Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.02.2012, Az.: 9 LA 42/11

Sachliche Reichweite der Ausschlusswirkung des § 154 Abs. 1 S. 3 BauGB nach Maßgabe der Überleitungsregelung in § 156 Abs. 1 S. 1 BauGB

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.02.2012
Aktenzeichen
9 LA 42/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 11284
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0208.9LA42.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 04.01.2011 - AZ: 1 A 303/09

Fundstellen

  • DVBl 2012, 582-583
  • DÖV 2012, 404
  • GuG 2013, 50-51
  • NordÖR 2012, 259

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die sachliche Reichweite der Ausschlusswirkung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB erstreckt sich nach Maßgabe der Überleitungsregelung in § 156 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf Erschließungsmaßnahmen, die nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets als Ordnungsmaßnahmen durchgeführt worden sind oder auf unfertige Erschließungsanlagen, die erst im Rahmen der sanierungsrechtlichen Ordnungsmaßnahmen endgültig hergestellt werden.

  2. 2.

    Sind für die vor der Sanierung tatsächlich abgeschlossenen Maßnahmen aus rechtlichen Gründen die sachlichen Beitragspflichten erst nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets entstanden, ist die Erhebung von Beiträgen für diese hergestellte, erweiterte oder verbesserte Erschließungsanlage nicht ausgeschlossen und eine bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Anlage zerfällt auch nicht aus Rechtsgründen in eine innerhalb des Sanierungsgebiets und eine außerhalb des Sanierungsgebiets verlaufende Anlage.

Gründe

1

Der auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 4 VwGO gestützte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Weder bestehen aus den von der Klägerin fristgerecht dargelegten Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch weist die Rechtssache die ihr von der Klägerin beigemessenen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Es ist auch nicht hinreichend dargelegt, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf der behaupteten Abweichung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beruht.

2

Gegenstand des Verfahrens ist die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die erstmalige Herstellung der B. straße in der Stadt Bersenbrück gegenüber der Klägerin für ihr bebautes Grundstück (Flurstück 29/3) mit Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2009 (Beitragsfestsetzung in Höhe von 24.667,91 EUR). Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des durch Satzung vom 28. Juni 2005 förmlich festgesetzten Sanierungsgebietes "Innenstadt". Die B. straße wurde einschließlich des von ihr abzweigenden Stichweges in den Jahren 1992 bis 2001 technisch hergestellt. Sie lag damals im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. C. vom 30. Juni 1992, der später durch den Bebauungsplan Nr. D. vom 15. Oktober 2003 ergänzt und durch den Bebauungsplan Nr. E. vom 31. Januar 2008 teilweise außer Kraft gesetzt wurde. Die Klägerin war von der Beklagten bereits mit Bescheid vom 29. November 2001 zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von umgerechnet 19.945,29 EUR herangezogen worden. Die Vorausleistungserhebung hatte die Beklagte damit begründet, dass der Ausbau der F. gstraße in technischer Hinsicht abgeschlossen sei, ein geringfügiger Teil der Straßenfläche jedoch noch erworben werden müsse, weshalb die Endabrechnung der Erschließungsbeiträge noch nicht vorgenommen werden könne. Der Grunderwerb des zur Straßenfläche gehörenden Flurstücks 30/10 durch die Beklagte erfolgte mit notariellem Kaufvertrag vom 6. Februar 2003. Die B. straße war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht gewidmet. Ein Teilbereich der B. straße wurde nach der technischen Herstellung in das durch Satzung vom 28. Juni 2005 förmlich festgesetzte Sanierungsgebiet "Innenstadt" einbezogen. Ob die Straßenfläche auch in einem weiteren Bereich, in dem das Grundstück der Klägerin an die B. straße angrenzt, innerhalb des Sanierungsgebietes liegt, ist zwischen den Beteiligten streitig. In seiner Sitzung vom 28. September 2009 beschloss der Stadtrat der Stadt Bersenbrück, dass die Straßenzüge der B. straße von der G. Straße bis zur Einmündung H. straße sowie der abzweigende Stichweg Richtung Westen bis zum Ende des Flurstücks 33/1 eine einheitliche Erschließungsanlage bilden und als Erschließungseinheit im Sinne von § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB behandelt werden. Zudem wurde für die Herstellung der B.straße innerhalb der Bebauungsplangebiete Nr. E. und C. ein Abschnittsbildungsbeschluss gefasst (wodurch das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. D. liegende, noch nicht hergestellte Teilstück des Stichwegs der B.straße außer Betracht blieb). Ferner wurde u.a. die Widmung des endgültig hergestellten Abschnitts der B. straße, bestehend aus den Flurstücken 175/2, 29/2 und 30/10, beschlossen. Die Widmung wurde am 12. Oktober 2009 im Bersenbrücker Kreisblatt bekannt gemacht.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Erschließungsbeitragsbescheid vom 7. Oktober 2009 durch Urteil vom 4. Januar 2011 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der gebildete Abschnitt der B. straße ab der Stelle, an der die Straße in den Geltungsbereich der Sanierungssatzung wechsele, aus Rechtsgründen in zwei selbstständige Erschließungseinrichtungen zerfalle. Sie sei zwar auch mit ihrem im Sanierungsgebiet liegenden Teil bereits bis zum Jahre 2001 tatsächlich hergestellt gewesen, sie sei jedoch wegen des fehlenden Abschnittsbildungsbeschlusses noch nicht abrechenbar gewesen. Erst mit diesem Beschluss vom 28. September 2009 sei die sachliche Beitragspflicht entstanden. Die Klägerin sei durch die unzutreffende Bemessung der Ausdehnung der Anlage aber nicht benachteiligt worden, weil die Vergleichsberechnung der Beklagten ohne Berücksichtigung des im Sanierungsgebiet liegenden Teilbereichs einen noch höheren Beitrag ergeben habe, der Heranziehungsbescheid also nicht rechtswidrig sei. Der Beschluss der Beklagten über die Zusammenfassung der Erschließungsanlagen zu einer Erschließungseinheit sei ebenso wenig zu beanstanden wie die vorgenommene Abschnittsbildung.

