Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.01.2012, Az.: 10 LB 88/10

Beachtung der Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO bei Aufhebung eines Bescheids unter Wiederholung des Verpflichtungsbegehrens und Einbeziehung in eine anhängige Verpflichtungsklage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.01.2012
Aktenzeichen
10 LB 88/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 11367
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0117.10LB88.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 02.04.2008 - AZ: 11 A 3020/06
nachfolgend
BVerwG - 18.12.2012 - AZ: BVerwG 3 B 21.12 (3 C 29.12)
BVerwG - 14.11.2013 - AZ: BVerwG 3 C 29.12

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Wird ein Bescheid, mit dem der ursprüngliche Bescheid aufgehoben wird, der aber hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens den Ausspruch des ursprünglichen Bescheids nur wiederholt, in eine anhängige Verpflichtungsklage einbezogen, ist die Klagefrist nach§ 74 Abs. 2 VwGO nicht zu beachten.

  2. 2.

    OGS-Genehmigungen wurden dem Betriebsinhaber nur auf Antrag erteilt.

  3. 3.

    Im Falle eines Zusammenschlusses von Betrieben im Sinne von Art. 33 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 bedarf es keines gesonderten Übertragungsantrags in Bezug auf OGS-Genehmigungen von dem früheren Betriebsinhaber, der in den Jahren 2003 und 2004 OGS-Flächen bewirtschaftet hat, auf den neuen Betriebsinhaber, der aus dem Zusammenschluss hervorgegangen ist.

  4. 4.

    Dies entbindet den neuen Betriebsinhaber bei der Beantragung von OGS-Genehmigungen nicht von der Pflicht, im Antragsverfahren Nachweise darüber zu erbringen, dass er aus einem Zusammenschluss hervorgegangen ist, und hierzu die von der Landwirtschaftsbehörde vorgesehenen Formulare zu benutzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie begehrt im Rahmen der Betriebsprämienregelung die Zuweisung von Zahlungsansprüchen mit Genehmigungen zur Aktivierung von Zahlungsansprüchen auf mit Obst, Gemüse (ausgenommen Dauerkulturen) und anderen Kartoffeln als Stärkekartoffeln bebauten Flächen - im Weiteren: OGS-Genehmigungen -.

2

Die Klägerin gründete sich zum 1. Juli 2004 aus den drei landwirtschaftlichen Einzelbetrieben E. /F. GbR, G. H. und I. J.. Die Gesellschafter vereinbarten die Betriebsführung durch die Gesellschafter und erteilten sich wechselseitig Vollmachten. Den Umstand ihres Zusammenschlusses teilten sie dem damaligen Amt für Agrarstruktur Hannover mit Schreiben vom 7. Juli 2004 formlos mit. Am 2. August 2004 reichte sie bei der damaligen Landwirtschaftskammer Hannover den Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2004 sowie die Meldebögen "Betriebsübergabe/-übernahme" der einzelnen Gesellschafter nach.

3

Am 31. Januar 2005 gab die Klägerin eine formularmäßige "Erklärung zum OGS-Anbau 2003/2004" ab. Hierin verwies sie auf die beigegebenen Gesamtflächen- und Nutzungsnachweise 2003 und 2004, in dem sie in den Jahren 2003 und 2004 mit OGS-Früchten bebaute Flächen des Gesellschafters K. H. zu einer Gesamtgröße von 5,3630 ha (2003) und 4,8502 ha (2004) aufführte. In der Kopfzeile der Gesamtflächen- und Nutzungsnachweise war dessen Name als Antragsteller vorgedruckt. Die Klägerin setzte ihre Bezeichnung sowie den Zusatz "ab 1.7.04" hinzu. Der Gesellschafter G. H. hatte die fraglichen Flächen in den Gesamtflächen- und Nutzungsnachweisen zu seinen Anträgen auf Agrarförderung 2003 und 2004 mit dem Kultur-Code 890 (sonstige Dauerkulturen) codiert.

4

Am 13. Mai 2005 stellte die Klägerin bei der Landwirtschaftskammer Hannover den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie den Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005. Unter Ziffer I.1.1. gab sie an, in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts tätig zu sein, und legte die ausgefüllte Anlage 5 bei, in der die Gesellschafter erklärten, für den Fall der Rückforderung von Prämien und Beihilfen gesamtschuldnerisch und nicht allein mit ihrer Gesellschaftereinlage zu haften. Unter Ziffer II.4.1. ("Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen in 2005 - Festsetzung bzw. Zuweisung von Zahlungsansprüchen und betriebsindividuellen Beträgen (BIB)") beantragte sie die Zuweisung von Zahlungsansprüchen und betriebsindividuellen Beträgen als Normalfall und unter Ziffer II.6. die Zuweisung von OGS-Genehmigungen im Umfang der nachgewiesenen Anbauflächen, die im Jahr 2003 bzw. 2004 mit OGS-Kulturen als Hauptkultur bestellt waren. Unter Ziffer II.4.5 ("Zahlungsansprüche bzw. betriebsindividuelle Beträge in bestimmten Situationen") setzte die Klägerin kein Kreuz. Dort besteht u.a. die Möglichkeit anzukreuzen: "Ich beantrage/ Wir beantragen die Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen und/oder OGS-Genehmigungen gemäß Art. 13 - 17 in Verbindung mitArtikel 46 der VO (EG) Nr. 795/2004 wegen Zusammenschlüssen von Betrieben (Art. 15 Abs. 1) im Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 17.05.2005." Im anliegenden Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis sind für das Jahr 2005 insgesamt 4,7 ha Erdbeeranbaufläche (Kultur-Code 723) ausgewiesen.

5

Am 6. Juli 2005 meldete die Klägerin unter Nutzung des "Meldebogens Betriebsübergabe/-übernahme" der Landwirtschaftskammer Hannover, dass sie den Betrieb zum 1. Juli 2005 an die B. -L. -A. GbR sowie an M. F. übergeben habe. Gesellschafter der letzteren seien wie im Fall der Klägerin I. J., G. H. und N. und O. E., während M. F. nunmehr einen Einzelbetrieb leite.

6

Mit Bescheid vom 7. April 2006 setzte die Beklagte für die Klägerin zunächst 372,71 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 255,12 Euro/ha für Ackerland, 2,26 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 99,75 Euro/ha für Dauergrünland und 29,47 Stilllegungs-Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 255,12 Euro/ha fest. Die im Antragsjahr 2003 angemeldete OGS-Anbaufläche wies die Beklagte mit 0,00 ha aus.

7

Die Klägerin hat am 9. Mai 2006 Klage erhoben.

8

Die Beklagte half dem Klagebegehren hinsichtlich unberücksichtigt gebliebener Feldblöcke ab; insoweit wurde das Verfahren abgetrennt und dann eingestellt. Mit Bescheid vom 15. September 2006 setzte die Beklagte 386,29 ha normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 255,12 Euro/ha für Ackerland, 2,26 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 99,75 Euro/ha für Dauergrünland und 30,62 Stilllegungs-Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung mit einem Wert von 255,12 Euro/ha fest. Mit Bescheid vom 19. September 2006 nahm die Beklagte den Bescheid vom 7. April 2006 zurück, zog sie die festgesetzten Zahlungsansprüche ein, wies sie der Klägerin Zahlungsansprüche im Umfang des Bescheids vom 15. September 2006, der dem Bescheid als Anlage beigegeben war, neu zu und setzte sie die Betriebsprämie unter teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheids neu fest.

