Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.01.2012, Az.: 5 LA 176/10

Sachlage und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen als maßgeblich für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.01.2012
Aktenzeichen
5 LA 176/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 10033
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0104.5LA176.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 27.05.2010 - AZ: 3 A 158/09

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2012, 485

Amtlicher Leitsatz

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen

Gründe

1

Der Zulassungsantrag der Beklagten hat keinen Erfolg.

2

1.

Es bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3

Die Beklagte wendet in ihrer Zulassungsbegründung allerdings zutreffend ein, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei für die Beurteilung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen nicht maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag, sondern auf den Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen abzustellen.

4

Der Senat ist anders als das Verwaltungsgericht der Ansicht, dass weiterhin maßgeblich für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen ist, für die Beihilfen abverlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - BVerwG 2 C 35.04 -, BVerwGE 125, 21 und [...]; Nds. OVG, Urteil vom 23.4.2010 - 5 LB 388/08 -, [...]; Beschluss vom 21.11.2008 - 5 LA 98/08 -, [...]). Diese Auffassung vertritt das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner neueren Rechtsprechung (siehe Urteil vom 24.2.2011 - BVerwG 2 C 40.09 -, [...], Rn. 7 des Langtextes; vgl. im Übrigen auch den Wortlaut des § 58 Abs. 1, 1. Satzteil der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - vom 13.2.2009, BGBl. I S. 326). Soweit das Bundesverwaltungsgericht in einem anderen Urteil ebenfalls vom 24. Februar 2011 (- BVerwG 2 C 9.10 -, [...], Rn. 7 des Langtextes; siehe auch die vom Verwaltungsgericht zitierten Urteile des BVerwG vom 6.11.2009 - BVerwG 2 C 60.08 -, [...] und vom 26.8.2009 - BVerwG 2 C 62.08 -, [...]) darauf abstellt, dass die Frist, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des dortigen Klägers noch nicht abgelaufen war, ist nicht ersichtlich, dass das Bundesverwaltungsgericht von seiner bisherigen Rechtsprechung über den maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen abweichen wollte. Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung mögen dem Umstand geschuldet sein, dass es in jenen Fällen möglicherweise nicht in erster Linie um die Beihilfe für konkret entstandene Aufwendungen ging, sondern vorrangig Streitgegenstand die Frage der grundsätzlichen Anerkennung der Beihilfefähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gewesen ist, für die maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen wäre.

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Im vorliegenden Fall sind für den Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (Zahnarztrechnung vom 29. September 2008) - wie im Übrigen auch für den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (Widerspruchsbescheid vom 31. März 2009) - gemäß § 87 c Abs. 1 NBG in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung vom 17. Dezember 2004 (Nds. GVBl. S. 664) - § 87 c NBG a.F. - die Beihilfevorschriften des Bundes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 (GMBl S. 919) - BhV -, die zuletzt durch die 28. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 30. Januar 2004 (GMBl S. 379) geändert worden sind, anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die vorgenannten Beihilfevorschriften zwar verfassungswidrig (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.2004 - BVerwG 2 C 50.02 -, BVerwGE 121, 103 [BVerwG 17.06.2004 - 2 C 50.02] und [...]); sie sind aber - so das Bundesverwaltungsgericht - grundsätzlich weiterhin für einen spätestens bis zum Ablauf der im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2008 (- BVerwG 2 C 24.07 -, [...]) andauernden 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - BVerwG 2 C 24.07 -, [...]; Urteil vom26.6.2008 - BVerwG 2 C 2.07 -, BVerwGE 131, 234 und [...]; Nds. OVG, Urteil vom 23.4.2010, a.a.O.). Die 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages hat am 26. Oktober 2009 geendet. Zum einen war diese Übergangsfrist hier im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (29. September 2008) noch nicht ablaufen (im Übrigen auch nicht im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Beihilfeantrag des Klägers am 31. März 2009). Zum anderen ist der Senat der Auffassung, dass der vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebene Übergangszeitraum bis zum Ablauf der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages für Bundesbeamte gilt, während anknüpfend an diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Übergangszeitraum für die Beihilfeansprüche niedersächsischer Landesbeamter auf die fünfjährige 16. Legislaturperiode des Niedersächsischen Landtags abzustellen ist, der sich am 26. Februar 2008 konstituiert hat. Diese Übergangsfrist war im hier maßgeblichen Zeitpunkt des 29. September 2008 (Rechnungsdatum) ebenfalls noch nicht abgelaufen.

