Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.10.2015, Az.: 15 KF 24/13

Einleitungsbeschluss; Enteignung; Ermessen; Planfeststellung; Unternehmensflurbereinigung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.10.2015
Aktenzeichen
15 KF 24/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45143
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Flurbereinigungsbeschlusses - hier: Einleitungsbeschluss in einem Unternehmensflurbereinigungsverfahren - ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der letzten behördlichen Entscheidung.

2. Einwendungen gegen die Planfeststellung hat nicht die Flurbereinigungsbehörde, sondern haben gegebenenfalls die Gerichte im Rahmen der Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses zu überprüfen.

3. Selbst wenn im Hinblick auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Einleitungsbeschlusses die Prüfung über die Zulässigkeit der Enteignung eine Evidenzprüfung durch die Flurbereinigungsbehörde bzw. durch das Flurbereinigungsgericht erforderte, wäre eine Enteignung nur dann unzulässig, wenn die eingeleitete Planfeststellung offenkundig wegen tatsächlicher oder rechtlicher unausräumbarer Hindernisse nicht realisierbar wäre. Die Realisierbarkeit bezieht sich auf das konkrete Unternehmen.

4. Die Ermessensentscheidung über die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung ist am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Dies betrifft auch den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Zur Abgeltung der dem Gericht entstandenen baren Auslagen wird gegen die Kläger ein Pauschsatz in Höhe von 220,00 € festgesetzt; daneben wird eine Gerichtsgebühr nach einem Streitwert von 5.000,00 € erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Einleitungsbeschluss des Funktionsvorgängers des Beklagten vom 21. August 2012 in dem Unternehmensflurbereinigungsverfahren Südtangente Cloppenburg.

Sie sind Eheleute und Eigentümer des Flurstücks G. /H. der Flur I. der Gemarkung Cloppenburg. Auf dem Grundstück befinden sich ein Wohnhaus und eine Ponywiese.

Die Stadt Cloppenburg plant zur Entlastung der innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen den Bau einer südlichen Entlastungsstraße (Südtangente) von der Bundesstraße B 213 im Westen bis zur Landesstraße L 836 im Osten. Die von der geplanten Trasse berührten Flächen sind im südlichen Bereich der Stadt Cloppenburg sowie im nördlichen Teil der Gemeinde Cappeln gelegen. Das Flurstück der Kläger wird von der geplanten Trasse südlich des Wohnhauses durchschnitten.

Auf eine mit Schreiben vom 2. März 2010 erfolgte Anregung der Stadt Cloppenburg beantragte die Regierungsvertretung Oldenburg des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres, Sport und Integration in ihrer Funktion als Enteignungsbehörde mit Schreiben vom 14. April 2010 bei der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Oldenburg als Funktionsvorgänger des Beklagten die Einleitung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens nach den §§ 87 ff. Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) für den Neubau der Südtangente Cloppenburg. Sie stellte zugleich die Zulässigkeit der Enteignung für dieses Vorhaben im Bereich der Gemarkungen Cloppenburg und Cappeln fest. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren eingeleitet werden könne, wenn die Enteignung zulässig sei. Vorliegend ergebe sich die Zulässigkeit der Enteignung aus § 42 Abs. 1 und 2 des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG). Danach sei eine Enteignung zu Gunsten des Trägers der Straßenbaulaust der Landes- und Kreis- sowie der Gemeindestraßen zulässig, soweit sie zur Durchführung eines nach § 38 NStrG festgestellten Bauvorhabens notwendig sei. Grundlage des Vorhabens werde hier ein künftiger Planfeststellungsbeschluss aufgrund von § 38 NStrG sein. Die Stadt Cloppenburg als Straßenbaulastträgerin plane gemeinsam mit der südlich angrenzenden Gemeinde Cappeln den Bau der Südtangente Cloppenburg; es handele sich somit um ein gemeindliches Vorhaben. Es stehe der Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung nicht entgegen, dass ein Planfeststellungsbeschluss für die Südtangente Cloppenburg derzeit noch nicht ergangen sei. Ausweislich des Schreibens der Stadt Cloppenburg vom 2. März 2010 sei beabsichtigt, die Einleitung des für die Maßnahme erforderlichen Planfeststellungsverfahrens alsbald beim Landkreis Cloppenburg als zuständige Planfeststellungsbehörde zu beantragen. Sobald der erforderliche Planfeststellungsbeschluss ergangen und vollziehbar bzw. gegebenenfalls bestandskräftig geworden sei, könne er nach § 42 Abs. 1 Satz 2 NStrG als Grundlage für eine Enteignung dienen. Mit Blick auf die mit dem Vorhaben verfolgten Zwecke erscheine es auch nicht abwegig, davon auszugehen, dass hier im Ergebnis nach der gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 NStrG vorgesehenen Abwägung eine Planfeststellung tatsächlich erfolgen werde. Der Umfang des geplanten Vorhabens mit Nebenanlagen einschließlich der erforderlich werdenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen lasse nach Einschätzung der Enteignungsbehörde darauf schließen, dass zu seiner Umsetzung auch die zwangsweise Entziehung privaten Grundeigentums im Bereich des von der Baumaßnahme betroffenen Gebietes der Stadt Cloppenburg sowie der Gemeinde Cappeln erforderlich werden werde. Es solle für den Bau der Südtangente eine Vielzahl von Grundstücken in Anspruch genommen werden, was erhebliche Eingriffe in die allgemeine Landeskultur zur Folge haben werde. Um diese Eingriffe in bestehende Strukturen auszugleichen und zu mildern, erscheine es sinnvoll, für den Bau der Südtangente ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren durchzuführen, um den Flächenbedarf auf einen größeren Kreis von Eigentümern verlagern zu können.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 leitete der Landkreis Cloppenburg als Planfeststellungsbehörde das Planfeststellungsverfahren für den Bau der Südtangente Cloppenburg ein, indem er den beteiligten Trägern öffentlicher Belange die Pläne zur Stellungnahme zuleitete. Die öffentliche Auslegung der Unterlagen erfolgte vom 9. bis zum 23. November 2011.

Die Kläger erhoben mit Schreiben vom 25. November 2011 Einwendungen gegen den Neubau der Südtangente Cloppenburg gegenüber dem Landkreis Cloppenburg. Sie wiesen unter anderem darauf hin, dass sie die von der Stadt Cloppenburg geplante Unternehmensflurbereinigung ablehnten. Sie wollten nicht mit Zwang „neugeordnet“ und/oder enteignet werden.

Am 14. Dezember 2011 fand ein Aufklärungstermin statt, in dem die beteiligten Grundstückseigentümer von dem Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen über das geplante Flurbereinigungsverfahren und die voraussichtlich entstehenden Kosten informiert wurden. Mit Anhörungsschreiben vom 8. Dezember 2011 wurden zudem die landwirtschaftliche Berufsvertretung sowie die betroffenen Behörden, Gemeinden und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts über das geplante Verfahren unterrichtet.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 erfolgte im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens durch den Landkreis Cloppenburg eine erneute Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie eine erneute öffentliche Auslegung der Unterlagen in der Zeit vom 17. bis zum 31. August 2012. Grund dafür war eine bislang fehlende Umweltverträglichkeitsstudie.

Durch Beschluss vom 21. August 2012 leitete das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen als Funktionsvorgänger des Beklagten - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - gemäß § 87 FlurbG für Teile der Stadt Cloppenburg und der Gemeinde Cappeln das Flurbereinigungsverfahren Südtangente Cloppenburg ein, um den Landverlust der betroffenen Grundstückseigentümer anlässlich des Baues der innerstädtischen Entlastungsstraße (Südtangente) durch Austausch mit Ersatzflächen zu vermeiden und um die durch die Maßnahme entstehenden Nachteile für die allgemeine Landeskultur zu vermindern oder zu beseitigen. Durch den Bau der Südtangente würden ländliche Grundstücke in großem Umfang in Anspruch genommen. Die geplante Trasse durchschneide auf einer Länge von ca. 6,4 km intensiv landwirtschaftlich genutztes Gebiet mit der Folge, dass in erheblichem Umfang unwirtschaftliche Restflächen entstünden, für die dann auch keine Erschließung mehr gegeben sei. Der Einwirkungsbereich umfasse ca. 690 ha. Mit dem Flurbereinigungsverfahren sollten die landeskulturellen Nachteile, die durch den Bau der innerörtlichen Entlastungsstraße zu erwarten seien, gemildert bzw. vermieden werden. Die Stadt Cloppenburg habe als Unternehmensträger der Größe nach alle im Verfahrensgebiet benötigten Austauschflächen erworben und beabsichtige zur Verbesserung der Austauschmöglichkeiten weitere gut geeignete Flächen freihändig zu erwerben. Damit entfalle eine Regelung über das Ausmaß der Verteilung des Landverlusts mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung. Der Einwirkungsbereich sei mit dem Unternehmensträger vorläufig abgestimmt und werde später zum Zeitpunkt der vorläufigen Besitzeinweisung überprüft und festgesetzt, da erst dann die vollständige Einwirkung des Unternehmens feststehe. Neben den genannten Zielen sollten ferner Ziele nach §§ 1, 37 FlurbG verwirklicht werden. In einem Teilbereich des Verfahrensgebiets von 13 ha außerhalb des Einwirkungsbereichs bestünden teilweise agrarstrukturelle Mängel durch ungünstige Besitzverhältnisse bzw. Planformen. Die Abgrenzung des Verfahrens sei so gewählt, dass der erforderliche Rahmen für die notwendigen Bodenordnungsmaßnahmen vorhanden sei und dass voraussichtlich alle austauschbaren Grundstücke der betroffenen Landwirte einbezogen seien.

Das festgestellte Verfahrensgebiet umfasste bei Erlass des Einleitungsbeschlusses eine Gesamtfläche von rund 703 ha mit 116 Teilnehmern. Es liegt im Landkreis Cloppenburg in den Gemarkungen Cappeln und Cloppenburg. Die Kläger sind mit einer Fläche im Umfang von 1,0846 ha unter der Ordnungsnummer 182 Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens.

Der entscheidende Teil des Flurbereinigungsbeschlusses wurde in der Münsterländischen Tageszeitung und der Nordwest-Zeitung am 31. August 2012 sowie in der Oldenburgischen Volkszeitung am 5. September 2012 veröffentlicht. Zudem hat der vollständige Einleitungsbeschluss in den Stadtverwaltungen Cloppenburg und Vechta sowie den Gemeindeverwaltungen Cappeln, Bakum, Emstek, Essen, Garrel, Lastrup und Molbergen jeweils für einen Zeitraum von mindestens einem Monat zur Einsichtnahme ausgelegen.

Die Kläger legten mit Schreiben vom 26. September 2012, eingegangen bei dem Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen am 28. September 2012, gegen den Einleitungsbeschluss Widerspruch ein. Sie machten unter Bezugnahme auf ihre im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens erhobenen Einwendungen im Wesentlichen geltend: Die Südtangente solle wenige Meter von ihrem Haus entfernt quer durch ihre Ponyweide ohne jeden Emissionsschutz gebaut werden. Die Folgen wären krankmachende Lärm- und Feinstaubemissionen. Falls die Südtangente realisiert werden sollte, erwarteten sie, dass die Größe und die Lage ihres Hausgrundstücks und ihrer Weide so bestehen blieben wie diese im Augenblick vorhanden seien.

Am 12. Dezember 2012 fand eine Verhandlung über den Widerspruch der Kläger statt. Die Kläger erhielten ihren Widerspruch aufrecht.

Unter dem 12. Februar 2013 hob das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen die Anordnung der sofortigen Vollziehung zum Flurbereinigungsbeschluss auf.

Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen als Funktionsvorgänger des Beklagten wies den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2013 zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Der nach § 87 FlurbG erforderliche Antrag sei am 14. April 2010 durch die Regierungsvertretung Oldenburg als zuständige Enteignungsbehörde gestellt worden. Sie habe festgestellt, dass aus besonderem Anlass die Enteignung zulässig sei. Durch eine Enteignung würden ländliche Grundstücke in großem Umfang in Anspruch genommen. Bezüglich der Flächenbeanspruchung für Baumaßnahmen und notwendige Kompensationsmaßnahmen einschließlich der vorübergehend benötigten Flächen für Arbeitsstreifen könne der Unternehmensträger derzeit bereits innerhalb und außerhalb der Trasse ausreichend Flächen bereitstellen, die entsprechend in die Trasse bzw. in die naturschutzrechtlichen Austauschflächen getauscht werden sollen. Aufgrund des Landerwerbs des Unternehmensträgers sei es möglich, einen Landverlust für die Teilnehmer zu vermeiden. Die für die allgemeine Landeskultur durch den Bau der Südtangente nebst Anschlussstrecken entstehenden Nachteile könnten mit Hilfe des Flurbereinigungsverfahrens gemindert oder vermieden werden. So solle im Einzelnen eine Neugestaltung bzw. Anpassung des Wege- und Gewässernetzes unter Berücksichtigung der vorhandenen Biotopstrukturen und die Schaffung wirtschaftlicher Planformen im Durchschneidungsbereich erfolgen. Gleichzeitig sollten die von der Stadt Cloppenburg erworbenen Flächen für die Trasse als auch für die notwendigen Kompensationsmaßnahmen rechtzeitig und lagerichtig ausgewiesen werden. Durch geeignete Flächentausche, Arrondierung und Verwertung unwirtschaftlicher Restflächen solle der Eingriff in die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe gemildert werden. Gemäß § 87 Abs. 2 FlurbG könne ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren angeordnet werden, wenn das Planfeststellungsverfahren eingeleitet sei. Das Planfeststellungsverfahren sei vorliegend am 10. Oktober 2011 eingeleitet worden. Dieses Verfahren entspreche dem gesetzgeberischen Motiv, frühzeitig eine sachdienliche Abstimmung des Flurbereinigungsverfahrens mit der Planung und Ausführung des Unternehmens herbeizuführen. Die Begrenzung des Flurbereinigungsgebiets sei nach § 7 FlurbG erfolgt. Das Gebiet beziehe sich auf einen Bereich, in dem durch bodenordnerische Maßnahmen der durch die Baumaßnahme verursachte Schaden kompensiert bzw. minimiert werden könne. Das Flurstück der Kläger liege im Einwirkungsbereich der Baumaßnahme. Eine Herausnahme ihrer Flächen würde den Zielen des Flurbereinigungsverfahrens widersprechen.