9

Die Klägerin hat durch streitigen Vortrag mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2006, eingegangen am 24. Oktober 2006, die Bescheide der Beklagten vom 15. und vom 19. September 2006 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Kreuz unter Ziffer II.4.5 des Antrages sei entbehrlich gewesen, da sich die Änderung ihres Rechtsstatus aus dem Antrag im Übrigen hinreichend ergebe und der Beklagten bekannt gewesen sei. Einer Übertragung von Ansprüchen auf Zuweisung von OGS-Genehmigun-gen habe es nicht bedurft.

10

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin auf der Grundlage des Anbaus von 5,3630 ha mit OGS-Kulturen im Jahr 2003 unter Berücksichtigung der Plafondkürzung 4,33 Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zuzuweisen und die Bescheide vom 15.09.2006 und 19.09.2006 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Sie hat im Wesentlichen erwidert, Anträge seien nach Art. 11 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 i.V.m. § 7 Abs. 1 InVeKoS-Verordnung bis spätestens zum 15. Mai - wegen der Feiertage im Jahr 2005 bis zum 17. Mai - zu stellen. Eine Änderung gestellter Anträge sei nur bis zum 31. Mai ohne Sanktionierung möglich. Dies gelte auch für OGS-Genehmigungen. Nach § 14 InVeKoS-Verordnung sei eine ausdrückliche Antragstellung für OGS-Genehmigungen vorgesehen. Die Ziffer II.6. des Antrages habe die Klägerin angekreuzt. Weiterhin müsse die Übertragung von OGS-Ansprüchen vom Gesellschafter auf die Gesellschaft zwingend beantragt werden. Dies ergebe sich aus Ziffer II.4.5. des Antrages. Ein offensichtlicher Irrtum liege nicht vor. Die Antragsangaben seien für sich genommen widerspruchsfrei. Höhere Gewalt und außergewöhnliche Umstände seien nicht ersichtlich.

13

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 2. April 2008 stattgegeben; es hat die Beklagte verpflichtet, der Klägerin auf der Grundlage des Anbaus von 5,3630 ha mit OGS-Kulturen im Jahr 2003 unter Berücksichtigung der Plafondkürzung 4,33 Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zuzuweisen und die Bescheide vom 15. September 2006 und 19. September 2006 aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

14

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Auf den in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraum von der erstmaligen Zuweisung von Zahlungsansprüchen für das erste Anwendungsjahr 2005 (Art. 12 VO (EG) Nr. 795/2004) bis zur Abschaffung der bis zum 31. Dezember 2007 bestehenden Beihilferegelungen für die Produktion von Obst, Gemüse und Speisekartoffeln fänden die Regelungen in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. Für diesen Zeitraum könnten auf Flächen, auf denen Obst, Gemüse oder Speisekartoffeln (OGS) angebaut worden seien, nur Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung aktiviert werden, die wiederum Grundlage für die Zahlung der Betriebsprämien für die Jahre 2005 bis 2007 seien. Die Voraussetzungen für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen mit OGS-Genehmigung lägen vor. Die Klägerin habe ausdrücklich unter Ziffer II.4.1 des Antrages auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie des Sammelantrages Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005 die Festsetzung von Zahlungsansprüchen einschließlich der betriebsindividuellen Beträge unter Berücksichtigung der ihr am 17. Mai 2005 zur Verfügung stehenden beihilfefähigen Flächen des als Anlage 1 beigefügten Gesamtflächen- und Nutzungsnachweises und unter Ziffer II.6. die Zuweisung von OGS-Genehmigungen im Umfang der nachgewiesenen Anbauflächen, die 2003 mit OGS als Hauptkultur bestellt waren, fristgerecht unter Beifügung geeigneter Nachweise beantragt (Art. 12 Abs. 4 VO (EG) 795/2004, Art. 34 Abs. 3 und 60 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003, §§ 11 Abs. 1 und 14 Abs. 1 InVeKoSV).

15

Der nunmehrige Gesellschafter der Klägerin H. habe in seinem Antrag auf Agrarförderung 2003 in dem beigefügten Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis für dieses Jahr unstreitig OGS-Anbauflächen zur Gesamtgröße von 5,3630 ha angemeldet. Damit habe die Klägerin gemäß Art. 33 Abs. 3 S. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 als Betriebsinhaberin des neuen Betriebes unter denselben Bedingungen wie die Betriebsinhaber der ursprünglichen Betriebe, hier also wie der Gesellschafter H., Zugang zu dieser Regelung. Für den in II.4.5 des im Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen vorgesehenen gesonderten Antrag auf Zuweisung von OGS-Genehmigungen in bestimmten Situationen gebe es weder im Gemeinschaftsrecht noch in den nationalen Umsetzungsnormen eine Rechtsgrundlage. Ein grundsätzliches Antragserfordernis hinsichtlich der Festsetzung von Zahlungsansprüchen und betriebsindividuellen Beträgen könne ausArt. 34 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 gefolgert werden. Nach Art. 34 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 beantragten die Betriebsinhaber die einheitliche Betriebsprämie bis zu einem Zeitpunkt, den die Mitgliedsstaaten festlegten, der aber nicht nach dem 15. Mai liegen dürfe. Gemäß Art. 34 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 würden Betriebsinhabern grundsätzlich keine Zahlungsansprüche gewährt, wenn sie die einheitliche Betriebsprämie nicht bis zum 15. Mai des ersten Jahres der Anwendung der Betriebsprämienregelung beantragt hätten. Diesem Antragserfordernis sei die Klägerin jedoch durch das Kreuz in II.4.1 des Antragsformulars nachgekommen, mit dem sie ausdrücklich die Festsetzung von Zahlungsansprüchen einschließlich der betriebsindividuellen Beträge beantragt habe.

16

Es bedürfe auch eines gesonderten Antrages auf Zuteilung von Zahlungsansprüchen mit OGS-Genehmigung nach der VO (EG) Nr. 1782/2003 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung und den zur deren Durchführung erlassenen Bestimmungen. Die Bundesrepublik Deutschland habe nach § 14 Abs. 1 der zur Durchführung der VO (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems erlassenen InVeKoSV ausdrücklich eine Antragstellung unter Beifügung geeigneter Nachweise bis zum 15. Mai 2005 für die Genehmigung nach Art. 60 Abs. 3 oder 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 vorgesehen. Diesem Antragserfordernis sei die Klägerin durch das Kreuz unter II.6 des Antragsformulars nachgekommen. Sie habe der Beklagten bereits in 2004 ordnungsgemäß ihre Gründung mitgeteilt und auch auf Seite 1 des Antragsformulars eindeutig kenntlich gemacht, dass es sich bei ihr um eine GbR handele, und die dazugehörige Anlage 5 beigefügt.

