Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 15.04.2020, Az.: 8 A 326/17
Anerkennung; Beihilfe; Depression; Rehabilitationsmaßnahme; rezidivierende Depression; Viermonatsfrist; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 15.04.2020
- Aktenzeichen
- 8 A 326/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 71725
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 29 BhV ND 2011
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ablehung der Gewährung von Beihilfe für eine Rehabilitationsmaßnahme nach Ablauf der Viermonatsfrist der vorherigen Anerkennung und Ablehnung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei rezidivierender Depression
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen ablehnenden Beihilfebescheid des Beklagten und begehrt die Anerkennung der Aufwendungen für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme.
Zu einem Bemessungssatz in Höhe von 50% ist der Kläger dem Grunde nach beihilfeberechtigt. Er beantragte am 5. Januar 2016 beim Beklagten eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme für 28 Tage, die der Beklagte mit Schreiben vom 21. April 2016 für 21 Tage anerkannte. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass die Bewilligung ihre Gültigkeit verliert, wenn die stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht innerhalb von vier Monaten nach der Bekanntgabe dieses Anerkennungsbescheides begonnen wird. Der Kläger trat die Maßnahme am 25. Oktober 2016 in der C. an. Die Klinik richtete am 3. November 2016 einen Verlängerungsantrag der stationären Rehabilitationsmaßnahme über den 15. November 2016 hinaus bis zum 22. November 2016 an den Beklagten.
Der Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 25. November 2016 darauf hin, dass die Anerkennung vom 21. April 2016 nur vier Monate gültig sei, genehmigte die Verlängerung nicht und bat um Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, warum die Rehabilitationsmaßnahme erst am 25. Oktober 2016 begonnen wurde.
Der Kläger machte mit Beihilfeantrag Aufwendungen für die durch die D. berechneten Kosten für die stationäre Rehabilitationsmaßnahme sowie für Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 3.909,40 Euro beim Beklagten geltend.
Mit Beihilfebescheid vom 2. Dezember 2016 lehnte der Beklagte die Berücksichtigung der Aufwendungen vollständig ab und setzte den beihilfefähigen Betrag auf 0,00 Euro fest. Der Beklagte wies erneut auf die Gültigkeit der Anerkennung für vier Monate hin und bat erneut um Vorlage einer Erklärung.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 wies der Kläger darauf hin, er sei aufgrund des Schriftwechsels mit der Reha-Einrichtung davon ausgegangen, dass diese den Beklagten informiere. Aufgrund seiner starken rezidivierenden depressiven Störung habe er wie in einem Tunnel gelebt und die Befristung der Bewilligung der stationären Rehabilitationsmaßnahme aus den Augen verloren. Er hoffe, die Gründe könnten zu einer eventuellen Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand führen und die Maßnahme anerkannt werden. Dieses Schreiben wertete der Beklagte zugleich als Widerspruch des Klägers.
Der Beklagte setzte die Beihilfe mit Beihilfebescheid vom 17. Januar 2017 erneut fest und lehnte die Aufwendungen erneut vollständig ab.
