Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 21.03.2022, Az.: 12 A 3098/17
Denkmalschutz; ergänzendes Verfahren; Ersetzungsbescheid; FFH-Vorprüfung; Fledermäuse; gemeindliches Einvernehmen; Großer Abendsegler; immissionsschutzrechtliche Genehmigung; Konzentrationswirkung; maßgeblicher Zeitpunkt; Mäusebussard; Rauhautfledermaus; Rechtsschutzbedürfnis; Störungsverbot; Tötungsverbot; Umgebungsschutz; Zerstörungsverbot
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 21.03.2022
- Aktenzeichen
- 12 A 3098/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 59450
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 35 Abs 3 S Nr 5 BBauG
- § 36 Abs 2 S 3 BBauG
- § 13 BImSchG
- § 34 BNatSchG
- § 44 Abs 1 Nr 1 BNatSchG
- § 44 Abs 1 Nr 2 BNatSchG
- § 44 Abs 1 Nr 3 BNatSchG
- § 4 Abs 1b UmwRG
- § 7 Abs 5 UmwRG
Tenor:
Der Bescheid vom 22.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 23.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die der Beklagte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen erteilt hat, sowie gegen die Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens durch den Beklagten.
Die Klägerin ist eine selbständige Gemeinde im H. und angehörige Gemeinde des Beklagten.
Am 18.12.2014 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die Planet I. (J.), beim Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen (WEA) des Typs Nordex N117 mit einer Nennleistung von jeweils 2.400 kW, einer Nabenhöhe von 91 m, einem Rotordurchmesser von 117 m und einer Gesamthöhe von 149,5 m auf dem Flurstück 16/1, Flur 3 der Gemarkung K. (WEA 1) bzw. auf dem Flurstück 8/2, Flur 1 der Gemarkung L. (WEA 2), die beide im Gemeindegebiet der Klägerin liegen. Den Antragsunterlagen war ein landschaftspflegerischer Begleitplan (LPB) beigefügt, der als Anlagen unter anderem eine FFH-Verträglichkeitsvorprüfung (FFH-VP), einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag (ASB), eine Untersuchung der Avifauna – Brutvögel – durch die M. (N. 2012), eine Untersuchung der Avifauna – Gastvögel – (N. 2013), einen Fachbeitrag Fledermäuse – 2012 – des Ingenieurbüros O., eine Visualisierung und Fotosimulationsanalyse und eine Stellungnahme zur möglichen Beeinträchtigung von Baudenkmälern durch die Errichtung zweier Winderergieanlagen durch die P. (Q.) enthielt.
Die Vorhabenstandorte befinden sich auf landwirtschaftlich genutztem Gelände. Nördlich verläuft in West-Ost-Richtung die Bahnlinie von der Stadt R. nach S., parallel dazu nördlich die Bundesstraße B T. und noch weiter nördlich das U.. Im U. liegt ungefähr 2,5 km nördlich der Vorhabenstandorte ein Teilgebiet des Europäischen Vogelschutzgebietes „V.“. Zwischen der B T. und dem U. liegt nordwestlich der Vorhabenstandorte die Ortschaft K. und nordöstlich die Ortschaft W.. Südwestlich von W. befinden sich zwischen der B T. und der Bahnlinie eine großflächige Fotovoltaikanlage und eine Betonfertigteilefabrik mit mehreren Silos und Brückenkränen. Südlich der Vorhabenstandorte verläuft noch über das Vorhabengrundstück der WEA 2 parallel zur Bahnlinie eine Hochspannungsleitung. Weiter südlich fließt in großen Bögen die X. von Osten nach Westen. Südlich der Anlagenstandorte befindet sich am nördlichen Ufer einer Weserschleife die Ortschaft L., am gegenüberliegenden südlichen Ufer erstreckt sich das Naturschutzgebiet „Y.“. Am nördlichen Z. liegen westlich davon bei AA. und östlich davon bei W. mehrere Kiesteiche. Von W. aus fließt der AB. östlich der Anlagenstandorte in Richtung X.. Nordwestlich der Anlagenstandorte befindet sich hinter der Bahnlinie in 460 m (WEA 1) bzw. 820 m (WEA 2) Entfernung das denkmalgeschützte Ensemble des Gutes AC.. Das Gut wurde um 1080 n. Chr. als Lehnshof gegründet, später zu einer Festung und Wasserburg ausgebaut und in den 1930er-Jahren zu einem modernen landwirtschaftlichen Gut umgebaut. Das Wohnhaus und sämtliche Wirtschaftsgebäude sind in das Verzeichnis der Kulturdenkmale eingetragen, das Gutshaus und die Wassermühle als Einzeldenkmale, die Wirtschaftsgebäude als konstituierende Bestandteile einer Gruppe baulicher Anlagen. Die Bedeutung des Gutes AC. wird mit „geschichtlich, wissenschaftlich, städtebaulich“ angegeben. Westlich des Gutes verlaufen ungefähr in Nord-Süd-Richtung eine weitere Hochspannungsleitung und die Kreisstraße K AD.. In südwestlicher Richtung der Vorhabenstandorte liegen im Abstand von 2,3 km/2,5 km und 2,5/2,8 km vor den Kiesteichen bei AA. die Baudenkmale AE. und AF., im Abstand von 2,9 km/3,1 km östlich von W. die Domäne AG. und davon nördlich auf den Anhöhen des AH. im Abstand von 3,1 km/3,3 km die AI. und im Abstand von 3,5 km/3,7 km die AJ.. Die Vorhabenstandorte und ihre nähere Umgebung sind aus folgender Satellitenaufnahme ersichtlich:
1 | WEA 1 | 8 | … | 15 | … |
---|---|---|---|---|---|
2 | WEA 2 | 9 | … | 16 | … |
3 | Bahnlinie | 10 | Domäne … | 17 | … |
4 | Gut … | 11 | … | 18 | … |
5 | B … | 12 | Betonfertigteilewerk | 19 | … |
6 | … | 13 | … | ||
7 | VSG … | 14 | … |
Im Jahr 2008 hatte der Beklagte einem Rechtsvorgänger der J. bereits einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs von zwei Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 100 m erteilt, nachdem das Verwaltungsgericht Hannover ihn mit Urteil vom 18.11.2005 - AK. - dazu verpflichtet hatte. Eine der beiden Anlagen sollte am Standort der WEA 2 errichtet werden, die zweite benachbart dazu ebenfalls in der Gemarkung L.. Von dem Vorbescheid wurde in der Folgezeit kein Gebrauch gemacht.
Im Jahr 2011 erteilte der Beklagte dem Rechtsvorgänger der J. einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon Modell E 101 an denselben Standorten mit einer Gesamthöhe von 149,5 m. Nachdem das Verwaltungsgericht Hannover eine gegen diesen Bescheid gerichtete Klage der Eigentümerin des Gutes AC. mit Urteil vom 26.05.2016 - 12 A 11746/14 - abgewiesen hatte, erklärte die J. im Berufungszulassungsverfahren, auf ihre Rechte aus dem Vorbescheid zu verzichten.
Im Rahmen des durch den Antrag vom 18.12.2014 eingeleiteten Genehmigungsverfahrens bat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23.02.2016, ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB zu bestätigen. Nachdem der Rat der Klägerin beschlossen hatte, das Einvernehmen zu versagen, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 20.05.2016 die Versagung des Einvernehmens gegenüber dem Beklagten. Sie führte aus, dass das Vorhaben nach ihrer Prüfung Belange des Naturschutzes und des Denkmalschutzes erheblich beeinträchtige und deshalb gegen § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB verstoße. Auch wenn die J. zwischenzeitlich auf die Realisierung einer zunächst mitgeplanten dritten Windenergieanlage verzichtet habe, lägen die beiden verbliebenen Standorte immer noch zu nahe am Naturschutzgebiet „Y.“. Daher bestehe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die dort nistenden Seeadler, so dass das Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzt werde. Hinsichtlich des Denkmalschutzes mache sie sich die Stellungnahme des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege (NLD) vom 13.03.2013 zu eigen, die schwerwiegende Beeinträchtigungen der dort genannten Baudenkmale, insbesondere der AI., begründe.
Auf die Anhörung zur beabsichtigten Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens vertiefte die Klägerin mit Schreiben vom 27.07.2016 ihre Argumentation und legte das NLD auf Veranlassung der Klägerin eine ergänzende Stellungnahme vom 27.07.2016 vor.
Mit Bescheid vom 22.09.2016 ersetzte der Beklagte das Einvernehmen der Klägerin und ordnete die sofortige Vollziehung an. Er führte aus, die im Umfeld der Vorhabenstandorte gelegenen Baudenkmale würden nicht erheblich beeinträchtigt. Die nähere Umgebung des Gutes AC. sei durch eine Betonfertigteilefabrik, eine großflächige Fotovoltaikanlage, mehrere Straßen, Siedlungen und Masten von Hochspannungsleitungen vorbelastet. In der Anlage 1 zum Bescheid seien fünf verschiedene Blickachsen mit dem Gut als Mittelpunkt abgebildet. Von keinem der zehn Blickpunkte sei eine erhebliche Störung zu erkennen. Die übrigen Baudenkmale lägen alle so weit von den Vorhabenstandorten entfernt, dass keine Blickrichtung denkbar sei, von der aus die Windenergieanlagen dermaßen vor oder hinter das jeweilige Baudenkmal träten, dass sie es „erdrücken“ würden. Wenn die Windenergieanlagen optisch dominierten, trete das Baudenkmal in den Hintergrund und umgekehrt. Auch unter Berücksichtigung der Höhenlage der Domäne AG., der AI. und der AJ. entstehe angesichts der Vorbelastungen kein Abneigung erregender Kontrast zwischen den Baudenkmalen und den Windenergieanlagen. Hinsichtlich der Belange des Naturschutzes sei unter Berücksichtigung der im LPB genannten Vermeidungsmaßnahmen und Nebenbestimmungen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die näher untersuchten Greifvogelarten und Fledermäuse zu befürchten. Dies gelte auch für den Seeadler. Der Horst des Seeadlerpaares liege 5 km südlich der Anlagenstandorte und eine Raumnutzungsanalyse habe ergeben, dass das Hauptnahrungsgebiet in den AL. Kiesteichen und mit geringerer Bedeutung in den benachbarten Kiesteichen liege, nicht aber in den landwirtschaftlichen Flächen rund um die Vorhabenstandorte. Auch im Winter würden die Seeadler nicht von rastenden Gänsen als Beutetiere in die Nähe der Windenergieanlagen gelockt, weil diese gegenüber Windenergieanlagen ein ausgeprägte Meideverhalten hätten. Da die Klägerin ihr Einvernehmen rechtswidrig versagt und die Betreiberin aus Art. 14 GG einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung und anderenfalls Schadensersatzansprüche habe, überwiege deren Interesse und sei das Einvernehmen zu ersetzen.
Mit Bescheid vom 23.09.2016 erteilte der Beklagte der J. die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Neben anderen Bedingungen und Auflagen machte sie unter Ziffer IV.6 den LPB einschließlich Anlagen (Unterlage 13) mit den dort beschriebenen Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen zum Bestandteil der Genehmigung. Ergänzend bzw. ändernd legte sie u.a. folgende Maßnahmen fest:
- zum Schutz von Fledermäusen nächtliche Abschaltung der WEA 1 vom 15.07. bis 15.10. und der WEA 2 vom 15.04. bis 15.10. eines Jahres, es sei denn, die Windgeschwindigkeit beträgt auf Nabenhöhe mehr als 6 m/s, es ist kälter als 10° C oder es regnet, mit einjährigem Monitoring (Ziffer 6.1),
- unattraktive Gestaltung der Flächen am Mastfußbereich und der Kranflächen durch geringstmögliche Ausmaße, Verzicht auf für Greifvögel attraktive Strukturen und lückige, vegetationsarme und kurzrasige Bestände, stattdessen Förderung hochrasiger Brachen mit Krautbeständen ohne Gehölzbewuchs, Mahd alle drei Jahre im Winter, evtl. landwirtschaftliche Bewirtschaftung mit Mais, Raps oder Wintergetreide bis an den Mastfuß heran (Ziffer 6.2.1),
- Abschaltung der WEA für drei Tage, wenn auf Flächen, die ganz oder teilweise im Radius von 100 m um den Mastfuß liegen, Maßnahmen zur Bodenbearbeitung, Ernte oder Mahd erfolgen oder Festmist ausgebracht wird (Ziffer 6.2.2),
- Anlage eines Streifens von 255 m Länge mit 15 m breitem Blühstreifen und 5 m breitem Schwarzbrachestreifen, fünf Jahre lang jährliche Erfolgskontrolle, ob der Streifen Lebensraum für vier Brutpaare der Feldlerche darstellt (Ziffer 6.3.2, 6.3.3).
Am 20.10.2016 legte die Klägerin Widersprüche gegen den Ersetzungsbescheid vom 22.09.2016 und gegen den Genehmigungsbescheid vom 23.09.2016 ein. Beide Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 15.03.2017 zurückgewiesen.
Am 12.04.2017 hat die Klägerin Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 22.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 - 12 A 3098/17 - und gegen den Ersetzungsbescheid vom 22.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 - 12 A 3104/17 - erhoben. Beide Klageverfahren wurden auf übereinstimmenden Antrag der Klägerin und des Beklagten im Juni 2017 ruhend gestellt und nach erfolglosem Abschluss eines Mediationsverfahrens im Mai 2021 wiederaufgenommen.
Zwischenzeitlich hatte die erkennende Kammer mit Urteil vom 19.09.2019 - AM. - eine Klage der Eigentümerin des Gutes AC. gegen den Genehmigungsbescheid vom 23.09.2017 abgewiesen, nachdem sie bereits mit Beschluss vom 25.01.2017 –AN. - einen entsprechenden Eilantrag abgelehnt hatte. Auf den Antrag der unterlegenen Gutseigentümerin hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 26.04.2021 - AO. - die Berufung zugelassen, die dort derzeit unter dem Aktenzeichen AP. anhängig ist.
Während des Klageverfahrens erfolgte am 06.12.2018 eine Änderungsanzeige auf den Anlagentyp NORDEX N117 mit einer Leistung von 3,6 MW und am 21.10.2019 eine Änderungsanzeige auf den Anlagentyp Vestas V117--.3/3.45. Der Beklagte erteilte jeweils entsprechende Freistellungsbescheide. Für eine weitere Änderung des Anlagentyps stellte der Beigeladene einen Antrag auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung, den der Beklagte ablehnte. Ein Antrag der Beigeladenen, den Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Erteilung der Änderungsgenehmigung zu verpflichten, blieb erfolglos (Nds. OVG, Beschl. v. 19.01.2021 - 12 MS 3/21 -). Das zugehörige Klageverfahren wurde im Hinblick auf das Berufungsverfahren AP. ruhend gestellt.
Nachdem der Beklagte im Jahr 2019 am AB. sowohl eine Rotmilanbrut im Abstand von ca. 450 m als auch eine Baumfalkenbrut im Abstand von ca. 390 m zum Vorhabenstandort der nächstgelegenen genehmigten WEA festgestellt hatte, verfügte er zum Schutz des Rotmilans Abschaltungen beider WEA täglich vom 15.03. bis zum 31.08. bei Windgeschwindigkeiten bis zu 6 m/s (Bescheid vom 04.11.2019) bzw. bis zu 10 m/s (Bescheid vom 17.03.2020) und zum Schutz des Baumfalken Abschaltungen beider WEA täglich vom 01.05. bis zum 31.08., beim Nachweis von Jungvögeln aus späten Bruten bis zum 15.09., bei Windgeschwindigkeiten bis zu 10 m/s (Bescheid vom 16.03.2020).
Zur Klagebegründung macht die Klägerin geltend, beide Klagen seien zulässig, weil sie sowohl hinsichtlich der Ersetzung ihres Einvernehmens als auch hinsichtlich der Genehmigung verhindern können müsse, dass diese bestandskräftig würden und ihr entgegengehalten werden könnten. Das Vorhaben verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB, weil es Belange des Naturschutzes und des Denkmalschutzes beeinträchtige. Zur Beurteilung sei grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Im hier betroffenen Bereich des europäisierten Artenschutzrechts müssten allerdings möglichweise ähnlich wie im Ausweisungsrecht zur Durchsetzung des EU-Rechts, insbesondere der Vogelschutz-Richtlinie, die Veränderungen bis zur Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden. Aus einem Vermerk des Beklagten vom 11.12.2020 gehe hervor, dass es im maßgeblichen Raum zu Veränderungen des Artenspektrums gekommen sei. Es könne sich allerdings auch lediglich um eine Verbesserung des Erkenntnisstandes hinsichtlich des schon ursprünglich vorhandenen Arteninventars handeln. Nachträglich gewonnene fachwissenschaftliche Erkenntnisse seien jedenfalls zu beachten.
Der Genehmigung stehe § 34 Abs. 2 BNatSchG entgegen, weil entgegen § 34 Abs. 1 BNatSchG keine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie erfordere eine Auslegung, wonach eine FFH-Verträglichkeitsprüfung bereits dann durchzuführen sei, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Projekt die für ein Gebiet des Netzes Natura 2000 festgelegten Erhaltungsziele möglicherweise beeinträchtige. Hier könne nicht ausgeschlossen werden, dass Uhus aus dem 2,5 km vom Vorhabengebiet entfernt gelegenen EU-Vogelschutzgebiet „AQ.“ durch die Windenergieanlagen gefährdet würden. Selbstverständlich gehe es nicht nur um die Erhaltung der Brutplätze, sondern auch um die Bewahrung der brütenden Uhus als einziger wertbestimmender Art dieses Naturschutzgebietes, zumal in Niedersachsen nur zwei Schutzgebiete für Uhus ausgewiesen seien.
Des Weiteren verletze die Genehmigung in Bezug auf mehrere Tierarten die Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1, Abs. 5 BNatSchG. Entgegen der Auffassung des Beklagten stehe diesem insoweit keine Einschätzungsprärogative zu.
Durch die genehmigten Windenergieanlagen werde das Tötungsrisiko für Mäusebussarde signifikant erhöht. Mäusebussarde seien aufgrund ihres artspezifischen Flugverhaltens besonders windkraftsensibel und wiesen eine hohe Anzahl an Schlagopfern auf. Da der europarechtliche Schutz individuenbezogen sei, dürften diese Umstände nicht mit populationsbezogenen Erwägungen relativiert werden. Der Mäusebussard habe wiederholt einen Horst am AB. in nur 460 m bzw. 820 m Entfernung zu den beiden WEA genutzt. Damit sei der Schutzabstand von 500 m, den die Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages „Naturschutz und Windenergie, Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen“ (NLT-Papier 2014) vorgebe, ebenso wie der von der Landesarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) empfohlene Schutzabstand von 1.000 m unterschritten. Auch außerhalb der Brutzeit frequentiere der Mäusebussard die Feldflur um die Vorhabenstandorte intensiv und sei der am häufigsten angetroffene Greifvogel im Untersuchungsgebiet. So habe auch der ASB ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nicht ausschließen können.
Der Turmfalke habe ebenfalls im Jahr 2012 im Abstand von 550 m zur nächstgelegenen Windenergieanlage gebrütet und nutze die Feldflur regelmäßig, so dass ein Kollisionsrisiko nicht ausgeschlossen werden könne. Die Behauptung im ASB, der Hauptteil der Flugaktivitäten des Turmfalken finde unterhalb des Rotors statt, sei nicht durch eine Raumnutzungsanalyse gestützt und verkenne, dass die Unterkante des Rotors sich bereits auf 32,5 m Höhe befinde, wo der Turmfalke bei Nahrungsflügen „rüttele“. Das Kollisionsrisiko werde durch hohe Schlagopferzahlen belegt und dürfe nicht mit Blick auf die großen Populationen in Abrede gestellt werden.
Auch für den Rotmilan bestehe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Er habe schon im Jahr 2013 am AB. gebrütet und auch in der nachbrutzeitlichen Phase das Gebiet um die Vorhabenstandorte intensiv genutzt. Seinerzeit sei nicht einmal ein Mindestmaß an Raumnutzungskartierung erfolgt. Anderenfalls wären bereits damals die erhöhten Aktivitäten festgestellt worden, die im Jahr 2019 zu den nachträglichen Abschaltanordnungen geführt hätten. Es sei fraglich, ob die Vorgabe im Niedersächsischen Runderlass zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen an Land vom 24.02.2016 (Nds. MBl. S. 190 ff., WEE 2016), wonach ein Horst nach drei Jahren ohne Brut die Relevanz verliere, den fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand zutreffend abbilde. Da Rotmilane abwechselnd bis zu fünf Wechselhorste nutzen würden, seien zwangsläufig längere Intervalle anzunehmen.
Beim Baumfalken hätten die Gutachter im Jahr 2012 entgegen den anerkannten Methodenstandards lediglich eine Brutzeitfeststellung und nicht einen Brutverdacht angenommen. Eine zwischenzeitlich im Jahr 2019 festgestellte Brut am AB. spreche dafür, dass die Baumfalken auch schon im Jahr 2012 und den Folgejahren dort gebrütet hätten. Da Baumfalken sich nach der Balz sehr heimlich verhalten würden, hätten sie leicht übersehen werden können, zumal die Kartierung an weniger als den vorgeschriebenen Tagen vorgenommen worden sei. Auch 2019 sei die Brut erst gefunden worden, als schon die Jungvögel gefüttert worden seien.
Die angeordneten Vermeidungsmaßnahmen würden das Kollisionsrisiko für die Greifvögel nicht relevant senken.
Die vorgeschriebene Gestaltung des Mastfußbereichs sei hinsichtlich der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht verbindlich und habe im Übrigen nach fachwissenschaftlichen Erkenntnissen allenfalls eine geringe Wirksamkeit. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der geforderte Bewuchs kontraproduktiv sei, weil er einen günstigen Lebensraum für Kleinsäuger biete, die Greifvögel anlocken würden. Der WEE 16 sei weder bindend noch stelle er eine Fachkonvention dar.
Da das Tötungsrisiko während der Brutzeit nicht von landwirtschaftlichen Aktivitäten abhänge und bei den Beobachtungen erhöhter Aktivität in der nachbrutzeitlichen Phase keine Feststellungen zu Bewirtschaftungsmaßnahmen getroffen worden seien, hätten die bewirtschaftungsbedingten Abschaltzeiten keine maßgeblichen Auswirkungen. Darüber hinaus sei der Abstand von 100 m zum Mastfuß viel zu gering. Die Rotoren würden schon einen Luftraum bis 58,5 m bestreichen und die meisten Leitfäden und Veröffentlichungen würden Abstände bis zu 300 m empfehlen. Zudem sei die Umsetzung nicht abgesichert, weil die Genehmigung nicht unter die aufschiebende Bedingung der Vorlage von Verträgen mit den Flächeneigentümern und -bewirtschaftern gestellt worden sei.
Die Feldlerche unterliege ebenfalls einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko. Sie sei im Umfeld von 500 m um die Vorhabenstandorte mit einer vergleichsweise hohen Siedlungsdichte von 2 Brutpaaren/10 ha und insgesamt 14 Brutpaaren angetroffen worden. Aufgrund ihres Singflugverhaltens sei sie bei einer Überlappung der Brutrevierfläche mit dem Rotorbereich stark kollisionsgefährdet, was sich auch an hohen Schlagopferfundzahlen zeige und nicht mit populationsbezogenen Erwägungen relativiert werden dürfe. Auch wenn die Feldlerchen nicht brutplatztreu seien, sei im Laufe der Betriebszeit der Anlagen von 20 bis 25 Jahren mit einer Verwirklichung des Verbotstatbestandes zu rechnen. Zudem würden vier Brutpaare einen vollständigen Revierverlust erleiden. Die dafür vorgesehene Ausgleichsfläche von 5.100 qm sei nicht ausreichend, weil bereits ein Feldlerchenrevier eine Größe von 0,5 – 0,8 ha habe. Das angeordnete Monitoring reiche nicht aus, da zugleich etwaige Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen festgelegt werden müssten. Für nachträgliche Anordnungen sei kein Raum, weil ein Misserfolg keine Änderung der Sachlage darstelle.
