Löschung der Eintragung rückgängig gemacht werden - und soll dies aus ihrer Sicht ersichtlich auch nicht.
c) Vielmehr betrifft diese Löschung nur die gesonderte, im Bescheid nicht ausdrücklich als Bestandteil einer der Nebenbestimmungen formulierte, in ihm mit der Bezeichnung als „Sicherung“, der Regelung in IIIb. 3.5.2 und der Anlage e) zum Bescheid aber erkennbar beinhaltete Regelung, wonach die Dienstbarkeit als (aus Sicht der Beklagten erforderliches) Sicherungsmittel für die sachgerechte Nutzung der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen so lange Bestand haben muss, wie diese Flächen selbst nach IIIb. 3.5.2 erforderlich sind, d. h. „wie die Beeinträchtigungen aus dem Eingriffsvorhaben andauern.“
Diese gesonderte Regelung stellt jedoch keine, etwa nunmehr auflösende Bedingung, sondern nach ihrem Sinn und Zweck „nur“ eine (eigenständig) durchsetzbare Regelung, d. h. eine Auflage dar.
Nach der zwischen Bedingungen und Auflagen bewusst unterscheidenden Systematik des Bescheides kann daher diese Auflage trotz ihres inhaltlichen Bezugs zu IIIa. 2.2 nicht als ungeschriebener Bestandteil dieser Nebenbestimmung, sondern als „hineinzulesende“ Ergänzung zu der entsprechenden Auflage über die notwendige Nutzungsdauer der Vermeidungs- und Ausgleichsflächen in IIIb. 3.5.2 verstanden werden. Diese lautet wörtlich:
„Die Vermeidungs- und Ausgleichsflächen sind so lange zu erhalten und zu pflegen, wie die Beeinträchtigungen aus dem Eingriffsvorhaben andauern.“
Damit enthält die Nebenbestimmung IIIa. 2.2 keine fortbestehende Regelung mehr, die Gegenstand einer Anfechtungsklage sein könnte.
2. Da das Klagebegehren der Klägerin aber erkennbar auf die Aufhebung der von ihr für rechtswidrig erachteten dinglichen Sicherung der Vermeidungs- und Ausgleichflächen gerichtet ist und das Gericht nach § 88 VwGO an das Klagebegehren, nicht jedoch an die Fassung der Anträge gebunden ist, legt der Senat in Übereinstimmung mit der entsprechenden Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag zu Nr. 1 so aus, dass er sich dann (zumindest hilfsweise) auch gegen die so verstandene ergänzende Regelung in IIIb.3.5.2 richtet.
Diese gesonderte Regelung hat sich ersichtlich nicht erledigt, so dass der Anfechtungsantrag (zu Nr. 1) insoweit zulässig ist.
Dies gilt auch im Übrigen. Denn eine solche Auflage ist (im Grundsatz) eine im Wege der Anfechtungsklage angreifbare Nebenbestimmung. Auf die Frage, ob die isolierte Aufhebung der in Streit stehenden Nebenbestimmung eine nicht rechtmäßige Genehmigung zur Folge hätte, kommt es für die Zulässigkeit nicht an. Diese Erwägung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 6.11.2019 - 8 C 14/18 -, juris, Rn. 13; Urt. v. 17.10.2012 - 4 C 5/11 -, juris, Rn. 5 und v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, juris, Rn. 25, jeweils m. w. N.), der der Senat folgt, außer in Evidenzfällen - der insoweit hier nicht vorliegt - im Bereich der Begründetheit der Anfechtungsklage verortet.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die erforderliche Rechtsgrundlage ist auch bezogen auf Vermeidungsmaßnahmen (a) gegeben, ihre Voraussetzungen liegen vor, insbesondere ist die Forderung verhältnismäßig (b).
a) Rechtsgrundlage für die Forderung nach einer dinglichen Sicherung ist § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG, und zwar in entsprechender Anwendung auch bezogen auf Vermeidungsmaßnahmen (vgl. Lau, NuR 2011, 680, 762, 767 f.).
Danach sind Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern.
§ 15 Abs. 4 BNatSchG ist zwar systematisch Bestandteil der allgemeinen Eingriffsregelung nach den §§ 13 ff. BNatSchG, er ist jedoch auch auf die Sicherung von artenschutzrechtlich nach §§ 44 f. BNatSchG erforderlichen Vermeidungs- oder Ausgleichsmaßnahmen anzuwenden. Denn es handelt sich nach § 44 Abs. 5 BNatSchG auch insoweit um „Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft“ i. S. d. BNatSchG, und das in § 15 Abs. 4 BNatSchG adressierte Unterhaltungs- und Sicherungsbedürfnis für notwendige Flächen besteht unabhängig von der konkreten Art des zu vermeidenden bzw. auszugleichenden Eingriffs.
Die - in § 44 Abs. 5 BNatSchG teilweise wiederaufgegriffenen - Begrifflichkeiten knüpfen an § 15 BNatSchG an, wonach (Abs. 1 Satz 1) allgemein vermeidbare Eingriffe in die Natur zu unterlassen, hilfsweise nach Abs. 2 Satz 1 unvermeidbare auszugleichen oder zu ersetzen sind. Die Abgrenzung von Vermeidungsmaßnahmen etwa zu vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen kann dabei schwierig sein (vgl. zur These, vorgezogene artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen seien jedenfalls i. S. d. § 7 Abs. 5 UVPG sogar einer Vermeidungsmaßnahme gleichzustellen: Bayr. VGH, Urt. v. 14.10.2021 - 22 A 20.40001 -, juris, Rn. 35). Eine Vermeidung setzt wohl eine funktionelle Identität zwischen Eingriff und Vermeidungsmaßnahme voraus (vgl. etwa Stöckel/Müller-Walter, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 239. EL Dezember 2021, BNatSchG, § 44, Rn. 54; Gellermann, in: Landmann/Rohmer UmweltR, BNatSchG, Werkstand: Dezember 2021, § 44, Rn. 54). Für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist, wie ausgeführt, in § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG ausdrücklich vorgeschrieben, dass sie in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern sind. Dann ist aber kein Grund ersichtlich, warum für Vermeidungsmaßnahmen, soweit sie gleichfalls dauerhaft bzw. längerfristig aufrechtzuerhalten sind, etwas Anderes gelten soll. Hiervon wird auch in Windenergieerlassen ausgegangen. So wird etwa im Leitfaden zur Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei …. WEA in NRW, 2017, auf Seite 60 ausgeführt:
„Zur Sicherung der Vermeidungs-, Ausgleichs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen auf dem Flurstück X ist die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch zugunsten des Kreises/Stadt XY zu beantragen und vor Baubeginn der unteren Naturschutzbehörde des Kreises/der Stadt XY vorzulegen.“
und lautet es in Nr. 7.2. des Gemeinsamen Runderlasses des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen; Verwaltungsvorschrift (VwV) „Naturschutz/Windenergie“ (HMUKLV/HMWEVW 2020) wie folgt:
„Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sind die im Einzelfall erforderlichen und verhältnismäßigen Vermeidungsmaßnahmen fachlich zu ermitteln, darzustellen, auf ihre Eignung und Wirkung hin zu bewerten, zu beantragen und im Genehmigungsbescheid in den Nebenbestimmungen konkret festzulegen (hierzu ist es erforderlich, dass der Vorhabenträger von betroffenen Grundstückseigentümern und Nutzungsberechtigten vor Erteilung der Genehmigung eine Einverständniserklärung, eine vertragliche Bindung und/oder eine dingliche Sicherung vorlegt [vgl. hessische Kompensationsverordnung]“).
