Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.02.2012, Az.: 7 LC 83/10

Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde als sachlich zuständige Trägerin für ein Straßenneubauvorhaben

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.02.2012
Aktenzeichen
7 LC 83/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 13119
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0222.7LC83.10.0A

Fundstellen

  • DVBl 2012, 651
  • FStNds 2012, 717-720
  • NdsVBl 2012, 212-216

Amtlicher Leitsatz

Die Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde kann grundsätzlich nur dann die sachlich zuständige Trägerin für ein Straßenneubauvorhaben sein, wenn die geplante Straße als Ortsstraße oder als "andere Straße im Außenbereich" im Sinne des § 47 Nr. 3 NStrG einzuordnen ist.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss (PFB) des Beklagten für ein Vorhaben der Beigeladenen zu 2, das im Neubau einer als "kommunale Entlastungsstraße" bezeichneten Ortsumgehungsstraße besteht, die nördlich von Grasleben verlaufen und die Landesstraße L 651 mit den Kreisstraßen K 56 und K 50 verknüpfen soll.

2

Die gegenwärtige verkehrliche Anbindung Graslebens stellt sich folgendermaßen dar: Von der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesstraße (B) 244, die in etwa drei Kilometern Entfernung westlich an Grasleben vorbeiführt, führen aus zunächst nordwestlicher, später nördlicher Richtung die Kreisstraße (K) 56, aus westlicher Richtung die K 50 und aus zunächst südwestlicher, später südlicher Richtung die Landesstraße (L) 651 in die Ortsmitte von Grasleben. Dabei durchquert die L 651 diesen Ort gleichsam diagonal, bevor sie in nordöstlicher Richtung weiter verläuft und sodann den knapp drei Kilometer entfernten, bereits in Sachsen-Anhalt gelegenen Nachbarort Weferlingen erreicht. Von dort führen mehrere Landesstraßen u. a. nach Calvörde und Haldensleben, wobei in diesem Ort der Anschluss an die B 71 bzw. B 245 hergestellt wird. Die westlich von Grasleben verlaufende B 244 führt an den zur Beigeladenen zu 1 gehörenden Orten Mariental-Horst und Mariental entlang, bevor sie im weiteren Verlauf nach Süden - in einer Entfernung von ca. 10 Kilometern zur Ortschaft Grasleben - über die Anschlussstelle Helmstedt-West die Zufahrt auf die Bundesautobahn (BAB) 2 ermöglicht. In nördlicher Richtung führt die B 244 zunächst in den Raum Wolfsburg/Oebisfelde, wobei sie die zunächst nach Gardelegen und dann weiter nach Stendal führende B 188 kreuzt.

3

Der Anschluss der geplanten Entlastungsstraße soll unmittelbar am östlichen Ortsrand von Grasleben direkt an die L 651, im Norden - per Kreisverkehr - an die K 56 und im Westen zunächst an die K 50 erfolgen, wobei diese knapp zwei Kilometer weiter westlich die B 244 kreuzt (vgl. die Übersichtskarte - Blatt 126 der Beiakte - BA - E zu 7 LC 85/10).

4

Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer von Wohngrundstücken am westlichen Ortsrand von Grasleben südlich der geplanten Straße. Die jeweils nordwestlichen Hausecken sind etwa 84 m (Kläger zu 1 = Einwender Nr. 77), 106 m (Kläger zu 2 = Einwender Nr. 69) und 71 m (Kläger zu 3 = Einwender Nr. 38) von der Fahrbahn der geplanten Entlastungsstraße entfernt, die an dieser Stelle in einer leichten Dammlage verläuft (vgl. Bl. 306 der Gerichtsakte - GA - sowie Bl. 107 BA - E zu 7 LC 85/10). Ein Außenwohnbereich des Klägers zu 1 liegt etwa 73 m von der Straße entfernt. Durch den Anschluss der Entlastungsstraße würde sich die Lage der Kreisstraße K 50 (Rottorfer Straße) auf Höhe des Hauses des Klägers zu 3 um etwa 37 m nach Norden verschieben; die alte Fahrbahn soll entsiegelt und rekultiviert werden.

5

Unter dem 20. Mai 2005 (Bl. 6 BA A zu 7 LC 85/10) beantragte die Beigeladene zu 2 bei dem Beklagten die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für den Bau der Entlastungsstraße. Dieses Vorhaben war zwar von ihr geplant worden. Die Beigeladene zu 1 hatte hierbei aber die Verwaltungsgeschäfte erledigt, da die Beigeladene zu 2 über kein eigenes Verwaltungspersonal verfügt. Insofern war auch die Beigeladene zu 1 in die Planungen eingebunden und an diesen beteiligt.

6

Das Planfeststellungsverfahren wurde am 11. Juli 2005 eingeleitet. Die Pläne lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung während des gesamten Monats August 2005 im Gebäude der Samtgemeindeverwaltung Grasleben öffentlich aus. Hierauf und darauf, dass Einwendungen bis zum 15. September 2005 erhoben werden könnten, war am 22. Juli 2005 durch ortsübliche Bekanntmachung hingewiesen worden. Aufgrund von Einwendungen wurde der Plan geändert und am 22. Dezember 2006 eine ergänzende Anhörung der Betroffenen vorgenommen. Am 23. Mai 2007 wurden die Argumente der öffentlichen Einwender, am 24. Mai 2007 diejenigen der privaten Einwender erörtert. Infolge dieser Erörterungen wurden eine weitere Planänderung und am 4. Juli 2008 eine sie ergänzende Anhörung durchgeführt (vgl. PFB, Seite 17, unter B.2.3, - Bl. 20 GA)

7

In ihren eigenen gleichlautenden Einwendungen vom September bzw. August 2005 (Bl. 394 ff., 354 ff. bzw. 185 ff. - BA i zu 7 LC 85/10), die dem Beklagten am 13. September 2005 vorlagen, wandten sich die Kläger u. a. gegen die Variantenauswahl der Trassenführung und gegen die Annahmen der schalltechnischen Untersuchung.

8

Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 27. Oktober 2008 stellte der Beklagte den Plan für den "Neubau der kommunalen Entlastungsstraße Grasleben" fest und ordnete die sofortige Vollziehung an. Die Einwendungen der Kläger gegen das Vorhaben wies er zurück (PFB, Seite 66, unter D.2.15, - Bl. 69 ff. GA). Zur Begründung führte er u. a. aus, die Gemeinde Grasleben habe sich als Vorhabensträgerin für eine Variante im Rahmen der Antragstellung entscheiden müssen, da Gegenstand eines Planfeststellungsverfahrens nur eine konkret im Detail durchgeplante und auch räumlich festgelegte Planung sein könne. Der Planfeststellungsbehörde obliege nicht die Variantenauswahl, sondern lediglich die Überprüfung der beantragten Variante. Die Gründe für die Wahl der Vorzugsvariante seien nachvollziehbar.

9

Zu den festgestellten Planunterlagen (PFB, Seite 3, unter A.I.2.1, - Bl. 6 GA) gehörten der Erläuterungsbericht vom Mai 2008 (Bl. 52 ff. BA E zu 7 LC 85/10), der gleichzeitig der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses dient (PFB, Seite 16, unter B.2.1, - Bl. 19 GA), sowie das Verkehrsgutachten "Kommunale Entlastungsstraße Grasleben" vom Januar 2008 des Ingenieurbüros G. (Bl. 76 ff. BA E zu 7 LC 85/10), das eine Aktualisierung der Verkehrsdaten einer erstmals im Januar 1997 erstellten "Verkehrsuntersuchung zur Entlastung des Ortes Grasleben" (BA K zu 7 LC 85/10) enthält.

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Nachdem ihnen oder ihren Ehefrauen am 28. (Kläger zu 1 - Bl. 588 BA B zu 7 LC 85/10), 29. (Kläger zu 2 - Bl. 584 BA B zu 7 LC 85/10) bzw. 30. Oktober 2008 (Kläger zu 3 - Bl. 564 BA B zu 7 LC 85/10) der Planfeststellungsbeschluss gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden war, haben die Kläger am 28. November 2008 Klage erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

11

Mit Beschluss vom 8. Mai 2009 - 6 B 335/08 - hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen wieder hergestellt. Auf die Beschwerde des Beklagten hat der Senat diese Entscheidung mit Beschluss vom 29. September 2009 - 7 ME 65/09 - geändert und den Antrag der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

12

Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger ihre Einwendungen aus dem Planfeststellungsverfahren wiederholt und vertieft. Sie haben u. a. angeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig in ihr Eigentum und ihre Gesundheit eingreife, ihre privaten Belange nicht hinreichend beachtet seien und die zunächst in Aussicht genommene Variante 2a der Trassenführung, die mehr Abstand zu ihren Grundstücken halte, vorzugswürdig sei. Sie haben sich außerdem die im Eilverfahren vertretene Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu eigen gemacht, dass der Planfeststellungsbeschluss formell rechtswidrig sei. Die planfestgestellte Straße sei keine Gemeindestraße, sondern nach der Qualität des die Straße voraussichtlich nutzenden Verkehrs und ihrer Funktion im Verkehrsnetz als Landesstraße zu bewerten. Für die Planfeststellung einer Landesstraße sei die Beigeladene zu 2 nicht antragsbefugt. Eine Bestätigung finde dieser Standpunkt in der Stellungnahme, die der Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 NROG zu dem Entwurf 2007 des regionalen Raumordnungsprogramms für den Großraum Braunschweig abgegeben habe. Denn dort weise er nicht nur darauf hin, dass sich die hier umstrittene Entlastungsstraße, die die Ortslage von Grasleben nördlich umgehen und damit vom Durchgangsverkehr entlasten solle, in Planung befinde. Sondern er führe zudem aus, dass erst diese Umgehungsstraßestraße die "Hauptverkehrsstraße von regionaler Bedeutung" mit Vorbehaltsrang, die eine Querverbindung von der Anschlussstelle Rennau an der A 2 nach Grasleben mit seinen verkehrsintensiven Gewerbebetrieben und in das benachbarte Sachsen-Anhalt vorbereiten solle, sinnvoll und funktionsfähig mache. Damit stehe fest, dass die Umgehungsstraße von deutlich überörtlicher Funktion sei.

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Die Kläger haben beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 27. Oktober 2008 aufzuheben.

14

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Zur Entgegnung hat er auf seine angegriffene Entscheidung verwiesen und u. a. ergänzend ausgeführt: Alle Planungsvarianten seien im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) geprüft und abgewogen worden, um die konfliktärmste Variante zu bestimmen. Zudem sei unstreitig bereits während des Planfeststellungsverfahrens eine Umtrassierung des westlichen Abschnitts vorgenommen worden, um den Belangen privater Einwender Rechnung zu tragen. Dadurch seien auch die Kläger begünstigt worden. Der Fernverkehr betrage nicht einmal 5% des Verkehrsaufkommens. An der Einstufung der planfestgestellten Straße als Gemeindestraße halte er fest.

16

Die Beigeladenen zu 1 und 2 haben keinen Antrag gestellt; inhaltlich hat sich die Beigeladene zu 2 den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.

