Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.10.2022, Az.: 12 MS 188/21
Denkmal; Denkmalschutz; Denkmalwürdigkeit; Erscheinungsbild; Inflation; Kulturdenkmal; Optimierungsgebot; Rückbausicherheit; Sicherheitsleistung; Standortalternative; Umgebungsschutz; Windenergieanlage; Windenergieerlass
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.10.2022
- Aktenzeichen
- 12 MS 188/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59659
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 35 Abs 1 Nr 5 BauGB
- § 35 Abs 3 S 1 Nr 5 BauGB
- § 35 Abs 5 S 3 BauGB
- § 2 EEG
- Art 14 GG
- § 7 Abs 2 S 1 Nr 3 DSchG ND
- § 7 Abs 2 S 2 DSchG ND
- § 8 DSchG ND
Fundstellen
- BauR 2023, 453-462
- DÖV 2023, 89
- KommJur 2022, 460-470
- NVwZ 2023, 443-450
- NordÖR 2022, 585-593
- ZUR 2023, 243
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Werden Windenergieanlagen, die nicht als Nebenanlagen geplant sind, sondern allgemein der Stromerzeugung dienen, und die an dem für sie vorgesehenen Standort das Erscheinungsbild eines nicht besonders bedeutsamen Kulturdenkmals erheblich beeinträchtigen würden, zur Genehmigung gestellt, ist im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. eine genehmigungsbehördliche Prüfung sich aufdrängender Standortalternativen geboten, aber grundsätzlich auf das Gebiet der Standortgemeinde beschränkt.
Der Landesgesetzgeber ist durch den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nicht gehindert, auch solche Vorhaben in der Umgebung eines Kulturdenkmals zuzulassen, die dessen Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigen, und gleichwohl deswegen den Denkmaleigentümer weder denkmalrechtlich zu entpflichten noch zu entschädigen.
Ist ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiertes Vorhaben der Windenergienutzung gemäß § 8 NDSchG i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG n. F. genehmigungsfähig, steht seiner Genehmigung der öffentliche Belang des Denkmalschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) nicht entgegen.
Die auf der Grundlage des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB grundsätzlich zu fordernde Sicherheitsleistung für den Rückbau einer Windenergieanlage muss auch die Kosten eines solchen Rückbaus abdecken, der im Wege einer Ersatzvornahme erfolgt, die erst nach einem erwartbaren, fernen Ende der Laufzeit der Anlage erforderlich wird. Die Bemessung der Rückbausicherheit hat deshalb die bis dahin voraussichtlich eintretenden Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen.
Tenor:
Der Antrag auf Änderung des Beschlusses des Senats vom 21. April 2022 wird abgelehnt.
Die Gerichtskosten des Änderungsverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers tragen die Beigeladenen zu jeweils einem Viertel und der Antragsgegner zur Hälfte. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten erneut um die sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutz-rechtlichen Genehmigung vom 31. Juli 2020 (Anlage 2 zur Antragsschrift vom 28. Juni 2021 = Bl. 269 ff. der Gerichtsakte - GA -) für den Bauabschnitt „I. I“, d. h. für die Windenergieanlage – WEA – „J. 01“, des Windparks „I.“ (vgl. Bl. 169 GA = Bl. 268 GA). Durch seinen Beschluss vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21 – (Bl. 712 ff. GA = ZNER 2022, 310 ff.) hat der Senat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17. August 2020 angeordnet, den der Antragsteller, eine rechtsfähige und nach § 3 UmwRG bundesweit anerkannte Umweltvereinigung, gegen diese Genehmigung erhoben hatte. Dieser Widerspruch ist weiterhin unbeschieden.
Gestützt auf die zwischenzeitliche Änderung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes und zur Minderung der Folgen des Klimawandels sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 28. Juni 2022 (Nds. GVBl., S. 388 [392]) begehren nunmehr die Beigeladenen, darunter die aktuelle Vorhabenträgerin (Beigeladene zu 2), die gerichtliche Entscheidung vom 21. April 2022 in eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes abzuändern. Diesem Begehren hat sich der Antragsgegner als Verwaltungsträger der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde vollinhaltlich angeschlossen.
Die Genehmigung für die „J. 01“ hat in ihrer (nach Wiederaufgabe diverser zwischenzeitlicher Änderungen des Vorhabens) erneut maßgeblichen Ursprungsfassung vom 31. Juli 2020 (Az.: K.) die Errichtung und den Betrieb einer WEA des Typs Vestas V162-5.6 MW mit Schalenstahlrohrturm (Nabenhöhe: 166,5 m, zzgl. 3 m Fundamenterhöhung; Rotordurchmesser: 162 m; Gesamthöhe 250 m; Nennleistung: 5.600 kW) zum Gegenstand, und zwar in der Gemeinde L. auf dem Flurstück 27/5 der Flur 4 der Gemarkung M. (vgl. zur Lage im Einzelnen: Bl. 169 GA = 268 GA, die Abbildungen [Abb.] 2 und 3 auf den S. 5 f. der Projektbschreibung = Bl. 374 ff. [378 f.] GA). Ihre Nebenbestimmung unter III. 2. (Bl. 274 f. GA) fordert die Erbringung einer Sicherheitsleistung für den Rückbau der Anlage (Rückbausicherheit) in Höhe von 166.000,- EUR, die der jeweilige Betreiber der Anlage dem Antragsgegner gegenüber durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer auf die Einrede der Vorausklage verzichtenden Bank zu erbringen hat.
Der Bauabschnitt „I. I“ bildet zugleich den 2. Bauabschnitt eines aus den Windparks „I.“ und „L.“ bestehenden größeren Bauprojekts (vgl. Bl. 499 GA, Tab. 2), dessen verschiedene Bauabschnitte den beschließenden Senat inzwischen in mehr als einem halben Dutzend Eil- oder Abänderungsverfahren beschäftigt haben. Die übrigen vier Bauabschnitte dieses Bauprojekts von insgesamt 10 WEA sind im hiesigen Abänderungsverfahren allerdings nicht streitgegenständlich. Sie setzen sich aus drei Anlagen des Bauabschnitts „I. II“ (= 5. Bauabschnitt), die ebenfalls die Beigeladene zu 2) verwirklichen will (vgl. insoweit u. a. Nds. OVG, Beschl. v. 15.12.2021 - 12 MS 97/21 -, BauR 2022, 475 ff., hier zitiert nach juris), und sechs Anlagen des Windparks „L.“ zusammen, den in drei (1., 3. und 4.) weiteren Bauabschnitten (WEA „BWP 02 bis 05“, WEA „BWP 01“ bzw. WEA „BWP 06“) die Bürgerwindpark L. Betreibergesellschaft mbH & Co. KG bereits errichtet hat und betreibt (vgl. u. a. Nds. OVG, Beschl. v. 24.9.2021 - 12 ME 45/21 -, BauR 2022, 76 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 2 ff.).
Seinen von dem hiesigen Abänderungsbegehren betroffenen Beschluss vom 21. April 2022 hat der Senat im Wesentlichen begründet wie folgt: Nach derzeitigem Sachstand sei davon auszugehen, dass das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs die Vollzugsinteressen der Beigeladenen und der Öffentlichkeit überwiege. Denn der Widerspruch des Antragstellers sei voraussichtlich zulässig und wahrscheinlich auch gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG begründet. Die Genehmigung für die WEA „J. 01“ dürfte namentlich gegen die Rechtsvorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 8 Satz 1 und Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) NDSchG [alter Fassung – a. F. –] verstoßen, die für die Genehmigungsentscheidung von Bedeutung seien. Es spreche Überwiegendes dafür, dass ein stärkerer „Freischnitt“ der N. Mühle der Beurteilung im Rahmen des § 8 Satz 1 NDSchG zugrunde gelegt werden könne. Dann aber würde das Erscheinungsbild der Mühle gegen Nordosten, das für den Wert des Denkmals von einigem Gewicht sei, von einer dort vor ihr errichteten WEA in der Größe der „J. 01“ wahrscheinlich erheblich beeinträchtigt. Der Senat teile auch nicht die Auffassung, die Errichtung und der Betrieb der WEA „J. 01“ seien hier gleichwohl auf der Grundlage des § 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) NDSchG [a. F.] zu genehmigen. Da sich (auch) der Gesichtspunkt einer regelmäßig auf 20 Jahre beschränkten Lebensdauer von WEA nicht eigne, um Beeinträchtigungen von Kulturdenkmalen zu relativieren, käme eine Genehmigung der WEA „J. 01“ allenfalls unter besonderen (engen) Voraussetzungen in Betracht. Es müsste hierzu nämlich eine ihrer rechtlichen Struktur nach nachvollziehende Abwägung Folgendes ergeben: Das öffentliche Interesse am Einsatz erneuerbarer Energien überwiege das Interesse am unveränderten Erscheinungsbild des betroffenen Kulturdenkmals in der Weise, dass es eine Zweck-Mittel-Relation als verhältnismäßig rechtfertige, durch die der erreichbaren Stromproduktion (als Zweck) gegenüber dem Rang und Beeinträchtigungsgrad des betroffenen Kulturdenkmals am geplanten Standort (Letzterer als Mittel) der Vorzug gegeben werde, ohne dabei den Gesichtspunkt der Standortalternative auszublenden. Wo Kulturdenkmale in ihrem Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigt würden, scheide eine solche Rechtfertigung jedoch in aller Regel aus. Denn da sich WEA, die nicht als Nebenanlage geplant seien, sondern allgemein der Stromerzeugung dienten, auch andernorts errichten ließen, werde ihr Bau und Betrieb an einem bestimmten, tendenziell denkmalwidrigen Standort schon nicht erforderlich (geschweige denn verhältnismäßig im engeren Sinne) sein. So liege es wahrscheinlich auch im vorliegenden Falle. Das Erscheinungsbild der letzten denkmalgeschützten Windmühle im Gebiet des Antragsgegners dürfe nach gegenwärtiger Rechtslage nicht auf mindestens zwei Jahrzehnte „geopfert“ werden, ohne zuvor ernsthaft das Vorhandensein von Standortalternativen geprüft zu haben. Diese Prüfung dürfte sich hier auf das gesamte Gebiet des Antragsgegners zu erstrecken haben. Für die WEA „J. 01“ habe der Antragsgegner sie indessen nicht vorgenommen. Jedenfalls daran scheitere eine Anwendung des § 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) NDSchG [a. F.] zugunsten des Vorhabens der Beigeladenen.