Dass § 15 Abs. 4 BNatSchG Vermeidungsmaßnahmen nicht ausdrücklich erwähnt und insoweit entsprechend anzuwenden ist, hat, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, also nicht den Grund, dass er dafür nicht gelten soll, sondern beruht vielmehr auf der Annahme, die Vermeidung beziehe sich in aller Regel auf den einmaligen Eingriff selbst und die Modifikation des Vorhabens, z. B. durch Verlegung einer Trasse, so dass es regelmäßig gar keinen Bedarf für die Anlegung einer Vermeidungsfläche und damit auch nicht für ihre dauerhafte Unterhaltung und Sicherung gebe. Dies wird durch die Gesetzgebungsmaterialien deutlich. Darin (BT-Drs. 16/12274, S. 58) ist nämlich ausdrücklich darauf verwiesen worden, auch einzelne „Vermeidungsmaßnahmen“ bzw.- „flächen“, wie etwa „Amphibienleiteinrichtungen und Querungshilfen“, seien ggf. ebenfalls „zu unterhalten“. Hieran wird wiederum nicht nur in der Kommentarliteratur (Guckelberger, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl., § 15, Rn. 83), sondern ausdrücklich auch vom Gesetzgeber in Baden-Württemberg (vgl. LT-Drs. 15/6886, S. 91) zur Begründung des - von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sinngemäß angeführten - § 15 Abs. 3 Satz 1 des dortigen Landesnaturschutzgesetzes angeknüpft. Danach sind
„auch Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten; wenn sie nicht nur vorübergehend erforderlich sind, kann eine rechtliche Sicherung gefordert werden.“
In der Sache handelt es sich bei der Einbeziehung von Vermeidungsmaßnahmen also nicht um eine Abweichung von, sondern um eine Klarstellung des § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG (vgl. auch Guckelberger, a. a. O., Rn. 82, wonach § 15 Abs. 4 BNatSchG im Verhältnis zur Vorgängernorm nunmehr eine Vollregelung des Bundes ohne Regelungsauftrag an die Länder enthält, um ein zuvor konstatiertes erhebliches Vollzugsdefizit insoweit zu beseitigen).
Bei systematischer Betrachtung spricht für dieses Verständnis schließlich auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Vermeidungsmaßnahmen im Sinne der bauplanerischen Eingriffsregelung nach § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB, mit dem „die Eingriffsregelung der §§ 13 ff. BNatSchG in die Bauleitplanung überführt worden ist“ (Beschl. v. 26.11.2020 - 4 BN 19/20 -, juris, Rn. 6). Darin betont das Gericht zwar zunächst den Unterschied zwischen Vermeidung und Ausgleich, stellt dann aber (in Rn. 7) klar, dass eine als Ergebnis der planerischen Abwägung gebotene Vermeidungsmaßnahme - auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung insoweit - „grundsätzlich durch entsprechende Festsetzungen nach Maßgabe des abschließenden Katalogs des § 9 BauGB zu regeln“ sei (vgl. zur erforderlichen Sicherung von solchen Vermeidungsmaßnahmen ergänzend: OVG B-Stadt-Brandenburg, Urt. v. 11.11.2021 - OVG 2 A 22.19 -, juris, Rn. 67 f.).
b) Entgegen des klägerischen Vorbringens ist eine dingliche Sicherung in der vorliegenden Fallgestaltung auch nicht unverhältnismäßig. Sie ist zunächst geeignet, das Ziel zu fördern, dass die betroffenen Grundstücke dauerhaft der im Bescheid bestimmten Nutzung zur Verfügung stehen, insbesondere also bei einem Wechsel des Eigentums an ihnen (unter Privatpersonen) nicht vorzeitig dem unmittelbaren behördlichen Zugriff entzogen sind (vgl. Schrader, in: BeckOK UmweltR, Werkstand: 1.4.2022, BNatSchG, § 15, Rn. 53 f.; Guckelberger, a. a. O., Rn. 88). Dies wäre aber der Fall, wenn auf die Sicherung zu Gunsten der öffentlichen Hand verzichtet würde und es stattdessen - wie von der Klägerin bevorzugt - allein dem Vorhabenträger obliegen würde, sich den Zugriff zu verschaffen bzw. notfalls sichern. Die angeordnete Form der Sicherung ist auch nicht deshalb ungeeignet, weil ein - nicht mit dem Vorhabenträger identischer - Eigentümer von der Behörde mangels Rechtsgrund für die Belastung jederzeit die Löschung der dinglichen Sicherung verlangen könnte. Denn der – „öffentlich-rechtliche“ - Rechtsgrund und damit die im Sprachgebrauch der Klägerin „notwendige Abstraktion“ der dinglichen Sicherung von den schuldrechtlichen Vereinbarungen des Eigentümers gerade mit dem jeweiligen Vorhabenträger ergibt sich aus dem Bescheid selbst auch dem Eigentümer gegenüber; auf diesen Rechtsgrund wird dementsprechend in dem als Anlage e) des angegriffenen Bescheides enthaltenen Muster für den Eintragungsantrag noch einmal ausdrücklich hingewiesen. Danach hat ein Grundstückseigentümer, der nicht zugleich Vorhabenträger oder Rechtsnachfolger eines solchen ist, die sich aus dem Bescheid für den Vorhabenträger ergebenden Nutzungen bzw. Unterlassungen seines Grundstücks zu dulden. Hingegen ist es nicht Ziel der dinglichen Sicherung, die behördliche Kontrolle, ob die Vermeidungsmaßnahme tatsächlich erfolgt, zu ersetzen; sie tritt im Interesse des effektiven Vollzugs vielmehr hinzu.
