Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.01.2012, Az.: 4 LA 213/10
Zulässigkeit der Zahlung von Rundfunkgebühren für eine Ferienwohnung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.01.2012
- Aktenzeichen
- 4 LA 213/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 10057
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0106.4LA213.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 24.06.2010 - AZ: 3 A 129/08
Rechtsgrundlage
- § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
Fundstelle
- NZM 2012, 772-773
Redaktioneller Leitsatz
Hat der Vermieter/ Vermittler von Ferienwohnungen die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Radio- und Fernsehgeräte in diesen Wohnungen, ist er - und nicht der Eigentümer - zur Zahlung der Rundfunkgebühren verpflichtet. Davon ist auszugehen, wenn nach der vertraglichen Gestaltung die Eigentümer der betreffenden Ferienwohnungen ab dem Zeitpunkt, in dem sie die - komplett eingerichteten - Wohnungen dem Vermieter/ Vermittler zur Verfügung gestellt haben, auch die Verfügungsgewalt über die Wohnungen und die darin befindlichen Ausstattungs- und Einrichtungsgegenstände übergeben haben.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses die gegen den Rundfunkgebührenbescheid des Beklagten vom 3. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2007 gerichtete Klage abgewiesen hat, ist unbegründet, weil die von der Klägerin geltend gemachten Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt worden sind.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Soweit die Klägerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass sie als Vermittlerin der betreffenden Ferienwohnungen die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Radio- und Fernsehgeräte in diesen Wohnungen gehabt habe und deshalb von dem Beklagten zu Recht zur Zahlung der Rundfunkgebühren herangezogen worden sei, anführt, dass nicht sie, sondern der jeweilige Wohnungseigentümer die Rundfunkgeräte "von Anfang an zur Verfügung gestellt" habe, ist dieser Einwand unzutreffend.
Nach dem von der Klägerin mit dem jeweiligen Wohnungseigentümer geschlossenen Vermietungs- und Vermittlungsvertrag ist das Mietobjekt seitens des Vermieters (Eigentümers) in einwandfreiem Zustand gemäß der Einrichtungsbeschreibung des Einrichtungsvertrages komplett eingerichtet nach Fertigstellung und Übergabe zur Vermietung zur Verfügung zu stellen und ist die Einrichtung nach dem einheitlichem Standard der Klägerin vorzunehmen (Nr. 1 des Vertrages). Ferner hat die Klägerin nicht nur für den Abschluss und die Abwicklung der Zeitmietverträge, die Übergabe und Rückgabe des Mietobjektes einschließlich der Geltendmachung etwaiger Schäden und die Preisgestaltung, sondern auch für die Kontrolle der jeweiligen Ferienwohnung zu sorgen (Nr. 3 des Vertrages). Außerdem besichtigt die Klägerin nach dieser Vertragsbestimmung die jeweilige Ferienwohnung "zwecks Prüfung der Notwendigkeit von Ersatzbeschaffung oder Reparatur beschädigter Einrichtungsgegenstände und von Neuanschaffungen, die der Vermittler für die Gewährleistung der Vermietung als notwendig erachtet", bis zu einem Wert von 1.000 DM. Nur in dem Fall, dass "die Neuanschaffung oder Reparatur den Wert von 1.000 DM" übersteigt, ist danach vorher Rücksprache mit dem Vermieter (Eigentümer) zu halten. Außerdem ist eine Eigennutzung des Mietobjektes durch den Vermieter ausgeschlossen (Nr. 6 des Vertrages).
Aus diesen Vertragsbestimmungen ergibt sich, dass (im Unterschied zu dem vom Senat durch Beschluss vom 24.6.2010 - 4 LB 118/10 - entschiedenen Fall) hier die als Vermittlerin für die Vermietung der Ferienwohnungen auftretende Klägerin diejenige gewesen ist, die in dem entscheidungserheblichen Zeitraum die Rundfunkgeräte (Radio- und Fernsehgeräte) in den betreffenden Wohnungen zum Empfang bereit gehalten hat, da sie die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Geräte inne hatte und rechtlich verbindliche Benutzungsregelungen treffen konnte (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom 24.6.2010 - 4 LB 118/10 - m.w.N.), auch wenn die Wohnungen durch die Klägerin im Namen und für Rechnung des jeweiligen Eigentümers vermietet worden sind (Nr. 2 des Vertrages). Denn nach dieser vertraglichen Gestaltung haben die Eigentümer der betreffenden Ferienwohnungen, deren Eigennutzung durch die Eigentümer ausdrücklich ausgeschlossen worden ist, ab dem Zeitpunkt, in dem sie die - komplett eingerichteten - Wohnungen der Klägerin zur Verfügung gestellt haben, die Verfügungsgewalt über die Wohnungen und die darin befindlichen Ausstattungs- und Einrichtungsgegenstände der Klägerin übergeben. Sie haben nämlich der Klägerin nicht nur ihre Wohnungen mitsamt Einrichtung zwecks Vermietung durch die Klägerin überlassen. Die Klägerin sollte die Ferienwohnungen vielmehr auch kontrollieren und sogar Einrichtungsgegenstände (als Ersatz für defekte Einrichtungsgegenstände oder als "für die Gewährleistung der Vermietung" notwendige Neuanschaffung) bis zu einem Wert von 1.000 DM, der zumindest für die Ersatzbeschaffung eines defekten bzw. die Neuanschaffung eines Radiogeräts ausreichend gewesen sein dürfte, ohne Zustimmung des jeweiligen Eigentümers und bei einem Wert mehr als 1.000 DM mit dessen Zustimmung beschaffen können.