17

Die Art. 33 Abs. 3 S. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003, Art. 15 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 begründeten einen Zugang des nach dem Zusammenschluss entstandenen Betriebsinhabers zu der Betriebsprämienregelung unter denselben Bedingungen wie die ursprünglichen Betriebsinhaber, ein gesonderter "Übertragungsantrag", wie unter II.4.5 offenbar beabsichtigt, sei dabei nicht vorgesehen. Da H. als Einzelunternehmer und ehemaliger Betriebsinhaber wohl unstreitig einen Anspruch auf Zuweisung von OGS-Genehmigungen gehabt hätte, stehe dieses Recht nunmehr auch der Klägerin zu, die aus dem Zusammenschluss von vier vorher getrennten Betriebsinhabern hervorgegangen sei. Dies führe dazu, dass der Klägerin 4,33 Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zuzuweisen seien. Dieser Wert errechne sich unter Berücksichtigung der für ganz Niedersachsen wegen der überschrittenen regionalen Obergrenze geltenden Plafondkürzung mit dem aktualisierten Kürzungskoeffizienten von 0,8083 der für den Anbau von Erdbeeren beantragten und nachgewiesenen 5,3630 ha im maßgeblichen Jahr 2003 (Art. 60 Abs. 2 und 3 Buchstabe a VO (EG) Nr. 1782/2003).

18

Die OGS-Genehmigungen entfielen gemäß Art. 60 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 zunächst auf die werthöchsten Zahlungsansprüche, mithin auf die Zahlungsansprüche für Ackerland. Es verblieben damit 381,96 Zahlungsansprüche für Ackerland ohne OGS-Genehmigung. Die 2,26 normalen Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung für Dauergrünland und die 30,62 Stilllegungs-Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung blieben unberührt.

19

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 26. Mai 2010 - 10 LA 180/08 - die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassen.

20

Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie trägt ergänzend vor, nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. März 2008 - 11 A 3424/06 - bedürfe es sehr wohl eines gesonderten Antrags auf Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung. Nach § 14 InVeKosV sei ausdrücklich eine Antragstellung unter Beifügung geeigneter Nachweise bis zum 15. Mai 2005 vorgesehen. Dass ein Antrag erforderlich sei, folge auch daraus, dass Art. 60 Abs. 6 und 7 VO (EG) Nr. 1782/2003 eine Genehmigung für die Nutzung von Flächen zum OGS-Anbau erwähne; eine Genehmigung setze ein Antragsverfahren voraus. Einen solchen Antrag habe die Klägerin nicht gestellt. Auch in den Fällen des Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 sei ein gesonderter Antrag erforderlich.

21

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 2. April 2008 - 11 A 3020/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

22

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

23

und verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung ist zulässig und begründet.

26

I.

Die gegen die Klägerin geführte Berufung ist zulässig. Insbesondere kommt der Klägerin trotz ihrer Auflösung zum 1. Juli 2005 weiterhin die Parteistellung im Berufungsverfahren zu. Denn die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten gemäß § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB als fortbestehend (vgl. Urt. d. Senats v. 20.12.2011 - 10 LC 188/07 -, n.v.; BSG, Beschl. v. 17.03.2010 - B 6 KA 23/09 B -, [...] m.w.N.; vgl. auch v. Ditfurth, in: Prütting/Wegen/ Weinreich, BGB, 5. Aufl. 2010, § 730 Rn. 1).

27

II.

In der Sache hat die Berufung Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu.U.nrecht verpflichtet, der Klägerin für 5,36 ha beihilfefähige Fläche unter Berücksichtigung der Plafondkürzung um den Faktor 0,8083 insgesamt 4,33 Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zuzuweisen. Die Klage ist zulässig (1.), aber unbegründet; denn die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von OGS-Genehmigungen auf der Grundlage des OGS-Anbaus des Gesellschafters H. im Referenzjahr 2003 (2.). Die Bescheide vom 15. und 19. September 2006 sind insoweit rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

28

1.

Die Klage, die sich nunmehr gegen die Bescheide vom 15. September 2006 und 19. September 2006 richtet, nachdem die Beklagte mit letzterem den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 7. April 2006 aufgehoben hat, ist zulässig. Sie hat weder den Anforderungen an die Zulässigkeit einer Klageänderung nach § 91 VwGO zu genügen (a.) noch ist sie verfristet (b.).

29

a. In der Einbeziehung der Bescheide vom 15. September und 19. September 2006 liegt keine Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO. Eine Klageänderung ist die Veränderung des Streitgegenstands nach Rechtshängigkeit durch Disposition des Klägers (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 91 Rz. 8).

30

Der Streitgegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist zweigliedrig zu bestimmen und richtet sich nach dem Antrag (Klaganspruch) und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalt. Er ist identisch mit dem prozessualen Anspruch, der seinerseits durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck zu bringende Rechtsfolge sowie den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist (BVerwG, Beschl. v. 24.10.2006 - 6 B 47.06 -, NVwZ 2007, 104, 105, m.w.N.; Beschl. v. 24.10.2011 - 9 B 12.11 -, [...], Rz. 17; Redeker/v. Oertzen. 15. Aufl. 2010, § 121 Rz. 7). Gegenstand der Verpflichtungsklage ist die Behauptung des Klägers, einen Anspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsaktes zu haben. Hingegen ist die Aufhebung des ablehnenden Bescheids nicht Klagegegenstand; das Begehren, den ablehnenden Bescheid aufzuheben, ist ein unselbständiges Element der genannten Rechtsbehauptung (BVerwG, Urteile v. 26.04.1968 - VI C 104.63 -, BVerwGE 29, 304, 309; v. 21.05.1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15, 23; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.08.2010 - 2 A 796/09 -, [...] Rz. 20; Rennert, a.a.O., § 121 Rz. 30). Dieser unselbständige Anfechtungsannex wird lediglich im Interesse der Rechtsklarheit mittenoriert.

31

Der bisherige, in Teilen versagende Bescheid vom 7. April 2006 ist im Hinblick auf die Versagung von OGS-Genehmigungen durch die Bescheide vom 15. September und 19. September 2006 lediglich ersetzt worden, ohne dass dem ein verändertes Begehren der Klägerin zugrunde gelegen oder die getroffene Entscheidung auf einem anderen Sachverhalt basiert hätte. Die Rücknahme des Bescheids vom 7. April 2006, die Neufestsetzung der Zahlungsansprüche sowie die Versagung von OGS-Genehmigungen beruhte allein darauf, dass die Beklagte dem ursprünglich weiteren Begehren der Klägerin abgeholfen hat, zusätzliche Flächen bei der Festsetzung der Anzahl der Zahlungsansprüche zu berücksichtigen. Sie wählte hierzu nicht den Weg der Änderung des Ausgangsbescheids vom 7. April 2006 im Hinblick auf die zugewiesene Anzahl der Zahlungsansprüche, sondern den der Aufhebung des Ausgangsbescheids insgesamt und der Neufestsetzung der Zahlungsansprüche. Durch die Bescheide hat sich der Klagegegenstand nicht geändert; hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bescheid vom 7. April 2006 durch den Bescheid vom 19. September 2006 aufgehoben wurde.