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Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 4. Januar 2012 (- 5 LA 82/11 -, Veröffentlichung vorgesehen) ausgeführt:

"...Der Senat teilt nicht die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Göttingen (vgl. Urteil vom 27.5.2010 - 3 A 158/09 -), wonach nach Ablauf der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages über die Beihilfeansprüche niedersächsischer Beamter allein auf der Grundlage der Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit zu entscheiden sei. Der Senat ist vielmehr mit dem Verwaltungsgericht Braunschweig der Auffassung, dass die vom Bundesverwaltungsgericht genannte Übergangsfrist des Ablaufs der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages nicht für niedersächsische Landesbeamte maßgeblich ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. Mai 2008 (a.a.O., [...]) ausgeführt, dass bei weiterer Untätigkeit des Bundesgesetzgebers über den Zeitraum der seinerzeit laufenden Legislaturperiode hinaus die Verwaltungsgerichte im Einzelfall über Beihilfeansprüche allein auf der Grundlage der Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit zu entscheiden haben. Diese Feststellung kann aber nicht die Beihilfeansprüche von niedersächsischen Beamten betreffen, denn der Bundesgesetzgeber reglementiert die Beihilfe für Bundesbeamte, nicht für niedersächsische Beamte. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht Braunschweig in dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass der Bundesgesetzgeber den Fall des Klägers auch nicht über die Verweisung in § 120 Abs. 1 NBG n.F. regeln könnte. Wie oben dargelegt, hat der niedersächsische Gesetzgeber in § 120 Abs. 1 NBG n.F. über § 87c NBG a.F. lediglich auf die zuvor geltenden Beihilfevorschriften des Bundes (a.a.O.) verwiesen. Für die Beihilfevorschriften betreffend die niedersächsischen Landesbeamten ist der niedersächsische Gesetzgeber zuständig, der gemäß § 80 Abs. 6 NBG n.F. die niedersächsische Landesregierung als Verordnungsgeber bestimmt hat.

Ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Übergangszeitraum für die Anwendbarkeit der verfassungswidrigen früheren Beihilfevorschriften für Bundesbeamte der Ablauf der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, ist hieran anknüpfend als Übergangszeitraum für die Beihilfeansprüche niedersächsischer Landesbeamter auf die fünfjährige 16. Legislaturperiode des Niedersächsischen Landtags abzustellen, der sich am 26. Februar 2008 konstituiert hat."

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Aus alledem folgt, dass sich bis zum Inkrafttreten der Niedersächsischen Beihilfeverordnung (NBhVO) vom 7. November 2011 (Nds. GVBl. S. 372) am 1. Januar 2012 die Prüfung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen nicht lediglich nach den Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit, sondern nach den früheren Beihilfevorschriften des Bundes (a.a.O.) richtet.

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Der Zulassungsantrag der Beklagten hat gleichwohl keinen Erfolg. Soweit sich die Beklagte gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wendet, wonach sie den Beihilfeantrag des Klägers nach Einholung der in dem Hinweis 5.2 zu § 5 Abs. 1 BhV vorgesehenen Stellungnahme der zuständigen Zahnärztekammer oder eines zahnärztlichen Sachverständigengutachtens erneut hätte bescheiden müssen, bleibt das Zulassungsvorbringen deshalb im Ergebnis erfolglos, weil im vorliegenden Fall die Begründung des Zahnarztes zu dem Gebührensatz betreffend die Gebührenziffer Nr. 222 GOZ die Überschreitung des 2,3 fachen Schwellenwertes unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 05.04.2011 - 5 LB 231/10 -, [...]) gerade noch zu begründen vermag.