Eine mildere, gleich geeignete Alternative dazu besteht nicht. Die Genehmigung bei fehlender dinglicher Sicherung etwa durch den Wegfall der Fläche als auflösende Bedingung ganz in Frage zu stellen, ist für den Betreiber gerade keine mildere Lösung; umgekehrt muss sich die Behörde auch nicht auf den ggf. mühseligen und zeitaufwendigen Weg verweisen lassen, dann das Stellen einer Ersatzfläche durch gesonderte Maßnahmen durchzusetzen. Schließlich ist die Forderung nach einer solchen dinglichen Sicherung auch nicht im engeren Sinne unverhältnismäßig. Denn das betroffene Grundstück muss ohnehin dem in der Genehmigung festgelegten Zweck entsprechen. Dies noch einmal dinglich absichern zu lassen, stellt also nur eine sehr geringfügige Zusatzbelastung dar, zumal gerade von einem Hoheitsträger als Begünstigten eine baldige Löschung nach Zweckerledigung und dem damit verbundenen Wegfall des Rechtsgrundes erwartet werden darf.
Erfolgslos rügt die Klägerin im Übrigen weiterhin die fehlende inhaltliche und zeitliche Bestimmtheit der Dienstbarkeit sowie eine insoweit fehlende Begründung.
Nach dem - von der Klägerin trotz des ihrer Ansicht nach für Artenschutzmaßnahmen nicht einschlägigen - insoweit selbst zitierten § 15 BNatSchG, hier Abs. 4 Satz 2, ist in dem Zulassungsbescheid der Zeitraum festzusetzen, für den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen - und, so ist nach den vorherigen Ausführungen zu ergänzen, auch die Vermeidungsmaßnahmen - zu unterhalten sind. Dies ist hier in der bereits o. a. Auflage IIIb. 3.5.2 erfolgt, wonach die Vermeidungs- und Ausgleichsflächen so lange zu erhalten und zu pflegen sind, wie die Beeinträchtigungen aus dem Eingriffsvorhaben, hier der Betrieb der WEA, andauern. Diese Nebenbestimmung ist nicht nichtig, von der Klägerin insoweit nicht eigenständig mit der Anfechtungsklage angegriffen worden und damit bestandskräftig. Die betroffenen Flächen sind damit grundsätzlich für die gesamte Betriebsdauer der WEA zu unterhalten. Damit ist auch zugleich der Zeitraum bestimmt, für den die Dienstbarkeit aufrecht zu erhalten ist (vgl. auch Guckelberger, a. a. O., Rn. 92 a. E.).
Welche Flächen für Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen von der Auflage IIIb. 3.5.2 betroffen sind, ergibt sich schon aus dem von der (vormaligen) Vorhabenträgerin im Genehmigungsverfahren selbst vorgelegten LBP und dem Bescheid, es sind dies zwei Kompensationsflächen (Extensivgrünland und Stillgewässer mit Stieleichen) und von den - als Vermeidungsmaßnahme betroffenen - sonstigen Flächen diejenige, die das Ersatznahrungshabitat für Greifvögel bildet. Diese Flächen sind in der Anlage e) des Bescheides mit ihrer Flurstücksnummer noch einmal eindeutig bezeichnet worden. Entgegen der Spekulation der Klägerin gehören hingegen nicht dazu die nur bei Erntemaßnahmen ganz kurzfristig betroffenen Flächen, für die in der Auflage IIIb. 3.2.5 gesonderte Abschaltregelungen enthalten sind.
Für die Bestimmtheit des Bescheides spricht im Übrigen, dass die vorgesehenen Dienstbarkeiten bestellt worden sind, ohne dass sich zwischen den Beteiligten erkennbar nähere Diskussionen über ihren notwendigen Inhalt ergeben hätten.
Eine nähere Begründung für diese Nebenbestimmung ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 VwVfG, § 1 NVwVfG nicht erforderlich gewesen. Auch ohne eine solche ist für die Klägerin die Auffassung der Beklagten ohne weiteres schon aus dem Begriff und der Art der Sicherung erkennbar. Gewährleistet werden soll dadurch in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Verpflichtung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG die uneingeschränkte Einhaltung der sich aus dem Bescheid ergebenden Nutzungsvorgaben für die betroffenen Grundstücke, und zwar gerade unabhängig von zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen Dritten.
II. Der Antrag zu Nr. 2, der sich gegen die im Rahmen der Genehmigung der WEA als Auflage IIIb. 3.2.4 verfügte temporäre Abschaltung dieser Anlagen in Abhängigkeit von Witterungsbedingungen zum Schutz von Fledermäusen richtet, ist jedenfalls in der nunmehr gestellten, auf die Reduzierung der Abschaltzeiten beschränkten Fassung nach den vorherigen Ausführungen unter I. 2. vor a) zulässig, aber aus den folgenden Gründen unbegründet.
Die von der Klägerin damit noch angegriffenen, über die im LBP hinausgehenden Abschaltzeiten, die in der genannten Nebenbestimmung zum Schutz von Fledermausarten vorgesehen sind, sind gerichtlich nicht zu beanstanden, da sie nach der naturschutzfachlich nachvollziehbaren Bewertung der Beklagten geeignet und erforderlich sind, um einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot zu verhindern; ohne sie bestünde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko.
Diese Nebenbestimmung soll einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verhindern. Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Darunter fallen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. aa BNatSchG i. V. m. Anhang IV Buchst. a der Richtlinie 92/43/EWG des Rates (v. 21. Mai 1992, ABl. L 206 v. 22. Juli 1992, S. 7, zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013, ABl. L 158 v. 10. Juni 2013, S. 193 - FFH-Richtlinie) alle Arten der Fledermäuse (Microchiroptera).
Nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG liegt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG jedoch nicht vor, wenn die in Rede stehende Beeinträchtigung das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, a. a. O, § 44 Rn. 51). Mit der auf „Exemplare der betroffenen Arten“ abstellenden Formulierung wird der Individuenbezug des durch § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG begründeten Zugriffsverbots bekräftigt und zugleich klargestellt, dass die Verbotsnorm einer populationsbezogenen Relativierung unzugänglich ist. Bestätigt wird zudem der in der Rechtsprechung entwickelte Signifikanzansatz (Gellermann in: Landmann/Rohmer, a. a. O.).
Nach der - zu Planfeststellungsbeschlüssen entwickelten und auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungen übertragbaren - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 -, juris, Rn. 14, m. w. N.).
Nach der späteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2018 (- 1 BvR 2523/13 -, juris) folgt das eingeschränkte Kontrollmaß allerdings nicht aus einer der Verwaltung eigens eingeräumten Einschätzungsprärogative, sondern schlicht aus dem Umstand, dass es insoweit am Maßstab zur sicheren Unterscheidung von richtig und falsch fehlt (BVerfG, a. a. O., Rn. 23). Die Entscheidung führt jedoch nicht zu einem anderen Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die Verwaltungsgerichte in derartigen Fällen auf eine Vertretbarkeits- bzw. Plausibilitätskontrolle der behördlichen Einschätzung beschränkt, solange eine gesetzliche Konkretisierung unverändert fehlt (zum Ganzen: Urt. d. Sen. v. 13.3.2019 - 12 LB 125/18 -, juris, Rn. 59 ff., 65; Beschl. d. Sen. v. 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -, juris, Rn. 48 f.).
Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist mithin weiter der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen (BVerwG, Urt. v. 27.6.2013, a.a.O., Rn. 15).
Vor diesem Hintergrund sind die Annahmen der Naturschutzbehörde weiterhin einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 -, juris, Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, Urt. v. 27.6.2013, a. a. O., Rn. 16).
Die Rücknahme der Kontrolldichte setzt allerdings voraus, dass von Seiten der Behörde eine den wissenschaftlichen Maßstäben und den vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen worden ist (vgl. Beschl. d. Sen. v. 18.4.2011 - 12 ME 274/10 -, juris, Rn. 6). Dies beinhaltet insbesondere eine Erhebung von Daten, denen sich in Bezug auf das maßgebliche Gebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 -, juris, Rn. 31).
Hieran gemessen stellt sich die Annahme der Beklagten, von den klägerischen Windenergieanlagen ginge ohne die angefochtenen Abschaltzeiten ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für verschiedene Fledermausarten aus, als rechtmäßig dar.
1. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass sie bei der Bestimmung der für erforderlich erachteten Abschaltzeiträume, die über die im LBP zugrunde gelegten Zeiten hinausgehen, das von der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Antragsunterlage eingereichte „Fachgutachten K.“ vom April 2016 von Herrn I., auf dem auch der vorgelegte LBP beruhe, zugrunde gelegt habe. Dieses stelle nämlich u. a. ein Vorkommen der Rauhhautfledermaus auch im Zeitraum April bis Juni fest. Unterstützt werde ihre Einschätzung durch die Ergebnisse des - für ein anderes Vorhaben erstellten - Gutachtens „Faunistische Sonderuntersuchungen Teil 2: Fledermäuse“, welches einen - im vorliegenden Fall von allen drei WEA unterschrittenen - Mindestabstand von 100 m (bezogen auf die Rotoraußengrenze) zu vorhandenen linearen Gehölzen empfehle. Dieser Umstand belege ein hier signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Unter Berücksichtigung der genannten Gutachten sowie des Leitfadens (= Artenschutzleitfaden) zum Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen, d. h. der nach Nr. 2 des Windenergieerlasses n. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MI u. d. MW vom 20.7.2021 - MU-52-29211/1/305 -, Nds. MinBl. 1398) auch nach dem Ablauf des 31. August 2021 weiter anwendbaren Anlage 2 des (durch RdErl. d. MU v. 21.1.2019 – 40500/4.0-1.6 – Nds. MinBl. 2019, 343 teilweise modifizierten) hier noch einschlägigen niedersächsischen Windenergieerlasses a. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MS, d. MW u. d. MI vom 24.2.2016 – MU-52-29211 –, Nds. MinBl. 190, 224 ff.) seien die - über den Vorschlag im LBP hinaus gehenden - Abschaltzeiten festzusetzen gewesen.
Die damit wesentliche Orientierung an den Abschaltzeiten in dem Artenschutzleitfaden ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich bei ihm nicht um eine normkonkretisierende (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 48 Rnrn. 52 ff.) Verwaltungsvorschrift, und ist er deshalb im Grundsatz nicht geeignet, auch die Verwaltungsgerichte normkonkretisierend zu binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.1.2021 - 7 C 9/19 -, juris, Rn. 22) sowie ihre Kontrollfunktion im Umfang einer solchen Bindung einzuschränken. Der Artenschutzleitfaden besitzt ferner nicht etwa umfassend den Status einer Fachkonvention (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.1.2021, a. a. O., juris, Rn. 23). Die gerichtliche Prüfung des Inhalts des Artenschutzleitfadens findet gleichwohl dort ihre Grenze, wo allgemein anerkannte fachliche Erkenntnisse in solchem Maße fehlen, dass sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf eine Plausibilitätskontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 -, juris, Rn. 29 f.) beschränken darf, und diese Kontrolle dazu führt, dass der artenschutzfachliche Standpunkt der Behörde gerichtlich als plausibel zu akzeptieren ist (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 48 Rn. 56). Zwischen akzeptablen Standpunkten vermag der Artenschutzleitfaden eine Entscheidung zu treffen, die kraft einer Selbstbindung auch im Außenverhältnis Bedeutung erlangt (Beschl. d. Sen. v. 24.9.2021 - 12 ME 45/21 -, juris, Rn. 103).
Der Leitfaden sieht für die vorliegende Fallgestaltung unter „7.3 Abschaltalgorithmen bei Windenergieempfindlichen Fledermaus-Arten“ folgendes vor:
„Eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos kann im Regelfall durch eine Abschaltung von WEA in Nächten mit geringen Windgeschwindigkeiten (< 6 m/sec) in Gondelhöhe, Temperaturen > 10° C und keinem Regen wirksam vermieden werden (alle Kriterien müssen zugleich erfüllt sein). Die Maßnahme wird naturschutzfachlich derzeit als einzig wirksame Minimierungsmaßnahme angesehen. Darüber hinaus können aufgrund von naturräumlichen Gegebenheiten in Niedersachsen für die beiden Abendsegler-Arten und die Rauhautfledermaus unter Vorsorge- und Vermeidungsgesichtspunkten auch bei höheren Windgeschwindigkeiten Abschaltzeiten erforderlich sein. Durch ein Gondelmonitoring (siehe Nummer 8) können die Abschaltzeiten ggf. nachträglich „betriebsfreundlich“ optimiert werden.
Bezüglich der Abschaltszenarien für WEA-empfindliche Fledermausarten sind folgende Vorgehensweisen denkbar:
Auf der Grundlage von detaillierten Fledermausuntersuchungen im Vorfeld der Genehmigung wird ein auf den Einzelfall abgestimmtes, art- und vorkommenspezifisches Abschaltszenario festgelegt. Ein Gondelmonitoring im laufenden Betrieb ist dann nicht erforderlich. Es bietet sich aber an, wenn die Abschaltzeiten ggf. nachträglich „betriebsfreundlich“ optimiert werden sollen. Für die Abschaltzeiten kommen die folgenden Zeiträume infrage:
- Frühjahrszug/Bezug der Wochenstuben 1. April bis 30. April,
- Wochenstubenzeit 1. Mai bis 31.Juli,
- Herbstzug/Bezug der Winterquartiere 15. Juli bis 31. Oktober.“
Hiernach durfte von der Beklagten ein umfassender Abschaltzeitraum vom 1. April bis zum 31. Oktober bestimmt werden.