Die angeordneten Abschaltungen für Fledermäuse seien ebenfalls unzureichend. Die Cut-In-Geschwindigkeit von 6 m/s sei schon für die Zwergfledermäuse zu niedrig, weil die Windgeschwindigkeit an der unteren Rotorkante deutlich niedriger sein könne als auf der maßgeblichen Gondelhöhe. Jedenfalls reiche sie für die ebenfalls vorhandenen Arten Großer Abendsegler und Rauhautfledermaus nicht aus, weil diese auch bei Windgeschwindigkeiten bis 7,5 m/s aktiv seien. Abgesehen davon, dass die Anzahl der registrierten Kontakte keine Aussage über die Anzahl der vorhandenen Individuen zulasse, widerspreche es dem Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wenn der Schutz vom gehäuften Vorkommen anderer Fledermausarten abhängig gemacht würde.
Schließlich sei die Genehmigung auch deshalb rechtswidrig, weil sie Belange des Denkmalschutzes beeinträchtige. Die genehmigten Windenergieanlagen würden das Baudenkmal Gut AC. so stark beeinträchtigen, dass darin auch trotz ihrer Privilegierung ein grober Verstoß liege. Wie Herr AR. in seinen vorgelegten Stellungnahmen vom 16.09.2019 und vom 03.11.2021 belege, gehöre der Gutshof zu den ortsgeschichtlich bedeutenden, landschaftlich prägenden und bis heute im Wesentlichen ungestörten Elementen der umgebenen historischen Kulturlandschaft „H.“. Er zeuge von der Siedlungsgeschichte des „AS.“, bilde mit dem seit den 1930er-Jahren unveränderten Bestand den Höhepunkt einer in Jahrtausenden entwickelten bäuerlichen Wohn-, Lebens- und Produktionsform und erweise sich als wichtiges Zeugnis der jüngeren Landes- u. Agrargeschichte. Die Alleinlage auf einer Anhöhe innerhalb der durch ihre historische Anschaulichkeit und die Maßstäblichkeit der in ihr enthaltenen Bauwerke geprägten Kulturlandschaft gehöre zu den entscheidenden Elementen, die sich über die Jahrhunderte erhalten hätten und den besonderen Denkmalwert ausmachen würden. Es gebe in Deutschland nur noch wenige Gutshöfe dieser Art und Größe, die sich innerhalb einer noch weitgehend originalen und von landwirtschaftlicher Nutzung geprägten Kulturlandschaft befänden, die für sie geschaffen worden sei und die sie prägten. Die Windenergieanlagen würden wegen ihres geringen Abstandes, ihrer Dimension und ihrer auffälligen Erscheinung mit der massiven Baukörperwirkung, den drehenden Rotoren und der Farbgestaltung in das Beziehungsgeflecht zwischen dem Gutshof und der umgebenden Kulturlandschaft „einbrechen“ und jeden Respekt vor den Werten vermissen lassen, die die landschaftsprägende Solitärlage einer historischen Wasserburg und einer bis heute erhaltenen landwirtschaftlichen Gutsanlage repräsentierten. Sie seien ein Fremdkörper in der von technischen Anlagen weitgehend verschonten Landschaft und würden die gewachsene Kulturlandschaft und ihre prägenden Bauten auf das Niveau von Spielzeuglandschaften herabwürdigen. Der historische Erklärungswert der Anlage leide, da der Feldflur anstelle der bislang dominierenden landwirtschaftlichen Funktion eine energiewirtschaftliche Funktion zugewiesen werde und sie den Charakter eines Industriegebietes erhalte. Auf die gleichzeitige Wahrnehmung von Denkmal und hinzutretender Anlage komme es nicht entscheidend an, sie sei hier aber auch gegeben. Das Interesse an der Errichtung der privilegierten Windenergieanlagen werde zwar durch das öffentliche Interesse am Ausbau regenerativer Energien verstärkt, trete aber gleichwohl zurück, zumal der Beitrag von zwei Windenergieanlagen zum Klimaschutz relativ gering sei, ihre Herstellung selbst massive Umweltprobleme hervorrufe und ihre Realisierung anders als die Bewahrung des Gutes Echtringhaussen auch nicht streng ortsgebunden sei. Aus dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich keine Vorfahrtregelung für den Klimaschutz, da die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG keine Vorgabe über die Wege zur Verwirklichung des Zieles enthalte und sie im Konflikt mit anderen wichtigen Belangen in Ausgleich zu bringen sei.
In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer die Verfahren 12 A 3098/17 und 12 A 3104/17 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Die Klägerin beantragt,
den Ersetzungsbescheid vom 22.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 und den Genehmigungsbescheid vom 23.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Genehmigungsbescheid vom 23.09.2016 rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die angegriffenen Bescheide und meint, die Klägerin wolle den Windpark mit unsubstantiierten Argumenten verhindern, da sie die Klage auf einen gänzlich anderen Sachverhalt stütze als die Versagung des Einvernehmens und ihre Widersprüche, obgleich sie wohl noch ein Wintergutachten zum Seeadler eingeholt habe. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit seiner Entscheidung komme es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Widerspruchbescheides an. Nachträglichen Änderungen wie den Brutvorkommen des Rotmilans und des Baumfalken sei im Immissionsschutzrecht durch nachträgliche Anordnungen Rechnung zu tragen, wie es hier auch geschehen sei. Im Jahr 2016 seien diese Entwicklungen noch nicht absehbar gewesen. Maßgeblich seien die Vorgaben des WEE 2016 und nicht fachwissenschaftliche Erkenntnisse oder Hinweise, die erst während des Klageverfahrens veröffentlicht worden seien. Eine Beeinträchtigung von Belangen des Naturschutzes oder des Denkmalschutzes habe seinerzeit nicht vorgelegen.
Die mit den Antragsunterlagen vorgelegte Vorprüfung sei zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen gewesen sei. Die Klägerin vermische artenschutz- und habitatschutzrechtliche Anforderungen. Artenschutzrechtlich sei der Uhu nicht betroffen, weil das Vogelschutzgebiet „AQ.“ außerhalb des Radius 1 nach dem WEE 2016 liege und es keine Hinweise darauf gebe, dass die Vorhabenstandorte in regelmäßig genutzten, essentiellen Nahrungshabitaten oder Flugkorridoren des Uhus lägen. Aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten und der arttypischen Verhaltensweisen des Uhus sei es zudem extrem unwahrscheinlich, dass Uhus an den Standorten auf Rotorhöhe fliegen würden. Habitatschutzrechtlich sei keine reale Besorgnis für eine Gefährdung der Schutzzwecke des Vogelschutzgebiets gegeben. Diese lägen in der Erhaltung und Vernetzung der Brutplätze in verschiedenen Teilbereichen des Vogelschutzgebietes. Die Brutplätze könnten durch sportliche Aktivitäten, Aufforstungen oder Steinbrüche im Schutzgebiet oder eine Abriegelung des Gebiets betroffen sein, nicht aber durch eine etwaige Gefährdung einzelner Uhus außerhalb des Gebiets, zumal die Anzahl der Uhus im H. in den letzten Jahren erheblich gestiegen sei.
Für den Mäusebussard bestehe unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Der Beklagte bestreite nicht, dass Mäusebussarde aufgrund ihres artspezifischen Verhaltens windkraftempfichlich seien, eine signifikant erhöhte Kollisionsgefährdung könne aber nur im Einzelfall angenommen werden. Dass eine Windenergieanlage im Revier des Mäusbussards liege, stelle allein keine Besonderheit dar und die hohe Anzahl an Schlagopfern könne auch mit der Häufigkeit der Art zusammenhängen, die mit 15.000 Revieren allein in Niedersachsen die häufigste Greifvogelart sei. Hier habe die Einzelfallprüfung keine erhöhte Gefährdung ergeben, weil keine spezifischen Risiken oder besondere Umstände vorgelegen hätten. Der Horst am AB. sei weder ständig besetzt noch umzingelt, sondern frei anfliegbar gewesen und habe 460 bzw. 820 m von den Vorhabenstandorten entfernt gelegen Die Anlagen lägen hintereinander in nordwestlicher Richtung und nicht in einem besonderen Nahrungshabitat, sondern in intensiv landwirtschaftlich genutzter Fläche. Die für die Feldlerche anzulegende Blühfläche locke auch die Mäusebussarde Richtung Süden und die Flugfrequenz und Siedlungsdichte seien nicht hoch. In den für den Beklagten verbindlichen Unterlagen gebe es für den Mäusebussard keine Abstandsvorgaben, aber auch nach den Empfehlungen des NLT-Papiers 2014 oder von Sprötge et. al. liege der Horst nicht im unmittelbaren Gefahrenbereich. Lediglich während landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsphasen bestehe ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko, das aber durch die angeordneten Abschaltzeiten ausreichend gesenkt werde.
Ähnliche Erwägungen gälten für den Turmfalken, dessen Brutplatz 680 bzw. 830 m von den Vorhabenstandorten entfernt gelegen habe.
Für den Rotmilan habe – abgesehen von Phasen landwirtschaftlicher Bewirtschaftung – ebenfalls kein erhöhtes Tötungsrisiko bestanden. Trotz gezielter Suche habe es in den Jahren 2010 und 2012 keine Verdachtsmomente gegeben, dass im Radius von 1.500 m ein Brutplatz oder im Nahbereich um die Windenergieanlagen ein regelmäßig genutzter, essentieller Nahrungsraum oder Flugkorridor gelegen habe. Nach einem Hinweis auf eine Brut im Jahr 2013 sei bei Begehungen in den Jahren 2014 bis 2016 keine solche festgestellt worden. Zum Zeitpunkt der Genehmigung sei der Horst also mindestens drei Jahre unbesetzt und daher nach den Vorgaben des WEE 2016 irrelevant gewesen. Erhöhte Aktivitäten seien im Untersuchungsgebiet erst nachbrutzeitlich beobachtet worden, wenn Rotmilane sich typischerweise zur Nahrungssuche weiter entfernten und sich zu Gemeinschaften zusammenschlössen. Unabhängig von der landwirtschaftlichen Nutzung handele es sich beim Bereich um die Vorhabenstandorte nicht um ein bevorzugtes Nahrungsgebiet. Ein Nullrisiko sei nicht gefordert.
Hinsichtlich des Baumfalken habe N. ausführlich begründet, weshalb hier lediglich eine Brutzeitfeststellung getroffen worden sei. Selbst bei einem Brutnachweis hätte dieser aber weit außerhalb von 500 m gelegen und da es keine Hinweise auf eine regelmäßige essentielle Nutzung im Bereich der Vorhabenstandorte gegeben habe, sei keine Raumnutzungsanalyse erforderlich gewesen. Von April 2012 bis April 2013 habe es im Rahmen der Brutvogel- und Gastvogelkartierung insgesamt 21 Kartierungstermine gegeben. Der Baumfalke sei nicht übersehen, sondern einmal beobachtet und der Standort mehrfach kontrolliert worden.
Die angeordneten Vermeidungsmaßnahmen seien geeignet.
Die Anordnung zur Mastfußgestaltung orientiere sich an den Vorgaben des WEE 2016. Allerdings sei auf bodenbedeckende Gehölze verzichtet worden wegen der beobachteten tatsächlichen Entwicklung in bestehenden Windparks im Landkreis und weil nach fachlicher Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) hochrasige krautige Bestände besser geeignet seien als Gehölze, die Fledermäuse anlockten und von Kleinvögeln gerne als Brutplatz und von Niederwild und Kleinsäugern als Versteck genutzt würden. Eine verbindliche Anordnung landwirtschaftlicher Nutzung bis an den Mastfuß heran sei wegen der schrägen Fundamente und unterschiedlicher landwirtschaftlicher Geräte nicht möglich. Die Maßnahme werde wissenschaftlich als mittelwirksam beurteilt und es gebe bis auf eine Schotterung bis heute keine sinnvolle Alternative.
Auch bei den bewirtschaftungsbedingten Abschaltungen habe man sich nach dem WEE 2016 gerichtet, der einen Radius von 100 m ohne genauere Konkretisierung vorgebe. Allerdings sei man in der Gesamtheit der Maßnahme weit über diesen und andere Papiere hinausgegangen, weil mehr Arbeiten umfasst und die Abschaltungen ganzjährig angeordnet worden seien. Da alle vom Radius angeschnittenen Flächen betroffen seien, ergebe sich an vielen Stellen auch ein viel größerer Abstand als 100 m. Ein Radius von 200 m wäre in Verbindung mit den übrigen umfassenden Vorgaben unverhältnismäßig gewesen. Dass die Flächen auch ohne Bewirtschaftung angeflogen würden, erhöhe das allgemeine Lebensrisiko nicht signifikant. Hingegen entstehe bei der Bewirtschaftung ein kurzfristiges Nahrungsangebot, das Greifvögel über weite Entfernungen anflögen und wo sie dann häufig mit mehreren Individuen lange über den Flächen jagen würden. Die Vorlage von Verträgen habe nicht zur Bedingung gemacht werden müssen, weil sie die Kontrolle des Vollzugs betreffe. Wenn bis zur Inbetriebnahme keine Verträge vorlägen, wäre der Betrieb illegal und würde untersagt.
Auch für die Feldlerche habe die Einzelfallprüfung ergeben, dass das Kollisionsrisiko nicht signifikant erhöht sei, weil hier weder eine stark erhöhte Siedlungsdichte noch besondere Umstände vorlägen. Die Siedlungsdichte sei mit 1 Brutpaar/10 ha niedrig und es gebe keine Umzingelung oder Überschneidung von Rotorradien, keinen Mangel an Ausweichflächen im Umfeld und die Vorhabenstandorte lägen nicht in einem besonderen Nahrungshabitat wie lückigen, niedrigen Pflanzbeständen, sondern auf intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die Überlegungen zur Siedlungsdichte seien nicht populationsbezogen, sondern es gehe um Lebensraumbedingungen. Die Feldlerche sei nicht brutplatztreu, sondern brüte jeweils dort, wo die Bedingungen für sie günstig seien. So komme es durch die landwirtschaftliche Nutzung auch zwischen erster und zweiter Brut zu Revierverschiebungen. Bei geringerer Siedlungsdichte stehe mehr Ausweichfläche zur Verfügung. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Feldlerche störungsempfindlich sei, sei vorsorglich angenommen worden, dass es zu einer längerfristigen und kleinräumigen Verdrängung der Brutreviere in der Nähe der Vorhabenstandorte komme. Daher hätten keine ganzen Brutreviere ausgeglichen werden müssen. In der Nebenbestimmung unter Ziffer 6.3.3 sei nicht von „Brutrevieren“ die Rede, sondern von „Lebensraum“, was nicht nur den Brutplatz umfasse sondern auch Singwarten, Nahrungsflächen und Rückzugsorte. Das Monitoring habe auf die strukturelle Entwicklung der Fläche abgezielt, beispielsweise durch den Klimawandel. Dafür könne naturgemäß vorab kein „Plan B“ entwickelt werden. Bei mangelnder Eignung der Fläche seien nachträgliche Anordnungen nach dem dann aktuellen Erkenntnisstand zu treffen.
Bei der Festlegung der Abschaltmodalitäten für die Fledermäuse habe er sich zur Konkretisierung der Vorgaben aus dem WEE 2016 an dem NLT-Papier 2014 orientiert, das bei vorrangiger Betroffenheit von Zwergfledermaus und Breiflügelfledermaus eine Abschaltung bei Windgeschwindigkeiten bis zu 6 m/s vorsehe. Hier habe es eine deutliche Dominanz der Zwergfledermaus gegeben mit 484 Kontakten gegenüber 75 Kontakten der Breiflügelfledermaus, 57 Kontakten der Rauhautfledermaus und 19 Abendsegler-Kontakten. Dass große Unterschiede von Untersuchungen am Boden und in der Höhe bestünden und dass Abendsegler und Rauhautfledermaus in Bodenuntersuchungen regelmäßig unterrepräsentiert seien, sei erst später bekannt geworden. Wegen des angeordneten Monitorings sei eine nachträgliche Anpassung möglich.
Die geplanten Windenergieanlagen würden auch keine Belange des Denkmalschutzes beeinträchtigen. In dem maßgeblichen Eintrag in der Denkmalliste seien die Außenanlagen des Gutes AC. nicht erwähnt. Auch in der Stellungnahme des Landesamtes werde ein Beziehungsgeflecht zwischen Gutshof und umgebender Kulturlandschaft nicht nachvollziehbar begründet. Die Schutzwürdigkeit des Gutes sei nicht so hoch, dass bereits deshalb jede Beeinträchtigung als erheblich anzusehen sei. Der geschichtliche Aussagewert des Dreiseithofs bzw. die für ein beeindruckendes Erscheinungsbild sorgende Materialeinheitlichkeit werde durch eine Veränderung der Umgebung in einer Entfernung von 460 bzw. 820 m nicht geschmälert. Aufgrund seiner Monumentalität könne das Gut sich gegenüber den Windenergieanlagen behaupten, die es weder erdrücken, verdrängen oder übertönen noch die gebotene Achtung vermissen lassen würden. Zudem sei die Landschaft vorbelastet und die Windenergieanlagen würden vom Betrachter des Gutes lediglich am Rande und nicht störend wahrgenommen.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe ihre Klage verspätet nach Ablauf der verlängerten Klagfrist nach § 6 UmwRG begründet. Sie, die Beigeladene, habe bereits am 01.03.2021 um Wiederaufnahme des Verfahrens gebeten. Dieser Schriftsatz habe der Kammer spätestens am 24.03.2021 vorgelegen, so dass die verlängerte Frist spätestens ab diesem Datum gelaufen sei. Ohnedies sei die Klage gegen die Ersetzungsentscheidung nach dem Rechtsgedanken des § 44a VwGO unzulässig oder es stehe ihr das Verbot doppelter Rechtshängigkeit entgegen, was sich am identischen Vortrag in beiden Verfahren zeige. Dafür spreche auch, dass die Ersetzungsentscheidung im immissionsschutzrechtlichen Verfahren gemäß § 13 BImSchG einkonzentriert sei. Sollten gleichwohl beide Klagen zulässig sein, könnten im Rahmen der Anfechtung des Genehmigungsbescheides nur noch Aspekte geltend gemacht werden, die nicht schon im Rahmen der Ersetzungsentscheidung zu berücksichtigen seien.
Jedenfalls seien hier beide Bescheide rechtmäßig ergangen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung sei die Ersetzungsentscheidung. Da § 36 BauGB nur das Ziel verfolge, die gemeindliche Planungshoheit zu sichern, sei eine „in die Zeit der Entscheidung versetzte“ Rechtskontrolle vorzunehmen. Spätere Erkenntnisse oder Änderungen der Rechtsprechung seien nicht zu berücksichtigen. Daher sei davon auszugehen, dass dem Beklagten sowohl im Habitatschutzrecht als auch im Artenschutzrecht eine Einschätzungsprärogative zugestanden habe. Diese Beurteilungsspielräume habe der Beklagte jeweils fehlerfrei genutzt. Anderenfalls seien auch spätere Entwicklungen zugunsten des Beigeladenen zu berücksichtigen wie die nachträglichen Abschaltanordnungen, die die Klägerin trotz fehlender Einvernehmensherstellung bestandskräftig habe werden lassen.
Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Schutzzweck des Vogelschutzgebietes „AQ.“ sei die Erhaltung der Brutplätze, die durch eine etwaige Gefährdung von Einzelexemplare außerhalb des Schutzgebiets nicht gefährdet sei. Die Schutzgebietsbezüge würden auf Gebiete verweisen, deren gemeinsame Verbindungslinien nicht in den Bereich des Vorhabengebiets reichen würden. Der Umgebungsschutz dürfe nicht zu überzogenem Gebietsschutz führen. Die bloße Möglichkeit, dass das Vorhabengebiet von Uhus aufgesucht werden könne, reiche nicht, sondern es müssten Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung bestehen, die es hier nicht gebe. Im Vorhabengebiet seien weder Uhus beobachtet worden, noch spreche etwas für eine erhöhte Aufenthaltswahrscheinlichkeit.
Naturschutzrechtliche Zugriffsverbote seien ebenfalls nicht verletzt. Selbst wenn Verstöße gegen §§ 34 oder 44 BNatSchG festgestellt würden, wäre gemäß § 7 Abs. 5 UmwRG die Genehmigung nicht aufzuheben, sondern das Verfahren auszusetzen und dem Beklagten Gelegenheit zur Heilung zu geben. Allerdings sei den materiellen gesetzlichen Anforderungen jedenfalls bereits durch die nachträglichen Abschaltanordnungen Genüge getan.
Für den Mäusebussard sei der Beklagte ohne Beurteilungsfehler davon ausgegangen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bestanden habe. Beim Mäusebussard handele es sich nicht um eine relevant schlaggefährdete Art. Im maßgeblichen Zeitraum habe es keine Brutnachweise gegeben, ein erhöhtes Kollisionsrisiko habe lediglich nicht ausgeschlossen werden können und der Beklagte habe die vom WEE 2016 vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen angeordnet.
Gleiches gelte für den Turmfalken. Die Klägerin setze lediglich ihre abweichende fachliche Meinung an die Stelle der Beurteilung des Beklagten. Auch N. habe erläutert, dass der wesentliche Handlungsraum des Turmfalken südlich von L. liege und dass er bei der Jagd unterhalb der Rotorhöhe fliege.
Hinsichtlich des Rotmilans sei der Brutverdacht aus dem Jahr 2013 nicht bestätigt worden. Es habe auch nachbrutzeitlich keine deutlich erhöhte Aktivität des Rotmilans im Vorhabengebiet gegeben, wie die Klägerin behaupte, sondern nur eine höhere als die vorher sporadische.
Auch beim Baumfalken versuche die Klägerin entgegen den Feststellungen im ASB eine Nutzung des Untersuchungsgebiets herbeizureden.
Die angeordneten Vermeidungsmaßnahmen seien nicht zu beanstanden. Die von der Klägerin vorgelegte Veröffentlichung zur Wirksamkeit von Maßnahmen gegen Vogelkollisionen an Windenergieanlagen sei erst Jahre später erschienen und würde ihre Behauptungen nicht bestätigen. Unzutreffend sei auch, dass es einen fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand zum notwendigen Abstand bei bewirtschaftungsbedingten Abschaltzeiten gebe. Erst recht habe es diesen im Jahr 2016 noch nicht gegeben. Beurteilungsfehlerfrei habe der Beklagte sich am WEE 2016 als landesweit geltender Fachkonvention orientiert. Anders als für Ausgleichmaßnahmen bestehe in Niedersachsen für Vermeidungsmaßnahmen auch kein Sicherungserfordernis durch eine aufschiebende Bedingung. Würden die angeordneten bewirtschaftungsbedingten Abschaltzeiten nicht umgesetzt, verstoße dies gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG und stelle eine Straftat nach § 327 Abs. 1 Nr. 1 StGB dar. Der Beklagte könnte einen weiteren Betrieb sofort untersagen und die Untersagung im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen. Zudem würde allein die Vorlage von Verträgen mit Flächeneigentümern und -bewirtschaftern die Maßnahme auch nicht sichern, sondern es sei eine Kontrolle durch den Beklagten erforderlich.