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Der Senat hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 5. April 2011 (a.a.O., [...]) ausgeführt:

"...Ist demnach zivilgerichtlich festgestellt, dass ein Arzt ohne Begründung seine Leistung mit dem 2,3fachen Gebührenwert abrechnen darf, wenn die Behandlung mit durchschnittlichen Schwierigkeiten und durchschnittlichem Zeitaufwand ohne Erschwernisse verbunden war (vgl. auchBVerwG, Beschl. v. 19.1.2011 - 2 B 70.10 -, [...] und Beschl. v. 5.1.2011 - 2 B 55.10 -, [...]), folgt daraus, dass der Arzt den Schwellenwert des 2,3fachen Gebührenwertes dann überschreiten kann, wenn er überdurchschnittliche Schwierigkeiten und einen überdurchschnittlichen Zeitaufwand der Leistungen und überdurchschnittlich schwierige Umstände der Ausführung schriftlich begründet. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, Schwierigkeiten, die bloßüber dem Durchschnitt lägen, rechtfertigten die volle Ausschöpfung des Schwellenwertes von 2,3, nicht aber seine Überschreitung, trifft im Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beklagten sind deshalb für die Angemessenheit von den Schwellenwert überschreitenden beihilfefähigen Aufwendungen nicht besonders außergewöhnliche Schwierigkeiten zu verlangen, sondern es reicht für eine Überschreitung dieses Schwellenwertes aus, wenn der Zahnarzt Schwierigkeiten, die über dem Durchschnitt liegen, schriftlich begründet darlegt. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht haben deshalb für die Überschreitung des Schwellenwertes einen zu strengen, nicht den nach Maßgabe des Bundesgerichtshofs anzulegenden Maßstab angelegt.

Allerdings muss die Begründung überdurchschnittlicher Schwierigkeiten nach Auffassung des Senats gleichwohl die in § 5 Abs. 2 Satz 4 letzter Halbsatz GOZ genannten Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien aufzeigen. Die Überschreitung des 2,3fachen Gebührensatzes setzt nach dieser Vorschrift voraus, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sind. Dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegender Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweise bei der Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung als eine das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigende Besonderheit angesehen würde. Diese Betrachtungsweise ergibt sich aus der Gegenüberstellung der "in der Regel" einzuhaltenden Spanne zwischen dem einfachen Gebührensatz und dem Schwellenwert einerseits mit dem zulässigen Überschreiten dieses Wertes wegen Besonderheiten der Bemessungskriterien andererseits (§ 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ) sowie aus der Anordnung einer schriftlichen Begründung des Überschreitens des Schwellenwertes, die auf Verlangen näher zu erläutern ist (§ 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GOZ). Für eine nähere Erläuterung ist sinnvoll nur Raum, wenn Besonderheiten gerade des vorliegenden Einzelfalles darzustellen sind; könnte schon eine bestimmte, vom Einzelfall unabhängige Art der Ausführung der im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen, so wäre dies mit einem kurzen Hinweis auf die angewandte Ausführungsart abschließend dargelegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.2.1994 - 2 C 10.92 -, BVerwGE 95, 117, hier zitiert nach [...]Langtext Rn. 21; Urteil vom 30.5.1996 - 2 C 10.95 -, DVBl. 1996, 1150, hier zitiert nach [...]Langtext Rn. 24; erkennender Senat, Beschluss vom 12.8.2009 - 5 LA 368/08 -, DVBl. 2009, 1261 und [...]).

Nach dem Zweck der Pflicht zur schriftlichen Begründung, dem Patienten eine lediglich grobe Handhabe zur Einschätzung der Berechtigung des geltend gemachten Gebührenanspruchs zu geben, sind allerdings keine überzogenen Anforderungen an eine ausreichende Begründung zu stellen. Andererseits muss die Begründung aber geeignet sein, das Vorliegen solcher Umstände nachvollziehbar zu machen, die nach dem materiellen Gebührenrecht eine Überschreitung des Schwellenwertes rechtfertigen können (vgl. erkennender Senat, Beschluss vom 12.8.2009, a.a.O. unter Hinweis auf OVG Münster, Beschluss vom 20.10.2004 - 6 A 215/02 -, [...]Langtext, Rn. 12; VGH Mannheim, Urteil vom 7.6.1994 - 4 S 1666/91 -, [...]Langtext, Rn. 28). Einer ausführlichen ärztlichen Stellungnahme, deren Anfertigung möglicherweise mehr Zeit in Anspruch nimmt als die abzurechnende Behandlung, bedarf es allerdings nicht. In der Regel wird es vielmehr genügen, stichwortartig das Vorliegen von Umständen, die das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen können, nachvollziehbar zu machen (vgl. erkennender Senat, Beschl. v. 12.8.2009, a.a.O.; VGH Mannheim, Urteil vom 7.6.1994, a.a.O., [...]Langtext, Rn. 28)."