32

Da sich der Streitgegenstand der von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage, die auf die Erteilung von OGS-Genehmigungen gerichtet ist, durch die Einbeziehung der Bescheide in das anhängige Verfahren nicht geändert hat, liegt eine Klageänderung nicht vor (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 77.84 -, DVBl. 1987, 1004; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.08.2010 - 2 A 796/09 -, a.a.O.). Es handelt sich bei der Einbeziehung der Bescheide vielmehr um eine Konkretisierung nach§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO (Wolff, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 91 Rz. 17), die keinen weiteren Voraussetzungen unterliegt.

33

b. Die Klage ist nicht verfristet.

34

Die Klägerin hat die genannten Bescheide zwar nicht innerhalb der einmonatigen Klagefrist nach §§ 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2, 58 Abs. 1 VwGO in das Verfahren einbezogen. Die Klagefrist gegen den Bescheid vom 19. September 2006, mit dem die Beklagte den Bescheid über die Festsetzung von Zahlungsansprüchen vom 7. April 2006 mit Wirkung von Anfang an zurückgenommen, die festgesetzten Zahlungsansprüche eingezogen und die Zahlungsansprüche - erneut ohne die begehrten OGS-Genehmigungen - rückwirkend neu zugewiesen hat, war zwar am 24. Oktober 2006, als der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. Oktober 2006, in dem jener erstmals auf die Bescheide vom 15. September und vom 19. September 2006 Bezug nahm, beim Verwaltungsgericht einging, bereits abgelaufen. Denn der Bescheid, der einen Ab-Vermerk vom selben Tag trägt, gilt nach § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Nds. VwVfG als am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post bekannt gegeben, mithin am 22. September 2006. Der nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnende letzte Tag der Frist fällt auf einen Sonntag, so dass die Klagefrist am darauffolgenden Montag, dem 23. Oktober 2006, ablief (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO).

35

Die Klagefrist war für die Einbeziehung der Bescheide vom 15. September und 19. September 2006 indes nicht zu beachten; die Bescheide sind nicht bestandskräftig geworden.

36

Die Verwaltungsgerichtsordnung trifft zur Frage der Einbeziehung eines nachträglich ergangenen Bescheids in einen anhängigen Rechtsstreit keine ausdrückliche Regelung. Anders verhält es sich im Sozialgerichtsgesetz sowie in der Finanzgerichtsordnung. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird. Nach § 68 Satz 2 FGO wird ein Verwaltungsakt auf Antrag des Klägers Gegenstand des anhängigen Verfahrens, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch einen anderen Verwaltungsakt geändert oder ersetzt wird. Nach § 68 Satz 2 FGO in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (FGO-Änderungsgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2109) galt für das Antragsrecht des Klägers eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes; hierauf war in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. Diese Regelung wurde durch Artikel 4 des 2. FGO-Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1757) mit Wirkung vom 1. Januar 2001 aufgehoben (s. BT-Drs. 14/4061, S. 8).

37

Im Gegensatz zu den genannten Regelungen des Sozialgerichtsgesetzes und der Finanzgerichtsordnung müssen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundsätzlich) sowohl bei der Klageänderung (§ 91 VwGO) als auch bei der Klageerweiterung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO) die Sachurteilsvoraussetzungen auch hinsichtlich des geänderten oder erweiterten Teils der Klage vorliegen und von Amts wegen geprüft werden; das gilt insbesondere für die Einhaltung der Klagefrist des § 74 VwGO (BVerwG, Urteile v. 23.03.1972 - 3 C 132.70 -, BVerwGE 40, 25, 32 [BVerwG 23.03.1972 - III C 132.70]; v. 11.02.1982 - 5 C 119.79 -, BVerwGE 65, 45, 49; Beschl. v. 30.07.2010 - 8 B 125.09 -, [...] Rz. 17). Während in Fällen der Verpflichtungsklage die Einhaltung der Klagefrist für erforderlich gehalten wird, wenn der bisherige Versagungsbescheid durch einen neuen Bescheid geändert oder ersetzt wird und sich das neue Begehren in tatsächlicher Hinsicht wesentlich von dem bisherigen unterscheidet (BVerwG, Urt. v. 30.10.1997 - 3 C 35.96 -, BVerwGE 105, 288, 296 [BVerwG 30.10.1997 - 3 C 35/96]) - mithin eine Klageänderung vorliegt -, ist der Fall der Einbeziehung eines neuen Versagungsbescheids, die den Streitgegenstand nicht berührt, in eine anhängige Verpflichtungsklage bislang höchstrichterlich nicht entschieden.

38

Um einen solchen Fall handelt es sich aber hier. Die Bescheide vom 15. September und 19. September 2006 verändern, wie oben unter a. ausgeführt, nicht den ursprünglichen Streitgegenstand.

39

Es sprechen überzeugende Gründe dafür, in einem Fall wie dem vorliegenden bei Einbeziehung des neuen Bescheides eine Einhaltung der Klagefrist nicht zu verlangen. Geht man vom Klagegegenstand der Verpflichtungsklage aus, der die Aufhebung des Versagungsbescheides nicht erfasst, ändert sich die anhängige Klage nicht durch einen wiederholenden Versagungsbescheid. Von der Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung umfasst ist zwar auch der Ausspruch, der Kläger werde durch den ablehnenden Bescheid in seinen Rechten verletzt. Ein rechtswidriger Bescheid verletzt den hierdurch beschwerten Kläger indes stets in seinen Rechten; der Ausspruch erfolgt damit nicht mit Blick auf die Aufhebung des ablehnenden Bescheids. Darüber hinaus würde eine Anwendung der Fristbestimmung des § 74 Abs. 2 VwGO deren Sinn und Zweck nicht zur Geltung verhelfen. Die Bestimmung des § 74 VwGO soll für Rechtsfrieden und Rechtssicherheit sorgen; gleichzeitig dient sie der Gewährleistung eines wirkungsvollen behördlichen und gerichtlichen Verfahrens (BVerfG, Beschl. v. 20.04.1982 - 2 BvL 26/81 -, BVerfGE 60, 253, 270). Hat ein Adressat eines ablehnenden Verwaltungsaktes durch Erhebung der Verpflichtungsklage seinen Anspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsaktes (fristgemäß) rechtshängig gemacht, hat er gegenüber der zuständigen Behörde in dem vorgesehenen Verfahren zu erkennen gegeben, dass er seinen Anspruch weiter verfolgt und ihre ablehnende Entscheidung nicht für verbindlich zu akzeptieren bereit ist. Etwas anderes kann auch nicht aus Sicht des Adressaten oder aus Sicht der Behörde für nachfolgende Versagungsbescheide mit demselben Inhalt gelten. Indem die Entscheidung über das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs den Gerichten übertragen wird, ist Rechtssicherheit allein durch ein rechtskräftiges Urteil herzustellen. Den Betroffenen für nachfolgende, inhaltsgleiche Versagungsbescheide an der Klagefrist festzuhalten, diente nicht der Rechtssicherheit.