In dem als Teil der Antragsunterlagen vorgelegten Gutachten vom April 2016 führt Dipl.-Ing. I. bezüglich der im Untersuchungsgebiet mit Abstand am häufigsten registrierten Art der Zwergfledermaus aus, diese zähle zu den „Hausfledermäusen“, weil sie ihre Quartiere vorrangig an Gebäuden beziehe. Auch die Wochenstubenquartiere fielen in dieses Raster. Im Verlauf der Untersuchung habe nur ein einzelnes Quartier der Zwergfledermaus gefunden werden können. Dieses sei aber mit Sicherheit nicht das einzige (S. 19 f.). Zur Breitflügelfledermaus heißt es, dass im Rahmen der Untersuchung ein Quartier habe festgestellt werden können. Dass dort mindestens fünf Tiere eingeflogen seien, könne als Hinweis auf eine Wochenstube gedeutet werden (vgl. S. 27). Hinsichtlich der Rauhautfledermaus gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, diese werde im Untersuchungsgebiet nachgewiesen, allerdings nicht an allen Untersuchungsterminen; sie sei nur sporadisch aufgetreten. Ihre Aktivitäten hätten sich auf das Frühjahr und den Herbst konzentriert. Die erste Untersuchungsnacht (4.- 5. Mai) habe offenbar im (durch die Dauererfassungseinheit nachgewiesenen) Aktivitätsgipfel gelegen. Insgesamt sei sie an 13 von 14 Terminen nachgewiesen worden (vgl. S. 21). Im Hochsommer sei diese Art hingegen weniger nachgewiesen worden, was darauf schließen lasse, dass das Gebiet von ziehenden Tieren der Art genutzt werde (S. 23).
Danach ergaben sich schon aus dem im Antragsverfahren vorgelegten Gutachten Anhaltspunkte für eine Anwesenheit geschützter Fledermausarten im Vorhabengebiet sowohl während des Frühjahrszugs/Bezugs der Wochenstuben (laut Leitfaden möglicher Zeitraum: 1. April bis 30. April) und der Wochenstubenzeit (1. Mai bis 31. Juli) als auch während des Herbstzugs/Bezug der Winterquartiere (15. Juli bis 31. Oktober). Der von der Beklagten vorgesehene Abschaltzeitraum (1. April bis 31. Oktober) hält sich mithin schon auf dieser Grundlage - auch und gerade insoweit, als er über die (gleichwohl) im LBP vorgesehenen Zeiten hinausgeht - im Rahmen der Vorgaben des Artenschutzleitfadens.
Soweit die Klägerin geltend macht, nach der Rechtsprechung müsse ein Abweichen von Standards begründet werden, und daraus folgert, die Beklagte hätte im Einzelnen erläutern müssen, warum sie nicht den im LBP enthaltenen Abschaltzeiträumen, die ihrerseits auf dem Gutachten des Dipl.-Ing. I. vom April 2016 beruhten, gefolgt sei, liegt dieser Argumentation ein fehlerhaftes Verständnis oder eine falsche Anwendung des Begriffs „Standards“ zugrunde. Sie sieht nämlich zu Unrecht in dem im LBP bzw. in dem diesem zugrundeliegenden Gutachten von Herrn I. jeweils als Ergebnis vorgesehenen (kürzeren) Abschaltzeitraum einen solchen „Standard“.
Die Beklagte hat - wie ausgeführt - ihrer Entscheidung den von dem Gutachter I. ermittelten Sachverhalt, nämlich den im Untersuchungsgebiet festgestellten Fledermausbestand, zugrunde gelegt, und sich lediglich den von ihm sowie im Anschluss daran den Verfassern des LBP daraus gezogenen Folgerungen für den konkreten Betrieb der betreffenden WEA, d. h. den Abschaltzeiträumen, die danach ausreichend sein sollen, um einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG zu verhindern, nicht angeschlossen. Diese Einschätzungen der Gutachter bezüglich der nach der Bestandsaufnahme erforderlichen Abschaltzeiträume stellen jedoch keine fallübergreifend allgemein anerkannten fachlichen „Standards“ im vorgenannten Sinne dar. Dass die Beklagte sich diesen Folgerungen nicht angeschlossen hat, stellt für sich genommen also keine besonders begründungsbedürftige Abweichung von einem „Standard“ dar.
Stattdessen kommt es insoweit darauf an, ob die Beklagten mit ihren aus den vorliegenden Daten gezogenen Folgerungen zum erforderlichen Abschaltzeitraum ihre o. a. Einschätzungsprärogative überschritten hat. Das legt jedoch weder die Klägerin dar, indem sie stattdessen insoweit lediglich auf die abweichenden Ergebnisse „ihres“ Gutachters bzw. des LBP verweist, noch ist dies sonst ersichtlich.
Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass sich eine allgemeine Meinung gebildet hätte, wonach die von Herrn I. vorgesehenen Abschaltzeiten ausreichten, um eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch für Fledermausarten zu verhindern, die sich im jeweils betroffenen Gebiet auch über diesen Abschaltzeitraum von Ende Juni bis Mitte September hinaus aufhalten. Soweit sich (auch) hierauf die Beweisanträge I. 6 und I. 7 beziehen sollten, sind sie aus den in der mündlichen Verhandlung genannten Gründen abgelehnt worden. Insoweit wird auf das Protokoll verwiesen.
