Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.01.2012, Az.: 5 LB 9/10
Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in einem Auswahlverfahren um die Stelle eines kommunalen Wahlbeamten
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 10.01.2012
- Aktenzeichen
- 5 LB 9/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 11278
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0110.5LB9.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 25.03.2009 - AZ: 3 A 749/07
Rechtsgrundlage
- § 15 Abs. 2 AGG
Fundstellen
- DVP 2014, 37
- DÖD 2012, 88-93
- FStNds 2012, 484-488
- KommJur 2012, 151-155
- NVwZ-RR 2012, 733-736
- NdsVBl 2012, 136-139
Amtlicher Leitsatz
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet auch in einem Auswahlverfahren um die Stelle eines kommunalen Wahlbeamten Anwendung
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Entschädigung und eines Schadensersatzes.
Die 1953 geborene Klägerin ist seit 1970 beim Magistrat der Stadt E. beschäftigt. Zuletzt war sie als Beamtin (Oberamtsrätin A 13) im Dezernat I Leiterin der Abteilung "Zentrale Angelegenheiten".
Am 30. September 2006 wurde in der F. -Zeitung die Stelle einer Ersten Gemeinderätin/eines Ersten Gemeinderates der Beklagten als Allgemeine Vertreterin/Allgemeiner Vertreter des hauptamtlichen Bürgermeisters ausgeschrieben. Hierauf bewarben sich 18 Personen. Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 13. Oktober 2006.
In der Sitzungsvorlage vom 4. Dezember 2006 schlug der Bürgermeister der Beklagten Herrn G. aus H. zur Wahl vor und fügte dieser Vorlage zusammengefasste Bewerbungsunterlagen des Herrn G. bei. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 teilte der Bürgermeister Herrn G. mit, dass er dem Rat auf der Sitzung am 19. Dezember 2006 vorschlagen werde, diesen zu ernennen; zuvor finde am 11. Dezember 2006 ein Vorstellungstermin vor dem Verwaltungsausschuss statt.
Herr G. stellte sich in der Sitzung des Verwaltungsausschusses der Beklagten am 11. Dezember 2006 vor. Der Verwaltungsausschuss beschloss, die Vorlage ohne Empfehlung an den Rat zu verweisen.
Der Rat der Beklagten wählte Herrn G. in seiner Sitzung vom 19. Dezember 2006 zum Ersten Gemeinderat als Allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters für eine Amtszeit von acht Jahren. Der Bürgermeister überreichte dem gewählten Ersten Gemeinderat die Ernennungsurkunde mit Wirkung des Amtsantritts am 1. Februar 2007 unmittelbar nach der Wahl in der Ratssitzung vom 19. Dezember 2006.
Die Beklagte teilte der Klägerin unter dem 20. Dezember 2006 mit, dass der Rat auf Vorschlag des Bürgermeisters Herrn G. zum Ersten Gemeinderat gewählt habe.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22. Dezember 2006 legte die Klägerin Widerspruch gegen den "ablehnenden Bescheid vom 20.12.2006" sowie Widerspruch gegen die Auswahl des neuen Ersten Gemeinderates ein und begehrte, die ausgeschriebene Stelle nicht zu besetzen, solange nicht über ihre Bewerbung bestandskräftig entschieden worden sei.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die ausgeschriebene Stelle auf der Grundlage der Wahl des Rates besetzt worden und die Wahl rechtmäßig erfolgt sei. Mit Schreiben vom 9. Januar 2007 nahm die Klägerin ihren Widerspruch zurück.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Februar 2007 machte die Klägerin gegen die Beklagte Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz in Höhe von 62.161,99 EUR geltend mit der Begründung, dass sie während des laufenden Bewerbungsverfahrens mit dem Bürgermeister telefoniert habe. In diesem Telefonat habe dieser geäußert, sie - die Klägerin - dem Rat deswegen nicht zur Wahl vorzuschlagen, weil sie 53 Jahre alt sei; weil er selbst ebenfalls über 50 Jahre alt sei, würde ihre Wahl dazu führen, dass die gesamte Verwaltungsspitze zeitgleich in den Ruhestand ginge. Aus diesem Grunde beabsichtige er, der Bürgermeister, dem Rat nur einen jüngeren Bewerber zur Wahl vorzuschlagen, was sodann auch erfolgt sei. Mit dieser Vorgehensweise habe der Bürgermeister gegen die Bestimmungen desAllgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verstoßen, weil die Klägerin allein wegen ihres Alters ungünstiger behandelt worden sei. Das rechtfertige die Geltendmachung eines Schmerzensgeldes, das in Höhe eines Jahresbruttogehalts der ausgeschriebenen Stelle (Besoldung nach A 15), also 60.000,- EUR, zu bemessen sei; zusätzlich habe die Beklagte als Schadensersatz die Anwaltskosten für die Geltendmachung dieses Betrages und damit weitere 2.161,99 EUR zu zahlen.