Die Beigeladenen machen u. a. Folgendes geltend:
[1] Ihr Abänderungsantrag sei „begründet“, weil in Gestalt der aktuellen Fassung des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG (= NDSchG neuer Fassung – n. F. –) durch den Art. 2 (des oben bereits näher bezeichneten) Änderungsgesetzes vom 28. Juni 2022 veränderte Umstände vorlägen, die geeignet seien, eine Änderung der Senatsentscheidung vom 21. April 2022 herbeizuführen. Der Rechtsbehelf in der Hauptsache werde aller Voraussicht nach erfolglos sein, weil die Genehmigung jetzt rechtmäßig sei und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletze. Auf den Senatsbeschluss vom 21. April 2022 habe der Landesgesetzgeber reagiert und dabei zugunsten der erneuerbaren Energien und des Interesses der Öffentlichkeit an diesen Energien Position bezogen. Das vormalige gesetzliche Tatbestandsmerkmal, wonach sich der Eingriff als „zwingend verlangt“ darstellen musste, sei entfallen. Damit sei nunmehr auch eine Prüfung von Standortalternativen nicht mehr gefordert. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. sei folglich der Eingriff in ein Kulturdenkmal bereits zu genehmigen, wenn das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiege, was nach § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. in der Regel der Fall sei, wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel sei und in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig eingegriffen werde. Ein solcher Regelfall liege hier vor. Denn mit dem späteren Rückbau der umstrittenen WEA, die eine Entwurfslebensdauer von 20 Jahren habe, stelle sich die Frage einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals nicht mehr, weshalb der Eingriff in das Erscheinungsbild umkehrbar sei. Ein Eingriff in die Denkmalsubstanz finde ohnehin nicht statt. Es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, die hier eine Ausnahme vom Regelfall des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. begründen könnten. Vielmehr gelte: „Der Nutzen sei ein Teil der Schönheit.“ (Albrecht Dürer). Für das Interesse an der Vollziehung des Genehmigungsbescheides sprächen zudem die Grundentscheidung in § 63 BImSchG und der auch dem Unionsrecht Rechnung tragende § 2 EEG n. F. Abschließend werde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2022 – 1 BvR 1187/17 –, und namentlich auf deren Leitsätze 3 und 4, verwiesen.
[2] Zu Unrecht beanstande der Antragsteller die Höhe der in der angefochtenen Genehmigung festgesetzten (vgl. Bl. 274 f. GA) Rückbausicherheit von 166.000,- EUR als unzureichend. Es fehle ihm insoweit bereits an einer Rügebefugnis, weil diese Rüge nicht von seinem satzungsgemäßen Zweck als Umweltvereinigung erfasst werde. Bei der Festlegung einer Rückbausicherheit sei zudem eine Pauschalierung zulässig, die vorliegend entsprechend der grundsätzlichen Vorgabe des Niedersächsischen Windenergieerlasses (Nabenhöhe x 1.000 EUR/m) erfolgt sei. Zwar könne in außergewöhnlichen Konstellationen eine abweichende Bemessung der Sicherheitsleistung vorgenommen werden. Eine solche Konstellation sei hier aber nicht erkennbar. Denn der Hersteller beziffere die Rückbaukosten für den hiesigen Anlagentyp in einem Dokument vom 15. Januar 2019 (Bl. 776 f. GA) auf 166.695,20 EUR. Dies bestätige die Richtigkeit der pauschalierten Annahme eines Sicherungsbedarfs von 1.000 EUR/m. Es sei zwar nicht erforderlich, aber unschädlich, dass in diese Bezifferung Erlöse aus der Verwertung des Altmaterials der zurückgebauten Anlage eingegangen seien. Vielmehr decke die nicht notwendig in die Berechnung eingestellte Erlössumme die von dem Antragsteller geforderte Berücksichtigung von Preisindexen und Inflation, weshalb die Sorge ausgeräumt sein sollte, der Betrag könne zu niedrig sein.
Die Beigeladenen beantragen (Bl. 704 GA),
den Beschluss des Senats vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21 – abzuändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 17. August 2020 gegen die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der WEA „J. 01 –I. I“ vom 31. Juli 2020 abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt (Bl. 731 GA),
den Antrag der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21 – abzulehnen.
Er erwidert u. a. Folgendes auf den Abänderungsantrag:
Dieser sei unbegründet. Denn sein, des Antragstellers, Interesse an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 17. August 2020 gegen die hier umstrittene Genehmigung der WEA „J. 01“ überwiege weiterhin die Vollzugsinteressen der Beigeladenen.
[1] Der mit der Verwirklichung des Vorhabens verbundene Eingriff in das Baudenkmal „N. Mühle“ verstoße nämlich auch gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 8 Sätze 1 und 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG n. F. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen der Beigeladenen müssten nach den insoweit fortgeltenden Ausführungen des Senats die zu erwartenden Beeinträchtigungen dieses Baudenkmals weiterhin als erheblich betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund überwiege noch immer sein, des Antragstellers, Interesse an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs die Vollzugsinteressen der Beigeladenen und nicht das öffentliche Interesse an der Errichtung der WEA gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals. Die „Regelvermutung“ des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. greife nicht bzw. sei widerlegt. Denn wegen der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und der dem Eigentümer eines Denkmals auferlegten Pflichten sei es nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats geboten, dem Denkmaleigentümer ein Abwehrrecht gegen erhebliche Beeinträchtigungen seines Denkmals zuzubilligen. Dies müsse ungeachtet des Wegfalls des bisherigen Tatbestandsmerkmals „zwingend verlangt“ auch die Auslegung des § 7 NDSchG n. F. und damit der „Regelvermutung“ des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. leiten. Denn ohne Anerkennung entsprechender Ausnahmen von der Regel würde der Denkmaleigentümer schutzlos gestellt und sein verfassungsrechtlicher Schutz unterlaufen. Im vorliegenden Fall sei schon fraglich, ob überhaupt von einem reversiblen Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des Denkmals ausgegangen werden könne. Denn es sei völlig unklar, ob und wann ein Rückbau der umstrittenen WEA, der nicht ansatzweise finanziell abgesichert sei, erfolgen könne. Außerdem wäre bei Verwirklichung des Vorhabens das Erscheinungsbild der N. Mühle langwährend, nämlich für mindestens 20 Jahre, erheblich beeinträchtigt. Auch deshalb müsse hier eine Ausnahme von der „Regelvermutung“ des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. anerkannt werden. Des Weiteren sei insoweit zu berücksichtigen, dass keine Standortalternativen-Prüfung durchgeführt worden sei. Zumindest solange offenbleibe, ob es einen geeigneten Alternativstandort gebe, erscheine aber das öffentliche Interesse, die WEA unbedingt am geplanten Standort zu errichten, obwohl dies zu erheblichen Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes eines Baudenkmals führen würde, als unzureichend. Eine Entscheidung des Antragsgegners, ob eine Ausnahme von der „Regelvermutung“ des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. vorliege, sei im Übrigen nicht getroffen worden.
[2] Es fehle ihm, dem Antragsteller, schon deshalb nicht die Rügebefugnis, um eine unzureichende Höhe der Rückbausicherheit geltend zu machen, weil es nicht erforderlich sei, dass der geltend gemachte Rechtsverstoß zugleich spezifische und unmittelbare Bezüge zu den von ihm, dem Antragsteller, satzungsgemäß geförderten Belangen habe. Abzusichern seien die Kosten für eine Ersatzvornahme. Deshalb spielten Erträge aus einer dem Rückbau erst nachfolgenden Verwertung von Restmaterialien keine Rolle und sei die von den Beigeladenen vorgelegte Kalkulation dahin zu interpretieren, dass die dort genannten Rückbaukosten ohne Berücksichtigung der Erträge aus einer Verwertung netto 204.280,- EUR (brutto 243.000,- EUR) betrügen. Dabei seien allerdings zu Unrecht die Kosten für eine Rekultivierung des Bodens sowie ein Inflationsausgleich unberücksichtigt geblieben. Allein Letzterer würde schon eine Aufzinsung des Betrages von 243.000,- EUR über 20 Jahre (mit mindestens 2 %) auf 360.000,- EUR erforderlich machen. Die zu erbringende Sicherheitsleistung sei so hoch zu bemessen, dass bei Aufgabe der Nutzung mit ihr im Wege der Ersatzvornahme die vollständige Beseitigung der WEA (inklusive des Fundaments) und die Renaturierung der Aufstellfläche (einschließlich Lockerung des Bodens) sowie eine Beseitigung der Nebenanlagen bewirkt werden könnten. Dabei erlaube § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB zwar eine Pauschalierung der Kostenschätzung. Letztere müsse aber auf einer geeigneten Grundlage beruhen und die an sie anknüpfende Pauschalierung sachlich nachvollziehbar sein. Das sei vorliegend mit dem Satz von 1.000,- EUR/m der Nabenhöhe nicht der Fall. Die Diskrepanz zwischen dem sich daraus ergebenden Betrag und der Höhe einer rechtmäßig bemessenen Rückbausicherheit sei vielmehr so groß, dass Einzelheiten der Bemessung des Betrages dahinstehen könnten.