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Gemessen hieran und angesichts des von dem Bundesgerichtshof entwickelten Maßstabs (siehe BGH, Urteil vom 8.11.2007 - III ZR 54/07 -, BGHZ 174, 101 und [...]) dürften die von dem Zahnarzt gegebenen Begründungen zu der Gebührenziffer Nr. 222 GOZ noch geeignet sein, überdurchschnittliche Schwierigkeiten und damit eine Überschreitung des 2,3fachen Schwellenwertes zu rechtfertigen.

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Die in der Rechnung vom 29. September 2008 genannte Begründung Nr. 136 für den 3,0fachen Wert der Gebührenziffer Nr. 222 GOZ (36, 46) "zeitaufwendige erschwerte Retentionsgewinnung und Säure-Ätztechnik" reichte allerdings als Begründung für eine Überschreitung des Schwellenwertes nicht aus. "Zeitaufwendig" und "erschwert" sind unbegründete Wertungen. In der Person des Sohnes des Klägers liegende, überdurchschnittliche Schwierigkeiten sind aus dieser Leistungsbeschreibung nicht erkennbar. Diese Begründung hat der Zahnarzt allerdings mit Schreiben vom 14. Januar 2009 ergänzt. Soweit er darin ausführt, bei den Zähnen 36, 46 bestehe ein relativ starker Zahnengstand, reicht dies aber allein ebenfalls nicht zur Begründung der Überschreitung des Schwellenwertes, denn engstehende Zähne dürften bei einer Vielzahl von Patienten auftreten (vgl. auch Beschluss des Senats vom 14.12.2011 - 5 LA 237/10 -, [...]). Der Zahnarzt hat diese Begründung jedoch im Folgenden präzisiert und ausgeführt: "Um eine Retention zu erreichen, wurde zeitaufwendig mikroschall präpariert, u.a. auch um eine Beschädigung der Nachbarzähne bei Engstand zu vermeiden". Dies reicht gerade noch aus, überdurchschnittliche Schwierigkeiten und eine Schwellenwertüberschreitung auf den 3,0fachen Wert zu begründen.

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Die in der Rechnung vom 29. September 2008 genannte Begründung Nr. 111 für den 3,3fachen Wert der Gebührenziffer Nr. 222 GOZ (16) "zeitaufwendige Säure-Ätztechnik mit Dentinbonding bei erschwerter Retentionsgewinnung" enthält ebenfalls nur vage Wertungen. Der Zeitaufwand und die Erschwerung werden nicht begründet. Die im Schreiben vom 14. Januar 2009 präzisierte Begründung des Zahnarztes "Zahn 16 hat zum Engstand und der erschwerten Präparation zusätzlich eine dünne vestibüle Wand. Dieses erfordert eine sichere erschwerte Dentinklebung" zeigt dagegen in der Person des Klägers liegende überdurchschnittliche Schwierigkeiten auf und vermag eine Schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen.

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Ausreichend ist auch die Begründung Nr. 129 in der Rechnung vom 29. September 2008 des 3,5fachen Wertes der Gebührenziffer Nr. 222 GOZ (26, 27) "tief unter dem Gingivalsaum liegende Kavität mit erschwerter Retentionsgewinnung" in Verbindung mit der Begründung in dem Schreiben des Zahnarztes vom 14. Januar 2009 "Zahn 26, 27 hatten eine tiefe Präparationsgrenze. Um eine sichere Klebung (Notwendig für Retention) zu erreichen, bestand u.a. eine Erschwernis in der Trockenlegung bzw. in der Kleberentfernung".

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2.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.

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Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Grundsatzfrage aufwirft, die im Berufungsrechtszug entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 25.4.2005 - 5 LA 162/04 -).

16

Nach den obigen Ausführungen sind im vorliegenden Fall die für den Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (Zahnarztrechnung vom 29. September 2008) gemäß § 87 c Abs. 1 NBG a.F. maßgeblichen früheren Beihilfevorschriften des Bundes (a.a.O.) anzuwenden, weil die Übergangsfrist der 16. Legislaturperiode des niedersächsischen Landtages, bis zu deren Ablauf die Beihilfevorschriften für niedersächsische Landesbeamte übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, im hier maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.

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3.

Aus demselben Grund liegen auch keine rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor.

18

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).