40

Auf diesen Aspekt des Sinns und Zwecks der Klagefrist nach § 74 VwGO hat das Bundesverwaltungsgericht abgestellt und dabei jedenfalls die Tendenz erkennen lassen, dass in Fällen wie dem vorliegenden vom Erfordernis der Fristeinhaltung abzusehen ist (zustimmend Rennert, a.a.O., § 91 Rz. 9; offen Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 74 Rz. 16).

41

So hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass der geänderte Verwaltungsakt dann nicht innerhalb der Frist zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden muss, wenn zwischen dem ursprünglichen Verwaltungsakt und dem Änderungsverwaltungsakt eine untrennbare Einheit besteht (- 9 A 31.07 -, NVwZ 2010, 63, 64 [BVerwG 18.03.2009 - BVerwG 9 A 31.07], Rz. 22 f.; ablehnend Funke-Kaiser, a.a.O.). Wolle der Betroffene weiterhin Rechtsschutz gegen die Entscheidung erreichen, bleibe ihm also keine andere Wahl, als gegen die Entscheidung in ihrer geänderten Fassung vorzugehen. Diese Prozesslage unterscheide sich im Hinblick auf die Zielsetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO wesentlich von der Situation vor Klageerhebung. Der von dem - im entschiedenen Fall vorliegenden - Planfeststellungsbeschluss Betroffene habe mit der Klageerhebung bereits zum Ausdruck gebracht, dass er den Beschluss nicht hinnehmen wolle. Solange er auf dessen Änderung nicht mit einer Erledigungserklärung reagiere, sei davon auszugehen, dass sein vorher dokumentierter Abwehrwille fortbestehe und sich nunmehr gegen die veränderte Planungsentscheidung richte, in welcher der ursprüngliche Beschluss inhaltlich - wenn auch modifiziert - weiterwirke. Eine vergleichbare Unsicherheit, ob der Betroffene den Eintritt der Bestandskraft aufhalten werde, wie sie vor Klageerhebung bestehe und durch§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO zeitlich begrenzt werden solle, sei hier also nicht gegeben. Deshalb wäre es unbillig, dem Kläger die Last aufzuerlegen, sein Klagebegehren während des Rechtsstreits ständig unter Kontrolle zu halten und auf Änderungsbeschlüsse, die unter Umständen nicht einmal etwas an den mit dem ursprünglichen Beschluss verbundenen Einwirkungen auf seine Rechtssphäre änderten und mit keiner Rechtsbehelfsbelehrung versehen seien, bereits vor der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung zu reagieren.

42

In vergleichbarer Weise hat sich bereits der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts geäußert. In seiner Entscheidung vom 30. Oktober 1997 (- 3 C 35.96 -, a.a.O., S. 296 f.) hat der Senat angedeutet, von dem Erfordernis der Fristwahrung könne bei einer Verpflichtungsklage abgesehen werden, wenn die Behörde lediglich den ablehnenden Bescheid auf ein gleichbleibendes Begehren durch einen neuen Bescheid ersetzt habe. Dies konnte aber offen bleiben, weil sich in dem Fall der mit dem Antrag auf Verfahrensfortsetzung nach Erlass des neuen Bescheides geltend gemachte Anspruch der Klägerin grundlegend von dem ursprünglich geltend gemachten Klagebegehren unterschied und der Senat für diesen Fall im Hinblick auf die mit der Klagefrist angestrebten Ziele des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit für einen Verzicht auf die Fristeinhaltung keinen Raum sah.

43

Auch in seiner Entscheidung vom 25. Juni 2006 (- 3 C 18.08 -, NVwZ-RR 2009, 795, 796) hielt der 3. Senat die Klage für unzulässig, weil ein neuer Versagungsbescheid nicht innerhalb der Klagefrist in das anhängige Verfahren einbezogen worden war, fügte aber einschränkend hinzu, dies gelte jedenfalls in einer Verpflichtungssituation, soweit der nachträglich ergehende Bescheid ein anderes als das bereits rechtshängige Begehren betreffe.

44

Nach alledem ist davon auszugehen, dass bei der Einbeziehung eines neuen Versagungsbescheids in den anhängigen Rechtsstreit die Einhaltung der Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO jedenfalls dann nicht zu verlangen ist, wenn sich hierdurch der Streitgegen-stand nicht ändert und die Versagung nicht auf geänderten tatsächlichen oder rechtlichen Gründen beruht. Da dies vorliegend der Fall ist, musste die Klägerin die Klagefrist bei der Einbeziehung der Bescheide der Beklagten vom 15. September und 19. September 2006 nicht beachten.

45

2.

Die Klage ist unbegründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuweisung von OGS-Genehmigungen in dem begehrten Umfang.

46

Der Entscheidung des Rechtsstreits sind die Vorschriften zugrunde zu legen, die sich für das Antragsjahr 2005 Geltung beilegten. Hiernach sind Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 der Verordnung des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für die Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. Nr. 1 270 S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/2005 der Kommission vom 26. Januar 2005 (ABl. Nr. 1 24 S. 15) sowie Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung (ABl. Nr. 1 141 S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 394/2005 der Kommission vom 8. März 2005 (ABl. Nr. 1 63 S. 17) maßgeblich. Weiter finden das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie - BetrPrämDurchfG - vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) und die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (BetrPrämDurchfV) vom

47

3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204) sowie die Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen regeln für Direktzahlungen nach der VO (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoSV) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3194) Anwendung.

48

Nach Art. 33 Abs. 1 a) VO (EG) Nr. 1782/2003 können Betriebsinhaber die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn ihnen in einem bestimmten Bezugszeitraum

49

- dieser umfasst nach Art. 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 die Kalenderjahre 2000, 2001 und 2002 - im Rahmen von mindestens einer der Direktzahlungen gemäß Anhang VI der Verordnung eine Zahlung gewährt wurde. Anhang VI führt diejenigen (sektoralen) Direktzahlungen auf, die von der Betriebsprämienregelung erfasst und abgelöst werden sollen. Im Falle von Zusammenschlüssen während des Bezugszeitraums oder spätestens am 31. Dezember des Jahres, das dem Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung vorausgeht, hat der Betriebsinhaber gemäß Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 unter denselben Bedingungen wie der ursprüngliche Betriebsinhaber Zugang zu dieser Regelung. Für die Anwendung der genannten Bestimmung bedeutet nach Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 "Zusammenschluss" der Zusammenschluss von zwei oder mehr Betriebsinhabern zu einem neuen Betriebsinhaber im Sinne des Art. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 1782/2003, der in Bezug auf Betriebsführung, Gewinne und finanzielle Risiken von dem bzw. den Inhabern kontrolliert wird, die ursprünglich mindestens einen dieser Betriebe kontrolliert haben. Nach Art. 15 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 werden Anzahl und Wert der Zahlungsansprüche auf Basis des Referenzbetrages und der Hektarzahl der ursprünglichen Betriebe festgesetzt.