Die Kläger haben am 29. November 2013 Klage erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage tragen sie vor:

Die Zulässigkeit der Enteignung solle sich aus § 42 NStrG ergeben. Diese Vorschrift sehe die Möglichkeit der Enteignung zugunsten des Trägers der Straßenbaulast vor. Die Stadt Cloppenburg könne jedoch nicht Träger der Straßenbaulast sein, da es sich bei der geplanten Straße nicht um eine Gemeindestraße handele. Die Straße solle zudem teilweise außerhalb des Gemeindegebiets der Stadt Cloppenburg verlaufen. Sie habe überregionalen Charakter. Von ihrem Ausbaustandard und ihrer Funktion her sei sie mindestens als Landesstraße einzustufen. Sie beginne und ende bei Bundesstraßen. Es handele sich um den Lückenschluss zwischen überregionalen Straßen. Die Stadt Cloppenburg sei daher nicht zuständig für den Bau der Straße. Es fehle somit an einer Voraussetzung für den enteignenden Tatbestand, was sowohl von der Enteignungsbehörde als auch von der Flurbereinigungsbehörde zu überprüfen sei. Dies sei nicht geschehen. Die Ermessensentscheidung sei völlig ausgefallen.

Bereits am 2. März 2010 habe die Stadt Cloppenburg bei der zuständigen Enteignungsbehörde die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung vorgeschlagen. Die Regierungsvertretung Oldenburg habe ihrerseits am 14. April 2010 festgestellt, dass die Enteignung zulässig sei und habe einen Antrag auf Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens gestellt. Zu diesem Zeitpunkt habe es noch kein Planfeststellungsverfahren gegeben. Die öffentliche Auslegung sei erst eineinhalb Jahre später erfolgt, die zweite Auslegung sogar erst im Sommer 2012. Noch vor der Beendigung der (zweiten) öffentlichen Auslegung im straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren habe der Beklagte mit Beschluss vom 21. August 2012 das Flurbereinigungsverfahren eingeleitet. Dadurch, dass der Antrag auf Einleitung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens dem Beklagten bereits vor der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens vorgelegen habe, hätte er die Zuständigkeit des Straßenbauträgers eigenständig überprüfen müssen. Denn das Unternehmensflurbereinigungsverfahren diene dazu, die Zulässigkeit der Enteignung für das Unternehmen herbeizuführen. Die Zulässigkeit der Enteignung liege jedoch nur vor, wenn der Träger des Vorhabens auch Träger der Straßenbaulast für die geplante Trasse der Südtangente sei.

Der Beklagte mache auch keine Ausführungen dazu, ob die vorzeitige Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens nach § 87 Abs. 2 Satz 1 FlurbG in Anspruch genommen werden solle. Voraussetzung dafür sei, dass sich das Planfeststellungsverfahren bereits derart verfestigt habe, dass eine vorzeitige Einleitung der Unternehmensflurbereinigung zweckmäßig erscheine. Sowohl die verspätete Einleitung des Planfeststellungsverfahrens als auch die bereits zweite öffentliche Auslegung und die zurzeit stattfindende weitere Überarbeitung der Planfeststellungsunterlagen sprächen dafür, dass eine Verfestigung des Planfeststellungsverfahrens nicht stattgefunden habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass das Planfeststellungsverfahren die bei der Planung auftretenden Konflikte lösen könne. Die Planung stehe im Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung. Es ergäben sich Probleme des Wasserrechts und des Naturschutzrechts. Auch dies betreffe die Frage der Enteignungsfähigkeit und damit die Zulässigkeit der Unternehmensflurbereinigung. Es sei wiederum ein Ermessensausfall gegeben.

Die Kläger beantragen,

1. den Beschluss des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen über die Einleitung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens Südtangente Cloppenburg vom 21. August 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2013 aufzuheben;

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert:

Die von den Klägern aufgeworfene Frage der Zuständigkeit des Unternehmensträgers und der Planfeststellungsbehörde sei nicht Gegenstand der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses zur Anordnung der Flurbereinigung, sondern bleibe einer Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsverfahrens für die Umgehungsstraße vorbehalten. Die Flurbereinigungsbehörde sei nicht zuständig für das Planfeststellungsverfahren. Vielmehr prüfe zunächst die Enteignungsbehörde in eigener Zuständigkeit die Zulässigkeit der Enteignung für das Unternehmen, hier der Stadt Cloppenburg. Sie habe dies bejaht und mit Schreiben vom 14. April 2010 der Flurbereinigungsbehörde mitgeteilt. Unter anderem auf dieser von hier aus nicht zu beanstandenden Grundlage sei das Flurbereinigungsverfahren eingeleitet worden. Die Unternehmensflurbereinigung führe nicht die Zulässigkeit der Enteignung herbei, sondern solle deren Folgen für die betroffenen Grundstückseigentümer reduzieren bzw. beseitigen.

Nach § 87 Abs. 2 FlurbG könne das Flurbereinigungsverfahren angeordnet werden, wenn das Planfeststellungsverfahren für das Unternehmen eingeleitet sei. Dies bedeute, dass das Anhörungsverfahren im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens begonnen haben müsse, indem die Pläne den beteiligten Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme zugeleitet werden. Da dies mit Schreiben des Landkreises Cloppenburg vom 10. Oktober 2011 bzw. 31. Juli 2012 erfolgt sei, habe die Unternehmensflurbereinigung rechtsfehlerfrei mit Beschluss vom 21. August 2012 angeordnet werden können. Im Übrigen würden Änderungen der Planfeststellung auch nach Einleitung der Unternehmensflurbereinigung bei ihrer Durchführung berücksichtigt und dadurch die Rechte der Teilnehmer an der Unternehmensflurbereinigung umfassend gewahrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die auf Aufhebung des Einleitungsbeschlusses vom 21. August 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2013 gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage zulässig (vgl. Urteil des Senats vom 25.02.2015 - 15 KF 3/14 -, RdL 2015, 128 = juris). Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Der Einleitungsbeschluss des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen über die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung Südtangente Cloppenburg vom 21. August 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist insoweit der Zeitpunkt des Erlasses der letzten behördlichen Entscheidung. Zwar ist für die Begründetheit der Klage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht maßgeblich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.07.1991 - 5 B 59.91 -, NVwZ-RR 1992, 52 = RdL 1991, 207 = juris). Da hierfür jedoch das materielle Recht vorrangig ist, kommt es auf diesen Zeitpunkt nur dann an, wenn sonstiges materielles Recht nichts regelt (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Auflage 2013, § 144 Rn. 9). Dies ist hier der Fall. Im Unternehmensflurbereinigungsverfahren hat die Flurbereinigungsbehörde auftretende Veränderungen bei der Planung und Durchführung des zugrundeliegenden Unternehmens - hier der geplanten Straßenbaumaßnahme - mit den ihr rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln durch eine Veränderung des Flurbereinigungsgebiets nach § 8 FlurbG, eine Einstellung des Verfahrens nach § 9 FlurbG oder Fortführung des Verfahrens nach Maßgabe der §§ 1 und 37 oder des § 86 FlurbG, wenn dafür die Voraussetzungen vorliegen, Rechnung zu tragen. Das trifft insbesondere auch für Änderungen der gegenwärtig geplanten Trassenführung zu oder wenn die geplante Straßenbaumaßnahme nicht zur Ausführung gelangt, vgl. § 87 Abs. 3 FlurbG (vgl. Urteil des Senats vom 23.01.2001 - 15 K 599/00 -, n. v.). Diese Regelungen machen deutlich, dass der Gesetzgeber spezielle Vorkehrungen für den Fall von nachträglichen Änderungen getroffen hat. Bei Anfechtungsklagen gegen die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens - hier die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung - ist damit auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1985, - 5 C 130.83 -, BVerwGE 71, 108 = NVwZ 1985, 739 = DVBl.1985, 1135 = juris). Im Hinblick auf den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens kommt es daher insbesondere nicht darauf an, ob sich im Planfeststellungsverfahren nach Einleitung der Unternehmensflurbereinigung nachträglich wesentliche Änderungen ergeben haben. Vielmehr würde damit ein - nicht streitgegenständliches - Verpflichtungsbegehren auf Einstellung des Verfahrens geltend gemacht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2012 - OVG 70 A 5.09 -, juris).

Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung ist § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG. Danach kann auf Antrag der Enteignungsbehörde ein Flurbereinigungsverfahren eingeleitet werden, wenn aus besonderem Anlass eine Enteignung zulässig ist, durch die ländliche Grundstücke im großen Umfang in Anspruch genommen würden, und der den Betroffenen entstehende Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt oder Nachteile für die allgemeine Landeskultur, die durch das Unternehmen entstehen, vermieden werden sollen. Das Ausmaß der Verteilung des Landverlustes ist im Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung zu regeln, vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2 FlurbG. Die Unternehmensflurbereinigung kann nach § 87 Abs. 2 Satz 1 FlurbG bereits dann angeordnet werden, wenn das Planfeststellungsverfahren oder ein entsprechendes Verfahren für das Unternehmen, zu dessen Gunsten die Enteignung durchgeführt werden soll, eingeleitet ist.

Die hiernach erforderlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung Südtangente Cloppenburg sind gegeben.

1. Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht.

Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen hat als seit dem 1. Januar 2011 zuständige Flurbereinigungsbehörde vor dem Erlass des Einleitungsbeschlusses in einer Aufklärungsversammlung am 14. Dezember 2011 entsprechend § 88 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 FlurbG die voraussichtlich beteiligten Grundstückseigentümer über das geplante Unternehmensflurbereinigungsverfahren einschließlich der zu erwartenden Kosten aufgeklärt. Mit Anhörungsschreiben vom 8. Dezember 2011 hat es zudem gemäß § 5 Abs. 2 und 3 FlurbG die landwirtschaftliche Berufsvertretung sowie die betroffenen Behörden und Gemeinden und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts über das geplante Verfahren, dessen Durchführung und die voraussichtlichen Kosten unterrichtet.

Das Landesamt hat gemäß § 88 Nr. 1 in Verbindung mit § 4 FlurbG in dem Flurbereinigungsbeschluss auf den besonderen Zweck des Verfahrens hingewiesen.

Eventuelle Mängel der öffentlichen Bekanntmachung nach § 6 Abs. 2, § 110 FlurbG sind nicht ersichtlich. Der entscheidende Teil des Flurbereinigungsbeschlusses wurde in der Münsterländischen Tageszeitung und der Nordwest-Zeitung am 31. August 2012 sowie in der Oldenburgischen Volkszeitung am 5. September 2012 veröffentlicht. Zudem hat der vollständige Einleitungsbeschluss in den Stadtverwaltungen Cloppenburg und Vechta sowie den Gemeindeverwaltungen Cappeln, Bakum, Emstek, Essen, Garrel, Lastrup und Molbergen jeweils für einen Zeitraum von mindestens einem Monat zur Einsichtnahme ausgelegen.

2. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens Südtangente Cloppenburg nach § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG liegen vor.

a) Die Regierungsvertretung Oldenburg des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres, Sport und Integration hat als zuständige Enteignungsbehörde nach § 19 des Niedersächsischen Enteignungsgesetzes (NEG) mit Schreiben vom 14. April 2010 bei der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Oldenburg als Funktionsvorgänger des Beklagten beantragt, die Unternehmensflurbereinigung im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Bau der Südtangente Cloppenburg anzuordnen.

Die Rechtmäßigkeit des angeordneten Flurbereinigungsverfahrens wird entgegen der Auffassung der Kläger nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Antrag auf Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens im Zusammenhang mit dem Bau der Südtangente Cloppenburg von der Enteignungsbehörde bereits am 14. April 2010 gestellt worden ist, d. h. unstreitig zu einem Zeitpunkt, in dem das Planfeststellungsverfahren noch nicht eingeleitet gewesen ist. Denn auf den Zeitpunkt der Antragstellung stellt das Flurbereinigungsgesetz nicht ab, sondern allein auf den Zeitpunkt der Anordnung der Unternehmensflurbereinigung. Ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren kann nach § 87 Abs. 2 Satz 1 FlurbG bereits angeordnet werden, wenn das fachrechtliche Verfahren für das Unternehmen, zu dessen Gunsten die Enteignung durchgeführt werden soll, lediglich eingeleitet ist (dazu im Einzelnen unter f)).

b) Eine Enteignung ist aus besonderem Anlass zulässig.

Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn nach einem besonderen Gesetz eine Rechtsgrundlage für die Enteignung vorhanden und die Enteignung nach dieser Vorschrift zulässig ist (vgl. Aust in: Kodal, Straßenrecht Handbuch, 7. Auflage, Kapitel 40 Rn. 16). Die allgemeine Zulässigkeit der Enteignung für das geplante Vorhaben richtet sich nach den Vorgaben des für das jeweilige Unternehmen geltenden Fachgesetzes. Lediglich der Vollzug der Enteignung erfolgt statt nach den sonst geltenden Vorschriften über das Enteignungsverfahren im Rahmen eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens nach §§ 87 ff. FlurbG (vgl. Beschluss des Senats vom 25.02.2009 - 15 MF 5/09 -, AUR 2009, 251 = juris, m. w. N.).

Ob die Enteignung zulässig ist, hat die Enteignungsbehörde in eigener Zuständigkeit zu prüfen (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr,a. a. O., § 87 Rn. 4). Dies entspricht der Ziffer 1.1 des Gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr „Unternehmensflurbereinigungen; Durchführung der Flurbereinigung unter Anwendung der §§ 87 ff. des Flurbereinigungsgesetzes“ in der hier noch anwendbaren Fassung vom 8. Februar 2007 (- 306-61141 -; Nds. MBl. 2007, 165), der eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift darstellt. Danach prüft die Enteignungsbehörde die Zulässigkeit der Enteignung in eigener Zuständigkeit.