Die Beklagte trat dieser Forderung entgegen.
Die Klägerin hat am 10. April 2007 Klage vor dem Arbeitsgericht I. erhoben. Das Arbeitsgericht I. hat das Verfahren mit Beschluss vom 5. Juni 2007 ( ) an das Verwaltungsgericht Stade verwiesen.
Zur Begründung hat die Klägerin ihre Ansichten zu den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vertieft. Diese seien nach § 24 AGG vorliegend anwendbar. Sie, die Klägerin, sei allein aufgrund ihres Alters benachteiligt worden. Ohne die Benachteiligung hätte sie das angestrebte Amt erlangen können. Deshalb könne sie eine der Höhe nach unbeschränkte Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG beanspruchen. Einer zusätzlichen Zuordnung zu einem konkreten verwaltungsrechtlichen Rechtsakt bedürfe es nicht; insoweit werde ein Betrag von mindestens 30.000,- EUR begehrt. Weitere 1.461,68 EUR seien unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auf der Grundlage des§ 15 Abs. 1 AGG zu zahlen. Dieser Betrag errechne sich aus den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung unter Anrechnung einer Verfahrensgebühr aus den außergerichtlichen Kosten des vorliegenden Verfahrens.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung in Höhe von mindestens 30.000,- EUR sowie Schadensersatz in Höhe von weiteren 1.461,68 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Richtig sei zwar, dass es zwischen dem Bürgermeister und der Klägerin nach deren Bewerbung ein Telefonat gegeben habe. In diesem Telefonat sei der Bürgermeister aber inhaltlich weder auf den Kreis der Bewerber noch auf deren inhaltliche Qualifikation eingegangen. Auch habe er keinerlei Angaben zu etwaig favorisierten Kandidaten gemacht. Vor der Wahl habe der Bürgermeister in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 11. Dezember 2006 darauf hingewiesen, dass für die Ratsmitglieder die Möglichkeit bestehe, die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber einzusehen. Unzutreffend sei, dass die Klägerin allein wegen ihres Alters und ihres Geschlechts nicht zur Wahl vorgeschlagen worden sei.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. März 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei zweifelhaft, ob die Bestimmungen des AGG auch für Wahlbeamte Anwendung finden könnten, denn es handele sich hier sowohl auf Vorschlags- als auch auf Wahlebene um politische Entscheidungen, die einer Begründung nicht bedürften. Selbst wenn diese Bestimmungen einschlägig wären, lägen die Voraussetzungen nicht vor. Es liege kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vor. Unabhängig von der Frage, ob ein Abstellen auf die Altersstruktur der Führungsebene einer Kommunalverwaltung aus Gründen der Kontinuität ein zu berücksichtigender sachlicher Gesichtspunkt sein könne, bleibe festzustellen, dass nicht die Klägerin aufgrund ihres Alters benachteiligt worden sein könne, sondern von den 18 Bewerbern seien auch die anderen drei über 50jährigen und mit Ausnahme des Gewählten auch alle anderen Kandidaten unabhängig von ihrem (geringeren) Alter gleichermaßen weder vorgeschlagen noch gewählt worden. Dies zeige, dass sowohl beim Vorschlag als auch bei der Wahl nicht auf das Alter abgestellt worden sein könne.
Die Klägerin hat am 23. April 2009 die Zulassung der Berufung beantragt. Der erkennende Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 11. Januar 2010 (5 LA 105/09) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.
Die Klägerin hält in der Berufungsbegründung an ihrer Rechtsauffassung fest.
Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung in Höhe von mindestens 30.000,-- EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 1.461,68 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen und bestreitet, dass der Bürgermeister in einem Telefonat und vor den Sitzungen des Verwaltungsausschusses und des Rates geäußert habe, dass die Klägerin allein aufgrund ihres Alters nicht zur Wahl vorgeschlagen werde. Der Bürgermeister habe in dem Telefonat auch nicht betont, dass an der Qualifikation der Klägerin für das Amt kein Zweifel bestünde. Das Ausschreibungsprofil habe exakt auf den ausgewählten Herrn G. zugetroffen. Die hervorragende Eignung des Herrn G. habe den Bürgermeister bewogen, ihn vorzuschlagen.