50

Nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung der VO (EG) Nr. 1782/2003 konnten Zahlungsansprüche auf Antrag auch mit OGS-Genehmigungen zugewiesen werden. Macht ein Mitgliedsstaat - wie die Bundesrepublik Deutschland - von der Möglichkeit der regionalen Anwendung der Betriebsprämienregelung nach Art. 59 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 Gebrauch, dürfen die Betriebsinhaber nach Art. 60 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 auch die gemäß Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 angemeldeten Parzellen für die Produktion von Obst, Gemüse, Speisekartoffeln auf der von dem Mitgliedsstaat auf nationaler und regionaler Ebene festgelegten Hektarzahl nutzen. Im Rahmen der für die Region festgelegten Obergrenze wurde einem Betriebsinhaber gemäß Art. 60 Abs. 3 Buchst. a) VO (EG) Nr. 1782/2003 gestattet, die Möglichkeit des Absatzes 1 innerhalb der Obergrenze der Hektarzahl, die er für die Produktion der dort genannten Erzeugnisse im Jahr 2003 genutzt hat, in Anspruch zu nehmen. Nach Art. 60 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1782/2003 wurde die Genehmigung innerhalb der betreffenden Region zusammen mit dem entsprechenden Zahlungsanspruch verwendet. Die OGS-Genehmigungen wurden an die einzelbetrieblichen Zahlungsansprüche gebunden (Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004).

51

Die erstmalige Zuweisung von Zahlungsansprüchen erfolgt gemäß Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 795/2004 auf der Basis des Antrages auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung gemäß Art. 34 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 InVeKoSV ist die Festsetzung der Zahlungsansprüche für die einheitliche Betriebsprämie bis zum 15. Mai 2005 schriftlich bei der Landesstelle zu beantragen. § 14 Abs. 1 InVeKosV bestimmt, dass die Genehmigung nachArt. 60 Abs. 3 oder Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 in diesem Antrag unter Beifügung geeigneter Nachweise bis zum 15. Mai 2005 zu beantragen ist.

52

Die sich aus diesen Vorschriften ergebenden Voraussetzungen für die Gewährung von OGS-Genehmigungen auf der Grundlage des OGS-Anbaus des Gesellschafters H. im Jahr 2003 liegen in materiell-rechtlicher Hinsicht vor (a.). In formeller Hinsicht liegen sie indes nur teilweise vor. Die Klägerin hat zwar fristgemäß einen Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen sowie einen weiteren Antrag auf Zuweisung von OGS-Genehmigungen gestellt (b.). Die Beklagte kann ihr auch nicht entgegenhalten, dass sie unter Ziffer II.4.5 des Antrags 2005 kein Kreuz gesetzt hat, weil es eines gesonderten Antrags auf Übertragung des Anspruchs auf Gewährung von OGS-Genehmigungen, die dem Gesellschafter H. bei Weiterführung dessen Betriebs zu gewähren gewesen wären, nicht bedurfte (c.). Die Klägerin hat jedoch nicht im Rahmen des Antrags auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen das Vorliegen eines Zusammenschlusses nach Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 nachgewiesen (d.). Eine Ergänzung des Antrags um diese Nachweise im Wege der Berichtigung entsprechendArt. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 kommt nicht in Betracht (e.).

53

a. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Zuweisung von OGS-Genehmigun-gen an die Klägerin im beantragten Umfang liegen vor. Die Klägerin hat nach Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 unter denselben Bedingungen wie die ursprünglichen Betriebsinhaber, darunter der Gesellschafter H., Zugang zu der Betriebsprämienregelung. Die Klägerin ist aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom 30. Juni 2004 mit Wirkung zum 1. Juli 2004 aus einem Zusammenschluss der Betriebsinhaber J., H. und E. /F. GbR im Sinne des Art. 15 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 hervorgegangen. Diese kontrollieren nach § 7 des Gesellschaftsvertrags in Bezug auf die Betriebsführung gemeinsam die Klägerin als neue Betriebsinhaberin, während die Gewinne und finanziellen Risiken nach § 11 des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf Sonderkulturen zu 90 v.H. auf den Gesellschafter H. entfallen und im Übrigen annähernd gleichmäßig auf die Gesellschafter verteilt werden.

54

Die Anzahl der OGS-Genehmigungen, die der Klägerin dem Grunde nach zustehen, ergibt sich nach Art. 60 Abs. 3 Buchst. a) VO (EG) Nr. 1782/2003 aus der Hektarzahl, welche die ursprünglichen Betriebsinhaber im Jahr 2003 für den Anbau von OGS-Erzeugnissen genutzt haben. OGS-Erzeugnisse hat im Jahr 2003 allein der Gesellschafter H. im Umfang von 5,3630 ha angebaut. Gemäß § 10 BetrPrämDurchfV ist die entsprechend Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2003 auf zwei Dezimalstellen gerundete Hektarzahl von 5,36 wegen der Überschreitung der regionalen Obergrenze nach Art. 60 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 unter Anwendung des Koeffizienten 0,8083 zu kürzen, was die Zahl 4,33 ergibt.

55

b. Die Klägerin hat auch die erforderlichen Anträge gestellt.

56

aa. Ein Antragserfordernis hinsichtlich der Zuweisung von Zahlungsansprüchen folgt aus Art. 34 Abs. 2 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003. Nach dieser Bestimmung beantragen die Betriebsinhaber die einheitliche Betriebsprämie bis zu einem Zeitpunkt, den die Mitgliedsstaaten festlegen, der aber nicht nach dem 15. Mai liegen darf. Diese Vorgabe ist durch § 11 Abs. 1 Satz 1 InVeKoSV umgesetzt. Dem Antragserfordernis ist die Klägerin dadurch nachgekommen, dass sie zu Ziffer II.4.1 des Antragsformulars ein Kreuz gesetzt hat.

57

bb. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beklagten zu Recht davon ausgegangen, dass OGS-Genehmigungen einem Betriebinhaber nur auf Antrag erteilt werden.

58

Ein Genehmigungserfordernis ergibt sich schon daraus, dass der europäische Verordnungsgeber die OGS-Genehmigung als "Genehmigung" (vgl.Art. 60 Abs. 6, 7 VO (EG) Nr. 1782/2003) ausgestaltet hat, die - anders als der betriebsindividuelle Betrag - nicht integraler Bestandteil der Zahlungsansprüche ist, sondern neben diesen besteht und mit ihnen nur in einer Weise verbunden wird, die eine Übertragung ohne die zeitgleiche Übertragung der Zahlungsansprüche ausschließt (Art. 41 VO (EG) Nr. 795/2004). Eine Genehmigung impliziert ein ihrer Gewährung vorangegangenes Genehmigungsverfahren. Da sich in den einschlägigen Vorschriften der Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und Nr. 795/2004 keine Hinweise darauf finden, dass die OGS-Genehmigungen von Amts wegen erteilt werden, schließt das Erfordernis des Genehmigungsverfahrens einen entsprechenden Antrag auf Gewährung von OGS-Genehmigungen ein. Entsprechend sieht § 14 Abs. 1 InVeKoSV ausdrücklich eine Antragstellung unter Beifügung geeigneter Nachweise bis zum 15. Mai 2005 für die Genehmigung nach Art. 60 Abs. 3 oder 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 vor. Das Erfordernis einer gesonderten Antragstellung ist auch geboten im Hinblick auf die Begrenzung der durchschnittlichen Hektarzahl, für die OGS-Genehmigungen gewährt werden durften (Art. 60 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003). Das hieraus folgende Interesse des Verordnungsgebers, nicht jedem Betriebsinhaber, der im Referenzjahr 2003 OGS-Früchte angebaut hat, von Amts wegen OGS-Genehmigungen zu erteilen, steht dem Interesse der betroffenen Betriebsinhaber an der Gewährung dieser Genehmigungen nicht entgegen. Anders als der betriebsbezogene Referenzbetrag, an dessen Gewährung der Betriebsinhaber ohne weiteres ein Interesse hat, weil er den Wert des zugewiesenen Zahlungsansprüche und damit die Höhe der zu gewährenden Betriebsprämie bestimmt, hatten OGS-Genehmigungen nur dann einen Geldwert, wenn der Betriebsinhaber auch in den Jahren 2005 bis 2007 OGS-Kulturen anbauen und damit die Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung aktivieren wollte.