Die meist im Antrag nach § 87 Abs. 1 FlurbG enthaltene Entscheidung der Enteignungsbehörde ist mangels unmittelbarer Außenwirkung kein Verwaltungsakt. Das Vorliegen einer Rechtsgrundlage für die Enteignung ist aber inzident im flurbereinigungsrechtlichen Verfahren zu prüfen; eine Bindung an den nicht als Verwaltungsakt einzustufenden Antrag der Enteignungsbehörde, wonach die Voraussetzungen der Enteignung gegeben seien, also auch eine taugliche Rechtsgrundlage vorhanden sei, besteht nicht (vgl. Urteil des Senats vom 25.02.2015, a. a. O.; Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 4). Ausreichend ist jedoch die Prüfung, ob für die im Einzelfall in Aussicht genommene Maßnahme außerhalb des Flurbereinigungsverfahrens eine Enteignung dem Grunde nach zulässig wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1985, a. a. O.).

Die rechtliche Grundlage für die Zulässigkeit einer Enteignung ergibt sich vorliegend aus § 42 NStrG. Dies hat bereits die Regierungsvertretung Oldenburg in ihrer Funktion als Enteignungsbehörde geprüft und bejaht. Sie hätte den Antrag zurückgewiesen, wenn die Enteignung offensichtlich unzulässig gewesen wäre, vgl. § 21 NEG. Diese Prüfung der Enteignungsbehörde hat sich der Funktionsvorgänger des Beklagten zu Eigen gemacht. Nach § 42 NStrG haben die Träger der Straßenbaulast für Landes- und Kreisstraßen sowie für Gemeindestraßen im Außenbereich zur Erfüllung ihrer Aufgaben das Enteignungsrecht. Die Durchführung eines Enteignungsverfahrens ist zulässig, soweit es zur Ausführung eines nach § 38 festgestellten Planes notwendig ist. Einer weiteren Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung bedarf es nicht. Das Enteignungsrecht vermittelt einen verfahrensrechtlichen Anspruch gegen die Enteignungsbehörde auf Durchführung des Enteignungsverfahrens; zugleich liegt darin die Anerkennung, dass der Bau öffentlicher Straßen dem Allgemeinwohl dient (vgl. Aust in: Kodal, a. a. O., Kapitel 39 Rn. 14).

Hier plant die Stadt Cloppenburg zur Entlastung der innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen den Bau einer südlichen Entlastungsstraße. Grundlage des Vorhabens soll ein Planfeststellungsbeschluss nach § 38 NStrG sein. Ausweislich der Planunterlagen (vgl. Erläuterungsbericht in dem Planfeststellungsverfahren - Stand: 23.07.2012) ist die Entlastungsstraße als Gemeindeverbindungsstraße konzipiert. Die Zuständigkeit für den Bau einer öffentlichen Straße in Niedersachsen, die nicht Bundesfernstraße ist, liegt bei dem landesrechtlich bestimmten Träger der Straßenbaulast, die alle mit dem Bau der Straßen zusammenhängenden Aufgaben umfasst, vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 NStrG. Träger der Straßenbaulast für Landesstraßen und Kreisstraßen sind das Land bzw. der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, vgl. § 43 Abs. 1 NStrG. Träger der Straßenbaulast für Gemeindestraßen sind die Gemeinden, vgl. § 48 Satz 1 NStrG. Nach der Konzeption der Planunterlagen ist danach die Stadt Cloppenburg Träger der Straßenbaulast für die geplante Gemeindestraße, so dass für sie die Enteignung nach § 42 NStrG dem Grunde nach zulässig ist.

Soweit die Kläger darauf hinweisen, die Stadt Cloppenburg könne nicht Träger der Straßenbaulast sein, da es sich bei der geplanten Straße - ihrer Ansicht nach - nicht um eine Gemeindestraße handele und diese zudem auch noch teilweise außerhalb des Gemeindegebiets der Stadt Cloppenburg verlaufen solle, führt dies nicht zum Erfolg. Die Kläger machen mit ihrem Einwand der fehlenden Zuständigkeit der Stadt Cloppenburg für den geplanten Straßenbau im Kern einen Fehler der Planfeststellung geltend. Denn ein Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig, wenn er auf Antrag eines Vorhabenträgers ergeht, dem die Zuständigkeit für den geplanten Straßenbau fehlt (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 22.02.2012 - 7 LC 83/10 -, NdsVBl 2012, 212 = juris, m. w. N.). Einwendungen gegen die Planfeststellung hat jedoch nicht die Flurbereinigungsbehörde, sondern haben ggf. die Gerichte im Rahmen der Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses zu überprüfen (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 4, m. w. N.). Dies muss hier auch deshalb gelten, weil es sich bei der Frage, wie eine Straße einzustufen und wer infolgedessen für ihren Bau zuständig ist, um eine umfangreiche, fachrechtliche Prüfung handelt. Wie eine Straße einzustufen ist, ergibt sich nach § 3 Abs. 1 NStrG aus ihrer überwiegenden Verkehrsbedeutung. Die Prüfung der Verkehrsbedeutung eines geplanten Straßenneubaus muss in zwei Richtungen gehen: Zum einen ist zu ermitteln, welcher Verkehr für die geplante Straße prognostiziert wird. Zum anderen ist zu untersuchen, ob der geplanten Straße eine Funktion im Verkehrsnetz zukäme und ggf. welche Funktion dies wäre (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 22.02.2012, a. a. O.). Diese Prüfung muss dem dafür vorgesehenen Planfeststellungsverfahren und ggf. der Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses vorbehalten bleiben. Die Flurbereinigungsbehörde ist für eine solche fachrechtliche Prüfung nicht kompetent. Gleiches gilt für die Frage, ob die Zuständigkeit der Stadt Cloppenburg dadurch entfällt, dass die geplante Straße teilweise außerhalb ihres Gemeindegebiets verläuft. Denn auch insoweit bedarf es einer Prüfung in dem Planfeststellungsverfahren, ob sich die Stadt Cloppenburg gegenüber der Gemeinde Cappeln beispielsweise verbindlich verpflichtet hat, die mit der Straßenbaulast verbundenen Verpflichtungen dauerhaft zu übernehmen, ob zwischen diesen beiden Rechtsträgern eine sonstige Vereinbarung getroffen worden ist und ob eine solche rechtlich zulässig ist.

Selbst wenn im Hinblick auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Einleitungsbeschlusses (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.03.1987 - 1 BvR 1046/85 -, BVerfGE 74, 264 = juris) die Prüfung über die Zulässigkeit der Enteignung zumindest eine Evidenzprüfung durch die Flurbereinigungsbehörde und nachfolgend das Flurbereinigungsgericht erforderte, wäre eine Enteignung nur dann unzulässig, wenn die eingeleitete Planfeststellung offenkundig wegen tatsächlicher oder rechtlicher unausräumbarer Hindernisse nicht realisierbar wäre. Die Realisierbarkeit bezieht sich insoweit auf das konkrete Unternehmen. Solche offenkundigen und nicht ausräumbaren Hindernisse bezogen auf das konkrete Unternehmen - Südtangente Cloppenburg - sind vorliegend nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als dasselbe Vorhaben auch auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt und/oder auf einen anderen Träger umgestellt werden kann. Eine Enteignung für das Vorhaben „Südtangente Cloppenburg“ wäre daher bei einem anderen möglichen Träger nicht von vornherein unzulässig (vgl. Urteil des Senats vom 25.02.2015, a. a. O.).

c) Eine Enteignung nähme ländliche Grundstücke im großen Umfang in Anspruch.

Insoweit ist in erster Linie auf den räumlichen Umfang des sich aus dem Planfeststellungsbeschluss bzw. den Planunterlagen ergebenden Landbedarfs abzustellen. Der für das Unternehmen erforderliche Landbedarf ist dann von großem Umfang, wenn die beanspruchten Flächen zusammen und für sich betrachtet eine nicht unbeträchtliche Hektar-Anzahl aufweisen. Diese Voraussetzung ist in der Regel bereits bei einem Landbedarf ab 5 ha gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.05.1983 - 5 C 2.81 -, RdL 1983, 293 = juris; BVerwG, Urteil vom 06.07.1989 - 5 C 51.87 -, BVerwGE 82, 205 = NVwZ 1990, 471 = juris).

Die geplante Südtangente Cloppenburg durchschneidet ausweislich der schriftlichen Anregung der Stadt Cloppenburg vom 2. März 2010, der zur Veranschaulichung ein Vorabzug des Übersichtslageplans der Planunterlagen beigefügt war, auf einer Länge von ca. 6,5 km eine Vielzahl von Grundstücken. Die Regierungsvertretung Oldenburg in ihrer Funktion als Enteignungsbehörde hat in ihrem Antrag auf Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens darauf hingewiesen, dass der Umfang des geplanten Vorhabens mit Nebenanlagen einschließlich der erforderlich werdenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen darauf schließen lasse, dass zu seiner Umsetzung auch die zwangsweise Einziehung privaten Grundeigentums erforderlich werden wird. Der Beklagte hat auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, dass ein Flächenbedarf für die geplante Straße von rd. 17,3 ha sowie für Kompensationsmaßnahmen im Verfahrensgebiet von rd. 10,6 ha bestehe. Im Verfahrensgebiet besteht danach ein Landbedarf von rd. 27,9 ha. Es ist damit deutlich zu erkennen - und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig -, dass eine Enteignung ländliche Grundstücke im großen Umfang in Anspruch nähme.

d) Durch die angeordnete Flurbereinigung soll ausweislich der Begründung des Einleitungsbeschlusses der Landverlust der betroffenen Grundstückseigentümer anlässlich des Baus der innerstädtischen Entlastungsstraße (Südtangente) durch Austausch mit Ersatzflächen vermieden werden. Des Weiteren sollen durch die Maßnahme entstehende Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermieden oder beseitigt werden. Durch die geplante Straße werden zahlreiche Flurstücke und landwirtschaftlich genutzte Flächen durchschnitten, so dass diese in Form und Größe nachteilig verändert werden und in erheblichem Umfang unwirtschaftliche Restflächen entstehen, für die dann auch keine Erschließung mehr gegeben ist. Durch geeignete Flächentausche und Arrondierungen soll unter Einbeziehung unwirtschaftlicher Restflächen der Eingriff in die gewachsene Bewirtschaftungsstruktur so gemildert werden, dass den Betrieben keine schwerwiegenden Nachteile verbleiben. Die Stadt Cloppenburg als Unternehmensträger hat der Größe nach alle im Verfahrensgebiet benötigten Austauschflächen erworben - derzeit stehen 29 ha zur Verfügung - und beabsichtigt zur Verbesserung der Austauschmöglichkeiten weitere gut geeignete Austauschflächen freihändig zu erwerben. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Trassenverlauf und der Landverlust im Planfeststellungsverfahren noch ändern können.

e) Eine Regelung des Ausmaßes der Verteilung des Landverlustes im Einvernehmen mit der landwirtschaftliche Berufsvertretung nach § 87 Abs. 1 Satz 2 FlurbG war vorliegend nicht erforderlich. Steht von vornherein fest, dass es zu einem Landabzug nicht kommen wird, weil der Unternehmensträger - wie hier - an anderer Stelle im Gebiet genug Ersatzland aufgekauft hat, so ist das Einvernehmen wegen Wegfall seines Schutzzwecks nicht erforderlich. In diesem Fall kann es kein „Ausmaß der Verteilung“ geben (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 14, m. w. N.). Sollte es aufgrund von erheblichen Änderungen des geplanten Straßenbauvorhabens im Ergebnis doch zu einem Landabzug kommen, führt dies lediglich dazu, dass dann das Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung hergestellt werden muss (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 14, für den Fall der Ausdehnung des Verfahrenszwecks). Im Übrigen ist das Einvernehmen nach neuerer Rechtsprechung keine Voraussetzung für die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung, da das Einvernehmen die zumutbare Belastung mitbestimmen soll, sich diese aber erst mit dem Flurbereinigungsplan bzw. der vorläufigen Besitzeinweisung realisiert (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 17.09.2003 - 8 D 35/01.G -, AUR 2005, 167 = juris, m. w. N.; Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 15).

f) Nach § 87 Abs. 2 Satz 1 FlurbG kann ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren bereits angeordnet werden, wenn das fachrechtliche Verfahren für das Unternehmen, zu dessen Gunsten die Enteignung durchgeführt werden soll, lediglich eingeleitet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, juris). Den schutzwürdigen Interessen der Beteiligten wird dabei dadurch Rechnung getragen, dass die Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans (§ 59 FlurbG) und die vorläufige Besitzeinweisung (§ 65 FlurbG) erst vorgenommen werden dürfen, nachdem die Planfeststellung für das Unternehmen unanfechtbar geworden oder für vollziehbar erklärt worden ist, vgl. § 87 Abs. 2 Satz 2 FlurbG.

Für die Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens durch die obere Flurbereinigungsbehörde genügt nach dem Gesetzeswortlaut damit die Einleitung des dem enteignungsbegünstigten Unternehmen zugrundeliegenden Planfeststellungsverfahrens oder eines entsprechenden Verfahrens (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 20). Einleitung bedeutet Beginn des Anhörungsverfahrens. Denn damit bezeugt die Anhörungsbehörde, dass sie die Planung als spruchreif ansieht (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 22, m. w. N.).

§ 87 Abs. 2 Satz 1 FlurbG dient der Verfahrensbeschleunigung und der effizienten schrittweisen Abstimmung von Flurbereinigung und Fachplanung, wobei im Zeitpunkt der Einleitung des fachrechtlichen Verfahrens - hier des Planfeststellungsverfahrens - noch nicht feststeht, welche konkreten Grundstücke für das Unternehmen in Anspruch genommen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.2009 - 9 C 9.08 -, BVerwGE 135, 110 = NVwZ-RR 2010, 418 = juris). Es wird eine sachdienliche zeitliche Abstimmung des Flurbereinigungsverfahrens mit der Planung und Ausführung des Unternehmens ermöglicht (vgl. Aust in: Kodal, a. a. O., Kapitel 40 Rn. 21). Der Zeitraum zwischen Einleitung der Planfeststellung und ihrer Unanfechtbarkeit kann für die Flurbereinigung genutzt werden (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 20).

Daher ist auch in Ziffer 1.3 des Gemeinsamen Runderlasses vom 8. Februar 2007 festgelegt, dass der formelle Antrag rechtzeitig an die Flurbereinigungsbehörde zu richten ist, damit das Flurbereinigungsverfahren unmittelbar nach Einleitung des vorhabensrechtlichen Planfeststellungsverfahrens angeordnet werden kann. Ziffer 1.5 des Gemeinsamen Runderlasses bestätigt den Gesetzeswortlaut des § 87 Abs. 2 Satz 1 FlurbG, wonach die Voraussetzungen für die Anordnung des Unternehmensverfahrens vorliegen, wenn u. a. die Planfeststellung oder ein entsprechendes Verfahren für das Unternehmen, zu dessen Gunsten die Enteignung durchgeführt werden soll, zumindest eingeleitet, d.h. der Plan zur Einsichtnahme ausgelegt ist.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Landkreis Cloppenburg hat als für den Bau der geplanten Gemeindeverbindungsstraße zuständige Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde nach § 38 Abs. 5 NStrG das Planfeststellungsverfahren mit dem Anhörungsverfahren im Herbst 2011 begonnen. Er hat mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 den beteiligten Trägern öffentlicher Belange die Pläne zur Stellungnahme zugeleitet und die Unterlagen in der Zeit vom 9. bis zum 23. November 2011 öffentlich ausgelegt. Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 ist durch den Landkreis Cloppenburg eine erneute Beteiligung der Träger öffentlicher Belange sowie eine erneute öffentliche Auslegung der Unterlagen in der Zeit vom 17. bis zum 31. August 2012 erfolgt. Mit Beschluss vom 21. August 2012 - und damit nach Einleitung des Planfeststellungsverfahrens - hat der Funktionsvorgänger des Beklagten das Unternehmensflurbereinigungsverfahren Südtangente Cloppenburg angeordnet.

Die Forderung der Kläger nach einer Verfestigung des Planfeststellungsverfahrens in der Weise, dass wesentliche Änderungen nicht zu erwarten seien, findet sich in § 87 Abs. 2 FlurbG nicht wieder. Insoweit kann auch Ziffer 3.2 des Gemeinsamen Runderlasses vom 8. Februar 2007, wonach die Flurbereinigungsbehörde den Flurbereinigungsbeschluss erlässt, wenn im Rahmen der Planfeststellungsanhörung keine wesentlichen Änderungen zu erwarten sind, nicht als zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung, sondern allenfalls als ermessenslenkendes Kriterium verstanden werden.

3. Die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung Südtangente Cloppenburg weist auch keine Ermessensfehler auf.

Die Ermessensentscheidung über die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Nicht zu prüfen ist hingegen die Verhältnismäßigkeit des Unternehmens selbst, soweit die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses reicht. Für die Eigentümer der für das Unternehmen benötigten Grundstücke stellt die Unternehmensflurbereinigung ohnehin das mildere Mittel gegenüber der Enteignung dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.2009, a. a. O.).

a) Die Ermessensentscheidung des Funktionsvorgängers des Beklagten zur Einleitung der Unternehmensflurbereinigung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Kläger liegt insbesondere kein Ermessensausfall vor.

Der Funktionsvorgänger des Beklagten hat sowohl in dem Einleitungsbeschluss vom 21. August 2012 als auch in dem Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2013 zu erkennen gegeben, dass er sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Einleitung einer Unternehmensflurbereinigung einer Prüfung unterzogen und an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemessen hat. Er hat bereits in dem Einleitungsbeschluss darauf hingewiesen, dass die Durchführung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens zweckmäßig sei. So hat er insbesondere berücksichtigt, dass durch das Flurbereinigungsverfahren der Landverlust der betroffenen Grundstückseigentümer durch den Austausch mit Ersatzflächen vermieden werden könne; der Unternehmensträger habe der Größe nach alle im Verfahrensgebiet benötigten Austauschflächen erworben. Aufgrund des geplanten Trassenverlaufs durch intensiv landwirtschaftlich genutztes Gebiet entstünden in erheblichem Umfang unwirtschaftliche Restflächen, für die dann auch keine Erschließung mehr gegeben sei. Durch geeignete Flächentausche, Arrondierung und Verwertung unwirtschaftlicher Restflächen solle der Eingriff in die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe gemildert werden. In dem Widerspruchsbescheid führt er ergänzend aus, dass die Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens ermessensfehlerfrei erfolgt sei. Dem Verfassungsgebot des geringstmöglichen Eingriffs bei Enteignungen werde gerade die Unternehmensflurbereinigung gerecht, die für die Betroffenen das mildere und verhältnismäßigere Mittel darstelle. Der Funktionsvorgänger des Beklagten macht mit diesen Erwägungen deutlich, dass er die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme und ihre Auswirkungen auf die betroffenen Grundstückseigentümer in den Blick genommen und sich vor diesem Hintergrund für eine Einleitung entschieden hat.

Zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung, der ebenfalls im Ermessen der Flurbereinigungsbehörde steht, hat der Funktionsvorgänger des Beklagten in dem Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens im Anschluss an die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens sinnvoll sei, um frühzeitig eine sachdienliche Abstimmung des Flurbereinigungsverfahrens mit der Planung und Ausführung des Unternehmens herbeizuführen. Dazu hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass ein entsprechender zeitlicher Vorlauf insbesondere für die Wertermittlung, die Vermessung, etc. notwendig sei. Es sei daher sinnvoll und üblich, dass eine Unternehmensflurbereinigung schnell eingeleitet werde. Diese Ermessenserwägungen entsprechen der Ziffer 1.3 des Gemeinsamen Runderlasses vom 8. Februar 2007, wonach der formelle Antrag rechtzeitig an die Flurbereinigungsbehörde zu richten ist, damit das Flurbereinigungsverfahren unmittelbar nach Einleitung des vorhabensrechtlichen Planfeststellungsverfahrens angeordnet werden kann.

Soweit die Kläger auf Ziffer 3.2 des Gemeinsamen Runderlasses vom 8. Februar 2007 verweisen, wonach die Flurbereinigungsbehörde den Flurbereinigungsbeschluss erlässt, wenn im Rahmen der Planfeststellungsanhörung keine wesentlichen Änderungen zu erwarten sind, sind Ermessensfehler des Funktionsvorgängers des Beklagten insoweit nicht festzustellen. Zunächst kann es sich dabei lediglich um solche wesentlichen Änderungen handeln, die in einem Zusammenhang mit dem Unternehmensflurbereinigungsverfahren stehen, d.h. sich auf dieses auswirken können. Dies ergibt sich neben dem Sinn und Zweck auch aus der Systematik des Runderlasses: Gemäß Ziffer 3.1 erläutert die Flurbereinigungsbehörde den voraussichtlich beteiligten Grundstückseigentümern und Pächtern in einem Termin nach § 5 Abs. 1 FlurbG die Abgrenzung des Verfahrensgebiets, die Ziele des Verfahrens und die finanzielle Abwicklung. Die in der darauffolgenden Ziffer 3.2 genannten wesentlichen Änderungen beziehen sich auf diese für das Flurbereinigungsverfahren wichtigen Aspekte. Erfasst werden damit insbesondere wesentliche Änderungen, die sich auf das Verfahrensgebiet auswirken können. Solche wesentlichen Änderungen waren vorliegend im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 31. Oktober 2013 nicht zu erkennen.

