Abschnitt 76 AB NGefAG - Zu § 76
- Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch -
Bibliographie
- Titel
- Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (AB NGefAG)
- Amtliche Abkürzung
- AB NGefAG
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 21011100000060
76.1
Der Schusswaffengebrauch gegen Personen ist die schwer wiegendste Maßnahme des unmittelbaren Zwangs. Die Polizeibeamtin oder der Polizeibeamte hat daher vorher besonders sorgfältig die Rechtmäßigkeit, insbesondere die Verhältnismäßigkeit, der Maßnahme zu prüfen. Bestehen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht Zweifel, ob die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch vorliegen, ist von der Schusswaffe kein Gebrauch zu machen. Für den Schusswaffengebrauch auf Anordnung gilt § 72.
Auch der Schusswaffengebrauch gegen Sachen ist auf das erforderliche Mindestmaß zu beschränken. Ein Schusswaffengebrauch gegen Sachen liegt nicht vor, wenn hierdurch wahrscheinlich Personen verletzt werden. Deshalb darf auf ein fahrendes Kraftfahrzeug nur unter den Voraussetzungen des Schusswaffengebrauchs gegen Personen geschossen werden; es sei denn, die Voraussetzungen des § 76 Abs. 4 Satz 2 liegen vor. Beim Schusswaffengebrauch gegen ein Kraftfahrzeug ist anzustreben, das Fahrzeug fahruntauglich zu machen, weil hierdurch in der Regel der Zweck der Maßnahme, eine weitere Gefährdung anderer zu verhindern oder die Rechtsbrecherin oder den Rechtsbrecher festzunehmen, erreicht werden kann. Daher ist grundsätzlich auf Bereifung, Motor oder Kühler zu zielen. Vom Schusswaffengebrauch ist abzusehen, wenn das Fahrzeug erkennbar explosive oder ähnlich gefährliche Güter befördert oder nach seiner Kennzeichnung zur Beförderung solcher Güter bestimmt ist. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn durch die Weiterfahrt größere Gefahren zu entstehen drohen, als durch den Schusswaffengebrauch.
Der Schusswaffengebrauch gegen Tiere ist zulässig, wenn von ihnen eine Gefahr ausgeht, sie insbesondere Menschen bedrohen, und die Gefahr nicht auf andere Weise beseitigt werden kann. Verletzte oder kranke Tiere dürfen nur getötet werden, wenn zu befürchten ist, dass sie sonst unter Schmerzen oder Leiden qualvoll verenden würden oder wenn sie erkennbar unter unerträglichen Schmerzen leiden und keine sachkundige Person kurzfristig helfen kann.
76.2
Um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen, ist, wenn die Umstände es zulassen, auf die Arme oder die Beine zu zielen.
Der Schusswaffengebrauch darf ausschließlich die Angriffs- oder Fluchtunfähigkeit zum Ziel haben. Dies umfasst in letzter Konsequenz auch die gezielte Tötung einer Person, wenn anders ein Angriff, der den Tod oder eine schwer wiegende Körperverletzung zur Folge haben würde, nicht sicher abgewehrt werden kann.
76.3
Bestehen Zweifel, ob eine Person noch im Kindesalter ist, so ist davon auszugehen,
dass es sich um ein Kind handelt.
76.4
Unbeteiligte i. S. dieser Vorschrift sind Personen, die an der Tat, gegen die sich die polizeiliche Maßnahme richtet, nicht mitwirken. Eine Mitwirkung kann auch darin liegen, dass die Tat durch Worte oder durch schlüssige Handlungen gebilligt oder unterstützt wird. Geiseln sind Unbeteiligte.
An belebten und unübersichtlichen Orten oder bei schlechten Sichtverhältnissen muss mit besonderer Sorgfalt geprüft werden, ob Unbeteiligte gefährdet werden.