Für Feldlerchen bestehe keine relevante Schlaggefährdung. Die Klägerin ignoriere die differenzierte Darstellung im ASB. Die in geringem Maß zu befürchtenden Revierverluste durch Flächenversiegelung und ein mögliches Meidungsverhalten würden durch die angeordnete Maßnahme ausgeglichen und vermieden. Falls sich eine mangelnde Eignung der Maßnahme herausstellen sollte, seien Anordnungen auf Grundlage des Fachrechts zu treffen. Die Voraussetzungen für einen Auflagenvorbehalt hätten nicht vorgelegen.
In Bezug auf die Fledermäuse habe der Beklagte sich nach den Empfehlungen im NLT-Papier 2014 gerichtet, die eine Gestaltung der Abschaltung je nach der vorrangigen Betroffenheit vorsähen. Aufgrund des angeordneten Monitorings seien nachträgliche Anpassungen möglich.
Eine Beeinträchtigung von Belangen des Denkmalschutzes sei ebenfalls zu verneinen. Die Klägerin stelle auch hier bereits den Sachverhalt falsch oder tendenziös dar, wenn sie beispielsweise behaupte, das Gut AC. liege in exponierter Lage auf einem 60 m hohen Sporn. Allein aus dem Abstand eines Denkmals zu Windenergieanlagen ergebe sich keine Beeinträchtigung, sondern diese könne nur unter Bestimmung des Denkmalwertes beurteilt werden. Trotz mehrerer Stellungnahmen sei es dem NLD nicht gelungen, einen Denkmalwert des Gutes AC. nachvollziehbar zu begründen. Die erkennende Kammer habe dies im Urteil vom 19.09.2019 - AM. - wohlwollend nachgeholt, aber gleichwohl überzeugend eine erhebliche Beeinträchtigung verneint. Dieses Ergebnis werde durch die ergänzende Stellungnahme der Architekten der Q. bestätigt. Die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen von Herrn AR. würden sich selbst disqualifizieren. Jedenfalls würden die Belange des Denkmalschutzes hier vom Interesse an der Errichtung der Windenergieanlagen als dringend erforderlichem Beitrag zum Klimaschutz überwogen. Der Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts habe den intertemporalen Gehalt der Grundrechtsgewährleistungen und die Bedeutung von Art. 20a GG klargestellt. Daraus ergebe sich insbesondere bei einer vorübergehenden, rein optischen Auswirkung auf das Denkmal ein zwingender Vorrang von Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung vor Denkmalschutzbelangen. Die möglichst kurzfristige Bewältigung des Klimanotstandes sei alternativlos, da baukulturelles Erbe ohne das zivilisatorische Bestehen menschlicher Gesellschaften keinen Sinn habe. Daher sprächen Argumente für die besondere Schutzwürdigkeit eines Denkmals gleichzeitig für ein einstweiliges Zurückstehen des Denkmalschutzes gegenüber Anlagen zur klimaneutralen Stromerzeugung. Selbst wenn die näher am Gut AC. liegende WEA 1 aus denkmalschutzrechtlichen Gründen unzulässig wäre, wären die angegriffenen Bescheide nur in Bezug auf diese Anlage aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren AT., AN. und AM. und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 21.03.2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Die Klage gegen den Ersetzungsbescheid vom 22.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 ist zulässig und begründet.
1. Die Klage ist zulässig. Ihr stehen weder der Rechtsgedanke des § 44a VwGO noch das Verbot doppelter Rechtshängigkeit aus § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG oder die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG entgegen.
Gemäß § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Zwar hat die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gegenüber dem Vorhabenträger nur verwaltungsinterne Bedeutung. Gegenüber der betroffenen Gemeinde stellt sich die Ersetzung des Einvernehmens jedoch nicht als bloße Verfahrenshandlung, sondern als Verwaltungsakt dar, da damit in die gemeindliche Planungshoheit eingegriffen wird (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 19.01.2022 - 5 MR 11/21 -, juris Rn. 30 m.w.N., zum Streitstand Rn. 25 ff.).
Eine doppelte Rechtshängigkeit bestand zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage gegen den Ersetzungsbescheid vom 22.09.2016 am 12.04.2017 um 12:27 Uhr schon deshalb nicht, weil die Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 23.09.2016 erst fünf Minuten später, nämlich um 12:32 Uhr beim Verwaltungsgericht eingegangen ist. Darüber hinaus ist der Streitgegenstand beider Verfahren aber auch nicht identisch, weil die Klagen sich jeweils gegen unterschiedliche Bescheide wenden.
Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ist auch nicht in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einkonzentriert. Gemäß § 13 BImSchG schließt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen. Die Ersetzungsentscheidung stellt keine behördliche Entscheidung in diesem Sinne dar, da sie der Vorbereitung der einkonzentrierten Genehmigungen dient und gegenüber dem Vorhabenträger, wie erwähnt, keine Regelungswirkung entfaltet. Von der Konzentrationswirkung umfasst sind nur behördliche Entscheidungen, die vom Bürger vor Errichtung bzw. Betrieb der Anlage eingeholt werden müssen, die also Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der Anlage sind und insoweit eine Freigabewirkung für den Betreiber der Anlage haben. Derartige Entscheidungen müssen dabei unter anderem von solchen Zulassungen unterschieden werden, die eine Errichtung der Anlage nur vorbereiten und auf die sich die Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG deshalb nicht erstreckt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.12. 2021 - 12 MS 97/21 -, juris Rn. 21 m.w.N.). Gegenteiliges lässt sich entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht aus § 2 Nr. 2 DVO-BauGB herleiten, wonach zuständige Behörde für die Ersetzung des Einvernehmens im sonstigen Genehmigungsverfahren über die Zulässigkeit von Vorhaben die für die Entscheidung in diesem Verfahren zuständige Behörde ist. Auch die von der Beigeladenen zitierte Kommentierung (Seibert in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 13 BImSchG Rn. 109) stützt ihre Auffassung nicht, sondern stellt klar, dass das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB auch im immissionsschutzrechtlichen Verfahren ein notwendiger verwaltungsinterner Mitwirkungsakt ist und nicht von der Konzentrationswirkung des § 13 BimSchG verdrängt wird. Soweit die Beigeladene sich auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (Urt. v. 24.03.2021 - 2 L 79/178 -, juris Rn. 147) bezieht, sind dessen Ausführungen nicht übertragbar, weil nach dem sachsen-anhaltinischen Landesrecht die Baugenehmigung - anders als in Niedersachsen - zugleich als Ersatzvornahme des rechtswidrig versagten gemeindlichen Einvernehmens gilt. Ohnedies stünde eine etwaige Einkonzentrierung der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Denn hier hat der Beklagte einen gesonderten Bescheid erlassen, der belastende Wirkung für die Klägerin hat. Selbst wenn eine derartige isolierte Ersetzungsentscheidung unzulässig wäre, wäre sie doch nicht nichtig (vgl. Seibert in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 13 BImSchG Rn. 50 f. m.w.N.). Die Klägerin hat daher ein Rechtsschutzbedürfnis sowohl für die Klage gegen den Ersetzungsbescheid als auch für die Klage gegen den Genehmigungsbescheid, weil sie im Falle der Bestandskraft eines der beiden Bescheide ihre Rechte aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht wahren könnte.
2. Die Klage ist begründet, da der Ersetzungsbescheid vom 22.09.2016 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Die Klägerin ist mit ihrem Vortrag nicht gemäß § 6 Satz 1 UmwRG präkludiert, da der Ersetzungsbescheid nicht in den Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes fällt.
Gemäß § 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist dieses Gesetz auf Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte anzuwenden, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts zugelassen werden. Zwar ist § 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG erst am 02.06.2017 und damit nach der Klagerhebung am 12.04.2017 in Kraft getreten. Gemäß § 8a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG in der ab dem 02.06.2017 geltenden Fassung gilt das Gesetz aber auch für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6, die am 02.06.2017 noch keine Bestandskraft erlangt haben. Mit der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens wird jedoch kein Vorhaben zugelassen, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulassung geschaffen. Eine Zulassung liegt vor, wenn der Vorhabenträger das Vorhaben aufgrund der behördlichen Entscheidung realisieren darf (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 1 UmwRG Rn. 35). Diese Möglichkeit hat der Vorhabenträger nach der Erteilung oder Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nicht. Auch wenn der Begriff der Zulassungsentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 UmwRG weit zu verstehen ist, betrifft dies doch Zulassungsentscheidungen wie Vorbescheide, gestufte Zulassungsentscheidungen, fingierte Genehmigungen i. S. des § 42a VwVfG oder die Entgegennahme von Anzeigen, bei denen die Behörde im Anzeigeverfahren die Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens prüft und darüber entscheidet (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 1 UmwRG Rn. 109 f.).
b) Die Voraussetzungen für die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens aus § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB lagen nicht vor.
Bei der Überprüfung der Ersetzungsentscheidung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Ersetzung abzustellen, hier also auf den 22.09.2016. Erweist sich danach die Ersetzung als rechtswidrig, hat die Anfechtungsklage der Gemeinde Erfolg. Ob der Bauherr im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf die Baugenehmigung hat, ist dagegen irrelevant. Denn der Gesetzgeber hat in dem Konflikt zwischen Planungshoheit und Baufreiheit eine eindeutige Regelung getroffen, der zufolge gegen den Willen der Gemeinde in den Fällen des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB bis zu einer gerichtlichen Klärung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens auf die Verpflichtungsklage des Bauherrn hin keine Baugenehmigung erteilt werden darf. Der Bundesgesetzgeber wollte mit der Einvernehmensregelung erreichen, dass die Gemeinde sich mit ihren Vorstellungen auch gegenüber einem etwaigen Rechtsanspruch des Bauherrn durchsetzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.08.2016 - 4 C 5/15 -, juris Rn. 14 m.w.N.; Urt. v. 27.08.2020 – 4 C 1/19 -, juris Rn. 26). Änderungen der fachlichen Erkenntnisse sind hingegen zu berücksichtigen, da sie keine nachträgliche Veränderung der Sach- oder Rechtslage, sondern spätere Erkenntnisse zur ursprünglichen Sachlage darstellen (vgl. BayVGH, Urt. v. 20.05.2021 - 8 B 19.1587 -, juris Rn. 32; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.03.2017 - 8 A 2914/15 - juris Rn. 21 ff., jeweils m.w.N.). Weshalb dieser allgemeine Grundsatz auf die Konstellation der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nicht anwendbar sein sollte, wie die Beigeladene meint, erschließt sich der Kammer nicht. Zwar darf der Bauherr darauf vertrauen, dass die Gemeinde an ihr einmal erteiltes oder fingiertes Einvernehmen gebunden ist, wenn sie erst nachträglich zu der Erkenntnis gelangt, dass das Vorhaben mit den §§ 31, 33 bis 35 BauGB unvereinbar ist und das Einvernehmen deshalb hätte versagt werden müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.08.2020 - 4 C 1/19 -, juris Rn. 28). Ein derartiger Vertrauensschutz kann aber nicht bestehen, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen versagt hat und sich gegen die Ersetzung des Einvernehmens zur Wehr setzt.
Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann die nach Landesrecht zuständige Behörde ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen. Hier hatte die Klägerin ihr Einvernehmen zu Recht versagt. Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB darf das Einvernehmen der Gemeinde nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Bei dieser Prüfung sind auch die Gründe zu berücksichtigen, die die Klägerin erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat. Da das Recht der Gemeinde, ihr Einvernehmen zu einem Außenbereichsvorhaben zu verweigern, nicht mit der Obliegenheit verbunden ist, die Entscheidung zu begründen, ist sie mit Gründen, die sie bei ihrer Verweigerung nicht angeführt hat, in einem späteren Rechtsbehelfsverfahren nicht präkludiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.08.2020 - 4 C 1/19 -, juris Rn. 26; Urt. v. 20.05.2010 - 4 C 7/09 -, juris Rn. 34).
Ein derartiger Grund war im Zeitpunkt der Ersetzungsentscheidung gegeben. Bei den beiden Windenergieanlagen handelt es sich um privilegierte Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, die zulässig sind, wenn eine ausreichende Erschließung gesichert ist und keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gehört auch der Naturschutz zu den öffentlichen Belangen, weshalb die zuständige Baubehörde im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens auch dessen naturschutzrechtliche Zulässigkeit zu prüfen hat. Naturschutzrechtlich zulässig ist ein Vorhaben nur dann, wenn es die artenschutzrechtlichen Verbote aus § 44 BNatSchG nicht verletzt. Dementsprechend stehen artenschutzrechtliche Verbote einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen, wenn sie naturschutzrechtlich weder durch eine Ausnahme noch eine Befreiung überwunden werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 - 4 C 1.12 -, juris Rn. 6). Hier verstieß der geplante Betrieb der beiden Windenergieanlagen im Hinblick auf die im Umfeld der Anlagen nachgewiesenen Exemplare des Großen Abendseglers und der Rauhautfledermaus gegen das Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.
Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (vgl. EuGH, Urt. v. 30.01.2002 - C-103/00 -, juris Rn. 26; Urt. v. 20.10. 2005 - C-6/04 -, juris Rn. 113). Sind im Anhang IV Buchstabe a der FFH-Richtlinie aufgeführte Arten - wie die in Niedersachsen vorkommenden Fledermausarten - oder europäische Vogelarten betroffen, so liegt gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann. Diese Norm hat die Signifikanz-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kodifiziert. Diese hatte das Bundesverwaltungsgericht in seiner letzten einschlägigen Entscheidung bezogen auf ein Straßenbauvorhaben dahingehend gefasst, dass der Tatbestand des Tötungsverbots mit Blick auf die bei einem Straßenbauvorhaben nie völlig auszuschließende Gefahr von Kollisionen geschützter Tiere mit der Trasse erst dann erfüllt ist, wenn das Vorhaben dieses Risiko in einer für die betroffene Tierart signifikanten Weise erhöht. Dabei sind Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen so weit vermieden werden können, dass sie innerhalb des Risikobereichs verbleiben, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist, in die Betrachtung miteinzubeziehen. Der Signifikanzansatz gilt nicht nur für das betriebsbedingte Risiko von Kollisionen mit der Trasse, sondern auch für bau- und anlagebezogene Risiken. Das anhand einer wertenden Betrachtung auszufüllende Kriterium der Signifikanz trägt dem Umstand Rechnung, dass für Tiere bereits vorhabenunabhängig ein allgemeines Tötungsrisiko besteht, welches sich nicht nur aus dem allgemeinen Naturgeschehen ergibt, sondern auch dann sozialadäquat und deshalb hinzunehmen ist, wenn es zwar vom Menschen verursacht ist, aber nur einzelne Individuen betrifft. Denn tierisches Leben existiert nicht in einer unberührten, sondern in einer vom Menschen gestalteten Landschaft. Nur innerhalb dieses Rahmens greift der Schutz des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Das bedeutet nicht, dass gerade in einem Umfeld, in dem bereits aufgrund anderweitiger Vorbelastungen ein erhöhtes Tötungsrisiko besteht, eine umso größere Gefährdung zulässig wäre. Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, sind vielmehr insbesondere artspezifische Verhaltensweisen, häufige Frequentierung des durchschnittenen Raums und die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen, darüber hinaus gegebenenfalls auch weitere Kriterien im Zusammenhang mit der Biologie der Art (BVerwG, Beschl. v. 08.03.2018 – 9 B 25/17 –, juris Rn. 11,). Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Ansatz prägnant dahingehend zusammengefasst, dass der Tatbestand des Tötungsverbots erst dann erfüllt ist, wenn das Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren unter Berücksichtigung artspezifischer Verhaltensweisen, häufiger Frequentierung des Einwirkungsbereichs der Anlage und der Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen einen Risikobereich übersteigt, der mit einem Vorhaben der zur Genehmigung stehenden Art im Naturraum immer und an jedem Ort verbunden ist (BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 u.a. -, juris Rn. 32).
Bei der Prognose, ob durch ein Vorhaben ein Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG verletzt wird, steht der Genehmigungsbehörde kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Soweit es allerdings zur Beantwortung einer sich nach außerrechtlichen naturschutzfachlichen Kriterien richtenden Rechtsfrage an normativen Konkretisierungen fehlt und in Fachkreisen und Wissenschaft bislang keine allgemeine Meinung über die fachlichen Zusammenhänge und die im Einzelfall anzuwendenden Ermittlungsmethoden besteht, stößt die verwaltungsgerichtliche Kontrolle an Grenzen. Dem Verwaltungsgericht ist es dann objektiv unmöglich, den Sachverhalt vollständig aufzuklären und eine abschließende Überzeugung davon zu gewinnen, ob das Ergebnis der Entscheidung der Behörde richtig oder falsch ist. Die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle ergeben sich hier nicht daraus, dass der Verwaltung eine Einschätzungsprärogative eingeräumt wäre, sondern rühren schlicht daher, dass sich die naturschutzfachliche Richtigkeit des Ergebnisses der Verwaltungsentscheidung objektiv nicht abschließend beurteilen lässt. Indessen unterscheidet sich das gerichtliche Kontrollmaß hier nicht grundlegend von der üblichen gerichtlichen Prüfung. Die Kontrolle ist weitest möglich durchzuführen und das Gericht muss sich auch im Übrigen von der Plausibilität der behördlichen Entscheidung überzeugen. Eine Begrenzung der gerichtlichen Kontrolle hinsichtlich des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geregelten Tötungsverbots ist nicht mehr zulässig, soweit sich für die Bestandserfassung von betroffenen Arten oder für die Ermittlung des Risikos bestimmte Maßstäbe und Methoden durchgesetzt haben und andere Vorgehensweisen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können. Ob dem so ist, unterliegt vollständiger gerichtlicher Überprüfung. Von weiterer Kontrolle abzusehen kommt von vornherein nur dann in Betracht, wenn es tatsächlich an entscheidungsrelevanter, eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnis fehlt. Existiert keine allgemein anerkannte fachliche Meinung, kann und muss das Gericht kontrollieren, ob die von der Behörde verwendeten fachlichen Maßstäbe und Methoden vertretbar sind und die Behörde insofern im Ergebnis zu einer plausiblen Einschätzung der fachlichen Tatbestandsmerkmale einer Norm gelangt ist. Sofern im gerichtlichen Verfahren sachhaltige Einwände gegen die von der Behörde verwendete Methode geltend gemacht werden, muss das Gericht prüfen, ob diese Einwände die Methodik, Grundannahmen und Schlussfolgerungen der Behörde substantiell in Frage stellen. Hat die Behörde eine nach aktuellem Erkenntnisstand nicht mehr vertretbare Methode entscheidungstragend zugrunde gelegt, ergibt sich die Rechtswidrigkeit, ohne dass die faktischen Grenzen außerrechtlicher Erkenntnis überhaupt entscheidungsrelevant würden. Gelangt das Gericht hingegen zu der Einschätzung, dass Einwände und gegenläufige Gutachten die Vertretbarkeit der von der Behörde verwendeten Methode zwar nicht widerlegen können, aber doch ihrerseits einer vertretbaren Methode folgen, sieht es sich letztlich zwei vertretbaren Positionen gegenüber. Welche von beiden richtig ist und ob überhaupt eine von beiden richtig ist, ist dann mangels eindeutiger fachlicher Erkenntnis objektiv nicht zu ermitteln. Das Verwaltungsgericht ist dann zur weitergehenden Prüfung der Richtigkeit der behördlichen Einschätzung nicht in der Lage und muss sich insoweit auf eine Plausibilitätskontrolle beschränken. Nach allgemeinen Grundsätzen bleibt aber auch dann noch verwaltungsgerichtlicher Kontrolle unterworfen, ob der Behörde bei der Ermittlung und der Anwendung der von ihr aus dem Spektrum des Vertretbaren gewählten fachlichen Methode Verfahrensfehler unterlaufen, ob sie anzuwendendes Recht verkennt, von einem im Übrigen unrichtigen oder nicht hinreichend tiefgehend aufgeklärten Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt (BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 u.a. -, juris Rn. 17, 27 - 30). Dieser Maßstab galt auch schon zum Zeitpunkt der Ersetzungsentscheidung im Jahr 2016, das Bundesverfassungsgericht hat ihn lediglich erst im Jahr 2018 klargestellt.
Für den Großen Abendsegler und die Rauhautfledermaus war ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zu bejahen, weil die zum Zeitpunkt der Ersetzungsentscheidung in den Antragsunterlagen vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen für diese beiden Fledermausarten unzureichend waren. Nach dem Ergebnis des Fachbeitrags Fledermäuse war an beiden Vorhabenstandorten mit erheblichen Beeinträchtigungen von Fledermäusen zu rechnen, am Standort der WEA 1 allerdings erst ab Sommer. Obwohl der Fachbeitrag nicht den Anforderungen des WEE 2016 entsprach, etwa weil entgegen Ziffer 5.2.3.1 Abs. 6 des Leitfadens des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz „Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen“ (Artenschutzleitfaden, Anlage 2 zum WEE 2016) keine Daueraufzeichnungssysteme verwendet wurden, durfte der Beklagte ihn seiner Bewertung zugrundelegen. Denn bei der im Jahr 2012 erstellten Untersuchung handelte es sich um ein noch hinreichend aktuelles und aussagekräftiges Ergebnis aus früheren Untersuchungen im Sinne von Ziffer 5.2 des Artenschutzleitfadens. Aus dem Fachbeitrag Fledermäuse ging hervor, dass der Große Abendsegler die zweithäufigste Art im Untersuchungsgebiet war (so auch der ASB, S. 11). An der Horchkiste am Standort der WEA 1 (Horchkiste 3b) lag die Häufigkeit von Kontakten der Zwergfledermaus (217 Kontakte) und des Großen Abendseglers (202 Kontakte) sogar beinahe gleichauf. Dennoch sah der LPB - ebenso wie später der Genehmigungsbescheid - eine Abschaltung der Anlagen nur bei Windgeschwindigkeiten bis zu 6 m/sec vor, obgleich auch der Beklagte davon ausgeht, dass der Große Abendsegler und die Rauhautfledermaus bis zu einer Windgeschwindigkeit von 7,5 m/sec relevante Flugaktivitäten zeigen. So hat er für andere Windenergieanlagen in seinem Gebiet - gerichtsbekannt aus dem Verfahren AU. - nach eigenem Bekunden in der mündlichen Verhandlung aufgrund zwischenzeitlich gewonnener aktueller fachlicher Erkenntnisse im Hinblick auf Vorkommen des Großen Abendseglers Abschaltungen bis zu einer Windgeschwindigkeit von 7,5 m/sec angeordnet. Dass auch nachträglich gewonnene fachliche Erkenntnisse über eine zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehende Sachlage zu berücksichtigen sind, wurde eingangs bereits erörtert.
Auch die weiteren Erklärungsansätze des Beklagten, warum hier Abschaltungen nur bis zu einer Windgeschwindigkeit von 6 m/sec ausreichend gewesen sein sollen, sind nicht plausibel. Der Beklagte hat sich bei seinen Vorgaben zur Abschaltung an Ziffer 7.3 des Artenschutzleitfadens orientiert, wonach eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos im Regelfall durch eine Abschaltung von Windenergieanlagen in Nächten mit geringen Windgeschwindigkeiten (< 6 m/sec) in Gondelhöhe, Temperaturen > 10° C und keinem Regen wirksam vermieden werden kann, allerdings aufgrund von naturräumlichen Gegebenheiten in Niedersachsen für die beiden Abendsegler-Arten und die Rauhautfledermaus unter Vorsorge- und Vermeidungsgesichtspunkten auch bei höheren Windgeschwindigkeiten Abschaltzeiten erforderlich sein können. Weshalb solche Abschaltzeiten auch bei höheren Windgeschwindigkeiten hier nicht erforderlich gewesen sein sollten, hat der Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt. Zunächst hatte er ausgeführt, er habe bei der Anwendung von Ziffer 7.3 des Artenschutzleitfadens auf das NLT-Papier 2014 zurückgegriffen, wonach in der Regel bei vorrangiger Betroffenheit von Abendseglerarten und Rauhautfledermaus bei Windgeschwindigkeiten in Nabenhöhe unter 7,5 m/sec abgeschaltet werden soll und bei vorrangiger Betroffenheit von Zwerg- und Breitflügelfledermäusen bei 6 m/sec. Diesem Ansatz steht entgegen, dass das europarechtlich determinierte Tötungs- und Verletzungsverbot individuenbezogen ist (vgl. erneut klarstellend EuGH, Urt. v. 04.03.2021 - C-473/19 und C-474/19 -, juris) und daher eine Ausrichtung von Vermeidungsmaßnahmen an der mehrheitlich betroffenen Art ausschließt. Später hat der Beklagte geltend gemacht, mit der Formulierung „naturräumliche Gegebenheiten“ im Artenschutzleitfaden sei das niedersächsische Tiefland und vor allem die Küstenregion gemeint. Der Große Abendsegler und die Rauhautfledermaus seien in der Lage, sich an die Umstände in ihrem Lebensraum anzupassen, und flögen dort auch noch bei höheren Windgeschwindigkeiten als im Bereich des Beklagten. Die beiden geplanten Windenergieanlagen lägen in einem Schwachwindbereich. Diese fachliche Annahme konnte der Beklagte nicht weiter untermauern. Ihr steht entgegen, dass der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, Betriebsstelle AV., in einer Stellungnahme zu den Antragsunterlagen vom 18.07.2013 empfohlen hatte, die Anlagen bei einer Windgeschwindigkeit von weniger als 8 m/sec abzuschalten, und dabei angemerkt hatte, die vom Gutachter empfohlenen 6 m/sec möchten für Süddeutschland genügen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte sodann unter Vorlage einer Karte der durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten in Niedersachsen angeführt, das Tötungsrisiko würde sich durch den Betrieb der Anlagen bei Windgeschwindigkeiten zwischen 6,1 und 7,5 m/sec nicht signifikant erhöhen, weil im Bereich der Vorhabenstandorte viel seltener mit hohen Windgeschwindigkeiten zu rechnen sei als beispielsweise an der Küste. Dass entsprechende Windgeschwindigkeiten seltener auftreten als in Starkwindbereichen führt indes nicht dazu, dass das dabei bestehende Kollisionsrisiko zu vernachlässigen ist. Daraus folgt lediglich, dass die erforderlichen Vermeidungsmaßnahmen seltener ergriffen, also die Anlagen seltener abgeschaltet werden müssen.
B. Die Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 23.09.2016 ist ebenfalls zulässig und hat in der Sache weitgehend Erfolg.
1. Auch hinsichtlich des Genehmigungsbescheides ist die Klägerin mit ihrem Vortrag nicht nach § 6 Satz 1 UmwRG präkludiert.
Insoweit ist das Umweltrechtsbehelfsgesetz zwar anwendbar, weil es sich bei der Genehmigungserteilung um eine Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG handelt. Die Klägerin hat die Klage gegen den Genehmigungsbescheid auch nicht fristgerecht begründet. Die verspätet vorgebrachten Erklärungen und Beweismittel sind aber zuzulassen.
Gemäß § 6 UmwRG hat eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 oder gegen deren Unterlassen dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Voraussetzung nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung erfüllt ist. § 87b Abs. 3 Satz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt entsprechend. Die Frist nach Satz 1 kann durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter auf Antrag verlängert werden, wenn die Person oder die Vereinigung in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte.
Hier hat die Klägerin die Klage nicht innerhalb von 10 Wochen nach Klagerhebung – bis zum 21.06.2017 – begründet, sondern ihre wesentlichen Argumente erst innerhalb einer Frist vorgebracht, die die Berichterstatterin ihr am 29.06.2017 gesetzt hatte. Diese Frist war keine verlängerte Frist im Sinne von § 6 Satz 4 UmwRG, weil die Klägerin den Verlängerungsantrag erst am 26.05.2017 nach Ablauf der gesetzlichen Frist gestellt hatte. Es handelte sich auch nicht um die Verlängerung einer vorher gesetzten richterlichen Frist. Zwar waren die Beiakten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.05.2017 mit der Bitte um Vorlage einer Klagebegründung innerhalb von sechs Wochen übersandt worden. Auch diese sechswöchige Frist war aber bereits am 19.06.2017 und damit noch vor dem Ende der Zehnwochenfrist am 21.06.2017 abgelaufen. |
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Jedenfalls ist es hier mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln. Da im Verfahren 12 A 3104/17 keine Präklusionsfrist greift und der Streitstoff im Wesentlichen identisch ist, kann die Kammer ohne Weiteres auf ihre Erkenntnisse aus jenem Verfahren zugreifen.
2. Der Genehmigungsbescheid ist wegen einer Verletzung des Tötungs- und Verletzungsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG rechtswidrig, weil die unter Ziffer IV.6.1.1 angeordnete Vermeidungsmaßnahme das signifikant erhöhte Tötungsrisiko für zwei Fledermausarten nicht ausreichend gesenkt hat (s.o. unter A.2.b)). Zudem fehlt es durch die Aufhebung des Ersetzungsbescheides vom 22.09.2016 an dem gemäß § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB erforderlichen gemeindlichen Einvernehmen.
3. Dennoch ist die Genehmigung nicht aufzuheben, sondern lediglich für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären und die auf die Aufhebung gerichtete Klage im Übrigen abzuweisen.
Denn § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG sieht vor, dass eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b oder 5 UmwRG führt, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Gleiches gilt gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG für die Verletzung materieller Rechtsvorschriften. Die Anwendung dieser Vorschriften setzt voraus, dass die Identität des Vorhabens nicht angetastet wird und die Behebung des Mangels nicht von vornherein ausgeschlossen ist; es muss die konkrete Möglichkeit der Beseitigung des Mangels in absehbarer Zeit bestehen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 4 UmwRG Rn. 17 u. § 7 UmwRG Rn. 10 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Eine Entscheidungsergänzung durch das Gericht scheidet aus, da die Wahl geeigneter Vermeidungsmaßnahmen im Ermessen der Genehmigungsbehörde liegt. Eine Behebung der Mängel in einem ergänzenden Verfahren erscheint hingegen nicht ausgeschlossen. Bei dem ergänzenden Verfahren handelt es sich nicht um ein „Änderungsverfahren“ im engeren Sinne, sondern um ein spezielles, eigenständiges Verfahren zur Fehlerbehebung (Verfahren sui generis). Das ursprüngliche Genehmigungsverfahren wird wiederaufgenommen und insoweit wiederholt, als es fehlerhaft war. Das ergänzende Verfahren ist also eine Art unselbstständiger Verfahrensteil des einheitlichen Genehmigungsverfahrens. Die nicht beanstandeten Teile des Genehmigungsverfahrens bleiben unberührt, jedenfalls soweit die teilweise Verfahrenswiederholung keine Auswirkungen auf sie hat und insoweit keine neuen Fragen aufwirft. Im ergänzenden Verfahren sind – je nach Fallkonstellation und konkretem Fehler – die davon Betroffenen (einschließlich der Umweltvereinigungen) erneut zu beteiligen. Am Ende des ergänzenden Verfahrens erlässt die Genehmigungsbehörde einen gesonderten Bescheid, der mit dem ursprünglichen Genehmigungsbescheid eine Einheit bildet (vgl. Seibert, Die Fehlerbehebung durch ergänzendes Verfahren nach dem UmwRG, NVwZ 2018, 97, 101 m.w.N.). Demnach kann der Beklagte hier im ergänzenden Verfahren sowohl die Modalitäten der Vermeidungsmaßnahmen zugunsten der Fledermäuse so ändern, dass kein signifikantes Tötungsrisiko mehr besteht, als auch die Klägerin erneut um Erteilung ihres Einvernehmens bitten und dieses im Falle einer rechtswidrigen Verweigerung ersetzen. Damit wäre die formelle und materielle Rechtswidrigkeit der Genehmigung behoben, die sich im Übrigen als rechtmäßig erweist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der 15.03.2017, an dem der Widerspruchsbescheid erging. Bei der Drittanfechtung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 24.09.2021 – 12 ME 45/21 –, juris Rn. 154). Dies gilt auch in der vorliegenden Konstellation der Anfechtung der Genehmigung durch die Gemeinde. So ist für den Fall der Anfechtung einer Baugenehmigung anerkannt, dass die Gemeinde Einwände, die zwischen Einvernehmenserteilung bzw. -fiktion und Genehmigungserteilung entstanden sind und die deshalb bei Erteilung oder Fiktion des Einvernehmens noch keine rechtliche Bedeutung für die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens haben konnten, im Anfechtungsprozess geltend machen kann (BVerwG, Urt. v. 27.08.2020 - 4 C 1/19 -, juris Rn. 26). Gleiches muss für die Anfechtung einer Baugenehmigung gelten, die von der Konzentrationswirkung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung umfasst wird. Allerdings ist in diesem Fall - anders als bei der Anfechtung einer Baugenehmigung - nicht auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Europäisches Recht bzw. dessen effektive Durchsetzung gebietet es nicht, auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen. Denn anders als in dem von der Klägerin herangezogenen Ausweisungsrecht ist es im Immissionsschutz- und Naturschutzrecht möglich, nachträglichen Veränderungen der Sach- und Rechtslage durch entsprechende nachträgliche Anordnungen Rechnung zu tragen.
Die Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Diese Voraussetzungen waren hier gegeben, insbesondere wurden keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt, auf die die Klägerin sich berufen kann. Nach § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben Belange des Naturschutzes oder des Denkmalschutzes beeinträchtigt. Beides ist hier nicht der Fall. Das Vorhaben verstößt weder gegen die habitatschutzrechtlichen Vorgaben aus § 34 Abs. 1 BNatSchG (nachfolgend unter a)) noch verletzt es - außer für die besagten Fledermausarten - die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1 BNatschG (nachfolgend unter b)) oder den bundesrechtlichen Denkmalschutz aus § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB (nachfolgend unter c)).
a) Der Beklagte musste in Bezug auf das Europäische Vogelschutzgebiet „V.“ keine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchführen.
Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Rahmen einer Vorprüfung festzustellen. Der § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG verlangt keine formalisierte Durchführung der Vorprüfung, sondern regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Verträglichkeitsprüfung geboten ist. Fehlen diese Voraussetzungen, weil eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets ohne vertiefte Prüfung ausgeschlossen werden kann, so ist der Verzicht auf eine Verträglichkeitsprüfung nicht rechtsfehlerhaft. Eine Gefahr, welche eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich macht, liegt vor, wenn im Rahmen einer summarischen Abschätzung anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist nur erforderlich, wenn und soweit erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Gebiets nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, was der Fall ist, wenn keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Es muss anhand leicht zu ermittelnder Umstände offensichtlich ausgeschlossen sein, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommt. Die Vorprüfung ist nicht der geeignete Rahmen für die Klärung naturschutzfachlich schwieriger, streitiger oder offener Fragen. Hierfür steht vielmehr die eigentliche FFH-Verträglichkeitsprüfung zur Verfügung (vgl. zum Vorstehenden Nds. OVG, Urt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, juris Rn. 190, 192 m.w.N.).
Mit dem Tatbestandsmerkmal der "erheblichen Beeinträchtigungen" knüpft das deutsche Recht an Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL) an. Danach ist grundsätzlich jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solchem gewertet werden. Ob ein Vorhaben zu derartigen Beeinträchtigungen führen kann, ist vorrangig eine naturschutzfachliche Fragestellung, die anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden muss. Mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets stellt insofern allein der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten ein geeignetes Bewertungskriterium dar. Es ist zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird. In der Ökosystemforschung bezeichnet "Stabilität" die Fähigkeit, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebiets umfassten Tier- oder Pflanzenart geht es um ihr Verbreitungsgebiet und ihre Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden. Stressfaktoren, die von einem Vorhaben ausgehen, dürfen die artspezifische Populationsdynamik keinesfalls so weit stören, dass die Art nicht mehr "ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird". Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt es nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte. Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen". Rein theoretische Besorgnisse begründen von vornherein keine Prüfungspflicht und scheiden ebenso als Grundlage für die Annahme erheblicher Beeinträchtigungen aus, die dem Vorhaben entgegengehalten werden können (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, juris Rn. 40 – 45, 60 m.w.N.).
Erhebliche Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen können sich auch aus sogenannten „Umgebungsvorhaben“ ergeben, d. h. aus solchen Projekten, die nicht innerhalb der Schutzgebiete selbst, sondern in deren Umgebung verwirklicht werden sollen. Dies darf aber nicht zu einem überzogenen Gebietsschutz vor Projekten führen, die ausschließlich mittelbare Auswirkungen auf den Bestand bzw. die Erhaltung der in Schutzgebieten geschützten Arten haben könnten. Der Funktionsverlust eines Schutzgebiets kann zu besorgen sein, wenn Windenergieanlagen die Gefahren mit sich bringen, dass eine Verriegelung des Schutzgebiets oder eine derartige Barrierewirkung hervorgerufen wird, dass es Flugtieren als Folge der Ausdehnung der Barriere nicht nur erschwert, sondern unmöglich gemacht wird, zwischen solchen Nahrungs- und Rast- oder Brutplätzen zu wechseln, die sich jeweils in einem Schutzgebiet befinden. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungsziels des Erhalts einer Populationen kann auch dadurch eintreten, dass eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Individuen bei der Nahrungssuche oder bei „Transferflügen“ an der geplanten Windenergieanlage zu Schaden kommt. Besteht die zu erhaltende Population in den Schutzgebieten nicht nur aus ganz wenigen Exemplaren, ergibt sich aus dem Umgebungsschutz nicht, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele schon dann nicht mehr offensichtlich ausgeschlossen werden kann, wenn die Möglichkeit besteht, dass vereinzelt ein Individuum der geschützten Population als Folge der Verwirklichung des Projektes zu Schaden kommen könnte (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, juris Rn. 193 m.w.N.).
Nach diesen Maßgaben ist der Beklagte zurecht anhand der vorgelegten FFH-Vorprüfung und der weiteren Unterlagen davon ausgegangen, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes „V.“ offensichtlich auszuschließen waren. In der FFH-Vorprüfung wurde als Erhaltungsziel der im Gebietsdatenbogen genannte Uhu angenommen. In dem Gebietsvorschlag des Niedersächsischen Umweltministeriums ist als Erhaltungsziel der Erhalt der Brutbestände des wertbestimmenden Uhus benannt. In der FFH-Vorprüfung wird ausgeführt (S. 17 f.):
„Beeinträchtigungen der Habitate des Uhus durch eine direkte Flächeninanspruchnahme, qualitative Verschlechterungen und Einschränkungen der Habitatfunktion sind durch das Vorhaben nicht gegeben.
Im Weiteren ist zu prüfen, inwieweit bedeutsame Strukturelemente außerhalb des Schutzgebietes als funktional relevante Flächen beeinträchtigt werden können. Der Uhu zählt mit Reviergrößen von bis zu 40 km² zu den Vogelarten mit großem Raumanspruch. Die Uhu-Aktionsräume sind über das ganze Jahr mit Tagesruheplätzen bis zu einigen Kilometern vom Horst entfernt verteilt. Uhus zeigen in der Regel extreme Brutplatztreue, auch bei einer Verschlechterung der Habitatqualität.
Zur Nahrungssuche entfernen sich Uhus regelmäßig bis zu 6 km und mehr von ihrem Nest. Ergänzend zur empfohlenen Abstandsregelung der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogeschutzwarten (LAG-VSW) von 1.000 m zwischen Brutplatz und Windenergieanlagen werden 6.000 m als Untersuchungsraum für Nahrungshabitate angegeben.
Der Uhu ist als kollisionsgefährdete Art bekannt. Kollisionsrelevant sind vor allem die vom Brutplatz wegführenden Distanzflüge, die in größerer Höhe erfolgen (80 – 100 m).
(…) Lärmbedingte Störungen der Kommunikation des Uhus, die zu einer Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Flächen mit Habitateignung im Schutzgebiet führen, sind aufgrund der Entfernung von 2,5 km nicht zu erwarten.
Der Uhu ist regelmäßiger Brutvogel in den Steinbrüchen am AW. und an der AX. nördlich des untersuchten Gebietes. Eine Datenabfrage beim NLWKN (Stand 7/2012) ergab hinsichtlich dieser Art zwei Brutnachweise aus dem Jahr 2006. (…)
Das unterschiedlich strukturierte Umfeld der geplanten Windenergieanlagen kann entsprechend seiner Eignung als potenzieller Lebensraum genutzt werden. Greifvögel wie der Uhu nutzen die Offenlandbereiche zur Jagd.
Im Rahmen der Avifaunistischen Untersuchungen zu den geplanten Windenergieanlagen (N. 2012) wurden im Gebiet selbst keine Uhus beobachtet. Nach Informationen von AY., der sich mit der Art sehr gut auskennt, ist eine Frequentierung des Gebietes durch das Uhubrutpaar im Steinbruch AX. zwar nicht auszuschließen, allerding fliegen die Vögel zur Nahrungssuche hauptsächlich nach Norden in Richtung der AZ..
Es wird davon ausgegangen, dass die Vorhabenfläche kein essenzieller bzw. obligatorischer Bestandteil des Habitatkomplexes ist. Da das Vogelschutzgebiet über qualitativ ausreichende Flächen in großem Umfang verfügt, die sich entlang des AH. in Ost-West-Richtung orientieren, sind mit großer Wahrscheinlichkeit keine zentralen Habitatteile durch das Vorhaben betroffen. Die Zwei Anlagen entfalten keine Verriegelungs- und Barrierefunktion im großräumigen Aktionsraum dieser Art, so dass die Tiere ihre Habitate im Schutzgebiet erreichen können. Insgesamt besteht mit großer Wahrscheinlichkeit kein relevanter Funktionsverlust im Aktionsraum der Art.
Insgesamt lassen sich anhand der vorliegenden Daten keine erheblichen oder bestandsrelevanten Beeinträchtigungen der Art prognostizieren, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes führen können.“
Im ASB heißt es (S. 35 f.):
„Da Uhus bevorzugt offenes Gelände zum Jagen aufsuchen und die Jagdgehbiete bis zu 5 km von den Brutplätzen entfernt liegen können, ist eine gelegentliche Raumnutzung des Plangebietes als Nahrungsgast nicht gänzlich ausgeschlossen. Uhus ernähren sich hauptsächlich von Igeln, Wildkaninchen und Feldhasen. Während Igel und Kaninchen eher in Wald- oder Ortsrandgebieten erbeutet werden, ist der Feldhase eine Art der strukturreichen offenen Landschaft. Ähnliches gilt für Tauben oder Feldvögel wie Rebhühner, die ebenfalls in der offenen Landschaft erbeutet werden. Nach dem Beutespektrum zu urteilen, benötigt der Uhu eine strukturreiche, kleinräumige Offenlandschaft, angereichert mit Saumstrukturen (Waldrändern, Baureihen, Hecken, Gärten, Gewässer), da er in solchen Landschaften ausreichend mit Nahrung versorgt ist (…).
Das Gebiet ist nur wenig als potentielles Nahrungsgebiet der Art geeignet, da es an nahrungsreichen Flächen und Ansitzwarten fehlt. Nach unsystematischen Beobachtungen aus den 1990er Jahren bis 2003 orientieren sich die im o.a. Vogelschutzgebiet brütenden Uhus vor allem nach Norden zur AZ. hin bzw. halten sich in Waldrandnähe auf. Eine Frequentierung des Untersuchungsgebietes durch das Brutpaar im Steinbruch AX. ist zwar nicht auszuschließen, vor allem wenn die Vögel im Winter das Gebiet auf dem Weg zur X. durchqueren, um dort nach Wasservögeln zu jagen (BA. mdl., in N. 2012). (…)
Essenzielle Nahrungshabitate im räumlichen Zusammenhang mit den geplanten beiden WEA im Prüfraum von 3.000 m gem. NLT (2014) können anhand der vorliegenden Daten nicht ausgemacht werden. Das Untersuchungsgebiet wird insgesamt als wenig bedeutsam für die Art bewertet (N. 2012). Erhebliche Störungen, die zu einer Beeinträchtigung des lokalen Erhaltungszustandes der Art führen, werden nicht erwartet.“
Danach konnte ausgeschlossen werden, dass der Erhaltungszustand der Uhupopulation im Vogelschutzgebiet durch die beiden geplanten Windenergieanlagen langfristig eine Qualitätseinbuße erleidet. Zwar ist die Population nicht groß. Auch wenn sie sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt haben mag, wurde im Gebietsvorschlag 2006 für das gesamte Gebiet von nur 8 Brutpaaren ausgegangen. Das Risiko, dass ein Exemplar dieser Population mit einer der beiden Windenergieanlagen kollidiert, ist jedoch so gering, dass es als rein theoretische Besorgnis außer Betracht bleiben kann. Auch wenn es beispielsweise am AB. einige Ansitzwarten gibt, hat der Bereich um die Anlagenstandorte doch eine geringe Attraktivität als Nahrungsgebiet für die Uhus. Angesichts des großen Bewegungsradius von Uhus ist es äußerst unwahrscheinlich, dass einer der Uhus aus dem Vogelschutzgebiet sich dort zu Jagdzwecken oder beim Durchflug zum südlichen Z. aufhält und an den Rotoren zu Schaden kommt.
b) Das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen verstieß - außer für die besagten Fledermausarten - nicht gegen die Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1 BNatSchG.
aa) Die Prognose des Beklagten, das Tötungsrisiko für den Mäusebussard sei unter Beachtung der angeordneten Vermeidungsmaßnahmen nicht signifikant erhöht, ist nicht zu beanstanden.
(1) Allein der Umstand, dass in den Jahren 2010, 2015 und 2016 ein Mäusebussardpaar in einem Horst am AB. ca. 460 m südöstlich der WEA 2 und ca. 820 m südöstlich der WEA 1 gebrütet hat, indizierte entgegen der klägerischen Auffassung keine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos.