Die von der Beklagten ins Feld geführte konkrete Begründung für die Abschaltzeiten lässt ebenfalls nicht etwa erkennen, dass sie die Grenzen ihres o. a. Entscheidungsspielraums überschritten hätte. Sie verweist insbesondere zu Recht auf die sich schon aus dem Gutachten des Dipl.-Ing. I. vom April 2016 ergebende Präsenz der Rauhautfledermaus, insbesondere - aber nicht nur - in den Monaten April und Mai, wie aus der folgenden Grafik aus diesem Gutachten deutlich wird:
Auch die weiteren Daten, die von ihm bei den - allerdings erst im Mai beginnenden - zusätzlichen Untersuchungsterminen im Jahr 2015 ermittelt worden sind, sprechen für eine Anwesenheit dieser Art gerade im Frühjahr und zusätzlich im Herbst:
Dass sich, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellt hat, die o. a. Angaben nicht auf die vorliegend in Rede stehenden drei WEA beziehen, sondern nur auf andere der ursprünglich bis zu elf geplanten WEA oder erheblich abweichende Standorte, lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen. Denn nach den dortigen Ausführungen unter 6.3 auf Seite 35 f. sind die Standorte grundsätzlich nicht „speziell untersucht“ worden. Die nach Aufgabe einzelner Standorte noch verbleibenden wiesen „voraussichtlich ein ähnliches Konfliktpotenzial“ auf. Für das Umfeld der hier betroffenen Standorte, d. h. bezogen auf die Anlagen 19 und 20, wurde aufgrund der Nutzung als Grünland im Gegenteil sogar ein gegenüber den anderen Standorten „erhöhtes Risiko“ prognostiziert (vgl. auch S. 57 des LBP). Die in diesem Gutachten (verstreut) enthaltenen, im LBP zusammenfassend übernommenen Karten (S. 35) zu den Nachweisen einzelner Fledermausarten belegen ebenfalls nicht die Annahme, jedenfalls an den nunmehr in Rede stehenden Standorten bestehe nur ein im Vergleich zu den sonst von Herrn I. untersuchten Standorten unterdurchschnittliches Risiko. In einer weiteren Stellungnahme vom Januar 2017 führt Dipl.-Ing. I. dann aus, dass sich die Standorte der geplanten WEA im Nachgang zur ursprünglichen Untersuchung geändert hätten und nimmt nunmehr konkret die drei WEA 19, 20 und 21 in den Blick. „In Ergänzung zur Konfliktanalyse“ des vorangegangenen Gutachtens würden die voraussichtlichen Konflikte „standortbezogen präzisiert“. Die nachfolgenden Ausführungen weichen dann aber nicht erkennbar von denen des vorangegangenen Gutachtens ab. Insbesondere wird nicht etwa angenommen, durch die Standortverschiebung sei eine Minimierung des Risikos erfolgt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls zum Schutz auch der Rauhhautfledermaus nicht nur plausibel, sondern ggf. sogar geboten, die WEA auch in den o. a. weiteren Zeiten/Monaten abzuschalten. Weder Herr I. noch die ihm folgenden Verfasser des LBP erläutern konkret, warum trotz dieses Befundes und der Tatsache, dass auch bei seiner (Herr I.) standortbezogenen Auswertung für Anfang Mai bzw. Juni an mehreren WEA „eine hohe Aktivität/Bedeutung“ der „konfliktträchtigen Arten“ konstatiert worden ist (S. 43, Tab. 11 für die WEA 2, S. 45, Tab. 16 für die WEA 7, S. 46, Tab. 11 für die WEA 8, S. 47, Tab. 20 für die WEA 11), aus ihrer Sicht Abschaltzeiten für den Zeitraum 20. Juni bis zum 15. September für ausreichend erachtet werden. Dieses wäre aber insbesondere vor dem Hintergrund zu erwarten gewesen, als im Gutachten selbst darauf verwiesen wird, dass die Rauhhautfledermaus unter den Fledermäusen (mit mehr als 27 %) zu den am häufigsten unter deutschen Windenergieanlagen gefundenen Schlagopfern zählt (vgl. S. 24). Allein der Umstand, dass diese Fledermausart im Untersuchungsgebiet seltener festgestellt wurde als etwa die Zwergfledermaus oder auch der Abendsegler und sie das Gebiet vorrangig als Zugroute nutzt, reicht hingegen als Begründung (für ihren unzureichenden Schutz) nicht aus.
Soweit die Klägerin geltend macht, die Verwertung der von der Beklagten für ihre Einschätzung herangezogenen „Faunistische(-n) Sonderuntersuchungen Teil 2: Fledermäuse Stand 30.01.2016“ sei unzulässig, weil diese nicht (vorrangig) das im vorliegenden Fall streitige Vorhaben, sondern ein benachbartes Projekt beträfen, kann ihr nicht gefolgt werden. Die sich auf die Berücksichtigung dieser Unterlage beziehenden Beweisanträge I. 1. sowie I. 2. sind aus den in der mündlichen Verhandlung ausgeführten und protokollierten Gründen, auf die Bezug genommen wird, abgelehnt worden.
Die Klägerin übersieht bei ihrer Argumentation, dass die Beklagte insoweit nicht mit den konkret dort ermittelten Bestandszahlen o. ä. argumentiert. Aus diesem Grund geht auch die Annahme der Klägerin fehl, es mangele insoweit an Lageplänen etc., um die dortigen Erkenntnisse auf die vorliegend streitigen Standorte zu übertragen. Die in diesen „Sonderuntersuchungen“ enthaltene (abstrakte) Einschätzung, WEA müssten (mit ihrer Rotorspitze) zum Schutz von Fledermäusen im Grundsatz einen Mindestabstand von 100m zu allen vorhandenen linearen Gehölzen einhalten, beansprucht hingegen allgemeine Gültigkeit und ist damit auch auf das klägerische Vorhaben anwendbar. Dies gilt insbesondere, da auch der von der Klägerin angeführte Herr I. mehrfach auf den gebotenen Abstand zwischen WEA und Hecken bzw. Baumgruppen hinweist. So heißt es etwa auf Seite 36 seines Gutachtens vom April 2016:
„Nach der derzeitigen geplanten Parkkonfiguration halten die Anlagen zudem einen Abstand von 60 m und mehr von den Hecken und Baumgruppen ein. Das ist keine hinreichende Absicherung gegen die Kollision von eher strukturgebundenen, aber kollisionsgefährdeten Fledermausarten (Zwergfledermaus, Rauhhautfledermaus, Breitflügelfledermaus), erfüllt aber eine Minimalforderung aus Sicht des Fledermausschutzes.“
Ferner wird auf Seite 37 unter der Überschrift „7 Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung der betriebsbedingten Auswirkungen“ ausgeführt:
„In der Praxis werden mehrere Wege zur Reduktion des voraussichtlichen Fledermausschlags beschritten. Lange diente vor allem die Einhaltung von Abständen zu viel genutzten Lebensräumen als Vermeidungsmaßnahme. …
Inzwischen hat sich jedoch gezeigt, dass damit die angestrebten Ziele, nämlich die Reduktion von Kollisionsopferzahlen, durch diese Maßnahme alleine nicht im erforderlichen Umfang erreichen werden können. Dennoch sollte versucht werden, den Abstand der Anlagen zu diesen häufig beflogenen Lebensraumstrukturen (Hecken, Baumreihen, Gehölzgruppen) zu maximieren.
Neben der Einhaltung von Abständen ist es daher nötig zu prüfen, ob die Anlagen zeitweise abgeschaltet werden müssen, um das Kollisionsrisiko während des Betriebes zu senken. Dazu sollte ein akustisches Monitoring in Gondelhöhe durchgeführt werden, mit dem die konkrete Kollisionsgefahr an den Anlagen ermittelt wird und gleichzeitig Grunddaten für eine etwaige Abschaltung erhoben werden.“
In seiner Ergänzung aus dem Januar 2017 heißt es dann:
„Nach der derzeitigen geplanten Konfiguration halten die Anlagen zudem einen Abstand von 80 m und mehr von den Hecken und Baumgruppen ein (abgesehen von einem Einzelbaum in 35 m Entfernung zur Anlage 20). Das ist keine hinreichende Absicherung gegen die Kollision von eher strukturgebundenen, aber kollisionsgefährdeten Fledermausarten (Zwergfledermaus, Rauhhautfledermaus, Breitflügelfledermaus), ist aber als Beitrag zur Minimierung der Fledermauskollisionen wichtig.“
Danach hält auch Herr I. eine „Maximierung“ des Abstands zwischen den geplanten WEA und Hecken bzw. Baumgruppen für sachgerecht, um das Tötungsrisiko für Fledermäuse zu reduzieren.