Am 9. Februar 2017 legte der Kläger gegen diesen Beihilfebescheid Widerspruch ein. Der Widerspruchbegründung war ein als Kopie gekennzeichnetes Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 14. August 2016 angehängt, indem dieser den Beginn der Kur am 25. Oktober 2016 mitteilte. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung der Rehabilitationsmaßnahme vom 5. Januar 2016 sei im Beihilfevorgang nicht enthalten. Ferner habe der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 14. August 2016 in Kenntnis gesetzt, dass die Maßnahme erst am 25. Oktober 2016 beginne, welches nicht im Verwaltungsvorgang sei. Er habe ein fehlerhaftes Aktenzeichen angeben (E.). Eine Bescheidung des Schreibens des Klägers vom 14. August 2016, dass entweder als Antrag auf Verlängerung der Anerkennung oder als Neuantrag auszulegen sei, sei nicht erfolgt. Der Kläger habe davon ausgehen können, dass seinem Antrag vom 14. August 2016 stillschweigend stattgegeben worden sei. Eine Bescheidung könne auch rückwirkend noch erfolgen. Zudem sei der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu Unrecht abgelehnt worden. Der Kläger habe unter anderem an Depressionen gelitten. Er sei gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, seine beihilferechtlichen Angelegenheiten zu regeln. Daher sei für ihn nicht ersichtlich gewesen, dass sein Antrag auf Verlängerung der Anerkennung vom 14. August 2016 beim Beklagten nicht angekommen sein könnte. Darüber hinaus verstoße die strenge Einhaltung der Frist gegen die Fürsorgepflichten des Dienstherrn und gegen höherrangiges Recht, insbesondere Art. 33 Abs. 5 GG. Die Frist von vier Monaten sei bereits im Regelfall zu kurz bemessen. Die Wartezeiten in Kliniken für Rehabilitationsmaßnahmen seien sehr lang. Sollt der Beginn der Maßnahme nach Ablauf von vier Monaten liegen, sei es aus Fürsorgeerwägungen ausgeschlossen, dass die Festsetzungsstelle einen Folge- oder Anschlussantrag ablehne. Die Vier-Monatsfrist stelle sich als ungeeignet und unverhältnismäßig dar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Schreiben des Klägers vom 14. August 2016, welches das korrekte Aktenzeichen trage, sei bei der Beklagten nicht eingegangen bzw. liege nicht vor. Der Kläger habe bei unterstellter Aufgabe dieses Schreibens nicht nach dem Sachstand gefragt; davon auszugehen, dass eine stillschweigende Verlängerung erfolgt sei, sei grob fahrlässig. Der Kläger bestätige im Schreiben vom 5. Dezember 2016 selbst, ihm sei die Befristung der Bewilligung der stationären Rehabilitationsmaßnahme aus den Augen geraten. Dies widerspreche den Ausführungen seines beim Beklagten nicht eingegangenen Schreibens vom 14. August 2016. Zudem hätte ein Hinweis auf dieses Schreiben bereits mit demjenigen vom 5. Dezember 2016 erfolgen können. Der Ablehnungsbescheid stelle keinen Verstoß gegen die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht dar. Es lägen keine atypischen Besonderheiten vor, bei denen die Ablehnung der Beihilfe eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die irrige Annahme des Klägers einer stillschweigenden Verlängerung der Frist durch hätte einfaches Nachfragen eine entsprechende Bearbeitung in Gang gesetzt. Zwischen dem beim Beklagten nicht vorliegenden Schreiben vom 14. August 2016 und dem Antritt der Rehabilitationsmaßnahme am 25. Oktober 2016 sei genügend Zeit gewesen, den Sachverhalt zu klären. Diese Ausführungen stünden auch einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen.