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Durch das angefochtene Urteil vom 10. Juni 2010 hat das Verwaltungsgericht den Planfeststellungsbeschluss vom 27. Oktober 2008 aufgehoben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

18

Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Die Planfeststellung sei von der Beigeladenen zu 2 als objektiv nicht zuständiger Vorhabensträgerin beantragt worden. Die Beigeladene zu 2 sei nach § 48 Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 NStrG lediglich für den Bau von Gemeindestraßen im Sinne der Aufzählung in § 47 NStrG zuständig. Bei der planfestgestellten Entlastungsstraße handele es sich um keine Gemeindestraße. Der Beklagte habe daher zu Unrecht die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2 als Vorhabensträgerin angenommen. Damit sei das Verfahren, das zu dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geführt habe, fehlerhaft. Maßgeblich für die Klassifizierung einer Straße als Gemeinde-, Kreis- oder Landesstraße sei gemäß § 3 Abs. 1 NStrG ihre (objektive) Verkehrsbedeutung. Für Gemeindestraßen sei nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG charakteristisch, dass sie überwiegend dem Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden dienten oder zu dienen bestimmt seien. Das Gesetz knüpfe mit dem Begriff "dienen" in erster Linie an die von einer Straße tatsächlich vermittelten räumlichen Verkehrsbeziehungen an. Es komme darauf an, welchen Charakter der Verkehr aufweise, der eine neu zu bauenden Straße bei prognostischer Betrachtung nutzen werde. Daneben sei auch die Zweckbestimmung der Straße nach funktionalen Zielsetzungen maßgeblich. Insofern komme es auf die Funktion der Straße im Verkehrsnetz an. Für die Einstufung maßgeblich seien stets objektive Kriterien. Die subjektive Zielsetzung der planenden Behörde sei nur dann entscheidend, wenn sie im Einklang mit den objektiv vorliegenden Gegebenheiten stehe.

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Gemessen an diesen Voraussetzungen sei die planfestgestellte Entlastungsstraße nicht als Gemeindestraße im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 und des § 47 NStrG zu qualifizieren. Dies ergebe sich sowohl aus der Qualität des sie voraussichtlich nutzenden Verkehrs als auch aus ihrer Funktion im Verkehrsnetz. Bei dem Verkehr, der die geplante Straße bei prognostischer Betrachtung nutzen werde, werde es sich überwiegend um Durchgangs- und nur zu einem deutlich geringeren Anteil um Zielverkehr handeln. Dies ergebe sich aus den durchgeführten Querschnittszählungen für die L 651 und einer darauf beruhenden sowie die Entlastungsfunktion der geplanten Straße berücksichtigenden Prognose zur Qualität des sie nutzenden Verkehrs. Addiere man die bei den Querschnittszählungen ermittelten Zahlen für den Verkehr in beiden Richtungen der L 651 im Bereich der Ortsdurchfahrt Grasleben, so ergebe sich ein Anteil des Durchgangsverkehrs von nahezu 59% (Durchgangsverkehr: insgesamt 3.541 Kfz; Zielverkehr: insgesamt 2.491 Kfz; Anteil des Durchgangsverkehrs: 58,7%). Die geplante Straße solle die Ortslage primär vom Durchgangsverkehr entlasten und werde diese Entlastungsfunktion nach den Resultaten der vorliegenden Verkehrsuntersuchungen aller Voraussicht nach erfüllen. Selbst wenn auch Teile des Zielverkehrs auf sie verlagert würden, wäre nicht damit zu rechnen, dass sich der Anteil des Durchgangsverkehrs an dem sie nutzenden Verkehr erheblich verringerte. Unabhängig davon sei schon wegen der Gewerbestruktur der Gemeinde Grasleben, der Lage wichtiger Zielpunkte im Zentrum der Gemeinde und der Lage der wichtigsten Arbeitgeber im Gemeindegebiet nicht ersichtlich, dass die Entlastungsstraße einen mehr als geringen Teil des Ziel- und Quellverkehrs aufnehmen werde. Auch für Arbeitnehmer aus Grasleben, die im VW-Werk in Wolfsburg arbeiteten und für die Anfahrt bislang die K 56 und die K 50 genutzt hätten, würde die Nutzung der Entlastungsstraße voraussichtlich keinen Vorteil bringen.

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Da für die geplante Straße ein deutlich überwiegender Anteil des Durchgangsverkehrs zu erwarten sei, lasse sie sich nicht mehr als Gemeindestraße qualifizieren. Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG sei eine Straße nur dann als Gemeindestraße anzusehen, wenn der innergemeindliche und/oder nachbarschaftliche Verkehr den darüber hinausgehenden Verkehr überwiege. Der das Gemeindegebiet querende Durchgangsverkehr sei kein Verkehr zwischen benachbarten Gemeinden im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG. Denn sonst ließe sich von ihm der "überörtliche Verkehr innerhalb eines Landkreises", der nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 NStrG ein Grund für die Einstufung der Straße als Kreisstraße sei, nicht hinreichend abgrenzen. Diese Klassifizierung des Durchgangsverkehrs decke sich mit der Verwendung des Begriffs "Durchgangsverkehr" in § 3 Abs. 1 Nr. 1 NStrG. Nur sie sei auch mit dem Zweck der Regelungen in § 3 Abs. 1 NStrG vereinbar, der darin bestehe, zusammen mit den Vorschriften über die Straßenbaulast sicherzustellen, dass Bau und Unterhaltung von Straßen in den Händen eines entsprechend dem Verkehrsaufkommen leistungsfähigen Trägers liege.

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Die von dem Beklagten in Bezug genommenen Zahlenwerte, die in den Verkehrsgutachten zur Länge der das Planungsgebiet berührenden Fahrten und zu deren jeweiligem Anteil am Verkehrsaufkommen festgestellt worden seien, stünden der Klassifizierung der geplanten Straße als Landes- oder Kreisstraße nicht entgegen. Denn die Qualifizierung einer Straße als Gemeindestraße hänge nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG nicht von der Länge der Fahrten ab, für die der Verkehrsweg genutzt werde. Darüber hinaus sei der auf der Entlastungsstraße zu erwartende Verkehr nicht überwiegend als Verkehr "zwischen benachbarten Gemeinden" im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG anzusehen, weil es sich bei dem zu verlagernden Durchgangsverkehr um länderübergreifenden Verkehr handeln werde. Der Landesgesetzgeber habe die Straßenbaulast für Gemeindestraßen den Gemeinden übertragen, weil die Aufgabe jedenfalls keine wesentlichen überörtlichen Interessen berühre und als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft (§ 4 Abs. 1 NGO, Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) von dieser selbst bewältigt werden könne. Diene eine Straße überwiegend einem die Landesgrenzen überschreitenden Verkehr, seien hingegen ganz wesentlich überörtliche Interessen berührt und der Verkehr habe regelmäßig eine Dimension, die befürchten lasse, dass die Gemeinde die Straßenbaulast nicht ausreichend werde erfüllen können.

22

Auch nach ihrer Funktion im Verkehrsnetz sei die planfestgestellte Straße nicht als Gemeindestraße anzusehen. Nach den Planungen solle ihr eine über den Verkehr innerhalb der Gemeinde und zwischen benachbarten Gemeinden hinausgehende Funktion im Verkehrsnetz zukommen. Dafür spreche schon, dass sie primär den Durchgangsverkehr aufnehmen solle und eine Straße, die dazu überwiegend diene, nicht als Gemeindestraße qualifiziert werden könne. Sie habe außerdem eine Verbindungs- und Zubringerfunktion für das übergeordnete Straßennetz und sei nach ihrer Lage vollständig in das Netz überörtlicher Verkehrsbeziehungen eingebettet. Denn sie liege im Verlauf einer durch die L 651 selbst gebildeten Achse zwischen dem sachsen-anhaltinischen Raum Weferlingen/Calvörde/Haldensleben im Osten und der B 244 im Westen, welcher ihrerseits eine Achsenfunktion zwischen dem Raum Wolfsburg/Oebisfelde im Norden und der Stadt Helmstedt im Süden, vor allem aber auch mit der dortigen Anschlussstelle Rennau der BAB 2 zukomme. Die Netzfunktion verlange nicht eine (durchgängig) unmittelbare Anknüpfung von/an Landes- und/oder Bundesstraßen. Entscheidend sei, dass der Verkehr objektiv-tatsächlich die sogenannte Entlastungsstraße nutzen solle und werde. Genau davon gehe schon der Planfeststellungsbeschluss selbst - in seiner Planrechtfertigung wie auch in seiner Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung - ausdrücklich aus. Dass die Verbindung zwischen der geplanten Entlastungsstraße und der B 244 über ein etwa 1,5 km langes Teilstück der K 50 erfolgen solle, reiche bei Anlegung eines objektiven Maßstabes nicht hin, um die beschriebene Netzfunktion in Frage zu stellen.

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Ausführungen im Erläuterungsbericht der Beigeladenen zu 2 bestätigten die Wertung, dass die geplante Straße überwiegend dazu diene, den Durchgangsverkehr aufzunehmen und diesen dem überörtlichen Verkehrsnetz von Kreis-, Landes- und Bundesstraßen zuzuführen. Denn dort werde die kommunale Entlastungsstraße der Straßenkategorie A II (überregionale/regionale Straße) nach RAS-N zugeordnet und in den raumordnerischen Entwicklungszielen ihre Verbindungsfunktion hervorgehoben. Auch die Stellungnahme des Beklagten zum Regionalen Raumordnungsprogramm für den Großraum Braunschweig - Entwurf 2007 - spreche dafür, dass der geplanten Straße eine überörtliche Funktion zukommen solle.

24

Demgegenüber trete die vom Beklagten hervorgehobene Erschließungsfunktion der geplanten Straße in den Hintergrund, weil sich diese schon aufgrund ihrer Trassenführung nur auf geringe Bereiche am nordwestlichen Ortsrand der Beigeladenen zu 2 beziehe und daher eine großräumige Ortsumgehung von mehr als drei Kilometern Länge nicht rechtfertigen könnte. Zudem solle nach den erklärten Zielsetzungen die bisherige innerörtliche Trasse der L 651 nach einer Realisierung des Vorhabens primär den innerörtlichen Verkehr aufnehmen, d. h. insoweit eine primäre Funktion als Erschließungsstraße beibehalten.

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Die fehlerhafte Klassifizierung der geplanten Straße führe zur Unzuständigkeit der Beigeladenen zu 2 als Vorhabensträgerin, damit zur formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses und verletze die Kläger in ihren Rechten. Die richtige Klassifizierung der Straße gehöre zu den zwingenden rechtlichen Rahmenbedingungen der Planung und des Baus einer Straße, deren Einhaltung die Kläger als benachbarte Betroffene verlangen könnten. Dabei könne die Kammer offenlassen, ob es sich bei der geplanten Entlastungsstraße um eine Landes- oder Kreisstraße handele.

26

Die im Eilverfahren vertretene Auffassung des Oberverwaltungsgerichts zur Klassifizierung der geplanten Straße überzeuge nicht.