59

Die Klägerin hat einen Antrag auf Gewährung von OGS-Genehmigungen innerhalb der Antragsfrist gestellt, indem sie unter Ziffer II.6. des von der Landwirtschaftskammer Hannover vorgegebenen Antragsformulars ein Kreuz gesetzt hat.

60

cc. Entgegen der Auffassung der Beklagten bedarf es keines weiteren Antrags im Sinne eines Übertragungsantrags im Fall des Zusammenschlusses von Betrieben im Sinne von Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004, wie offenbar unter II.4.5 des Formularantrages vorgesehen ist.

61

Während der Wortlaut von Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 im Hinblick auf ein gesondertes Antragserfordernis unergiebig ist, weil die Bestimmung nur regelt, dass im Falle von Zusammenschlüssen während des Bezugszeitraums oder spätestens am 31. Dezember des Jahres, das dem Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung vorausgeht, der Betriebsinhaber gemäß Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 unter denselben Bedingungen wie der ursprüngliche Betriebsinhaber zu dieser Regelung hat, spricht der Wortlaut von Art. 15 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 gegen ein Antragserfordernis hinsichtlich der Übertragung des Anspruchs auf Zuweisung von OGS-Genehmigungen auf den Inhaber des zusammengeschlossenen Betriebes. Danach werden Anzahl und Wert der Zahlungsansprüche auf Basis des Referenzbetrages und der Hektarzahl der ursprünglichen Betriebe festgestellt. Die Vorschrift geht erkennbar davon aus, dass der Inhaber des zusammengeschlossenen Betriebs einen einheitlichen Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen stellt und sich dabei im Hinblick auf die Festsetzung des Referenzbetrages auf den Durchschnittswert der vom Betriebsvorgänger im Referenzzeitraum erhaltenen Direktzahlungen (Art. 36 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003) berufen kann. Sie ist nach Art. 35 VO (EG) Nr. 795/2004 entsprechend auf die Gewährung von OGS-Genehmigungen anwendbar, weil sich aus Kapitel 6 Abschnitt 1, der Sondervorschriften für die regionale Durchführung der Betriebsprämienregelung enthält, keine abweichende Regelung ergibt. Entsprechend wird die Anzahl der OGS-Genehmigungen auf der Basis der OGS-Genehmigungen der ursprünglichen Betriebe festgesetzt.

62

Auch die Betriebsprämiendurchführungsverordnung enthält für den Fall des Zusammenschlusses von Betrieben keine weitergehenden Vorschriften, die auf ein Antragserfordernis hindeuten. Schließlich ergibt sich nichts anderes aus dem Abschnitt 3 "Einheitliche Betriebsprämie" der InVeKoS-Verordnung. In § 11 Abs. 1 Satz 1 InVeKoSV heißt es lediglich, die Festsetzung der Zahlungsansprüche für die einheitliche Betriebsprämie sei bis zum 15. Mai 2005 schriftlich bei der Landesstelle zu beantragen. Auch aus § 14 InVeKosV, der die Antragstellung auf Erteilung von OGS-Genehmigungen regelt, ergibt sich nichts Weiteres zu einem Erfordernis, neben dem Antrag einen weiteren Antrag auf Berücksichtigung von OGS-Genehmigungen zu stellen, die einem einzelnen Betrieb zu erteilen wäre, der nunmehr zu dem antragstellenden zusammengeschlossenen Betrieb gehört. Schließlich ist § 15 InVeKoSV, der die Übertragung von Zahlungsansprüchen zum Inhalt hat, nicht einschlägig, weil in den Fällen des Betriebszusammenschlusses nach Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 gerade keine Übertragung von Zahlungsansprüchen im Sinne von Art. 46 VO (EG) Nr. 1782/2003 stattfindet.

63

Verlangt die Beklagte gleichwohl einen gesonderten Antrag auf Erteilung von OGS-Genehmigungen im Falle des Betriebszusammenschlusses, kann sie dem Antragsteller nicht entgegenhalten, dass er den gesonderten Antrag nicht gestellt hat. Damit verhält sich der vorliegende Fall nicht anders als derjenige, in dem von dem Antragsteller Angaben verlangt werden, die im Formular nicht abgefragt werden; für diese Konstellation ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats entschieden, dass die Behörde dem Antragsteller das Fehlen dieser Angaben nicht zur Last legen kann (BVerwG, Urt. v. 10.03.1994 - 3 C 32.92 -, BVerwGE 95, 213, 226 f. = RdL 1994, 329, 332; Beschl. des Senats v. 12.04.2011 - 10 LA 64/09 -, RdL 2011, 194, 195 = AUR 2011, 307, 310, m.w.N.).

64

d. Daraus folgt indes noch nicht, dass die Klägerin mit ihrem Anspruch durchdringt. Denn sie hat nicht im Rahmen des Antrags auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen (oder im Rahmen der Abfrage im Januar 2005, welche die Beklagte als Möglichkeit für die Einreichung von Nachweisen nutzte) unter Nutzung der von der Agrarverwaltung bereitgestellten Formulare hinreichend nachgewiesen, dass sie aus einem Zusammenschluss verschiedener Betriebe, zu denen auch der Betrieb des Herrn H. gehörte, hervorgegangen ist.

65

Art. 34 Abs. 1, Abs. 2 UAbs. 1, Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 InVeKoSV bestimmen, dass die Betriebsinhaber die Zuweisung von Zahlungsansprüchen auf dem von den zuständigen Behörden zugesandten Antragsformular bis zum 15. Mai des ersten Jahres der Anwendung der Betriebsprämienregelung (2005) schriftlich bei der zuständigen Landesstelle beantragen. Dies gilt nach § 14 Abs. 1 InVeKoSV auch für den Antrag auf Zuweisung von OGS-Genehmigungen. Art. 21a Abs. 1 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 setzt für das Einreichen des gemeinsamen Antrags auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen und Sammelantrag Agrarförderung eine Nachfrist von 25 Tagen; nach deren Ablauf werden nach Unterabsatz 2 der Bestimmung keine Zahlungsansprüche zugeteilt. Aus Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 795/2004, nach dem die erstmalige Zuweisung von Zahlungsansprüchen auf der Basis des Antrages auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung gemäß Art. 34 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 erfolgt, ergibt sich, dass den Betriebsinhaber bei der Antragstellung eine Mitwirkungsobliegenheit dahingehend trifft, die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und nachzuweisen. Der Sammelantrag - dies ist nach Art. 2 Abs. 11 VO (EG) Nr. 796/2004 der Antrag auf Direktzahlungen im Rahmen der Betriebsprämienregelung und anderer flächenbezogener Beihilferegelungen nach Titel III und IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 - muss gemäß Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten; erforderlich ist auch eine fristgerechte Vorlage aller verlangten Begleitdokumente. Diese Vorschrift ist jedenfalls entsprechend auf den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen anzuwenden.

