Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 28.10.2021, Az.: 12 A 6814/17

Feldlerche; Mäusebussard; Rasteranalyse; Rotmilan; vertiefte Raumnutzungsanalyse

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
28.10.2021
Aktenzeichen
12 A 6814/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70756
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladenen jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die der Beklagte der Rechtsvorgängerin der beiden Beigeladenen für die Errichtung und den Betrieb von vier Windenergieanlagen erteilt hat.

Der Kläger ist eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, deren satzungsmäßiges Ziel die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Umweltschutzes und des Tierschutzes ist.

Unter dem 24.06.2016 beantragte die H., die Rechtsvorgängerin der beiden Beigeladenen, die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von ursprünglich acht Windenergieanlagen des Typs I. J. mit jeweils einer Nabenhöhe von 103,9 m, einem Rotordurchmesser von 92,0 m, einer Gesamthöhe von 149,9 m und einer Nennleistung von 2350 kW. Der Standort der Anlagen befindet sich in der Gemeinde K. am östlichen Rand der Samtgemeinde F-Stadt und im Ortsteil L. der Stadt M. am westlichen Rand der Samtgemeinde M.. Der Vorhabenstandort und dessen nähere Umgebung sind aus folgender Satelitenaufnahme ersichtlich:

Legende:

1 – 4 

WEA 05 – 08

11    

T.    

16    

K.    

5 – 7 

BestandsWEA

12    

AB.     

17    

L.    

8       

Bahnlinie

13    

AA.     

18    

W.    

9       

L AJ. 

14    

U.    

19    

X.    

10    

AI.     

15    

F-Stadt

Die Anlagen WEA 01 bis 04, die ursprünglich ebenfalls Gegenstand des Genehmigungsantrags waren, sollten nördlich, die – streitgegenständlichen – Anlagen WEA 05 bis 08 südlich der Bahnlinie A-Stadt - N. errichtet werden. Der Standort der Anlagen ist in der 7. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde F-Stadt und in der 15. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde M. als Vorranggebiet für Windenergie dargestellt. Etwa 375 bis 525 m westlich der Anlagen werden bereits drei Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils rund 100 m betrieben.

Bereits aus Anlass der Änderung der Flächennutzungspläne hatte die H. die O. (P.) mit der Erfassung der Avi- und Fledermausfauna beauftragt. Daraufhin hatte P. von Mitte Februar bis Mitte Juli 2013 und in Absprache mit der unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Beklagten erneut im Sommer 2014 eine Revierkartierung von Brutvögeln durchgeführt, für einige Arten wie den Rotmilan Flugbewegungen erfasst, das Fledermausvorkommen kartiert und eine naturschutzfachliche Bewertung vorgenommen.

Zu den Antragsunterlagen zählen unter anderem ein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP), ein Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (ASB) und eine UVP-Vorstudie. Diese wurden unter Einbeziehung der Erhebungen von P. durch das Q. (R.) erstellt und während des Verfahrens aktualisiert.

Unter dem 15.12.2016 beantragte die H., das Genehmigungsverfahren hinsichtlich der vier nördlich der Bahnlinie gelegenen WEA 01 bis 04 wegen der noch fehlenden Zustimmung aus militärischer/flugbetrieblicher Sicht vorerst ruhen zu lassen.

Mit Bescheid vom 30.12.2016 erteilte der Beklagte der H. im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG nach Durchführung einer UVP-Vorprüfung und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Genehmigung, die vier Windenergieanlagen (WEA 05, 06, 07 und 08) zu errichten und zu betreiben und ordnete hinsichtlich der übrigen Anlagen (WEA 01, 02, 03 und 04) das Ruhen des Verfahrens an. In Abschnitt II Nr. 2 der Genehmigung wurde eine Ausnahme vom Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für die Vogelart „Mäusebussard“ zugelassen. In Abschnitt IV.6 legte der Beklagte im Interesse des Naturschutzes und der Landschaftspflege verschiedene Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen fest, unter anderem Abschaltalgorithmen für Fledermausarten mit Gondelmonitoring (V 6), eine Umweltbaubegleitung (V 7), das Anbringen von Baummanschetten für Rotmilan, Schwarzmilan und Mäusebussard (V 8), die Anlage von Brachestreifen für Feldlerchen und Monitoring (V 9) und die Anlage und Bewirtschaftung von Luzerneflächen mit Monitoring (V 10).

Gegen die Genehmigung vom 30.12.2016 erhob der Kläger unter dem 07.01.2017 Widerspruch.

Im März 2017 zeigte die H. dem Beklagten an, dass nunmehr die Beigeladene zu 1) Betreiberin der WEA 5 und die Beigeladene zu 2) Betreiberin der WEA 06 bis 08 sei.

Am 12.06.2017 erteilte der Beklagte der H. auf deren Antrag vom 28.04.2017 nach der Prüfung bautechnischer Nachweise mit Höhenabweichung eine Nachtragsgenehmigung zur Genehmigung vom 30.12.2016.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2017 – zugestellt am 29.06.2017 – wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 27.07.2017 hat der Kläger Klage erhoben und am 02.11.2017 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Mit Nachtragsgenehmigung vom 28.05.2018 änderte der Beklagte gegenüber der S. die in der Genehmigung enthaltenen Auflagen zu Betriebseinschränkungen aufgrund eines neuen Turbulenzgutachtens bzw. hob diese teilweise auf. Vorab war mit dem Geschäftsführer der S. geklärt worden, dass der Bauantrag dieser Gesellschaft zugeordnet werden solle, weil sie als Betreibergesellschaft die Kontrolle über die Anlagen im Eigentum der Beigeladenen zu 1) und 2) habe.

Inzwischen wurden die genehmigten Anlagen errichtet.

Mit Beschluss vom 27.06.2018 - 12 B 10379/17 - stellte die erkennende Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30.12.2016 wieder her. Gegen diesen Beschluss legten der Beklagte und die H. Beschwerde ein.

Nachdem die H. ihren Genehmigungsantrag für die WEA 01 bis 04 im Juli 2017 zurückgenommen hatte, hob der Antragsgegner mit Änderungsbescheid vom 25.07.2018 gegenüber der H. und den beiden Beigeladenen die Ausnahme von dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für die Vogelart „Mäusebussard“ auf. In der Begründung des Bescheides wird dazu ausgeführt: Im Genehmigungsverfahren 2016 sei - höchst vorsorglich - aufgrund der Möglichkeit einer Umzingelung eines nur einmal (2015) während der vierjährigen Kontrolle (2013-2016) besetzten Wechselhorstes eines Mäusebussards inmitten des damals geplanten Gesamtwindparks eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt worden. Aufgrund der Antragsrücknahme bezüglich der vier nördlich gelegenen Anlagen sei nunmehr offensichtlich keine Umzingelung des Horstes mehr zu befürchten. Vielmehr hätten die Mäusebussarde jetzt einen freien Flugkorridor sowohl zu ihren Nahrungshabitaten an der T. als auch zu den gezielt angelegten Ablenkflächen/Nahrungsflächen im Norden. Aufgrund der geänderten Sachlage und der daraus resultierenden deutlichen Reduzierung des potentiellen Konfliktes sei die Ausnahmegenehmigung für den Mäusebussard nicht mehr notwendig.

Während des Beschwerdeverfahrens teilte die H. gegenüber dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht mit, dass bereits vor Klageerhebung die Rechte aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30.12.2016 auf die Beigeladenen zu 1) und 2) übertragen worden seien. Im Hinblick darauf erklärte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16.10.2018 - 12 ME 119/18 - den Beschluss der erkennenden Kammer vom 27.06.2018 für unwirksam und wies das Verfahren an dieses zurück.

Mit Beschluss vom 28.02.2019 - 12 B 6923/18 - stellte die erkennende Kammer die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2017, der Nachtragsgenehmigung vom 28.05.2018 und der Änderungsgenehmigung vom 25.07.2018 (erneut) wieder her: Die angefochtene Genehmigung leide voraussichtlich an einem absoluten Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Die vom Antragsgegner aufgrund der von ihm vorgenommenen allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c UVPG a.F. getroffene Feststellung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, halte der am Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG a. F. orientierten Prüfung voraussichtlich nicht stand.

Die von dem Beklagten und den Beigeladenen gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 25.06.2019 - 12 ME 64/19 - zurück.

Am 01.07.2019 stellte der Beklagte fest, dass für das Vorhaben der Beigeladenen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Daraufhin legten die Beigeladenen weitere Unterlagen vor, unter anderem einen Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP 2019), einen Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag (ASB 2019) sowie einen UVP-Bericht, jeweils mit Stand September 2019 vom R. erstellt. Nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung ergänzte und änderte der Beklagte mit Ergänzungsbescheid vom 17.04.2020 gegenüber den Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30.12.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.07.2018. Unter anderem entfiel die Auflage zum Anbringen von Baummanschetten (V 8), wurden die Abschaltungen für die Fledermäuse ausgeweitet (V 6) und die Anforderungen an das jeweilige Monitoring geändert bzw. konkretisiert (V 6, V 9, V 10). Als zusätzliche Vermeidungsmaßnahmen wurde den Beigeladenen aufgegeben, die Mastfußbereiche und Kranstellflächen so klein wie möglich zu halten, als Schotterfläche anzulegen und bewuchsfrei zu halten (V 11 - neu) sowie die Windenergieanlagen bei der Ernte, dem Pflügen und der Mahd auf Flächen im Umkreis von 100 m um die Windenergieanlagen und auf innerhalb der im Verbund der Windenergieanlagen liegenden Flächen ab Beginn der Arbeiten und an den drei Folgetagen abzuschalten. Zur Begründung des Ergänzungsbescheides führte der Beklagte aus: Die Prüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens und der integrierten Umweltverträglichkeitsprüfung habe ergeben, dass die Genehmigungsvoraussetzungen für die vier beantragten Windenenergieanlagen bei Beachtung der Nebenbestimmungen des Ergänzungsbescheides erfüllt würden. Die aus den Stellungnahmen der Öffentlichkeit vorgetragenen Einwendungen seien überwiegend unbegründet und daher zurückzuweisen. Einwendungen in Bezug auf den Vogelschutz sei dadurch Rechnung getragen worden, dass gegenüber der Genehmigung vom 30.12.2016 erhöhte Abschaltzeiten zum Schutz der Fledermaus festgesetzt sowie temporäre Betriebszeitenbeschränkungen zur Minimierung des Vogelschlagrisikos (bewirtschaftungsabhängige Abschaltzeiten) verfügt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides, insbesondere auf Abschnitt V „Begründung aus Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege (abweichend von Abschnitt VI, Ziffer 7 des Bescheides vom 30.12.2016)“ und auf die zusammenfassende Darstellung und Bewertung der möglichen Umweltauswirkungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zum „Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ in Abschnitt VII unter den Ziffern 2.2 bis 2.4 Bezug genommen.

Am 29.04.2020 stellten die Beigeladenen einen Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO. Daraufhin änderte die erkennende Kammer mit Beschluss vom 28.08.2020 - 12 B 6923/18 – ihren Beschluss vom 28.02.2019 dahingehend ab, dass der Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, abgelehnt wurde. Sie war der Auffassung, dass die Klage nach der zwischenzeitlich durchgeführten UVP-Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg mehr haben werde. Zugleich gab die Kammer der Beigeladenen zu 2) auf, entsprechend der Ergebnisse des Gondelmonitorings abweichend von den Vorgaben des Ergänzungsbescheides bei der Maßnahme V 6 die WEA 07 und WEA 08 im Oktober auch bei Temperaturen über 6° C (WEA 07) bzw. über 8° C (WEA 08) abzuschalten.

Auf die Beschwerde des Klägers änderte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 21.12.2020 - 12 ME 140/20 - die Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 28.02.2019 und vom 28.08.2020 dahingehend ab, das die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt wurde, soweit bei der Maßnahme V 6 ein Betrieb der Windenergieanlagen im Oktober nicht auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Temperaturen zwar unter 10° C, aber über 6° C (WEA 05 - 07) bzw. über 8° C (WEA 08) liegen. Insoweit hielt es die Klage für erfolgversprechend, weil die Ergebnisse des Gondelmonitorings an den WEA 07 und 08 auf die beiden anderen WEA übertragbar seien.

Mit Bescheiden vom 14.06.2021 hob der Beklagte gegenüber den Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung teilweise auf, soweit sie bei der Maßnahme V 6 auch dann einen Betrieb der Windenergieanlagen im Oktober zulässt, wenn Temperaturen von jeweils unter 10° C, aber mehr als 6° C (WEA 05 - 07) respektive mehr als 8° C (WEA 08) herrschen.

Am 14.06.2018 hat der Kläger die Nachtragsgenehmigung vom 28.05.2018 und am 13.08.2018 die Änderungsgenehmigung vom 25.07.2018 in die Klage einbezogen. Am 14.05.2020 hat er den Ergänzungsbescheid vom 17.04.2020 zum Gegenstand der Klage gemacht und außerdem vorsorglich gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben. Am 06.07.2021 hat er seinen Klageantrag um die Teilaufhebungsbescheide vom 14.06.2021 ergänzt.

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor: Auch in der aktuellen Fassung verstoße die Genehmigung für die im Vorhabenumfeld vorkommenden Exemplare der Arten Rotmilan, Mäusebussard, Feldlerche und verschiedener Fledermausarten gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Insoweit mache er eine ergänzende Stellungnahme von U. vom 26.08.2021 vollinhaltlich zum Gegenstand seines Vortrags. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Erlass der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung, hier also des Ergänzungsbescheides vom 17.04.2020. Deshalb müssten auch die älteren Untersuchungen am Maßstab der zwischenzeitlich geänderten Methodenstandards beurteilt werden. Sofern sie diesen nicht genügten, sei die artenschutzrechtliche Prüfung rechtswidrig und die Unterlagen müssten ergänzt werden. Dem vom Beigeladenen zu 1) herangezogenen „Klimabeschluss“ des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.2021 komme für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung zu, weil Gestaltungs-, Abwägungs- oder Beurteilungsspielräume nicht bestünden. Zudem seien Belange des Arten- und Biodiversitätenschutzes mindestens gleichberechtigt mit Klimaschutzanliegen. Der „Signifikanzrahmen“, den die Sonder-Umweltministerkonferenz (UMK) im Dezember 2020 beschlossen habe, bedürfe zunächst der Umsetzung durch die Länder, bevor er rechtliche Änderungen bewirke.

Dem Rotmilan komme als ausgewählter „Verantwortungsart“ eine besondere Bedeutung zu. Die vier Windenergieanlagen befänden sich im TK 25-Quadranten V., den der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als einen Quadranten mit einem landesweiten Schwerpunktaufkommen des Rotmilans und erster Priorität von Schutzmaßnahmen gekennzeichnet habe. Die Kartierung der Großvogellebensräume in Karte 1 des ASB 2019 sei damit nicht identisch und deutlich kleinräumiger. Für die Rotmilane im Bereich der genehmigten Anlage sei das Tötungsrisiko signifikant erhöht. In seinem Urteil vom 04.03.2021 - C-473/19 und C-474/19 - habe der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass es bei der Beurteilung der Signifikanz aufgrund der Individuenbezogenheit des Verbotstatbestandes allein darauf ankomme, ob sich das Tötungsrisiko für ein einzelnes Individuum einer betroffenen Art signifikant erhöhe. Da Rotmilane bei der Nahrungssuche regelmäßig große Strecken flögen und nicht in der Lage seien, den Verlauf der drehenden Rotoren abzuschätzen, würden sie als kollisionsgefährdete Art eingestuft. Sie seien auch mit erhöhter Häufigkeit im Gefahrenbereich der vier Windenergieanlagen anzutreffen. Dies ergebe sich aus der Auswertung der mit den Antragsunterlagen vorgelegten Raumnutzungskartierungen durch U.. Diese entspreche den geltenden wissenschaftlichen Methodenmaßstäben. Methoden- oder Erkenntnisdefizite, die einen Rückgriff auf die Grundsätze der Einschätzungsprärogative zulassen würden, bestünden nicht. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 595/14 – verdeutlicht, dass sich die Pflicht der Gerichte zur Sachaufklärung auch auf die Frage beziehe, ob überhaupt ein fachwissenschaftliches Methoden- oder Erkenntnisdefizit bestehe. Ein derartiges Defizit werde häufig vorschnell angenommen, wenn interessengebundene Gutachter oder fachlich kaum qualifizierte Personen unterschiedlichen Meinungen verträten oder ein Widerspruch zu Verwaltungsvorschriften bestehe, bei deren Entstehung die politische Einflussnahme häufig so stark sei, dass sie den Stand wissenschaftlicher Erkenntnis ganz oder teilweise ignorieren würden. Die von den Beigeladenen vorgelegten Untersuchungen würden den vom Niedersächsischen Artenschutzleitfaden vorgegebenen Methodenstandards, die das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht als fachlichen Mindeststandard ansehe, nicht genügen. Insbesondere fehle eine methodengerechte Auswertung der von P. erhobenen Daten. Die festgestellten Flugaktivitäten seien nicht selbsterklärend, sondern hätten notwendig mathematisch-statistisch bewertet werden müssen. Entweder hätte man die Zahl der Flugbeobachtungen auf die Gesamtanwesenheitszeit von Rotmilanen hochrechnen und das daraus erwachsende Risiko in Relation zum allgemeinen Lebensrisiko setzen müssen, oder man hätte die Aktivitäten im Windpark mit den übrigen Aufenthaltsbereichen vergleichen müssen. Aus Tabelle 1 der Anlage K 4 ergebe sich, dass die Aktivitätsdichte entgegen der Behauptungen des Beklagten im Bereich des Windparks höher sei als beispielsweise in der T.. Wenn der Beklagte eine korrekte Flächenpotentialanalyse durchgeführt hätte, wäre er aufgrund der von U. ermittelten erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeit und der im Vorhabenumfeld vorhandenen Ackerflächen höchstwahrscheinlich zu dem Ergebnis gekommen, dass sich im Anlagenumfeld regelmäßig genutzte, essenzielle Nahrungshabitate und Flugkorridore befinden. In dem Prüfradius von 4000 m um die Windenergieanlagen lägen zahlreiche Horste, so dass von einer hohen Rotmilandichte und großer Nahrungskonkurrenz auszugehen sei. U. habe dargestellt, dass sich im Radius von 1.500 m um die 2015 und 2016 besetzten Horste in erheblichem Umfang Wald- und Siedlungsstrukturen befänden, die für die Nahrungssuche ungeeignet seien. Deshalb würden die Nahrungsflüge in den sich südlich erstreckenden Freiraum bis an die Ortschaften F-Stadt, K., L., W. und X. verlagert. Zudem sei südlich der Anlagen keine Kartierung von Horststandorten ersichtlich, obgleich es dort ebenfalls welche geben könne. In den Kartierungen für die Aufstellung des aktuellen Flächennutzungsplanes aus dem Jahr 2014 sei der jetzige Anlagenbereich teilweise ebenfalls als Bereich mit hoher Flugdichte ausgewiesen gewesen. Die faunistische Datenbank, auf die der Beklagte sich beziehe, sei nicht zugänglich gemacht worden. Der vom Beklagten vorgelegte Auszug enthalte keine über die Antragsunterlagen hinausgehenden Informationen. Eine Raumnutzungsanalyse sei bereits nach Ziff. 5.1.3.1 Satz 1 Abs. 3 Nr. 1 des Artenschutzleitfadens erforderlich gewesen, weil im Radius 1 von 1.500 m ein Brutpaar nachgewiesen worden sei. Auch wenn diese Notwendigkeit infolge der nicht weitergeführten Nutzung später entfallen wäre, hätte gemäß Ziff. 5.1.3.1 Satz 1 Abs. 3 Nr. 2 des Artenschutzleitfadens eine Raumnutzungsanalyse durchgeführt werden müssen. Die Ackerflächen um die Windenergieanlagen herum würden sich allgemein nach der Ernte als Nahrungshabitat eignen. Die Wahrscheinlichkeit einer Nutzung erhöhe sich durch die Lage in einem Schwerpunktbereich, in der mit einer Konkurrenz von Rotmilanpaaren gerechnet werden müsse. Um ein essenzielles Nahrungshabitat müsse es sich nach dieser Vorschrift nicht handeln. Trotz des Brutabbruchs hätte gemäß Ziff. 5.1.3.1 letzter Abs. des Artenschutzleitfadens die Raumnutzungskartierung im Folgejahr fortgeführt werden müssen, da keine Hinweise auf mangelhafte, nicht kurzfristig zu behebende Lebensraumbedingungen als Ursache des Brutabbruches vorgelegen hätten. Zudem hätte der Monat März miterfasst werden müssen. Des Weiteren hätten die erfassten Daten einer qualifizierten Auswertung bedurft, die unterblieben sei. So gingen die Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages „Naturschutz und Windenergie, Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen“ (NLT-Papier) und der Artenschutzleitfaden mit der Erwähnung der Berechnung eines Präferenzindexes erkennbar von einer statistischen Bewertung der Daten aus. Hier seien jedoch nur grob die Bereiche nördlich und südlich der Bahntrasse verglichen worden, anstatt den Standort genau zu betrachten. Eine Gegenüberstellung von zwei Flächen, von denen eine den Neststandort enthalte und die andere nicht, sei untauglich, weil sich am Neststandort praktisch immer mindestens ein Altvogel aufhalte, das Kollisionsrisiko aber an ganz anderer Stelle bestehe. Das Argument, die Datenlage habe die von U. angewandte Methode nicht zugelassen, betreffe ebenso die zugrundeliegenden Bestandserhebungen. Wenn die von P. erhobenen Daten so mangelhaft gewesen seien, wären sie auch für eine vertiefte Raumnutzungsanalyse nicht geeignet gewesen. Die Prognose sei auch deshalb fehlerhaft, weil sie sich nicht auf die gesamte Laufzeit des Vorhabens beziehe, obwohl bereits der ASB davon ausgehe, dass mit einer Veränderung der Reviere zu rechnen sei. Das Tötungsrisiko werde durch die Schaffung neuer attraktiver Strukturen weiter erhöht. Dies betreffe zum einen die Anlage der neuen Wege, Wegeverbreiterungen, Wendeplätze und Montageplätze mit zusätzlichen Randlinien von ungefähr 800 m und zum anderen die als Schadensminderungsmaßnahme vorgesehene Vorgabe zur Gestaltung der Mastfußbereiche in Ziff. 6.9.2 des Ergänzungsbescheides. Auf den allenfalls kurzrasig bewachsenen Schotterflächen hätten die Rotmilane freie Sicht auf Beutetiere und Schlagopfer. Die Schotterflächen könnten nicht bewuchsfrei gehalten werden, da Erde anfliegen würde. Auch für die weiteren angeordneten Vermeidungsmaßnahmen habe der Beklagte nicht den Nachweis ihrer Eignung erbracht, das Kollisionsrisiko mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf ein nicht signifikantes Maß zu senken. Ihrer Konzeption liege bereits eine unzureichende Sachverhaltsermittlung zugrunde. Im Radius 2 von 4000 m um die Windenergieanlagen hätten die Rotmilanbrutpaare und Horststandorte angesichts der hohen Vorkommenswahrscheinlichkeit vollständig ermittelt werden müssen, da ohne das Wissen um Zahl und Lage der Brutreviere und Nahrungsflächen die Wirksamkeit von Vermeidungsmaßnahmen nicht bewertet werden könne. Auch der Artenschutzleitfaden gehe in Ziff. 7.4. Abs. 3 1. Spiegelstrich davon aus, dass die Wirksamkeit der Anlage von attraktiven Nahrungshabitaten als Schadensbegrenzungsmaßnahme Kenntnisse zur Raumnutzung der entsprechenden Arten vor Ort zwingend voraussetze. Unabhängig davon sei die Luzernefläche (V 10) mit 5 ha zu klein, um eine Ablenkfunktion zu erfüllen. In der Fachliteratur werde eine Fläche von 70 ha für erforderlich gehalten, von der täglich 2 ha frisch gemäht würden. Außerdem liege die Rotationsfläche für die Luzernefläche teilweise außerhalb des 1500 m-Bereichs um die festgestellten Brutplätze und sei weiter entfernt als die Flächen um die Windenergieanlagen. Die temporären Abschaltungen während der Ernte, des Pflügens und der Grünlandmahd (V 12) beträfen nur zweimal drei Tage und damit einen minimalen Zeitraum der Brutsaison von 184 Tagen. Die Anzahl an Abschalttagen und das gewählte 100 m-Umfeld seien zu gering, um eine nennenswerte Wirkung in Bezug auf die Gesamtaktivität der Rotmilane im Umfeld der Windenergieanlagen zu erzielen. Auch wenn im weiteren Umfeld der Windenergieanlagen Ernte- oder Mäharbeiten stattfänden, bestehe durch Flug- und Jagdaktivitäten eine erhöhte Schlaggefährdung. Aus dem vom Beklagten vorgelegten Abschaltprotokoll für 2020 ergebe sich für den interessierenden Zeitraum der Brutzeit nichts. Das Protokoll für 2021 weise Abschaltungen während lediglich 5,8 % der brutzeitlichen Aktivität aus. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb die Abschaltung an den 11 Tagen jeweils erfolgt sei. Zudem sei erst ab Juni abgeschaltet worden, obwohl Telemetriestudien ergeben hätten, dass der Großteil der Rotmilanflüge während der ersten Hälfte der Brutzeit stattfinde. Bei Bodenbearbeitungen flögen Greifvögel ohnehin tief, kämen allerdings von weit her und liefen dabei Gefahr, von den übrigen weiterbetriebenen Windenergieanlagen erschlagen zu werden. Schließlich setze die Maßnahmenwirksamkeit nach Ziff. 7.2 des Artenschutzleitfadens zwingend vertragliche Vereinbarungen zwischen den Betreibern der Windenergieanlagen und den Flächenbewirtschaftern voraus, die hier weder verbindlich angeordnet noch vorgelegt worden seien. Eine Stichprobenkartierung im Bereich der vier Windenergieanlagen am 27.05. und 03.06.2020 durch den Ornithologen Y. habe mit 73 Flügen mit 135 Individuen eine sehr hohe Flugdichte des Rotmilans ergeben. Als Parteigutachten könne diese Erfassung eine Plausibilitätsprüfung der der Genehmigung zugrunde gelegten Annahmen ermöglichen. An einem Tag seien im Bereich der Windenergieanlagen bis zu fünf und am anderen Tag bis zu acht verschiedene Rotmilane beobachtet worden. Die Flugdichten seien sehr viel höher als bei den Erfassungen von P. an den vergleichbaren Tagen im Jahr 2013 und belegten, dass der Anlagenbereich in seiner aktuellen Gestaltung eine hohe Anziehungswirkung auf Rotmilane habe und die Ablenkflächen nicht griffen. Dass die Rotmilane im Bereich gemähten Grünlandes gesichtet worden seien, stehe der Annahme einer Gefährdung nicht entgegen. Das Grünland befinde sich weiter als 100 m von den Anlagen entfernt und sei während der gesamten Brutzeit eine wichtige Nahrungsquelle. Gleiches gelte für die Ackerflächen, die ganzjährig bejagt würden.

Auch in Bezug auf den Mäusebussard verletze die Genehmigung das Tötungsverbot. So sei bereits die Bewertung, dass der Mäusebussard grundsätzlich nicht zu den windenergiesensiblen Arten zähle, nachweisbar unrichtig. Für den Mäusebussard würde mit Abstand die höchste Zahl an Kollisionsopfern erfasst. Dies liege daran, dass der Mäusebussard schwerpunktmäßig in der Balzphase, aber auch in der Zeit des Selbstständigwerdens der Jungvögel, regelmäßig über längere Zeit in großen Höhen fliege, und dass er wie andere Greifvögel kein nennenswertes Meideverhalten gegenüber Windenergieanlagen zeige. Bernotat und Dierschke (2016) würden ihn wie den Rotmilan in die Gruppe der Tiere mit dem höchsten artspezifischen Kollisionsrisiko einstufen. Aus wissenschaftlicher Sicht bestehe an der Kollisionsgefährdung kein Zweifel. Dass der Mäusebussard im Artenschutzleitfaden nicht erwähnt werde, habe politische Gründe, weil die Art sehr häufig und weitverbreitet sei. Diese populationsbezogenen Erwägungen würden in den Windkrafterlassen anderer Länder wie Hessen und Baden-Württemberg sogar ausdrücklich erwähnt. Derartige populationsbezogene Gründe dürften aber im Rahmen der artenschutzrechtlichen Bewertung keine Rolle spielen, wie der Europäische Gerichtshof erneut klargestellt habe. Die Gerichte müssten sich am wissenschaftlichen Erkenntnisstand und nicht an unzutreffenden Erlassen orientieren. Populationsbezogene Erwägungen dürften nicht bei der Anwendung des Verbotstatbestandes angestellt werden, sondern erst im Rahmen einer etwaigen Ausnahmeprüfung. Zutreffend habe das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 24.09.2021 – 12 ME 45/21 – Gründe dafür benannt, dass die Liste der schlaggefährdeten Arten im Artenschutzleitfaden nicht abschließend sei. Außerdem habe es festgestellt, es sei nicht erkennbar, dass sich bereits eine allseits anerkannte naturschutzfachliche Auffassung gebildet habe, wonach der Mäusebussard nicht schlaggefährdet sei. Darüber hinaus sei das Tötungsrisiko hier auch für Einzelexemplare der Art konkret erhöht. Das südlich der Bahnlinie brütende Mäusebussardpaar habe ein Brutrevier mit mindestens drei Wechselhorsten, von denen einer in nur 220 m Entfernung der WEA 05 liege. Die Annahme des Beklagten, ein signifikantes Risiko bestehe nur innerhalb eines Abstands von 196 m von den Windenergieanlagen, sei naturschutzfachlich unvertretbar und könne daher nicht von einer Einschätzungsprärogative gedeckt sein. Selbst Sprötge et al. (2018), auf deren Publikation der Beklagte sich stütze, nähmen einen Gefahrenbereich von 250 m an. Dazu, in welcher Entfernung vom Brutplatz des Mäusebussards erhöhte Flugaktivitäten von Alt- und Jungvögeln zu verzeichnen seien, gebe es zahlreiche Daten. So würden Wallis und Kenward (2020) Reviergrößen von bis zu 2 bis 3 km2 angeben, Mebs (1964) gehe von Reviergrößen von 0,8 bis 1 km2 aus. Nach Franke u. Franke (2006) erfolge die Nahrungssuche in der Regel in einem Umkreis von 1 bis 1,5 km um den Horst. Daraus ließen sich Aktivitätsradien von 500 bis 977 m um den Horst errechnen. Keine Fachveröffentlichung nenne einen so geringen Wert wie 196 oder 250 m als Aktionsradius. So sehe auch das NLT-Papier 2014 für den Mäusebussard einen Mindestabstand von 500 m und einen Prüfbereich von 1.000 m vor. Der Leitfaden in Thüringen lege in Dichtezentren einen Mindestradius von 1.000 m um das Nest fest. Die Entfernungsannahmen von Sprötge et al. würden nicht mit biologischen Daten begründet, sondern seien frei gegriffen und damit untauglich. Hier wäre es zumindest erforderlich gewesen, das Tötungsrisiko für das 220 m entfernt brütende Mäusebussardpaar auf der Grundlage anderer Erkenntnisse, gegebenenfalls mithilfe einer entsprechenden Raumnutzungsanalyse, zu bewerten. Die Stichprobenkartierung von Flore habe an den zwei Tagen im Frühsommer 2020 46 Flüge von 69 Individuen im Windparkbereich nachgewiesen und festgestellt, dass die Mäusebussarde sich den Anlagen auf geringe Entfernung angenähert hätten.