4

Soweit die Klägerin zur Begründung des Zulassungsgrundes gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zunächst geltend macht, dass keine maßstabsgetreuen Pläne vorgelegen hätten, die eine ordnungsgemäße Abgrenzung des Sanierungsgebietes in Bezug auf die streitige Anlage erlaubten und sie daher bestreite, dass die B. straße nicht im Sanierungsgebiet liege, verhilft dieses Vorbringen ihrem Zulassungsbegehren nicht zum Erfolg. Maßgeblich für den Umfang des förmlich festgesetzten Sanierungsgebietes ist gemäß § 142 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BauGB die Sanierungssatzung, in der das Sanierungsgebiet zu bezeichnen ist. Die Sanierungssatzung wird gemäß § 143 Abs. 1 Satz 4 BauGB mit ihrer Bekanntmachung rechtsverbindlich. Nach § 2 Satz 1 der Satzung der Stadt Bersenbrück über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Innenstadt" vom 28. Juni 2005 (bekannt gemacht im Amtsblatt für den Landkreis Osnabrück vom 30. Juni 2005) umfasst das Sanierungsgebiet alle Grundstücke und Grundstücksteile innerhalb der im anliegenden Lageplan im Maßstab 1 : 1000 durch eine schwarz gestrichelte Linie gekennzeichneten, vom übrigen Stadtgebiet abgegrenzten Fläche. Den als Anlage Nr. 1 der Satzung beigefügten und zur Einsichtnahme im Bauamt der Stadt ausgelegten Lageplan hat das Verwaltungsgericht zwar nicht angefordert. Die in den Behördenakten der Beklagten enthaltene Karte, die mit dem der veröffentlichten Sanierungssatzung in einem verkleinerten Maßstab beigefügten Lageplan übereinstimmt, gibt aber nichts für die Behauptung der Klägerin her, dass die B. straße entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in einem größeren Teilbereich in das Sanierungsgebiet einbezogen worden sei. Denn danach verläuft zwar die schwarz gestrichelte Linie, die das Sanierungsgebiet abgrenzt, insbesondere entlang der Grenze zum Grundstück der Klägerin auf der Fläche der B. straße. Einbezogen in das Sanierungsgebiet sind nach § 2 Satz 1 der Sanierungssatzung jedoch nur die Grundstücke und Grundstücksteile innerhalb dieser Linie, zu denen die Straßenfläche eindeutig nicht gehört. Auf etwaige abweichende Darstellungen des Sanierungsgebiets in anderen Planungsunterlagen der Beklagten, etwa in der Begründung zum Bebauungsplan Nr. E. oder in Verkehrs- und Gestaltungskonzepten, kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an, weil der Umfang des Sanierungsgebietes rechtsverbindlich allein durch die Sanierungssatzung festgelegt wird.

5

Darüber hinaus ist die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vorliegend entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht für die Teilbereiche der erstmals hergestellten B. straße ausgeschlossen, die innerhalb des förmlich festgesetzten Sanierungsgebiets liegen, weil die konkrete Erschließungsmaßnahme schon Jahre vor der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets tatsächlich abgeschlossen war und sich die Ausschlusswirkung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB nicht auf solche Maßnahmen bezieht:

6

Nach § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB sind Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsanlagen im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nicht auf Grundstücke im Sanierungsgebiet anzuwenden. Wie der Senat in der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung ausgeführt hat (Senatsbeschluss vom 26.11.2009 - 9 LA 175/08 -), bezieht sich die Ausschlusswirkung dieser Norm auf alle Fälle, in denen ohne die Vorschrift für eine bestimmte Baumaßnahme im Sanierungsgebiet eine Doppelbelastung in Form von Ausgleichsbeträgen und Beiträgen eintreten würde (so auch der Beschluss des Senats vom 18.03.2004 - 9 ME 342/02 -). Nur wenn eine Doppelbelastung durch bestimmte Baumaßnahmen nicht eintreten kann, ist für die Anwendung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB kein Raum. Nach der Zielsetzung, Doppelbelastungen der Grundstückseigentümer zu vermeiden, erstreckt sich die sachliche Reichweite der Ausschlusswirkung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB somit auf alle Erschließungsmaßnahmen, die als Ordnungsmaßnahmen im Sinne der §§ 146 Abs. 1, 147 Satz 1 Nr. 4 BauGB durchgeführt worden sind und deren Kosten daher nach Maßgabe der für Ordnungsmaßnahmen geltenden Bestimmungen gedeckt werden, also unabhängig davon, ob durch die Erschließungsmaßnahmen auch nach dem Erschließungs- oder Straßenausbaubeitragsrecht abrechenbare Anlagen/Einrichtungen hergestellt wurden. Für bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Straßen, die teils innerhalb und im Übrigen außerhalb eines Sanierungsgebietes liegen, bedeuten diese Grundsätze, dass sie unterschiedlichen Regimen unterworfen sind, einerseits (soweit von der Sanierungssatzung erfasst) dem Städtebaurecht mit seinen Sanierungsausgleichsbeträgen und andererseits dem Erschließungs- oder Straßenausbaubeitragsrecht. Der dem städtebaulichen Regime unterliegende Anlagen-/Einrichtungsteil ist einer beitragsrechtlichen Beurteilung entzogen, so dass alleine die nicht im Sanierungsgebiet verlaufende Straßenstrecke beitragsfähige Anlage/Einrichtung sein kann.