Der Antragsgegner erklärt (Bl. 740 [Rückseite – R –] GA),
er schließe sich dem Abänderungsantrag der Beigeladenen „vollinhaltlich“ an.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Abänderungsantrag der Beigeladenen und des Antragsgegners ist zulässig; insbesondere sind die Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO erfüllt. Denn in Gestalt der durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes und zur Minderung der Folgen des Klimawandels sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 28. Juni 2022 (Nds. GVBl., S. 388 [392]) vorgenommenen Änderungen des § 7 Abs. 2 NDSchG liegt eine Änderung der Rechtslage vor, die im Hinblick auf den vorliegend für deren Beurteilung maßgebenden aktuellen Zeitpunkt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.9.2020 - 12 ME 29/20 -, RdL 2021, 27 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 88) und die im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommende Intention des Gesetzgebers, die denkmalrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit von Vorhaben der Windenergienutzung merklich herabzusetzen, eine Abänderung des Senatsbeschlusses vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21 – als möglich erscheinen lässt.
Der Abänderungsantrag der Beigeladenen und des Antragsgegners ist aber unbegründet, weil sich der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes weiterhin – wenn auch aus anderen Gründen, als denjenigen der Erstentscheidung des Senats vom 21. April 2022 – als zulässig und begründet erweist.
Hinsichtlich der Zulässigkeit des Eilantrages des Antragstellers gelten die Ausführungen fort, die sich unter II. 1. und 2. der Erstentscheidung des Senats vom 21. April 2022 finden (Bl. 717 [R] GA). Die Geltendmachung von einzelnen Rechtsverstößen (hier namentlich die Höhe der Rückbausicherheit betreffend), die – möglicherweise – nicht den Aufgabenkreis des Antragstellers berühren, führt nicht zur teilweisen Unzulässigkeit des Eilantrags (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.9.2020 – 12 ME 29/20 –, a. a. O., juris, Rn. 50).
Auch nach derzeitigem Sachstand ist davon auszugehen, dass das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs die Vollzugsinteressen der Beigeladenen zu 2) und der Öffentlichkeit überwiegt. Denn der Widerspruch des Antragstellers gegen die Genehmigung vom 31. Juli 2020 (Az.: K.) für den Bauabschnitt „I. I“, d. h. für die Errichtung und den Betrieb der WEA „J. 01“, ist voraussichtlich zulässig (1.) und wahrscheinlich auch begründet (2.).
1. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Widerspruchs gelten weiterhin die Ausführungen unter II. 1. (Bl. 717 [R] GA) der Erstentscheidung des Senats vom 21. April 2022 entsprechend. Die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO wurde bezüglich der Ursprungsfassung der hiesigen Genehmigung eingehalten.
2. Der Widerspruch dürfte gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG auch weiterhin begründet sein, weil er sich gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG richtet (a), die wahrscheinlich gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind (b), und Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die der Antragsteller nach seiner Satzung fördert (c), und weil außerdem bei der angefochtenen Genehmigungsentscheidung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden hat (d).
a) und d) Hinsichtlich der obigen Voraussetzungen zu a) und zu d) haben die Ausführungen weiter Gültigkeit, die sich unter II. 3. a) bzw. d) der Erstentscheidung des Senats vom 21. April 2022 finden (Bl. 718 bzw. 724 [R] GA).
b) Die Genehmigung vom 31. Juli 2020 (Az.: K.) für den Bauabschnitt „Bostel-wiebeck I“ dürfte weiterhin gegen Rechtsvorschriften verstoßen, die für die Genehmigungsentscheidung von Bedeutung sind. Zwar dürfte sie nicht § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 8 Satz 1 und Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG n. F. (aa) oder § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 35 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (hier: dem Vorhaben etwa entgegenstehender öffentlicher Belang des Denkmalschutzes) sowie i. V. m. § 2 EEG n. F. verletzten (bb). Sie dürfte aber weiterhin mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB nicht zu vereinbaren sein (cc).
aa) Im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zutreffend sehen die Beigeladenen auf der Grundlage des § 8 Satz 1 und Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG n. F. kein denkmalrechtliches Hindernis für die Zulassung des Vorhabens der Beigeladenen zu 2) mehr.
Zu Recht macht allerdings der Antragsteller geltend, dass unverändert davon auszugehen sei, die Verwirklichung dieses Vorhabens führe voraussichtlich zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Baudenkmals „N. Mühle“. Insoweit hält der beschließende Senat auch vor dem Hintergrund der veränderten denkmalrechtlichen Rechtslage an den Erwägungen fest, die sich – mit Ausnahme der dortigen Ausführungen im ersten, sechsten sowie letzten Absatz – unter II. 3. b) vor aa) seines Beschlusses vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21 – finden (Bl. 718 f. GA) bzw. in diesem Beschluss unter II. 3. b) aa) bis dd), im letzten Absatz unter II. 3. b) ee) sowie unter II. 3. b) gg) und hh) wiedergegeben werden (Bl. 719 [R] f., Bl. 721 [R] bzw. Bl. 722 [R] f. GA).
Nicht festgehalten werden kann aber an der gerichtlichen Einschätzung unter II. 3. b) jj) des vorgenannten Beschlusses, das Vorhaben sei daher nach derzeitigem Sachstand auch auf der Grundlage des § 8 Satz 3 NDSchG nicht zu genehmigen. Denn kraft dieser Vorschrift kommt nun nicht mehr § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) NDSchG a. F., sondern § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG n. F. zur Anwendung. Der Landesgesetzgeber hat durch die Neufassung des § 7 Abs. 2 NDSchG den Umgebungsschutz von Denkmälern in wahrscheinlich verfassungskonformer Weise dergestalt reduziert, dass die gegen das Vorhaben sprechenden Belange des Denkmalschutzes in den angeführten Fällen in der Regel – und damit ungeachtet der zu befürchtenden erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes der N. Mühle voraussichtlich auch im vorliegenden Falle – überwunden werden.
Für die Auslegung des § 7 Abs. 2 NDSchG n. F. sind die Gesetzgebungsgeschichte und damit mittelbar auch der Inhalt der Vorfassung (namentlich § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b] NDSchG a. F.) bedeutsam.
Nach der auf die Gesetzesmaterialien (Entwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des NDSchG, Begründung, LT-Drucks. 16/3208, S. 13, zu Nr. 5 [§ 7 Abs. 2 Nr. 2 NDSchG a. F.]) gestützten Rechtsprechung des 1. Senats (Beschl. v. 6.11.2017 - 1 LA 8/17 -, S. 6 ff. der Abschrift) des beschließenden Gerichts zur Auslegung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) NDSchG a. F. lag dieser Norm eine dreistufige Abwägungssystematik zugrunde. Der Gesetzgeber habe eine dreistufige Prüfung vorgenommen sehen wollen, bei der kein Tatbestandsmerkmal die Erfüllung des folgenden indiziere. Für den Eingriff habe daher – erstens – im jeweiligen Einzelfall ein öffentliches Interesse bestehen müssen. Diesem habe – zweitens – ein Gewicht zukommen müssen, welches das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiege. Drittens – und vor allem – habe hinzukommen müssen, dass dieses öffentliche Interesse am Eingriff in das Kulturdenkmal den Eingriff zwingend verlange. Das sei das dogmatische Einfallstor für die Prüfung von Aufstellungsalternativen. Wie teilweise bereits oben unter I. wiedergegeben worden ist, hat der beschließende Senat in seiner Entscheidung vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21 – sodann das Tatbestandsmerkmal „zwingend verlangt“ in Anknüpfung an ältere Rechtsprechung des 1. Senats wie folgt charakterisiert: Bei der Prüfung, ob der Eingriff zwingend verlangt werde, sei (nur) eine Zweck-Mittel-Relation vorzunehmen. Sei im Einzelfall das öffentliche Interesse von großem Gewicht und seien die Beeinträchtigungen des Baudenkmals vergleichsweise gering, so könne das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals bejaht werden. Dies bedeute allerdings zugleich, dass in Fällen erheblicher Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes eines Baudenkmals eine Genehmigung in aller Regel ausscheide. Es müsste hierzu nämlich eine ihrer rechtlichen Struktur nach nachvollziehende Abwägung Folgendes ergeben: Das öffentliche Interesse am Einsatz erneuerbarer Energien überwiege das Interesse am unveränderten Erscheinungsbild des betroffenen Kulturdenkmals in der Weise, dass es eine Zweck-Mittel-Relation als verhältnismäßig rechtfertige, durch die der erreichbaren Stromproduktion (als Zweck) gegenüber dem Rang und Beeinträchtigungsgrad des betroffenen Kulturdenkmals am geplanten Standort (Letzterer als Mittel) der Vorzug gegeben werde, ohne dabei den Gesichtspunkt der Standortalternative auszublenden.
