Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.01.2012, Az.: 12 MN 160/11
Anforderungen an das Vorliegen wichtiger Gründe für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Außervollzugsetzung einer Veränderungssperre; Außervollzugsetzung einer Veränderungssperre beim Vorliegen formeller Satzungsmängel nach § 6 Abs. 3 S. 1 NGO
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.01.2012
- Aktenzeichen
- 12 MN 160/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 10035
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0104.12MN160.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 47 Abs. 6 VwGO
- § 14 Abs. 1 BauGB
- § 6 Abs. 3 S. 1 NGO
Fundstelle
- BauR 2012, 839
Redaktioneller Leitsatz
1.
Eine Gemeinde darf ein bestimmtes, ihr bekannt gewordenes Bauvorhaben zum Anlass nehmen, eine abweichende planerische Konzeption für den betroffenen Bereich des Gemeindegebiets zu entwickeln. Sie darf außerdem auch die Veränderungssperre gezielt einsetzen, um die bauplanungsrechtlichen Grundlagen - aus Sicht eines Bauwilligen - zu verändern.
2.
Die in § 1a Abs. 2 S. 1, 2 und § 35 Abs. 5 S. 1 BauGB normierte Verpflichtung zum sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden begründet keinen im Rahmen einer Abwägung unüberwindbaren Belang. Schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel einer beabsichtigten Bauleitplanung können insoweit nicht von vornherein angenommen werden.
Gründe
Der Antragsteller strebt die vorläufige Außervollzugsetzung einer Veränderungssperre an.
Er ist Eigentümer des im Gebiet der Antragsgegnerin nördlich des Bruchwegs gelegenen Grundstücks, Flur D., Flurstück E.. Auf diesem Grundstück beabsichtigt er die Errichtung und den Betrieb einer Schweinemastanlage mit 6.160 Mastschweine- und 528 Ferkelplätzen. Die Erteilung einer entsprechenden (wohl immissionsschutzrechtlichen) Genehmigung hatte er beim zuständigen Landkreis Verden beantragt.
Südlich des Grundstücks des Antragstellers und des Bruchwegs liegt der bislang von den Bebauungsplänen Nr. 33 der Antragsgegnerin ("Beppener Bruch") und Nr. 14 der Gemeinde Morsum umfasste Bereich. Diese Bebauungspläne sehen die Ausweisung von Sondergebieten für Windenergieanlagen (sog. Windpark Beppener Bruch) und eine - erfolgte - Bebauung der von ihnen umschriebenen Flächen mit Windenergieanlagen vor. Im April 2011 wurden Planungen u.a. zur Erweiterung dieses Windparks um ca. 30 ha und voraussichtlich 3 bis 4 weitere Anlagen auf einem nördlich des Bruchwegs gelegenen, auch das Grundstück des Antragstellers umfassenden Areal (sog. Windpark Holtorf) begonnen. Der Samtgemeindeausschuss der Samtgemeinde Thedinghausen fasste in diesem Zusammenhang am 31. Mai 2011 den Aufstellungsbeschluss für die 10. Änderung ihres Flächennutzungsplans. Durch diese Änderung soll - unter Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens zum Regionalen Raumordnungsprogramm (der Zielabweichungsbescheid datiert vom 28. September 2011) - die hier in Rede stehende Konzentrationsfläche für Windkraftanlagen in Beppen in der beschriebenen Weise und eine weitere Konzentrationsfläche für Windkraftanlagen in Blender erweitert werden. Ebenfalls am 31. Mai 2011 beschloss der Rat der Antragsgegnerin zum Zweck der Überplanung des nördlich des Bruchwegs gelegenen, auch das Grundstück des Antragstellers umfassenden Areals als Sondergebiet zum einen die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 47 "Windpark Holtorf" und zum anderen eine Satzung über die Veränderungssperre für den künftigen bereits umschriebenen Geltungsbereich des beabsichtigten Bebauungsplans. Letztere wurde am 1. Juni 2011 vom Bürgermeister und vom Gemeindedirektor der Antragsgegnerin unterzeichnet. Laut Begleitschreiben vom selben Tag wurde der ausgefertigte Bekanntmachungstext dem Landkreis Verden mit der Bitte um Veröffentlichung in dessen Amtsblatt vom 10. Juni 2011 übermittelt. Die Veröffentlichung erfolgte entsprechend.