Somit ist es jedenfalls gerichtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Abstand der drei WEA von weniger als 100 m zu entsprechenden Strukturen als risikoerhöhend bewertet und auch mit diesem Gesichtspunkt die erweiterten Abschaltzeiten begründet hat. Die sich auf die Frage eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos im Umfeld der betroffenen WEA und nach einem Einfluss von Abständen der WEA zu bestimmten Strukturen beziehenden Beweisanträge I. 3., I. 4., I. 5. und I. 6 sowie der Beweisantrag zu I. 7., wonach eine Abschaltung an in den LBP vorgesehenen Zeiträumen ausreichend sei, sind aus den in der mündlichen Verhandlung genannten Gründen abgelehnt worden. Insoweit wird auf das Protokoll verwiesen.
Das weitere Argument der Klägerin, die vorgeschlagene Abschaltperiode erscheine „zynisch“, da es sich um Maximalabschaltungen, mithin eine „worst-case“-Anordnung handele, für die es keiner Untersuchungen bedurft hätte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten (erforderlichen) Untersuchungen hinsichtlich des Fledermausvorkommens im Bereich der geplanten WEA dienten dazu zu klären, ob und zu welchen Zeiten sich dort Fledermausvorkommen nachweisen lassen und um welche Arten es sich handelt. Wenn auf der Basis der anhand der Untersuchungen gefundenen Ergebnisse dann - wie vorliegend - für den gesamten o. a. Zeitraum ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko anzunehmen und damit die Notwendigkeit von Abschaltungen zu bejahen ist, kann der Umstand, dass der Antragsteller ein oder gar mehrere Gutachten eingeholt hat, davon ersichtlich nicht befreien. Darüber hinaus weist der Senat ergänzend darauf hin, dass es sich ohnehin nicht um Maximalforderungen handelt. So weist bereits Herr I. in seinem Gutachten aus 2016 in einer Fußnote selbst darauf hin, dass die Empfehlungen des NLT bei der vorrangigen Betroffenheit des Abendseglers bezüglich der Windgeschwindigkeiten einen höheren Wert (7,5 m/s statt 6,0 m/s) vorsehen (vgl. S. 38), und auch nach dem Artenschutzleitfaden können für die Abendsegler-Arten sowie die Rauhhautfledermaus aufgrund von naturräumlichen Gegebenheiten in Niedersachsen unter Vorsorge- und Vermeidungsgesichtspunkten Abschaltungen auch noch bei höheren Windgeschwindigkeiten als 6 m/s erforderlich sein. Solche Besonderheiten hat die Beklagte hier allerdings (zugunsten der Klägerin) nicht gesehen. Im Übrigen haben sowohl Herrn I. als auch der LBP Abschaltungen bereits ab < 6,5 m/s Windgeschwindigkeit vorgesehen, die Beklagte - demgegenüber dem Artenschutzleitfaden folgend - < 6,0 m/s verfügt.
2. Der Senat geht angesichts des auf eine beschränkte Anfechtung der Nebenbestimmung IIIb. 3.2.4 (Abschaltung in der Zeit vom 1. April bis einschließlich 19. Juni und vom 16. September bis einschließlich 30. Oktober) beziehenden Klageantrags zu 2. davon aus, dass die Klägerin an ihrem ursprünglich formulierten Antrag nicht festhält, die genannte Nebenbestimmung um ein Gondelmonitoring zu ergänzen, das nach dem LBP vom 2. Juli 2020 integraler Teil des Schutzkonzepts aus Abschaltzeiten und Aktivitätserfassung sei.
Ein solches Begehren hätte auch keinen Erfolg gehabt. Soweit sie, die Klägerin, zur Begründung darauf verwiesen hat, dass nach der Rechtsprechung bei Unsicherheiten über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen ein solches Monitoring vorgesehen werden könne, verkennt sie dessen jedenfalls für die vorliegende, typische Fallgestaltung anerkannte Funktion.
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung darf mit Blick auf den Artenschutz nur erteilt werden, wenn sich das Tötungsrisiko im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch das Vorhaben nicht signifikant erhöht. Ein in der Genehmigung angeordnetes Monitoring kann vor diesem Hintergrund nur dazu dienen, die dauerhafte Tragfähigkeit der Prognose zu überprüfen, das Risiko der Tötung eines Individuums der betroffenen Fledermausarten werde durch das Vorhaben nicht in signifikanter Weise erhöht (vgl. Beschl. d. Sen. 18.4.2011 - 12 ME 274/10 -, NVwZ-RR 2011, 597, juris, Rn. 10). Dagegen ist es nicht zulässig, erst anhand eines Monitorings bei unbeschränktem oder nicht hinreichend beschränktem Betrieb der Anlagen und bestehenden Unsicherheiten über die Relevanz des Tötungsrisikos Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob die Risikoerhöhung die Signifikanzschwelle überschreitet (Beschl. d. Sen. v. 26.10.2016 - 12 ME 58/16 -, juris). Das in diesem Zusammenhang anerkannte Monitoring dient mithin (nach dem o. a. Zitat aus dem Artenschutzleitfaden) dazu, „die Abschaltzeiten ggf. nachträglich betriebsfreundlich zu optimieren“, d. h. zu verkürzen, nicht aber dazu, diese Zeiten aufgrund (zu Unrecht erst) nachträglich gewonnener Erkenntnisse notfalls zu erweitern. Es kann also mit dieser Zielrichtung auch nicht Bestandteil eines rechtmäßigen Schutzkonzepts sein.
Zudem wird die Annahme der Klägerin, das von Herrn I. und ihm folgend den Verfassern des LBP vorgesehene Gondelmonitoring sei Teil eines (umfassenden) Schutzkonzeptes, so nicht einmal durch die entsprechenden Unterlagen selbst gedeckt.
Denn danach sollte das Gondelmonitoring „mindestens den Zeitraum 01.05. bis 15.10.“ umfassen. Die besonders schlaggefährdete Rauhhautfledermaus ist aber gerade im April und damit außerhalb dieser Zeiten besonders häufig im Untersuchungsgebiet nachgewiesen worden, und die Summe der Kontakte der - bei weitem am häufigsten - allgemein nachgewiesenen Zwergfledermaus weist etwa um den 20. Oktober nochmal eine Spitze auf. Angesichts dessen spricht mehr dafür, dass danach sowohl der Gutachter Herr I. als auch die Verfasser des LBP das Gondelmonitoring nicht als Teil eines umfassenden Schutzkonzeptes eingestuft haben, sondern vielmehr (allein) meinten, anhand der durch das vorgeschlagene Monitoring gewonnenen Ergebnisse könne ggf. belegt werden, dass die Anlagen auch bei geringeren Windgeschwindigkeiten oder in einem noch längeren Zeitfenster als von ihnen angenommen ohne signifikant erhöhtes Tötungsrisiko betrieben werden könnten (so Gutachten S. 38; LBP S. 82). Insoweit bedarf es aber - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - keiner gesonderten Regelung durch Nebenbestimmung im Bescheid. Es steht der Klägerin frei, von sich aus eine solches (begrenztes) Monitoring vorzunehmen und bei Vorlage der entsprechenden Ergebnisse eine Änderung der Nebenbestimmung hin zu „betriebsfreundlicheren“ Abschaltzeiten zu beantragen.