Mit der Neufassung des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. ist eine Herabsetzung der Schwelle für die Zulassung der Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien bezweckt. Für derartige Vorhaben ist daher das Tatbestandsmerkmal des „zwingend Verlangt-Seins“ des Eingriffs, und damit die dritte Stufe der Abwägungssystematik, gestrichen worden. Allerdings hat der Gesetzgeber – in Abkehr von einem zunächst anderslautenden Gesetzentwurf – an dem Erfordernis der Abwägung als solcher festgehalten, und zwar um die Verhältnismäßigkeit der Eingriffsgrundlage (§ 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F.) in Relation zu den mit denkmalrechtlichen Pflichten belasteten Denkmaleigentümern sowie in Bezug auf das Erscheinungsbild besonders bedeutsamer Kulturdenkmale zu wahren (vgl. Ergänzender Schriftlicher Bericht [des Abg. O. – Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz –] zu dem Entwurf der Fraktionen der SPD und der CDU für ein Niedersächsisches Klimagesetz, LT-Drucks. 18/11430, S. 33 f., zu Nrn. 1 und 2 [§ 7 Abs. 2 NDSchG n. F.]). Es wurde zudem mit § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. eine an bestimmte einschränkende Tatbestandsmerkmale geknüpfte Vorgabe für die Abwägung eingeführt.
α) Diese Änderungen haben aber nichts daran geändert, dass gemäß § 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. keine Abwägung mit einem behördlichen Beurteilungs- oder Gestaltungsspielraum vorzunehmen ist, sondern lediglich eine nachvollziehende Abwägung als Grundlage der in § 10 Abs. 1 Nr. 4 NDSchG vorgesehenen gebundenen behördlichen Entscheidung – die vorliegend allerdings gemäß § 13 Abs. 1 BImSchG und § 10 Abs. 4 Satz 1 NDSchG in der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingeschlossen ist.
Weil auch nach neuem Landesdenkmalrecht weder ein behördlicher Spielraum noch ein behördliches Ermessen besteht, kann es dem Rechtsbehelf des Antragstellers nicht zum Erfolg verhelfen, dass der Genehmigungsbescheid vom 31. Juli 2020 (Az.: K.), der eine gesonderte Genehmigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 NDSchG erübrigt, hierbei nicht auf einer ihm vorangegangenen behördlichen Prüfung des Vorhabens der Beigeladenen zu 2) anhand des § 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. fußt.
β) Dem Antragsteller dürfte ferner nicht darin zu folgen sein, dass § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. (nur) eine gesetzliche „Regelvermutung“ enthalte, die erst in Zweifelsfällen eingriffe.
Die Gesetzesmaterialien (vgl. Ergänzender Schriftlicher Bericht [des Abg. O. – Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz –] zu dem Entwurf der Fraktionen der SPD und der CDU für ein Niedersächsisches Klimagesetz, LT-Drucks. 18/11430, S. 33 f., zu Nrn. 1 und 2 [§ 7 Abs. 2 NDSchG]) lassen klar erkennen, dass § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. dahingehend auszulegen ist, dass die Errichtung einer WEA in der Umgebung eines Denkmals – regelmäßig und so auch hier – einen lediglich reversiblen Eingriff in das Erscheinungsbild darstellt, der – weil er die denkmalwerte Substanz überhaupt nicht erfasst – den in § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. genannten Fällen der Geringfügigkeit des Eingriffs in diese Substanz im Wege eines Erst-recht-Schlusses (a maiore ad minus) gleichgestellt werden muss.
Die weitere dogmatisch richtige Interpretation des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. liegt allerdings nicht auf der Hand. Die Vorschrift knüpft inhaltlich an § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. an. Nach Auffassung des beschließenden Senats sind folgende (jeweils verfassungskonform handhabbaren) Alternativen ihrer Deutung in Betracht zu ziehen:
Zum einen ließe sich die Norm als eine gesetzliche Vorgabe des Abwägungsergebnisses deuten, die den Abwägungsvorgang ganz erübrigt, wenn neben ihren beiden bestimmten Tatbestandsmerkmalen (Reversibilität des Eingriffs und geringe Eingriffsbetroffenheit der denkmalwerten Substanz) ein weiteres unbestimmtes Tatbestandsmerkmal, nämlich der durch Auslegung zu konkretisierender Regelfall, vorliegt. Bei Erfüllung der genannten bestimmten Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. fände hiernach eine ergebnisoffene Abwägung nur noch in Ausnahmefällen statt. Dabei dürften die Gesichtspunkte, unter denen ein Ausnahmefall bejaht wurde, dann zumeist auch die nachfolgende nachvollziehende Abwägung vorzeichnen – wie das in ähnlicher Weise von den sogenannten Koppelungsvorschriften bekannt ist, die einen unbestimmten Rechtsbegriff auf Tatbestandsseite mit Ermessen auf der Rechtsfolgenseite verbinden. Im Ergebnis würde eine solche Gesetzesinterpretation die entscheidende Weichenstellung für die denkmalrechtliche Zulassung einer WEA, deren Errichtung – wie im vorliegenden Falle – die unveränderten Erhaltung eines Kulturdenkmals beeinträchtigt, von der Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. auf eine Abgrenzung zwischen Regel- und Ausnahmefall im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. verlagern.
Zum anderen ließe sich § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. (nur) als der Ausdruck einer – an das Vorliegen der genannten bestimmten Tatbestandsmerkmale geknüpften – Gewichtungsvorgabe für die nachvollziehende Abwägung des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. begreifen. In dieser Deutungsalternative legte der Landesgesetzgeber dem öffentlichen Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien zwar verbindlich ein so hohes Gewicht bei, dass es sich in der nachvollziehenden Abwägung regelhaft durchsetzt, schlösse damit aber nicht von vornherein aus, dass dieses Interesse im Einzelfall gleichwohl von dem Interesse an der unveränderten Erhaltung des Erscheinungsbildes des betroffenen Kulturdenkmals überwogen werden kann. Mit anderen Worten bestünde die Wirkung der Norm – wenn deren genannte bestimmten Tatbestandsmerkmale vorliegen – darin, der mit ihr verfolgten Zielsetzung einer erleichterten und vermehrten Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien ein besonderes Gewicht beizumessen, um ihr dadurch in der nachvollziehenden Abwägung erhöhte Durchsetzungskraft zu verleihen, ohne den derart aufgewerteten Belang ganz der Abwägung zu entziehen und einen Abwägungsvorgang zu erübrigen. Die Vorschrift wiese in dieser Auslegung eine enge Verwandtschaft mit den aus dem Fachplanungsrecht bekannten Optimierungsgeboten (vgl. dazu eingehend Ziekow, in: Ziekow [Hrsg.], Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, § 6 Rnrn. 28 f., m. w. N., sowie grundlegend BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 - BVerwG 4 C 73.82 -, BVerwGE 71, 163 [164 f.]) auf, von denen sie sich allerdings dadurch unterschiede, dass sie weder die Ausfüllung eines planerischen Gestaltungsspielraums der Behörde noch die Abwägung einer Vielzahl diverser Belange steuerte.
Der beschließende Senat neigt mehr der zweiten Deutungsalternative des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. zu. Denn das Gesetz gibt keine evidenten Kriterien für eine Abgrenzung von Regel- und Ausnahmefällen im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. vor. Außerdem würde diese Abgrenzung – für die Ausnahmefälle – zu einer unnötigen Aufspaltung der gebundenen Entscheidung in zwei Prüfungsschritte führen, wohingegen die mit ihr – für die Regelfälle – erreichbare Entlastung von dem dann zweiten Prüfungsschritt bei WEA gering ausfiele, zumal nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG ohnehin nur zwei Interessen gegeneinander abzuwägen sind.
Für die vorliegende Eilentscheidung können diese Fragen der rechtlichen Konstruktion aber weitgehend dahinstehen. Denn selbst wenn der Abwägung nach § 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. zunächst eine gesonderte Prüfung vorzuschalten wäre, ob im Sinne der ersten Deutungsalternative des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. kein Regel-, sondern ein Ausnahmefall gegeben ist, würde das im hiesigen Fall keinen Unterschied machen.
Obwohl die Errichtung der umstrittenen WEA „J. 01“ eine nicht nur „einfache“, sondern erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des betroffenen Kulturdenkmals bewirken würde, ist nämlich auf der Grundlage des bisherigen Sachstandes davon auszugehen, dass nach beiden Deutungsalternativen des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. eine Genehmigung gemäß § 8 Satz 3 NDSchG erteilt werden darf. Denn weder ist die N. Mühle ein besonders bedeutsames Kulturdenkmal, noch lässt sich für die ihr Erscheinungsbild beeinträchtigende WEA „J. 01“ eine sich aufdrängende, vorzugswürdige Standortalternative erkennen. Sollte daraufhin nicht bereits ein Regelfall im Sinne der vorgenannten ersten Auslegungsalternative des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. zu bejahen sein, würde sich daher voraussichtlich nunmehr zumindest in der nachvollziehenden Abwägung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. das öffentliche Interesse an der Errichtung der WEA „J. 01“ gegen das öffentliche Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals „N. Mühle“ durchsetzen. Das ergibt sich aus der oben umschriebenen Gewichtungsvorgabe, die selbst bei einer Favorisierung der ersten Deutungsalternative des § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. eben dieser Norm – zumindest zugunsten der Errichtung von WEA – für die Ausnahmefälle entnommen werden muss. Denn es ist gerade der Inhalt der landesgesetzgeberischen Rechtsänderung zugunsten der Windenergie, zu welcher der vorliegende Fall den Anlass gegeben hatte, dass sich das Interesse an der Errichtung von WEA nun ohne weiteres in der Abwägung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. durchsetzen kann, selbst wenn das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals durch die Anlage nicht nur einfach, sondern sogar erheblich beeinträchtigt wird.