Am 27. Juli 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Ergänzend zu der Begründung des Widerspruchs trägt er vor, der Beklagte hätte das Schreiben vom 14. August 2016, welches nach dem Vortrag des Beklagte nicht eingegangen sei bzw. nicht vorliege, gleichwohl als zugegangen beurteilen müssen und ihm daher Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bewilligen können. Da er dieses Schreiben unter dem Aktenzeichen E. an den Beklagten gesandt habe, der Widerspruchsbescheid hingegen das Aktenzeichen F. trage, schließe er nach wie vor nicht aus, dass das Schreiben in einem anderen Verwaltungsvorgang einsortiert sein könne. Jedenfalls müsse die Beklagte die Kosten für den Verlängerungszeitraum der Rehabilitationsmaßnahme vom 15. bis 22. November 20156 übernehmen, da der Kläger bereits am 3. November 2016 per Fax über die C. einen Antrag auf Bewilligung der Verlängerung der Rehabilitationsmaßnahme gestellt habe und die Beklagte hierauf erst nach Ablauf dieses Zeitraumes am 25. November 2016 mit einer Ablehnung reagiert habe. Diese Antwort habe sofort erfolgen müssen, damit der Kläger die Verlängerung habe ablehnen und so weitere Kosten hätte verhindern können.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Beihilfe in Höhe von 1.767,50 Euro zu bewilligen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt der Beklagte zunächst auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug. Darüber hinaus führt er aus, dem Kläger sei aufgrund der umfassenden Information während des Antragsverfahrens, im Anerkennungsbescheid sowie dem übersandten Informationsblatt bewusst gewesen, dass die Rehabilitationsmaßnahme innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides angetreten werden müsse. Eine zu einem späteren Zeitpunkt angetretene Maßnahme gelte aufgrund der Befristung als nicht genehmigt. Für eine Abweichung gebe es keinen Spielraum. Die Frist sei mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Es gebe nicht mehrere Aktenvorgänge mit verschiedenen Aktenzeichen. Das Schreiben des Klägers vom 14. August 2016 liege nicht vor. Auch im Übrigen könne keine andere Beurteilung der Sachlage in Betracht kommen, wenn man annehmen würde, der Kläger hätte den Verlängerungsantrag am 14. August 2016 gestellt. Der Kläger habe keine Genehmigung über die Verlängerung erhalten, sodass der Kläger auch in diesem Fall die vorgeschriebene Viermonatsfrist überschritten hätte. Der Kläger habe ohne vorherige Klärung die vorgeschriebene Viermonatsfrist nicht eigenmächtig deutlich überschreiten dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die die Einzelrichterin gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgrund des Übertragungsbeschlusses vom 20. Februar 2020 und mit Einverständnis der Beteiligten – vom 15. August 2018 der Beklagten und vom 25. März 2020 des Klägers – ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2016 in der Fassung vom 17. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf die Gewährung der beantragten Beihilfe (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Gewährung von Beihilfe richtet sich für den Kläger nach § 80 Abs. 6 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) i. V. m. der Niedersächsischen Beihilfeverordnung (NBhVO). Maßgeblich ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.9.2013 - 5 C 33.12 -, juris Rn. 9; Urt. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschl. v. 4.1.2012 - 5 LA 176/10 -, juris Rn. 4; VGH BW, Beschl. v. 7.9.2011 - 2 S 1972/11 -, juris Rn. 3 f.). Anwendbar ist deshalb die NBhVO vom 7. November 2011 (Nds. GVBl. 2011, S. 372) in der Fassung vom 2. Juli 2013 (Nds. GVBl. 2013, S. 196).
Ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Beihilfe für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen für die durch die C. berechneten Kosten der stationären Rehabilitationsmaßnahme besteht nicht. Weder das geltende Beihilferecht (1.) noch die über § 4 Abs. 2 NBhVO zu berücksichtigende Fürsorgepflicht als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (2.) führen vorliegend zu einer Leistungspflicht des Beklagten.
1. Nach § 29 Abs. 5 Satz 1 NBhVO sind Aufwendungen für Rehabilitationsmaßnahmen nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 und 3 NBhVO nur beihilfefähig, wenn die Festsetzungsstelle die Notwendigkeit der Rehabilitationsmaßnahme vor deren Beginn anerkannt hat, was hier mit Bescheid vom 21. April 2016 geschehen ist, und die Rehabilitationsmaßnahme innerhalb von vier Monaten nach der Anerkennung begonnen hat. Hier ist die anerkannte Rehabilitationsmaßnahme vom Kläger erst am 25. Oktober 2017 begonnen worden und damit nicht innerhalb der Viermonatsfrist.