Der Senat hat die Klägerin und den Bürgermeister der Beklagten in der mündlichen Verhandlung angehört. Er hat außerdem Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen J. und K. gemäß dem Beweisbeschluss vom 10. Januar 2012.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2012, und auf die Beiakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 4.864,61 EUR sowie einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.020,31 EUR. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern. Ein weitergehender Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz steht der Klägerin nicht zu. Insoweit ist die Klage abzuweisen und die weitergehende Berufung zurückzuweisen.
A. Die Berufung ist zulässig.
Die Berufungsbegründung der Klägerin vom 11. Februar 2010 genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO. Danach muss die Berufungsbegründung neben einem bestimmten Antrag auch die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung der angefochtenen Entscheidung enthalten. In der Berufungsbegründung nimmt die Klägerin zwar lediglich Bezug auf ihre Begründung im Zulassungsverfahren im Schriftsatz vom 8. Juni 2009 sowie auf den Zulassungsbeschluss des erkennenden Senats vom 11. Januar 2010 (5 LA 105/09). Dies reicht im vorliegenden Verfahren jedoch für das Begründungserfordernis gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO aus. Denn aus dem in Bezug genommenen, ausführlichen Vortrag der Klägerin in ihrem Zulassungsbegründungsschriftsatz vom 8. Juni 2009 wird hinreichend deutlich, weshalb die Klägerin auch die Berufung für begründet hält (vgl. zu den Anforderungen an eine Berufungsbegründung nach Zulassung der Berufung auch Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 124a Rn. 68 m.w.N.).
B. Die Berufung ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 4.864,61 EUR (siehe unten Ziff. I.) und auf Schadensersatz in Höhe von 1.020,31 EUR (siehe unten Ziff. II.) gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) in der Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) - AGG - zu.
Der erkennende Senat hat anders als das Verwaltungsgericht keine Zweifel, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im vorliegenden Fall Anwendung findet. Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in seinem von dem Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 22. Januar 2008 (5 ME 491/07) entschieden hat, dass das Vorschlagsrecht des Bürgermeisters, das bis zum 31. Oktober 2011 in § 81 Abs. 3 Satz 1 der Niedersächsischen Gemeindeordnung - NGO - normiert war (vgl. seit dem 1.11.2011 § 109 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes - NKomVG -), sowie die Wahl als solche keiner Begründung bedürfen, weil es in der Natur der Sache liegt, dass in eine Wahlentscheidung eines aus Personen unterschiedlicher politischer Ausrichtung zusammengesetzten Gremiums wie dem Rat die unterschiedlichsten Vorstellungen und Motive eingehen. Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren aber nicht gegen die Begründung bzw. die Nichtbegründung einer Auswahlentscheidung, sondern sie rügt, bei der Wahl des Ersten Gemeinderates der Beklagten benachteiligt worden zu sein. Auch ein Verfahren über die Auswahl eines kommunalen Wahlbeamten ist an den Vorgaben des AGG zu messen. Die Beteiligten unterfallen zudem dem persönlichen Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Nach § 24 Nr. 1 AGG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Die Klägerin gilt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG als Beschäftigte, weil sie sich auf eine Stelle als kommunale Wahlbeamtin bei der Beklagten und damit entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG für ein Beschäftigungsverhältnis beworben hat. Die Beklagte ist als Dienstherr, der die Stelle ausgeschrieben hat, gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG Arbeitgeber im Sinne des AGG.
I. Rechtsgrundlage für den Entschädigungsanspruch der Klägerin ist § 15 Abs. 2 AGG.
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach§ 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m.§ 1 AGG (vgl. BAG, Urteil vom 22.1.2009 - 8 AZR 906/07 -, [...]). Nach § 1 AGG ist Ziel des Gesetzes, Benachteiligungen u.a. aus Gründen des Alters zu verhindern oder zu beseitigen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg. Anders als z.B. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG ("Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses") setzt § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG keine Maßnahme des Arbeitgebers bzw. des Dienstherrn voraus, sondern lässt für den Anwendungsbereich des AGG Benachteiligungen in Bezug auf Bedingungen einschließlich Auswahlkriterien ausreichen. Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
1. Der Beschäftigte muss zunächst den Vollbeweis führen, dass er gegenüber einer anderen Person ungünstig behandelt worden ist (vgl. BTDrucks 16/1780 S. 47; BVerwG, Urteil vom 3.3.2011 - BVerwG 5 C 16.10 -, [...] Rn. 17). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin ist gegenüber dem Ausgewählten ungünstig behandelt worden, denn ihre Bewerbung hat im Auswahlverfahren keine Berücksichtigung gefunden und sie ist nicht von dem Bürgermeister der Beklagten vorgeschlagen und nicht vom Rat der Beklagten gewählt worden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle nicht erfüllt hätte und bereits deshalb im Auswahlverfahren nicht hätte zum Zuge kommen können. Vielmehr ist unstreitig, dass die Klägerin für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht ungeeignet gewesen wäre.
