Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 12.06.2008, Az.: S 2 U 106/04

Borreliose als Berufskrankheit nach der Ziff. 3102 Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV); Anforderungen an die haftungsausfüllende Kausalität zwischen den beruflichen Einwirkungen und dem Gesundheitsschaden

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
12.06.2008
Aktenzeichen
S 2 U 106/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 34503
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2008:0612.S2U106.04.0A

Redaktioneller Leitsatz

Auch für Versicherte, die einer Gefährdung ausgesetzt sind, die das Risiko eines Zeckenbisses in der allgemeinen Bevölkerung um das Vielfache übersteigt, kommt die Anerkennung einer Borreliose als Berufskrankheit dann nicht in Betracht, wenn sich aus medizinischen Gründen über eine in der Vergangenheit abgelaufene Borrelieninfektion hinaus eine klinisch manifeste, das heißt eine chronische bzw. aktivierte oder reaktivierte Borreliose nicht nachweisen lässt.

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Borreliose und der beim Kläger vorliegenden Beschwerden als Folgen einer Berufskrankheit nach der Ziffer 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (= BKV).

2

Der im Jahr 1949 geborene Kläger absolvierte von 1965 bis zum 30. März 1968 eine Ausbildung zum Berufsjäger und arbeitete von 1969 bis 1989 in diesem Beruf. Seit 1992 ist er bei der J. als Anleiter für benachteiligte Jugendliche in den Revierförstereien K. und L. beschäftigt (Bl. 1, 32 f. der Akte des Beklagten (= BK-A)). Im Sommer 1998 wurde aufgrund einer serologischen Untersuchung die Diagnose einer "Borreliose" gestellt. Im Untersuchungsbericht vom 29. Juni 1998 wurde mitgeteilt, dass IgG-Antikörper gegen "Borreliose burgdorferi" nachgewiesen worden seien. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass der Befund differentialdiagnostisch auch mit einer sog. serologischen Narbe bei spontan ausgeheilter oder ausreichend sanierter Borreliose vereinbar sei. Dr. M. teilte im Bericht vom 3. April 2003 außerdem mit, dass im Jahr 1998 klinisch keine Hinweise auf eine Borreliose bestanden hätten. Es habe auch keine Behandlungsbedürftigkeit bestanden, so dass auch keine Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden seien (Bl. 19 BK-A).

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Vom 21. Mai bis zum 20. Juni 2002 und danach ab dem 24. Januar 2003 war der Kläger aufgrund der Diagnosen "Borreliose" bzw. "akute Borreliose" arbeitsunfähig erkrankt (Bl. 1 BK-A). Allerdings wurde im serologischen Bericht vom 9. Dezember 2002 wiederum ausgeführt, dass der Befund zwar für eine Borrelieninfektion sprechen würde, eine sichere Differenzierung zwischen einer spontan oder nach einer antibiotischen Therapie ausgeheilten und einer aktiven Infektion serologisch aber nicht möglich sei (Bl. 25 BK-A).