Der Antragsteller hat am 12. Juli 2011 einen gegen die Satzung über die Veränderungssperre gerichteten Normenkontrollantrag gestellt (12 KN 159/11), über den noch nicht entschieden ist. Zugleich hat er den vorliegenden Eilantrag gestellt.
Der Landkreis Verden lehnte den Antrag des Antragstellers auf Genehmigung des Vorhabens Errichtung und Betrieb einer Schweinemastanlage mit Bescheid vom 27. Juli 2011 ab. Über den dagegen eingelegten Widerspruch ist soweit ersichtlich noch nicht entschieden worden.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seines Eilantrags vor: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig und begründet. Insbesondere sei der Erlass der einstweiligen Anordnung dringend geboten. Die vorzunehmende Folgenabwägung gehe zu seinen Gunsten aus. Der Normenkontrollantrag werde in der Hauptsache mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben. Die Satzung über die Veränderungssperre sei rechtswidrig. Sie diene der Absicherung einer auf Dauer nicht realisierbaren und deswegen nicht erforderlichen Planung. Auch sei sie nur vorgeschoben, um ein zulässiges Vorhaben zu verhindern. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, würde sein Vorhaben auf Jahre blockiert. Der Landkreis Verden habe seinen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag allein wegen der zwischenzeitlich erlassenen Veränderungssperre abgelehnt. Die Erschließung seines Grundstücks könne durch den Abschluss eines Erschließungsvertrags gesichert werden. Könne er sein Grundstück nicht einer seiner Situationsgebundenheit entsprechenden Nutzung zuführen, erleide er erhebliche wirtschaftliche Schäden. Um eine zügige und kostengünstige Errichtung der Stallanlagen zu ermöglichen, müsse er Unternehmen vertraglich binden. Außerdem forderten Gründe des allgemeinen Wohls die Außervollzugsetzung der Veränderungssperre.
Der Antragsteller beantragt,
die am 31. Mai 2011 beschlossene Satzung der Antragsgegnerin über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 47 "Windpark Holtorf" bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt zur Begründung vor: Der Antrag sei bereits unzulässig. Mit ihm werde eine nicht erforderliche Vorwegnahme der Hauptsache angestrebt. Der Antragsteller könne sein diesbezügliches Rechtsschutzziel etwa auch durch eine Inzidentkontrolle im Rahmen einer auf Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung gerichteten Klage verfolgen. Auch fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Das Vorhaben des Antragstellers sei unabhängig von der beschlossenen Veränderungssperre nicht genehmigungsfähig. Zum einen sei die Erschießung über den nicht mit einer hinreichend tragfähigen Brücke versehenen Bruchweg nicht gesichert. Zum anderen sei das Vorhaben des Antragstellers nicht ein nach§ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiertes. Ungeachtet dessen sei die Veränderungssperre weder formell noch materiell zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
1.
Der Antragsteller ist entsprechend § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Es besteht die Möglichkeit, dass er durch die von der Antragsgegnerin erlassene Satzung über die Veränderungssperre in eigenen Rechten verletzt wird. Diese bewirkt, dass in ihrem Geltungsbereich - und damit auch auf dem Grundstück des Antragstellers - grundsätzlich Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt und - nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtige - erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen an Grundstücken und baulichen Anlagen nicht vorgenommen werden dürfen. Damit schränkt sie die aus dem Eigentumsrecht folgenden Nutzungsmöglichkeiten ein und berührt sie die aus Art. 14 GG folgende Rechtsposition. Insofern besteht auch die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Antragstellers und ist seine Antragsbefugnis zu bejahen (vgl. auch OVG LSA, Beschluss vom 6.10.2004 - 2 R 488/03 -, [...]).