2. Weiter muss der Beschäftigte gemäß § 22 AGG Indizien beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. § 22 AGG senkt das Beweismaß. Es genügt die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Grund und Nachteil (BVerwG, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., Rn. 26; vgl. BTDrucks 16/1780 S. 47 unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 5.2.2004 - 8 AZR 112/03 -, BAGE 109, 265 und [...]).
Die Klägerin hat Indizien bewiesen, die vermuten lassen, dass ihre Bewerbung ohne jede weitere sachliche Prüfung und ohne Berücksichtigung der Qualifikation allein wegen des Alters der Klägerin bei der Auswahl um die Stelle des Ersten Gemeinderates nicht berücksichtigt worden ist.
Der Argumentation des Verwaltungsgerichts, die Klägerin könne nicht wegen ihres Alters benachteiligt worden sein, weil von den 18 Bewerbern auch drei andere über 50jährige und auch die übrigen Kandidaten unabhängig von ihrem Alter nicht vorgeschlagen und gewählt worden seien, vermag der Senat nicht zu folgen. Es ist zum einen nicht ausgeschlossen, dass auch die drei anderen über 50 Jahre alten Mitbewerber aufgrund ihres Alters von vornherein nicht in die engere Auswahl genommen worden sind. Für die Frage, ob eine Benachteiligung der Klägerin vorliegt, ist zum anderen - wie dargelegt - gemäß § 3 Abs. 1 AGG maßgeblich, ob die Klägerin wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier des Alters - eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfahren hat. Dies gilt hier bei einer Benachteiligung wegen des Alters zumindest im Verhältnis zu den jüngeren Mitbewerbern, insbesondere zu dem ausgewählten jüngeren Bewerber.
Die Klägerin hat in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012 vorgetragen, der Bürgermeister habe geäußert, dass er sie einzig aufgrund ihres Alters nicht zur Wahl vorschlagen werde. Dem ist der Bürgermeister, der die Beklagte gemäß § 86 Abs. 1 Satz 2 NKomVG (vgl. bis zum 31.10.2011 § 63 Abs. 1 Satz 2 NGO) in gerichtlichen Verfahren vertritt und mithin Beteiligter des Verfahrens gemäß § 63 Nr. 2 VwGO ist, in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012 entgegengetreten. Der Senat hat daraufhin Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen J. und K. gemäß dem Beweisbeschluss vom 10. Januar 2012.
Der Senat ist nach der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012 davon überzeugt, dass zwischen dem Alter der Klägerin und der Benachteiligung der Klägerin im Auswahlverfahren um die Stelle des Ersten Gemeinderates bei der Beklagten überwiegend wahrscheinlich ein Kausalzusammenhang besteht.
Der Senat hat diese Überzeugung aus der Aussage des Zeugen J. gewonnen. Der Zeuge J. war nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012 zur Zeit des hier streitigen Auswahlverfahrens Mitglied des Verwaltungsausschusses und des Rates der Beklagten. Er hat ausgesagt, dass er vor der Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 11. Dezember 2006 den Bürgermeister der Beklagten auf die Bewerbung der Klägerin angesprochen habe. Der Bürgermeister habe ihm dann sinngemäß gesagt, dass er - der Bürgermeister - und die Klägerin etwa gleich alt seien und dass es nicht so gut sei, wenn die Klägerin und er selbst nach dem Ablauf der jeweiligen Amtszeit gleichzeitig in den Ruhestand gingen.
Dieser von dem Zeugen J. bekundeten Äußerung des Bürgermeisters der Beklagten in einem Vier-Augen-Gespräch kann entnommen werden, dass der Bürgermeister der Beklagten bei der Bewerbung der Klägerin deren Alter im Blick gehabt hat und ihre Bewerbung deshalb nicht berücksichtigt hat, weil die Klägerin gleich alt ist wie er selbst und er es nicht gut gefunden hat, wenn die Klägerin und er selbst nach dem Ablauf der jeweiligen Amtszeit gleichzeitig in den Ruhestand gingen. Dies ist ein Indiz dafür, dass der Bürgermeister im Rahmen seines Vorschlagsrechts gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 NGO (vgl. seit dem 1.11.2011 § 109 Abs. 1 Satz 1 NKomVG) die Klägerin allein wegen ihres Alters im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt hat und ihre Bewerbung deshalb von vornherein ausgeschieden ist.