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Das berufgenossenschaftliche Ermittlungsverfahren wurde aufgrund der Mitteilung der J. vom 18. Februar 2003 in Gang gesetzt. Darin wurde u.a. ausgeführt, dass der Kläger überwiegend ganzjährig im Freien an wechselnden Einsatzorten tätig gewesen sei und er sich daher die Borreliose vermutlich während seines Dienstes zugezogen habe. Der Kläger gab an, dass er in der Zeckenzeit von Mai - September pro Woche von ca. 6 - 8 Zecken gebissen worden sei. Die Zecken seien von ihm selbst, seiner Frau oder in schwierigen Fällen von einem Arzt entfernt worden. Er würde jetzt unter Gelenkschmerzen, Müdigkeit, Bluthochdruck, Kreislaufproblemen sowie Herz- und Magenbeschwerden leiden (Bl. 5 BK-A). Im Bericht vom 22. August 2003 teilte Dr. N. mit, dass sich der Kläger am 8. April 2003 zu einer Kontrolluntersuchung vorgestellt habe und dabei immer noch positive Borreliosewerte festgestellt worden seien. Es sei dem Kläger daher geraten worden, eine nochmalige antibiotische Infusionstherapie durchzuführen. Vom 21. bis zum 28. Juli 2003 befand sich der Kläger zur stationären Behandlung im O ... Im Bericht vom 31. Juli 2003 wurden als Diagnosen "gürtelförmige Dysästhesien und thorakales Engegefühl am ehesten im Rahmen degenerativer Veränderungen der Brustwirbelsäule (= BWS)" und als Differentialdiagnose eine "Neuroborreliose" aufgeführt. Es wurde mitgeteilt, dass die Liquordiagnostik zwar einen deutlich erhöhten Antikörperspezifitätsindex (= ASI) für Borrelien sowie positive oligoclonale Banden ergeben habe. Der bei einer Neuroborreliose zu fordernde Befund einer Pleozystose und einer Schrankenfunktionsstörung sei jedoch nicht festgestellt worden. Wegen einer "letzten Unsicherheit" sei daher erneut eine antibiotische Behandlung für die Dauer von 3 Wochen durchgeführt worden. Sofern die Beschwerden auf eine Borreliose zurückzuführen seien, müssten sie hierunter komplett verschwinden (Bl. 61 BK-A). Unter dem 21. Januar 2004 erstattete Prof. Dr. P. vom Q. ein internistisch-infektiologisches Gutachten. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Laborbefunde zwar davon auszugehen sei, dass der Kläger früher mit Borrelien infiziert worden sei. Das Fehlen von sog. IgM-Antikörpern würde aber gegen eine bestehende oder reaktivierte Infektion sprechen. Es könne weder eine Neuroborreliose noch eine sog. Lyme-Arthritis festgestellt werden, zumal beim Kläger keine Zeichen einer Arthritis objektiviert werden könnten. Eine Lyme-Arthritis sei darüber hinaus auch deshalb unwahrscheinlich, weil eine dreimalige Antibiotikatherapie erfolglos verlaufen sei (Bl. 90 BK-A). Mit dem Bescheid vom 10. März 2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Ziffer 3102 der Anlage 1 zur BKV und eine Leistungsgewährung ab. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wurde geltend gemacht, dass der Sachverständige die berufliche Gefährdung von immerhin 150 Zeckenbissen/pro Jahr nicht berücksichtigt habe. Darüber hinaus habe die Lyme-Borreliose unterschiedliche Ausprägungsformen, so dass eine negative Serologie eine Lyme-Borreliose nicht ausschließen würde. In der Stellungnahme vom 14. Mai 2004 führte Prof. Dr. R. von der S. aus, dass das Gutachten vom Prof. Dr. T. zutreffend sei. Der Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2004 zurückgewiesen.

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Hiergegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 13. Juli 2004 beim Sozialgericht (= SG) Lüneburg Klage erhoben. Mit Beschluss vom 28. Dezember 2004 wurde die U. zu dem Rechtsstreit beigeladen. Unter dem 1. August 2005 hat Dr. V. ein internistisches Gutachten erstattet. Auch er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger keine Berufskrankheit anerkannt werden könne. Der gem. § 109 SGG benannte Arzt, Dr. W., hat allerdings im Gutachten vom 14. Oktober 2006 die Auffassung vertreten, dass "ein Zustand nach einer berufsbedingten Borrelieninfektion" als Berufskrankheitenfolge anzuerkennen sei. Die anderen Beschwerden seien demgegenüber nicht anerkennungsfähig. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang seien zwar Beschwerden aufgetreten, die im Sinne eines Post-Lyme-Syndroms gedeutet werden könnten. Ein endgültiger Beweis hierfür könne jedoch wegen fehlender objektivierbarer Befunde nicht geführt werden (Bl. 153 SG-Akte). Die möglicherweise verbleibenden Beschwerden würden außerdem keine nennenswerte Minderung der Erwerbsfähigkeit (= MdE) erreichen. In der Stellungnahme vom 18. Dezember 2006 hat der beratende Arzt des Beklagten, Dr. X., der Auffassung von Dr. W. in Bezug auf die Anerkennung einer Berufskrankheit widersprochen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 24. Februar 2007 hat Dr. W. an seinem Votum festgehalten.

6

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 10. März 2004 und den Wider spruchsbescheid vom 5. Juli 2004 aufzuheben,

  2. 2.

    festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach der Ziffer 3102 der Anlage 1 zur BKV vorliegt,

  3. 3.

    den Beklagten, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, dem Kläger Entschädigungsleistungen zu gewähren,

  4. 4.

    den Beklagten,

    hilfsweise die Beigeladene

    zu verurteilen, dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

7

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

8

Der Entscheidung lagen die Gerichtsakten sowie die Akten des Beklagten zugrunde. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.

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Entscheidungsgründe:

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, da beim Kläger keine Berufskrankheit nach der Ziffer 3102 der Anlage 1 zur BKV anerkannt werden kann.

11

Nach der Ziffer 3102 der Anlage 1 zur BKV sind anerkennungsfähig:

"Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten".