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Soweit in der Beschwerdeentscheidung ausgeführt werde, der Anteil des Zielverkehrs von 46% solle auf der geplanten Straße "kammartig" direkt in die Zielgebiete Graslebens geführt werden, genüge dies nicht, um die Entlastungsstraße als Gemeindestraße zu qualifizieren. Selbst wenn der Zielverkehr in vollem Umfang umgeleitet würde, hätte er auf der Entlastungsstraße einen geringeren Anteil an dem Verkehrsaufkommen als der Durchgangsverkehr. Im Fall überwiegenden Durchgangsverkehrs seien die Voraussetzungen für eine Klassifizierung als Gemeindestraße jedoch nicht erfüllt. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass die Entlastungsstraße den gesamten Ziel- und Quellverkehr aufnehmen werde, und solle ihr nach den Planungen nicht die Funktion zukommen, den Zielverkehr aufzunehmen, sondern den Durchgangsverkehr um den Ortskern herumzuführen.

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Selbst wenn sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Oktober 1999 - BVerwG 4 B 53.99 - herleiten ließe, dass es der geplanten Entlastungsstraße an dem für eine Landesstraße erforderlichen Netzzusammenhang fehlte, würde sich an der formellen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nichts ändern. Denn dann wäre die geplante Straße als Kreisstraße einzustufen, für die ebenfalls nicht die Gemeinde die Straßenbaulast trage. Unabhängig davon lasse sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht herleiten, dass hier der Netzzusammenhang fehle. Im vorliegenden Fall stelle sich die Frage, ob dieser Zusammenhang nur dann bestehe, wenn die geplante Straße an beiden Enden an Landes- oder Bundesstraßen anknüpfe. Dazu äußere sich die zitierte Entscheidung nicht. Das Bundesverwaltungsgericht habe allerdings in anderen Entscheidungen festgestellt, dass es nach dem den landesrechtlichen Regelungen entsprechenden § 1 Abs. 1 FStrG für Bundesfernstraßen genüge, wenn die Straße nur einseitig an das Verkehrsnetz angebunden sei. Entscheidend sei das Interesse an einer überregionalen Verkehrserschließung. Das gelte auch hier.

29

Auch wenn die beidseitige Anknüpfung für den Netzzusammenhang erforderlich wäre, stünde dies der Klassifizierung der geplanten Umgehungsstraße als Landesstraße nicht entgegen. Ob der erforderliche Netzzusammenhang gegeben sei, sei maßgeblich nach dem aufgrund der vorliegenden Planungen konkret abzusehenden baulichen Endzustand der Straße zu beurteilen. Wenn die Entlastungsstraße nach Funktion und zu erwartendem Verkehrsaufkommen als Landesstraße anzusehen wäre, würde das fragliche ca. 1,5 km lange Straßenstück der K 50, das nach den Planungen in die Ortsumgehung einbezogen sei, nach Fertigstellung der Umgehungsstraße seiner Verkehrsbedeutung nach voraussichtlich als Landesstraße zu qualifizieren und entsprechend aufzustufen sein.

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Mit der Rüge der Unzuständigkeit der Beigeladenen zu 2 seien die Kläger nicht gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG präkludiert. Bei der fehlerhaften Klassifizierung einer Straße und der daraus folgenden Unzuständigkeit des Vorhabensträgers handele es sich nicht um eine gesondert zu kennzeichnende Einwendung im Sinne des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG.

31

Der Aufhebungsanspruch der Kläger werde nicht durch eine möglicherweise anderweitig begründbare Zuständigkeit des beklagten Landkreises ausgeschlossen. Auf den hier gegebenen Fall der sachlichen Unzuständigkeit des Vorhabensträgers sei § 46 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG nicht anwendbar. Denn diese Vorschrift - in ihrer 3. Alt. - gelte allein für die fehlende örtliche Zuständigkeit. Zudem entspreche es allgemeiner Ansicht, dass bei Planungsentscheidungen wegen des ihnen immanenten Entscheidungsspielraums die von § 46 VwVfG vorausgesetzte Alternativlosigkeit der Sachentscheidung in der Regel nicht gegeben sei.

32

Ein Ausschluss des Aufhebungsanspruchs folge hier auch nicht aus dem Grundsatz, dass kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung eines Verwaltungsaktes bestehe, wenn dieselbe Behörde alsbald eine inhaltsgleiche Verfügung neu erlassen müsste. Vorschriften über das Verwaltungsverfahren, zu denen im weiteren Sinne auch Zuständigkeitsregelungen zählten, seien zwar nicht um ihrer selbst Willen drittschützend, sondern nur im Hinblick auf eine ihnen zugrunde liegende materiellrechtliche Rechtsposition des Betroffenen. Erforderlich sei daher, dass nicht nur die abstrakte, sondern die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die Planungsentscheidung ohne den Verfahrensfehler anders, d. h. für die Kläger günstiger ausgefallen wäre. Diese Feststellung lasse sich im vorliegenden Fall treffen. Schon aufgrund des Zeitablaufs sei nicht ansatzweise absehbar, ob der Beklagte als auch für Landes- und Kreisstraßen zuständige Planfeststellungsbehörde einen inhaltsgleichen Planfeststellungsbeschluss erneut erlassen oder aber bestimmte Belange anders gewichten und/oder möglicherweise veränderten Umständen Rechnung tragen würde. Zudem unterscheide sich der gesetzliche Rahmen für den Bau anderer Straßen von den für eine Gemeindestraße geltenden Vorschriften in entscheidenden Punkten.

33

Schließlich scheitere die Aufhebung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses nicht an § 75 Abs. 1a VwVfG. Denn dessen (unmittelbare oder auch nur ergänzende) Anwendung sei zur Behebung eines Mangels der Zuständigkeit ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber anlässlich der Einfügung der Vorschrift in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht habe, dass er auf eine Regelung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, zu denen auch Zuständigkeitsregelungen gehörten, verzichte, da dafür im Hinblick auf die §§ 45 und 46 VwVfG kein Bedarf bestehe.

34

Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 13. August 2010 hat der Beklagte am 3. September 2010 die von dem Verwaltungsgericht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO i. V. m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassene Berufung eingelegt und diese am 13. Oktober 2010 begründet, ohne in seiner Berufungsbegründungsschrift einen ausdrücklichen Antrag zu formulieren.

35

Sein Rechtsmittel begründet der Beklagte im Wesentlichen wie folgt: Das Fehlen eines förmlichen Antrags in der Begründungsschrift stehe der Zulässigkeit seiner Berufung nicht entgegen. Paragraf 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlange nicht, dass die Berufungsbegründung notwendig einen förmlichen Antrag enthalte. Ausreichend sei vielmehr, dass die innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Schriftsätze ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig zu erkennen gäben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden solle. Der Satz, "Das hierzu ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 09. 08. 2010 erfolgte zu Unrecht und ist somit aufzuheben.", unter II. seiner Berufungsbegründungsschrift beschreibe zweifelsfrei und hinreichend, wogegen er sich wende, nämlich vollinhaltlich und ohne Einschränkung gegen die Entscheidung erster Instanz.

36

Seine Berufung sei auch begründet. Schon aus dem Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 NStrG ergebe sich, dass die geplante Straße keine Landesstraße sein könne. Hiernach müsse eine Landesstraße innerhalb des Landesgebietes mit anderen Landesstraßen untereinander oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden. Fehle es daran, komme es darauf, welchem Verkehr die Straße diene oder zu dienen bestimmt sei, nicht mehr an. Ihrer Aufgabe, Räume verkehrlich miteinander zu verbinden, die über den gemeinde-nachbarlichen Bereich hinausreichten, könnten Landesstraßen nur gerecht werden, wenn der unabdingbare Netzzusammenhang nicht unterbrochen werde. Ein lediglich einseitiger Anschluss sei mit dem Erfordernis des Netzzusammenhangs nur am "äußeren Rand" des Netzes vereinbar, d. h. wenn eine Straße an der Staatsgrenze des Bundesgebietes oder aus topografischen Gründen, z. B. an der Meeresküste, ende. Der für Landesstraßen erforderliche Netzzusammenhang sei daher im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil die geplante Straße (lediglich) die L 651 und die K 50 miteinander verbinde und (erst) die Fortsetzung der K 50 später an die B 244 anschließe.

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Der Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass nach Errichtung der Entlastungsstraße bestehende Straßen auf- bzw. abgestuft werden müssten, könne nicht gefolgt werden. Zum einen sei eine Umstufung nicht vorgesehen, zum anderen wäre dies nicht Gegenstand der Überlegungen, da hinsichtlich der Funktion der Straße im Verkehrsnetz die subjektive Zielsetzung der Behörde entscheidend sei. Die Einschätzung, dass die geplante Straße überwiegend dem Verkehr innerhalb der Gemeinde oder im Nahbereich zwischen benachbarten Gemeinden diene oder zu dienen bestimmt sein werde, entspreche seiner, des Beklagten, Überzeugung. Seine Ausführungen zum Entwurf des regionalen Raumordnungsprogramms seien lediglich so zu interpretieren, dass ein Hinweis auf die Planung der streitigen Entlastungsstraße gegeben worden sei, weil diese im Entwurf des Raumordnungsprogramms nicht berücksichtigt gewesen sei und ansonsten die Darstellung eines Vorbehaltsgebiets für eine Querverbindung der L 294 zur L 297 keinen Sinn gehabt hätte. Die Neuplanung dieser Querverbindung sei jedoch in einem mittelfristigen Zeitraum von 15 Jahren aufgrund der Haushaltssituation im Landesstraßenbau eher ausgeschlossen und daher für die Bestimmung der Verkehrsfunktion der geplanten Entlastungsstraße nicht maßgeblich.

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Das Verwaltungsgericht spreche von einer voraussichtlichen Belastung, die eine Umstufung auslösen könne. Bei der Straßenplanung habe jedoch von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgegangen werden müssen. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass sich durch die neue Entlastungsstraße keine Veränderung an der Straßenführung und an der Rechtsstruktur der L 651 ergeben werde. Diese werde weiterhin sowohl den gesamten überörtlichen Verkehr in der Ost-Süd-Relation (Sachsen-Anhalt - Helmstedt und Gegenrichtung) als auch Verkehre in der Ost-West/West-Ost Relation aufnehmen. Selbst der Verkehr zur BAB 2 würde wie bisher über die L 651 zur Anschlussstelle Helmstedt-West der Bundesautobahn führen. Die gewerblichen Betriebe würden nach wie vor über die auch weiterhin bestehende L 651 erreicht werden.