7

Diese Grundsätze gelten jedoch nur für Maßnahmen, die - wie in dem der angeführten Senatsentscheidung zugrunde liegenden Fall - nach der förmlichen Festsetzung des Sanierungsgebiets durchgeführt wurden. Dies ergibt sich aus§ 156 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach bleiben Beitragspflichten für Erschließungsanlagen im Sinne des§ 127 Abs. 2 BauGB, die vor der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebietes entstanden sind, unberührt. Die Überleitungsregelung knüpft nach ihrem Wortlaut an den Entstehenszeitpunkt der Beitragspflichten an. Eine ausschließlich an diesem Wortlaut orientierte Auslegung legt die Annahme nahe, dass es insoweit auf den Zeitpunkt ankomme, an dem endgültige sachliche Beitragspflichten für die durchgeführte Maßnahme entstanden sind, was neben dem tatsächlichen technischen Abschluss der Maßnahme entsprechend dem maßgeblichen Bauprogramm u.a. auch den Abschluss des ggf. satzungsrechtlich vorgegebenen Grunderwerbs, die Widmung einer erstmals hergestellten Straße und eine wirksame Beitragssatzung voraussetzt. Zwar sind die sachlichen Beitragspflichten für die erstmalige Herstellung der B.straße frühestens nach der Bekanntmachung der Widmung vom 12. Oktober 2009 entstanden und somit nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets. Der Senat teilt aber die im Schrifttum vertretene Auffassung, dass eine allein am Wortlaut des § 156 Abs. 1 Satz 1 BauGB orientierte Auslegung dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers und dem verfolgten Regelungszweck entgegenstünde und sich auch bei einer systematischen Auslegung im Zusammenhang mit der für das Entstehen von (Erschließungs-)Beitragspflichten maßgeblichen Vorschrift des § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB verbietet. Danach entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, also regelmäßig im Zeitpunkt des Abschlusses der zur endgültigen Herstellung im Rechtssinne führenden (technischen) Ausbauarbeiten entsprechend dem maßgeblichen Bauprogramm. Maßnahmen, die bereits vor der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets tatsächlich durchgeführt und abgeschlossen waren, sind keine im Rahmen der Sanierung und nach Zielen und Zwecken der Sanierung durchgeführten Ordnungsmaßnahmen im Sinne der §§ 146 Abs. 1, 147 BauGB. Daher lösen sie auch keine Kosten aus, die nach § 149 BauGB in einer Kostenübersicht darzustellen wären, es sei denn, im Rahmen der Sanierung wäre eine Änderung der vor der Sanierung bereits durchgeführten Erschließungsanlagen vorgesehen. Dies bedingt zugleich, dass für bereits vor der Sanierung abgeschlossene Maßnahmen keine Doppelbelastung eintreten kann, weil sie allein nach Maßgabe des Erschließungs-/Ausbaubeitragsrechts abgerechnet, aber nicht Gegenstand von Ausgleichsbeträgen werden können. Die sachliche Reichweite der Ausschlusswirkung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB erstreckt sich somit nach Maßgabe der Überleitungsregelung in § 156 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf Erschließungsmaßnahmen, die nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets als Ordnungsmaßnahmen durchgeführt worden sind oder auf unfertige Erschließungsanlagen, die erst im Rahmen der sanierungsrechtlichen Ordnungsmaßnahmen endgültig hergestellt werden (hierzu im Einzelnen: Driehaus in Kommunalabgabenrecht, Stand: 45. Erg.Lfg. 2011, Rn. 226 zu § 8; derselbe in Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, Rn. 8 ff. zu § 3; ebenso Kleiber in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Bd. III, Stand Sept. 2011, Rn. 10 zu § 156; zu letzterem: Gaentzsch im Berliner Kommentar zum BauGB, Bd. III, Stand Mai 2011, Rn. 10 zu § 154). Dem steht weder die bisherige Senatsrechtsprechung noch die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen (Urteil vom 21.10.1983 - 8 C 40.83 - BVerwGE 68, 130), weil es sich in den dort entschiedenen Fällen um Maßnahmen handelte, die nach der förmlichen Festsetzung des Sanierungsgebiets im Sanierungsgebiet durchgeführt wurden. Sind für die vor der Sanierung tatsächlich abgeschlossenen Maßnahmen aus rechtlichen Gründen die sachlichen Beitragspflichten erst nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets entstanden (z.B. wegen eines noch nicht abgeschlossenen Grunderwerbs, einer noch fehlenden wirksamen Satzungsgrundlage oder Widmung), ist die Erhebung von Beiträgen für diese hergestellte, erweiterte oder verbesserte Erschließungsanlage nicht ausgeschlossen und eine bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Anlage zerfällt somit auch nicht aus Rechtsgründen in eine innerhalb des Sanierungsgebiets und eine außerhalb des Sanierungsgebiets verlaufende Anlage. Etwas anderes wird allenfalls in dem - hier nicht einschlägigen - Fall gelten, dass die Erreichung des Sanierungsziels eine Änderung des vor der Sanierung geschaffenen Ausbauzustands erfordert (vgl. Driehaus in Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a.a.O., Rn. 11 zu § 3).

8

Schließt demnach die nachträgliche förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die B.straße nicht aus, kommt es auf das Vorbringen der Klägerin zu der Frage, inwieweit die Erschließungsmaßnahme als sanierungsrechtliche Ordnungsmaßnahme anzusehen ist, nicht an.