Da demnach die Klägerin die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Ausstattungs- und Einrichtungsgegenstände einschließlich der Radio- und Fernsehgeräte der betreffenden Ferienwohnungen inne hatte, kann es dahinstehen, ob die Eigentümer befugt gewesen sind, ihre Wohnungen zu betreten, wie dies die Klägerin behauptet hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Wohnungseigentümer aber jedenfalls nicht befugt gewesen, die Rundfunkgeräte jederzeit aus den Wohnungen zu entfernen, da dies dem Vermietungs- und Vermittlungsvertrag widersprochen hätte, wonach der jeweilige Wohnungseigentümer der Klägerin das Mietobjekt "komplett eingerichtet" zur Vermietung als Ferienwohnung hat überlassen müssen (Nr. 1 des Vertrages).
Die Klägerin hat auch nicht hinreichend dargelegt, dass die Radio- und Fernsehgeräte in den betreffenden Wohnungen nicht zu der jeweils zu überlassenden "kompletten" Wohnungseinrichtung gehört haben. Nach dem Vermietungs- und Vermittlungsvertrag (Nr. 1) sind insofern der einheitliche Standard der Klägerin und die Einrichtungsbeschreibung nach dem "Einrichtungsvertrag" maßgeblich. Einen "Einrichtungsvertrag", aus dem sich ergibt, dass Radio- und Fernsehgeräte nicht zum Einrichtungsumfang gehören, hat die Klägerin nicht vorgelegt. Die von ihr eingereichten Einrichtungslisten sprechen dafür, dass auch Radio- und Fernsehgeräte zu der der Klägerin zu überlassen gewesenen und tatsächlich überlassenen Wohnungseinrichtung gehört haben, da danach auch ein "TV-HiFiSchrank" zum Ausstattungsstandard des Wohnraums gehören sollte.
Schließlich wird die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin die Rundfunkgeräte zum Empfang bereitgehalten hat, weil sie die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese hatte und rechtlich verbindliche Benutzungsregelungen treffen konnte, entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin "nur" 20% der Erlöse aus der Vermietung der Ferienwohnungen als "Provision" erhält.
Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der in den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend wieder gegebenen Rechtsprechung des Senats auch zu Recht festgestellt, dass die Klägerin sich hier nicht auf eine Verjährung der Gebührenforderung des Beklagten berufen kann, da dies eine unzulässige Rechtsausübung darstellt und es insofern nicht darauf ankommt, ob das objektiv pflichtwidrige Unterlassen der Klägerin, die Rundfunkgeräte bei der Beklagten anzumelden, auf einem Verschulden der Klägerin beruht. Es ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht erheblich, dass auch der Beklagte zunächst davon ausgegangen ist, dass die Wohnungseigentümer gebührenpflichtig seien.
Die Berufung kann auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden, da die Klägerin überdurchschnittliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht dargelegt hat und solche auch nicht ersichtlich sind. Soweit die Klägerin anführt, dass obergerichtlich nicht geklärt sei, "ob tatsächlich der alleinige Ausschluss eines Eigentümers vom Eigennutz (Übernachtung/Urlaub) zwangsläufig dazu führt, dass dieser keine Rundfunkgeräte bereit hält", ist diese Frage hier nach dem oben Gesagten nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen sind die im Zusammenhang mit der Vermittlung von Ferienwohnungen auftretenden rundfunkgebührenrechtlichen Fragen in der Rechtsprechung des Senats geklärt (siehe hierzu denSenatsbeschluss von 24.6.2010 - 4 LB 118/10 -). Auch unter diesem Gesichtspunkt ergeben sich daher keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache.