Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.01.2012, Az.: 11 OB 408/11

Gerichtszuständigkeit für die Überprüfung einer vorübergehenden Untersagung des Überschreitens der Absicherung einer als Tatort in Betracht kommenden Verkehrsunfallstelle als Strafverfolgungsmaßnahme

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.01.2012
Aktenzeichen
11 OB 408/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 10036
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0111.11OB408.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 24.11.2011 - AZ: 6 A 203/11

Fundstellen

  • DVP 2013, 173
  • NJW 2012, 2057 "Rechtsweg"
  • NordÖR 2012, 260-261

Amtlicher Leitsatz

Wird eine beanstandete polizeiliche Anordnung im Zusammenhang mit strafprozessualen Maßnahmen im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 160 StPO auf der Grundlage des § 164 StPO getroffen (hier: vorübergehende Untersagung des Überschreitens der Absicherung einer als Tatort in Betracht kommenden Verkehrsunfallstelle, um die Spurensuche zu ermöglichen), ist diese Maßnahme als Strafverfolgungsmaßnahme dem Strafverfahrensrecht zuzuordnen und unterliegt deshalb als sog. Justizverwaltungsakt auf dem Gebiet der Strafrechtspflege wegen der abdrängenden Sonderzuweisung des§ 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO der Überprüfung durch die ordentlichen (Straf-)Gerichte.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist nicht begründet.

2

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Verwaltungsrechtsweg für das vorliegende Verfahren gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 173 VwGO für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Oldenburg als zuständiges Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit verwiesen.

3

Die Klägerin, eine Nachrichtenagentur, wendet sich dagegen, dass einem ihrer Mitarbeiter am 20. Februar 2011 an einer Unfallstelle von der Polizei das Überschreiten der Absperrung untersagt worden ist. Nach dem von der Beklagten vorgelegten Unfallbefundbericht und der ergänzenden Stellungnahme des die Unfallstelle sichernden Polizeibeamten hatte sich ein Verkehrsunfall mit Todesfolge ereignet, bei dem der Unfallort als Tatort eines (fahrlässigen) Tötungsdelikts angesehen und abgesperrt wurde, um die Spuren zu sichern und den Verkehr umzuleiten. Der Mitarbeiter der Klägerin wurde ca. 40 Minuten nach seinem Eintreffen, nachdem die Tatortspuren gesichert waren, zum Unfallort vorgelassen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, ist die beanstandete polizeiliche Anordnung im Zusammenhang mit strafprozessualen Maßnahmen im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 160 StPO getroffen worden. Bei polizeilichen Maßnahmen auf der Grundlage der StPO enthält § 164 StPO die Befugnis zur Platzverweisung und sogar zur Festnahme von Störern, wenn dies für die Durchführung einer bestimmten Amtshandlung der Polizei erforderlich ist. Auf dieser Grundlage hat die Polizei hier nach den vorliegenden Berichten gehandelt.

4

Dass die Polizei, wenn die Störung gleichzeitig eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit hervorgerufen hätte, daneben auch zu polizeirechtlichen Anordnungen nach dem Nds. SOG berechtigt gewesen wäre, ändert nichts daran, dass keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass hier etwa ein Platzverweis nach§ 17 Nds. SOG ergangen ist.

5

Insofern ist die streitige Maßnahme als Strafverfolgungsmaßnahme dem Strafverfahrensrecht zuzuordnen und unterliegt deshalb als sog. Justizverwaltungsakt auf dem Gebiet der Strafrechtspflege aufgrund der abdrängenden Sonderzuweisung des§ 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO der Überprüfung durch die ordentlichen (Straf-)Gerichte.