Die Feldlerche werde ebenfalls zu Unrecht vom Niedersächsischen Artenschutzleitfaden nicht als windenergieempfindliche Art eingeordnet. Der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Forschung beweise das Gegenteil und sei maßgeblich für die rechtliche Bewertung. Der Beklagte könne dem über Ziff. 3 Abs. 2 Satz 2 des Artenschutzleitfadens Rechnung tragen. Die Feldlerche sei eindeutig sowohl im Hinblick auf das artenschutzrechtliche Störungsverbot als auch auf das artenschutzrechtliche Tötungsverbot als windenergiesensibel einzustufen. Darauf hätten bereits in der Vergangenheit die hohen Totfundzahlen hingedeutet. Aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Revier- und Gesangsverhalten, gepaart mit fehlendem Meideverhalten der Feldlerche, ergebe sich ein gravierendes Kollisionsrisiko, das ignoriert werde. Die Singflüge der Männchen während der Brutzeit würden im Mittel in einer Höhe bis 135 m und bis zu 41 Minuten über das Revier kreisend ausgeführt. Die abweichenden Angaben im Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24.09.2021 – 12 ME 45/21 – dürften auf veralteter Literatur beruhen. Die aktuellen Untersuchungen von Dr. Schreiber seien nach „Peer Review“ veröffentlicht worden und könnten als wissenschaftlich abgesichert angesehen werden. Bei den hier angegriffenen Windenergieanlagen würden knapp 54 % der Messpunkte von Dr. Schreiber in den Risikobereich fallen. Das normale Mortalitätsrisiko liege bei 33 %, während der Brutzeit von ca. 120 Tagen also bei 11 %. Bei einer Reviergröße von 2,5 ha lasse sich errechnen, dass sich ein Männchen pro Saison 11 Minuten im tödlichen Gefahrenbereich der sich drehenden Rotoren aufhalte, wodurch sich sein Mortalitätsrisiko ungefähr um den Faktor 10 auf 100 % erhöhe. Selbst wenn sich nur ab und zu ein Brutplatz im Gefahrenbereich befände, läge im Hinblick auf das betroffene Brutpaar ein signifikant erhöhtes Risiko vor. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko sei deshalb immer zu bejahen, wenn sich das Revier mit dem Rotorradius einer Windenergieanlage überlappe, der Brutplatz also nicht weiter als 150 m von der Windenergieanlage entfernt sei. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht habe in seinem Beschluss vom 24.09.2021 – 12 ME 45/21 – ebenfalls eingeräumt, dass im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliegen könne und auf den Individuenbezug der Gefährdung und auf die notwendige Aktualität der Datengrundlage hingewiesen. Hier fehle es an einer hinreichend aktuellen Kartierung. Nach der Rechtsprechung seien Daten ökologischer Bestanderfassungen nur drei bis fünf Jahre verwertbar. Lediglich in den Fällen, in denen kein Nutzungs- oder Strukturwandel stattgefunden habe, betrage der Zeitraumsechs bis sieben Jahre. Durch die zwischenzeitliche Inbetriebnahme des Windparks hätten sich die Standortbedingungen wesentlich geändert. Auch aufgrund der vom Oberverwaltungsgericht - allerdings zu Unrecht - angenommenen fehlenden Brutplatztreue hätte im Jahr 2020 eine neue Erhebung stattfinde müssen. Lägen keine aktuellen Daten vor, müsse von einem worst-case-Szenario ausgegangen werden. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, wegen der fehlenden Nistplatztreue liege in den Folgejahren keine erhöhte Gefährdung mehr an festgestellten Nestern vor, sei unzutreffend. Denn die relativ kleinen Revierzuschnitte, innerhalb derer die Nistplätze gewechselt würden, würden im Laufe der Jahre im Wesentlichen konstant bleiben. Auch das Oberverwaltungsgericht nehme die Reviergrößen mit einem Durchmesser von zwischen 20 m und 200 m an. Lege man die alte Kartierung von P. zugrunde, liege mindestens ein Brutplatz innerhalb dieser Distanz. Die Erwägung, im Bereich der Windenergieanlagen sei die Brutdichte gering, sei populationsbezogen und verletze den europarechtlich vorgegebenen individuenbezogenen Maßstab. Durch die zusätzlich geschaffenen Strukturen sei das Umfeld der Anlage außerdem auch für Feldlerchen attraktiver geworden. Der Beklagte messe zudem mit zweierlei Maß, indem er bei den Fledermäusen ein signifikantes Tötungsrisiko bereits annehme, wenn aufgrund des Monitorings Hinweise auf einen Aufenthalt im Rotorbereich vorliegen, die weder eindeutig seien noch einzelnen Exemplaren zugeordnet werden könnten. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Feldlerchen im Gefahrenbereich ließe sich durch probabilistische Verfahren problemlos ermitteln. Empirisch seien von Flore Singflüge von Feldlerchen direkt im Anlagenbereich nachgewiesen worden. Dessen Kartierung weise trotz ihrer Unvollständigkeit auf eine ähnliche Brutdichte wie im Jahr 2013 hin. Die als Maßnahme V 9 angeordnete Anlage von Brachestreifen sei aufgrund ihrer Lage nicht geeignet, das Tötungsrisiko unter die Signifikanzgrenze zu senken. Dies habe das Monitoring eindrucksvoll bestätigt.

Die für die Fledermäuse angeordneten Abschaltzeiten reichten nicht aus, um das Tötungsrisiko unter die Signifikanzschwelle zu senken. Der Bescheid lege unter 6.2.3.4 fest, dass bei einer möglichen Betriebszeitenkorrektur der Wert von > 1 Fledermaus/WEA/Jahr in das ebenfalls im Bescheid festgelegte Auswertungsprogramm ProBat einzugeben sei. Dies führe dazu, dass bei der Festlegung der Wetterbedingungen durch das Programm die Tötung einer Fledermaus pro Anlage akzeptiert würde. Mit der Zulassung einer Tötung von vier Fledermäusen pro Jahr werde das Risiko signifikant gesteigert. Während es normalerweise je nach Fledermausart bei zwischen 20 % und 40 % pro Jahr liege, werde es durch den Abschaltalgorithmus um ein Vielfaches auf 100 % erhöht. Das Programm ProBat kenne keinen Ausdruck „<1“, sondern nur konkrete Zahlen, auch Dezimalzahlen. Der Wert „1“ sei nicht der kleinstmögliche. Würde beispielsweise 0,1 angegeben, würden die Wetterbedingungen so berechnet, dass rechnerisch 0,4 Fledermäuse pro Jahr an den vier Windenergieanlagen umkämen.

Der Kläger beantragt,

die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30.12.2016 zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windenergieanlagen in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.20217, der Nachtragsgenehmigung vom 28.05.2018, des Änderungsbescheides vom 25.07.2018, der Ergänzungsgenehmigung vom 17.04.2020 und der Teilaufhebungsbescheide vom 14.06.2021 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass die Richtigkeit seiner Auffassung im Abänderungsverfahren erst- und zweitinstanzlich bestätigt worden sei. Der Kläger wiederhole seine Standpunkte lediglich. Die vorgelegte Stichprobenerfassung von Flore stütze die Bewertungen des Beklagten.

Ein signifikantes Tötungsrisiko für den Rotmilan liege nicht vor. Zu dem vom Kläger behaupteten Schwerpunktvorkommen sei anzumerken, dass die Vollzugshinweise des NLWKN recht pauschal gehalten seien. Aus den jeweiligen Aktualisierungen der Bewertungen für die Jahre 2006, 2013, 2016 und 2018 ergebe sich, dass sich ein „Dichtezentrum“ von stetig vielen und dicht beieinander liegenden Rotmilanlebensräumen vom Z. bis zum AA. /AB. ziehe. Südlich davon sei aber in allen Bewertungen bis zu einem Abstand von 5 km kein landesweit wertvoller Rotmilanlebensraum dargestellt. Eine Brut südlich dieser Reviere im 1.500 m-Radius um die Windenergieanlagen sei noch nie nachgewiesen worden. Für die UVP-Prüfung sei eine detaillierte Auswertung aller verfügbaren Datenquellen vorgenommen worden, so dass dem Beklagten grundsätzlich bekannt sei, wo Rotmilane im Radius 2 um den Windpark brüteten. Nach den Vorgaben in Abb. 3 Spalte 2 des Artenschutzleitfadens seien in Radius 2 „regelmäßig genutzte, essenzielle Nahrungshabitate und Flugkorridore“ zu prüfen. Wenn es sich bei den Ackerflächen um die Windenergieanlagen um derart lebensnotwendige Nahrungsgebiete oder Flugrouten gehandelt hätte, hätte man diese in den Kartierungen anhand einer stetig über die Dekaden verteilten hohen Fluganzahl bemerken müssen. Tatsächlich seien im Windpark aber weniger Flüge nachgewiesen worden als beispielsweise nördlich der Bahn und entlang der T.. Aus der Raumnutzungsanalyse ergebe sich, dass der betreffende Landschaftsausschnitt südlich der Bahn in den Frühjahrsmonaten nur im geringen Umfang genutzt worden und ab Mitte Juli auf ein durchschnittliches mittleres Maß angestiegen sei. Diese Zunahme sei Ausdruck einer allgemeinen Eignung von Ackerflächen nach der Ernte zur Nahrungssuche. Die von P. durch nur einen Kartierer erhobenen Daten seien für eine mathematisch-statistische Auswertung nicht geeignet, für die Auswertungsmethode der UNB hingegen schon. Entgegen der Behauptung des Klägers würden die Rotmilane nicht durch unattraktive Strukturen um ihre Brutplätze nach Süden gedrängt, sondern flögen häufig an den Grenzstrukturen und hätten ihre Aktivitätszentren auch hier arttypisch in den 1.500 m-Radien. Der erhöhten Attraktivität von Ackerflächen während bestimmter landwirtschaftlicher Arbeiten sei durch umfangreiche Abschaltzeiten Rechnung getragen worden. Die Beobachtungen von P. im Frühjahr 2013 hätten gemäß der „Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands“ von Südbeck et al. lediglich eine „Brutzeitfeststellung“ gerechtfertigt. Die Voraussetzungen für eine Einstufung als „Brutverdacht“ oder als „Brutnachweis“ hätten nicht vorgelegen. Da der Horst in den Jahren 2014 bis 2016 nicht besetzt gewesen sei, habe er seine Bedeutung zum Zeitpunkt der Genehmigung 2016 jedenfalls bereits wieder verloren gehabt. Eine Aktualisierung der Daten für die Jahre 2016 bis 2019 aus sämtlichen zugänglichen Quellen habe ergeben, dass die traditionellen Reviere im AB., jedoch nicht der betreffende Horst in der T. besetzt gewesen seien. Daher habe keine vertiefte Raumnutzungsanalyse durchgeführt werden müssen und in Ermangelung eines Brutpaares auch nicht durchgeführt werden können. Eine vom Kläger favorisierte mathematisch-statistische Auswertungsmethode werde vom verbindlich anzuwendenden Artenschutzleitfaden nicht vorgegeben. Der vom Kläger herangezogene Präferenzindex komme erst zum Tragen, wenn nicht bereits vorher – wie vorliegend – aufgrund einer Potentialflächenanalyse ein artenschutzrechtlicher Konflikt zuverlässig ausgeschlossen werden könne, weil keine regelmäßig genutzten essenziellen Nahrungsgebiete und Flugkorridore betroffen seien. Der Beklagte habe die vorhandene Raumnutzungsanalyse mit Orts- und Sachkenntnis im Einklang mit den Vorgaben der PROGRESS-Studie anhand der arttypischen Verhaltensweisen und der Lebensraumstrukturen (Lage der traditionellen Brutreviere, der konkret besetzten Horste, vorhandene Landschaftsstrukturen) und deren Eignung als Nahrungshabitat zu bestimmten Jahreszeiten (zeitliche Variabilität) auf ihre Plausibilität geprüft. Um die bevorzugten und damit essenziell bedeutsamen Nahrungshabitate und Flugkorridore innerhalb des Gesamtlebensraumes zu ermitteln, müsse nicht nur der Anlagenstandort, sondern ein größerer Bereich in den Blick genommen werden. Die klägerische Behauptung, der Schotter am Mastfußbereich erhöhe das Tötungsrisiko signifikant, sei fachlich nicht nachvollziehbar, da schon keine höhere Anzahl an Schlagopfern zu erwarten sei und diese entweder nicht auf dem Schotter lägen oder dort schnell von anderen Tieren weggetragen würden. Da Schotter keinen Lebensraum für Insekten und Kleinsäuger biete, sei er für Großvögel und Fledermäuse weniger attraktiv als jede Vegetation. Sollten die Schotterflächen nicht ordnungsgemäß gepflegt werden und sollte es dort zur Ablagerung attraktiver Substanzen kommen, sei dies ein Problem des Vollzugs, nicht der Genehmigung als solcher. Der Beklagte habe seiner Beurteilung Daten aus vielen Jahren zugrunde gelegt. Eine Prognose für die nächsten 25 Jahre sei jedoch ausgeschlossen und auch nicht gefordert. Die Luzernefläche sei wirksam, wie sich aus den Angaben in der Umweltverträglichkeitsprüfung und den Ergebnissen des Monitorings 2018 und 2019 ergebe. Die Lage zwischen den traditionellen Brutrevieren im AB. /AC. Wald und AD. sowie den bevorzugten Nahrungsrevieren an der T. sei optimal. Die Luzernefläche und die Feldlerchenflächen hätten den Lebensraum des Rotmilans auch nach Beobachtungen der Ornithologin der UNB deutlich aufgewertet. Da kein signifikantes Tötungsrisiko bestehe, handele es sich bei der Maßnahme V 10 nicht um eine artenschutzrechtlich erforderliche Ablenkmaßnahme, sondern lediglich um eine vorsorgende Minderungsmaßnahme im Sinne der Eingriffsregelung gemäß dem allgemeinen naturschutzrechtlichen Vermeidungsgrundsatz. Die temporären Abschaltungen der Maßnahme V 12 seien auch nach Auffassung der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten das alternativlose Mittel der Wahl und führten bei den mindestens zwölf im Umfeld des Windparks vorhandenen unterschiedlichen Nutzungen nicht zu sechs, sondern zu mindestens 72 Abschalttagen. Die Beigeladenen hätten der UNB bereits die vertraglichen Vereinbarungen mit den Flächenbewirtschaftern sowie ein Abschaltkonzept und die Abschaltprotokolle für die Jahre 2020 und 2021 vorgelegt. Die Stichprobenkartierung von Y. sei nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt und entspreche nicht den Vorgaben für eine aussagekräftige Erfassung, die mehrere auf die gesamte Brutperiode verteilte Erfassungen erfordert hätte. Offenbar sei sie an Tagen durchgeführt worden, an denen im Umfeld des Windparks Grünland gemäht worden sei. Dass landwirtschaftliche Arbeiten und insbesondere die Mahd Greifvögel in großer Zahl und auch aus großer Entfernung anlockten, sei fachwissenschaftlich belegt. Zur Vermeidung dieses signifikanten Kollisionsrisikos sei die Maßnahme V 12 angeordnet worden. Über die Flugdichte an Tagen ohne landwirtschaftliche Bearbeitung ergäben sich aus der Stichprobe keine Informationen. Jedenfalls habe auch Y. weder Rotmilanhorste noch ein Revierverhalten von Rotmilanen festgestellt. Die „dicksten Knäuel“ von Flugbewegungen hätten sich auch bei ihm in den Aktivitätszentren nördlich der Bahnlinie und an der T. befunden, die vom Beklagten als Hauptnahrungsgebiet eingestuft werde und in der Y. auch eine ruhende Gruppe von Rotmilanen beobachtet habe. Da Y. nicht gleichzeitig eine Kartierung im Bereich der Luzernefläche durchgeführt habe, gehe die Behauptung des Klägers, durch die Kartierung werde die Unwirksamkeit der Maßnahme V 10 belegt, ins Leere.