Der Landkreis Cloppenburg hat mit der Auslegung der Planunterlagen im August 2012 mit der ergänzten Umweltverträglichkeitsstudie zu erkennen gegeben, dass er die Planung als spruchreif ansieht. Die Kläger haben nicht aufgezeigt, dass sich in der Folgezeit wesentliche Veränderungen ergeben hätten. Die bloße zeitliche Verzögerung des Abschlusses des Planfeststellungsverfahrens ist unerheblich. Anders wäre das nur in dem Fall zu beurteilen, dass das Planfeststellungsverfahren bereits endgültig gescheitert wäre (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2012, a. a. O.). Die Auffassung der Kläger, das Planfeststellungsverfahren könne die bei der Planung auftretenden Konflikte (Raumordnung, Wasserrecht, Naturschutzrecht) nicht lösen bzw. es sei aufgrund dieser Konflikte mit wesentlichen Änderungen der Planung zu rechnen, beschreibt ihre persönliche Meinung. Ob die von ihnen aufgeworfenen Konflikte tatsächlich zu einer wesentlichen Änderung der Planung führen werden, ist völlig offen und hat sich - jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung - in keiner Weise in dem Planfeststellungsverfahren wiedergespiegelt. Im Übrigen handelt es sich hierbei erneut um inhaltliche Einwendungen gegen die Planfeststellung, die nicht die Flurbereinigungsbehörde zu überprüfen hat, sondern ggf. die Gerichte im Rahmen der Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 4, m. w. N.).

Die von den Klägern geforderte Kooperationspflicht der Flurbereinigungsbehörde mit der Planfeststellungsbehörde dergestalt, dass sich die Flurbereinigungsbehörde vor Erlass des Widerspruchsbescheides aktiv bei der Planfeststellungsbehörde nach dem Verfahrensstand und den gegebenenfalls zu erwartenden Änderungen hätte erkundigen müssen, besteht nicht. Vielmehr hat die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass immer ein Kontakt zu der Planfeststellungsbehörde bestanden habe, so dass die Flurbereinigungsbehörde über wesentliche Änderungen informiert worden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen. Der Beklagte bzw. sein Funktionsvorgänger konnte daher ermessensfehlerfrei davon ausgehen, dass wesentliche Änderungen nicht zu erwarten sind, ohne dies gesondert in dem Widerspruchsbescheid ausführen zu müssen.

b) Soweit nach der Begründung des Einleitungsbeschlusses auch Zielsetzungen einer Regelflurbereinigung im Sinne der §§ 1, 37 FlurbG wie die Beseitigung bestehender agrarstruktureller Mängel durch ungünstige Besitzverhältnisse bzw. Planformen verfolgt werden, ist dies nicht zu beanstanden. Soweit diese Ziele nicht ohnehin zugleich dem mit der Unternehmensflurbereinigung verfolgten Zweck der Vermeidung unternehmensbedingter Nachteile für die allgemeine Landeskultur dienen, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass eine Unternehmensflurbereinigung den einzelnen Teilnehmern auch dadurch zu Gute kommen kann, dass bei Gelegenheit der Durchführung des Verfahrens die Besitzverhältnisse im Verfahrensgebiet wie in einem Regelflurbereinigungsverfahren auch dort neu geordnet werden, wo dies aus Gründen der Bewältigung der Unternehmensfolgen allein nicht geboten wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.2009, a. a. O.). Solange die in § 87 Abs. 1 FlurbG genannten Zwecke der Unternehmensflurbereinigung im Vordergrund stehen - wie dies hier im Hinblick auf die mit der Anordnung der Flurbereinigung verfolgte Vermeidung des Landverlusts der betroffenen Grundstückseigentümer und Beseitigung von Nachteilen für die allgemeine Landeskultur der Fall ist -, kann eine an den Neugestaltungsgrundsätzen des § 37 FlurbG orientierte Neustrukturierung der landwirtschaftlichen Nutzfläche im gesamten Flurbereinigungsgebiet erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.2009, a. a. O.). Dies lässt sich auch aus § 88 Nr. 1 Satz 2 FlurbG und insbesondere aus § 88 Nrn. 8 und 9 FlurbG herleiten. In diesen Vorschriften wird vorausgesetzt, dass auch Ausführungskosten entstehen, die nicht durch das Unternehmen verursacht und deshalb nicht vom Träger des Unternehmens zu tragen sind. Insoweit ist nicht erforderlich, dass die Voraussetzungen für eine Regelflurbereinigung vorliegen (vgl. Wingerter in: Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 24).

c) Auch die mit dem Einleitungsbeschluss erfolgte Abgrenzung des Verfahrensgebietes ist nicht ermessensfehlerhaft. Nach § 7 Abs. 1 FlurbG - der mangels besonderer Regelung in den §§ 87 ff. FlurbG auch für die Unternehmensflurbereinigung gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1989, a. a. O.) - kann das Flurbereinigungsgebiet eine oder mehrere Gemeinden oder Teile von Gemeinden umfassen. Es ist so zu begrenzen, dass der Zweck der Flurbereinigung möglichst vollkommen erreicht werden kann. Der Zweck der Flurbereinigung besteht für die Unternehmensflurbereinigung in dem in § 87 Abs. 1 FlurbG angeführten besonderen Zweck. Für das vorliegende Verfahren, das dazu dienen soll, durch das Unternehmen verursachte Nachteile für die allgemeine Landeskultur und einen Landverlust der betroffenen Grundstückseigentümer zu vermeiden, ist die Gebietsabgrenzung so vorzunehmen, dass sich die Vermeidung der genannten Nachteile möglichst vollkommen erreichen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1989, a. a. O.). Bei der Gebietsabgrenzung eines nach § 87 FlurbG anzuordnenden Verfahrens sind im Übrigen nicht nur die besonderen Zwecke des § 87 FlurbG maßgebend, sondern es können auch die Ziele der allgemeinen Flurbereinigung nach § 1 FlurbG Berücksichtigung finden (vgl. Urteil des Senats vom 14.02.2013 - 15 KF 28/09 -, n. v., m. w. N.). Die Abgrenzung des Flurbereinigungsgebiets ist nur dann rechtswidrig, wenn sie erkennbar nicht auf eine Abwägung aller für einen größtmöglichen Erfolg der Flurbereinigung im gesamten Planungsraum und für den einzelnen Beteiligten bedeutsamen Gesichtspunkte zurückgeht oder sich als gänzlich ungeeignet erweist, den Flurbereinigungserfolg zu fördern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die im Einleitungsbeschluss erfolgte Abgrenzung des Verfahrensgebiets nicht ermessensfehlerhaft. Nach der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist die Abgrenzung so gewählt, dass der erforderliche Rahmen für die notwendigen Bodenordnungsmaßnahmen vorhanden ist und dass voraussichtlich alle austauschbaren Grundstücke der betroffenen Landwirte einbezogen sind. Die Kläger haben Rügen gegen die Abgrenzung des Verfahrensgebiets nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 147 Abs. 1, 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Gemäß § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Nr. 5112 der Anlage 1 zum GKG ist eine Gerichtsgebühr mit vier Gebührensätzen anzusetzen. Der zugrunde gelegte Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war nicht für notwendig zu erklären. Da der Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, eine für den jeweiligen Kläger positive Kostenentscheidung voraussetzt, kann diesem Antrag angesichts der vorstehenden Erörterungen von vornherein kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 167 Abs. 2 VwGO und §§ 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.