12

Für die Anerkennung einer Berufskrankheit gelten in der gesetzlichen Unfallversicherung folgende Grundsätze: Während die gesundheitsschädlichen beruflichen Einflüsse und die geltend gemachte Gesundheitsstörung (einschließlich sog. Brückenbefunde) als solche im Wege des Vollbeweises nachzuweisen sind, ist für die Feststellung des Zusammenhangs zwischen den beruflichen Einwirkungen und dem Gesundheitsschaden (haftungsausfüllende Kausalität) ein hinreichender Grad von Wahrscheinlichkeit erforderlich. Dieser ist nach der Rechtsprechung allerdings erst dann erreicht, wenn bei einem vernünftigen Abwägen aller Umstände die auf eine berufliche oder unfallbedingte Verursachung hinweisenden Faktoren deutlich überwiegen (vgl. Bundessozialgericht (= BSG) SozR 2200 § 548 Nr. 38). Eine Möglichkeit verdichtet sich insbesondere erst dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, § 8 SGB VII, Rz. 10, m.w.N.). Die reine Möglichkeit eines solchen Zusammenhangs ist daher für eine Anerkennung nicht ausreichend (vgl. BSG, Urt. v. 27. Juni 2000, Az. B 2 U 29/99 R, S. 8 f.; Urt. v. 2. Mai 2001, Az. B 2 U 16/00 R, S. 7 m.w.N.; Landessozialgericht (= LSG) Niedersachsen , Urt. v. 25. Juli 2002, Az. L 3/9/6 U 12/00, S. 6.). Ebensowenig genügt ein rein zeitlicher Zusammenhang zwischen einer beruflichen Einwirkung und dem Auftreten einer bestimmten Gesundheitsstörung. Bei der Anerkennung wird schließlich auch nicht darauf abgestellt, ob eine berufliche Entstehung "nicht ausgeschlossen werden kann".

13

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist hier die Anerkennung einer Berufskrankheit nicht möglich. Zwar waren die Tätigkeiten des Klägers im Forstbereich geeignet, häufige Zeckenbisse zu begünstigen. Es kann daher auch kein Zweifel daran bestehen, dass diesbezüglich ein gefährdender Arbeitsbereich vorlag und die Angaben des Klägers, nach denen er aufgrund seiner ganztägigen Arbeit im Forst pro Woche von ca. 6 - 8 Zecken gebissen wurde, glaubhaft sind. Es handelt sich dabei um eine Gefährdung, die das Risiko eines Zeckenbisses in der allgemeinen Bevölkerung um das Vielfache übersteigt (vgl. hierzu: LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16. September 1997 - L 7 U 199/95).

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Die Anerkennung scheitert hier jedoch aus medizinischen Gründen, da nicht festgestellt werden kann, ob beim Kläger über eine in der Vergangenheit abgelaufene Borrelieninfektion hinaus auch eine klinisch manifeste Borreliose vorgelegen hat. Zwar wurde im Untersuchungsbericht vom 29. Juni 1998 ausgeführt, dass IgG-Antikörper gegen "Borreliose burgdorferi" nachgewiesen wurden. Gleichzeitig wurde aber darauf hingewiesen, dass dieser Befund differentialdiagnostisch ebenso als sog. serologischen Narbe bei einer spontan ausgeheilten oder ausreichend sanierten Borreliose interpretiert werden kann. Auch im Bericht vom 9. Dezember 2002 wurde klargestellt, dass eine sichere Differenzierung zwischen einer spontan ausgeheilten und einer aktiven Infektion serologisch nicht möglich ist. Die Feststellung der IgG-Antikörper ist daher kein Beweis für eine akute oder aktive Infektion (so: LSG Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 17. August 2007 - L 14 U 174/05). Sie besagt vielmehr nur, dass der Körper irgendwann vorher bereits einmal mit Borrelien in Kontakt gekommen ist, nicht aber, ob sich daraus auch eine Krankheit mit Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit entwickelt hat (vgl. § 9 Abs. 5 SGB VII). Der Auffassung von Dr. W., dass der Kläger eine Borreliose durchgemacht hat, ist daher insoweit nicht zu folgen, als dass eben nicht belegt ist, dass die Borreliose als Erkrankung überhaupt in Erscheinung getreten ist. Vielmehr ist es genauso möglich, dass das Immunsystem des Klägers - bereits im Zeitraum vor 1998 - für eine spontane Ausheilung einer Infektion gesorgt hat, ohne dass der Kläger davon etwas bewusst mitbekommen hat. Jedenfalls bestand im Jahr 1998 aufgrund des seinerzeit festgestellten serologischen positiven IgG-Antikörper-Befundes keine Behandlungsbedürftigkeit. Dies ergibt sich eindeutig aus den Ausführungen von Dr. M. im Bericht vom 3. April 2003.