3. Angesichts der - wie ausgeführt - bewusst beschränkten Fassung des Antrags zu Nr. 2 ist die Rechtmäßigkeit der Auflage IIIb. 3.2.4 auch im Übrigen, etwa zu den Voraussetzungen für ein „Wiederanfahren“, nicht streitgegenständlich.
4. Anders als die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, war die Beklagte ferner nicht (hilfsweise) gehalten, die von ihr (der Klägerin) für ausreichend erachteten Abschaltzeiten dergestalt zu legitimieren, dass für das nach den vorherigen Ausführungen unter 1. insoweit zu bejahende signifikant erhöhte Tötungsrisiko in den darüberhinausgehenden Zeiten (oder gar insgesamt, d. h. für die gesamte Laufzeit der WEA) eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt würde (a); dies ist im Übrigen auch nicht erfolgt (b).
a) Der Senat hat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom heutigen Tag im Verfahren mit den Aktenzeichen 12 KS 121/21 darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen auch bei Anlagen der erneuerbaren Energien weiterhin die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 45 Abs. 7 Satz 1 und 2 BNatSchG zu prüfen sind. Darauf wird verwiesen. Wie ebenfalls dort ausgeführt, setzt nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, juris, Rn. 233) die Erteilung einer Ausnahme eine Prüfung von Standortalternativen voraus, die sich ggf. auf das gesamte Gebiet des jeweiligen Trägers der Regionalplanung erstreckt. Es ist aber von der Klägerin schon nicht substantiiert geltend gemacht worden und auch sonst nicht erkennbar, dass nicht bereits eine das Risiko maßgeblich verringernde geringfügige Verschiebung der Standorte der WEA, etwa weg von den o. a. bezeichneten Leitstrukturen bzw. aus dem Grünland, möglich und ausreichend gewesen wäre, noch gar, dass es in der Region Hannover sonst keine alternativen Standorte gibt, an denen die durch die Abschaltzeiten entfallende - relativ gesehene - geringe Windenergie ohne Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG oder ohne mindestens gleichwertige Nachteile gewonnen werden könnte.
Die sich mit dieser Thematik, d. h. einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG, befassenden Beweisanträge der Klägerin zu II. 1. bis 3. sind aus den in der mündlichen Verhandlung benannten und protokollierten Gründen, auf die Bezug genommen wird, abgelehnt worden.
b) Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob dem Erfolg dieses Begehrens nicht schon entgegensteht, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin (bzw. nachfolgend sie selbst) im Verwaltungsverfahren nicht beantragt hat, ihr eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zu erteilen, sondern sich sowohl im Verwaltungs- als auch im Klageverfahren (zunächst) allein auf den Standpunkt gestellt haben, die im LBP vorgesehenen Maßnahmen seien ausreichend, um einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG zu verhindern
Die unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Verneinung eines Verstoßes gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG einerseits und der Legitimation eines solchen Verstoßes nach § 45 Abs. 7 BNatSchG andererseits sprechen allerdings aus Sicht des Senats deutlich dafür, dass die Genehmigungsbehörde schon im Verlaufe des Verwaltungsverfahrens (auch) gegenüber dem Vorhabenträger deutlich machen muss, ob sie die von ihm vorgesehenen Maßnahmen für ausreichend erachtet, um einen drohenden Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu vermeiden, oder ob sie andernfalls eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG für erforderlich erachtet und ggf. erteilt. Dies ergibt sich u. a. daraus, dass nach der Rechtsprechung des Senats im Falle der Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vom Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG etwa im Falle einer Vorprüfung nach dem UVPG „erhebliche Umweltauswirkungen“ nicht mehr verneint werden können (Urt. d. Sen. v. 26.2.2020 - 12 LB 157/18 -, juris, Rn. 66). Zudem ist in dem Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zum Vierten Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 21. Juni 2022 (BT- Drs. 20/2354) in § 45d Abs. 2 BNatSchG-E vorgesehen, dass ein Vorhabenträger im Falle der Erteilung einer Ausnahme u. U. eine Geldzahlung zu leisten hat.
Deshalb muss aus Sicht des Senates spätestens im Bescheid selbst eindeutig zum Ausdruck kommen, ob das Vorhaben ohne Weiteres für genehmigungsfähig erachtet oder nur im Wege der (ggf. mit dem Bescheid zugleich erteilten) Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG legitimiert wird (vgl. bereits Senatsbeschl. v. 11.5.2020 - 12 LA 150/19 -, juris, Rn. 45, m. w. N.; anders ggf. OVG NRW, Beschl. v. 12.3.2021 - 7 B 8/21 -, juris, Rn. 33, juris, sowie dazu Löffler, jurisPR-UmwR 6/2021 Anm. 4, B II.). Anders als es der Klägerin wohl vorschwebt, könnte damit in den von ihr nur mit der Anfechtungsklage, zumal in dem bewusst nur eng begrenzten Umfang, angegriffenen Genehmigungsbescheid der Beklagten wohl gar nicht (nachträglich) die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung „hineingelesen“ bzw. gerichtlich (hilfsweise) eingefügt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils entspricht es billigem Ermessen, dass die Klägerin die Kosten zu tragen hat. Der zuletzt angekündigte Fortsetzungsfeststellungsantrag wäre mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresse unzulässig gewesen (das von der Klägerin dazu zitierte Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen [v. 27.2.2019 – 19 A 1782/17 -, juris, Rn. 42] stützt die Auffassung des Senats und steht ihr, anders als die Klägerin geltend gemacht hat, nicht etwa entgegen); ob sie stattdessen noch auf den zuvor angekündigten Aufhebungsantrag hätte zurückkommen können, um diesen für erledigt zu erklären, ist sehr zweifelhaft, aber auch nicht erfolgt. Im Übrigen sind im Rahmen der Entscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ohnehin keine grundsätzlichen Fragen zur Rechtmäßigkeit von (erledigten) Nebenbestimmungen für die Bauausführung zu klären, und betrafen diese erledigten Nebenbestimmungen bei dem festgesetzten Streitwert in Höhe von 55.000,- EUR nur einen wertmäßig sehr untergeordneten Anteil des Streitgegenstandes
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 (in entsprechender Anwendung), 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.