γ) Der beschließende Senat teilt allerdings nicht die Rechtsauffassung der Beigeladenen, dass mit der Streichung des Tatbestandsmerkmals des „zwingend Verlangt-Seins“ in der Neufassung des § 7 Abs. 2 NDSchG jedes Erfordernis der Berücksichtigung etwa vorhandener [Planungs- oder] Standortalternativen vollständig entfallen wäre.
Denn unter dem Blickwinkel der anzustrebenden Vermeidung oder Minimierung etwa zu befürchtender Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes eines Kulturdenkmals kann sich die Vorzugswürdigkeit bestimmter Alternativplanungen und Alternativstandorte geradezu aufdrängen. Die eigens zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Eingriffsgrundlage des § 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NDSchG n. F. – zumindest für die Ausnahmefälle – beibehaltene Abwägung könnte diese ihr zugedachte Funktion aber nur unvollkommen erfüllen, wenn selbst solche vorzugswürdigen Alternativen, die sich aufdrängen, im Rahmen der denkmalrechtlichen Abwägung unberücksichtigt bleiben müssten. Gerade durch die Eröffnung einer Alternativenprüfung findet nämlich das Verhältnismäßigkeitsprinzip in Abwägungsentscheidungen seinen Ausdruck, die über die Zulassung von Vorhaben zu treffen sind (vgl. für die fachplanerische Abwägung: BVerwG, Beschl. v. 26.6.1997 - BVerwG 4 B 97.97 -, NVwZ-RR 1998, 357, hier zitiert nach juris, Rn. 6). Auch ergeben sich schutzwürdige Interessen des Denkmaleigentümers aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bereits dann, wenn das Vorhaben den mit der Unterschutzstellung des Denkmals angestrebten Zweck erheblich beeinträchtigen und die vom Denkmaleigentümer in Erfüllung der ihm auferlegten Erhaltungspflicht getätigten Investitionen in die Denkmalsubstanz nachhaltig entwerten kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.1.2016 - BVerwG 4 BN 11.15 -, ZfBR 2016, 263 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 10).
Diese eine Alternativenprüfung weiterhin einschließende Norminterpretation erscheint nicht als ein notwendiger Bruch mit dem Verständnis der Abwägungssystematik des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) NDSchG a. F. Denn vor dem Hintergrund einer zu dieser Vorschrift ergangenen norminterpretierenden Verwaltungsvorschrift war schon nach altem Recht umstritten, ob eventuell vorhandene Alternativplanungen (vgl. u. a. § 8 Satz 2 Alt. 1 NDSchG) und -standorte nicht statt auf der dritten bereits auf der zweiten Stufe der dreistufigen Abwägungssystematik in die Prüfung einzubeziehen seien (vgl. Kleine-Tebbe, in: Kleine-Tebbe/Guntau, NDSchG, 4. Aufl. 2020, § 7, Anm. 5.2.2.2). Es mag hier dahinstehen, wo genau nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) NDSchG a. F. richtigerweise das dogmatische Einfallstor für die Berücksichtigung etwaiger derartigen Alternativen zu finden war. Jedenfalls nach dem neuem Recht ist sie der vormalig vorletzten, jetzt aber letzten zweiten Stufe der Abwägungssystematik zuzuweisen.
Bereits aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in Reaktion auf die Entscheidung des beschließenden Senats vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21 – eine in der Rechtsanwendungspraxis merkliche Änderung jener Rechtslage herbeiführen wollte, nach der sich (insbesondere bei fehlender wirksamer Konzentrationsflächenplanung) die Unterlassung einer auf das gesamte Gebiet des Trägers der Regionalplanung erstreckten Prüfung etwaiger Standortalternativen als Hindernis für die Zulassung von Windenergieanlagen an im Ausgangspunkt (d. h. bei Ausblendung des § 8 Satz 3 NDSchG und Beurteilung allein nach § 8 Satz 1 NDSchG) denkmalwidrigen Aufstellungsorten darstellte, lässt sich allerdings Folgendes schließen: Auch mit Blick auf die Relevanz von Standortalternativen ist nach der neuen Rechtslage nicht alles beim Alten geblieben. Die Rechtsänderung hat vielmehr zumindest für den Regelfall zu einer Reduktion der Fläche geführt, in welcher vorhandene Standortalternativen nach bisherigem Recht zu Lasten einer WEA relevant werden konnten, wenn die Errichtung der WEA an einem im Ausgangspunkt denkmalwidrigen Aufstellungsort genehmigt werden sollte. Dabei dürfte die Reduktion dieser Fläche nach dem neuem Recht von einer fehlenden oder vorhandenen besonderen Bedeutsamkeit (vgl. Ergänzender Schriftlicher Bericht [des Abg. O. – Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz –] zu dem Entwurf der Fraktionen der SPD und der CDU für ein Niedersächsisches Klimagesetz, LT-Drucks. 18/11430, S. 33 f., zu Nrn. 1 und 2 [§ 7 Abs. 2 NDSchG]) des in seinem Erscheinungsbild betroffenen Kulturdenkmals abhängen. Jedenfalls sofern – wie vorliegend – das Kulturdenkmal weder besonders bedeutsam ist noch am Rande der Standortgemeinde (hier: L.) der zur Genehmigung gestellten WEA liegt, dürfte es daher keiner Betrachtung von etwaigen Standortalternativen außerhalb des Gemeindegebietes mehr bedürfen. Außerdem dürfte sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 NDSchG n. F. zugunsten des Vorhabens auch in Bezug auf etwaige Standortalternativen eine Verschiebung der Argumentationslast ergeben (vgl. – Optimierungsgebote betreffend – Ziekow, in: Ziekow [Hrsg.], Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, § 6 Rn. 29).
Weitere Einzelheiten der denkmalrechtlichen Relevanz etwaiger Planungs- oder Standortalternativen bedürfen im vorliegenden Änderungsverfahren keiner Klärung. Dies gilt insbesondere für die Beantwortung der Frage, inwieweit sich Grundsätze, die für Alternativenprüfungen einer Zulassungs- oder Planfeststellungsbehörde gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG bzw. im Fachplanungsrecht gelten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.6.2015 - BVerwG 4 B 61.14 -, juris, Rn. 17, sowie eingehend Ziekow, in: Ziekow [Hrsg.], Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, § 6 Rnrn. 41 ff., m. w. N.), auf das niedersächsische Denkmalrecht übertragen lassen. Der Antragsgegner dürfte allerdings nicht fehlgehen, im Widerspruchsverfahren das Gemeindegebiet P. daraufhin zu betrachten, ob sich das dortige Vorhandensein und die (letztlich auch unter Einschluss der übrigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu beurteilende) Vorzugswürdigkeit von Standortalternativen für die WEA „J. 01“ aufdrängen. Umgekehrt wird der Antragsteller – zumal ihn als anerkannte Umweltvereinigung, die sich auch den Denkmalschutz eigens auf ihre Fahnen geschrieben hat, eine besondere Mitwirkungsobliegenheit trifft (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 24.9.2021 - 12 ME 45/21 -, BauR 2022, 76 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 77, m. w. N.) – nach dem nun aktuellen Denkmalrecht schwerlich ein prozessual durchschlagendes Genehmigungshindernis aufzeigen können, indem er im gerichtlichen Verfahren (lediglich) geltend macht, eine sich aufdrängende vorzugswürdige Standortalternative hätte sich (wohl) irgendwo in L. finden lassen, wäre nach ihr gesucht worden.
Nach alledem spricht – vorbehaltlich bislang nicht zu erkennender Planungs- oder Standortalternativen – Überwiegendes für eine Verhältnismäßigkeit des vorliegend zugelassenen Eingriffs – und damit für eine nunmehr gegebene denkmalrechtliche Zulässigkeit der WEA „J. 01“.
δ) Zu Unrecht rügt der Antragsteller, es sei eine verfassungskonforme Auslegung des § 8 Satz 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG geboten, nach der bereits die mit der Errichtung der WEA „J. 01“ auch weiterhin zu befürchtende erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals „N. Mühle“ ein unübersteigbares Genehmigungshindernis für das umstrittene Vorhaben darstelle.
Es ist ihm zwar einzuräumen, dass der beschließende Senat in seinem Urteil vom 23. August 2012 – 12 LB 170/11 – (BauR 2013, 936 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 56) den grundsätzlichen Drittschutz des Denkmaleigentümers gegen erhebliche Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes eines Kulturdenkmals durch die Errichtung einer WEA als ein verfassungsrechtliches Minimum betrachtet hatte, ohne dabei klar zwischen prozessualem und materiellem Drittschutz zu unterscheiden. Diese Entscheidung darf deshalb aber nicht über- und fehlinterpretiert werden.
αα) Es mag hier dahinstehen, ob die in ihr zum Ausdruck kommende und an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.4.2009 - BVerwG 4 C 3.08 -, BVerwGE 133, 347 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 14 f.) anknüpfende richterrechtliche Anerkennung eines Drittschutzes tatsächlich in vollem Umfang bundesverfassungsrechtlich zwingend gewesen ist. Daran ließe sich deshalb zweifeln, weil das Bundesverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Beilegung von Drittschutz nicht an die drohende erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes, sondern an diejenige der Denkmalwürdigkeit eines Kulturdenkmals angebunden hat. Zudem ging das Bundesgericht in seiner soeben zitierten Entscheidung nicht von einer zwingenden, sondern nur von einer häufigen Einheit von Denkmal und Umgebung aus und billigte dem Landesgesetzgeber gerade bei der Ausgestaltung des Umgebungsschutzes einen weiten Spielraum zu. Die – zur Umgrenzung des landesdenkmalrechtlichen Drittschutzes – obergerichtlich vorgenommene Gleichsetzung der erheblichen Beeinträchtigung (nur) des Erscheinungsbildes eines Kulturdenkmals mit der erheblichen Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit dieses Kulturdenkmals beinhaltet hiernach eine Ungenauigkeit. Für den genannten Zweck ist diese Ungenauigkeit zwar schon deshalb (aus Praktikabilitätsgründen) gerechtfertigt, weil sie es ermöglicht, das Einsetzen des Drittschutzes von der gesteigerten Intensität der Erfüllung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals (nämlich desjenigen der Beeinträchtigung im Sinne des § 8 Satz 1 NDSchG) abhängig zu machen, anstatt hierzu auf einen von dem Niedersächsischen Denkmalgesetz nicht verwendeten (vgl. Kleine-Tebbe/Guntau, NDSchG, 4. Aufl. 2020, § 3 NDSchG, Anm. 2.3) Begriff (nämlich denjenigen der Denkmalwürdigkeit) abzuheben. Zweifelhaft bleibt aber, ob dieser den Drittschutz tendenziell überschießend begünstigende Ansatz durch die Berücksichtigung der Kategorienadäquanz (vgl. Kleine-Tebbe/Guntau, a. a. O., § 10 Anm. 4.2.1.3) im Zuge der Subsumtion der jeweils umstrittenen konkreten Beeinflussung des Erscheinungsbildes eines Kulturdenkmals unter den Begriff der „erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes“ so vollständig aufgezehrt wird, dass sich der landesdenkmalrechtliche Drittschutz deshalb in allen Fällen wieder auf das bundesverfassungsrechtlich absolute Mindestmaß reduziert. Für eine Umschreibung dieses Mindestmaßes ist jedenfalls die von dem Antragsteller in seiner Erwiderung auf den Änderungsantrag verwendete Terminologie der „erheblichen Beeinträchtigung eines Denkmals“ nicht exakt genug.
ββ) Der Frage nach dem verfassungsrechtlichen Mindestmaß des Drittschutzes muss hier nicht umfassend nachgegangen werden, weil jedenfalls die Schwelle, ab welcher eine denkmalrechtliche Norm hiernach prozessual drittschützenden Charakter zu haben hat, nicht mit derjenigen Schwelle identisch ist und verwechselt werden darf, ab welcher die Zulassung von Eingriffen Dritter in das Schutzgut „Denkmalwürdigkeit“ verfassungsrechtlich unzulässig wäre, und daran anknüpfend dann ggf. auch materieller Drittschutz zu gewähren wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.4.2009 – BVerwG 4 C 3.08 –, a. a. O., juris, Rn. 18).
Anders als der Antragsteller meint, ergibt sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung nämlich keineswegs, dass der Landesgesetzgeber durch den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz daran gehindert wäre, solche Vorhaben in der Umgebung eines Kulturdenkmals zuzulassen, die dessen Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigen. Er darf dies nur nicht „ohne weiteres“ tun, sondern muss eine derartige Zulassung zum einen daran binden, dass das Vorhaben durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder durch überwiegende private Interessen gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG, Urt. 21.4.2009 - BVerwG 4 C 3.08 -, a. a. O., juris, Rn. 14). Zum anderen darf er dem Denkmaleigentümer nicht den Drittschutz eben dieser Bindung an die vorgenannten Voraussetzungen versagen. Er hat ihm diesen Drittschutz vielmehr prozessual zumindest insoweit einzuräumen, als dies Vorbedingung für die Zulässigkeit der Anfechtung einer denkmalrechtlichen Zulassung von Vorhaben in der Umgebung des geschützten eigenen Kulturdenkmals ist, die dessen Denkmalwürdigkeit möglicherweise erheblich beeinträchtigen (vgl. BVerwG, Urt. 21.4.2009 - BVerwG 4 C 3.08 -, a. a. O., juris, Rn. 9).
Beides ist jedoch durch § 8 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG n. F. in der vorstehend umrissenen Auslegung des beschließenden Senats gewährleistet. Insbesondere dürfte es (noch) nicht den weiten Gestaltungsspielraum überschreiten, der dem Landesdenkmalgesetzgeber mit Blick auf den Umgebungsschutz zukommt, angesichts einer üblichen Auslegung von WEA auf eine Lebensdauer von ca. 20 Jahren den Eingriff in das von der Errichtung einer WEA beeinflusste Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals für in der Regel reversibel und deshalb hinnehmbar zu halten.
Der beschließende Senat vermag folglich keinen verfassungsrechtlichen Rechtssatz zu erkennen, wonach jede erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit eines Kulturdenkmals von dem Landesgesetzgeber gar nicht oder allenfalls um den Preis einer denkmalrechtlichen Entpflichtung oder Entschädigung des Denkmaleigentümers zugelassen werden dürfte. Eine derartige Zulassung steht – das Vorliegen grundsätzlich überwiegender Gründe des Gemeinwohls oder überwiegender privater Interessen vorausgesetzt – lediglich (bundesverfassungsrechtlich ebenso wie landesdenkmalrechtlich) unter dem Vorbehalt ihrer Verhältnismäßigkeit. Sie kann daher im Einzelfall gerade unter diesem Blickwinkel rechtswidrig sein, lässt sich aber nicht (erst) mit der Rüge der Unverhältnismäßigkeit, sondern bundesverfassungsrechtlich (bereits) unter Geltendmachung einer Überschreitung der Schwelle zur erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit und landesrechtlich (sogar schon) unter Geltendmachung einer Überschreitung (nur) der Schwelle zur erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals von dem Denkmaleigentümer einer gerichtlichen Überprüfung zuführen.
bb) Nach dem gegenwärtigem Erkenntnisstand dürfte die Genehmigung vom 31. Juli 2020 (Az.: K.) für den Bauabschnitt „I. I“ unter dem Blickwinkel des Denkmalschutzes nicht gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 35 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (hier: dem Vorhaben etwa entgegenstehender öffentlicher Belang des Denkmalschutzes) sowie i. V. m. § 2 EEG n. F. verstoßen.
Gemäß § 35 Abs. 1 BauGB ist im Außenbereich auch ein privilegiertes Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt u. a. vor, wenn das Vorhaben Belange des Denkmalschutzes beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Damit gewährleistet § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB allerdings lediglich ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz und greift (in seiner bodenrechtlichen Auffangfunktion) nur dort unmittelbar selbst ein, wo grobe Verstöße in Frage stehen (vgl. BVerwG, Urt. 21.4.2009 - BVerwG 4 C 3.08 -, a. a. O., juris, Rn. 21; Külpmann, jurisPR-BVerwG 9/2016 Anm. 4, unter B. II. 2. b). Insoweit ergeben sich aus ihm keine weiter gehenden Zulässigkeitsvoraussetzungen, als diejenige, dass ein Vorhaben nur genehmigungsfähig ist, wenn es objektiv die gebotene Rücksicht auf die Denkmalwürdigkeit des Kulturdenkmals nimmt (vgl. BVerwG, Urt. 21.4.2009 - BVerwG 4 C 3.08 -, a. a. O., juris, Rn. 22). Die Belange des Denkmalschutzes werden daher in der Regel – positiv wie negativ – auch für die Anwendung des § 35 Abs. 1 BauGB durch das Landesdenkmalrecht konkretisiert, dessen Vorschriften nach § 29 Abs. 2 BauGB unberührt bleiben (BVerwG, Urt. 21.4.2009 - BVerwG 4 C 3.08 -, a. a. O., juris, Rn. 21). Im vorliegenden Falle gilt dies ebenfalls. Denn § 8 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 NDSchG genügt den an eine solche Konkretisierung zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Ist ein Vorhaben nach diesen landesdenkmalrechtlichen Normen genehmigungsfähig, kann sich folglich aus einer Heranziehung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nichts Anderes ergeben.
Vor diesem Hintergrund mag dahinstehen, ob § 2 Satz 2 EEG n. F. lediglich ein Optimierungsgebot im engeren Sinne enthält, das die Ausfüllung eines behördlichen Gestaltungsspielraums (etwa bei Planfeststellungen und in der Bauleitplanung) steuert, oder ob er sich auch auf die nachvollziehende Abwägung des § 35 Abs. 1 BauGB beziehen soll (vgl. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor, BT-Drucks. 162/22, S. 177, zu Nummer 2) – und insoweit eine das Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz konkretisierende (und seinerseits relativierende) Wirkung entfaltet.
cc) Die Genehmigung vom 31. Juli 2020 (Az.: K.) für den Bauabschnitt „I. I“ dürfte aber nicht mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB zu vereinbaren sein.