39

Der Verkehr, der von der neuen Entlastungsstraße aufgenommen werden werde, stelle zudem keinen überörtlichen Verkehr dar, der es rechtfertigen würde, über den Rechtscharakter einer Landesstraße nachzudenken. Für die Frage der straßenplanungsrechtlichen Zuordnung komme es entscheidend auf die überwiegend bestehenden tatsächlichen Verkehrsbeziehungen an. Anhand der Verkehrsuntersuchung des Planungsbüros Hinz von 1997, die im Jahre 2008 noch einmal aktualisiert worden sei und den Untersuchungsraum in einen Nahbereich von bis ca. 10 km um Grasleben, einen Mittelbereich (bis ca. 30 km) und einen Fernbereich unterteile, sei Folgendes festzustellen: Rund 44% aller Fahrten begönnen und endeten im Nahbereich, rund 88% aller Fahrten begönnen oder endeten im Nahbereich, rund 8,5% aller Fahrten fänden ausschließlich im Mittelbereich statt und nur 3,5% aller Fahrten fänden in der Verkehrsrelation Mittel-Fern-Fern statt. Der Zielverkehr nach Grasleben stamme überwiegend aus dem Nahbereich (rd. 75%). Zu den Nachbarräumen zählten die Stadt Helmstedt, die Gemeinde Weferlingen in Sachsen-Anhalt sowie Teile der Samtgemeinde Velpke. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass das Verwaltungsgericht Braunschweig den Verkehr zur und von der in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Beigeladenen zu 2 gelegenen Gemeinde Weferlingen deshalb als überörtlichen Verkehr deklariere, da die Gemeinde in Sachsen-Anhalt und nicht in Niedersachsen liege. Hilfsweise sei noch darauf zu verweisen, dass bei einer Mischung des Verkehrs mit unterschiedlicher Reichweite der Begriff "überwiegend" relativ zu verstehen sei, sodass der auf den (für die Einstufung der Straße) maßgeblichen Verkehr entfallende Anteil des Gesamtverkehrs einer Straße höher sein müsse als der Anteil jeder Art der übrigen Verkehrsvorgänge. Danach sei der prognostizierte Anteil der überörtlichen Fahrten, die eine Einstufung der neuen Straße als Landesstraße rechtfertigen würden, vernachlässigbar gering.

40

Selbst wenn man die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Ermittlung der Bedeutung einer Straße zugrunde legte, ergäbe sich keine andere Einschätzung. Insoweit verweise er, der Beklagte, u. a. auf den im hiesigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 29. September 2009 - 7 ME 65/09 -. Nach ständiger Rechtsprechung komme es auf die Funktion der Straße im Verkehrsnetz an, die zunächst nach objektiven Kriterien zu beurteilen sei. Die subjektive Zielsetzung einer Gemeinde sei jedoch entscheidend, wenn sie im Einklang mit den objektiv vorliegenden Gegebenheiten stehe. Als Gemeindestraßen seien auch Straßen im Außenbereich der Gemeinde einzuordnen, die die Zweckbestimmung hätten, den nachbarlichen Verkehr zwischen Gemeinden oder Ortsteilen zu vermitteln (Verbindungsfunktion) oder den Verkehr der Gemeinden oder Ortsteile mit anderen öffentlichen Verkehrswegen zu vermitteln (Anschlussfunktion). Insbesondere diese Anschlussfunktion, nämlich an die K 50 und die K 56, erfülle die geplante Entlastungsstraße.

41

Die planende Behörde brauche im Rahmen der Planung nicht abschließend zu prüfen, wie die geplante Straße später einzustufen sei, wenn sie zutreffende Annahmen über die voraussichtliche Verkehrsbelastung zugrunde gelegt habe. Im Stadium der Planung der Straße komme der Einschätzung ihrer späteren Verkehrsbedeutung der Charakter einer Prognose zu, die gerichtlich nur beschränkt auf methodische Richtigkeit überprüft werden könne. Die methodische Richtigkeit sei hier bereits mit dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. Juli 2009 - 7 ME 65/09 - bestätigt worden. Im vorliegenden Fall stelle die von der Beigeladenen zu 2 geplante Straße sowohl unter Berücksichtigung der objektiven als auch der subjektive Zielsetzung eine Gemeindestraße im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG dar. Dies ergebe sich aus der prognostischen Betrachtung der zu erwartenden Verkehrsströme auf der Grundlage der von dem Planungsbüro Hinz durchgeführten und später aktualisierten Verkehrsuntersuchung, die nicht zu beanstanden sei.

42

Diese Verkehrsuntersuchung habe insbesondere ausweislich der Lage der Zählstellen alle Verkehrsbeziehungen in und um Grasleben erfasst, sodass entgegen der Behauptung der Kläger kein "Längsverkehr" unberücksichtigt geblieben sei. Die Zählzeiten seien auch dem tatsächlichen Verkehr angepasst gewesen. Denn die Querschnittszählungen und Knotenstromzählungen seien im Zeitraum von 06.00 Uhr bis 19.00 Uhr durchgeführt worden; die Verkehrsbefragungen hätten zu den Schwerpunktverkehrszeiten von 06.00 Uhr bis 10.00 Uhr sowie von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr stattgefunden. An der Verkehrszählung sei nicht deshalb zu zweifeln, weil sie von Schülern vorgenommen worden sei. Befragung und Zählung durch geeignete Schüler seien durchaus üblich. Die Schüler seien ausreichend in ihre Aufgabe eingewiesen und durch Mitarbeiter des Planungsbüros kontrolliert worden.

43

Die seitens der Kläger geltend gemachten materiellen Planungsfehler lägen nicht vor. Alle Planungsvarianten seien im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) geprüft und abgewogen worden, um die konfliktärmste Variante zu bestimmen. Der Verkehrssicherheit könne trassenunabhängig durch Geschwindigkeitsbegrenzungen und Überholverbote Genüge getan werden. Die lärmtechnische Untersuchung sei mängelfrei und insbesondere hinreichend aktuell; das entsprechende Gutachten berücksichtige sowohl die geänderte Trassenführung im westlichen Abschnitt als auch die im Januar 2008 aktualisierte Verkehrsuntersuchung. Die Grundstücke sämtlicher Kläger seien in der Zusammenstellung der Beurteilungspegel berücksichtigt, die Schallauswirkungen der Topografie seien berechnet worden. Aus der Untersuchung ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Grundstücke der Kläger Lärmwerte von über 75 db (A) tags bzw. 65 dB (A) nachts zu erwarten seien. Eine Ergänzung der schalltechnischen Untersuchungen bleibe für den Fall der Bebauung weiterer Grundstücke ohnehin vorbehalten. Bei einer erst geplanten Straße seien Schallmessungen weder möglich noch vorgesehen.

44

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 6. Kammer - vom 10. Juni 2010 - 6 A 334/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

45

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

46

Nach Auffassung der Kläger ist die Berufung bereits unzulässig, weil deren Begründung entgegen 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO keinen bestimmten Antrag enthalte. Ein solcher Antrag lasse sich nicht aus der Einlegung der Berufung und den Berufungsgründen herleiten.

47

Die Berufung sei aber auch unbegründet. Die planfestgestellte Entlastungsstraße sei jedenfalls nicht als Gemeindestraße im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 und 47 NStrG zu qualifizieren. Dies ergebe sich sowohl aus der Qualität des sie voraussichtlich nutzenden Verkehrs als auch aus ihrer Funktion im Verkehrsnetz. Damit sei das Verfahren, das zu dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geführt habe, fehlerhaft und nicht heilbar. Es werde vollumfänglich auf das zutreffende Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen.

48

Aus der Stellungnahme des Beklagten zu dem Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogramms für den Großraum Braunschweig ergebe sich ebenfalls - wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - die überörtliche Funktion der Entlastungsstraße.

49

Des Weiteren leide bereits die Ermittlung der relevanten Grunddaten unter so erheblichen und im gerichtlichen Verfahren nicht mehr nachholbaren materiellen Mängeln, dass auch deshalb eine Planergänzung zur Behebung von Zuständigkeitsmängeln ausscheide. So lasse sich bereits aus der Stellungnahme des Beklagten zu dem Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogramms schließen, dass mit einem deutlich höheren Verkehrsaufkommen zu rechnen sei, als im Planfeststellungsbeschluss vorausgesetzt werde. Die Verkehrszählungen, die der Berechnung der Verkehrsströme zugrunde gelegt worden seien, reichten ebenfalls nicht hin, weil sie erst nach 08.30 Uhr begonnen hätten, der Schwerpunkt des Verkehrs jedoch regelmäßig zwischen 07.00 Uhr morgens und 07.45 Uhr liege. Zudem seien sie bereits gegen 15.00 Uhr beendet worden, obwohl zu dieser Zeit der Berufsverkehr noch nicht durchgelaufen gewesen sei. Schließlich sei an der Zuverlässigkeit der Verkehrszählungen zu zweifeln, weil diese von nicht volljährigen Schulkindern durchgeführt worden seien.

50

Die Planung leide zudem unter weiteren materiellen Planungsfehlern, derentwegen bereits im Planfeststellungsverfahren Einwendungen erhoben worden seien. So greife die geplante Trassenführung in rechtswidriger Weise in ihr, der Kläger, Eigentum und in ihre Gesundheit ein. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen das planungsrechtliche Abwägungsgebot, weil u. a. ihre privaten Belange nicht angemessen berücksichtigt worden seien. Planungs- und Standortalternativen seien nicht (hinreichend) gegeneinander abgewogen worden. Der westliche Abschnitt der Trasse werde zu nah an ihrem Eigentum verlaufen. Ihre Belange seien auch deshalb nicht hinreichend in die planerische Abwägung einbezogen worden, weil die lärmtechnische Untersuchung keine Entscheidungsgrundlage sein dürfe; die Lärmschutzberechnungen und -prognosen beruhten auf unzutreffenden Rohdaten. Bereits jetzt habe sich das Verkehrsaufkommen dramatisch verändert; der Schwerlastverkehr habe auch wegen der sogenannten Mautumgehung stark zugenommen. Die schalltechnische Untersuchung sei nur auf einer begrenzten Auswahl von betroffenen Grundstücken durchgeführt worden; ihre Grundstücke seien von einer Überschreitung der Immissionswerte betroffen. Die Gesamtbeurteilung der schalltechnischen Situation einschließlich der dortigen Aussagen zum aktiven wie passiven Schallschutz sei unzutreffend. Die für die Schallentwicklung relevante topografische Situation sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Es komme zu einem sogenannten Lärmtrichtereffekt. Dadurch würden die Immissions(grenz)werte überschritten; sogar die enteignungsrechtlich relevante Schwelle von 70 dB (A) werde nicht eingehalten. Infolge des zu erwartenden Schallpegels, insbesondere während des Berufsverkehrs morgens und am späten Nachmittag (Spitzenwerte), aber auch zu den übrigen Tageszeiten sei von Lärmwerten deutlich über 75 dB(A) tags bzw. 65 dB(A) nachts auszugehen. Auch wären sie einer erhöhten Schadstoffbelastung ausgesetzt; ihr körperliches Wohlbefinden wäre massiv beeinträchtigt. Die Nutzung ihrer Grundstücke wäre unzumutbar eingeschränkt; diese erlitten einen erheblichen Wertverlust von mindestens 30%. Die nun geplante Vorzugsvariante führe zur Zerstörung von Biotopen. Als längste aller Varianten sei sie auch dauerhaft die teuerste. Eine hinreichende Verkehrssicherheit sei dort nicht herstellbar, weil der westliche Abschnitt aufgrund seines starken Kurvenverlaufs - noch verstärkt durch eine eingeschränkte Sicht im Waldgebiet - unfallträchtig sein werde.

51

Die nicht durch einen postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt.

52

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Unterlagen des Beklagten (BA A bis L zu 7 LC 85/10 - im Folgenden verkürzt als BA A bis L zitiert) verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz und der Beratung im Senat gewesen sind.

Entscheidungsgründe

53

Die Berufung des Beklagten ist zulässig (dazu unter I.), aber unbegründet (dazu unter II.), weil das Verwaltungsgericht den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 27. Oktober 2008 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht aufgehoben hat; denn dieser Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig (dazu unter II. 1.) und verletzt die Kläger in ihren Rechten (dazu unter II. 2.). Außerdem sind die Kläger mit der Rüge der Unzuständigkeit der Vorhabensträgerin nicht präkludiert (dazu unter II. 3.) und ist die Rechtsfolge der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses hier nicht durch besondere Vorschriften oder allgemeine Rechtsgrundsätze ausgeschlossen (dazu unter II. 4.).

54

I.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, obwohl er es unterlassen hat, innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausdrücklich einen Berufungsantrag zu stellen. Denn zu Recht führt er aus, dass dem Erfordernis des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO, die Berufungsbegründung müsse einen bestimmten Antrag enthalten, noch genügt wird, wenn ein solcher Antrag zwar nicht ausdrücklich formuliert worden ist, sich aber das Ziel der Berufung aus dem fristgerecht eingereichten Schriftsatz deutlich ergibt (BVerwG, Beschl. v. 17. 5. 2006 - BVerwG 1 B 13.06 -, Buchholz 310, § 124a VwGO Nr. 32, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 2), insbesondere eindeutig zu erkennen ist, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angefochten werden soll (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 91). Das ist hier aufgrund der Ausführungen des Beklagten unter II. seiner Berufungsbegründungsschrift der Fall.

55

II.

Der Planfeststellungsbeschluss (PFB) vom 27. Oktober 2008 ist rechtswidrig.

56

1.

Denn er wurde aufgrund eines Antrags und zugunsten einer Trägerin des umstrittenen Straßenbauvorhabens erlassen, der die sachliche Zuständigkeit für die Durchführung dieses Vorhabens fehlt.

57

Träger eines Vorhabens ist derjenige, der die Planfeststellung zur Durchführung des von ihm beabsichtigten Vorhabens anstrebt und deshalb die Planfeststellung für das Vorhaben beantragt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 73 Rn. 12a). Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens entspricht die Einreichung des Plans (§§ 38 Abs. 4 NStrG, 1 Abs. 1 NVwVfG, 73 Abs. 1 VwVfG) der Antragstellung im Sinne der §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 22 Satz 2 VwVfG (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 73 Rn. 12a; vgl. auch OVG Schl-H, Beschl. v. 15. 9. 1998 - 4 L 49/97 -, SchlHA 1998, 315 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 29, m. w. N.). Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 NStrG bedarf der Bau von Gemeindestraßen der vorherigen Planfeststellung, wenn dafür - wie hier - eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

58

Dem Planfeststellungsverfahren lagen der unter dem 20. Mai 2005 (Bl. 6 Beiakte - BA - A) gestellte und unter dem 10. November 2006 (Bl. 66 BA A) sowie dem 19. Juni 2008 (Bl. 183 BA B) modifizierte Antrag der Beigeladenen zu 2 zugrunde, der sich auf eine Planfeststellung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 NStrG für den beabsichtigten Neubau der Entlastungsstraße anhand des zugleich eingereichten und sodann mehrfach geänderten Plans (§§ 38 Abs. 4 NStrG, 1 Abs. 1 NVwVfG, 73 Abs. 1 Satz 2 VwVfG) richtete. Die Beigeladene zu 2 ist daher die alleinige Trägerin des umstrittenen Vorhabens, wenngleich sich auch die Verwaltung der Beigeladenen zu 1 im Rahmen des § 72 Abs. 4 NGO an ihren Planungen beteiligt haben mag.

59

Nach den §§ 38 Abs. 4 NStrG, 1 Abs. 1 NVwVfG, 75 Abs. 1 VwVfG wird durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt und werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt. Hieraus ergibt sich für die Planfeststellung eines öffentlichen Straßenbauvorhabens, dass nicht nur die geplante Straße selbst den einschlägigen Vorschriften zu genügen hat, sondern darüber hinaus der Träger des Vorhabens zu dessen Durchführung berufen sein muss. Die Planfeststellung darf nicht den Weg dafür freimachen, dass ein sachlich unzuständiger Vorhabensträger ein Straßenbauvorhaben verwirklicht. Denn es kann kein öffentliches Interesse am Tätigwerden des sachlich Unzuständigen anerkannt werden und es ließe sich vor diesem Hintergrund auch nicht rechtfertigen, dass ihm gegenüber etwa bestehende Ansprüche Planbetroffener auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung mit der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen würden (vgl. §§ 38 Abs. 4 NStrG, 1 Abs. 1 NVwVfG, 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Ein Planfeststellungsbeschluss ist deshalb rechtswidrig, wenn er auf Antrag eines Vorhabensträgers ergeht, dem - wie hier - die Zuständigkeit für den geplanten Straßenbau fehlt.

60

Die Zuständigkeit für den Bau einer öffentlichen Straße (§§ 1 und 2 Abs. 1 NStrG) in Niedersachsen, die nicht Bundesfernstraße ist, liegt bei dem landesrechtlich bestimmten Träger der Straßenbaulast, die alle mit dem Bau der Straßen zusammenhängenden Aufgaben umfasst (§ 9 Abs. 1 Satz 1 NStrG). Träger der Straßenbaulast für Landesstraßen und Kreisstraßen sind das Land bzw. der Landkreis oder die kreisfreie Stadt (§ 43 Abs. 1 NStrG). Träger der Straßenbaulast für Gemeindestraßen sind zwar grundsätzlich die Gemeinden (§ 48 Satz 1 NStrG). Das gilt aber dann nicht, wenn eine geplante Straße als Gemeindeverbindungsstraße (§ 47 Nr. 2 NStrG) einzuordnen ist und die Straßenbaulast nach § 48 Satz 1 NStrG die Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde träfe. Denn die Samtgemeinden erfüllen von den Aufgaben des eigenen Wirkungskreises ihrer Mitgliedsgemeinden auch diejenige des Baus (und der Unterhaltung) der Gemeindeverbindungsstraßen (§ 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 NGO bzw. § 98 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 NKomVG). Diese Regelung stellt eine Übertragung der gesamten Straßenbaulast auf die Samtgemeinden dar (Göke, in: KomVerfR Nds., Stand: Okt. 2011, § 72 NGO Rn. 19; Wendrich, NStrG, 4. Aufl. 2000, § 48 Rn. 1, vgl. auch: Gem. RdErl. d. MW u. d. MI v. 20. 6. 1973 - 59 - 42.23 [148/72] -, Nds. MBl. 1973 S. 1010, sowie OVG Lüneburg, Urt. v. 20. 2. 1979 - 2 OVG C 1/77 [C 2/77] -, OVGE 35, 333 [337 f.]), die ihrerseits keine Gemeinden, sondern - vormals als Kommunalverbände bezeichnete (§ 71 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 NGO) - Gemeindeverbände sind (§ 2 Abs. 3 NKomVG).

61

Da die Beigeladene zu 2 Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde ist, käme hiernach ihre Zuständigkeit als Trägerin der Straßenbaulast für den Neubau der geplanten Entlastungsstraße nur dann in Betracht, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt der Feststellung des Plans davon auszugehen gewesen wäre, dass die Entlastungsstraße nach ihrer Fertigstellung weder als Landesstraße (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 NStrG) noch als Kreisstraße (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 NStrG) oder als Gemeindeverbindungsstraße (§ 47 Nr. 2 NStrG) einzustufen sein würde, sondern lediglich als Gemeindestraße im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 47 Nr. 1 oder Nr. 3 NStrG. Hierzu müsste sich die Entlastungsstraße indessen entweder als Ortsstraße (dazu unter a) darstellen oder als "andere Straße im Außenbereich" im Sinne des § 47 Nr. 3 NStrG (dazu unter b). Beides ist nicht der Fall.

62

Wie eine Straße einzustufen ist, ergibt sich nach § 3 Abs. 1 NStrG aus ihrer überwiegenden Verkehrsbedeutung. Danach ist für Gemeindestraßen kennzeichnend, dass sie überwiegend dem Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden dienen oder zu dienen bestimmt sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG). Das Gesetz knüpft mit dem Begriff "dienen" in erster Linie an die von einer Straße tatsächlich vermittelten räumlichen Verkehrsbeziehungen an. Im Fall einer neu zu bauenden Straße kommt es darauf an, welchen Charakter der Verkehr aufweist, der sie voraussichtlich nutzen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 11. 1. 2006 - 7 ME 288/04 -, NVwZ-RR 2006, 378 [379]; vgl. Wendrich, NStrG, 4. Aufl. 2000, § 3 Rn. 2). Wie die Anfügung der Worte "zu dienen bestimmt sind" erkennen lässt, ist daneben auch die Zweckbestimmung der Straße nach funktionalen Zielsetzungen für ihre Einstufung maßgeblich (Nds. OVG, Beschl. v. 12. 1. 2005 - 7 LA 101/04 -, NordÖR 2005, 134 f., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 4). Insoweit kommt es jedoch vorrangig auf objektive Kriterien an. Die subjektive Zielsetzung der planenden Behörde ist nur dann entscheidend, wenn sie in Einklang mit den objektiv vorliegenden Gegebenheiten steht (Nds. OVG, Beschl. v. 11. 1. 2006 - 7 ME 288/04 -, a. a. O.). Ansonsten könnte nämlich die planende Behörde mit einer Einstufung unabhängig vom Charakter der Straße selbst über ihre Kompetenz zur Planung sowie über die aus der Einstufung folgende Straßenbaulast disponieren. Das wäre mit dem Erfordernis, die Kompetenzbereiche und die Finanzierungsverantwortung klar abzugrenzen, nicht zu vereinbaren. Zu Unrecht entnimmt daher der Beklagte dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 1992 - 6 K 3012/91 - (NVwZ-RR 1993, 345 ff., - hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 7), dass die planende Behörde im Rahmen einer Planung nicht abschließend zu prüfen habe, wie die geplante Straße später (voraussichtlich) einzustufen sei. Im Übrigen erging das zitierte Urteil zu einem nicht vergleichbaren Sachverhalt, weil es den Fall eine Straßenplanung durch Bebauungsplan betraf, in dem lediglich eine niedrigere Einstufung der geplanten Straße in Betracht gekommen wäre.

63

Die Prüfung der Verkehrsbedeutung eines geplanten Straßeneubaus muss hiernach also in zwei Richtungen gehen (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 10. 4. 2002 - 8 B 01.1170 -, BayVBl. 2003, 468 f., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 13; zustimmend Herber, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 9 Rn. 11.1): Zum einen ist zu ermitteln, welcher Verkehr für die geplante Straße prognostiziert wird. Zum anderen ist zu untersuchen, ob der geplanten Straße eine Funktion im Verkehrsnetz zukäme und ggf. welche Funktion dies wäre.

64

Eine an diesen Grundsätzen orientierte Prüfung, wie die geplante Entlastungsstraße nach ihrer Fertigstellung voraussichtlich einzuordnen wäre, ergibt Folgendes:

65

a)

Die geplante Entlastungsstraße kann nicht als Ortsstraße betrachtet werden.

66

Ortsstraßen sind Straßen in Baugebieten und, soweit solche nicht ausgewiesen sind, in Ortsteilen, die im Zusammenhang bebaut sind, mit Ausnahme der Ortsdurchfahrten von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen (§ 47 Nr. 1 NStrG). Die geplante Entlastungsstraße lässt sich hiernach schon deshalb nicht als Ortsstraße einordnen, weil sie nach ihrer Fertigstellung keine Straße in Baugebieten oder eine in solchen Ortsteilen wäre, die im Zusammenhang bebaut sind (vgl. den festgestellten Übersichtslageplan - Bl. 93 BA E).

67

b)

Die geplante Entlastungsstraße ist keine "andere Straße im Außenbereich" im Sinne des § 47 Nr. 3 NStrG.

68

Eine solche "andere Straße" könnte sie nur sein, wenn sie nach ihrer Fertigstellung zwar überwiegend dem Verkehr innerhalb einer Gemeinde (Alternative 1) oder zwischen benachbarten Gemeinden (Alternative 2) diente oder zu dienen bestimmt wäre (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG), dabei aber weder vorwiegend den nachbarlichen Verkehr der Gemeinden oder Ortsteile untereinander noch den Verkehr mit anderen öffentlichen Verkehrswegen vermittelte (vgl. § 47 Nr. 2 NStrG). Was die Frage der Nachbarschaft anbetrifft, so ist in diesem Zusammenhang von den gemeinderechtlichen Grenzen auszugehen und ergibt sich der Gemeindebegriff aus der - hier noch anzuwendenden - Niedersächsischen Gemeindeordnung (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 29. 8. 1991 - 12 OVG A 197/87 - S. 13 des Urteilsabdrucks; Wendrich, NStrG, 4. Aufl. 2000, § 3 Rn. 6).

69

Hinsichtlich der im Außenbereich gelegenen Gemeindestraßen deckt die Straßenart "Gemeindeverbindungsstraße" die oben genannte zweite Alternative des Tatbestands des § 3 Abs. 1 Nr. 3 NStrG vollständig ab und erfasst von der ersten Alternative auch jene Straßen, die vorwiegend den Verkehr der Ortsteile untereinander oder den Verkehr mit anderen öffentlichen Verkehrswegen vermitteln. Als "anderer Straße im Außenbereich" im Sinne des § 47 Nr. 3 NStrG müsste daher die geplanten Entlastungsstraße nach ihrer Fertigstellung eine Straße im Außenbereich sein, die überwiegend einem Verkehr mit Herkunfts- und Zielort innerhalb des Gebiets der Beigeladenen zu 2 diente oder zu dienen bestimmt wäre (erste Voraussetzung) und die zudem weder vorwiegend einen Verkehr zwischen den Ortsteilen Grasleben und Heidwinkel der Beigeladenen zu 2 noch einen Verkehr mit anderen öffentlichen Verkehrswegen vermittelte (zweite Voraussetzung).

70

Schon die erste dieser beiden Voraussetzungen würde die Entlastungsstraße indessen eindeutig nicht erfüllen. Denn weder der Durchgangsverkehr noch der Zielverkehr, der sich auf die geplante Straße verlagern würde und soll, hätte überwiegend einen Herkunfts- und Zielort innerhalb des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 2.

71

Auf der Grundlage des Erläuterungsberichts vom 18. Mai 2008 (Bl. 52 ff. BA E) sowie des Verkehrsgutachtens "Kommunale Entlastungsstraße Grasleben - Aktualisierung der Verkehrsdaten" (Bl. 76 ff. BA E) vom Januar 2008, die zu den festgestellten (PFB, Seite 3, A.I.2.1 Nr. 1, - Bl. 4 BA E) Planunterlagen zählen und ihrerseits unter Berücksichtigung der "Verkehrsuntersuchung zur Entlastung des Ortes Grasleben" vom Januar 1997 (BA K) zu interpretieren sind, ist vielmehr klar zu erkennen, dass die geplante Entlastungsstraße überwiegend einem über das Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 2 hinausgreifenden Verkehr dient und zu dienen bestimmt ist. Dabei teilt der Senat aus den seitens des Beklagten im Berufungsverfahren vorgebrachten Gründen nicht die Bedenken, welche die Kläger gegenüber den Verkehrszählungen vorbringen, die den beiden Arbeiten des Planungsbüros H. zugrunde liegen. Insbesondere entsprechen die Behauptungen der Kläger über die Tageszeiten, zu denen die Verkehrszählungen stattgefunden haben sollen, nicht den Angaben, die in der Verkehrsuntersuchung vom Januar 1997 (unter 16.3 und 16.4 auf Seite 11 BA K) und dem Verkehrsgutachten vom Januar 2008 (unter 1.2 [6] auf Seite 7 - Bl. 79 BA E) enthalten sind. Diese Angaben stimmen vielmehr mit denjenigen des Beklagten überein.

72

Wie sich aus dem Verkehrsgutachten vom Januar 2008 (Abb. 2 auf Seite 6 und Abb. 5 auf Seite 14 - Bl. 78 Rückseite - R - bzw. 82 R BA E) ergibt, besteht die Problematik der verkehrlichen Situation auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 2 vor allem in der starken Verkehrsbelastung im Verlauf der Ortsdurchfahrt der L 651. Diese Problematik wird sich bei unverändertem Straßennetz bis zum Jahre 2020 noch weiter verschärfen. Der einstrahlende Verkehr auf der L 651 war zum Zeitpunkt seiner Zählung in 2007 an den Zählstellen am östlichen Ortausgang der L 651 zu 72% und am südlichen Ortsausgang der L 651 zu 47% "Durchgangsverkehr" im Sinne des Verkehrsgutachtens vom Januar 2008 (Tabelle 3 auf Seite 11 i. V. m. Abb. 2 auf Seite 6 - Bl. 81 bzw. 78 R BA E), d. h. ein Verkehr dessen Herkunfts- und Zielorte außerhalb des durch die Zählstellen abgegrenzten Bereiches (Planungsraum) liegen (vgl. unter 5.1 der Verkehrsuntersuchung 1997, Seite 3 BA K, sowie Abb. 9 auf Seite 18 BA K), der im Wesentlichen mit der Ortslage von Grasleben übereinstimmt. Ausweislich der starken Abbiegebeziehungen an den Knotenpunkten Kn 1 und Kn 2 (Abb. 3 auf Seite 10 des Verkehrsgutachtens 2008 - Bl. 80 R - BA E) handelt es sich hierbei um einen Durchgangsverkehr, der ganz überwiegend dem Verlauf der L 651 folgt. Der Durchgangsverkehr auf den Kreisstraßen, insbesondere durch den einzigen nicht im Planungsraum liegende Ortsteil (Heidwinkel) der Beigeladenen zu 2, hat dagegen eine eher geringe Bedeutung (vgl. Tabelle 1 und unter [8] auf Seite 7 des Verkehrsgutachtens 2008, - Bl. 79 BA E - sowie Abb. 10 der Verkehrsuntersuchung 1997, Seite 20 BA K). Hiernach ist unschwer zu erkennen, dass der der Ortsdurchfahrt der L 651 folgende Durchgangsverkehr nicht allein ein Verkehr durch den Planungsraum im Sinne der Verkehrsuntersuchung von 1997 ist, sondern ein Verkehr durch das Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 2, der insbesondere zwischen Helmstedt und dem sachsen-anhaltinischen Raum stattfindet. Dieser Durchgangsverkehr hat daher keinen Herkunfts- und Zielort innerhalb des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 2.

73

Dies steht auch im Einklang mit der Zusammensetzung des Durchgangsverkehrs nach Entfernungsklassen, die der Verkehrsuntersuchung von 1997 (vgl. Abb. 11 auf Seite 22 und Tabelle 4 auf Seite 23 BA K) entnommen werden kann und auf die weiter zurückzugreifen ist, weil nach dem Verkehrsgutachten vom Januar 2008 (vgl. dort unter [11] bei Tabelle 2 auf Seite 11 - Bl. 81 BA E) die 1996 erfragten Verkehrsrelationen erfahrungsgemäß über lange Zeiträume stabil bleiben. Der Durchgangsverkehr im Planungsraum stammt hiernach zwar zu 44% aus dem Nahbereich (Tabelle 4 auf Seite 23 BA K), also einem Kreis von etwa 10 km um Grasleben (vgl. unter 1.21 [9] auf Seite 9 BA K). Dieser Nahbereich umfasst aber nicht nur das außerhalb des Planungsraums liegende Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 2, sondern zudem weite Teile ihrer Nachbargemeinden und der Stadt Helmstedt (vgl. Abb. 2 auf S. 4 BA K und die Abbildung des Untersuchungsraums mit Verkehrsräumen im Anhang 1 der BA K).

74

Aus einem Vergleich der Prognosen der Verkehrsbelastung in 2020 bei unveränderter Straßennetz (Abb. 7 auf Seite 18 - Bl. 84 R BA E) und beim Bau der geplanten Entlastungsstraße (Abb. 8 auf Seite 20 - Bl. 85 R BA E) in dem Verkehrsgutachten vom Januar 2008 ergibt sich schließlich, dass es überwiegend der bislang dem Verlauf der Ortsdurchfahrt der L 651 folgende Durchgangsverkehr ist, den die Entlastungsstraße aufnehmen würde. Denn es wird dort u. a. erwartet, dass sich rund 3.100 Kfz von der L 651 auf die Route B 244/K 50 verlagern würden (unter 3.1 [28] auf Seite 21 - Bl. 86 BA E), wenn weder Grasleben noch Mariental-Horst durchfahren werden müssten, und sich sodann insgesamt auf den drei Abschnitten der Entlastungsstraße Belastungswerte zwischen 3.850 und 5.200 Kfz/Tag (Tabelle 4 auf Seite 21 - Bl. 86 BA E) ergäben. Diese Erwartungen stehen im Einklang mit der Zweckbestimmung der Entlastungsstraße, wie sie ihrer planerischen Beschreibung unter 1.1 des festgestellten Erläuterungsberichts zu entnehmen ist. Denn dort heißt es, nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze sei das Verkehrsaufkommen, insbesondere der Durchgangsverkehr, in der Gemeinde Grasleben sprunghaft angestiegen und die geplante Straße solle die Ortslage primär von dem Durchgangsverkehr entlasten.

75

Ein auf der Entlastungsstraße neben diesem Durchgangsverkehr zusätzlich zu erwartender Zielverkehr wäre demgegenüber für den Charakter der Straße voraussichtlich weder in gleichem Maße prägend noch würde es sich insoweit überwiegend um einen Verkehr mit Herkunfts- und Zielort innerhalb des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 2 handeln.

76

Der Beigeladenen 2 ist zwar - worauf der Senat in seinem Beschluss vom 29. September 2009 - 7 ME 65/09 - noch abgehoben hatte - in der Verkehrsuntersuchung von 1997 (unter 50.7 auf Seite 31 BA K) empfohlen worden, mit dem Bau einer "wie auch immer gearteten" Entlastungsstraße die derzeitige sogenannte "innere Erschließung" (die meisten Fahrten, auch in die einzelnen Ortsbereiche, verlaufen durch die Ortsmitte) in eine "äußere Erschließung" umzukehren. Dabei werde der Durchgangsverkehr um den Ort gelenkt, der Zielverkehr kammartig über verschiedene Straßen unter Umgehung des Ortskerns direkt in die Zielbereiche geführt. Betrachtet man aber die in der Verkehrsuntersuchung von 1997 bzw. dem Verkehrsgutachten von 2008 festgestellte Herkunft des Zielverkehrs (Abb. 12 auf Seite 24 BA K sowie Tabelle 3 auf Seite 11 - Bl. 81 BA E) so ist nicht zu erwarten, dass sich der bisherige Zielverkehr auf der L 651-Süd, der K 50 oder der K 56 in einem für die Einordnung der geplanten Straße maßgeblichen Umfang auf die letztlich zur Planfeststellung gelangte Vorzugsvariante der Entlastungsstraße verlagern würde. Das trifft insbesondere auf den in absoluten Zahlen stärksten Zielverkehr auf der L 651-Süd zu. Denn dieser Zielverkehr ließe sich erst dann auf die Entlastungsstraße verlagern, wenn zusätzlich auf der L 651-Süd im Bereich der Ortsdurchfahrt (und ggf. auch in Mariental-Horst) die Geschwindigkeiten durch bauliche Maßnahmen auf 30 km/h verringert würden (vgl. unter 71.4 und 74.5 der Verkehrsuntersuchung von 1997, Seite 41 BA K).

77

Davon abgesehen würde es sich auch bei dem Zielverkehr auf der geplanten Entlastungsstraße ganz überwiegend nicht um einen Verkehr mit Herkunfts- und Zielort innerhalb des Gebiets der Beigeladenen zu 2 handeln. Denn nach der Verkehrsuntersuchung vom Januar 1997 ist zwar davon auszugehen, dass auch der Zielverkehr zu 75% aus dem Nahbereich stammen würde (vgl. Tabelle 6 auf Seite 25 BA K). Dieser Nahbereich schließt aber - wie schon ausgeführt - nicht nur das außerhalb des Planungsraums liegende Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 2, sondern zudem weite Teile der Nachbargemeinden und der Stadt Helmstedt ein, und der Zielverkehr stammt auch nicht etwa schwerpunktmäßig aus dem Ortsteil Heidwinkel, sondern kommt vornehmlich aus Richtung Helmstedt.

78

Weil die geplante Entlastungsstraße hiernach überwiegend einem mit Blick auf den Herkunfts- und/oder Zielort über das Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 2 hinausgreifenden Verkehr dienen würde und zu dienen bestimmt ist, kann sie nicht als "andere Straße im Außenbereich" im Sinne des § 47 Nr. 3 NStrG eingeordnet werden.

79

2.

Durch die Feststellung des Plans für das kompetenzwidrig betriebene Vorhaben der Beigeladenen zu 2 sind die Kläger in eigenen Rechten verletzt.

80

Dies gilt, obwohl (wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 29. September 2009 - 7 ME 65/09 - auf Seite 7 des Entscheidungsabdrucks näher ausgeführt hat) entgegen ihrem Vorbringen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie durch das Vorhaben enteignend lärmbetroffen werden; denn auch ohne eine solche qualifizierte Betroffenheit, können sie die Einhaltung derjenigen Vorschriften zur gerichtlichen Prüfung stellen, die den rechtlichen Rahmen des Planfeststellungsverfahrens bilden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 6.6. 2007 - 7 LC 98/06 -, [...], Langtext Rn. 43). Das schließt die Rüge der sachliche Unzuständigkeit des Vorhabensträgers ein (vgl. zur Einordnung von Zuständigkeitsfehlern: Nds. OVG, Beschl. v. 11. 1. 2006 - 7 ME 288/04 -, NVwZ-RR 2006, 378 [380]).

81

Auch ein lediglich mittelbar Betroffener hat Anspruch auf eine gerechte Abwägung seiner Belange. Den Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit des die Planfeststellung beantragenden Vorhabensträgers kommt deshalb eine drittschützende Wirkung zu (vgl. OVG Schl-H, Beschl. v. 15. 9. 1998 - 4 L 49/97 -, SchlHA 1998, 315 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 38 und 39), soweit der Zuständigkeitsmangel auch jene Teile des Vorhabens betrifft, die in ursächlichem Zusammenhang mit den Einwirkungen auf Rechte und Belange des jeweils Betroffenen stehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14. 7. 2011 - BVerwG 9 A 14.10 -, [...], Langtext Rn. 12 und 13). Diese drittschützende Wirkung ist deshalb zu bejahen, weil sich nicht ausschließen lässt, dass das Tätigwerden eines unzuständigen Vorhabensträgers den materiell-rechtlichen Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis - mithin den Planfeststellungsbeschluss - beeinflusst. Die Definition des Vorhabens und deren weitere Konkretisierung zu einem Plan (im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 VwVfG i. V. m. den §§ 38 Abs. 4 NStrG und 1 Abs. 1 NVwVfG) ist nämlich zunächst einmal Sache des Vorhabensträgers (vgl.: OVG Schl-H, Beschl. v. 15. 9. 1998 - 4 L 49/97 -, a. a. O., Rn. 38, m. w. N., und Hoppe, Zur Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Planfeststellung und Plangenehmigung, DVBl. 1997, 789 ff.), sodass die Planfeststellungsbehörde im Wege eines abwägenden Nachvollziehens von bereits vorgefundenen Planungen ausgeht und sich diese - trotz ihrer weitgehenden Gestaltungsfreiheit - in substanziellen Elementen zu Eigen machen wird, wenn es zu einer Feststellung des Plans kommt. Das trifft selbst dann zu, wenn sich die "denkbaren" Planungsträger untereinander abgestimmt haben, da besonders im kommunalen Bereich das Verhalten bei Planungsprozessen vom Maß der besonderen Verantwortlichkeit und der finanziellen Belastung abhängt. Ein Vorhaben ist die in einem konkreten Plan ausgeformte Gestaltungsabsicht des Belastungsträgers. Der Vorhabensträger hat daher auf die der Planfeststellungsbehörde vorgelegten Planungsunterlagen in besonderem Maße Einfluss und kann als "Motor" des Verfahrens bezeichnet werden (OVG Schl-H, Beschl. v. 15. 9. 1998 - 4 L 49/97 -, a. a. O., Rn. 39, m. w. N.). Dies findet für den vorliegenden Fall eine Bestätigung in der Begründung, mit welcher der Beklagte in dem Planfeststellungsbeschluss die Einwendungen der Kläger gegen die von diesen beanstandete Trassenführung zurückgewiesen hat. Denn er hat dort ausgeführt, die Beigeladene zu 2 habe sich als Vorhabensträgerin für eine Variante im Rahmen der Antragstellung entscheiden müssen, da Gegenstand eines Planfeststellungsverfahrens nur eine konkret im Detail durchgeplante und auch räumlich festgelegte Planung sein könne. Der Planfeststellungsbehörde obliege nicht (Hervorhebung durch den Senat) die Variantenauswahl, sondern lediglich die Überprüfung der beantragten Variante. Die Gründe für die Wahl der Vorzugsvariante seien "nachvollziehbar". Es mag dahinstehen, ob der Beklagte mit diesen Ausführungen die Grenze seiner Kompetenz als Planfeststellungsbehörde zutreffend umreißt oder aber insoweit Indizien für eine Ermessensunterschreitung anklingen. Denn jedenfalls besteht nach den Umständen des Einzelfalls nicht nur die abstrakte, sondern die konkrete Möglichkeit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6. 5. 2008 - BVerwG 9 B 64.07 -, NVwZ- 2008, 795 f., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 7), dass die vorliegende Planungsentscheidung - unterstellt das Land, der beklagte Landkreis oder die zu 1 beigeladene Samtgemeinde wären als (etwa) zuständiger anderer Vorhabensträger tätig geworden - anders, d. h. zugunsten einer ebenso nachvollziehbaren, aber für die Kläger günstigeren Trassierung ausgefallen oder auch gänzlich unterblieben wäre.

82

Es wird damit deutlich, dass die Planung der Entlastungsstraße in maßgeblichem Umfang davon beeinflusst sein kann, dass im konkreten Fall die Sachherrschaft bei der Gemeinde, mithin der Beigeladenen zu 2, lag.

83

3.

Mit ihrer Rüge, der Beigeladenen zu 2 fehle die sachliche Zuständigkeit für die Planung des Vorhabens, sind die Kläger auch nicht gemäß den §§ 38 Abs. 4 NStrG, 1 Abs. 1 NVwVfG, 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG präkludiert, obgleich sie diese Rüge erstmals im Klageverfahren erhoben haben. Einwendungen, die der Präklusion unterliegen können, sind sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des Planvorhabens abzielendes Gegenvorbringen (BVerwG, Urt. v. 17. 7. 1980 - BVerwG 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297 [300]). Mit ihnen bringt der Einwender zum Ausdruck, bestimmte Beeinträchtigungen von Rechten oder Belangen nicht hinnehmen zu wollen. Um dies darzutun, bedarf es keiner Ausführungen zur mangelnden Wahrung von Bestimmungen, die wie die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit des Vorhabensträgers den formell-rechtlichen Rahmen der Planfeststellung abstecken. Die Rüge fehlender sachlicher Zuständigkeit unterliegt daher nicht der Einwendungspräklusion (BVerwG, Urt. v. 14. 7. 2011 - BVerwG 9 A 14.10 - [...], Leitsatz 1 und Langtext Rn. 12; OVG NRW, Urt. v. 2. 9. 2009 - 11 D 33/08.AK - DVBl 2009, 1587 [1588]; Nds. OVG, Beschl. v. 11. 1. 2006 - 7 ME 288/04 -, NVwZ-RR 2006, 378 [380]). Die zudem unzureichende Belehrung über diese Präklusion in der Bekanntmachung vom 22. Juli 2005 (Bl. 49 BA A), auf die der Senat schon in seinem Beschluss vom 29. September 2009 - 7 ME 65/09 - hingewiesen hatte, ist daher nicht mehr entscheidend.

84

4.

Die Rechtsfolge der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ist hier nicht durch besondere Vorschriften oder allgemeine Rechtsgrundsätze ausgeschlossen.

85

a)

Im Ergebnis zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass § 46 VwVfG (i. V. m. den §§ 38 Abs. 4 NStrG und 1 Abs. 1 NVwVfG) im vorliegenden Fall keine Anwendung finden kann. Dies beruht schon darauf, dass die Planfeststellung zugunsten der Beigeladenen zu 2 als einer sachlich unzuständigen Vorhabensträgerin nicht lediglich unter Verstoß gegen Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit erfolgte, sondern einen materiellen Rechtsfehler des Planfeststellungsbeschlusses nach sich zieht. Denn weil die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend regelt und mit der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses Abwehransprüche gegen das Vorhaben ausgeschlossen sind (§§ 38 Abs. 4 NStrG, 1 Abs. 1 NVwVfG, 75 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 VwVfG), greift die Feststellung des Plans zugunsten eines sachlich unzuständigen Vorhabensträgers rechtswidrig in die materielle Rechtstellung der durch den Plan Betroffenen ein: Es wird zwischen ihnen und dem unzuständigen Vorhabensträger ein (ungesetzliches) Rechtsverhältnis begründet, kraft dessen das Vorhaben zu dulden ist, wenn der Planfeststellungsbeschluss Bestandskraft erlangt.

86

b)

Es ist der Vorinstanz im Ergebnis ebenfalls darin zuzustimmen, dass § 75 Abs. 1a VwVfG (i. V. m. den §§ 38 Abs. 4 NStrG und 1 Abs. 1 NVwVfG) hier weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung finden kann.

87

Sollte die geplante Entlastungsstraße als Landes- oder Kreisstraße einzustufen sein, so ergibt sich dies schon daraus, dass ihre dann unrichtige Einordnung in die Straßengruppe der Gemeindestraßen bei der Planung wesentliche Auswirkungen auf die tatsächliche und rechtliche Betroffenheit der Eigentümer der in der Straßentrasse liegenden Grundstücke sowie der Straßenanlieger, aber auch für die daran anknüpfenden Aufgaben des Straßenbaulastträgers und der Aufsichtsbehörde gehabt haben und haben kann. Ein Beispiel für solche Auswirkungen bilden etwa die Anbauverbote und Baubeschränkungen an Landes- und Kreisstraßen (§ 24 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 NStrG). Auch die Dimensionierung der Straße, das Ausmaß des Grunderwerbs für Straßenbauflächen, die Stärke der Belastung mit Immissionen des Straßenverkehrs und die Möglichkeit der Anlegung von Zufahrten (§ 20 Abs. 2 NStrG) können dadurch beeinflusst werden. Die zutreffende Einordnung einer geplanten Straße in die richtige Straßengruppe ist daher unerlässlich, um die privaten Belange der von der Herstellung der Straße betroffenen Bürger richtig einzuschätzen und zu gewichten (Nds. OVG, Urt. v. 29. 10. 1992 - 6 K 3012/91 -, NVwZ-RR 1993, 345 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 7, und Bay. VGH, Urt. v. 12. 10. 2007 - 8 N 06.783 -, BayVBl. 2008, 564 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 35). Insbesondere kann die unrichtige Eingruppierung einer geplanten Straße als Gemeindestraße statt als Landes- oder Kreisstraße über eine höhere Schutzbedürftigkeit von Anliegern täuschen, sodass diese bei der Planung schlechter gestellt werden, als es ihnen zukommt. Es liegt daher in einer dergestalt falschen Klassifizierung ein so grundlegender Planungsfehler, dass dieser nicht in einem nur ergänzenden Verfahren unter entsprechender Anwendung des § 75a Abs. 1 Satz 2 VwVfG behoben werden kann.

88

Für den Fall, dass die geplante Entlastungsstraße eine Gemeindeverbindungsstraße wäre, kann der Senat offen lassen, ob ein ergänzendes Verfahren zur Fehlerbehebung unter entsprechender Anwendung des § 75a Abs. 1 Satz 2 VwVfG (i. V. m. den §§ 38 Abs. 4 NStrG und 1 Abs. 1 NVwVfG) generell ausscheidet, wenn die Straße in Verkennung der sachlichen Zuständigkeiten statt von der Samtgemeinde von einer Mitgliedsgemeinde unter Mitwirkung der Samtgemeinde nach § 72 Abs. 4 NGO oder § 98 Abs. 4 NKomVG geplant wurde. Denn im vorliegenden Falle hat die Beigeladene zu 1 keine konkrete Absicht erkennen lassen, das Vorhaben der Beigeladenen zu 2 - wenn nötig - als eigenes Vorhaben "übernehmen" zu wollen. Die theoretische Möglichkeit, dass sie sich hierzu irgendwann einmal entschließen könnte, rechtfertigt eine entsprechende Anwendung des § 75a Abs. 1 Satz 2 VwVfG nicht.

89

c)

Ohne dass es hiernach noch entscheidungserheblich darauf ankäme, ist der Senat aber auch der Auffassung, dass die geplante Straße nach ihrer Fertigstellung voraussichtlich nicht als Gemeindeverbindungsstraße, sonder entweder als Landes- oder als Kreisstraße einzustufen wäre. Denn schon angesichts des Umstandes, dass der für die Entlastungsstraße prägende Durchgangsverkehr im Sinne des Verkehrsgutachtens vom Januar 2008 ein Durchgangsverkehr wäre, dessen Herkunfts- und Zielorte beide außerhalb des Gemeindegebiets der Beigeladenen zu 2 lägen, kann die geplante Entlastungsstraße keine Gemeindeverbindungsstraße sein, die einen Verkehr zwischen benachbarten Gemeinden oder den Verkehr mit anderen öffentlichen Verkehrswegen vermittelt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die geplante Straße in erheblichem Umfang den Durchgangsverkehr zwischen Helmstedt und Gemeinden in Sachsen-Anhalt aufnehmen soll und die Stadt Helmstedt und die Beigeladene zu 2 nicht einmal eine gemeinsame Gemeindegrenze haben.

90

Die im Verlaufe des Rechtsstreits vehement umstrittene Frage, ob das Vorhaben als Bau einer Landesstraße einzuordnen sei, lässt der Senat offen. Zwar deutet die Zusammensetzung des sich auf die Entlastungsstraße voraussichtlich verlagernden und sie prägenden Durchgangsverkehrs nach Entfernungsklassen (vgl. Abb. 11 auf Seite 22 und Tabelle 4 auf Seite 23 der Verkehrsuntersuchung von 1997, BA K) unter Berücksichtigung der Kreisgrenzen darauf hin, dass sich die geplante Straße (nur) als Kreisstraße darstellen könnte, die überwiegend dem Verkehr zwischen den benachbarten Landkreisen Helmstedt und Bördekreis sowie einem überörtlicher Verkehr innerhalb des Landkreises Helmstedt dient. Entgegen der Auffassung des Beklagten spricht aber auch viel dafür, dass die Entlastungsstraße nach ihrer Fertigstellung als Landesstraße einzuordnen wäre. Denn bezweckt eine Planung die Verlagerung des Durchgangsverkehrs einer Landesstraße, so hat die geplante Straße in der Regel ebenfalls die Netzfunktion und damit Verkehrsbedeutung einer Landesstraße (vgl. VG Lüneburg, Beschl. v. 18. 4. 2006 - 5 B 11/06 - [...], Langtext Rn. 28 und 29). Die L 651-Ost erfüllt im weiträumigen Straßennetz eine Brückenfunktion, die im Westen, also zwischen Grasleben und der B 244, vor allem durch die L 651-Süd und sodann die "L 651-Südwest" über Mariental-Horst fortgeführt wird (vgl. unter 1.1 auf Seite 5 des Verkehrsgutachtens vom Januar 2008 - Bl. 78 BA E). Mit dem Bau der Entlastungsstraße würde sich voraussichtlich unter anderem der bislang der Ortsdurchfahrt der L 651 folgende Durchgangsverkehr durch das Gebiet des Landkreises Helmstedt in solchem Umfang auf die Entlastungsstraße und das Teilstück der K 50 zwischen der B 244 und der Ortslage von Grasleben verlagern, dass diese Route funktionell an die Stelle der L 651 zwischen Grasleben und der B 244 träte. Dies ist auch das erklärte Ziel der Planung, da die Entlastungsstraße zugleich der Entlastung des Ortes Mariental-Horst dienen soll (vgl. unter 2.2 des Erläuterungsberichts - Bl. 54 R BA E). Das Erfordernis des Netzzusammenhangs schlösse eine hierauf abhebende Einordnung der geplanten Straße als Landesstraße nicht ohne Weiteres aus. Denn der Beklagte berücksichtigt nach nunmehriger Rechtsmeinung des Senats nicht ausreichend, dass eine geplante neue Straße ihre Netzfunktion (erst) in der Zusammenschau mit einer anderen, bereits vorhandenen Straße offenbaren kann, deren funktionelle Qualität im Verkehrsnetz sie durch ihr eigenes Hinzutreten in Richtung auf die Zugehörigkeit zu einer übergeordneten Straßengruppe verändert (vgl. Bay VGH, Urt. v. 12. 10. 2007 - 8 N 06.783 -, BayVBl. 2008, 564 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 38). Es wäre daher rechtlich möglich, dass die geplante Entlastungsstraße die für Landesstraßen erforderliche Netzfunktion zusammen mit dem Teilstück der Kreisstraße K 50 gewönne, das zwischen der Bundesstraße B 244 und der Ortslage von Grasleben verläuft, wenn beide Straßen nach der Fertigstellung des Neubaus einen weitgehend einheitlichen Straßenzug bildeten, der sich aufgrund seines Ausbauzustands eignete, einen sich aus dem vorhandenen Landesstraßenetz voraussichtlich auf ihn verlagernden Verkehr so aufzunehmen, dass dieser sich ohne Wechsel der verkehrlichen Qualität in dem erweiterten Netz bewegen könnte (vgl. Herber, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 9 Rn. 26.2). Viel spricht dafür, dass eben dies nach einer Verwirklichung des Vorhabens der Fall wäre. Denn die Entlastungsstraße und das dann sanierte Teilstück der K 50 würden einen weitgehend einheitlichen Straßenzug von der Bundesstraße B 244 im Westen bis zur Landesstraße L 651 im Osten bilden (vgl. den Übersichtslageplan - Bl. 93 BA E - sowie die Angaben unter 2.2 und die Trassenbeschreibung unter 3.51 des festgestellten Erläuterungsberichts - Bl. 55 bzw. 62 BA E). Dabei mag dahinstehen, ob der gewählte Regelquerschnitt der Entlastungsstraße (RQ 9,5) mit einer Entwurfsgeschwindigkeit von 100 km/h zu vereinbaren ist oder auf eine tatsächlichen Entwurfsgeschwindigkeit von nur 60 km/h hindeutet. Denn die Geschwindigkeiten im Netzmodell, die in der Verkehrsuntersuchung von 1997 ermittelt wurden (Abb. 13, Seite 26 BA K) und bislang im Westen auf dem Teilstück der K 50 zwischen der B 244 und der Ortslage von Grasleben einerseits und im Osten auf der L 651 jenseits der Ortslage von Grasleben gefahren werden, liegen ebenfalls lediglich bei 60 bzw. 70 km/h.

91

d)

Schließlich ist ein Aufhebungsanspruch der Kläger nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Grundsatz gilt, dass ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht besteht, wenn dieselbe Behörde alsbald eine inhaltsgleiche Verfügung neu erlassen müsste. Das ergibt sich nicht allein daraus, dass der zuständige Vorhabensträger die Entlastungsstraße nicht oder anders planen könnte. Sondern es resultiert auch daraus, dass ein Planfeststellungsbeschluss alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend regelt (§§ 38 Abs. 4 NStrG, 1 Abs. 1 NVwVfG, 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG), sodass ein Austausch des sachlich unzuständigen gegen den zuständigen Vorhabensträger eine inhaltliche Änderung des Planfeststellungsbeschlusses darstellen würde, da Rechtsbeziehungen zwischen anderen Rechtssubjekten geregelt werden müssten.