Hinsichtlich des Mäusebussards werde nicht in Abrede gestellt, dass diese Art grundsätzlich stark gefährdet sei. Im konkreten Fall sei das Tötungsrisiko jedoch nicht signifikant erhöht. Eine signifikante Risikoerhöhung ergebe sich nicht allein daraus, dass sich im Abstand von 220 m zu einer Windenergieanlage ein in einzelnen Jahren vielleicht besetzter Wechselhorst eines größeren Reviers mit insgesamt mindestens drei Wechselhorsten in deutlich größerer Entfernung befinde. Bei der Risikobewertung würden viele Faktoren eine Rolle spielen. Entgegen der Behauptung des Klägers kämen Sprötke et al. nicht auf einen Gefahrenbereich von pauschal 250 m, sondern würden diesen definieren als vom Rotor überstrichenen Raum plus einem Puffer von 150 m. Wenn der Kläger der Studie von Sprötke et al. hier die Fachlichkeit abspreche, stelle sich die Frage, weshalb er sie an anderer Stelle im Verfahren, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Tötungsrisiko von Stockenten und Ringeltauben, selbst zitiert habe. Aus der Stichprobenkartierung von Y. ergebe sich, dass der Wechselhorst im Abstand von 220 m auch im Jahr 2020 nicht besetzt gewesen sei. Stattdessen habe es zwei Horste in noch unkritischerer Entfernung von ca. 440 m und ca. 950 m gegeben. Im Windpark seien nur vereinzelte Flüge nachgewiesen worden, deren genaue Lage zudem methodenbedingt unsicher sei. Die Hauptnahrungsgebiete lägen an der T. und der Flugkorridor dorthin sei frei von Windenergieanlagen.

In Bezug auf die Feldlerche beziehe er sich auf die Ausführungen im Ergänzungsbescheid vom 17.04.2020. Darüber hinaus sei klarzustellen, dass er zur Beurteilung nicht ausschließlich die PROGRESS-Studie herangezogen habe und die Beurteilung nach dem Kriterium „Brutdichte“ nicht auf einem populationsbezogenen Ansatz basiere. Vielmehr werde damit einem arttypischen Verhalten der Feldlerche Rechnung getragen. Sie sei nicht brutplatztreu, sondern brüte am Boden und baue sich ihr Nest – oft sogar mehrmals in der Brutsaison – dort, wo ihr die Feldfrucht und deren Bewirtschaftung entgegen komme. Während sie in hohen Mais-, Raps- oder Wintergetreidefeldern selten brüte, seien ihre Nester häufig in lückigen Sommergetreide-, Kartoffel- oder Rübenfeldern sowie in Grünland- und Brachestrukturen anzutreffen. Daher könne nicht angenommen werden, das hier betrachtete Brutpaar befände sich immer in ca. 108 m Entfernung zur WEA 06 und sei allein deshalb signifikant gefährdet. Bei der Gefährdungsbetrachtung spiele die Brutdichte eine Rolle, weil es einen erheblichen Unterschied ausmache, ob die Windenergieanlage in einem Umfeld mit hoher Siedlungsdichte (z.B. einem größeren Dauergrünlandbereich) oder niedriger Siedlungsdichte (z.B. intensiv genutzten Ackerflächen mit hohem Maisanteil) stehe. Bei hoher Siedlungsdichte sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Brutpaar kontinuierlich im Risikobereich um die Windenergieanlage brüte, weil ihm die Ausweichfläche fehle. In einem Bereich mit niedriger Siedlungsdichte sei die Wahrscheinlichkeit niedrig, dass die Feldlerche ausgerechnet im kleinen Risikobereich unter der Windenergieanlage brüte, weil sie genügend Ausweichfläche habe. Ein grundsätzlich hohes Tötungsrisiko der Feldlerche werde nicht ausgeschlossen, bei einem Anlagenstandort auf intensiv genutzten Ackerflächen und niedriger Siedlungsdichte sowie dem Fehlen besonderer Umstände wie einer Umzingelung aber nicht als signifikant angesehen, weil sich das Revier dann nur unregelmäßig und entsprechend selten mit dem Rotorradius überlappe. Im Jahr 2021 sei beispielsweise unter der WEA 05 großflächig Mais angebaut worden, so dass dort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Feldlerchen gebrütet hätten. Bei den Überlegungen zur Brutdichte gehe es somit nicht um populationsbezogene Erwägungen, sondern um die Lebensraumbedingungen - landschaftliche Gegebenheiten, Siedlungsdichte, vorhandene Ausweichflächen etc. - für die Individuen vor Ort. Da keine signifikante Erhöhung der Tötungsgefahr bestehe, müsse die Anlage von Brachestreifen (V 9) keine Ablenkfunktion erfüllen. Aus der Stichprobenkartierung von Flore ergebe sich, dass im Jahr 2020 das nächstliegende Feldlerchenrevier mindestens 125 m von der Windenergieanlage und damit außerhalb des vom Kläger als kritisch dargestellten Radius von 100 m gelegen habe.

Schließlich sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger darauf komme, es seien vier tote Fledermäuse pro Jahr zugelassen. Der Ergänzungsbescheid setze eine Schwelle von „<1“ pro Jahr und nicht „1“ pro Jahr fest. Ob man in der neuen Version von ProBat das Zeichen „<“ nicht mehr anwählen könne und wenn ja, mit welcher Eingabe die angeordnete Festsetzung erreicht werden könne, sei eine Detailfrage des Vollzugs und in enger Abstimmung zwischen Gutachter, Betreiber, I. und UNB abzustimmen. I. habe für alle vier Windenergieanlagen eine Fachunternehmererklärung vorgelegt, die belege, dass die Vorgaben der Gerichtsbeschlüsse im Abänderungsverfahren in die Betriebsalgorithmen eingegeben worden seien und damit umgesetzt würden.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung greift die Kritik, die Gerichte nähmen vorschnell eine Einschätzungsprärogative der Naturschutzbehörden an, nicht durch: Auch die vom Kläger bemühten Gutachter seien interessengebunden, während die von der Betreiberseite vorgelegten Unterlagen von der UNB objektiv geprüft würden. Eine politische Einflussnahme habe das Bundesverfassungsgericht in der vom Kläger benannten Entscheidung sogar gefordert, indem es dem Gesetzgeber die Aufgabe zugewiesen habe, zumindest für eine untergesetzliche Maßstabsbildung zu sorgen. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24.03.2021 – 1 BvR 2656/18 u.a. – die besondere verfassungsrechtliche Bedeutung eines effektiven Klimaschutzes hervorgehoben. Diese Aufgabe treffe nicht nur den Gesetzgeber, sondern auch die vollziehende Gewalt, so dass die klimaschützende Wirkung der vier Windenergieanlagen bei der Ausübung von Abwägungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräumen eine besondere Rolle spielen müsse. Nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 23.10.2018 habe eine Arbeitsgruppe der UMK einen Signifikanzrahmen erarbeitet, den die UMK am 11.12.2020 einstimmig beschlossen habe. Zudem habe sie beschlossen, dass von der Öffnungsklausel der „Liste kollisionsgefährdeter Brutvogelarten mit besonderer Planungsrelevanz“ restriktiv Gebrauch zu machen sei. Für den Rotmilan sei im Signifikanzrahmen ein Regelabstand von 1.000 bis 1.500 m vorgesehen. Sofern Brutplätze außerhalb des jeweiligen Regelbereiches lägen, gelte nach dem Signifikanzrahmen die Vermutung, dass das Tötungsrisiko in der Regel nicht signifikant erhöht sei. Erweiterte Untersuchungsradien sehe der Signifikanzrahmen nicht vor. Da nachträgliche Änderungen zugunsten des Anlagenbetreiber zu berücksichtigen seien, könnten die Beigeladenen sich darauf berufen. Der Kläger versuche, die Maßgeblichkeit eines erweiterten Untersuchungsradius zu konstruieren. Seine Spekulation, die Windenergieanlagen lägen wahrscheinlich in einem essenziellen Nahrungshabitat, negiere die gegenteiligen Untersuchungsergebnisse. Die Behauptung, der Anlagenstandort liege in einem Bereich, der vom NLWKN als landesweites Schwerpunktaufkommen ausgewiesen worden sei, sei falsch, da das nächstgelegene Schwerpunktaufkommen tatsächlich 1.155 m entfernt sei. Abgesehen davon, dass es einer umfassenden Raumnutzungsanalyse nicht bedurft habe, sei nicht relevant, welche Raumnutzung durch den Rotmilan in 3 bis 4 km Entfernung erfolge, sondern welche Aktivitäten am Anlagenstandort festzustellen seien. Die Erhebungsmethode von P. sei nicht defizitär, sondern lediglich für die von U. genutzte Methode nicht geeignet. Die Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen seien in zahlreichen Artenschutzleitfäden der Länder vorgesehene, allgemein anerkannte und weitverbreitete Maßnahmen. Deren Eignung und Wirksamkeit werde durch die vorgelegte Stichprobenkartierung von Y. nicht widerlegt. Diese entspreche nicht den Anforderungen an eine Raumnutzungskartierung und sei zu Zeiten der Grünlandmahd durchgeführt worden, für die die Genehmigung gerade temporäre Abschaltungen vorsehe. Trotz des Individualbezugs des Tötungsverbots aus § 44 Abs. 1 BNatSchG werde kein „Nullrisiko“ gefordert, sondern es solle eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ausgeschlossen werden. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 04.03.2021 ergebe sich nichts anderes. Der Europäische Gerichtshof spreche den Grundsatz an, Umweltbeeinträchtigungen vorrangig an ihrem Ursprung zu bekämpfen. Wenn man berücksichtige, dass die Biodiversität in hohem Maße durch die Klimakrise bedroht sei, sei ein Vorhaben zur Nutzung von klimafreundlicher Windenergie anders zu beurteilen als der vom Europäischen Gerichtshof zu entscheidende Fall der vollständigen Abholzung eines Waldes. In Bezug auf den Mäusebussard sei festzuhalten, dass dieser weder in dem Niedersächsischen Artenschutzleitfaden noch dem Signifikanzrahmen oder dem Helgoländer Papier als windenergiesensibel eingestuft werde. Nach weit überwiegender Ansicht der wissenschaftlichen Fachkreise führe das arttypische Verhalten des Mäusebussards nicht zu einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko. Ein anderer Grund für die Nichtaufnahme des Mäusebussards in die Artenschutzleitfäden der Länder sei nicht erkennbar. Der Verweis auf die hohe Zahl geschlagener Exemplare sei wenig hilfreich, weil der Mäusebussard die am häufigsten verbreitete Greifvogelart in Deutschland sei. Im Vergleich zu seinen Bestandszahlen liege die Schlagopferzahl auf einem derart geringen Niveau, dass die Todesursache durch Windenergieanlagen im Vergleich zu anderen Todesursachen nicht signifikant erhöht sei. Ratzbor (2020) habe dargelegt, dass pro Jahr 0,013 bis 0,018 % des Mäusebussardbestandes an Windenergieanlagen zu Tode komme, wohingegen es beim Rotmilan 0,09 % des Bestandes seien. Gleiches gelte für die Feldlerche. Die klägerische Behauptung, dass sie kollisionsgefährdet sei, sei abwegig. In der aktuellen Aufstellung von Langemach für die staatliche Vogelschutzwarte des Landesamtes für Umwelt Brandenburg werde die Feldlerche nicht einmal erwähnt. Bei den Fledermäusen fordere der Kläger genau das Nullrisiko, das nach ständiger Rechtsprechung nicht verlangt werden könne.

Die Beigeladene zu 2) beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Sie hat nach Abschluss der Eilverfahren nicht weiter vorgetragen, sondern sich die Stellungnahmen der Beigeladenen zu 1) und des Beklagten zueigen gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 28.10.2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG klagebefugt. Auch bedurfte es für die Klage gegen den Ergänzungsbescheid vom 17.04.2020 vorab keines Widerspruchsverfahrens. Ein neues Vorverfahren ist entbehrlich, wenn anstelle des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsaktes im Wege einer Klageänderung ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Rechtsstreites wird und das geänderte Klagebegehren - wie hier - im Wesentlichen denselben Streitstoff wie das ursprünglich durchgeführte Vorverfahren betrifft (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.02.2002 – 7 LB 153/01 –, juris Rn. 45 m.w.N.).

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten vom 30.12.2016 zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windenergieanlagen in Gestalt der Nachtragsgenehmigungen vom 12.06.2017 und vom 28.05.2018, der Änderungsgenehmigung vom 25.07.2018, der Ergänzungsgenehmigung vom 17.04.2020 und der Teilaufhebungsbescheide vom 14.06.2021 ist rechtmäßig.

1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung in der nunmehr vorliegenden Fassung weist keine Verfahrensfehler auf. An den im Abänderungsverfahren geltend gemachten Kritikpunkten hat der Kläger nach dessen Abschluss nicht mehr festgehalten. Eine formelle Rechtswidrigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass die Nachtragsgenehmigungen vom 12.06.2017 und vom 28.05.2018 trotz des bereits angezeigten Betreiberwechsels der H., nicht aber den Beigeladenen erteilt wurden. Denn spätestens mit der Änderungsgenehmigung vom 25.07.2018 und der Ergänzungsgenehmigung vom 17.04.2020, die jeweils (zumindest auch) an die Beigeladenen gerichtet waren, hat der Beklagte deutlich gemacht, dass die Genehmigung in der gegenwärtigen Fassung für sie als aktuelle Betreiberinnen Gültigkeit haben soll.

2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt auch nicht gegen materielle Rechtsvorschriften, die für die Genehmigung von Bedeutung sind.

Die Genehmigungsvoraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 24.09.2021 – 12 ME 45/21 –, juris Rn. 154), hier: der Teilaufhebungsbescheide vom 14.06.2021, vor. Die Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Beides ist hier der Fall, insbesondere werden keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt.

Da die Windenergieanlagen im Außenbereich errichtet werden sollen, richtet sich ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Danach sind Windenergieanlagen als privilegierte Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gehört auch der Naturschutz zu den öffentlichen Belangen, weshalb die zuständige Baubehörde im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens auch dessen naturschutzrechtliche Zulässigkeit zu prüfen hat. Naturschutzrechtlich zulässig ist ein Vorhaben nur dann, wenn es die artenschutzrechtlichen Verbote aus § 44 BNatSchG nicht verletzt. Dementsprechend stehen artenschutzrechtliche Verbote einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen, wenn sie naturschutzrechtlich weder durch eine Ausnahme noch eine Befreiung überwunden werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 6).

Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt nicht gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.

Danach ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (vgl. EuGH, Urt. v. 30.01.2002 - C-103/00 -, juris Rn. 26; Urt. v. 20.10. 2005 - C-6/04 -, juris Rn. 113). Sind europäische Vogelarten betroffen, so liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann. Diese Norm hat die Signifikanz-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kodifiziert. Diese hatte das Bundesverwaltungsgericht in seiner letzten einschlägigen Entscheidung bezogen auf ein Straßenbauvorhaben dahingehend gefasst, dass der Tatbestand des Tötungsverbots mit Blick auf die bei einem Straßenbauvorhaben nie völlig auszuschließende Gefahr von Kollisionen geschützter Tiere mit der Trasse erst dann erfüllt ist, wenn das Vorhaben dieses Risiko in einer für die betroffene Tierart signifikanten Weise erhöht. Dabei sind Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen so weit vermieden werden können, dass sie innerhalb des Risikobereichs verbleiben, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist, in die Betrachtung miteinzubeziehen. Der Signifikanzansatz gilt nicht nur für das betriebsbedingte Risiko von Kollisionen mit der Trasse, sondern auch für bau- und anlagebezogene Risiken. Das anhand einer wertenden Betrachtung auszufüllende Kriterium der Signifikanz trägt dem Umstand Rechnung, dass für Tiere bereits vorhabenunabhängig ein allgemeines Tötungsrisiko besteht, welches sich nicht nur aus dem allgemeinen Naturgeschehen ergibt, sondern auch dann sozialadäquat und deshalb hinzunehmen ist, wenn es zwar vom Menschen verursacht ist, aber nur einzelne Individuen betrifft. Denn tierisches Leben existiert nicht in einer unberührten, sondern in einer vom Menschen gestalteten Landschaft. Nur innerhalb dieses Rahmens greift der Schutz des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Das bedeutet nicht, dass gerade in einem Umfeld, in dem bereits aufgrund anderweitiger Vorbelastungen ein erhöhtes Tötungsrisiko besteht, eine umso größere Gefährdung zulässig wäre. Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, sind vielmehr insbesondere artspezifische Verhaltensweisen, häufige Frequentierung des durchschnittenen Raums und die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen, darüber hinaus gegebenenfalls auch weitere Kriterien im Zusammenhang mit der Biologie der Art (BVerwG, Beschl. v. 08.03.2018 – 9 B 25/17 –, juris Rn. 11, juris). Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Ansatz prägnant dahingehend zusammengefasst, dass der Tatbestand des Tötungsverbots erst dann erfüllt ist, wenn das Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren unter Berücksichtigung artspezifischer Verhaltensweisen, häufiger Frequentierung des Einwirkungsbereichs der Anlage und der Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen einen Risikobereich übersteigt, der mit einem Vorhaben der zur Genehmigung stehenden Art im Naturraum immer und an jedem Ort verbunden ist (BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13 u.a. -, juris Rn. 32). Da diese Konzeption individuenbezogen ist, bedarf sie aufgrund der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 04.03.2021 (- C-473/19 und C-474/19 -, juris) keiner Korrektur.

Bei der Prognose, ob durch ein Vorhaben das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzt wird, steht der Genehmigungsbehörde kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Soweit es allerdings zur Beantwortung einer sich nach außerrechtlichen naturschutzfachlichen Kriterien richtenden Rechtsfrage an normativen Konkretisierungen fehlt und in Fachkreisen und Wissenschaft bislang keine allgemeine Meinung über die fachlichen Zusammenhänge und die im Einzelfall anzuwendenden Ermittlungsmethoden besteht, stößt die verwaltungsgerichtliche Kontrolle an Grenzen. Dem Verwaltungsgericht ist es dann objektiv unmöglich, den Sachverhalt vollständig aufzuklären und eine abschließende Überzeugung davon zu gewinnen, ob das Ergebnis der Entscheidung der Behörde richtig oder falsch ist. Die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle ergeben sich hier nicht daraus, dass der Verwaltung eine Einschätzungsprärogative eingeräumt wäre, sondern rühren schlicht daher, dass sich die naturschutzfachliche Richtigkeit des Ergebnisses der Verwaltungsentscheidung objektiv nicht abschließend beurteilen lässt. Indessen unterscheidet sich das gerichtliche Kontrollmaß hier nicht grundlegend von der üblichen gerichtlichen Prüfung. Die Kontrolle ist weitest möglich durchzuführen und das Gericht muss sich auch im Übrigen von der Plausibilität der behördlichen Entscheidung überzeugen. Eine Begrenzung der gerichtlichen Kontrolle hinsichtlich des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geregelten Tötungsverbots ist nicht mehr zulässig, soweit sich für die Bestandserfassung von betroffenen Arten oder für die Ermittlung des Risikos bestimmte Maßstäbe und Methoden durchgesetzt haben und andere Vorgehensweisen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können. Ob dem so ist, unterliegt vollständiger gerichtlicher Überprüfung. Von weiterer Kontrolle abzusehen kommt von vornherein nur dann in Betracht, wenn es tatsächlich an entscheidungsrelevanter, eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnis fehlt. Existiert keine allgemein anerkannte fachliche Meinung, kann und muss das Gericht kontrollieren, ob die von der Behörde verwendeten fachlichen Maßstäbe und Methoden vertretbar sind und die Behörde insofern im Ergebnis zu einer plausiblen Einschätzung der fachlichen Tatbestandsmerkmale einer Norm gelangt ist. Sofern im gerichtlichen Verfahren sachhaltige Einwände gegen die von der Behörde verwendete Methode geltend gemacht werden, muss das Gericht prüfen, ob diese Einwände die Methodik, Grundannahmen und Schlussfolgerungen der Behörde substantiell in Frage stellen. Hat die Behörde eine nach aktuellem Erkenntnisstand nicht mehr vertretbare Methode entscheidungstragend zugrunde gelegt, ergibt sich die Rechtswidrigkeit, ohne dass die faktischen Grenzen außerrechtlicher Erkenntnis überhaupt entscheidungsrelevant würden. Gelangt das Gericht hingegen zu der Einschätzung, dass Einwände und gegenläufige Gutachten die Vertretbarkeit der von der Behörde verwendeten Methode zwar nicht widerlegen können, aber doch ihrerseits einer vertretbaren Methode folgen, sieht es sich letztlich zwei vertretbaren Positionen gegenüber. Welche von beiden richtig ist und ob überhaupt eine von beiden richtig ist, ist dann mangels eindeutiger fachlicher Erkenntnis objektiv nicht zu ermitteln. Das Verwaltungsgericht ist dann zur weitergehenden Prüfung der Richtigkeit der behördlichen Einschätzung nicht in der Lage und muss sich insoweit auf eine Plausibilitätskontrolle beschränken. Nach allgemeinen Grundsätzen bleibt aber auch dann noch verwaltungsgerichtlicher Kontrolle unterworfen, ob der Behörde bei der Ermittlung und der Anwendung der von ihr aus dem Spektrum des Vertretbaren gewählten fachlichen Methode Verfahrensfehler unterlaufen, ob sie anzuwendendes Recht verkennt, von einem im Übrigen unrichtigen oder nicht hinreichend tiefgehend aufgeklärten Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt (BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 u.a. -, juris Rn. 17, 27 - 30).

Hiervon ausgehend ist die Einschätzung des Beklagten, eine Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots sei durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht zu erwarten, nicht zu beanstanden. Insoweit vertritt der Kläger noch hinsichtlich des Rotmilans, des Mäusebussards, der Feldlerche und der Fledermäuse eine abweichende Auffassung.

a) Die Prognose, das Tötungsrisiko für den Rotmilan werde nicht signifikant erhöht, begegnet weder methodischen noch inhaltlichen Bedenken.

aa) Methodisch hat der Beklagte die Vorgaben des Leitfadens des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz „Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen“ (Artenschutzleitfaden) erfüllt, der gemäß Ziffer 5 der Anlage I des Niedersächsischen Runderlasses zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen an Land (Windenergieerlass) vom 24.02.2016 (Nds. MBl. S. 190 ff) zum maßgeblichen Zeitpunkt verbindlich anzuwenden war und den auch der Kläger als fachlichen Mindeststandard anerkennt.

In Ziff. 5.1.1 Abs. 1 gibt der Artenschutzleitfaden vor, dass das zu untersuchende Artenspektrum, die Anzahl der Begehungen sowie die Erfassungsmethoden dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegen und im Einzelfall insbesondere von der Größe und Lage des Untersuchungsraums sowie dessen naturräumlicher Ausstattung und den artspezifischen Erfordernissen abhängen. Maßgeblich ist auch, ob zu dem Gebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen. Zur Datenaktualität legt Ziff. 5.3 Abs. 1 und 2 des Leitfadens fest, dass weitere Datenerhebungen nicht notwendig sind, wenn zu einem Vorhabengebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen. Diese Untersuchungsergebnisse dürfen nicht älter als sieben Jahre sein, sollten aber optimaler Weise nicht älter als fünf Jahre sein. Ältere Daten liefern wichtige Hinweise zur Beurteilung der artenschutzrechtlichen Fragestellungen (z.B. zu regelmäßig genutzten Fortpflanzungs-/Ruhestätten, zu Rast- und Zugvögeln, zu Offenlandarten mit wechselnden Standorten und schwankendem Bestand (z. B. Weihen und Wachtelkönig) sowie zu Gemeinschaftsschlafplätzen von Milanen und Weihen). Bei Greifvogelarten, Uhu und Schwarzstorch ist die Abschätzung des Störungs- und Schädigungsrisikos auch auf Wechselnester auszulegen. Die Wechselhorste von Greifvogelarten und Uhu verlieren nach drei Jahren der Nichtnutzung ihre Funktion als Niststätten. Nach Ziff. 5.1.3.1. Abs. 1 und 2 des Artenschutzleitfadens soll zur Brutvogelbestandsaufnahme nach bestimmten Vorgaben innerhalb des Regeluntersuchungsgebiets für Greif- und Großvogelarten (1.000 m-Radius) eine Standardkartierung (Revierkartierung) und ein Mindestmaß an Raumnutzungsanalyse (Standardraumnutzungskartierung) durchgeführt werden.

Der ASB 2019 stützt sich auf Brutvogelkartierungen und Flugerfassungen, die P. in den Jahren 2013 und 2014 durchgeführt hat und auf ergänzende Kartierungen vom R. aus den Jahren 2015 und 2016. Daneben wurden Daten des NLWKN und der AE. zur Überprüfung von Horstbäumen des Rot- und Schwarzmilans 2016 herangezogen (ASB 2019, S. 6 ff.). An der hinreichenden Aktualität und fachgerechten Erhebung dieser Daten bestehen keine Zweifel.

Eine vertiefte Raumnutzungsanalyse war nicht durchzuführen. Gemäß Ziff. 5.1.3.1 Abs. 3 des Leitfadens sind für kollisionsgefährdete oder störempfindliche Greif- und Großvogelarten artspezifisch und problembezogen vertiefte Raumnutzungsanalysen durchzuführen, wenn entweder deren Brutplatz im Standarduntersuchungsgebiet bzw. im Radius 1 (zu vertiefender Prüfbereich um den Brutplatz, siehe Nummer 3 - Abbildung 3 -) liegt und die Standardraumnutzungskartierung ergeben hat, dass regelmäßig genutzte Nahrungshabitate oder Flugrouten der Art vom Vorhaben betroffen sein können (Nr. 1), oder konkrete Hinweise vorliegen, dass regelmäßig genutzte Flugkorridore oder regelmäßig genutzte Nahrungshabitate des Radius 2 (erweiterter Prüfbereich, siehe Nummer 3 - Abbildung 3 -) von der Vorhabenfläche betroffen sein können (Nr. 2).

Die Voraussetzungen nach Nr. 1 sind nicht erfüllt. Aus der Tabelle in Abbildung 3 ergibt sich für den Rotmilan als Radius 1 für die vertiefende Prüfung ein Radius von 1.500 m. In diesem Radius hatte es allenfalls im Jahr 2013 einmal einen Brutverdacht gegeben, der aber jedenfalls nach drei Jahren nicht mehr zu berücksichtigen war. Auf die kumulative Bedingung (Betroffenheit regelmäßig genutzter Nahrungshabitate oder Flugrouten) kommt es daher nicht mehr an.

Es lagen auch keine Hinweise dafür vor, dass regelmäßig genutzte Nahrungshabitate des Radius 2 von der Vorhabenfläche betroffen sein könnten. Mit dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Beschl. v. 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -) ist davon auszugehen, dass damit regelmäßig genutzte, essenzielle Nahrungshabitate gemeint sind. Dies ergibt sich aus dem Bezug auf den Radius 2 in Abbildung 3, der dort als „erweitertes Untersuchungsgebiet (bei relevanten Hinweisen auf regelmäßig genutzte, essenzielle Nahrungshabitate und Flugkorridore)“ definiert wird. Entgegen der klägerischen Auffassung genügt es danach nicht, dass Nahrungshabitate regelmäßig genutzt werden, sondern sie müssen darüber hinaus von besonderer Bedeutung für die im Rahmen der Kartierung erfassten Exemplare sein. Dafür spricht bereits, dass in der genannten Definition des Radius das zusätzliche Adjektiv „essenzielle“ verwendet wird. Dieses bedeutet laut Duden „wesentlich“ oder „lebensnotwendig“, was jeweils über „regelmäßig genutzt“ hinausgeht. Des Weiteren geht der Leitfaden bei der Festlegung der Anforderungen an die Durchführung einer vertieften Raumnutzungsanalyse in Ziff. 5.1.3.1 Abs. 4 ersichtlich davon aus, dass nur qualifizierte Nahrungshabitate entsprechend untersucht werden sollen. So wird im ersten Spiegelstrich die Berücksichtigung von Daten über „bevorzugte Nahrungshabitate“ angeordnet und soll sich die im zweiten Spiegelsprich beschriebene Potentialanalyse auf „Hauptnahrungsgebiete“ beziehen. Dieses Verständnis steht im Einklang mit dem Zweck des Leitfadens, Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote zu verhindern. Eine (nur) regelmäßige Nutzung kann nämlich auch mit einer geringen Frequenz stattfinden, weshalb sie nicht in jedem Fall zu einer signifikanten Risikoerhöhung führt. Schließlich erscheint es auch sinnvoll, eine aufwendige vertiefte Raumnutzungsanalyse nur dann zu fordern, wenn wesentliche Nahrungsgebiete der vor Ort brütenden Vögel betroffen sind. Handelt es sich lediglich um brutplatzunabhängig regelmäßig genutzte Nahrungshabitate, ist eine derartige Untersuchung nicht zielführend. Eine signifikante Erhöhung der Tötungs- und Verletzungsgefahr kann in diesen Konstellationen gegebenenfalls auch ohne vertiefte Raumnutzungsanalyse bejaht werden.

Der ASB 2019 hat sich auf der Basis der vorhandenen Daten, unter anderem der Flugkartierungen von P. aus dem Jahr 2013, auf den Seiten 22 bis 31 gründlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob im Bereich der Windenergieanlagen regelmäßig genutzte, bevorzugte Nahrungshabitate liegen oder dort ein regelmäßig genutzter Flugkorridor liegt. Dabei wurden die erfassten Daten nicht als selbstredend übernommen, sondern ihre Aussagekraft wurde kritisch hinterfragt. Es wurde erläutert, dass die Beobachtungen einer Person mit dem Fernglas in einem großen Untersuchungsgebiet teilweise nicht parzellenscharf und nicht vollständig seien und dass die Nutzung an anderen Tagen und insbesondere auch in anderen Jahren eine andere sein könne. Deshalb hielt es das BvL für erforderlich, die Ergebnisse der Flugbeobachtung einer Plausibilitätsprüfung anhand der Landschaftsstruktur zu unterziehen. Hierzu führt der ASB 2019 ab Seite 28 aus:

„Eine großräumige Einteilung des Untersuchungsgebietes lässt sich anhand der in West-Ost-Richtung verlaufenden Bahnlinie vornehmen.

- Die südliche Hälfte des UG wird von landwirtschaftlichen Flächen eingenommen. Weitaus dominierend ist die Ackernutzung, Grünlandflächen finden sich z.T. an der T., welche das UG von Süden nach Norden durchzieht. Weiterhin sind einige Siedlungen in das UG einbezogen. Im Süden grenzt der bewaldete AF. bei K. an das UG; das UG selbst ist südlich der Bahn jedoch waldfrei.

- Auch die nördliche Hälfte des UG wird zu großen Teilen von landwirtschaftlichen Flächen eingenommen, auch hier dominieren Ackerflächen. Darüber hinaus befinden sich Teile des AG., der südliche Rand des Waldes bei AH. sowie ein Abschnitt des AI. in diesem Teil des UG. Die aus dem Südteil kommende T. setzt ihren Verlauf im Nordteil fort und ihr Niederungsbereich wird ebenfalls stellenweise von Grünland eingenommen.

Von den 261 festgestellten Rotmilan-Flugbeobachtungen verliefen 170 ausschließlich in der nördlichen Hälfte, 35 nur in der südlichen Hälfte und 56 querten die Bahnlinie, so dass sie sich anteilig auf den Süden und den Norden aufteilen. Bezüglich der Anzahl der beobachteten Flugbewegungen ergibt sich eine Aufteilung auf 71 % in der nördlichen und 29 % in der südlichen Hälfte. Annähernd die gleiche Verteilung ergibt sich bei einer Auswertung der dokumentierten Fluglängen: 72 % der Fluglängen befinden sich nördlich und 28 % südlich der Bahnlinie.

Aus diesen Zahlen wird ersichtlich, dass über zwei Drittel der Rotmilanaktivitäten in der nördlichen Hälfte und weniger als ein Drittel in der südlichen Hälfte des UG stattgefunden haben. Damit weist der nördliche eine mehr als doppelt so hohe Aktivitätsdichte als der südliche Teil auf.

Der Verlauf der Bahnlinie deckt sich etwa mit der Grenze des Mindestabstandes zum Brutplatz (1.500 m, siehe Karte 6). Insofern bildet die hohe Aktivitätsdichte im Nordteil des Untersuchungsgebietes und die wesentlich geringere Aktivitätsdichte im Südteil auch die Differenzierung zwischen ‚Mindestabstand‘ und ‚Prüfbereich‘ mit ab.

Unter Berücksichtigung der einzelnen Karten (7 bis 9) ergeben sich folgende Aktivitätsschwerpunkte des Rotmilans:

1. Ein Aktivitätsschwerpunkt ergibt sich über dem südlichen Waldrand des AG. sowie in dessen Fortsetzung nach Osten und Westen entlang der L AJ.. Auch das unmittelbare landwirtschaftlich genutzte Vorfeld des Waldrandes wird intensiv von Rotmilanen genutzt. Besonders eindrucksvoll zeigt sich dieser Schwerpunkt nach Ende der Brutzeit in den Dekaden Anfang und Ende August. Aber auch in der mittleren Maidekade sowie in Ansätzen im Juni zeichnet sich dieser Schwerpunkt ab. Für den Rotmilan attraktiv ist in diesem Bereich der Übergang vom Wald zum Offenland. Der AB. wird traditionell von Rotmilanen als Brutrevier genutzt. Bekannt sind Brutplätze am westlichen Rand des AG., entlang des AI., aber auch am südlichen Rand dieses Waldes. In 2013 befand sich hier ein kurzzeitig angenommener Brutplatz, in 2014 wurde in diesem Bereich eine erfolgreiche und in 2016 zwei erfolglose Bruten nachgewiesen. Auch wenn im Jahr 2013 kein erfolgreiches Brutgeschäft an diesem Standort stattgefunden hat, scheint hier evtl. dennoch ein Revier (ohne feste Horstbindung) besetzt gewesen zu sein. Weiterhin ist der Wechsel zwischen dem Waldrand und den offenen, landwirtschaftlichen Flächen attraktiv für die Nahrungssuche dieser Art.

2. Zahlreiche Flugbewegungen des Rotmilans verlaufen entlang der T., insbesondere in dem Abschnitt zwischen der Bahnlinie und dem Mittellandkanal. Diese waren v.a. im Frühjahr (Mitte Mai, Mitte bis Ende April) festzustellen; sie deuten sich aber auch Ende Juni erneut an. Die Aktivitäten in der zweiten Aprilhälfte sind vermutlich auf den damaligen Brutversuch an der T. nördlich der Bahnlinie zurückzuführen. Im Juli und August ist in diesem Bereich nur noch wenig Aktivität festzustellen.

3. Ein weiterer Aktivitätsschwerpunkt befindet sich am äußersten nördlichen Rand des UG, an dem Waldbereich bei AH.. In diesem Wald sind traditionelle Brutreviere des Rotmilans sowie ein in 2013 besetzter Brutplatz bekannt. Besonders deutlich wird dieser Schwerpunkt in der zweiten und dritten Aprildekade, Mitte Mai sowie Mitte bis Ende Juni. Im Juli/August geht diese Aktivität zurück, vermutlich weil das Brutgeschäft abgeschlossen oder abgebrochen wurde. Die Attraktivität dieses Raumes ist auf die Nähe zum festgestellten Brutrevier, sowie ebenfalls auf den Wechsel zwischen Wald und Offenland zurückzuführen. Als bereichernde Landschaftsstrukturen kommen hier der Mittellandkanal sowie die nahe gelegene Rodenberger Aue (und im Norden die Sachsenhäger Aue), z.T. mit gewässerbegleitenden Grünlandflächen hinzu.

Über diese Aktivitätsschwerpunkte hinaus gibt es keine bevorzugten Nahrungshabitate und Flugwege des Rotmilans. Für die Flächen innerhalb des Untersuchungsgebietes ist dies unmittelbar aus den Karten 7 bis 9 ablesbar. Darüber hinaus sind auch keine regelmäßigen Flugbeziehungen zu erkennen, die in eine bestimmte Richtung aus dem Untersuchungsgebiet hinaus führen. Hiervon ausgenommen ist der Nahbereich des Rotmilan-Brutplatzes im Wald bei AH. am äußersten nördlichen Rand des Untersuchungsgebietes (siehe oben unter Nr. 3). Hieraus lässt sich erkennen, dass die Hauptnahrungsgebiete des dem Windpark am nächsten gelegenen Brutreviers (am südlichen Waldrand des Dülwaldes) unter den Nummern 1 und 2 (s.o.) vollständig erfasst sind.

In der Ackerflur im Bereich des Windparks wurde im Zeitraum April/Mai eine geringe (bis mittlere) Aktivität festgestellt. Im Zeitraum Anfang Juni bis Anfang Juli waren dort lediglich einzelne Flüge (geringe Aktivität) festzustellen. Eine deutliche Zunahme der Aktivität in diesem Bereich war Mitte Juli (18.07.) und dann wieder im August festzustellen. Diese Zunahme von Flugbewegungen des Rotmilans im Spätsommer wird folgendermaßen interpretiert:

Während des Monats Juli nimmt die Brutplatzbindung des Rotmilans zunehmend ab. Gemäß SÜDBECK et al. (2005) endet die Wertungsgrenze für Rotmilan-Beobachtungen am Brutplatz Mitte Juli. Im Falle einer erfolgreichen Brut sind die Jungvögel in diesem Zeitraum flügge und die räumliche Bindung an die Horstumgebung löst sich auf. Weiterhin tritt beim Rotmilan auch das Phänomen auf, dass sich im Sommer Jagdgemeinschaften bilden. Diese setzen sich zusammen aus Altvögeln, die die Brut abgebrochen haben, aus unverpaarten (z.T. noch nicht geschlechtsreifen) Tieren sowie ggf. aus Paaren mit ihren Jungvögeln nach Abschluss des Brutgeschäftes. Diese Jagdgemeinschaften suchen zum Nahrungserwerb unterschiedliche Landschaftsräume auf und sind nicht standorttreu. Weiterhin setzt ab Mitte Juli/Anfang August die Getreideernte ein. Auf abgeernteten Feldern - insbesondere direkt nach dem Erntevorgang - ist die Verfügbarkeit und die Sichtbarkeit der Nahrung (z.B. Kleinsäuger, Vögel, größere Wirbellose) für Greifvögel sehr günstig. Auch dies führt dazu, dass sich im Juli/August der Aktionsraum der Milane vergrößert, um gezielt (frisch) abgeerntete Ackerflächen aufzusuchen. Die mehrfach beobachteten Flugbewegungen von Rotmilanen im Juli und August im Untersuchungsraum sind auf die o.g. Faktoren zurückzuführen. Sie sind nicht der Raumnutzung eines bestimmten Brutpaares zuzuordnen. Das Kartierbüro P. (2014, S. 14) beschreibt für die Sommermonate, dass die „Beobachtungshäufigkeit über den verschiedenen Bereichen des UG eher gleich verteilt war. Zur Nahrungssuche besonders häufig überflogene ließen sich nicht von weniger häufig beflogenen Bereichen abgrenzen“. Diese Bewertung bestätigt die oben getroffene Einstufung des Rotmilans als ‚opportunistischen Nahrungsgast im Offenland‘, welche insbesondere auf den Zeitraum während und nach der Getreideernte zutrifft.

Zusammenfassend lässt sich als Ergebnis der RNA [Raumnutzungsanalyse] feststellen, dass sich die Schwerpunkte der Rotmilanaktivität im nördlichen Teil des UG befinden. Hier sind insbesondere die Waldrandbereiche des Dülwaldes sowie des Waldes bei AH., der AK. sowie auch die T. zu nennen. Im südlichen Teil des UG sind vergleichbare Schwerpunkte nicht vorhanden, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass über 70 % aller Rotmilanflüge nördlich der Bahnlinie festgestellt wurden. Im Bereich des Windparks war in den Frühjahrsmonaten eine eher geringe (bis mittlere) Flugaktivität festzustellen. Ab Mitte Juli nahmen hier die Flugaktivitäten zu, was dazu führte, dass sich im Spätsommer - nach Abschluss der Brutzeit - eine größere Streuung der Flugbeobachtungen über die verschiedenen Bereiche des UG ergab (P. 2014: „besonders häufig überflogene ließen sich nicht von weniger häufig beflogenen Bereichen abgrenzen“).“

Demnach wurden die Revierkartierung und die erhobenen Flugdaten anhand der Merkmale und Nutzungen der Landschaft sowie bekannter Verhaltensweisen des Rotmilans interpretiert. Dabei sind die Gutachter mit differenzierter und plausibler Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ackerflächen um die Windenergieanlagen herum den Rotmilanen nicht als wesentliches Nahrungshabitat dienen, sondern wie andere Ackerflächen auch in der Erntezeit von Rotmilanen angeflogen werden.

Dass der Kläger auf der Grundlage der rasterbasierten Auswertung der Flugdaten durch U. zu anderen Ergebnissen gelangt, steht dem nicht entgegen. Selbst wenn die Daten für eine derartige Auswertung geeignet sein sollten, handelt es sich bei diesem Ansatz jedenfalls nicht um eine Methode, die sich bereits so weit durchgesetzt hat, dass andere Vorgehensweisen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können. Zwar wird die Rasteranalyse in dem von der UMK am 11.12.2020 beschlossenen Signifikanzrahmen erwähnt (Ziff. 3.3.2.3). Jedoch wird sie dort für eine brutpaarbezogene Raumnutzungsanalyse benannt, während der Kläger sie vorliegend für eine standortbezogene Raumnutzungsanalyse heranzieht. Außerdem wird sie lediglich als Beispiel für eine mögliche Auswertungsmethode angegeben. Noch wesentlicher ist, dass der Signifikanzrahmen in Ziffer 3.3.2 unter Benennung von Quellen feststellt, dass es für eine fachlich-ökologische Bewertung der Frage, wann der Aufenthalt im Gefahrenbereich einer Windenergieanlage derart erhöht ist, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, bislang sowohl an normkonkretisierenden Maßstäben als auch an einer fachwissenschaftlich gesicherten Erkenntnislage im Hinblick auf individuenbezogene Betroffenheiten fehlt. Der Beweisantrag darüber, dass die von Dr. Schreiber vorgelegte Auswertung dem Methodenstandard für eine vertiefte Raumnutzungsanalyse genügt habe, war daher wegen Unerheblichkeit abzulehnen. Gleiches gilt für den Beweisantrag über die Behauptung, dass die von Abia erhobenen Daten für eine fachgerechte Auswertung nach der Rastermethode ausreichend und geeignet seien und geeignet seien, um einen quantifizierenden Vergleich des Anlagenstandortes mit den übrigen Teilen des Untersuchungsgebiets zu ermöglichen.