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V. m. den §§ 29 Abs. 1, 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 BauGB macht die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Vorhaben (u. a.) nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB – hier zur Nutzung der Windenergie – vom Erlass von (nach den §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 13 BImSchG zulässigen) Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Pflicht zum Rückbau nach dauerhafter Aufgabe der privilegierten Nutzung abhängig. In § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB ist bestimmt, dass (u. a.) für derartige Vorhaben als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben ist, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. Daran knüpft § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB an. Danach soll die Genehmigungsbehörde durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB sicherstellen. Sie wird damit bundesrechtlich verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen bereits bei Erteilung der Genehmigung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Rückbau, zu dem sich der Vorhabenträger nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB verpflichtet hat, nach dauerhafter Nutzungsaufgabe verlässlich erfolgt und auch auf seine Kosten durchgesetzt werden wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, BVerwGE 144, 341 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 11 und 28). Demgemäß zielt die Sicherstellung auf eine unter Umständen notwendig werdende Ersatzvornahme (vgl. Gatz, jurisPR-BVerwG 4/2013 Anm. 1, unter D.). Nach dem gesetzgeberischen Regelungszweck soll diese Durchsetzung der Rückbaupflicht nicht daran scheitern, dass von einer Vollstreckung abgesehen wird, weil keine ausreichenden Mittel für eine solche Ersatzvornahme zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, a. a. O., juris, Rn. 15; OVG Schl.-Hol, Urt. v. 24.6.2020 - 5 LB 4/19 -, ZNER 2020, 465 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 37). Dies kann nur durch eine finanzielle Absicherung der anfallenden Kosten einer Beseitigung sichergestellt werden. Eine Baulast hat dies nicht zum Inhalt. Die Sicherheitsleistung entsprechend den §§ 232 ff. BGB dürfte deshalb die einzig naheliegende und effektive Möglichkeit sein, um unter diesem Blickwinkel die Erfüllung der Rückbauverpflichtung zu gewährleisten (Gatz, jurisPR-BVerwG 4/2013 Anm. 1, unter D.). Die Anordnung von Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB ist nicht in das freie Ermessen der Genehmigungsbehörde gestellt; die Genehmigung ist vielmehr in der Regel ("soll") mit Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Rückbaupflicht zu versehen. Dazu gehört auch die Auferlegung einer Sicherheitsleistung, es sei denn, es liegen besondere Umstände des Einzelfalls vor, die eine Ausnahme rechtfertigen (BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, a. a. O., juris, Rn. 11). Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Falle nicht zu erkennen.
Für etwa notwendige Festsetzungen der umstrittenen Höhe einer Sicherheitsleistung nach den §§ 232 ff. BGB ist anerkannt, dass sich diese Höhe im Wesentlichen nach dem Zweck zu richten hat, dem die Sicherheitsleistung im einzelnen Fall dienen soll (vgl. Repgen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, Updatestand: 30.4.2022, Vorbem. zu §§ 232 ff., juris, Rn. 8; Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, 16. Auflage 2020, Vorbem. vor § 232, Rn. 2). Nichts Anderes gilt für eine Rückbausicherheit im Sinne des § 35 Abs. 5 Satz 3 BauGB. Es entspricht dem Wesen der Sicherheitsleistung, dass sie zukunftsgerichtet wirkt (BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, a. a. O., juris, Rn. 23). Die Behörde muss daher die Kosten einer künftigen Ersatzvornahme prognostizieren und abschätzen, in welchem Umfang Rückbaukosten zukünftig entstehen werden (vgl. OVG LSA, Urt. v. 12.5.2011 - 2 L 239/09 -, juris, Rn. 48). Zwar hat sie dabei (auch) damit zu rechnen, dass die Nutzung der Anlage bereits zu einem sehr frühen, von dem Vorhabenträger nicht einkalkulierten Zeitpunkt dauerhaft aufgegeben werden könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, a. a. O., juris, Rn. 24). Das rechtfertigt es aber nicht, die (wahrscheinlicheren) künftigen Geschehensvarianten außer Acht zu lassen, dass die Nutzung der Anlage nach dem Ablauf ihrer regelmäßigen (vgl. OVG LSA, Urt. v. 12.5.2011 - 2 L 239/09 -, juris, Rn. 48) oder einer von dem Vorhabenträger konkret angestrebten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.3.2015 - 3 S 2016/14 -, juris, Rn. 68) Laufzeit aufgegeben wird und sich erst dann, also Jahrzehnte nach der Genehmigungserteilung, die Notwendigkeit einer Ersatzvornahme ergibt. Deshalb darf die Genehmigungsbehörde die Sicherheitsleistung nicht in Höhe (nur) des zum Zeitpunkt der Genehmigung (oder ggf. der Widerspruchsentscheidung) aktuell gegebenen Marktpreises der erforderlichen Rückbauleistungen (inklusive darauf zu entrichtender Mehrwertsteuer) bemessen, sondern muss (auch) die bis zu einem erwartbaren, fernen Ende der Laufzeit der Anlage voraussichtlich eintretenden Preis- und Kostensteigerungen einbeziehen. Deren Berücksichtigung ist nicht nur zulässig (vgl. OVG Schl.-Hol, Urt. v. 24.6.2020 - 5 LB 4/19 -, a. a. O., juris, Rn. 34; OVG LSA, Urt. v. 12.5.2011 - 2 L 239/09 -, juris, Rn. 48, und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.3.2015 - 3 S 2016/14 -, juris, Rn. 68), sondern auch geboten. Dieses Gebot ist umso mehr gerechtfertigt, als es sich angesichts der Vielzahl der zur Genehmigung anstehenden WEA bei der Problematik um ein Massenphänomen handelt und sich bei unzureichenden Sicherheitsleistungen die Gefahr des Ausfalls des Pflichtigen und damit das Liquiditätsrisiko nicht lediglich im überschaubaren Einzelfall realisieren könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, a. a. O., juris, Rn. 23).
An dem Erfordernis, wahrscheinliche Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen, ändert sich nicht deshalb etwas, weil das Bundesrecht bei der Prognose der Rückbaukosten eine Pauschalierung erlaubt. Denn auch im Falle der Pauschale muss die Kostenschätzung auf einer geeigneten Grundlage beruhen und die daran anknüpfende Pauschalierung sachlich nachvollziehbar sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, a. a. O., juris, Rn. 34). Eine Kostenschätzung, die keine Preis- und Kostensteigerungen berücksichtigt, beruht aber auf keiner geeigneten, sondern auf einer – weil unvollständig – ungeeigneten Grundlage.
Der Umstand, dass die in Nr. 3.5.2.3 des niedersächsischen Windenergieerlasses n. F. (= Anhang des Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MI u. d. MW vom 20.7.2021 – MU-52-29211/1/305 –, Nds. MinBl. 1398 [1407 f.]) auch weiterhin für den Regelfall vorgegebene Formel zur Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung (Nabenhöhe der WEA [m] x 1.000 [EUR/m] = Betrag der Sicherheitsleistung [EUR]) unverändert bereits in Nr. 3.4.2.1 der Anlage 1 des (durch RdErl. d. MU v. 21.1.2019 – 40500/4.0-1.6 – [Nds. MinBl. 2019, 343] teilweise modifizierten) vorliegend von dem Antragsgegner noch angewandten Windenergieerlasses a. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MS, d. MW u. d. MI vom 24.2.2016 – MU-52-29211 –, Nds. MinBl. 190 [197]) enthalten war, dürfte zwar dafürsprechen, dass ihr, der Formel, keine Berücksichtigung von Preis- und Kostensteigerungen zugrunde liegt. Ansonsten müsste es nämlich erstaunen, dass der in ihr enthaltene Faktor von 1.000 [EUR/m] nicht nur von 2016 bis 2021 unverändert geblieben ist, sondern dies – soweit erkennbar – auch bis zum vorgesehenen Außerkrafttreten der Neufassung des Windenergieerlasses am 31. Dezember 2026 weiterhin bleiben soll. Der Sachgerechtigkeit der genannten Formel braucht aber im vorliegenden Falle nicht näher nachgegangen zu werden. Denn weder bindet der niedersächsische Windenergieerlass – als (lediglich) norminterpretierende Verwaltungsvorschrift – den beschließenden Senat bei der Beurteilung der Frage der Rechtmäßigkeit der Höhe einer festgesetzten Rückbausicherheit, noch ist dieser Erlass dahin zu interpretieren, dass er dem Antragsgegner im vorliegenden Falle keinen Spielraum für eine von der zitierten Formel abweichende Festlegung einräumte.