9

Soweit die Klägerin geltend macht, die vorgenommene Abschnittsbildung sei rechtswidrig, sind ihre Darlegungen nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Ob die Abschnittsbildung sich als willkürlich erweist, hängt nicht davon ab, wie viele Anlieger durch den jeweils gebildeten Abschnitt erschlossen werden und wie sie bei der Verteilung des für diesen Abschnitt entstandenen umlagefähigen Aufwandes zu beteiligen sind. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot wird vielmehr dann angenommen, wenn bei im Wesentlichen gleicher Vorteilssituation die berücksichtigungsfähigen Kosten der erstmaligen Herstellung eines Abschnitts der Anlage je Quadratmeter Straßenfläche um mehr als ein Drittel höher liegen als die des anderen Abschnitts (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1996 - 8 C 30.94 - BVerwGE 101, 225). Der vom Willkürverbot geforderte Vergleich bezieht sich ausschließlich auf die voraussichtlichen berücksichtigungsfähigen Herstellungskosten, aber nicht auf die Beitragsbelastungen der erschlossenen Grundstücke nach der Verteilung des jeweils umlagefähigen Aufwands (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a.a.O., Rn. 25, 27 zu § 14). Entgegen dem Vortrag der Klägerin ist für den Senat nicht erkennbar, dass in dem gebildeten Abschnitt eine andersartige und aufwändigere Ausstattung erfolgt wäre als in dem verbleibenden, noch nicht hergestellten Abschnitt. Die an den Stichweg der B. straße angrenzenden öffentlichen Parkplätze sind keine Teileinrichtungen der Erschließungsanlage und daher von der Beklagten auch nicht in den Erschließungsaufwand einbezogen worden.

10

Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Vorbringen zur Abschnittsbildung auch geltend macht, die Voraussetzungen zur Zusammenfassung zweier selbstständiger Erschließungsanlagen zu einer Erschließungseinheit lägen nicht vor, weil die Benutzer der abgerechneten Anlage in zwei Richtungen in das übrige Straßennetz abfahren könnten, setzt sie sich nicht hinreichend mit der maßgeblichen Frage auseinander, ob der abzweigende Stichweg von der B. straße im Übrigen funktional abhängig ist. Ungeachtet dessen ist bereits fraglich, ob der gerade verlaufende Stichweg angesichts seiner geringen Länge von unter 100 m (so der unbestrittene Vortrag der Beklagten) überhaupt als selbstständige Erschließungsanlage oder nicht vielmehr als unselbstständiger Teil des Hauptzuges der B. straße anzusehen ist (zu den Anforderungen an eine selbstständige Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB die Senatsurteile vom 07.05.2009 - 9 LB 235/06 und 9 LB 241/06).

11

Auf die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe sich in seiner Entscheidung nicht mit der fehlenden Widmung befasst, kommt es schon deshalb nicht an, weil eine Widmung der B. straße in dem hergestellten Abschnitt nach den Behördenunterlagen der Beklagten zweifelsfrei am 12. Oktober 2009 bekannt gemacht wurde.

12

Das weitere Vorbringen der Klägerin zu den geltend gemachten Zulassungsgründen gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 2 und 4 VwGO ist nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu begründen. Auf die Schwierigkeiten bei der Berechnung von Sanierungsausgleichsbeträgen kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Erschließungsbeitragsbescheides nicht an. Rechtlich schwierige Probleme bei der Abgrenzung zwischen sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträgen und Erschließungsbeiträgen stellen sich überdies nicht, da die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Ausschlusswirkung der§§ 154 Abs. 1 Satz 3 und 156 Abs. 1 Satz 1 BauGB bereits im Zulassungsverfahren beantwortet werden konnten. Die geltend gemachte Divergenz zu verschiedenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen, weil die Klägerin nicht hinreichend ausführt, von welchen in den angegebenen Entscheidungen jeweils aufgestellten abstrakten Rechtssätzen das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll und warum die Entscheidung konkret auf dieser Abweichung beruht. Eine Divergenz läge erst dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung mindestens einem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz ausdrücklich oder konkludent einen ihm widersprechenden Rechtssatz entgegengestellt hätte. Ein Anwendungsfehler oder die schlichte Außerachtlassung einer der zahlreichen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts begründet eine zur Zulassung des Rechtsmittels führende Divergenz hingegen nicht (vgl. nur NdsOVG,Beschluss vom 12.03.2009 - 1 LA 184/06 - NdsVBl 2009, 204).