Die weiteren Einwände des Klägers stellen die vom ASB 2019 genutzte Methode, deren Ergebnis der Beklagte sich zueigen gemacht hat, ebenfalls nicht substantiell in Frage.

Dass nach den Auswertungen von U. die kumulierten Aufzeichnungen der Flugaktivitäten im Bereich des Windparks eine höhere Aktivitätsdichte ergeben haben als an der T. und dass in den vom R. erstellten Unterlagen für die Änderung des Flächennutzungsplans der Samtgemeinde Bad Nenndorf ein Teil des Bereichs um die Windenergieanlagen für die Monate Juni bis September als Bereich mit erhöhter Dichte an Flugaktivitäten des Rotmilans ausgewiesen wurde, steht den Annahmen des Beklagten nicht entgegen. Denn aus der Interpretation im ASB 2019 ergibt sich eine nach Jahreszeiten unterschiedliche Nutzung der Landschaft durch die Vögel. Danach werden bei der vermehrten Nutzung der Bereiche um die Windenergieanlagen im Sommer auch Mitglieder von „Jagdgemeinschaften“ erfasst, die bei der schwerpunktmäßigen Nutzung der T. im Frühjahr durch die ansässigen Brutpaare nicht dabei sind.

Des Weiteren hat der ASB 2019 sich sowohl mit den vorhandenen Landschaftsstrukturen und den aufgezeichneten Flugbewegungen als auch mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass nördlich des Anlagenstandortes ein vom NLWKN ausgewiesener Rotmilan-Lebensraum liegt (vgl. zu Letzterem S. 37 f. u. Karte 1). Der Beklagte hat diese Faktoren lediglich anders interpretiert als U.. In der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin der UNB des Beklagten zudem unter Vorlage der betreffenden Vollzugshinweise des NLWKN erläutert, dass es sich bei dem TK 25-Quadranten, in dem die Windenergieanlagen liegen, zwar um einen vom NLWKN festgelegten Bereich mit einem landesweiten Schwerpunktaufkommen des Rotmilans handelt, in dem die Umsetzung von Schutzmaßnahmen Priorität hat, dass die „Förderkulisse“ für eine Bezuschussung rotmilanfreundlicher Bewirtschaftung im Umfeld der Windenergieanlagen jedoch von den Landwirten nicht genutzt worden ist und seit zwei Jahren dort auch nicht mehr besteht.

Einer mathematischen Datenauswertung (vgl. „Berechnung eines Präferenzindexes“ in Ziff. 5.1.3.1 Abs. 4 zweiter Spiegelstrich des Artenschutzleitfadens) oder einer weiteren Datenerfassung trotz Brutabbruches (Ziff. 5.1.3.1 Abs. 8 des Artenschutzleitfadens) bedurfte es nicht, da diese allenfalls im Rahmen einer vertieften Raumnutzungsanalyse zu erfolgen haben. Selbst wenn man die aufgezeichneten Flugbewegungen im Bereich des Windparks und die Lage in einem Bereich mit einem landesweiten Schwerpunktaufkommen des Rotmilans in der Nähe eines vom NLWKN ausgewiesenen Rotmilan-Lebensraumes als ausreichende Hinweise ansehen wollte, die eine vertiefte Raumnutzungsanalyse erfordert hätten, wäre diese nach der differenzierten Auswertung im ASB 2019 nicht weiter fortzuführen gewesen. Denn Ziffer 5.1.3.1 Abs. 4 zweiter Spiegelstrich des Artenschutzleitfadens sieht als Leistung der vertieften Raumnutzungsanalyse eine Potenzialanalyse der Hauptnahrungsgebiete und Flugkorridore (potenzieller Gefährdungsraum) durch Auswertung vorhandener Daten (u. a. Landschaftsstruktur etc.) vor. Kann im Rahmen dieser Prüfung ein artenschutzrechtlicher Konflikt zuverlässig ausgeschlossen werden, weil regelmäßig genutzte Nahrungshabitate und Flugkorridore nicht betroffen sind, endet die vertiefende Raumnutzungsanalyse mit diesem Ergebnis. Auch hier ist davon auszugehen, dass essenzielle Nahrungshabitate gemeint sind, zumal im folgenden Spiegelschritt für diesen Fall das weitere Vorgehen normiert wird.

Dem Antrag, Beweis darüber zu erheben, dass die Auswertung auf S. 19 bis 26 ASB 2019 keine Aussage für das konkret am Standort des zu prüfenden Windparks bestehende Tötungsrisiko für die im Anlagenumfeld brütenden Exemplare des Rotmilans zulasse, wie es für eine fach- und methodengerechte Raumnutzungsanalyse nach dem Windenergieerlass erforderlich sei, war ebenso wenig nachzukommen wie dem Beweisantrag darüber, dass sich aus den Auswertungen von Dr. Schreiber ausreichende Hinweise auf das Vorliegen einer deutlich gesteigerten Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlagen für die im Umfeld brütenden Rotmilane ergäben, um die Gefahr eines signifikant gesteigerten Tötungsrisikos zu begründen. Denn sie betrafen jeweils keine Tatsachen, sondern rechtliche Bewertungen, die das Gericht vorzunehmen hat.

bb) Auf der Basis seiner plausibel gewonnenen Erkenntnisse durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Tötungsrisiko für den Rotmilan durch die vier Windenergieanlagen nicht signifikant erhöht wird. Der Steigerung der Kollisionsgefahr durch die erhöhte Attraktivität der umgebenden landwirtschaftlichen Flächen nach bestimmten Bearbeitungen für Greifvögel wie den Rotmilan und auch den Mäusebussard hat der Beklagte durch die Anordnung von temporären Abschaltzeiten in der Vermeidungsmaßnahme V 12 Rechnung getragen.

Die Wirksamkeit der temporären Abschaltungen wird durch den Kläger nicht durchgreifend in Frage gestellt. Sofern er behauptet, beim Absuchen der Felder nach der Ernte würden die Rotmilane ohnehin tief fliegen, richtet sich dieses Argument gegen die von ihm eigentlich angenommene Gefährlichkeit der Windenergieanlagen für die nahrungssuchenden Greifvögel. Die Annahme, die Abschaltung betreffe lediglich sechs Tage, ist zum einen angesichts der zahlreichen verschiedenen Feldfrüchte unplausibel. Zum anderen wäre eine Abschaltung für wenige Tage auch ausreichend, wenn es tatsächlich derartig wenige attraktive Ereignisse gäbe. Die Argumentation des Klägers beruht auf der Annahme, sämtliche Acker- und Grünlandflächen im Umfeld der Anlage würden ganzjährig intensiv von Rotmilanen genutzt. Dem steht die plausible Einschätzung des Beklagten zur Raumnutzung entgegen. Der Einwand, die Wirksamkeit sei nicht durch Verträge mit den Flächenbewirtschaftern abgesichert, übersieht, dass die Genehmigung unter Ziffer 6.10.2 die Wiederinbetriebnahme vom Nachweis einer wirksamen Umsetzung der Abschaltungen abhängig macht. Zudem sind die entsprechenden Verträge zwischenzeitlich vorgelegt worden.

Den Abstand für die Abschaltungen bei bestimmten Arbeiten hat der Beklagte ermessensfehlerfrei auf 100 m um die Windenergieanlagen und innerhalb der vier im Verbund stehenden Windenergieanlagen festgelegt. Er hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er sich am Mindestabstand aus Ziff. 7.2 des Artenschutzleitfadens orientiert und wegen der Besonderheiten der im viereckigen Verbund stehenden Anlagen aus Verhältnismäßigkeitsgründen davon abgesehen habe, einen größeren Abstand – wie beispielsweise den im Beschluss der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) vom 25.04.2017 empfohlenen Abstand von 300 m - festzulegen. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Aus Anlage 3 des Bescheides vom 17.04.2020 ist ersichtlich, dass die Kulisse für die Abschaltungen durch die zusätzlich festgelegte Flurstückbezogenheit größtenteils weit über 100 m um die jeweilige Windenergieanlage hinausgeht. Zudem werden durch die Anordnung, bei einem Ereignis im Bereich der in Anlage 3 markierten Flächen alle vier Windenergieanlagen abzuschalten, häufig Windenergieanlagen außer Betrieb genommen, die noch deutlich weiter als 300 m entfernt sind.

Die Behauptung des Klägers, durch Zuwegungen seien zusätzliche attraktive Randlinien geschaffen worden, überzeugt nicht. Der Einwand des Beklagten, dass diese zusätzlichen Strukturen allenfalls in sonst ausgeräumten Landschaften eine anlockende Wirkung hätten, ist plausibel. Zudem hat der Beklagte unter Bezugnahme auf die Stellungnahme vom R. vom 05.10.2021 nachvollziehbar dargelegt, dass durch die Verbreiterung und Befestigung der vormaligen Feldwege keine neuen anziehenden Strukturen geschaffen, sondern vielmehr ausgleichspflichtig Strukturen zerstört worden sind.

Sofern sich der Kläger gegen die angeordnete Schotterung der Mastfußbereiche (V 11) wendet, übersieht er, dass dies die unattraktivste Gestaltungsmöglichkeit dieser Bereiche und eine weithin anerkannte Maßnahme ist. Die Gefahr, dass sich dort für Vögel attraktive Kleinsäuger oder Pflanzen ansiedeln oder offene Bodenstellen entstehen, hat der Beklagte durch die in Ziff. 6.9.2 des Bescheides vom 17.04.2020 angeordneten Kontroll- und Beseitigungspflichten ausgeschlossen.

Entgegen der Auffassung des Klägers belegt auch die vorgelegte Stichprobenkartierung von Y. keine gesteigerte Attraktivität der Wege um die Windenergieanlagen oder der Mastfußbereiche. Sie bietet lediglich Anhaltspunkte dafür, dass die beobachteten Rotmilane rund um die Windenergieanlagen kein Territorium haben und dass sie über dem gemähten Grünland Nahrung suchten. Diese Anziehung frisch gemähter Flächen hat der Beklagte zum Anlass genommen, den Beigeladenen entsprechende Abschaltzeiten aufzugeben.

Soweit der Kläger moniert, die Anlage der Luzernefläche an der T. (V 10) entfalte keine ablenkende Wirkung, ist dies unerheblich, da auch ohne diese Maßnahme kein signifikantes Tötungsrisiko vorliegt.

Abschließend ist festzuhalten, dass entgegen der klägerischen Forderung keine Prognose für die gesamte Anlagenlaufzeit von bis zu 25 Jahren getroffen werden konnte und musste. Allein die Möglichkeit, dass in diesem Zeitraum ein Horst innerhalb des Radius 1 entsteht, begründet keine hinreichend konkrete Gefahr. So hat das Bundesverwaltungsgericht zum Schutz von Nist-, Brut- und Zufluchtsstätten nach § 42 Abs. 1 Nr. 1, Alt 2 BNatSchG a.F. bereits klargestellt, dass bloß potentielle Lebensstätten nicht unter den Verbotstatbestand fallen (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3/06 -, juris Rn. 222). In der vom Kläger herangezogenen Entscheidung hat es lediglich eine „vorausschauende Risikoermittlung und –bewertung“ gefordert (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – 7 C 40/11 -, juris Rn. 17). Sollten während der Betriebszeit der Windenergieanlagen Horste im engeren Umkreis entstehen, wäre darauf gegebenenfalls mit Auflagen oder einem Widerruf der Genehmigung zu reagieren.

b) Die Einschätzung des Beklagten, für den Mäusebussard liege kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch die Windenergieanlagen vor, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Ausweislich des Ergänzungsbescheides vom 17.04.2020 war der im ASB 2019 erwähnte Wechselhorst im Abstand von 220 m zur WEA 05 nicht nur im Jahr 2015 besetzt. Auch im Jahr 2019 wurde bei der Kontrolle der Baummanschetten hier erneut ein Brutverdacht ermittelt. Gleichwohl begegnet die Gefährdungsbeurteilung des Beklagte keinen Bedenken.

Dem Kläger kann zwar darin gefolgt werden, dass der Mäusebussard aufgrund seines artspezifischen Verhaltens einem höheren Kollisionsrisiko unterliegt als viele andere Vogelarten. Dass der Mäusebussard im Niedersächsischen Artenschutzleitfaden - ebenso wie in fast allen Leitfäden anderer Bundesländer, im aktuell von der UMK beschlossenen Signifikanzrahmen und im Helgoländer Papier (LAG VSW, Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten in der Überarbeitung vom 15.04.2015) - nicht aufgeführt wird, steht dem aus mehreren Gründen aber nicht entgegen. So ist der Leitfaden weder eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift mit Bindungswirkung auch für die Verwaltungsgerichte noch hat er den Status einer Fachkonvention, die den aktuell besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand widerspiegelt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 24.09.2021 - 12 ME 45/21 –, juris Rn. 103). Darüber hinaus ist bislang auch nicht abschließend geklärt, ob der Leitfaden in dem Sinne zu verstehen ist, dass für alle dort nicht als „windkraftsensibel“ aufgelisteten Vogelarten im Regelfall ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG verneint werden muss (Nds. OVG, ebenda, juris Rn. 107 ff.). Jedenfalls ist festzuhalten, dass der Leitfaden nicht sämtliche Vogelarten auflistet, bei denen ein Kollisionsrisiko besteht, sondern bereits eine Signifikanzbewertung vornimmt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -, juris Rn. 79). Auf Grundlage dieser Bewertung gibt der Leitfaden in Abbildung 3 für bestimmte Arten Radien vor, außerhalb derer gemäß Ziffer 2.2 das Fehlen eines relevanten Tötungsrisikos indiziert sein und innerhalb derer eine Einzelfallprüfung angezeigt sein soll. Ähnlich sind in Tabelle 2 des Helgoländer Papiers empfohlene Mindestabstände zu Brutvorkommen WEA-sensibler Arten dargestellt, die anhand von artspezifischen Telemetriestudien, Kollisionsdaten, Funktionsraumanalysen, langjährigen Beobachtungen und der Einschätzung von Artexperten ermittelt wurden, und außerhalb derer in Genehmigungsverfahren in der Regel artenschutzrechtliche Konflikte vermieden werden. Anders als der Kläger meint, gibt es also keinen Automatismus, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko immer dann vorliegt, wenn eine aufgrund ihres artspezifisch festgestellten Verhaltens als kollisionsgefährdet einzustufende Art mit erhöhter Häufigkeit im Gefahrenbereich einer Anlage anzutreffen ist und die Wirksamkeit anerkannter Schutzmaßnahmen nicht ausreicht, um das Kollisionsrisiko auf ein Maß zu senken, das mit einem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist. Vielmehr ist immer eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Überdies sieht der Niedersächsische Leitfaden in Ziffer 3 Abs. 2 Satz 2 vor, dass über die genannten Arten hinaus im Einzelfall weitere Arten betroffen und Gegenstand der naturschutzfachlichen und -rechtlichen Prüfung sein können. Da der Beklagte eine Einzelfallprüfung vorgenommen hat, muss der Behauptung des Klägers nicht nachgegangen werden, die fehlende Erwähnung des Mäusebussards in den genannten Leitfäden beruhe ausschließlich auf politisch motivierten – europarechtlich unzulässigen – populationsbezogenen Erwägungen.