66

Das Gebot der Vollständigkeit ergibt sich auch aus dem integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem. Weil es sich bei der Durchführung der gemäß dem integrierten System gewährten Beihilfen um Verfahren handelt, die eine Vielzahl von Anträgen betreffen, setzt das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs voraus, dass die Beihilfeempfänger aktiv an der korrekten Durchführung der Verfahren mitwirken und die beizubringenden Informationen von vornherein vollständig und richtig sind (vgl. EuGH, Urt. v. 16.05.2002 - C-63/00 - Schilling und Nehring, Slg. 2002, I-4483, Rn. 33 f.; Urt. v. 28.11.2002 - C-417/00 - Agrargenossenschaft Pretzsch, Slg. 2002, I-11053, Rn. 45; Urt. v. 04.10.2007 - C-375/05 - Geuting, Slg. 2007, I-7983, Rn. 30). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die nationalen Behörden nicht verpflichtet sind, durch Kontrollen sämtliche Angaben in den eingereichten Beihilfeanträgen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und die Antragsteller auf mögliche Unregelmäßigkeiten hinzuweisen (vgl. EuGH, Urt. v. 16.05.2002, a.a.O., Rn. 37; v. 28.11.2002, a.a.O. -, Rn. 52). Nach dem Erwägungsgrund 27 zur VO (EG) Nr. 796/2004 ist die Einhaltung der Fristen für die Einreichung der Beihilfeanträge, die Änderung von flächenbezogenen Anträgen und die Vorlage von Belegdokumenten, Verträgen oder Anbauverträgen unerlässlich, damit die nationalen Verwaltungen wirksame Kontrollen der Richtigkeit der Beihilfeanträge organisieren und vornehmen können.

67

Die Vollständigkeit der Antragsunterlagen und entsprechenden Nachweise erlangt in Fällen wie dem vorliegenden besondere Bedeutung, weil Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 nur auf solche Zusammenschlüsse anwendbar ist, die den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 genügen. In anderen Fällen eines Zusammenschlusses verschiedener Betriebsinhaber zu einem neuen Betriebsinhaber - beispielsweise durch Bildung einer juristischen Person, deren Betriebsinhaber nicht aus den Reihen der Betriebsinhaber der zusammengeschlossenen Betriebe stammt, sondern ein Dritter ist - gilt die Privilegierung des neuen Betriebsinhabers durch Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 nicht.

68

Dass solche weiteren Nachweise erforderlich waren, hätte die Klägerin aus dem Antragsformular unter Ziffer II.4.5 und den Ausfüllhinweisen, die den Betriebsinhabern von der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden, ohne Weiteres erkennen können. Die Klägerin hat es unterlassen, bis zum Ablauf der Antragsfrist und Ablauf der Nachfrist - deren Nutzung lediglich prämienschädlich gewesen wäre - den Vordruck C sowie als Nachweis des Zusammenschlusses im Sinn des Art. 33 Abs. 3 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 den Gesellschaftsvertrag vorzulegen. Eine Zuweisung von OGS-Genehmigungen war damit unzulässig (vgl. Art. 21a Abs. 1 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004).

69

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagten der Gesellschaftsvertrag der Klägerin bereits vorlag und die Gesellschafter jeweils den "Meldebogen Betriebsübergabe/-übernahme" ausgefüllt hatten. Diese Unterlagen hatte die Klägerin nicht im Rahmen des Antragsverfahrens 2005 vorgelegt. Die Beklagte war weder aufgrund europarechtlicher Vorgaben - etwa als Teil der Regelungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem - noch aus anderen Rechtsgründen verpflichtet, auf diese Unterlagen zur Vervollständigung der Antragsunterlagen zuzugreifen. Wie dargelegt, geht insbesondere Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 795/2004 vielmehr davon aus, dass der Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen vollständig ist und aus sich heraus eine abschließende Entscheidung über die Zuweisung von Zahlungsansprüchen an den antragstellenden Betriebsinhaber erlaubt.

70

Auch mit der "Erklärung zum OGS-Anbau 2003/2004" vom Januar 2005, welche die Beklagte erkennbar als Teil des Antragsverfahrens 2005 behandelte, hatte die Klägerin noch nicht alles Erforderliche getan, um eine abschließende Antragsbearbeitung zu erlauben. Sie hatte damit lediglich die im Vordruck Y verlangten Angaben vorab gemacht, nicht aber die im Vordruck C, und hatte insbesondere den Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2004 nicht vorgelegt.

71

e. Die Klägerin kann sich wegen des fehlenden Nachweises eines Zusammenschlusses nicht auf einen offensichtlichen Irrtum berufen; sie kann den Nachweis deshalb nicht nachträglich führen.

72

Nach Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 kann unbeschadet der Artikel 11 bis 18 der Verordnung ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt. Die Bestimmung ist auf den Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen entsprechend anwendbar (Urt. d. Senats v. 05.07.2011 - 10 LB 172/10 -, DVBl. 2011, 1232, 1233). Der Irrtumsbegriff des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 enthält eine objektive Komponente, die in der Abweichung des irrtümlich "Falschen" - unter Einschluss des (nur) Unvollständigen - von einem "Richtigen" besteht, und eine subjektive Komponente, die sich auf die Kenntnis und Vorwerfbarkeit dieser Abweichung bezieht (ebd.).

73

Hier fehlt es bereits an den objektiven Voraussetzungen für die Annahme eines offensichtlichen Irrtums, weil die Angaben der Klägerin im Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen nicht falsch oder unvollständig sind. Die Klägerin hat im Antrag zutreffende Angaben zu ihrer Rechtsform gemacht. Sie hat auch OGS-Genehmigungen beantragt. Es fehlt indes an der Vorlage des Vordrucks C und des Gesellschaftsvertrags. Dies mag irrtümlich geschehen sein. Der Irrtum liegt aber nicht in den Antragsangaben, sondern in der fehlenden Vollständigkeit der Antragsunterlagen. Einen solchen Irrtum erfasst Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 nicht. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. In dem Nachreichen fehlender Antragsunterlagen und Nachweise ist schon begrifflich keine "Berichtigung" zu sehen. Auch die Regelung des Art. 21a Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 spricht gegen die Anwendung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004; der Verordnungsgeber hat die verspätete Vorlage von Antragsunterlagen ausdrücklich nur in den Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände zugelassen. Diese engen Voraussetzungen würden unterlaufen, wenn auch irrtümlich nicht vorgelegte Bestandteile des Antrags auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen verspätet eingereicht werden könnten.