Die Befristung ist ferner mit höherrangigem Recht - insbesondere der Fürsorgepflicht des Dienstherrn - vereinbar (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.12.1996 - 2 A 13113/95 -, juris Rn. 21 zur damals entsprechenden Landesregelung; Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, 149. Erg.-Lfg. 07/2019, Rn. 13 zum inhaltsgleichen § 36 Abs. 1 Satz 1 und 4 BBhV). Die Dauer der Frist liegt im Hinblick darauf, dass die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Feststellung der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung durch den Gutachter stehen muss, sowohl im Interesse des Erkrankten als auch in dem der stationären Rehabilitations-Einrichtung (Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, 149. Erg.-Lfg. 07/2019, Rn. 13 zum inhaltsgleichen § 36 Abs. 1 Satz 1 und 4 BBhV). Auf die zeitliche Befristung ist der Kläger im Anerkennungsbescheid sowie durch ein mitübersandtes Informationsblatt auch ausdrücklich hingewiesen worden. Die Fristenregelung, die für den zügigen Antritt gesundheitlich notwendiger Rehabilitationsmaßnahmen sorgen sowie Missbräuchen vorbeugen soll, stellt die betroffenen Beamten auch nicht vor unlösbare Probleme. Ein Beamter in der Situation des Klägers kann ohne Weiteres die Verlängerung des Anerkennungsbescheides beantragen, wenn für ihn erkennbar wird, dass er die Rehabilitationsmaßnahme erst später als vier Monate nach Bekanntgabe des Anerkennungsbescheides wird beginnen können (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.12.1996 - 2 A 13113/95 -, juris Rn. 21 zur damals entsprechenden Landesregelung). Die Anerkennung der Beihilfefähigkeit stand ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass die Behandlung innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides begonnen werde; dieser Hinweis reichte aus und ermöglichte dem Kläger, das Erforderliche zur Wahrung seiner Rechte zu veranlassen, ohne dass es hierzu noch eines ausdrücklichen Hinweises des Beklagten auf die Verlängerungsmöglichkeit bedurft hätte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.12.1996 - 2 A 13113/95 -, juris Rn. 23, 22 a. E. zur damals entsprechenden Landesregelung).
Zu Recht hat die Beklagte dem Kläger keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 32 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG gewährt, weil die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen. Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung ist, dass der Kläger ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Gemäß § 32 Abs. 2 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG ist der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Verschulden i. S. v. § 32 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG ist dabei das Außerachtlassen derjenigen Sorgfalt, die für einen gewissenhaft und sachgemäß seine Rechte wahrnehmenden Beteiligten geboten und nach den Umständen des Einzelfalles zumutbar ist (BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990 - 9 B 506/89 -, juris Rn. 3 zu § 60 VwGO; VG Würzburg, Urt. v. 29.3.2018 - W 1 K 17.1060 -, juris Rn. 17; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 32 Rn. 20). Dabei wird ein objektiver Maßstab unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls und des einzelnen Beteiligten zugrunde gelegt. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen, § 32 Abs. 2 Satz 2 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG. Diese Voraussetzung hat der Kläger indes weder darlegen noch nachweisen können.
Dass der Kläger aufgrund von Depressionen nicht in der Lage gewesen sein soll, seine beihilferechtlichen Angelegenheiten zu regeln, ist nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Der in dem Verwaltungsvorgang vorhandenen Anlage zum Antrag auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit der hier streitgegenständlichen Rehabilitationsmaßnahme, die durch die Ärzte Schmidt/Jäger ausgefüllt wurde, ist insofern zu entnehmen, dass der Kläger an Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und in der Nähe der linken Hüfte leide, schlecht schlafe, sehr oft Kopfschmerzen und viel Stress bei der Arbeit sowie Probleme mit dem rechten Fußgelenk habe und sehr oft müde sei. Als Diagnosen werden eine Osteochondrose, Lumbalskoliose sowie eine Depression erfasst. Der Verlängerungsantrag der D. vom 3. November 2016 nimmt die rezidivierende depressive Störung des Klägers in Bezug.
Zwar wird in der Kommentarliteratur angenommen, dass eine Wiedereinsetzung in Betracht kommen kann, wenn dem Betroffenen infolge besonderer Umstände die „Dinge über den Kopf wachsen“ (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 32 Rn. 29). So mag nachvollziehbar sein, wenn der Kläger aufgrund seines medizinischen Zustandes unter Umständen Probleme im Hinblick auf die Strukturierung seines Alltages und die Erledigung seiner Angelegenheiten hatte. Daraus ergeben sich jedoch keine derartig besonderen Umstände, die das Verschulden des Klägers ausschließen und eine ordnungsgemäße Erledigung von Alltagsgeschäften und rechtlichen Angelegenheiten unmöglich erscheinen lässt. Auch wenn die geschilderten Beeinträchtigungen subjektiv erheblich sein mögen, fehlt es hier – neben einer präzisen zeitlichen Einordnung – an einer erforderlichen Darlegung, dass Tätigkeiten wie die Verlängerung der Anerkennung der Rehabilitationsmaßnahme dem Kläger nicht möglich gewesen sein sollten (vgl. auch VG Ansbach, Urt. v. 16.5.2017 - AN 1 K 16.01323 -, juris Rn. 55). Denn es ist nicht ersichtlich, dass er wegen einer wiederkehrenden depressiven Störung über einen Zeitraum von insgesamt knapp sechs Monaten zwischen dem Zeitpunkt der Anerkennung und dem tatsächlichen Antritt der Rehabilitationsmaßnahme nicht in der Lage gewesen wäre, rechtzeitig die bewilligte Rehabilitationsmaßnahme anzutreten bzw. die Beklagte darüber zu informieren, dass ein rechtzeitiger Antritt der Maßnahme nicht möglich ist und eine Verlängerung der Bewilligung zu beantragen. Hierfür spricht zunächst, dass es ihm möglich war, die Bewilligung der Rehabilitationsmaßnahme, nach derer die Maßnahme innerhalb von vier Monaten anzutreten ist, zu beantragen, die erforderlichen Unterlagen beizubringen und zu erhalten. Ferner steht der Vortrag, der Kläger habe einerseits aufgrund der Depressionen seine Angelegenheiten nicht ordnungsgemäß erledigen können, andererseits aber ein Schreiben vom 14. August 2016 an die Beklagte geschickt haben will, in dem er auf den späteren Beginn der Rehabilitationsmaßnahme am 25. Oktober 2016 hinweist, in deutlichem Widerspruch. Dieser Widerspruch gilt zudem auch für den Vortrag des Klägers, der mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 selbst gegenüber dem Beklagten eingesteht, er habe die Befristung der Bewilligung der stationären Rehabilitationsmaßnahme aus den Augen verloren. Warum der Kläger das vermeintliche Schreiben vom 14. August 2016 nicht bereits im Rahmen der Nachfrage der Beklagten, warum die Rehabilitationsmaßnahme erst am 25. Oktober 2016 begonnen wurde, und damit noch vor Erlass des Beihilfebescheides der Beklagten gegenüber erwähnt hat, ist nicht nachzuvollziehen.
Die Einzelrichterin nimmt zudem nicht an, dass der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 14. August 2016 mitgeteilt hat, die Rehabilitationsmaßnahme beginne erst am 25. Oktober 2017. Denn der Beklagte hat insofern hinreichend qualifiziert bestritten, diese Unterlage erhalten zu haben. In Anlehnung an Zugangsproblematiken von Verwaltungsakten gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG geht die Einzelrichterin davon aus, dass der Beklagte das Schreiben vom 14. August 2016 erhalten hätte, wenn der Kläger dieses tatsächlich übersandt hätte. Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Ein schlichtes Bestreiten des Betroffenen, der Verwaltungsakt sei ihm nicht zugegangen, reicht hiernach regelmäßig nicht aus, um die Zugangsvermutung des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG zu entkräften. Vielmehr muss der Adressat sein Vorbringen nach Lage des Einzelfalls derart substantiieren, dass zumindest ernsthaft Zweifel am Zugang begründet werden (Nds. OVG, Beschl. v. 15.3.2007 - 5 LA 136/06 -, juris Rn. 8). Der Beklagte gibt an, er habe das Schreiben des Klägers vom 14. August 2016 nicht erhalten. Er hat angegeben, das vom Kläger angegebene Aktenzeichen sei korrekt und ein fehlender Eingang dieses Schreibens könne nicht auf ein falsch angegebenes Aktenzeichen und einer dementsprechenden falschen Aktenzuordnung zurückgeführt werden. Es gebe auch nicht mehrere Aktenvorgänge mit verschiedenen Aktenzeichen. Alle Unterlagen seien in dem bei Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgang enthalten. Nach dem aufgezeigten Maßstab hat der Beklagte mit diesen Ausführungen glaubhaft dargelegt, dass sie das Schreiben des Klägers vom 14. August 2016 nicht erhalten hat. Zwar ist richtig, dass der streitgegenständliche Verwaltungsvorgang die Aktenzeichen G. sowie E. und der Widerspruchsbescheid das Aktenzeichen F. enthält. Bei dem hinteren Teil dieser Aktenzeichen –H. – handelt es sich um die Personalnummer des Klägers. Bei den ersten drei bzw. vier Ziffern handelt es sich um sogenannte Weiserzeichen, die eine Zuordnung zu den jeweiligen Sachgebieten bei der Beklagten ermöglichen, wobei diese Sachgebiete wiederum nach den Nachnamen der Beihilfeberechtigten aufgeteilt sind. Ein Sachgebietswechsel und dementsprechender Wechsel des Weiserzeichens ist bei einer Neuverteilung möglich. Der Übergang von den ersten vier Ziffern I. zu J. erfolgte im Zeitpunkt der Ablehnung der Verlängerung der Rehabilitationsmaßnahme mit Schreiben des Beklagten vom 25. November 2016. Es ist nicht ersichtlich und nachvollziehbar, wie der Kläger bereits am 14. August 2016 das Aktenzeichen E. gekannt haben will. Im Übrigen ist aufgrund der problemlosen Zuordnungsmöglichkeit von Schreiben über die in den Aktenzeichen enthaltene Personalnummer des Klägers eine Falschzuordnung von eingehende Schreiben beim Beklagten nicht vorstellbar.
Aber auch selbst wenn ein derartiges Schreiben vom 14. August 2016 vom Kläger verfasst wurde, berechtigt ein solches diesen nicht, von einer stillschweigenden Verlängerung der Bewilligung auszugehen. Dem steht sowohl der eindeutige Wortlaut des § 29 Abs. 5 Satz 1 NBhVO als auch die Hinweise auf die Viermonatsfrist, die an den Kläger ergangen sind, entgegen. Auf die Regelung ist der Kläger im Anerkennungsbescheid sowie durch ein mitübersandtes Informationsblatt auch ausdrücklich hingewiesen worden. Jedenfalls wäre es dem Kläger möglich und ihm auch zuzumuten gewesen, sich innerhalb der Zeit zwischen dem vermeintlichen Schreiben vom 14. August 2016 und dem Antritt der Rehabilitationsmaßnahme am 25. Oktober 2016, mithin in einem Zeitraum von über zwei Monaten, mit dem Beklagten in Verbindung zu setzen und nach dem Sachstand zu fragen. Dies gilt vor allem, da der Beklagte eingehende Schreiben gegenüber den Beihilfeberechtigten bestätigt und gegebenenfalls noch Unterlagen anfordert. Jedenfalls vor Antritt der Rehabilitationsmaßnahme hätte sich der Kläger beim Beklagten melden und abklären können und müssen, ob die Maßnahme noch von der Anerkennung vom 21. April 2016 gedeckt ist. Hiervon wird der Kläger auch nicht dadurch entbunden, dass er, wie er im Schreiben vom 5. Dezember 2016 ausführt, irrig davon ausgegangen ist, die C. weise den Beklagten auf den späteren Antritt der Rehabilitationsmaßnahme hin.