Der Zeuge J. hat außerdem ausgesagt, dass er den Bürgermeister der Beklagten in der Sitzung des Verwaltungsausschusses im Ratssaal erneut auf die Bewerbung der Klägerin angesprochen habe. Daraufhin habe der Bürgermeister wie schon bei dem ersten Gespräch in dieser Sache auf das Alter der Klägerin und auf sein eigenes Alter hingewiesen.
Die von dem Zeugen J. bekundete Äußerung des Bürgermeisters in der Verwaltungsausschusssitzung ist ebenfalls ein Indiz für eine Benachteiligung der Klägerin in dem Auswahlverfahren wegen ihres Alters.
Der Zeuge J. ist glaubwürdig. Seine Aussage ist frei von Widersprüchen. Wenn er sich wegen des langen Zeitablaufs nicht mehr genau an Einzelheiten erinnern konnte, hat er dies deutlich gemacht. Dass er sich dennoch der oben wiedergegebenen Gespräche entsinnen konnte, ist im Hinblick darauf, dass ihn die Klägerin wegen ihrer Bewerbung angesprochen und um Unterstützung gebeten hatte, nachvollziehbar. Er konnte sich auch noch erinnern, dass er den Bürgermeister darauf hingewiesen habe, dass die Klägerin einen höherwertigen Dienstposten inne gehabt habe als der Mitbewerber, und dass er darin persönlich einen Widerspruch gesehen habe. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass der zur Wahrheit ermahnte Zeuge J. voreingenommen ausgesagt hätte. So hat der Zeuge J. auch bekundet, dass in der Ratssitzung nicht über das Alter der Bewerber gesprochen worden sei.
Mit der Aussage des Zeugen K. sind demgegenüber keine Indizien bewiesen, die eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Alters im Auswahlverfahren vermuten lassen könnten. Der Zeuge K. hat in seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012 bekundet, er habe den Bürgermeister auf einer Veranstaltung auf die Bewerbung der Klägerin angesprochen, über das Alter der Klägerin sei nicht gesprochen worden.
Diese Aussage des Zeugen K. widerlegt aber nicht die Bekundung des Zeugen J.. Der Zeuge K. war weder Mitglied des Verwaltungssausschusses noch des Rates der Beklagten. Er hat weder an dem von dem Zeugen J. bekundeten Vier-Augen-Gespräch mit dem Bürgermeister der Beklagten noch an den Sitzungen der Gremien teilgenommen.
Eine weitere Beweisaufnahme durch Vernehmung anderer Zeugen war nicht geboten. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 17. März 2010 zum Beweis dafür, dass der Bürgermeister der Beklagten weder vor dem Verwaltungsausschuss noch vor dem Rat die von der Klägerin behaupteten Äußerungen getätigt habe, neben dem vernommenen Zeugen J. vierzehn weitere Teilnehmer der Sitzungen des Verwaltungsausschusses vom 11. Dezember 2006 und des Rates vom 19. Dezember 2006 als Zeugen benannt. Zum einen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten jedoch in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012 keinen förmlichen Beweisantrag gemäß § 86 Abs. 2 VwGO gestellt. Zum anderen musste sich dem Senat eine weitere Beweiserhebung nicht aufdrängen. Denn hinsichtlich des vom Zeugen J. bekundeten Vier-Augen-Gesprächs mit dem Bürgermeister, das nach Überzeugung des Senats allein bereits eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Kausalität zwischen dem Alter der Klägerin und der Benachteiligung der Klägerin vermuten lässt, hat der Beklagte keine Zeugen benannt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass hierzu andere Personen etwas aussagen könnten. Im Übrigen ist der Zeuge J. auch von der Beklagten benannt worden. Er hat aber den von der Beklagten vorgetragenen Sachverhalt nicht bestätigt. Wie oben dargelegt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zeuge nicht wahrheitsgemäß ausgesagt hätte.
3. Die Beklagte hat die Kausalitätsvermutung nicht widerlegt.
Im Falle der vermuteten Kausalität trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Hierfür muss er Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die in§ 1 AGG genannten Gründe sein benachteiligendes Verhalten tatsächlich weder als negatives noch als positives Kriterium allein oder neben anderen Gründen (mit) beeinflusst haben (BVerwG, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., [...] Rn. 28 m.w.N.).
Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass für die Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Klägerin ausschließlich andere Gründe als ihr Alter erheblich waren. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, dass das Ausschreibungsprofil exakt auf den ausgewählten Bewerber zugetroffen und die hervorragende Eignung dieses Bewerbers den Bürgermeister bewogen habe, ihn vorzuschlagen. Dies ist von der Klägerin auch nicht bestritten worden. Gegen die Möglichkeit, die fachliche Eignung für den Gegenbeweis heranzuziehen, spricht jedoch, dass§ 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht an die Nichteinstellung aufgrund einer Benachteiligung anknüpft, sondern ausschließlich an Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren. Die als Ergebnis des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG festgestellte bessere Eignung anderer Bewerber rechtfertigt nur die letztlich getroffene Auswahlentscheidung und lässt nicht darauf schließen, dass auch das Bewerbungsverfahren tatsächlich ohne Benachteiligung eines Mitbewerbers durchgeführt worden ist. Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG schließt eine Entschädigung in Fällen, in denen der Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, gerade nicht aus, sondern begrenzt diese lediglich der Höhe nach (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., [...] Rn. 29). Andere, nicht auf das Alter bezogene Gründe, etwa im Bereich der persönlichen Eignung der Klägerin für die ausgeschriebene Stelle, hat die Beklagte nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
4. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass der Bürgermeister über die Auswahl des Ersten Gemeinderates nicht selbst habe entscheiden müssen, sondern dass dies gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 NGO (vgl. seit dem 1.11.2011 § 109 Abs. 1 Satz 1 NKomVG) dem Rat der Beklagten oblegen habe, und dass sich aus den Niederschriften der Verwaltungsausschuss- und der Ratssitzung betreffend diese Stellenbesetzung eine Begründung für die Auswahlentscheidung nicht finde. Denn nach der Beweisaufnahme ist die Vermutungstatsache bewiesen, dass der Bürgermeister die Klägerin bereits bei Ausübung seines Vorschlagsrechts auf der ersten Stufe des Auswahlverfahrens wegen ihres Alters von dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen hat. Dadurch hat sie im Verhältnis zu dem später gewählten Bewerber eine weniger günstige Behandlung erfahren. Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass der Bürgermeister gemäß § 81 Abs. 3 Satz 6 NGO das Recht gehabt hat, nur einen Bewerber oder eine Bewerberin vorzuschlagen (vgl. seit dem 1.11.2011 § 109 Abs. 1 NKomVG). Denn auch der Bürgermeister hat bei der Ausübung seines Vorschlagsrechts die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu beachten.
5. Die unterschiedliche Behandlung der Klägerin und des erfolgreichen Bewerbers in dem Stellenbesetzungsverfahren wegen des Alters der Klägerin ist nicht gemäß § 10 AGG zulässig gewesen. § 10 AGG lässt unter bestimmten Voraussetzungen eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters zu. Es liegt hier keines der in§ 10 Satz 3 AGG genannten Regelbeispiele vor. Die Voraussetzungen der Generalklausel in § 10 Satz 1 und 2 AGG für eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters sind ebenfalls nicht gegeben. § 10 Satz 1 AGG lässt ungeachtet des § 8 AGG eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sein.
Nach der Aussage des Zeugen J. hat der Bürgermeister der Beklagten ihm in einem Vier-Augen-Gespräch vor dem Verwaltungsausschuss mitgeteilt, dass er - der Bürgermeister - und die Klägerin etwa gleich alt seien und dass es nicht so gut sei, wenn die Klägerin und er selbst nach dem Ablauf der jeweiligen Amtszeit gleichzeitig in den Ruhestand gingen. Es kann zwar im Einzelfall ein legitimes Ziel sein, bei einer Stellenbesetzung auf das Kriterium des Alters abzustellen, wenn z. B die Bildung von Altersgruppen der Überalterung des Betriebs entgegenwirkt (vgl. BAG, Urteil vom 6.11.2008 - 2 AZR 701/07 -, [...]; vgl. zum Ganzen auch BAG, Urteil vom 22.1.2009 - 8 AZR 906/07 -, [...]; Hess. VGH, Urteil vom 28.9.2009 - 1 B 2487/09 -, [...]). Ob bei einer Stellenbesetzung die Altersstruktur der Führungsebene einer Kommunalverwaltung aus Gründen der Kontinuität ein legitimes Ziel im Sinne des § 10 Satz 1 AGG wäre, kann hier jedoch dahinstehen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass das Alter der Klägerin im vorliegenden Fall einer solchen Kontinuität entgegengestanden hätte. Die Klägerin wendet mit Erfolg ein, dass sowohl der Bürgermeister als auch der Erste Gemeinderat bzw. die Erste Gemeinderätin Wahlbeamte sind und nicht feststeht, wer diese Ämter nach Ablauf der Wahlperiode innehat. Nach Ablauf der derzeitigen Wahlperiode sind sowohl die Klägerin als auch der Bürgermeister nicht in einem Ruhestandsalter, sondern hätten sich für eine weitere Wahlperiode wählen lassen können. Ob beide gemeinsam in den Ruhestand gegangen wären, ist deshalb offen.
6. Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 4 AGG rechtzeitig innerhalb der Frist von zwei Monaten ab dem Zugang der Ablehnung geltend gemacht. Die Bewerbung der Klägerin ist mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 - ihr zugestellt am 21. Dezember 2006 - abgelehnt worden. Einen Entschädigungsanspruch hat sie mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Februar 2007 eingefordert.
7. Der Klägerin steht nach alledem ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG zu. Sie hat aber entgegen ihrem Begehren keinen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von mindestens 30.000,-- EUR, sondern in Höhe von 4.864,61 EUR.
Die Höhe der Entschädigung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 AGG. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteilungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
Die Bemessung des Entschädigungsanspruchs ist Aufgabe des Gerichts (vgl. Adomeit/ Mohr, AGG, 2. Aufl. 2011, § 15 Rn. 77; siehe auch Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 3. Aufl. 2011, § 15 Rn. 35). Im Vordergrund steht der Ersatz des immateriellen Schadens, daneben sind bei der Bemessung der Entschädigungshöhe aber auch Aspekte zur Verhaltenslenkung zu berücksichtigen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dazu zählen etwa Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und ihre Folgen und der Grad des Verschuldens. Zusätzlich ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen. Die Höhe ist auch danach zu bemessen, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist (LAG Hamm, Urteil vom 7.8.2008 - 11 Sa 284/08 -, [...] Rn. 73 m.w.N.). In "Regelfällen" einer Benachteiligung kann als Orientierungsgröße ein Monatsverdienst als "Regelungsentschädigung" herangezogen werden (vgl. auch Adomeit/Mohr, a.a.O., § 15 Rn. 67 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall ist die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG genannte Höchstgrenze von drei Monatsgehältern bei einer Nichteinstellung zu beachten. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin bei benachteiligungsfreier Auswahl vom Rat der Beklagten gewählt worden wäre. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren dargelegt, dass der ausgewählte Erste Gemeinderat hervorragend für die ausgeschriebene Stelle geeignet gewesen wäre. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten.
Gemessen an den oben dargelegten Grundsätzen hält der Senat hier nicht die höchstmögliche Entschädigung bei Nichteinstellung in Höhe von drei Monatsgehältern, sondern eine Entschädigung in Höhe eines Monatsgehalts eines Ersten Gemeinderates für angemessen.
Zu berücksichtigen ist einerseits, dass die Klägerin in ihrer persönlichkeitsrechtlichen Position verletzt worden ist, indem ihre Bewerbung ohne jede weitere sachliche Prüfung und ohne Berücksichtigung der Qualifikation allein wegen des Alters der Klägerin aussortiert worden ist. Ferner hat der Bürgermeister der Gemeinde dem ausgewählten Bewerber unmittelbar nach der Wahl noch in derselben Ratssitzung die Ernennungsurkunde überreicht und damit den Mitbewerbern - wie auch der Klägerin - die Möglichkeit genommen, Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16.09 -, [...]).
Andererseits ist weder eine besonders schwerwiegende Diskriminierung, etwa mit der Folge einer psychischen Beeinträchtigung der Klägerin, ansatzweise erkennbar, noch ist ersichtlich, dass die Klägerin einen immateriellen Schaden erlitten hätte. Dies gilt auch deshalb, weil sich die Klägerin von einem sicheren Arbeitsplatz aus beworben und diesen auch behalten hat. Außerdem ist sie nicht aus mehreren Gründen, sondern allein wegen ihres Alters unzulässig benachteiligt worden (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 3.3.2011, a.a.O., [...] Rn. 35).
Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände hält es der Senat für gerechtfertigt, hier von einem Regelfall einer Benachteiligung auszugehen. Er hält deshalb hier eine Entschädigung in Höhe eines Monatsgehalts des Ersten Gemeinderats entsprechend derBesoldungsgruppe A 15, Stufe 11 (vgl. Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 16. Februar 2007) zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Auswahlverfahrens in Höhe von 4.752,68 EUR (Besoldungstabelle für den Zeitraum vom 1. August 2004 bis 31. Dezember 2007), zzgl. 105,28 EUR Familienzuschlag und zzgl. 6,65 EUR vermögenswirksame Leistungen, mithin insgesamt eine Entschädigung in Höhe von 4.864,61 EUR für angemessen und ausreichend.
Ein weitergehender Anspruch auf Entschädigung steht der Klägerin nicht zu.
II. Die Klägerin hat außerdem einen Schadensersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 1 AGG wegen außergerichtlicher Anwaltskosten.
Nach § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Da die Klägerin im Auswahlverfahren wegen des Alters nach den obigen Ausführungen benachteiligt worden ist, liegt eine Pflichtverletzung vor, die die Beklagte zu vertreten hat.
Der Ersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG umfasst grundsätzlich das positive Interesse des benachteiligten Arbeitnehmers (Bauer/Göpfert/Krieger, a.a.O., § 15 Rn. 24 m.w.N.). Der benachteiligte Bewerber ist grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn die verbotene Benachteiligung nicht begangen worden wäre (Adomeit/Mohr, a.a.O., § 15 Rn. 32).
Daraus folgt, dass die Kosten für eine außergerichtliche Rechtsverfolgung nach § 15 Abs. 1 AGG erstattungsfähig sind. Dem steht nicht entgegen, dass § 15 Abs. 1 AGG im Hinblick auf § 12a ArbGG keine Erstattung der Anwaltskosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren fordert (vgl. hierzu Adomait/Mohr, a.a.O., § 15 Rn. 47). Denn die Klägerin macht - abgesehen davon, dass es sich hier nicht um ein arbeitsgerichtliches Verfahren handelt - keine Anwaltskosten im gerichtlichen, sondern im außergerichtlichen Verfahren geltend.
Sie hat die Kosten der Rechtsverfolgung innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Februar 2007 geltend gemacht.
Ihr steht aber nicht ein Ersatz der Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 1.461,68 EUR, sondern nur in Höhe von 1.020,31 EUR zu.
Bei der Ermittlung der Geschäftsgebühr ist der Wert von 60.000,-- EUR zugrunde zu legen, den die Klägerin außergerichtlich als Entschädigung geltend gemacht hat. Nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (VV - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) beträgt der Satz für die Geschäftsgebühr bei einer Vertretung 0,5 bis 2,5. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Da nicht ersichtlich ist, dass die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen ist, ist hier der Gebührensatz von 1,3 und nicht - wie die Klägerin geltend macht - von 1,6 gerechtfertigt. Die Geschäftsgebühr bei einem Wert 60.000,-- EUR beträgt 1.459,90 EUR (1,3 x 1.123,-- EUR).
Soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach der Nummer 2300 VV entstanden ist, wird die Hälfte dieser Gebühr nach Nr. 2303 VV am Ende nach dem Wert des Gegenstandes, der in das Verfahren übergegangen ist, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 angerechnet. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat demnach zu Recht einen Anteil auf die Verfahrensgebühr in Höhe von 0,75 von der Geschäftsgebühr abgezogen. Die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens bemisst sich aber nach dem vom Verwaltungsgericht (zutreffend) festgesetzten Streitwert in Höhe von 31.461,68 EUR (und nicht nach 30.000,-- EUR), für den die einfache Gebühr 830,-- EUR beträgt. Der 0,75fache Wert hiervon beträgt 622,50 EUR.
Dieser Betrag ist von der Geschäftsgebühr abzuziehen (1.459,90 EUR ./. 622,50 EUR = 837,40 EUR). Zuzüglich einer Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV in Höhe von 20,-- EUR und der Umsatzsteuer von 19% auf den Betrag von 857,40 EUR (162,91 EUR) ergibt dies außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.020,31 EUR (statt der von der Klägerin geforderten 1.461,68 EUR).
III. Die Klägerin obsiegt insgesamt in Höhe von 5.884,92 EUR (4.864,61 EUR + 1.020,31 EUR) und unterliegt in Höhe von 25.576,76 EUR (31.461,68 EUR - 5.884,92 EUR). Sie hat deshalb gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten des gesamten Verfahrens zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5 zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 BRRG liegen nicht vor.