Vielmehr hat bereits der 4. Senat des beschließenden Gerichts (Urt. v. 10.1.2017 – 4 LC 198/15 -, NuR 2017, 256 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 62 f.) für einen vergleichbaren Fall sinngemäß Folgendes zutreffend ausgeführt: Zwar erlaube das Bundesrecht eine Pauschalierung der Kosten. Daraus folge aber nicht, dass in Fällen, in denen die Rückbaukosten vom Vorhabenträger selbst konkret beziffert worden seien, auf Pauschalierungen zurückgegriffen werden müsse, wenn die pauschalierten Kosten niedriger lägen als die voraussichtlich tatsächlich aufzuwendenden Kosten. Denn anderenfalls würde der Zweck der Rückbaubürgschaft, die voraussichtlichen Kosten des Rückbaus vollständig abzusichern, erkennbar verfehlt. Die im Windenergieerlass niedergelegte Formel „Nabenhöhe der WEA (m) x 1.000 (Euro/m) = Betrag der Sicherheitsleistung (Euro)“ sei nur in der Regel für die Berechnung der Sicherheitsleistung anzuwenden. In begründeten Einzelfällen, d. h. bei Vorliegen außergewöhnlicher Konstellationen, könne eine abweichende Bemessung der Sicherheitsleistung vorgenommen werden. Es stehe außer Zweifel, dass eine solche Konstellation anzunehmen sei, wenn die vom Vorhabenträger bezifferten Rückbaukosten um ca. 1.000.000 EUR [= 51 %] höher lägen als die sich aus der Formel ergebenden Rückbaukosten von ca. 1.950.000 EUR.
Vergleichbares gilt auch im vorliegenden Fall.
Die von den Beigeladenen im hiesigen Abänderungsverfahren vorgelegte Aufstellung der Rückbaukosten (Bl. 776 f. GA) einer Anlage Vestas V 162-5.6 MW beläuft sich zwar lediglich auf (inkl. 19 % Mehrwertsteuer) 166.695,20 EUR und ist damit auf den ersten Blick nur unwesentlich höher als der von dem Antragsgegner nach der vorgenannten Berechnungsformel ermittelte und in dem angefochtenen Bescheid festgelegte Betrag der Rückbausicherheit von 166.000,- EUR.
Zu Recht macht aber der Antragsteller geltend, dies beruhe darauf, dass in der Aufstellung mit den negativen Kostenpositionen von zusammen 204.280,- EUR (exklusive 19 % Mehrwertsteuer) zu Unrecht 64.200,- EUR verrechnet wurden, die an Erlösen aus Recycling und Wiederverkauf (Stahlschrott, Alteisen, Kupfer) von Anlagenbestandteilen zu erzielen seien. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung zutreffend geklärt, dass solche Erlöse nicht gegengerechnet werden dürfen, weil weder gesichert ist, dass sie (etwa im Havariefall) überhaupt in nennenswerter Höhe anfallen, noch, dass sie dann dem Verwaltungsträger der Behörde zustünden, die einen Rückbau im Wege der Ersatzvornahme durchzuführen hätte (vgl. OVG Schl.-Hol, Urt. v. 24.6.2020 - 5 LB 4/19 -, a. a. O., juris, Rn. 36; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.3.2015 - 3 S 2016/14 -, juris, Rn. 68, und OVG LSA, Urt. v. 12.5.2011 - 2 L 239/09 -, juris, Rn. 47).
Zudem dürfte keine Rechtfertigung dafür vorhanden sein, (erst) die mit den Erlösen verrechneten Kosten mit 19 % Mehrwertsteuer zu beaufschlagen. Dies hat nämlich rechnerisch denselben Effekt, als fiele auf diese Erlöse eine Mehrwertsteuer von 19 % an, die als entlastende Einnahme in der Kasse der Behörde verbliebe, welche die etwa notwendig werdende Ersatzvornahme durchzuführen hätte. Das ist aber nicht der Fall.
Bereits die sich aus der von den Beigeladenen selbst vorgelegten Kostenaufstellung ergebenden und um die Verrechnung von Erlösen korrigierten sowie um 19 % Mehrwertsteuer erhöhten Rückbaukosten von 243.093,- EUR (= 204.280,- EUR x 119 %) übersteigen jedoch die in dem angefochtenen Bescheid festgelegte Rückbausicherheit von 166.000,- EUR um 77.093,- EUR (= 46 %). Schon daraus ergibt sich, dass hier eine von der Formel des Windenergieerlasses abweichende Bemessung der Sicherheitsleistung rechtlich geboten wäre.
Im Übrigen hat die von den Beigeladenen vorgelegte Aufstellung der Rückbaukosten einen Stand vom Januar 2019 und lässt sie deshalb die seit damals eingetretenen Preis- und Kostensteigerungen unbeachtet. Sie enthält erst recht keine gebotene Berücksichtigung der noch nicht eingetretenen weiteren Preis- und Kostensteigerungen, die in eine Hochrechnung der (als Ausgangspunkt zu nehmenden) aktuellen Rückbaukosten auf die erst nach einem erwartbaren, fernen Ende der Laufzeit der Anlage anfallenden Rückbaukosten einzugehen hätten. Es ist nicht die Aufgabe des beschließenden Senats, für eine derartige Hochrechnung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes detaillierte Konzepte vorzugeben. Angesichts einer aktuellen allgemeinen Inflationsrate von rund 10,0 % (vgl. https://www.destatis.de/DE/Home/_inhalt.html) – die für Abbruch- und Entsorgungsleistungen möglicherweise sogar noch höher liegen könnte – dürfte es allerdings nicht mehr gerechtfertigt sein (anders noch: VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 28.4.2016 - 6 A 87/15 -, juris, Rn. 32), bei Prognosen der künftigen Inflationsrate ausschließlich eine Fortschreibung von Inflationsraten vorzunehmen, die aus Zeiten vor dem russischen Angriff vom 24. Februar 2022 auf die Ukraine stammen. Denn auch in Ansehung der Geldwertstabilität ist in 2022 eine Zäsur zu verzeichnen gewesen, die nicht aufgrund des „Prinzips Hoffnung“ ignoriert oder gänzlich nivelliert werden darf, sondern – womöglich moderat, aber zuvörderst realitätsnah – bei der rechtmäßigen Bemessung einer Rückbausicherheit zu berücksichtigen wäre.
Nach alledem ist jedenfalls offensichtlich, dass die in dem hier angefochtenen Bescheid festgesetzte Rückbausicherheit rechtswidrig, weil deutlich zu niedrig, ist.
Angesichts dieses Befundes kann im hiesigen Abänderungsverfahren offenbleiben, ob und in welcher Höhe bei rechtmäßiger Bemessung der Sicherheit zudem Kosten für eine Beseitigung von Bodenverdichtungen (etwa in der Wurzelschicht) einzubeziehen gewesen wären sowie ob und inwiefern die von den Beigeladenen vorgelegte Rückbaukostenaufstellung in Rechnung stellt, dass die WEA „J. 01“ mit einer Funda-menterhöhung von 3 m errichtet werden soll.
Da weder der Antragsgegner noch die Beigeladenen ein geeignetes Rechenwerk als Grundlage für eine rechtmäßige Kostenschätzung vorgelegt haben, entziehen sich ferner die Fragen einer Beurteilung des Senats, ob die Aufwendungen für eine realitätsgerecht bemessene Rückbausicherheit unverhältnismäßig sein oder eine prohibitive Wirkung (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2012 - BVerwG 4 C 5.11 -, a. a. O., juris, Rn. 24) entfalten könnten. Dagegen spricht allerdings schon der Umstand, dass der jeweilige Betreiber der umstrittenen WEA die Sicherheitsleistung nicht als „totes“ Kapital hinterlegen muss, sondern nur mit den – wohl nicht in einer Summe zu entrichtenden und steuerlich absetzbaren (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.3.2015 - 3 S 2016/14 -, juris, Rn. 74) – Kosten für die Erbringung der Bankbürgschaft belastet wird.
c) Die angefochtene Genehmigungsentscheidung berührt Belange, die zu den Zielen gehören, die der Antragsteller nach seiner Satzung fördert. Wie der beschließende Senat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits entschieden hat, ist dies für ein Rügerecht des Antragstellers ausreichend. Ein spezifischer und unmittelbarer Bezug des jeweiligen Rechtsverstoßes zu Umweltbelangen ist dagegen nicht gefordert (vgl. Beschl. v. 15.12.2021 - 12 MS 97/21 -, BauR 2022, 475 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 39, m. w. N.). Davon abgesehen dürfte dieser Bezug gerade hinsichtlich der Höhe der Rückbausicherheit nicht ohne weiteres zu verneinen sein. Denn der Antragsteller, der sich auch den Denkmalschutz auf die Fahnen geschrieben hat, weist zu Recht darauf hin, dass zwischen der tatsächlichen Umsetzbarkeit einer Reversibilität des Eingriffs in das Erscheinungsbild der N. Mühle und der ausreichenden Bemessung der umstrittenen Rückbausicherheit ein Zusammenhang besteht. Ist die Rückbausicherheit zu gering bemessen, muss nämlich befürchtet werden, dass die WEA „J. 01“ nach dem (regulären oder vorzeitigen) Ende ihrer Laufzeit gerade nicht abgebaut werden könnte, falls die Beigeladene zu 2) nicht solvent wäre und dem Antragsgegner die Haushaltsmittel fehlten, um die aus der bislang vorgesehenen (deutlich zu niedrigen) Bankbürgschaft abrufbaren Gelder für eine Ersatzvornahme aufzustocken.
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Ausgestaltung der die Rückbausicherheit betreffenden Nebenbestimmung als aufschiebende Bedingung muss die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers in vollem Umfang bestehen bleiben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer Anwendung des § 154 Abs. 1 i. V. m. § 159 Satz 1 VwGO auf die Beigeladenen und den Antragsgegner als Änderungsantragstellerinnen und -steller.
4. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da gemäß § 35 GKG und im Hinblick auf die Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 Satz 2 zu den Nrn. 5210 ff. des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) in dem vorliegenden Änderungsverfahren keine weitere Gerichtsgebühr zu erheben ist.
III.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).