15

Auch in der Folgezeit hat sich die Antikörpersituation nicht wesentlich verändert. Die Dres. Prof. P. und V. haben weiterhin überzeugend dargelegt, das bereits das stetige Fehlen von sog. IgM-Antikörpern gegen eine bestehende oder reaktivierte Infektion spricht. Darüber hinaus ist eine Borreliose i. S. einer Lyme-Arthritis auch deshalb unwahrscheinlich, weil eine dreimalige antibiotische Therapie nicht zum Abklingen der Beschwerden geführt hat, was aber beim Vorliegen einer Borreliose zu erwarten gewesen wäre. Auch Dr. W. konnte letztlich nur eine "fragliche Lyme-Arthritis" annehmen und damit keine sichere Diagnose stellen. Gleiches gilt für den von ihm verwendeten Begriff des "Post-Lyme-Syndroms", wobei er selbst einräumt, dass es derzeit weder allgemein noch in diesem speziellen Fall objektivierbaren Befunden zugeordnet und dadurch auch nicht als Berufskrankheit anerkannt werden kann (Bl. 196 SG-Akte). Zwar kann aufgrund einer Verdachtsdiagnose vorsorglich eine bestimmte Therapie durchgeführt werden - die Ärzte des Y. hatten im vorliegenden Fall mehrere Diagnosen gestellt und sich nur wegen einer "letzten Unsicherheit" für eine weitere antibiotische Behandlung entschieden. Für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Berufskrankheit ist aber eine Verdachtsdiagnose in der Tat nicht ausreichend. Nach dem in allen Bereichen des Sozialrechts geltenden Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast sind vielmehr die Folgen der Nicht-Aufklärbarkeit einer Tatsache von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Für nicht bewiesene, anspruchsbegründende Tatsachen trägt der die Leistung begehrende Anspruchsteller, d.h. hier der Kläger, die Beweislast (BSGE 13, 52; 76, 79) [BSG 23.03.1995 - 11 RAr 95/94].

16

Da sich eine chronische bzw. aktivierte oder reaktivierte Borreliose nicht nachweisen lässt, können auch die weiteren geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht als deren Folge anerkannt werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass weder Prof. Dr. P. noch Dr. V. beim Kläger eine Arthritis objektivieren konnten. Die geltend gemachten Beschwerden wie Gelenkschmerzen, Müdigkeit, Bluthochdruck, Kreislaufprobleme sind mehrdeutig und können auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden. So hat Dr. V. schlüssig dargestellt, dass bspw. die Beschwerden im Bereich der Schultern und der Wirbelsäule auf die bestehenden Muskelverspannungen zurückgeführt werden können. Auch die Ärzte des Y. hatten bereits im Bericht vom 31. Juli 2003 als primäre Diagnose ein thorakales Engegefühl im Zusammenhang mit degenerativen BWS-Veränderungen angegeben. Darüber hinaus können die Gelenkbeschwerden im Bereich der Knie auch als Ausdruck einer Gichterkrankung gedeutet werden, wofür die deutlich erhöhten Harnsäurewerte sprechen. Sofern Dr. W. davon ausgeht, dass die - auch bei seiner Untersuchung - erhöhten Harnsäurewerte keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Gichterkrankung liefern, "weil beim Kläger keine schmerzhaften Gelenkschwellungen festgestellt worden seien", lässt sich dies mit den vorliegenden Angaben des Klägers nicht in Einklang bringen. Denn gegenüber Dr. V. hat der Kläger eindeutig erklärt, dass er jedes Vierteljahr unter Schwellungen im Bereich des linken Knies leiden würde, die etwa 3 bis 5 Tage anhalten würden (S. 9 des Gutachtens). Auch gegenüber Prof. Dr. P. wurden schmerzhafte intermittierende Knieschwellungen angegeben (Bl. 77 BK-A) Es bestehen daher für die geltend gemachten Gesundheitsstörungen auch konkurrierende Ursachen, so dass auch für die Anwendung des § 9 Abs. 3 SGB VII kein Raum bleibt.

17

Die Entscheidung konnte durch Gerichtsbescheid erfolgen, da die Beteiligten hierzu gehört wurden und der Sachverhalt, soweit er für die Entscheidung von Bedeutung ist, geklärt ist (§ 105 SGG). Es sei darauf hingewiesen, dass dies sowohl durch Dr. V. als auch durch gem. § 109 gehört Arzt Dr. W. bestätigt wurde. Beide Sachverständige haben weitere Untersuchungen nicht für erforderlich gehalten. Es handelt sich auch nicht um eine Sache, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist, da die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen ärztlich-sachverständigen Auffassungen typischerweise den Standardfall eines sozialgerichtlichen Verfahrens darstellt. Im vorliegenden Fall war im Übrigen letztlich nur noch streitig, ob bereits der positive IgG-Antikörpernachweis für die Anerkennung einer Berufskrankheit ausreicht. Dies war aus den genannten Gründen nicht der Fall. Einigkeit bestand zwischen den Gutachtern aber dahingehend, dass die darüber hinaus geltend gemachten Beschwerden nicht anerkennungsfähig sind und auch eine rentenberechtigende MdE bei freier Einschätzung nicht besteht. Schließlich ist auch das Einverständnis der Beteiligten keine Voraussetzung für diese Entscheidungsform.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.