Bei seiner Prüfung hat der Beklagte berücksichtigt, dass nach Sprötge et al. (Sprötge u. a., Windkraft, Vögel, Artenschutz, Ein Beitrag zu den rechtlichen und fachlichen Anforderungen in der Genehmigugnspraxis, 2018) bei Horststandorten im unmittelbaren Nahbereich eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos anzunehmen sei und diesen hier mit 196 m (46 m Rotorlänge + 150 m Puffer) berechnet. Insoweit hat er selbst konzediert, dass dieser Ansatz „bislang keine allgemein anerkannte Bewertungskonvention“ darstelle, hat ihn aber für geeignet gehalten, um eine Abweichung vom Leitfaden im Einzelfall zu prüfen. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass es eine allgemein anerkannte Fachauffassung dazu gibt, welcher Mindestabstand von Mäusebussardhorsten zu Windenergieanlagen bestehen muss. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat zum Erkenntnisstand hinsichtlich des Mäusebussards ausgeführt (Beschl. v. 24.09.2021 – 12 ME 45/21 –, juris Rn. 113):

„Es ist nicht erkennbar, dass sich bereits eine allseits anerkannte naturschutzfachliche Auffassung gebildet hätte, wonach der Mäusebussard durch WEA nicht schlaggefährdet oder durch WEA nie einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei. Offenbleiben kann, ob – umgekehrt – Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich unter denjenigen Experten, die sich – wie aus Rechtsgründen geboten – insoweit einschränkender, auf den Erhaltungszustand der Art bezogener Erwägungen enthalten, sogar eine allgemeine naturschutzfachliche Meinung gebildet hat, nach der durch den Betrieb einer Windenergieanlage heute üblicher Größe in einer Entfernung von nur 150 m vom Horst eines Mäusebussards entfernt eine Schlaggefährdung entsteht, durch die sich das Risiko des Tieres signifikant erhöht, mit einem Rotorschlag getötet zu werden.“

Offenbar fehlt es bislang an spezifischen Untersuchungen zum Flugverhalten des Mäusebussards an Windenergieanlagen und darauf aufbauenden Abstandsempfehlungen (so Grünkorn u.a., Ermittlung der Kollisionsraten von (Greif-)Vögeln und Schaffung planungsbezogener Grundlagen für die Prognose und Bewertung des Kollisionsrisikos durch Windenergieanlagen (PROGRESS), 2018 (PROGRESS-Studie), S. 132; Sprötge et al. S. 188). Auch Sprötge et al. begründen den von ihnen angenommenen Pufferwert von 150 m nicht weiter (Sprötge et al. S. 188). Auf den in der Zusammenfassung genannten Wert für einen Kernbereich von 250 m kommen sie durch eine Mittelung des Pufferwertes von 150 m und verschiedenen Rotorlängen und merken an, dass das die Hälfte des Mindestabstands sei, den das NLT-Papier 2014 für den Mäusebussard vorgebe. Das von Sprötge et al. entwickelte Modell von Kern- und Zwischenbereichen ist problematisch, weil es innerhalb der Zwischenbereiche eine maßgebliche Bewertung anhand – europarechtlich unzulässiger – populationsbezogener Erwägungen vornimmt (vgl. S. 121 ff., 142 ff.). Insoweit hat der Beklagte sich aber auch nicht an Sprötge et al. orientiert. Einen weitgehend anerkannten Wert gibt es nicht. Das NLT-Papier 2014 ist mit seiner Empfehlung singulär geblieben und der vom Kläger angeführte „Avifaunistische Fachbeitrag zur Genehmigung von Windenergieanlagen in Thüringen“ der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) verfolgt selbst einen populationsorientierten Ansatz. Die „Fachlichen Empfehlungen für avifaunistische Erfassung und Bewertung bei Windenergieanlagen-Genehmigungsverfahren - Brutvögel“ der LAG VSW (BfN-Skripten 602, 2021), auf die der Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, geben unter Ziff. 5.2 für den Mäusebussard lediglich einen Radius von 1.500 m für das Untersuchungsgebiet vor und erläutern diesen nicht. Eine Anlehnung an den Ansatz des Helgoländer Papiers, nach dem die Mindestabstände den Bereich erfassen, in dem zur Brutzeit mehr als 50% der Flugaktivitäten stattfinden, ist in Ermangelung entsprechenden empirischen Materials nicht möglich. Die vom Kläger benannten Erkenntnisse zur Größe von Mäusebussardrevieren stellen den Ansatz des Beklagten nicht durchgreifend in Frage. Auch bei den Vögeln in den Tabellen des Leitfadens und des Helgoländer Papiers wird nicht die Reviergröße, sondern nur ein gewisser Ausschnitt angesetzt. Eine Orientierung an einem Mindestabstand von der Windenergieanlage ist auf jeden Fall zweckmäßig, da die Kollisionswahrscheinlichkeit mit wachsender Distanz zum Horst deutlich abnimmt (hinsichtlich Rotmilan: PROGRESS-Studie S. 235; allgemein Sprötge et. al. S. 148 f.). Zudem kann berücksichtigt werden, dass auf den Mäusebussard zwar sehr viele Schlagopferfunde entfallen, der Wert im Verhältnis zum Bestand aber um ein Vielfaches geringer ausfällt als bei anderen Arten (lt. PROGRESS-Studie S. 240: Mäusebussard 1: 432, Rotmilan 1: 179, lt. Sprötke et. al. S. 112: Mäusebussard 1:156, Rotmilan 1:30). Daneben hat der Beklagte in den Blick genommen, dass es sich bei dem betroffenen Horst nicht um einen regelmäßig besetzten Brutplatz handelt, sondern um einen, der in fünf untersuchten Jahren nur in zwei Jahren besetzt war. Des Weiteren hat er festgestellt, dass durch die Rücknahme der Genehmigungsanträge für die vier Windenergieanlagen nördlich der Bahnlinie auch keine Umzingelung des Horstes mehr zu befürchten ist. Diese Prüfung hält einer Plausibilitätskontrolle stand.

c) Die Bewertung des Beklagten, das Tötungsrisiko für die Feldlerche werde durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht signifikant erhöht, ist ebenfalls rechtmäßig.

Auch in Bezug auf diese Vogelart war im Jahr 2020 keine erneute Erhebung durchzuführen. Die Daten waren bei Erteilung der Genehmigung im Jahr 2016 hinreichend aktuell. Die seither von der Anlage ausgehenden Umwelteinwirkungen müssen lediglich berücksichtigt werden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -, juris Rn. 40). Es ist nicht ersichtlich, dass die Inbetriebnahme des Windparks eine erneute Bestandsaufnahme erforderlich gemacht hätte. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung Fotos vom Bewuchs von Mastfußbereichen präsentiert hat, die Ähnlichkeit mit den für die Feldlerchen angelegten Brachestreifen hatten, ist das Entstehen eines derartigen Zustands nicht von der Genehmigung gedeckt. Nach Auskunft des Beklagten wurde das entsprechende Vollzugsdefizit zwischenzeitlich auch behoben.

Dass der Beklagte hier trotz der drei im Jahr 2013 im Nahbereich der Windenergieanlagen gefundenen Nester keine vertiefte Einzelfallprüfung durchgeführt und ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Feldlerchen verneint hat, ist nicht zu beanstanden. Zur Begründung hat er im Bescheid vom 17.04.2020 ausgeführt, dass es sich bei der Feldlerche um eine charakteristische Art des Offenlandes handele, die in Niedersachsen und Bremen ca. 140.000 Reviere habe. Allein der Umstand, dass Windenergieanlagen innerhalb eines Feldlerchenreviers errichtet würden, sei deshalb nicht als atypisch anzusehen. Ebenso sei die absolute Zahl an Schlagopfern kein hinreichender Anhaltspunkt für eine erhöhte Kollisionsgefahr, da diese in Relation zur Größe des Bestands zu sehen sei. Dass die Feldlerche die Singvogelart mit den meisten Schlagopferfunden sei, sei bei Erlass des Leitfadens bereits bekannt gewesen. Nach der PROGRESS-Studie könne eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nur in Bereichen mit deutlich erhöhter Brutdichte eintreten. Hier sei die Siedlungsdichte mit 0,75 Revieren auf 10 ha unterdurchschnittlich. Die mittlere Siedlungsdichte werde in der Literatur mit 1 bis 3 Revieren und 1,2 bis 35 Revieren auf 10 ha angegeben. Mit einer Rotorunterkante von 58 m würden die geplanten Windenergieanlagen auch nicht ungewöhnlich dicht an die Geländeoberfläche heranreichen.

Selbst wenn in der Bezugnahme des Beklagten auf die PROGRESS-Studie wegen deren populationsbezogenem Ansatz eine sachfremde Erwägung zu sehen sein sollte, hat der Beklagte sich doch im Klageverfahren davon distanziert und die zulässigen Überlegungen vertieft und plausibel erläutert. Er hat zugestanden, dass aufgrund des Singflug- und Meideverhaltens im nahen Umfeld des jeweiligen Nestes ein hohes Kollisionsrisiko für männliche Feldlerchen bestehe, und erklärt, dass die Brutdichte aufgrund der fehlenden Brutplatztreue der Feldlerche auch für die Gefährdungsbeurteilung der Individuen von Bedeutung sei. Da bei höherer Siedlungsdichte weniger Raum für Bruten zur Verfügung stehe, sei die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb des Gefahrenbereichs gebrütet werde, höher. Diese Betrachtung deckt sich mit den Angaben im Methodenhandbuch von Südbeck, das auch in Ziff. 5.1.3.1 des Artenschutzleitfadens in Bezug genommen wird. Dort heißt es im Abschnitt zur Feldlerche: „Die Reviergrenzen sind im Grünland während der Brutzeit vergleichsweise konstant, hingegen kann es in Ackergebieten (auch in intensiv genutzten Grünlandgebieten) durch landwirtschaftliche Nutzungen zu nicht unerheblichen Revierverschiebungen kommen. Revierverschiebungen treten auch zwischen der 1. und 2. Brut auf.“ (Südbeck u.a., Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands, 2005, S. 469). Die Reviergrößen werden mit minimal 0,17 ha und im Extremfall 20 ha angegeben (Fachinformationssystem FFH-VP-Info des Bundesamtes für Naturschutz, Raumbedarf und Aktionsräume von Arten, Stand 02.02.2016, S. 124 f.). Die Größe schwankt saisonal in Abhängigkeit von der Feldbestellung (ebenda). Zudem sind die Territorien umso größer, je geringer die Siedlungsdichte ist (Schöbel, Brutrevierdichten der Feldlerche (Alauda arvensis) in Wintergetreidefeldern mit verschiedenen Reihenabständen im Raum Hohenzieritz (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte), September 2016, S. 23). Hingegen hat der Kläger seine Behauptung, die Feldlerchen würden ihre Brutplätze innerhalb relativ kleiner Reviere wechseln, deren Zuschnitt im Laufe der Jahre im Wesentlichen konstant bleibe, nicht belegt.

Die übrigen Erwägungen des Beklagten zur Höhe der Rotorunterkanten und zur Anzahl der Schlagopfer sind ebenfalls nachvollziehbar. Die Annahme zur Relation von Schlagopfern zum Bestand ist zutreffend, laut PROGRESS-Studie liegt der Wert bei 1:2.345 (S. 240).

Entgegen der klägerischen Auffassung steigt das Kollisionsrisiko für Feldlerchenmännchen auch nicht deshalb auf 100 %, weil sich für ein Exemplar, das den Nistplatz im unmittelbaren Gefahrenbereich hat, das Schlagrisiko mit großer Gewissheit realisiert. Denn bei der für die Gefahrbeurteilung gebotenen ex ante-Betrachtung ist nicht bekannt, welches Individuum dieses Schicksal erleiden wird, so dass eine Wahrscheinlichkeit für sämtliche möglichen Betroffenen zu ermitteln ist.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht verfolgt in dem vom Kläger zitierten Beschluss einen noch strengeren Ansatz und hält ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko allenfalls dann für möglich, wenn im Bereich der Windenergieanlage von einer flächendeckenden Verbreitung auszugehen ist (Beschl. v. 24.09.2021 – 12 ME 45/21 -, juris Rn. 152, 156 - 161). Danach ist ein signifikantes Tötungsrisiko hier ebenfalls zu verneinen, weil von einem flächendeckenden Besatz nicht die Rede sein kann.

Ob die angeordnete Anlage von Brachestreifen (V 9) ablenkende Wirkung hat, ist daher ohne Belang.

d) Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die Regelungen zur Reduzierung der Abschaltzeiten zum Schutz der Fledermäuse zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko führen. Auch hier gilt, dass sich das Tötungsrisiko nicht für sämtliche Exemplare auf 100 % erhöht, wenn eine bestimmte Anzahl an Tieren wahrscheinlich zu Schaden kommen wird. Selbst wenn die Einstellung „< 1 Fledermaus/WEA/Jahr“ - mit der das Monitoring durchgeführt wurde, auf dessen Grundlage die aktuellen Abschaltzeiten ermittelt worden sind - bedeuten würde, dass danach eine Einstellung von 0,8 Schlagopfer pro Windenergieanlage im Jahr möglich wäre, würde dies das Tötungsrisiko für die Fledermausindividuen nicht signifikant erhöhen. In dem Monitoringbericht von AL. wurde berechnet, dass es an den WEA 07 und 08 in den Jahren 2018 und 2019 mit fledermausfreundlichem Betrieb jeweils weniger als ein Schlagopfer/WEA/Jahr gegeben hätte, ohne einen solchen Betrieb hingegen zwischen 18,5 und 22,5 Schlagopfer/WEA/Jahr. Daher ist davon auszugehen, dass sich das jeweilige Schlagrisiko auf weitaus mehr als die ermittelten ungefähr 20 Schlagopfer verteilt. Der Einwand des Klägers, bei den Schlagopferzahlen handele es sich lediglich um errechnete Werte und nicht um beobachtete Individuen, ist zwar zutreffend, gilt aber gleichermaßen für den errechneten Wert von „< 1“ oder 0,8, so dass die Relation unverändert bleibt. Demnach verteilt sich das möglicherweise in Kauf genommene Risiko auf so viele Exemplare, dass es sich für jedes einzelne Individuum nicht gravierend erhöht.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie Anträge gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 2, § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.