2. Der Kläger kann den begehrten Anspruch auch nicht auf § 4 Abs. 2 NBhVO stützen. Nach dieser Vorschrift kommt in dem Fall, dass die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen nach der NBhVO – wie hier durch § 29 Abs. 5 Satz 1 NBhVO – ausgeschlossen ist, die Gewährung von Beihilfe in Betracht, wenn die Ablehnung der Beihilfegewährung im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 45 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Insoweit ist von maßgeblicher Bedeutung, dass dem Verordnungsgeber hinsichtlich der Beihilferegelungen grundsätzlich ein Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, innerhalb dessen er die Voraussetzungen, den Umfang sowie die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge bestimmen kann (BVerwG, Urt. v. 31.1.2002 – 2 C 1.01 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Beschl. v. 1.2.2018 - 5 LA 184/16 -, juris Rn. 15). Im Bereich der Krankenvorsorge verpflichtet die Fürsorgepflicht den für den Dienstherrn handelnden Verordnungsgeber, den Beamten von im Hinblick auf seine Alimentation von unzumutbaren und unabwendbaren Belastungen freizuhalten; die Fürsorgepflicht gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheitsbedingten Kosten. Daher ist der für den Dienstherrn handelnde Verordnungsgeber aus Gründen der Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Beihilfefähigkeit aus triftigen Gründen zu beschränken oder ganz auszuschließen (BVerwG, Urt. v. 2.4.2014 - 5 C 40.12 -, juris Rn. 19 m.w.N.; vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 18.5.2018 - 1 A 1028/17 -, juris Rn. 95). Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 NBhVO erfasst damit die nur seltenen Fälle, in denen sich die Verweigerung der (weiteren) Beihilfeleistung – atypischerweise – aufgrund ganz besonderer Fallumstände als grob fürsorgepflichtwidrig darstellen würde. Insoweit kann eine Beihilfegewährung wegen besonderer medizinischer Umstände oder wegen einer unzumutbaren finanziellen Belastung geboten sein (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.2.2018 - 5 LA 184/16 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 7.8.2013 - 5 LA 95/13 -, juris Rn. 9 ff.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind besondere medizinische Umstände, die es erfordern, dem Kläger die begehrte weitere Beihilfe über die im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen gewährten Höchstgrenzen zu gewähren, weil die Ablehnung der weitergehenden Beihilfe zu einer unzumutbaren Härte im Sinne des § 4 Abs. 2 NBhVO führen würde, nicht gegeben. Die von dem Kläger bezeichneten Gründe rechtfertigen es auch bei Einbeziehung des von ihm dargelegten Krankheitsbildes sowie der sonstigen Umstände nicht, dieses als atypischen medizinischen Sonderfall zu bewerten und es als unzumutbare Härte und Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn anzusehen, dass der Kläger die streitgegenständlichen Aufwendungen nicht erstattet bekommt.
Auch eine besondere Härte wegen einer unzumutbaren finanziellen Belastung des Klägers liegt nicht vor. Eine derartige unzumutbare Härte ist insbesondere anzunehmen, wenn der Beihilfeberechtigte glaubhaft machen kann, dass die Aufwendungen seine finanziellen Möglichkeiten erheblich übersteigen und zu befürchten steht, dass er hierdurch in eine finanzielle Notlage gerät (Topka/Möhle, Kommentar zum Beihilferecht Niedersachsens, 25. Erg.-Lfg. 09/2019, Bd. VI, § 4 NBhVO, S. 4/55). Dies ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Auch aufgrund des Umstandes, dass die C. am 3. November 2016 eine Verlängerung der Rehabilitationsmaßnahme für den Zeitraum vom 15. bis 22. November 2016 per Fax beantragt hat und der Beklagte hierauf mit Schreiben vom 25. November 2016 um weitere Erklärung gebeten sowie die Verlängerung abgelehnt hat, ergibt sich keine Kostentragungspflicht des Beklagten im Hinblick auf den Verlängerungszeitraum der Rehabilitationsmaßnahme um eine Woche. Da aus den dargelegten Gründen die Gewährung einer Beihilfe für die beantragte und ursprünglich bewilligte Rehabilitationsmaßnahme über einen Zeitraum von zunächst drei Wochen ausscheidet, kann auch die Gewährung einer weiteren Beihilfe für den Verlängerungszeitraum von einer Woche nicht gewährt werden. Auf ein behauptetes zu spätes Reagieren der Beklagten kann sich der Kläger, auch unter Fürsorgeaspekten, daher nicht berufen, wenn bereits der ursprünglich geplante Zeitraum der Rehabilitationsmaßnahme nicht beihilfefähig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.