Der Klägerin kann zwar darin gefolgt werden, dass der Mäusebussard aufgrund seines artspezifischen Verhaltens einem höheren Kollisionsrisiko unterliegt als viele andere Vogelarten. Dass der Mäusebussard im Artenschutzleitfaden - ebenso wie in fast allen Leitfäden anderer Bundesländer, im aktuell von der Umweltministerkonferenzbeschlossenen Signifikanzrahmen und im Helgoländer Papier (LAG VSW, Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten in der Überarbeitung vom 15.04.2015) - nicht aufgeführt wird, steht dem aus mehreren Gründen nicht entgegen. So ist der Leitfaden weder eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift mit Bindungswirkung auch für die Verwaltungsgerichte noch hat er den Status einer Fachkonvention, die den aktuell besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand widerspiegelt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 24.09.2021 - 12 ME 45/21 –, juris Rn. 103). Darüber hinaus ist bislang auch nicht abschließend geklärt, ob der Leitfaden in dem Sinne zu verstehen ist, dass für alle dort nicht als „windkraftsensibel“ aufgelisteten Vogelarten im Regelfall ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG verneint werden muss (Nds. OVG, ebenda, juris Rn. 107 ff.). Jedenfalls ist festzuhalten, dass der Leitfaden nicht sämtliche Vogelarten auflistet, bei denen ein Kollisionsrisiko besteht, sondern bereits eine Signifikanzbewertung vornimmt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -, juris Rn. 79). Auf Grundlage dieser Bewertung gibt der Leitfaden in Abbildung 3 für bestimmte Arten Radien vor, außerhalb derer gemäß Ziffer 2.2 das Fehlen eines relevanten Tötungsrisikos indiziert sein und innerhalb derer eine Einzelfallprüfung angezeigt sein soll. Ähnlich sind in Tabelle 2 des Helgoländer Papiers empfohlene Mindestabstände zu Brutvorkommen WEA-sensibler Arten dargestellt, die anhand von artspezifischen Telemetriestudien, Kollisionsdaten, Funktionsraumanalysen, langjährigen Beobachtungen und der Einschätzung von Artexperten ermittelt wurden, und außerhalb derer in Genehmigungsverfahren in der Regel artenschutzrechtliche Konflikte vermieden werden. Es gibt also keinen Automatismus, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko immer dann vorliegt, wenn eine aufgrund ihres artspezifisch festgestellten Verhaltens als kollisionsgefährdet einzustufende Art mit erhöhter Häufigkeit im Gefahrenbereich einer Anlage anzutreffen ist und die Wirksamkeit anerkannter Schutzmaßnahmen nicht ausreicht, um das Kollisionsrisiko auf ein Maß zu senken, das mit einem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist. Vielmehr ist immer eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Überdies sieht der Niedersächsische Leitfaden in Ziffer 3 Abs. 2 Satz 2 vor, dass über die genannten Arten hinaus im Einzelfall weitere Arten betroffen und Gegenstand der naturschutzfachlichen und -rechtlichen Prüfung sein können.
Der Beklagte hat eine entsprechende Einzelfallprüfung vorgenommen. Dabei ist er zu Recht davon ausgegangen, dass es keine allgemein anerkannte Fachauffassung dazu gibt, welcher Mindestabstand von Mäusebussardhorsten zu Windenergieanlagen bestehen muss. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat zum Erkenntnisstand hinsichtlich des Mäusebussards ausgeführt (Beschl. v. 24.09.2021 - 12 ME 45/21 -, juris Rn. 113):
„Es ist nicht erkennbar, dass sich bereits eine allseits anerkannte naturschutzfachliche Auffassung gebildet hätte, wonach der Mäusebussard durch WEA nicht schlaggefährdet oder durch WEA nie einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei. Offenbleiben kann, ob – umgekehrt – Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich unter denjenigen Experten, die sich – wie aus Rechtsgründen geboten – insoweit einschränkender, auf den Erhaltungszustand der Art bezogener Erwägungen enthalten, sogar eine allgemeine naturschutzfachliche Meinung gebildet hat, nach der durch den Betrieb einer Windenergieanlage heute üblicher Größe in einer Entfernung von nur 150 m vom Horst eines Mäusebussards entfernt eine Schlaggefährdung entsteht, durch die sich das Risiko des Tieres signifikant erhöht, mit einem Rotorschlag getötet zu werden.“
Offenbar fehlt es bislang an spezifischen Untersuchungen zum Flugverhalten des Mäusebussards an Windenergieanlagen und darauf aufbauenden Abstandsempfehlungen (so Grünkorn u.a., Ermittlung der Kollisionsraten von (Greif-)Vögeln und Schaffung planungsbezogener Grundlagen für die Prognose und Bewertung des Kollisionsrisikos durch Windenergieanlagen (PROGRESS), 2018 (PROGRESS-Studie), S. 132; (Sprötge u. a., Windkraft, Vögel, Artenschutz, Ein Beitrag zu den rechtlichen und fachlichen Anforderungen in der Genehmigugnspraxis, 2018 (Sprötge et al.), S. 188). Auch Sprötge et al. begründen den von ihnen angenommenen Pufferwert von 150 m nicht weiter (Sprötge et al, S. 188). Ein weitgehend anerkannter Wert ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vorhanden. Das NLT-Papier 2014 und die von der Klägerin vorgelegte Veröffentlichung von Schreiber (Abschaltzeiten für Windkraftanlagen zur Vermeidung und Verminderung von Vogelkollisionen, 2016, K 7) sind mit ihrer Empfehlung singulär geblieben. Die von der Klägerin in Bezug genommenen „Fachlichen Empfehlungen für avifaunistische Erfassung und Bewertung bei Windenergieanlagen-Genehmigungsverfahren - Brutvögel“ der LAG VSW (BfN-Skripten 602, 2021), empfehlen keinen „Schutzabstand“ von 1.000 m, sondern geben unter Ziffer 5.2 für den Mäusebussard lediglich einen Radius von 1.500 m für das Untersuchungsgebiet vor und erläutern diesen nicht. Daraus, dass es dort vorher heißt „Das Untersuchungsgebiet für WEA-sensible Brutvögle wird über den artspezifisch empfohlenen Mindestabstand (LAG VSW 2015) zuzüglich 500 m festgelegt“ kann nicht der Schluss gezogen werden, die LAG VSW habe mit der Empfehlung des Untersuchungsgebiets von 1.500 m für den im Helgoländer Papier nicht erwähnten Mäusebussard nunmehr zugleich einen Mindestabstand von 1.000 m für ihn bestimmt. Danach war dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag Nr. 1 der Klägerin darüber, dass sich Mäusebussarde nach dem gesicherten Erkenntnisstand der ornithologischen Fachwissenschaft während der Brutphase einem deutlich wahrnehmbar bzw. spürbar erhöhten Kollisionsrisiko ausgesetzt sehen, wenn im Abstand von weniger als 500 m zu ihrer Niststätte Windenergieanlagen im landwirtschaftlich geprägten Offenland errichtet und betrieben werden, nicht nachzugehen, da diese Behauptung nicht hinreichend substantiiert war. Selbst das NLT-Papier 2014 geht nicht von einem stets deutlich erhöhten Kollisionsrisiko für den Mäusebussard aus, wenn der dort empfohlene Mindestabstand von 500 m um den Horst nicht eingehalten wird. Vielmehr wird dort ausgeführt, dass bei Beachtung der Abstandsempfehlung ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko infolge des Betriebs von Windenergieanlagen weitgehend ausgeschlossen werden könne; umgekehrt könne insbesondere die Nichteinhaltung der empfohlenen Mindestabstände zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos führen (Ziffer 3.2.1, 2. Absatz). Eine Anlehnung an den Ansatz des Helgoländer Papiers, nach dem die Mindestabstände den Bereich erfassen, in dem zur Brutzeit mehr als 50 % der Flugaktivitäten stattfinden, ist in Ermangelung entsprechenden empirischen Materials nicht möglich. Gesichert ist nur, dass die Kollisionswahrscheinlichkeit mit wachsender Distanz zum Horst deutlich abnimmt (so hinsichtlich des Rotmilans: PROGRESS-Studie S. 235; vgl. allgemein: Sprötge et al. S. 148 f.).
Hier hat der Beklagte in den Blick genommen, dass zwischen dem Horst und den geplanten Windenergieanlagen ein relativ großer Abstand besteht, dass der Horst nur in einzelnen Jahren besetzt war, dass die Windenergieanlagen den Horst weder umzingeln noch eine Barriere bilden und dass sie sich nicht auf einem besonderen Nahrungshabitat wie Weidewirtschaft oder Brachen, sondern auf intensiv genutztem Ackerland befinden. Diese Prüfung hält einer Plausibilitätskontrolle stand. Die Erwägung, dass hohe absolute Schlagopferzahlen in Relation zur Populationsgröße zu sehen sind, ist ebenfalls zulässig. Auf den Mäusebussard entfallen zwar sehr viele Schlagopferfunde, der Wert fällt im Verhältnis zum Bestand aber um ein Vielfaches geringer aus als bei anderen Arten (lt. PROGRESS-Studie S. 240: Mäusebussard 1: 432, Rotmilan 1: 179, lt. Sprötke et. al. S. 112: Mäusebussard 1:156, Rotmilan 1:30). Hierbei handelt es sich nicht um einen populationsbezogenen Ansatz, sondern lediglich um eine Erklärung für die hohen Schlagopferzahlen.
(2) Hingegen hat der Beklagte für Phasen landwirtschaftlicher Flächenbearbeitung nachvollziehbar eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos angenommen.
In der nachbrutzeitlichen Beobachtung hatte N. festgestellt (N. 2013 S. 16):
„Der Mäusebussard war hier wie auch allgemein zu beobachten die mit Abstand am häufigsten zu beobachtende Greifvogelart, die bei praktisch allen Begehungen regelmäßig angetroffen wurde. Dabei handelt es sich jeweils um mehrere bis maximal 5 - 7 Vögel. Ein deutlicher Schwerpunkt der Raumnutzung lässt sich in Teilgebiet 5 in der Feldflur nördlich und östlich L. beobachten. U.a. wurde die Gehölzgalerie entlang des BB. regelmäßig als Ansitzwarte genutzt. Die Bussarde suchten vor allem auf abgeernteten Äckern nach Beute. Darüber hinaus liegen Beobachtungen aber aus allen Teilen des untersuchten Gebietes vor.“
Dementsprechend führt der ASB aus (S. 24):
„Im Rahmen der anschließenden Gastvogelkartierungen 2012/2013 wurde eine regelmäßige Nutzung der Feldflur im Bereich der geplanten Anlagen festgestellt. Da der Mäusebussard als Nahrungsgast im Umfeld der genannten Anlagen auftritt, kann ein erhöhtes Kollisionsrisiko somit insgesamt nicht ausgeschlossen werden. Vorsorglich werden daher im Zusammenhang mit dem Vorkommen der weiteren Greifvogelarten Turmfalke und Rotmilan Vermeidungsmaßnahmen festgelegt.“
Als erforderliche konfliktvermeidende Maßnahmen wurde eine unattraktive Mastfußgestaltung und bewirtschaftungsabhängige Abschaltzeiten vorgesehen (S. 30 f.).
Der Klägerin ist zwar zuzustimmen, dass N. nicht dokumentiert hat, ob und wo an den Beobachtungstagen landwirtschaftliche Aktivitäten stattfanden. Allerdings hat sie mit der Formulierung, dass die Bussarde vor allem auf abgeernteten Äckern nach Beute suchten, einen Bezug zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung hergestellt. Überdies ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Untersuchung von Blew u.a. (Wirksamkeit von Maßnahmen gegen Vogelkollisionen an Windenergieanlagen, BfN-Skripten 518, 2018, K 25, S 45), dass durch zahlreiche Studien belegt ist, dass Greifvögel Flächen überdurchschnittlich stark zur Nahrungssuche aufsuchen, wenn diese frisch geerntet oder anderweitig bearbeitet sind (z.B. Pflügen oder Grubbern), da hierbei Beutetiere aufgescheucht und für die Vögel zudem leicht sichtbar bzw. erreichbar werden.
(3) Die angeordneten Vermeidungsmaßnahmen sind geeignet, das Kollisionsrisiko unter die Signifikanzschwelle zu senken.
(a) Gegen die angeordnete Gestaltung des Mastfußbereichs (Ziffer 6.2.1) bestehen keine Bedenken. Die Nebenbestimmung lautet:
„Die Flächen am Mastfuß und die Kranstellflächen sind unattraktiv zu gestalten und zu bewirtschaften durch:
a) der Mastfuß und die Kranstellflächen müssen so klein wie nur möglich sein,
b) Verzicht auf für Greifvögel attraktive Strukturen wie z.B. Teiche, Baumreihen, Gehölze und Verzicht auf lückige, vegetationsarme und kurzrasige Bestände; stattdessen Förderung von hochrasigen Brachen mit Krautbeständen ohne Gehölzbewuchs,
c) kein Flächenumbruch,
d) Mahd der Flächen zwecks Unterdrückung des Gehölzbestandes alle 3 Jahre im Winter,
e) evtl. landwirtschaftliche Bewirtschaftung mit Mais, Raps oder Wintergetreide bis an den Mastfuß heran.“
Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, weshalb er den angeordneten Bewuchs gewählt hat. Dass er unter Buchstabe e) die landwirtschaftliche Bewirtschaftung bis an den Mastfuß heran nur „evtl.“ gefordert hat, ist nicht zu beanstanden. Damit hat er lediglich eine weitere geeignete Gestaltungsmöglichkeit aufgezeigt. Diese ist neben den unbedingt angeordneten Modalitäten nicht erforderlich, um der Maßnahme Wirksamkeit zu verleihen. In der von der Klägerin vorgelegten Studie von Blew u.a. (Wirksamkeit von Maßnahmen gegen Vogelkollisionen an Windenergieanlagen, BfN-Skripten 518, 2018, K 5) wird ausgeführt (S. 32):
„Mittlerweile hat sich die Bauweise der Mastfüße geändert: Aktuell errichtete WEA haben i.d.R. keinen bewachsenen Erdhügel als Mastfuß mehr, sondern werden als Betonfläche gestaltet, welch für Vögel unattraktiv ist. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen reichen bis zum Betonsockel, ungenutztes Brachland entsteht nur noch in vergleichsweise geringem Umfang auf den mit Mutterboden überdeckten Teil des Betonsockels. Somit ist anzunehmen, dass neue WEA ebenfalls in dieser Art und Weise errichtet werden. Die Maßnahme enthält entsprechend die Empfehlung „B“ (kann eingesetzt werden).“
Daraus lässt sich nicht ableiten, dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung bis an den Mastfuß heranreichen müsse. Vielmehr ist auch hier von einer kleinen Brachfläche auf dem Betonsockel auszugehen. Entgegen der klägerischen Behauptung wird die Wirksamkeit der Maßnahme auch nicht als gering eingestuft. Vielmehr geht aus der Studie hervor, dass die Annahme, dass Mastfußbereiche eine Attraktionswirkung entfalten, zwar weitverbreitet, aber nicht durch entsprechende Studien belegt sei. Deshalb erhalte die Hypothese die Evidenzbewertung „E-“ (Expertenmeinung, gering). Damit lässt sich zwar die Erforderlichkeit der Maßnahme, nicht aber ihre Wirksamkeit in Frage stellen.
Schließlich besteht auch kein unauflöslicher Widerspruch zwischen der Vorgabe in Buchstabe c), keinen Flächenumbruch vorzunehmen, und der in Buchstabe e) ermöglichten landwirtschaftlichen Bewirtschaftung bis an den Mastfuß heran. Bei verständiger Würdigung ergibt sich, dass damit ein Umbruch unabhängig von derartiger landwirtschaftlicher Bewirtschaftung gemeint ist und diese Anordnung sich – wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch klargestellt hat – auf die Kranstellflächen bezieht.
(b) Die Einwände gegen die angeordneten bewirtschaftungsabhängigen Abschaltzeiten greifen ebenfalls nicht durch.
Unter Ziffer 6.2.2 sieht die Genehmigung vor:
„Die Anlagen sind dann abzuschalten, wenn in einem Radius von 100 m um den Mastfuß (Hinweis: die vom Radius angeschnittene Bewirtschaftungsfläche ist vollständig zu berücksichtigen) auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen oder in anderen, als Nahrungshabitate des Rotmilans geeigneten Lebensräumen Maßnahmen zur Bodenbearbeitung, Ernte oder Mahd erfolgen oder Festmist ausgebracht wird. Dies gilt insbesondere für folgende Arbeiten: Mähen, Mulchen, Ernte, Pflügen, Grubbern, Eggen. Die WEA sind drei Tage ab Beginn der Arbeiten während der Tagzeit von Sonnaufgang bis Sonnenuntergang abzuschalten.“
Diese Anordnung ist hinreichend bestimmt. Zwar mögen sich die betroffenen Flächen bei variierendem Zuschnitt der Bewirtschaftungsflächen von Jahr zu Jahr ändern. Gleichwohl ist jeweils eindeutig erkennbar, welche Arbeiten auf welchen Flächen die Abschaltung der jeweiligen Anlage auslösen sollen.
Der Beklagte hat den Abstand für die Abschaltungen bei bestimmten Arbeiten auch ermessensfehlerfrei auf den im WEE 2016 vorgesehenen Mindestabstand von 100 m um den Mastfuß festgelegt. Die klägerischen Einwände und Gutachten können die Vertretbarkeit der von der Behörde verwendeten Methode nicht widerlegen. Sie folgen lediglich ihrerseits einer vertretbaren Methode. Der in einem solchen Fall allein möglichen – dem Gericht obliegenden – Plausibilitätskontrolle hält die von dem Beklagten angewandte Methode stand. Zwar ist es zutreffend, dass es fachliche Empfehlungen gibt, die Abschaltungen bereits bei Arbeiten in größerer Distanz von den Anlagen vorsehen. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass ein Abstand von 100 m nach allgemein anerkannter fachwissenschaftlicher Meinung unvertretbar ist. Die von ihr vorgelegten Leitfäden und Veröffentlichungen sehen zwar für entsprechende Maßnahmen größere Abstände vor. Sie beziehen jedoch keine Position zur (fehlenden) Wirksamkeit bei geringeren Abständen. Zur Begründung wird beispielsweise im Beschluss der LAG VSW vom 01.01.2017 nur angegeben, dass aufgrund des artspezifischen Flugverhaltens von Greifvögeln und Störchen bis zu einem Radius von 300 m eine Kollision mit dem Windrad „möglich erscheint“. Zudem werden in den meisten vorgelegten Leitfäden und Veröffentlichungen neben einem Abstand von 200 oder 300 m weniger Arbeiten benannt, die die Abschaltung auslösen, als der Beklagte angeordnet hat. So sehen der Methodenvorschlage des Bundes zur Prüfung und Bewertung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos von Vögeln an WEA, der Avifaunistische Fachbeitrag zur Genehmigung von WEA in Thüringen und das Artenhilfsprogramm Rotmilan des Landes Sachsen-Anhalt eine Abschaltung lediglich bei Mahd und Ernte, teilweise sogar nur auf größeren Feldblöcken, vor. So weitgehend wie der Beklagte ist hinsichtlich der auslösenden Arbeiten nur die Empfehlung der Artenschutzrechtlichen Arbeits- und Beurteilungshilfe für die Errichtung und den Betrieb von WEA des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern. Auch hinsichtlich der Länge der Abschaltungen verlangen die vorgelegten Leitfäden und Veröffentlichungen teilweise nur zwei Tage und bleiben damit hinter der Anordnung des Beklagten zurück. Schließlich sehen sie sämtlich die Abschaltungen nur während bestimmter Perioden im Jahr und nicht - wie hier von dem Beklagten verfügt - ganzjährig vor. So hält auch die von der Klägerin eingeführte Studie von Blew u.a. fest, dass hinsichtlich der Ausgestaltung des Maßnahmenkonzeptes im Detail (in Verbindung mit welcher landwirtschaftlicher Bewirtschaftung, der zu betrachtende Umkreis um eine WEA und die Zeitdauer der Abschaltung) noch weiterer Untersuchungsbedarf bestehe, wie auch die unterschiedlichen Empfehlungen zeigen würden (Blew u.a., Wirksamkeit von Maßnahmen gegen Vogelkollisionen an Windenergieanlagen, BfN-Skripten 518, 2018, S. 46). Vor diesem Hintergrund war auch der von der Klägerin gestellte Beweisantrag Nr. 2 darüber, dass die temporäre Tagabschaltung einer Windenergieanlage bei der Flächenbewirtschaftung (Bodenbearbeitung, Mahd, Ernte, Ausbringung von Festmist) von der ornithologischen Fachwissenschaft erst dann als wirksame Vermeidungsmaßnahme anerkannt wird, wenn die Abschaltung bei Bewirtschaftungsereignissen auf Flächen im Umkreis von mindestens 200 m um den Mastfuß der Anlage zum Tragen kommt, als nicht hinreichend substantiiert abzulehnen. Das klägerische Argument, auch die vom Beklagten in Bezug genommene Studie von Sprötge et al. nähme einen Gefahrenbereich von 150 m ab Rotorspitze an, geht an der Sache vorbei. Denn diese Annahme wurde für den Fall von Horststandorten im unmittelbaren Nahbereich einer Windenergieanlage getroffen (vgl. Sprötge et al. S. 189). Wie die Klägerseite selbst in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, weicht das Flugverhalten während der Brutzeit rund um den Horst deutlich von Flügen ab, die lediglich zur Nahrungssuche unternommen werden. Abschließend ist anzumerken, dass auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht eine Nebenbestimmung zur Genehmigung mehrerer Windenergieanlagen, in der Abschaltungen bei Bewirtschaftungen im Umkreis von 100 m um den Mastfuß angeordnet wurden, insoweit nicht beanstandet hat (vgl. Beschl. v. 12.12.2018 - 4 LA 389/17 -, juris Rn. Ls. 1 u. Rn. 15).
Die Wirksamkeit der Maßnahme ist in Ziffer IV.6.2.3 dadurch abgesichert, dass vor der Inbetriebnahme neben einem Konzept für ein Melde- und Reaktionssystem die schriftliche Zustimmung/Erklärung aller von der Maßnahme betroffenen Grundstückseigentümer bzw. Flächenbewirtschafter vorzulegen ist, die die Durchführung der Maßnahme während der gesamten Laufzeit der Windenergieanlagen gewährleistet. Einer aufschiebenden Bedingung bedarf es dafür nicht, sondern der Beklagte hat den Vollzug zu kontrollieren und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zu treffen, um ihn durchzusetzen.
bb) Für den Turmfalken gelten ähnliche Erwägungen wie für den Mäusebussard. Im Jahr 2012 war in L. eine Brut nachgewiesen worden. Diese befand sich in einer Entfernung von ca. 550 m zu einer Windenergieanlage im Südosten der WEA 2, deren Planung später aus Gründen des Vogel- und Fledermausschutzes nicht weiterverfolgt wurde. Die Entfernung zur WEA 2 betrug ca. 680 m und zur WEA 1 ca. 830 m.
Auch für den Turmfalken ist lediglich im NLT-Papier 2014 und bei Schreiber (2016) ein Schutzabstand von 500 m vorgesehen, die Fachlichen Empfehlungen der LAG VSW (2021) erwähnen ihn nicht. In seiner Einzelfallprüfung hat der Beklagte zutreffend festgestellt, dass der Horst selbst nach den Maßgaben des NLT-Papiers außerhalb des Gefahrenbereichs lag, dass die Windenergieanlagen den Horst nicht umzingeln, sondern einzeln in nördlicher Richtung stehen, und dass sie sich nicht in einem vom Turmfalken bevorzugten Nahrungshabitat wie Weideland, Grünland, Brachen oder ähnlichem befinden, sondern auf intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die relative Zahl der Schlagopferfunde ist noch geringer als beim Mäusebussard (lt. PROGRESS-Studie S. 240: Turmfalke 1: 432, Rotmilan 1: 179, lt. Sprötke et. al. S. 112: Turmfalke 1:370, Rotmilan 1:30).