Dem Antragsteller fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als für den Rechtsschutzsuchenden nutzlos oder als rechtsmissbräuchlich erweist (BVerwG, Beschluss vom 25.5.1993 - 4 NB 50.92 -, NVwZ 1994, 269 [BVerwG 26.05.1993 - BVerwG 4 NB 3.93]; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 17. Aufl., 2011, § 47 Rdn. 89 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist in diesem Zusammenhang nicht nur von Belang, ob der Antragsteller durch die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes seine rechtliche Position konkret in Bezug auf sein derzeitiges Bauvorhaben verbessern kann. Maßgeblich ist vielmehr, ob eine Erklärung der angegriffenen Vorschrift für unwirksam dem Antragsteller rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringt (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.). Diese können ihm hier nicht abgesprochen werden, weil ihm ohne die Veränderungssperre in Bezug auf sein Grundstück andere Nutzungsmöglichkeiten offenstehen als mit der Veränderungssperre. Hinzu kommt, dass seinem Vorhaben bei einem Erfolg seines Eilantrags nicht schon die Satzung über die Veränderungssperre entgegengehalten werden kann. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes sei für ihn von vornherein nutzlos. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin bedarf in diesem Zusammenhang mithin keiner Entscheidung, ob die Errichtung und der Betrieb der geplanten Schweinemastanlage aus anderen Gründen scheitert, ob dem Vorhaben also etwa die von ihr geltend gemachten erschließungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen oder ob es ein Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ist oder nicht.
Der Zulässigkeit des vorliegenden Antrags steht ferner nicht entgegen, dass der Antragsteller auch Rechtsschutz etwa gegen die Ablehnung der von ihm beantragten Genehmigung verfolgen kann und dabei auch die planungsrechtlichen Grundlagen Gegen-stand gerichtlicher Prüfung werden können. Beide in Rede stehenden Rechtsschutzformen sind grundsätzlich selbstständig und gleichberechtigt nebeneinander möglich (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 Rdn. 149 m.w.N.; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: 21. Ergänzungslieferung, § 47 Rdnr. 12, 141, zitiert nach beck-online). Dass, wie die Antragsgegnerin geltend macht, eine stattgebende Entscheidung eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten könnte, führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags per se. Die Frage, welchen Inhalt eine einstweilige Anordnung gegebenenfalls haben könnte, ist im Übrigen eine Frage der Begründetheit (vgl. dazu Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 47 Rdnr. 181 ff.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 Rdn. 150 m.w.N.).
2.
Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO für eine Außervollzugsetzung der Satzung über die Veränderungssperre liegen nicht vor. Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung (nur) erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Der Maßstab des § 47 Abs. 6 VwGO, der - wie dargelegt - voraussetzt, dass eine einstweilige Anordnung "dringend geboten" ist, ist strenger als im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO, bei dem es ausreicht, dass eine einstweilige Anordnung "nötig erscheint". Die Entscheidung ergeht auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Dabei sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen, soweit sie sich hinreichend sicher absehen lassen. Hat nach summarischer Prüfung der Normenkontrollantrag offensichtlich Erfolg, wird im Allgemeinen der Erlass einer einstweiligen Anordnung aus wichtigen Gründen im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO geboten sein. Im Übrigen ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen, bei der unter Beachtung des skizzierten strengeren Maßstabs in Rechnung zu stellen ist, welche Gründe für und welche Gründe gegen die Außervollzugsetzung der angegriffenen Vorschrift sprechen. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung müssen grundsätzlich derart gewichtige Gründe vorliegen, dass das Ergehen der einstweiligen Anordnung unabweisbar erscheint (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8.3.2007 - 12 MN 13/07 -, NordÖR 2007, 206, [...]; Beschluss vom 11.3.2010 - 13 MN 115/09 -, NuR 2010, 353, [...] Rdn. 10; Beschluss vom 18.7.2011 - 1 MN 11/11 -, RdL 2011, 259, [...] Rdn. 19; Beschluss vom 21.1.2004 - 1 MN 295/03 -, NordÖR 2004, 119, [...] Rdn. 11; Kopp/Schenke, a.a.O., § 47 Rdn. 148 m.w.N.).
Die hiernach vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Nach summarischer Prüfung wird sein Normenkontrollantrag nicht offensichtlich Erfolg haben, sondern voraussichtlich abzulehnen sein (dazu a). Unmittelbare und schwere Nachteile für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung in Gestalt der Außervollzugsetzung der angegriffenen Satzung über die Veränderungssperre nicht ergeht, der Normenkontrollantrag später aber Erfolg hätte, hat der Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Demgegenüber entstünden im Hinblick auf die geplante Entwicklung des Gebietes greifbare Nachteile, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag später aber erfolglos bliebe (dazu b).
a) Nach summarischer Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass der Normenkontrollantrag in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird. Gegen diesen sind zwar Zulässigkeitsbedenken nicht zu erheben. Er dürfte jedoch unbegründet sein. Die angegriffene Satzung über die Veränderungssperre erscheint weder aus formellen (1) noch aus materiellen Gründen (2) unwirksam.
(1) Die vom Antragsteller gerügten formellen Satzungsmängel liegen soweit ersichtlich nicht vor. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 NGO in seiner bis zum 31. Oktober 2011 gültigen und damit hier maßgeblichen Fassung sind Satzungen von der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister zu unterzeichnen und öffentlich bekanntzumachen. Ausweislich der im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin enthaltenen Ablichtungen wurde in einer den diesbezüglichen Anforderungen genügenden Weise (vgl. dazu Thiele, NGO, Kommentar, 8. Aufl., 2007, § 6 Anm. 4) die Urschrift der beschlossenen Satzung am 1. Juni 2011 sowohl vom Bürgermeister als auch vom Gemeindedirektor unter Beifügung eines Dienstsiegels unterzeichnet. Darin liegt die vom Antragsteller vermisste Ausfertigung der Satzung (Thiele, a.a.O.). Mängel der Bekanntmachung sind nicht erkennbar. Gemäߧ 6 Abs. 3 Satz 1 NGO sind Satzungen von der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister zu unterzeichnen und öffentlich bekannt zu machen. Daraus folgt, dass die Bekanntmachung von der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister im Zusammenhang mit der Unterzeichnung im Einzelfall anzustoßen ist (Nds. OVG, Urteil vom21.12.2010 - 12 KN 71/08 -, BauR 2011, 1140, [...] Rdn. 24 m.w.N.). Dass diesem Erfordernis mit dem im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin befindlichen Schreiben vom 1. Juni 2011 nicht genügt wird, hat der Antragsteller nicht dargelegt. In diesem Schreiben wird festgelegt, zu welchem Zeitpunkt und wo die Bekanntmachung zu erfolgen hat, namentlich in der Ausgabe des am 10. Juni 2011 zu veröffentlichenden Amtsblatts für den Landkreis Verden. Die Bekanntmachung ist entsprechend erfolgt.
(2) Die angegriffene Satzung über die Veränderungssperre erscheint nicht aus materiellen Gründen unwirksam. Bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) vorgelegen haben.