Die Bewertung des Beklagten steht nicht im Widerspruch zu den Ausführungen von N.. N. hatte in der Brutvogeluntersuchung angenommen, eine Kollision der dort brütenden Altvögel bzw. auch von Jungvögeln mit den Windenergieanlagen könne „nicht ausgeschlossen“ werden (N. 2012, S. 14). In der Zusammenfassung hält N. fest (S. 18):
„Werden die Risiken der Windenergieplanung artspezifisch ausgewertet, besteht aktuell für den in L. brütenden Turmfalken ein erhöhtes Risiko der Kollision mit den geplanten WEA. Für andere Großvogelarten, u.a. Mäusebussard, Rotmilan und Uhu, ist zwar die Möglichkeit einer Kollision mit WEA nicht völlig auszuschließen, da die Arten im untersuchten Raum (Mäusebussard) bzw. im weiteren Umfeld (Rotmilan, Uhu) brüten oder den Raum als Durchzügler nutzen. Allerdings ist das Risiko einer Kollision gegenüber anderen Bereichen der Feldflur im regionalen Umfeld nicht als signifikant erhöht einzuschätzen. Die artspezifischen Abstandsempfehlungen für empfindliche Arten gemäß NLT (2011) werden eingehalten.“
Hier bleibt sprachlich unklar, ob der vorletzte Satz sich auch auf den Baumfalken beziehen soll. Selbst wenn dies nicht so sein sollte und man trotz der Diskrepanz zur Beschreibung auf S. 14 und trotz des fehlenden Adverbs „signifikant“ von der Annahme einer signifikant erhöhten Kollisionsgefahr für den Baumfalken ausgehen wollte, wäre diese Bewertung für den Beklagten doch nicht ohne Weiteres zu übernehmen gewesen. Denn sie erfolgte noch unter Berücksichtigung der später entfallenen, 130 m bzw. 280 m näher am Horst in L. stehenden Anlage.
In der Gastvogeluntersuchung beschrieb N. (2013, S. 16):
„Diese Art brütet in der Ortschaft L. und unternahm bereits im Frühjahr und Sommer Nahrungsflüge vor allem in der Feldflur nördlich und nordöstlich L., d.h. in Teilgebiet 5. Das gleiche Bild ergab sich auch im Herbst und Winter. Verstärkt wurde aber auch im Bereich südlich BC. sowie nördlich BD. gejagt.“
Zwar befinden sich die beiden Windenergieanlagen nördlich und nordöstlich von L. im Teilgebiet 5. Das Teilgebiet 5 erstreckt sich aber von der B T. im Norden bis nach L. im Süden und die Anlagenstandorte liegen ungefähr in der Mitte (N. 2013, S. 5). Hätten die Turmfalken schwerpunktmäßig im Bereich der Vorhabenstandorte gejagt, hätte N. dies wohl anders beschrieben. Jedenfalls hat der Beklagte aber mit den vorsorglich angeordneten bewirtschaftungsabhängigen Abschaltzeiten ein etwaiges erhöhtes Kollisionsrisiko reduziert.
cc) Auch in Bezug auf den Rotmilan begegnet die Prognose des Beklagten, das Tötungsrisiko sei unter Beachtung der angeordneten Vermeidungsmaßnahmen nicht signifikant erhöht, keinen Bedenken.
Unstreitig gab es in den drei Jahren vor der Ersetzungsentscheidung keine Rotmilanbrut im Umkreis von 1.500 m um die geplanten Anlagen. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die mögliche Brut im Jahr 2013 entsprechend den Vorgaben des WEE 2016 nicht mehr berücksichtigt hat. Gemäß Ziffer 5.3 Abs. 2 Satz 3 des Artenschutzleitfadens verlieren Wechselhorste von Greifvogelarten nach drei Jahren der Nichtnutzung ihre Funktion als Niststätten. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Annahme fachwissenschaftlich unvertretbar wäre. Auch die Klägerin stellt lediglich infrage, ob sie den fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand zutreffend abbilde, nennt aber keine entgegenstehenden Quellen. Der von ihr angeführte Umstand, dass Rotmilane bis zu fünf Horste abwechselnd nutzen, steht einer entsprechenden Signifikanzbewertung nicht entgegen. Denn es ist nicht anzunehmen, dass die Rotmilane die Horste immer abwechselnd in einer bestimmten Reihenfolge belegen, so dass jeder Horst alle fünf Jahre zur Brut dienen würde. Die von der Klägerin angeführte Rotmilanbrut am Deckberger Bach im Jahr 2019 ist nicht von Bedeutung, weil es, wie ausgeführt, auf die Sachlage zum Zeitpunkt des Ersetzungsbescheides ankommt.
Der Klägerin ist auch nicht darin zu folgen, dass der Beklagte sich keine ausreichenden Informationen zur Raumnutzung beschafft habe. Nach den Vorgaben des WEE 2016 zur Datenaktualität in Ziffer 5.3 Abs. 1 des Artenschutzleitfadens sind weitere Datenerhebungen nicht notwendig, wenn zu einem Vorhabengebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse vorliegen. Diese Untersuchungsergebnisse sollten optimalerweise nicht älter als fünf Jahre sein. Da die Brutvogeluntersuchung von N. im Jahr 2012 stattfand, durfte der Beklagte sie zugrunde legen. Worauf die Klägerin ihren Vorwurf stützt, es sei damals nicht einmal ein Mindestmaß an Raumnutzungskartierung durchgeführt worden, ist nicht ersichtlich. N. hat neben der Revierkartierung auch Flugbewegungen beobachtet und dokumentiert und Bezüge zu bekannten Vorkommen außerhalb des Untersuchungsgebiets und den vorgefundenen landschaftlichen Gegebenheiten hergestellt (in Bezug auf den Rotmilan auf S. 10 und 15). Eine vertiefte Raumnutzungsanalyse war nicht durchzuführen. Gemäß Ziffer 5.1.3.1 Abs. 3 des Artenschutzeitfadens sind bei der Brutvogelerfassung für kollisionsgefährdete oder störempfindliche Greif- und Großvogelarten artspezifisch und problembezogen vertiefte Raumnutzungsanalysen durchzuführen, wenn entweder deren Brutplatz im Standarduntersuchungsgebiet bzw. im Radius 1 (zu vertiefender Prüfbereich um den Brutplatz, siehe Nummer 3 - Abbildung 3 -) liegt und die Standardraumnutzungskartierung ergeben hat, dass regelmäßig genutzte Nahrungshabitate oder Flugrouten der Art vom Vorhaben betroffen sein können (Nr. 1), oder konkrete Hinweise vorliegen, dass regelmäßig genutzte Flugkorridore oder regelmäßig genutzte Nahrungshabitate des Radius 2 (erweiterter Prüfbereich, siehe Nummer 3 - Abbildung 3 -) von der Vorhabenfläche betroffen sein können (Nr. 2). Beides war hier offenkundig nicht der Fall. Innerhalb des Radius 1 (1.500 m für den Rotmilan) gab es keine Brut. Da während der sieben Kartiertage von Mitte April bis Ende Juli 2012 insgesamt nur zweimal ein Rotmilan beobachtet wurde, konnte auch ausgeschlossen werden, dass die Vorhabenstandorte sich innerhalb regelmäßig genutzter Nahrungshabitate oder Flugrouten befinden. Erst für die nachbrutzeitliche Zeit wurde durch die Gastvogeluntersuchung eine vermehrte Nutzung des Untersuchungsgebietes durch Rotmilane festgestellt. Ob die Gastvogelerfassung methodisch einwandfrei erfolgte, kann dahinstehen, weil die Vorgaben des Artenschutzleitfadens in Ziffer 5.1.3.2 auf die Erfassung rastender und überwinternder Gastvögel gerichtet sind. Für die Erfassung nachbrutzeitlicher Aktivitäten von Brutvögeln schreibt der Artenschutzleitfaden kein bestimmtes Vorgehen vor.
Folgende Beobachtungen wurden in der Gastvogeluntersuchung festgehalten (N. 2013, S. 15):
„Der Rotmilan wurde im Sommer während der Brutvogeluntersuchung zweimal als Gastvogel nachgewiesen (10.06., 29.07.2012). Der vermutete Brutplatz liegt östlich außerhalb des Untersuchungsgebietes (…).
Demgegenüber ergab sich im Spätsommer und Frühherbst eine höhere Aktivität im Gebiet (siehe Karte 1). Bei allen vier Begehungen vom 21.08. bis zum 16.10. wurden einzelne oder mehrere Rotmilane im Gebiet beobachtet. Maximal wurden drei Vögel gleichzeitig beobachtet (13.09.2012); diese Tiere überflogen das Gebiet und nutzen auch Ansitzwaren in Gehölzen am AB.. Der Schwerpunkt der Aktivität lag dabei in Teilgebiet 5, d.h. im näheren Umfeld der geplanten WEA. Am 01.10.2012 jagten vier Rotmilane gleichzeitig ca. 300 m östlich des Untersuchungsgebietes über abgeernteten Ackerflächen. Auch am 16.10. wurden noch einmal zwei Rotmilane beobachtet, die möglicherweise in Gehölzen am AB. übernachtet hatten und morgens bei Annäherung abstrichen. An demselben Datum wurde auch ein jagender Altvogel im Bereich der Kiesteiche südlich der X. beobachtet. Insgesamt lässt sich im Spätsommer und Herbst ein Schwerpunkt der Nutzung in der südlichen und südöstlichen Hälfte des Untersuchungsgebietes erkennen, insbesondere längs des BB. östlich L. (Karte 1).
Bei den Begehungen im Winter und Frühjahr ergaben sich nur wenige Beobachtungen des Rotmilans. Am 08.02.2013 wurde ein Rotmilan auf einer Ackerfläche am westlichen Rand von Teilgebiet 4 beobachtet. Am 14.03.2013 kreiste ein Vogel nahe der X. am südlichen Rand von Teilgebiet 9. Ein Überflug wurde am 02.04.2013 beobachtet; der Rotmilan überquerte den nördlichen Randbereich von Teilgebiet 4 und strich dann über die Teilgebiete 2 und 3 aus dem Untersuchungsgebiet ab.“
In der Beurteilung heißt es:
„Der Rotmilan war während des Spätsommers sowie im Herbst zur Zugzeit erheblich häufiger im Gebiet zu beobachten als während der Brutzeit, weshalb er an dieser Stelle erneut zu behandeln ist. Die Art nutzte vor allem den südlichen und südöstlichen Bereich des Gebietes. Mehrere Beobachtungen stammen aus den Gehölzen entlang des BB. in den Teilgebieten 5 und 9. Diese Gehölze kommen auch als potenzielle Brutplätze infrage, auch wenn aktuell keine Brut im Gebiet festgestellt wurde. (…) Ein erhöhtes Risiko des Vogelschlags besteht am WEA-Standort 1, da im Umfeld dieses Standorts gehäufte Beobachtungen auftraten.“
Die Planung der dritten Windenergieanlage am genannten Standort 1 wurde nachfolgend wie erwähnt aus Artenschutzgründen aufgeben. Für die beiden verbliebenen Anlagen hat der Beklagte aufgrund der nachbrutzeitlichen Beobachtungen vorsorglich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan angenommen und deshalb die bereits erörterten ganzjährigen bewirtschaftungsabhängigen Abschaltzeiten angeordnet.
dd) Für den Baumfalken lagen keine Anhaltspunkte für ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko vor. Während der Brutvogelerfassung wurde er lediglich einmal ca. 750 m nordwestlich von WEA 1 und über 1.000 m von WEA 2 entfernt beobachtet und während der Gastvogelerfassung gar nicht gesichtet. Damit hat er - unabhängig davon, wie die einmalige Beobachtung zu klassifizieren war - nicht im Radius 1 (500 m für den Baumfalken) gebrütet und es bestanden auch keine Hinweise darauf, dass die Vorhabenstandorte sich in einem wichtigen Nahrungsgebiet oder Flugkorridor befanden.
ee) Schließlich war auch für die Feldlerche keines der Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1 BNatSchG verwirklicht.
(1) Ein signifikant erhöhtes Risiko, dass das Tötungs- und Verletzungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzen würde, bestand nicht. Bei der Brutvogelerfassung wurden im Bereich der Ackerflächen im Umkreis von 500 m um die seinerzeit noch geplanten drei Windenergieanlagen 14 Feldlerchenreviere mit einem Schwerpunkt im Nordwesten und einer Siedlungsdichte von ca. 1 Brutpaar/10 ha festgestellt (N. 2012 S. 8). Die höheren Angaben der Klägerin zur Siedlungsdichte beziehen sich nicht auf das Untersuchungsgebiet, sondern entstammen einer Studie, die N. im Rahmen der Beurteilung zitiert hatte (N. 2012, S. 17). In die Karte wurden jeweils „Reviermittelpunkte“ auf der Grundlage eines „Brutverdachts“ eingetragen (Karte Nr. 1). Im Umfeld der WEA 1 ist ein Reviermittelpunkt südwestlich im Abstand von ca. 80 m vom Mast eingezeichnet, drei weitere befinden sich nordwestlich, nordöstlich und südwestlich jeweils im Abstand von unter 200 m. Rund um die WEA 2 liegt kein Reviermittelpunkt innerhalb von 200 m. Die darauf aufbauende Einzelfallprüfung des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Zwar hat er sich auf Veröffentlichungen wie die PROGRESS-Studie bezogen, die wohl einen unzulässigen populationsbezogenen Ansatz verfolgen. Daneben hat er jedoch zugestanden, dass aufgrund des Singflug- und Meideverhaltens im nahen Umfeld des jeweiligen Nestes ein hohes Kollisionsrisiko für männliche Feldlerchen bestehe, und erklärt, dass die Brutdichte aufgrund der fehlenden Brutplatztreue der Feldlerche auch für die Gefährdungsbeurteilung der Individuen von Bedeutung sei. Da bei höherer Siedlungsdichte weniger Raum für Bruten zur Verfügung stehe, sei die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb des Gefahrenbereichs gebrütet werde, höher. Diese Betrachtung deckt sich mit den Angaben im Methodenhandbuch von Südbeck, das auch in Ziffer 5.1.3.1 des Artenschutzleitfadens in Bezug genommen wird. Dort heißt es im Abschnitt zur Feldlerche: „Die Reviergrenzen sind im Grünland während der Brutzeit vergleichsweise konstant, hingegen kann es in Ackergebieten (auch in intensiv genutzten Grünlandgebieten) durch landwirtschaftliche Nutzungen zu nicht unerheblichen Revierverschiebungen kommen. Revierverschiebungen treten auch zwischen der 1. und 2. Brut auf.“ (Südbeck u.a., Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands, 2005, S. 469). Die Reviergrößen werden mit im Minimum 0,17 ha und im Extremfall 20 ha angegeben (Fachinformationssystem FFH-VP-Info des Bundesamtes für Naturschutz, Raumbedarf und Aktionsräume von Arten, Stand 02.02.2016, S. 124 f.). Die Größe schwankt saisonal in Abhängigkeit von der Feldbestellung (ebenda). Zudem sind die Territorien umso größer, je geringer die Siedlungsdichte ist (Schöbel, Brutrevierdichten der Feldlerche (Alauda arvensis) in Wintergetreidefeldern mit verschiedenen Reihenabständen im Raum Hohenzieritz (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte), September 2016, S. 23). Die übrigen Erwägungen des Beklagten zu den konkreten Gegebenheiten vor Ort sind ebenfalls nachvollziehbar. Auch die Annahme zur Relation von Schlagopfern zum Bestand ist zutreffend, laut PROGRESS-Studie liegt der Wert bei 1:2.345 (S. 240).
Entgegen der klägerischen Auffassung ist das Kollisionsrisiko auch nicht deshalb signifikant hoch, weil innerhalb der Laufzeit der Anlagen von 20 bis 25 Jahren möglicherweise Feldlerchen im unmittelbaren Gefahrenbereich brüten werden und sich für die betroffenen Feldlerchenmännchen dann das Schlagrisiko mit großer Gewissheit realisiert. Denn bei der für die Gefahrbeurteilung gebotenen ex ante-Betrachtung ist nicht bekannt, welches Individuum dieses Schicksal erleiden wird, so dass eine Wahrscheinlichkeit für sämtliche möglichen Betroffenen zu ermitteln ist.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht verfolgt einen noch strengeren Ansatz und hält ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko allenfalls dann für möglich, wenn im Bereich der Windenergieanlage von einer flächendeckenden Verbreitung auszugehen ist (Nds. OVG, Beschl. v. 24.09.2021 – 12 ME 45/21 -, juris Rn. 152, 156 - 161). Danach ist ein signifikantes Tötungsrisiko hier ebenfalls zu verneinen, weil von einem flächendeckenden Besatz nicht die Rede sein kann.
(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Vorhaben gegen das Störungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verstieß. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören. Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Selbst wenn es, wie der Beklagte vorsorglich angenommen hat, langfristig zu einer störungsbedingten Meidung der Flächen im Radius von 100 m um die Windenergieanlagen kommen sollte, war doch nicht zu befürchten, dass sich dadurch der Erhaltungszustand der lokalen Feldlerchenpopulation verschlechtert. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/5100, S. 11) umfasst eine lokale Population diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(raum-)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes soll danach insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Überlebenschancen, der Bruterfolg oder die Reproduktionsfähigkeit vermindert werden, wobei dies artspezifisch für den jeweiligen Einzelfall untersucht und beurteilt werden muss (Nds. OVG, Urt. v. 12.11.2008 - 12 LC 72/07 -, juris Rn. 73). Hier war der Erhaltungszustand der lokalen Population aufgrund der Beobachtung der Feldlerchen in der Brut- und Gastvogelerfassung im ASB mit „gut“ bewertet worden. Beeinträchtigungen waren angesichts der geringen Siedlungsdichte und der ausreichenden Ausweichmöglichkeiten nicht zu erwarten.
(3) Schließlich lag auch kein Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG vor. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verbietet es, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Der Begriff der „Fortpflanzungs- und Ruhestätten“ in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist eng auszulegen. Dies folgt zum einen aus der scharfen systematischen Trennung zwischen der Teilregelung des Beschädigungs- und Zerstörungstatbestands in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, der die eingriffsbetroffene Lebensstätte nennt, und der ergänzenden Regelung in § 44 Abs. 5 BNatSchG, die im Rahmen einer funktionalen Betrachtung den räumlichen Zusammenhang einbezieht. Zum anderen ergibt es sich daraus, dass es § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, und damit dem Wortlaut nach eine enge Auslegung des Begriffs der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nahelegt, die jeden einer solchen Entnahme zugänglichen, als Ort der Fortpflanzung oder Ruhe dienenden Gegenstand - z. B. einzelne Nester oder Höhlenbäume - einschließt. Zum Schutzobjekt gehört daher nicht das gesamte Jagd- oder Nahrungsrevier einer Art (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 27.08.2019 - 7 KS 24/17 -, juris Rn. 381 m.w.N.). Zur Verwirklichung des Verbotstatbestandes ist eine körperliche Einwirkung auf die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten, die deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigt, erforderlich (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 01.12.2015 - 4 LC 156/14 -, juris Rn. 63 f. m.w.N.; später offen gelassen von Nds. OVG, Urt. v. 22.04.2016 – 7 KS 27/15, juris Rn. 374; a.A. B. in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 96. EL September 2021, § 44 BNatSchG Rn. 21).
Zwar wurde hier im LPB von erheblichen Beeinträchtigungen durch den vorhabensbedingten Revierverlust und die Verdrängung der Feldlerchen aus einzelnen Revieren gesprochen und auf den ASB verwiesen (S. 35). Im ASB heißt es (S. 38 f.):
„Durch die Überbauung von landwirtschaftlichen Nutzflächen, Erschließungsmaßnahmen sowie eine Flächenversiegelung kommt es zu einem Verlust an Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Gesamtlebensraum. (…) Eine Schädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Arten wird durch eine Baufeldfreimachung außerhalb der Brut- und Nistzeiten der Vogelarten ausgeschlossen. (…) Die Funktion des Untersuchungsgebietes als Brutrevier für die Art der Agrar- und Kulturlandschaft bleibt insgesamt bestehen, da im Umfeld weitere Brutmöglichkeiten zu finden sind. Eine Lebensraumentwertung und Verdrängung der Feldlerche aus dem direkten Umfeld der WEA kann allerdings nicht vollständig ausgeschlossen werden.“
Diesen Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, dass es durch die Errichtung oder den Betrieb der Windenergieanlagen zu körperlichen Einwirkungen auf Nistplätze der Feldlerche kommt. Dies ist auch schwer vorstellbar. Der Beklagte hat in Ziffer IV.6.2.5 des Genehmigungsbescheides angeordnet, dass die Baufeldfreimachung außerhalb des Zeitraums vom 01.03. bis 30.09. und Baumaßnahmen außerhalb des Zeitraumes vom 01.03. bis 15.07. zu erfolgen haben. Da Feldlerchen nicht nistplatztreu sind und durch die Windenergieanlagen und Zuwegungen allenfalls Teile ihrer Brutreviere überbaut werden, ist nicht erkennbar, welche körperlichen Einwirkung von den Windenergieanlagen auf ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten ausgehen sollen. Auch wenn man der Klägerin darin folgen wollte, dass das Zerstörungsverbot auch nicht substanzverletzende Einwirkungen wie die Verlärmung eines Nistplatzes umfasst, wären solche nicht zu befürchten gewesen. Sollten die Feldlerchen tatsächlich ein Meideverhalten gegenüber den Windenergieanlagen zeigen, würde die Störung sie nicht aus bestehenden Nist- und Ruhestätten vertreiben, sondern sie lediglich daran hindern, im Nahbereich der Windenergieanlagen neue Nester zu bauen und dort zu ruhen.
Demnach kann dahinstehen, ob die angeordnete Anlage eines Blüh- und Brachestreifens eine geeignete Ausgleichsmaßnahme darstellt.
c) Abschließend beeinträchtigt das Vorhaben auch keine Belange des Denkmalschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB.
Diese Belange sind unabhängig vom jeweiligen Landesrecht zu bestimmen und sollen - anders als etwa durch die landesrechtliche Norm des § 8 NDSchG - nur ein Mindestmaß an Schutz gewährleisten. Zwar werden die Belange des Denkmalschutzes in der Regel - positiv wie negativ - durch das Landesdenkmalrecht konkretisiert, die Regelung enthält aber keine Verweisung auf das Landesrecht, sondern eine bundesrechtlich eigenständige Anforderung, die - unbeschadet einer Konkretisierung durch Landesrecht - unmittelbar selbst eingreift, wo grobe Verstöße in Frage stehen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleistet damit ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz. Die Vorschrift hat im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften, die nach § 29 Abs. 2 BauGB unberührt bleiben, eine Auffangfunktion und ist als solche auch kompetenzrechtlich unbedenklich. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Prüfung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Genehmigungsverfahren eine nachvollziehende Abwägung erfordert, bei der die Schutzwürdigkeit des jeweils betroffenen Belangs sowie die Intensität und die Auswirkungen des Eingriffs dem Interesse an der Realisierung des privilegierten Vorhabens gegenüberzustellen sind. Das Gewicht, dass der Gesetzgeber der Privilegierung des Vorhabens im Außenbereich beimisst, ist dabei besonders in Rechnung zu stellen. Auch mit Blick auf das gesteigerte Durchsetzungsvermögen derartiger Vorhaben gewährleistet § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB deshalb (nur) ein Mindestmaß an Schutz vor der Beeinträchtigung der genannten Belange (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.04.2010 - 12 LB 44/09 -, juris Rn. 55 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 26.06.2014 – 4 B 47/13 -, juris Rn. 7).
Die Kammer geht davon aus, dass ein grober Verstoß im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB hier nur gegeben sein kann, wenn eine so erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, dass der Eigentümerin oder dem Eigentümer des Denkmals ein Abwehrrecht dagegen zustünde. Auch wenn sie nicht die Auffassung der Beigeladenen teilt, dass vor dem Hintergrund der Klimakrise zwingend ein Vorrang von Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung vor Belangen des Denkmalschutzes bestehe, handelt es sich bei den beiden Windenergieanlagen doch um Vorhaben, die unbeschadet der Frage alternativer Standorte und einer möglicherweise umweltschädlichen Produktion gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegiert sind und die einen Beitrag zur Umstellung der Stromversorgung auf regenerative Energien leisten. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat bei der Prüfung einer aus denkmalschutzrechtlichen Gründen angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für einen Windpark ebenfalls angenommen, dass die Reichweite des Schutzes, den ein Denkmaleigentümer durch eine landesdenkmalrechtlich zu gewährleistende Mindestanfechtungsmöglichkeit erfährt, mit der Reichweite des Schutzes, den er nach § 42 Abs. 2 Halbsatz 2 VwGO i. V. m. § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genießt, faktisch übereinstimmt (Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rn. 83).
Die geplanten zwei Windenergieanlagen verstoßen nicht derartig grob gegen Belange des Denkmalschutzes. Namentlich beeinträchtigen sie das Erscheinungsbild des Gutes AC. nicht erheblich. Eine Beeinträchtigung der weiter entfernten Baudenkmale wird von der Klägerin nicht mehr geltend gemacht und wurde auch vom NLD in seiner Stellungnahme vom 27.07.2016 verneint. Hinsichtlich des Gutes AC. nimmt die Kammer auf die nachfolgenden Ausführungen ihrem Urteil vom 19.09.2019 - 12 A 2172/17 - Bezug (UA S. 34 ff.).:
„Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vermitteln weder § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB noch § 8 Satz 1 NDSchG für sich genommen dem Eigentümer eines Denkmals ein Abwehrrecht gegen bloße Beeinträchtigungen seines Denkmals durch die Errichtung von Anlagen in der Umgebung. Jedoch ist es verfassungsrechtlich geboten, dem Eigentümer eines Denkmals ein Abwehrrecht gegen erhebliche Beeinträchtigungen zuzubilligen, da die ihm auferlegte Pflicht, sein Denkmal zu erhalten und zu pflegen, nur verhältnismäßig ist, wenn ihm ein Abwehrrecht gegen intensive Beeinträchtigungen eingeräumt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 4 C 3/08 -, juris Rdnr. 9 ff.; Nds. OVG, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rdnr. 56). Hat der Eigentümer eines Denkmals in der Vergangenheit zur Erfüllung seiner Erhaltungspflicht in die Denkmalsubstanz investiert und wird die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens nachträglich erheblich beeinträchtigt, können dadurch auch seine Investitionen entwertet werden. Diesem Risiko darf das Gesetz den Eigentümer nicht aussetzen. Er hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Belastungen, die ihm infolge der Erhaltungspflicht zum Schutz des Denkmals auferlegt werden, den mit der Unterschutzstellung angestrebten Zweck auch tatsächlich und auf Dauer erreichen können (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 4 C 3/08 -, juris Rdnr. 17).
Unter welchen Voraussetzungen eine über die bloße Beeinträchtigung hinausgehende, ein Abwehrrecht des Denkmaleigentümers begründende „erhebliche“ Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds eines Baudenkmals anzunehmen ist, lässt sich nicht allgemeingültig bestimmen, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von dem Denkmalwert und der Intensität des Eingriffs ab. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals kann anzunehmen sein, wenn die Schutzwürdigkeit des Denkmals als besonders hoch zu bewerten ist oder dessen Erscheinungsbild durch das Vorhaben den Umständen nach besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird. Letzteres kann auch dann der Fall sein, wenn die Beziehung zwischen dem Denkmal und seiner engeren Umgebung für den Wert des Denkmals von einigem Gewicht ist und das umstrittene Bauvorhaben geeignet ist, den Denkmalwert wesentlich herabzusetzen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rdnr. 57, 59). Die Forderung nach einer Beziehung zwischen Denkmal und seiner engeren Umgebung „von einigem Gewicht“ folgt nicht zuletzt auch daraus, dass die vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 21.04.2009 - 4 C 3/08 -, juris Rdnr. 17) in den Blick genommenen möglichen Erhaltungsaufwendungen des Denkmaleigentümers regelmäßig eben nicht auf die Erhaltung der Objekt-Raum-Beziehung zwischen dem Denkmal und seiner Umgebung, sondern vor allem auf die Erhaltung der Denkmalsubstanz gerichtet sind. Insoweit gehen sie (die Aufwendungen) grundsätzlich auch bei einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals weder für das Anliegen des Denkmalschutzes noch für den Denkmaleigentümer verloren, sondern erfüllen jedenfalls zum Teil die mit ihnen verbundenen denkmalrechtlichen Vorgaben. Auch wenn man das Ziel der Erhaltungsaufwendungen, das Denkmal mit seinen Beziehungen zur Umgebung zu erhalten, ganzheitlich betrachtet, wird man die Belastung des Denkmaleigentümers bei einer nur marginalen Zielverfehlung seiner Aufwendungen mit Blick auf das hohe Gut des Denkmalschutzes kaum als unverhältnismäßig ansehen können (vgl. OVG NRW, Urt. v. 08.03.2012 - 10 A 2037/11 -, juris Rdnr. 63).
Eine erhebliche, ein Abwehrrecht des Denkmaleigentümers begründende Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds eines Baudenkmals setzt schließlich die Möglichkeit der gleichzeitigen Wahrnehmung von Denkmal und hinzutretender Anlage voraus. Allerdings hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im Zusammenhang mit einer Klage auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides die der Erteilung entgegenstehende - bloße - Beeinträchtigung eines Denkmals durch nicht gleichzeitig in den Blick geratende Windenergieanlagen bejaht, weil Denkmalschutz sich nicht in der Abwendung krasser Konfliktsituationen erschöpfe und nicht nur verhindern wolle, dass ein Baudenkmal durch eine gleichzeitig in den Blick geratende Windkraftanlage gewissermaßen „überflügelt“ oder „überdeckt“ werde. Ein denkmalrechtlich relevanter Widerspruch und Maßstabsverlust entstehe vielmehr auch dann, wenn infolge der Nähe von Denkmal und störenden Anlagen diese in der Umgebung als Fremdkörper und als unvereinbar mit den Werten empfunden würden, die das Denkmal verkörpere (vgl. Nds. OVG vom 21.04.2010 - 12 LB 44/09 -, juris Rdnr. 63). Dahingestellt bleiben kann, ob diese Auffassung noch mit dem Wortlaut des § 8 Satz 1 NDSchG in Einklang zu bringen ist, wonach bauliche Anlagen in der Umgebung lediglich das „Erscheinungsbild“ nicht beeinträchtigen dürfen. Denn anders als in dem vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall geht es hier um die Frage, ob der Klägerin als Denkmaleigentümerin ein Abwehrrecht gegen Anlagen in der Umgebung ihres Denkmals zusteht. Ein solches Abwehrrecht wird - wie oben dargelegt - mit der Entwertung der an der Substanz des Denkmals vorgenommenen Erhaltungs- und Pflegeaufwendungen begründet, so dass die ein solches Abwehrrecht rechtfertigende „erhebliche Beeinträchtigung“ nur angenommen werden kann, wenn die hinzutretende Anlage und das Denkmal gleichzeitig wahrgenommen werden können.
Hinsichtlich des zur denkmalschutzrechtlichen Beurteilung erforderlichen Fachwissens kommt es auf das Urteil eines sachverständigen Betrachters an. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des zur Feststellung des Denkmalwerts und der Schutzwürdigkeit des Denkmals nötigen Fachwissens, sondern auch für die Kenntnisse, die zur Beantwortung der Frage erforderlich sind, ob das Erscheinungsbild des Baudenkmals erheblich beeinträchtigt wird. Dieses Fachwissen wird in Niedersachsen grundsätzlich vom Niedersächsichsen Landesamt für Denkmalpflege vermittelt, an dessen Stellungnahmen das Gericht allerdings nicht gebunden ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rdnr. 60), da es sich bei der Frage, ob das Denkmal erheblich beeinträchtigt ist, um eine vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage handelt. Aus diesem Grund waren die auf die Beantwortung dieser Rechtsfrage bzw. die Beantwortung von Vorfragen zu dieser Rechtsfrage gerichteten Beweisanträge Nr. 5, 8, 9, 14, 15, 16, 17 und 19 abzulehnen.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 16.02.2017 (- 12 LC 54/15 -, juris Rdnr. 90 ff.) weitere Fallgruppen, in denen eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Denkmals durch Windenergieanlagen eintreten kann, konkretisiert und Folgendes ausgeführt:
„a) … Beeinträchtigungen des Erscheinungsbilds eines Baudenkmals können insbesondere dadurch eintreten, dass
aa) ein notwendiger Abstand zwischen dem Denkmal und Windkraftanlagen nicht vorhanden ist,
bb) eine oder mehrere Windkraftanlagen ständig innerhalb des Bau-/Gartendenkmals wahrnehmbar sind und die Erlebbarkeit des Denkmalwerts beeinflussen,
cc) die Dimensionen einer oder mehrerer Windenergieanlagen das Erscheinungsbild der Umgebung dergestalt verändern, dass eine das Denkmal konstituierende Einbindung des Objekts in die Landschaft nicht mehr erkannt werden kann,
dd) eine oder mehrere Windkraftanlagen zu einer verfälschten Wahrnehmung der Dimensionen des Baudenkmals führen, oder
ee) der Schlagschatten der Rotorblätter einer oder mehrerer Windenergieanlagen das Denkmal berührt.
b) Wann eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds eines Baudenkmals anzunehmen ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von dem Denkmalwert und der Intensität des Eingriffs, ab. Je höher der Wert des Denkmals einzuschätzen ist, desto eher kann eine erhebliche Beeinträchtigung von dessen Erscheinungsbild anzunehmen sein. Je schwerwiegender das Erscheinungsbild betroffen ist, desto eher kann die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten sein. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Baudenkmals kann insbesondere anzunehmen sein, wenn über die soeben unter B. II. 1. a) erwähnten Voraussetzungen hinaus
aa) die Schutzwürdigkeit des Denkmals als besonders hoch zu bewerten ist oder
bb) dessen Erscheinungsbild durch das Vorhaben den Umständen nach besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird. Letzteres kann etwa dann der Fall sein, wenn die Beziehung zwischen dem Baudenkmal und seiner engeren Umgebung für den Wert des Denkmals von einigem Gewicht ist und das umstrittene Bauvorhaben geeignet ist, den Denkmalwert wesentlich herabzusetzen.
cc) Dagegen kann es zu einer erheblichen Reduzierung der für das Denkmal negativen Auswirkungen führen, wenn die Anzahl der Windenergieanlagen reduziert wird, weil dadurch ihre Gesamtheit an Potential verliert und Beeinträchtigungen des Denkmals deutlich reduziert werden.“
Das Gericht ist aufgrund der im Verfahren 12 A 11746/14 durchgeführten Beweisaufnahme und der während der Beweisaufnahme angefertigten Bildaufnahmen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung des vorliegenden Verfahrens gemacht worden sind, davon überzeugt, dass das Erscheinungsbild des Guts AC. durch die geplanten Windenergieanlagen nicht erheblich beeinträchtigt wird. Gegenstand dieser Bewertung sind die mit Bescheid vom 23.09.2016 genehmigten Windenergieanlagen, also Anlagen, deren Rotoren nicht mit sog. Serrations ausgestattet sind. Die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin (Beweisantrag Nr. 3), dass Windenergieanlagen mit Serrations eine abweichende Rotorblattform und damit eine von Rotorblättern ohne Serrations abweichende Silhouette und abweichende optische Wirkungen haben, kann daher als wahr unterstellt werden.
In dem Urteil der Kammer vom 26.05.2016 (S. 15 ff. des UA) wird zu der auf dem Flurstück 8/2 geplanten Anlage Folgendes ausgeführt:
„Da § 8 Satz 1 NDSchG die Wirkung des Baudenkmals in seiner Umgebung und die Bezüge zwischen dem Baudenkmal und seiner Umgebung schützt, ist das Denkmal sowohl von innen, also aus der Perspektive vom Innern des Denkmals nach außen, mithin hinsichtlich der Bezüge zwischen dem Baudenkmal und seiner Umgebung, als auch aus der Außenperspektive, also von außen auf das Denkmal, mithin hinsichtlich der Wirkung des Baudenkmals und der Anlagen in seiner Umgebung, zu betrachten (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rdnr. 63).
Nach den insoweit überzeugenden Angaben des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege im Termin der mündlichen Verhandlung „macht der Blick vom Gut AC. in die Landschaft als solcher das Denkmal nicht aus“. Allenfalls gehe es um die Blickbeziehungen zwischen dem Gut und der AI.. Ist somit der Blick „von innen nach außen“ lediglich für den Blick auf die AI. für das Denkmal „Gut AC.“ wertbestimmend und wird bei dem Blick auf die AI. die geplante Anlage aber nicht gleichzeitig wahrgenommen (siehe Bild 5), wird diese Blickbeziehung durch die geplante Anlage auch nicht - erheblich - beeinträchtigt. Andere Blickbeziehungen von „innen nach außen“ sind nicht wertbestimmend, so dass die von der Klägerin angenommene Möglichkeit, etwa von den seitlichen Fenstern des Erkers ihres Wohnhauses (Bild E) in der nichtbelaubten Jahreszeit oder der Grundstückszufahrt aus (Bild 4) die Windenergieanlage wahrzunehmen, ebenfalls nicht zur einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals führt.
Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege begründet die Denkmalwürdigkeit des Guts AC. im Wesentlichen mit der jedenfalls aus der Ferne sichtbaren Solitärlage des Gutes in der - nach seiner Auffassung - bisher unbelasteten Landschaft und sieht die erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals darin, dass diese Landschaft - und nicht das Denkmal selbst - durch die Windenergieanlagen gestört wird. In der Stellungnahme vom 13.03.2013 wird ausgeführt:
„Die erwähnten Baudenkmale werden allein schon dadurch beeinträchtigt sein, dass sie in Alleinlage errichtet wurden und somit fortan ihre landschaftliche Einbettung leidet. Der Blick auf jede der Anlagen würde durch die WEA verdeckt werden. Ein Fernblick aus dem jeweiligen Objekt bzw. aus der Ferne über das Denkmal hinaus würde nicht mehr ungestört möglich sein. Damit wäre das Erscheinungsbild der Baudenkmale erheblich beeinträchtigt sowie auch deren zumeist denkmalkonstituierende städtebauliche und landschaftsgestaltende Bedeutung gestört.
Davon ist das Gut AC. voll umfänglich betroffen.“
Damit geht das Landesamt offenbar davon aus, dass die Solitärlage eine Beziehung zwischen Denkmal und seiner engeren Umgebung darstellt, die für den Wert des Denkmals im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung von einigem Gewicht ist. Die dafür gegebene Begründung, das Denkmal sei „immer in seiner Örtlichkeit, in seinem eigenen Wirkungsraum eingebunden“ und sei „darin authentisch, dass es im Laufe der Zeit seinen Platz behalten“ habe, trifft jedoch auf jedes Denkmal und seine Beziehung zu seiner Umgebung zu und rechtfertigt daher nicht die Annahme einer für den Wert des Denkmals maßgeblichen Beziehung zur Umgebung „von einigem Gewicht“. Fraglich ist darüber hinaus, von wo aus diese - bisher angeblich ungestörte - Solitärlage überhaupt wahrgenommen werden soll und ob von einer solchen Lage angesichts der Dimensionen der baulichen Anlagen des Gutes einerseits und der im Norden bis auf etwa 200 m an das Gut heranrückenden baulichen Anlagen andererseits überhaupt noch die Rede sein kann.
Aber selbst wenn die Solitärlage des Guts AC. eine Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung von einigem Gewicht darstellen sollte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Beziehung durch die Errichtung der geplanten Windenergieanlagen erheblich beeinträchtigt wird. Entgegen der Auffassung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege handelt es sich bei der Landschaft, in die das Gut „eingebettet“ ist, nicht um einen „ungestörten Freiraum, der das Denkmal prägt“. Vielmehr stellt sich die Landschaft in der Umgebung des Denkmals aufgrund der zahlreichen Ortschaften, der bis auf etwa 200 m an das Gut heranrückenden baulichen Anlagen, der Bahnlinie, der Hochspannungsleitungen und der Straßen, auch wenn diese für sich betrachtet nur geringfügig in das Landschaftsbild eingreifen, insgesamt nicht als ungestörte, die Solitärlage des Gutes hervorhebende, sondern als eine immer wieder von Bauwerken unterbrochene Landschaft dar. Das Landesamt verkennt, dass nicht nur neuzeitliche und nicht nur diejenigen Bauwerke als Vorbelastung zu berücksichtigen sind, die eine ähnliche Höhe aufweisen wie die geplante Windenergieanlage, auch wenn diese - selbstverständlich - aufgrund ihrer Höhe und der Bewegung der Rotoren „ganz anders“ wahrgenommen werden als etwa Häuser oder Hochspannungsleitungen (so Nds. OVG, Urt. v. 21.04.2010 - 12 LB 44/09 -, juris Rdnr. 62). Das Störpotential einer baulichen Anlage in der Landschaft ist weder allein vom Zeitpunkt ihrer Entstehung noch allein von ihrer Höhe abhängig, wie die Ansicht des - bis auf die Silotürme und die Krananlagen - eher flach gehaltenen Betonfertigteilwerkes eindrucksvoll belegt (Bilder 4, 5 und 6 und Blatt 165 der Beiakte A).
Auch soweit einzelne Bestandteile des Denkmals „Gut AC.“ gleichzeitig mit der geplanten Windenergieanlage wahrgenommen werden können, kann nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals ausgegangen werden.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob beim Blick auf das Denkmal aus westlichen, nordwestlichen und südwestlichen Richtungen (Bilder 1, 2a, 3, 12, 14, 16, 17) das Erscheinungsbild des Einzeldenkmals „Wassermühle“ durch die geplante Windenergieanlage erheblich beeinträchtigt wird. Denn die Wassermühle steht nicht im Eigentum der Klägerin, so dass sie insoweit nicht in ihren Rechten verletzt sein kann.
Aber auch soweit die aus diesen Richtungen zu erkennenden Gebäude im Eigentum der Klägerin stehen und sich nach der Stellungnahme des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur von Westen aus betrachtet „aufgefächert darbieten“ (Giebel des Stallgebäudes, Traufe des Zwischenbaus, Giebel des Backhauses und des Wohnhauses), werden diese Gebäude durch die geplante Windenergieanlage jedenfalls nicht erheblich beeinträchtigt. Abgesehen davon, dass von Westen aus betrachtet (Bild 14) die geplante Anlage lediglich am äußersten rechten Rand hinter der Pappelreihe erscheint und von dem Blickpunkt an der K 74 etwa 1.400 m entfernt liegt, wird dieser Blick durch den im Vordergrund befindlichen - keineswegs mit der Landschaft verschmelzenden - Mast der Hochspannungsleitung dominiert. Von Nordwesten (Bilder F und H), die geplante Anlage ist etwa 1.000 m vom Betrachter entfernt, fällt der Blick lediglich auf die weniger empfindliche Rückseite der Wirtschaftsgebäude (Bild F) sowie auf die Rückseite des Wohnhauses, an dessen Giebel die Klägerin gerade die dort im 19. Jahrhundert aus Gründen des Wetterschutzes angebrachten Blechschindeln durch neuzeitliche, ungeprägte Blechschindeln ersetzen lässt (Bild H). Von Nordwesten aus ist das Gut bereits so weit vom Betrachter entfernt, dass sein Denkmalwert nicht mehr wahrnehmbar ist (Bilder 15, 16, 17). Darüber hinaus wird auch hier der Blick des Betrachters durch einen im Vordergrund vorhandenen Mast der Hochspannungsleitung dominiert. Gleiches gilt für die Betrachtung des Gutes aus südwestlichen Richtungen (Bilder 12 und 13): Entweder treten - am rechten Bildrand - gleich mehrere Masten der Hochspannungsleitung oder - in der Mitte des Bildes - ein Photovoltaikfeld in Erscheinung, während am linken Rand des Bildes lediglich die nicht wertbestimmenden Dächer des Gutes wahrnehmbar sind.
Aus Richtung Süden (Bilder 10 und 11) tritt die von diesem Standort aus lediglich etwa 750 m entfernte Anlage zwar deutlich in den Vordergrund. Das am linken Bildrand erscheinende Gut ist jedoch etwa 1.400 m und damit so weit vom Betrachter entfernt, dass es kaum noch zu erkennen ist. Gleiches gilt schließlich für den Blick auf das Gut aus Richtung Osten. Aus einer Entfernung von etwa 1.300 m (Bild 6) sind zwar die Windenergieanlage am linken Bildrand, die Traufseite des Scheunengebäudes und der Giebel des Stallgebäudes in der Mitte des Bildes zu erkennen. Die - nach den Angaben des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege im Termin der mündlichen Verhandlung - beabsichtigte Monumentalität der Gebäude, mit der die Stärke des Bauerntums zum Ausdruck gebracht werden sollte und die den Denkmalwert des in den 30er Jahren errichteten und seitdem in der ursprünglichen Funktion genutzten Mustergutes aus der sog. Reichsnährstandsbewegung begründet, ist aus dieser Entfernung jedoch nicht mehr wahrzunehmen. Darüber hinaus ist der für den Eindruck von Monumentalität notwendige Freiraum um das Gut durch das am rechten Bildrand sichtbare Betonfertigteilwerk gestört. Dieses ist zwar nicht mehr sichtbar, wenn sich der Betrachter weiter auf das Gut zu begibt. Gleichzeitig gerät dann jedoch die geplante Anlage aus dem Blickfeld des Betrachters (Bild 8).“
Soweit die Kammer eine erhebliche Beeinträchtigung durch eine auf dem Flurstück 8/2 errichtete Windenergieanlage mit der Begründung abgelehnt hat, bei - erforderlicher - gleichzeitiger Betrachtung von Windenergieanlage und Gut liege das Denkmal zu weit entfernt, um seinen Denkmalwert wahrzunehmen, und soweit eine erhebliche Beeinträchtigung wegen der vorhandenen Vorbelastung der Umgebung durch Masten einer Hochspannungsleistung oder das Betonfertigteilwerk verneint worden ist (Blicke aus nordwestlichen, südwestlichen, südlichen und östlichen Richtungen, S. 18 f. des UA), gilt dies auch für die WEA 1, die nicht Gegenstand des Verfahrens 12 A 11746/14 gewesen ist, auch wenn diese näher an das Gut AC. heranrückt.
Im dem Beschluss der Kammer vom 25.01.2017 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren heißt es dazu:
„Wegen der größeren Nähe dieser Anlage zum Gut AC. ist allerdings davon auszugehen, dass aus Richtung Osten die nach den Angaben des Niedersächsischen Landesamtes beabsichtigte Monumentalität der Gebäude aus den 30er Jahren gleichzeitig mit der Anlage wahrgenommen werden kann, wenn der Betrachter sich weiter auf das Gut zu begibt, ohne dass dieser Eindruck durch das Betonfertigteilewerk gestört wird. Gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass die WEA 1 das Erscheinungsbild des Denkmals erheblich beeinträchtigt. Der von der Antragstellerin geltend gemachte geschichtliche Aussagewert des Dreiseithofes bzw. die für ein beeindruckendes Erscheinungsbild Materialeinheitlichkeit wird durch eine Veränderung in der Umgebung des Denkmals in dieser Entfernung nicht geschmälert. Vielmehr ist gerade aufgrund dieser Monumentalität, die nach den Ausführungen der Antragstellerin „Stärke und Deutschtum“ zum Ausdruck bringen und ein bauliches Zeugnis der unter der Leitung des sog. Reichsnährstandes ausgerufenen „Erzeugungsschlacht“ ablegen soll, gewährleistet, dass sich das Denkmal gegenüber der Windenergieanlage behaupten kann.