Eine Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Die Gemeinde muss positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt haben. Für eine Veränderungssperre ist es dabei erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre Vorstellungen über die Art der künftigen Nutzung besitzt (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE 120, 138, [...] Rdn. 28; BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, NVwZ 2004, 984, [BVerwG 19.02.2004 - 4 CN 13.03] [...] Rdn. 15; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom14.11.2011 - 1 ME 181/11 -, RdL 2012, 6 f. und vom 21.1.2004 - 1 MN 295/03 -, NVwZ-RR 2004, 332, [...] Rdn. 16; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 14.6.2010 - OVG 10 S 27.09 -, [...] Rdn. 24). Liegen diese Voraussetzungen vor, darf die Veränderungssperre auch gezielt eingesetzt werden, um die Umsetzung eines nicht zielkonformen Vorhabens zu blockieren. Eine Veränderungssperre ist als Mittel zur Sicherung der planerischen Absichten allerdings ungeeignet, wenn sie der Förderung von Zielen dient, die mittels einer rechtmäßigen Bauleitplanung offenkundig nicht erreichbar sind oder für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Letzteres ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sich aus den Umständen des konkreten Einzelfalls ergibt, dass die im Aufstellungsbeschluss dargestellten Planungsüberlegungen der Gemeinde offensichtlich nur vorgeschoben sind (zu alledem BVerwG, Beschluss vom21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, NVwZ 1994, 685, [...]; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 14.6.2010 - OVG 10 S 27.09 -, [...] Rdn. 24; OVG Saarl.,Beschluss vom 27.2.2008 - 2 B 450/07 -, [...] Rdn. 16; VGH Kassel, Urteil vom 25.7.2011 - 9 A 103/11 -, ZNER 2011, 528 f.).
Nach summarischer Prüfung genügt die angefochtene Satzung der Antragsgegnerin über die Veränderungssperre den hiernach zu stellenden Anforderungen. Der Rat der Antragsgegnerin hatte in derselben Sitzung vom 31. Mai 2011 unmittelbar vor der Beschlussfassung über die Veränderungssperre den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 47 "Windpark Holtorf" gefasst. Inhalt dieses Beschlusses ist die Aufstellung des genannten Bebauungsplans "gem. § 30 Abs. 1 BauGB auf der Basis des Konzeptes des Büros F. + G. v. 24.5.2011 für das in der Anlage kenntlich gemachte Gebiet (Art der Nutzung§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sonstiges Sondergebiet § 11 Baunutzungsverordnung, Zweckbestimmung: "Windenergie")." Weiter heißt es: "Ausdrückliches Kernziel der Gemeinde ist die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau neuer Windenergieanlagen im Plangebiet. ...". Damit bestehen für ein eindeutig bestimmtes Plangebiet hinreichend konkrete Planungen hinsichtlich einer zulässigen, nach § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbaren Nutzung. Insofern waren konkrete Vorstellungen über den künftigen Inhalt des Bebauungsplans vorhanden. Der Vorwurf des Antragstellers, die Antragsgegnerin betreibe eine unzulässige Verhinderungsplanung, überzeugt unter den gegebenen Umständen nicht. Wie dargelegt, darf die Gemeinde - wie hier - ein bestimmtes, ihr bekannt gewordenes Bauvorhaben zum Anlass nehmen, eine abweichende planerische Konzeption für den betroffenen Bereich des Gemeindegebiets zu entwickeln. Sie darf dann auch die Veränderungssperre gezielt einsetzen, um die bauplanungsrechtlichen Grundlagen - aus Sicht eines Bauwilligen wie hier des Antragstellers negativ - zu verändern.