Beim Blick auf das Denkmal von Nordwesten (Bilder F und H der Anlage zum Protokoll vom 26.05.2016 im Verfahren 12 A 11746/14) befinden sich die - hinter dem Denkmal aufragenden - Anlagen etwa 1.000 m (WEA 2) bzw. etwa 650 m (WEA 1) vom Betrachter entfernt. Dennoch kann jedenfalls von einer erheblichen, besonders schwerwiegenden Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals nicht ausgegangen werden. Weder erdrücken, verdrängen oder übertönen die Windenergieanlagen das Denkmal noch lassen sie die gebotene Achtung gegenüber den - hier lediglich in den Nahbereich hineinwirkenden - Werten außer Acht, die dieses Denkmal verkörpert (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.04. 2010 - 12 LB 44/09 -, juris Rdnr. 58). Denn der Blick fällt von hier aus lediglich auf die weniger empfindliche Rückseite der Wirtschaftsgebäude (Bild F) sowie auf die Rückseite des Renaissance-Wohnhauses, an dessen Giebel die Antragstellerin gerade die dort im 19. Jahrhundert aus Gründen des Wetterschutzes angebrachten Blechschindeln durch neuzeitliche, ungeprägte Blechschindeln ersetzen lässt (Bild H). Außerdem ist davon auszugehen, dass bei einem Abstand von etwa 650 m zu der nächstgelegenen Anlage, das entspricht mehr als dem Vierfachen der Anlagenhöhe, die Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage soweit in den Hintergrund treten, dass ihr keine beherrschende Dominanz und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber dem Denkmal zukommt (vgl. zu dieser Annahme bei einem Abstand zu einem - nicht denkmalgeschützten - Wohnhaus von mindestens dem Dreifachen der Anlagenhöhe z.B. Bay. VGH, Urt. v. 29.05.2009 - 22 B 08.1785 -, juris Rdnr. 19; OVG Münster, Beschl. v. 06.05.2016 - 8 B 866/15 -, juris Rdnr. 27).“
Die Kammer hält an ihrer in den zitierten Entscheidungen im Einzelnen begründeten Auffassung fest, dass keine der beiden geplanten Windenergieanlagen zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Guts AC. führt. Das ergänzende Vorbringen der Beteiligten in dem vorliegenden Klageverfahren, die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16.02.2017 (12 LC 54/15 -, juris) und die Ausführungen des Vertreters des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege im Termin der mündlichen Verhandlung geben allerdings Anlass zu folgenden Ausführungen:
Soweit die Klägerin weiterhin geltend macht, es fehle an einer maßstabsgetreuen Visualisierung der Größenverhältnisse der geplanten Windenergieanlagen zum Denkmal „Gut AC.“, hat bereits das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass dies ersichtlich nicht zutreffe. Dort wird ausgeführt:
„Der Antragsgegner verweist insoweit zutreffend auf die in den Antragsunterlagen befindliche Visualisierung vom 4. Dezember 2013, aus der sich die Größenverhältnisse der geplanten Windenergieanlagen auch im Verhältnis zum ebenfalls gekennzeichneten G. H. ergeben. Es bleibt offen, warum die Antragstellerin meint, diese Unterlagen stellen keine „maßstabsgetreue Visualisierung“ dar. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung, das Verwaltungsgericht wäre, wenn es eine solche Visualisierung berücksichtigt hätte, zu einem anderen Ergebnis gelangt, nicht nachvollziehbar.“
Die Klägerin geht allerdings zu Recht davon aus, dass entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch mit negativen Erinnerungen besetzte Orte, wie solche der nationalsozialistischen Vergangenheit, dem Denkmalschutz unterfallen. Auch unbequeme Zeugnisse haben die für ein Denkmal vorausgesetzte geschichtliche Bedeutung (vgl. Kleine-Tebbe//Guntau, Denkmalrecht Niedersachsen, 3. Aufl., 2018, § 3 NDSchG Erl. 4.3.5 m.w.N.).
Die Klägerin geht auch zu Recht davon aus, dass der Denkmalwert des Guts Echtringhausen mehrfach bestätigt worden ist.
So wird in der von der Klägerin überreichten Expertise des Bauforschers BE. vom 04.08.2014 ausgeführt, das inschriftlich auf 1557 datierte Renaissance-Wohnhaus stelle aus kunst- und bauhistorischer Sicht ein Kulturdenkmal von überregionaler Bedeutung für das Land Niedersachsen dar. Dies wird unter anderem damit begründet, dass die Bau- und Raumstruktur dem im mittleren BF. weit verbreiteten Muster eines Saalgeschossbaus folge, wie er sich in adeligen und großbürgerlichen Kreisen zur Zeit der Renaissance nach der Mitte des 16. Jahrhunderts zu seiner repräsentativsten Form habe entwickeln können. Dem aus einem bruchsteinernen Untergeschoß bestehenden Baukörper sei ein Fachwerkobergeschoss aufgesetzt, das charakteristische Konstruktionsmerkmale des städtischen Fachwerkbaus aus der Mitte des 16. Jahrhunderts aufweise. So sei die nördliche Traufseite mit Schiffskehlen, paarig gesetzten Fußbändern und Taubandknaggen nahezu vollständig erhalten, während die anderen Schauseiten zum Teil verändert worden seien und damit den zeitlichen Wandel und das Stilempfinden späterer Generationen dokumentierten. Soweit die Klägerin behauptet und unter Beweis stellt (Beweisantrag Nr. 10), das Wohnhaus des Gutes AC. von 1557 verfüge über eine Vielzahl original erhaltener bauzeitlicher Attribute aus der BG., die gemeinsam mit den Windenergieanlagen in den Blick geraten können, geht auch die Kammer davon aus, hält jedoch an ihrer oben dargelegten Auffassung fest, dass die beim Blick aus Richtung Nordwesten im Hintergrund der Gutsgebäude aufragenden Windenergieanlagen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals führen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob und wieweit die Klägerin den Blechschindelbehang auf der Ostseite (richtig wohl Nordwestseite) des Wohnhauses durch geprägte oder ungeprägte, neuzeitliche Blechschindeln hat ersetzen lassen, so dass auch der Beweisantrag Nr. 13 abzulehnen war.
Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege hat den Denkmalwert des Guts AC. mit der geschichtlichen Bedeutung der einstmaligen Wasserburg sowie der wissenschaftlichen Bedeutung der Gebäude aus den 1930er Jahren (vgl. etwa die Stellungnahme vom 13.03.2013 unter Nr. 2.3) als Bestandteil eines typischen Mustergutes aus der Reichsnährstandsbewegung (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2016 im Verfahren 12 A 11746/14, S. 2) begründet. Zweifel an dieser Einschätzung ergeben sich zwar möglicherweise aus den Ausführungen des Architekten und Dombaumeisters BH. in der gutachterlichen Stellungnahme der BI. und aus der Behauptung der Klägerin, bei dem Gut AC. handele es sich nicht um ein Mustergut des Reichsnährstandes sowie daraus, dass in den von der Klägerin überreichten Bestandsplänen aus dem Jahr 1938 die heute vorhandenen Wirtschaftsgebäude nicht abgebildet sind. Dies und die von der Klägerin in Abrede gestellte Qualität der Ausführungen des Architekten und Dombaumeisters bedürfen jedoch keiner weiteren Erörterung, da der Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege den - im Übrigen nicht als besonders hoch eingeschätzten - Denkmalwert des Gutes im Termin der mündlichen Verhandlung unabhängig davon, ob es als Mustergut des sog. Reichsnährstandes zu qualifizieren ist oder ob es sich um ein Gut aus der Zeit der sog. Heimatschutzarchitektur handelt, erneut bestätigt hat und dieser Wert auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16.02.2017 (- 12 LC 54/15 -, juris) durch die geplanten Windenergieanlagen jedenfalls nicht erheblich beeinträchtigt wird. Die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin (Beweisantrag Nr. 6), die 1937 errichteten Wirtschaftsgebäude des Guts AC. seien im Stil der Heimatschutzarchitektur errichtet worden, ist daher unerheblich und kann als wahr unterstellt werden. Gleiches gilt für die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin, die Denkmalbehörden im Land Niedersachsen beauftragten aufgrund knapper Mittel bereits seit vielen Jahren keine bauhistorischen Untersuchungen an Kulturdenkmalen, die sich im Privateigentum befänden (Beweisantrag Nr. 7). Denn mit dieser Behauptung wollte die Klägerin lediglich der - für die hier zu treffende Entscheidung unerheblichen - Annahme des Architekten und Dombaumeisters BH. entgegentreten, die nicht erfolgte Beauftragung sei Folge einer mangelnden Wertschätzung durch die mit der Denkmalpflege befassten Behörden.
Das Erscheinungsbild des Denkmals „Gut AC.“ wird durch die in der Genehmigung angeordnete Nachtkennzeichnung nicht erheblich beeinträchtigt, weil der Denkmalwert des Gutes bei fehlendem Tageslicht nicht sichtbar ist und die geplanten Anlagen daher auch nicht gleichzeitig mit dem Denkmal wahrgenommen werden können.
Die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16.02.2017 (- 12 LC 54/15 -, juris) gibt Anlass zu folgenden Ausführungen:
Ob ein notwendiger Abstand zwischen dem Denkmal und den Windenergieanlagen nicht vorhanden ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rdnr. 91), ist eine Frage des Einzelfalls und lässt sich allenfalls mit Hilfe der weiteren in der Entscheidung genannten Kriterien beantworten. Auch der Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege hat im Termin der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass bei einem Abstand von mindestens 10 H der Anlage nicht mehr von einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals ausgegangen werden könne. Bei einem Abstand, der - wie hier - geringer sei als die zehnfache Anlagenhöhe, sei dies jedoch eine Frage des Einzelfalls.
Die geplanten Windenergieanlagen sind auch nicht ständig innerhalb des Denkmals „Gut AC.“ in einer Weise wahrnehmbar, dass sie die Erlebbarkeit des Denkmalwertes beeinflussen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rdnr. 92). Denn die Erlebbarkeit des Denkmalwerts des Guts findet nach den Ausführungen des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, denen das Gericht folgt, gerade nicht von innen nach außen, sondern von außen auf das Denkmal statt: So „macht der Blick vom Gut AC. in die Landschaft als solcher das Denkmal nicht aus“ (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2016 im Verfahren 12 A 11746/14, S. 3), sondern es wird die Denkmalwürdigkeit im Wesentlichen mit der jedenfalls aus der Ferne sichtbaren Solitärlage des Gutes in der - nach Auffassung des Landesamtes - bisher unbelasteten Landschaft begründet (vgl. die Stellungnahme des Landeamtes vom 13.03.2013). Auf die Frage, ob die geplanten Windenergieanlagen durch die Fenster im Ostgiebel des Stallgebäudes (Beweisantrag Nr. 11) oder aus dem Scheunengebäude (Beweisantrag Nr. 12) mühelos bzw. unproblematisch wahrgenommen werden können, kommt es daher nicht an.
Die Dimensionen der geplanten Windenergieanlagen verändern das Erscheinungsbild der Umgebung des Gutes AC. auch nicht dergestalt, dass eine das Denkmal konstituierende Einbindung des Objekts in die Landschaft nicht mehr erkannt werden kann (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rdnr. 93). Das hat die von der Kammer durchgeführte Beweisaufnahme ergeben, deren Ergebnis auch auf die WEA 1 übertragen werden kann. Wegen der weiteren Begründung wird daher auf die oben wiedergegebene Begründung des Urteils vom 26.05.2016 und des Beschlusses vom 25.01.2017 Bezug genommen. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die für das Denkmal wertgebende landwirtschaftliche Prägung der Landschaft durch die geplanten Windenergieanlagen nicht geschmälert wird. Windenergieanlagen werden in aller Regel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen errichtet, ohne die landwirtschaftliche Nutzung dieser Flächen in nennenswertem Umfang einzuschränken. Eine industrielle Überprägung der Landschaft findet entgegen der Auffassung der Klägerin in erster Linie durch die vorhandenen Hochspannungsleitungen, die Bahnlinie, die Straßen und das Betonfertigteilewerk statt. Insbesondere die Bahnlinie und die Straßen sowie das Betonwerk sind darüber hinaus aufgrund ihrer horizontalen Ausdehnung weit mehr als die geplanten Windenergieanlagen geeignet, die Landschaft in unterschiedlichen Flächen aufzuteilen und dadurch die konstituierende Einbindung des Denkmals in die Landschaft zu beeinträchtigen. Auch der Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege hat im Termin der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe nicht davon aus, dass die landwirtschaftliche Prägung der Umgebung des Denkmals durch die Windenergieanlagen so verändert werde, dass die Einbindung des Denkmals in diese Landschaft nicht mehr erkannt werden könne.
Die geplanten Windenergieanlagen führen auch nicht zu einer verfälschten Wahrnehmung der Dimensionen des Gutes AC. (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rdnr. 94). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist von einer verfälschten Wahrnehmung der Dimensionen des Denkmals auch bei 150 m hohen Windenergieanlagen im Abstand von 460 m bzw. 820 m nicht ohne weiteres auszugehen. Auch dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalles. Eine verfälschte Wahrnehmung der Dimensionen des Gutes AC. kommt lediglich bei einem Blick auf das Gut aus Richtung Osten in Betracht, weil aus den anderen Blickrichtungen entweder die Windenergieanlagen oder das Gut zu weit entfernt vom Betrachter liegen. Auch der Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege hat im Termin der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er aus einer Entfernung von etwa 500 m zwar erkennen könne, dass es sich um ein Denkmal handele, den eigentlichen Denkmalwert aber erst erkenne, wenn er näher an das Denkmal herantrete. Lediglich beim Blick auf das Gut aus Richtung Osten, also beim Blick auf die in den 1930er Jahren errichteten Gebäude, befinden sich die geplanten Anlagen im Vordergrund. Aufgrund der Monumentalität dieser Gebäude, die „Stärke und Deutschtum“ ausdrücken sollen, ist nach Auffassung der Kammer jedoch gewährleistet, dass sich das Denkmal in seinen Dimensionen gegenüber den Windenergieanlagen behaupten kann (vgl. die bereits mehrfach zitierten Entscheidungen der Kammer). Zwar hat der Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege im Termin der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dass die geplanten Windenergieanlagen zu einer verfälschten Wahrnehmung der Dimensionen des Denkmals führen können. Die Wirkung der Gebäude aus den 30er Jahren liegt nach seinen Ausführungen jedoch nicht in ihrer Größe, sondern in ihrer landwirtschaftlichen Funktion, die durch die hinzutretenden Anlagen wegen ihrer industriellen Nutzung übertönt werde. Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen, wie die Kammer bereits in den zitierten Entscheidungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ausgeführt hat. Auch wenn das Denkmal in seiner landwirtschaftlichen Funktion durch die hinzutretenden Anlagen „marginalisiert“ werden sollte, so ist die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des Denkmals aufgrund der vorhandenen Vorbelastung jedenfalls nicht erheblich.
Allerdings geht das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Baudenkmals eintreten kann, wenn der Schlagschatten der Rotorblätter einer oder mehrerer Windenergieanlagen das Denkmal berührt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rdnr. 95). Ob das Erscheinungsbild des Denkmals durch den Schlagschatten erheblich beeinträchtigt wird, ist jedoch auch nach Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts eine Frage des Einzelfalls (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rdnr. 96) und in Bezug auf das Gut AC. zu verneinen. Zwar ist aufgrund der Berechnung der Schattenwurfdauer der BJ. vom 01.10.2014 davon auszugehen, dass der stehende Schlagschatten der Anlagen das Gut AC. maximal 54.52 Stunden im Jahr berührt. Da sich die geplanten Anlagen im Südosten des Denkmals befinden, ist auch davon auszugehen, dass der Schatten auf die südöstliche Seite des Wohngebäudes der Klägerin trifft (siehe zu der entsprechend heranzuziehenden Richtung der Schallwellen Anlage K6). Dass der Denkmalwert des Gutes AC. dadurch erheblich beeinträchtigt wird, kann jedoch angesichts der kurzen Dauer auch des stehenden Schlagschattens - der Schattenwurf wird ohnehin durch Abschaltvorrichtungen auf das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß reduziert - nicht angenommen werden. Zwar hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem Einzelfall eine erhebliche Beeinträchtigung bereits bei einer Schlagschattendauer von maximal 12 ½ Stunden pro Jahr angenommen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rdnr. 71). Auch waren die dort streitgegenständlichen Anlagen niedriger und von dem Denkmal jedenfalls weiter entfernt als die hier streitige WEA 1. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts betrifft jedoch ein Denkmal, einen Gutshof mit Parkanlage, dessen Wert unter anderem durch die bewusst zur gleichen Zeit geplante und geformte Landschaft und den Blick in diese Landschaft begründet ist. Aus der Perspektive von innen nach außen - so das Oberverwaltungsgericht - ist dieser Wert durch eine der Windenergieanlagen erheblich beeinträchtigt:
„Folgt von der Wegekreuzung der Blick dem Weg Richtung Süden in die leicht abfallende Landschaft, wird eine der infolge der Wegführung und Topographie konzeptionell vorgegebenen Öffnungen in die Landschaft sichtbar. Die in diese Öffnung aufragende Windenergieanlage beeinträchtigt nach ihrer Art und Ausführung - insbesondere durch ihre Größe und infolge der ständigen Bewegung der Rotoren - den von dieser Stelle aus gerichteten Blick in die Landschaft und damit einen der bestehenden Landschaftsbezüge ebenso besonders schwerwiegend wie die Wirkung innerhalb des Denkmals. Der Senat teilt vor dem beschriebenen tatsächlichen Hintergrund die Einschätzung von X. (…), diese Anlage dominiere das Raumerleben innerhalb des Gartens sehr stark. Hinzu kommt, dass die Windenergieanlage M 4 zu erheblichem Schlagschatten innerhalb des Denkmals des Klägers führt. Nach der Schattenwurfuntersuchung für den Windpark V./Q., Planungsstand Februar 2007, vom 20. April 2007, die die sechs seinerzeit bereits genehmigten und errichteten Anlagen des Windparks Q. einbezieht, ist davon auszugehen, dass durch die sechs Anlagen Q. bei der vorzunehmenden "worst case" Betrachtung am Gut W. astronomisch maximal möglicher Schattenwurf mit einer Gesamtdauer von knapp 18 Stunden/Jahr entsteht. Rund 2/3 dieser Gesamtdauer (ca. 12 1/2 Stunden) werden ausweislich der in den Anhängen zur genannten Schattenwurfuntersuchung zu findenden SHADOW-Kalender allein durch die Windenergieanlage M 4 verursacht. In diesen von der Windenergieanlage M 4 ausgehenden Wirkungen liegt insgesamt eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwerts.“
Danach hat das Oberverwaltungsgericht die erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals nicht allein mit dem Schattenwurf begründet, sondern in erster Linie mit der Beeinträchtigung des Blickes in die Landschaft, der jedoch - wie oben dargelegt - den Wert des Denkmals „Gut AC.“ gerade nicht ausmacht. Der Vertreter des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege hat schließlich im Termin der mündlichen Verhandlung darüber hinaus sogar ausgeführt, die Beeinträchtigung eines Denkmals durch einen Schlagschatten oder Schattenwurf sei in der Denkmalpflege immer verneint worden.“
Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im Zulassungsbeschluss vom 26.06.2021 - BK. - ernstliche Zweifel am rechtlichen Ansatz der Kammer geäußert hat, wird dem im Berufungsverfahren nachzugehen sein. Die Kammer hält ihre Bewertung im Ergebnis weiterhin für zutreffend. Sie hat begründet, weshalb sie für eine erhebliche Beeinträchtigung die Möglichkeit der gleichzeitigen Wahrnehmung des Denkmals und der hinzutretenden Anlagen für erforderlich hält (UA S. 35). Die weitere Annahme, eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Denkmales könne nur vorliegen, wenn sein Denkmalwert wahrgenommen werden könne, ist nicht tragend. In der in Bezug genommenen Begründung des Beschlusses vom 25.01.2017 - 12 B 6746/16 - hat die Kammer hinsichtlich der betroffenen Perspektiven aus Osten und Nordwesten eine erhebliche Beeinträchtigung aus anderen Gründen abgelehnt (UA S. 40).
In Bezug auf die Wassermühle, die nicht im Eigentum der Klägerin des Verfahrens AM. steht, ergibt sich keine abweichende Bewertung. Sie liegt im nordwestlichen, den Windenergieanlagen abgewandten Teil des Gutshofs und damit am weitesten von diesen entfernt. Beim Blick von Osten aus wird sie von der Scheune verdeckt. Für die Blicke aus den anderen Richtungen lassen sich die Ausführungen zu den anderen Gebäuden im Wesentlichen übertragen.
Das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Stellungnahmen von Herrn AR. vom 16.09.2019 und vom 03.11.2021 zeigen keine Gesichtspunkte auf, die die bisherige Bewertung durchgreifend in Frage stellen. Der Denkmalwert des Gutes Echtringhausen steht außer Zweifel und der Umstand, dass die Anlagen nur wenige 100 m vom Gut entfernt errichtet werden sollen, wurde von der Kammer einer Einzelfallprüfung mit einer differenzierten Betrachtung aus den verschiedenen Blickrichtungen unterzogen. Der Schattenwurf wurde ebenfalls berücksichtigt und nicht wegen der Einhaltung des immissionsschutzrechtlich zulässigen Maßes, sondern aufgrund der konkreten Gegebenheiten vor Ort für nicht erheblich beeinträchtigend gehalten. Auch die Einbindung des Gutes in die umgebende landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft wurde und wird von der Kammer nach wie vor nicht infrage gestellt. Daher war der von der Klägerin gestellte Beweisantrag Nr. 2.a) darüber, dass der Denkmalwert des Gutes AC. maßgeblich durch seine Alleinlage und Einbettung in die landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft bestimmt wird, wegen Unerheblichkeit abzulehnen. Es wurde eingehend begründet, weshalb die geplanten zwei Anlagen den Charakter der Landschaft nicht so stark verändern, dass der Denkmalwert dadurch massiv in Mitleidenschaft gezogen würde. Von „geradezu vergewaltigenden Eingriffen“, die der Feldflur den Charakter eines Industriegebiets vermitteln, kann nicht die Rede sein. Dem Beweisantrag Nr. 2.b) der Klägerin darüber, dass die Errichtung und der Betrieb zweier Windenergieanlagen des Typs Nordex N117 mit einer Nabenhöhe von 91,0 m und einem Rotordurchmesser von 117 m innerhalb der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft im Abstand von etwa 420 m bzw. 820 m zum Gut AC. dessen Denkmalwert in bedeutsamer Weise mindern, war nicht nachzugehen, da es sich dabei nicht um eine Tatsache handelt, sondern um eine Bewertung, die dem Gericht obliegt (vgl. dazu auch Nds. OVG, Beschl. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rn. 60).
IV. Die Kosten tragen der Beklagte und die Beigeladene hinsichtlich der Klage gegen den Ersetzungsbescheid nach § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der Klage gegen den Genehmigungsbescheid nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO (vgl. zur vollen Kostentragung bei Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit und Abweisung im Übrigen BVerwG, Urt. v. 11.08.2016 - 7 A 1/15 -, juris Rn. 175). Der Beigeladenen werden die Kosten gemäß § 154 Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO zur Hälfte auferlegt. Sofern hier eine Ermessensentscheidung über die Kostentragung zu treffen sein sollte (vgl. zum Streitstand Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 154 Rn. 8 m.w.N.), führt sie zum gleichen Ergebnis, weil die Beigeladene an diesem Klageverfahren nicht nur am Rande beteiligt ist. Sie hat ein starkes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens und hat auch den Wiederaufnahmeantrag gestellt.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder den anderen Beteiligten noch der Staatskasse aus Billigkeitsgründen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, da die Beigeladene hier dem unterlegenen Beklagten beigetreten ist.