Die Satzung über die Veränderungssperre dient nach summarischer Prüfung nicht der Förderung von Zielen, die mittels einer rechtmäßigen Bauleitplanung offenkundig nicht erreichbar sind. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragstellers, der Bebauungsplan sei offensichtlich nicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich. Ob der Vortrag des Antragstellers, er sei nicht bereit, die vorgesehene Planung umzusetzen, für die Frage der Erforderlichkeit der Bauleitplanung überhaupt von Belang ist, kann dahinstehen (verneinend OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 14.6.2010 - OVG 10 S 27.09 -, [...] Rdn. 26). Dass mit seiner Weigerung, die Planung umzusetzen, die Ausweisung insgesamt hinfällig werde, hat der Antragsteller jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Seiner Behauptung stehen die Angaben der Antragsgegnerin entgegen, die sonstigen Grundstückeigentümer innerhalb des Plangebiets hätten mit einem künftigen Betreiber der Windkraftanlagen für drei von vier möglichen Anlagen Vorverträge zur Bereitstellung der Flächen und zur Gestattung der Errichtung und des Betriebs der Anlagen geschlossen. Schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel der beabsichtigten Bauleitplanung hat der Antragsteller danach nicht hinreichend glaubhaft gemacht und sind dem Senat nach summarischer Prüfung auch sonst nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller einen Verstoß gegen die Grundsätze des§ 1a Abs. 2 Satz 1, 2 BauGB geltend macht, ist zunächst fraglich, inwieweit diese Vorschrift neben der für - wie hier - Außenbereichsvorhaben spezielleren Vorschrift des § 35 Abs. 5 Satz 1 BauGB zur Anwendung kommt (vgl. Krautzberger, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Kommentar, 11. Aufl., 2009, § 1a Rdn. 2). Ungeachtet dessen begründet die in beiden Vorschriften normierte Verpflichtung zum sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden keinen im Rahmen einer Abwägung unüberwindbaren Belang (Krautzberger, in Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 1a Rdn. 6). Schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel der beabsichtigten Bauleitplanung können mit Blick hierauf deswegen auch insoweit nicht von vornherein angenommen werden. Entsprechendes gilt, soweit der Antragsteller bemängelt und die Antragsgegnerin einräumt, dass Konfliktpotential zwischen den beabsichtigten Festsetzungen des hier in Rede stehenden, in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 47 einerseits und des weiteren, ebenfalls in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 48 "Eyterniederung - Beppener Bruch" besteht. Dafür, dass - wie der Antragsteller vorträgt - dieser Konflikt unauflösbar sei, sind greifbare Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass die im Aufstellungsbeschluss dargestellten Planungsüberlegungen der Gemeinde offensichtlich nur vorgeschoben sind.
b) Auch die Vollzugsfolgenabwägung fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Dieser hat keine Gründe glaubhaft gemacht, die darauf schließen lassen, dass seine Rechte oder rechtlich geschützten Interessen ohne die vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt werden. Zunächst werden seine Rechte und seine rechtlich geschützten Interessen nicht dadurch im besonderen Maße beeinträchtigt, dass ohne die vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre eine Zurückweisung seines Widerspruchs gegen die Ablehnung seines Genehmigungsantrags zu erwarten wäre und ihm durch die Verzögerung der Realisierung des Vorhabens ein finanzieller Schaden entstehen könnte. Derartige finanzielle Verluste begründen keine irreparablen Schäden, zumal der Antragsteller gegebenenfalls auf die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen verwiesen werden könnte. Ihm wird insoweit auch kein außergewöhnliches Opfer abverlangt. Die sich aus der Versagung einer Genehmigung und der unvermeidbaren Dauer eines anschließenden Rechtsstreits in mehreren Instanzen ergebende Verzögerung eines Vorhabens und damit möglicherweise verbundene finanzielle Einbußen sind in einem Genehmigungsverfahren nicht ungewöhnlich, sondern treffen in gleicher Weise eine Vielzahl von Personen, die ihr jeweiliges Vorhaben in Abweichung von Normen im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGO verwirklichen wollen und denen regelmäßig ein längerer Rechtsstreit nicht erspart bleibt (vgl.Nds. OVG, Beschluss vom 1.2.2006 - 9 MN 40/05 -, [...] m.w.N.).
Es kann dahinstehen, ob sich der Antragsteller zur Begründung seines Eilantrags des Weiteren auf die allein im öffentlichen Interesse liegenden Belange höherer Gewerbesteuereinnahmen und einer schnelleren Schaffung von Arbeitsplätzen berufen kann (verneinend OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 14.6.2010 - OVG 10 S 27.09 -, [...] Rdn. 28; OVG Saarl., Beschluss vom 27.2.2008 - 2 B 450/07 -, [...] Rdn. 17; bejahend wohl Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl., 2011, Rdn. 604 m.w.N.). Diese Aspekte sind jedenfalls nicht von solchem Gewicht, dass sie unter Berücksichtigung des dargestellten Maßstabs die begehrte vorläufige Außervollzugsetzung der Veränderungssperre rechtfertigen könnten.