Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.12.2013, Az.: 7 MS 4/13

Vorliegen einer neuen Trasse bei Errichtung des Ersatzneubaus einer Hochspannungsleitung ganz überwiegend auf einer vorhandenen Bestandstrasse

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.12.2013
Aktenzeichen
7 MS 4/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 51002
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:1203.7MS4.13.0A

Fundstellen

  • DVBl 2014, 190-193
  • DÖV 2014, 210
  • NVwZ-RR 2014, 219-223
  • NordÖR 2014, 122-128
  • NuR 2014, 501-506
  • UPR 2014, 114-119
  • ZNER 2014, 132

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Einwendungen, die sich auf das Verfahrensrecht, namentlich das Verfahren bei der Umweltverträglichkeitsprüfung beziehen, können der Präklusion unterliegen und müssen deshalb rechtzeitig und hinreichend substantiiert gegenüber der Planfeststellungs bzw. Anhörungsbehörde angebracht werden (im Anschluss an Urteil des Senats v. 19.09.2013 7 KS 209/11 ).

  2. 2.

    Soll der Ersatzneubau einer Hochspannungsleitung ganz überwiegend auf einer vorhandenen Bestandstrasse durchgeführt werden, handelt es sich nicht um eine neue Trasse im Sinne des § 43h EnWG.

[Gründe]

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 27. Dezember 2012 für den "Ersatzneubau" der 110-kV-Freileitung Hemmoor-Industriestraße mit Abzweig Otterndorf in der Stadt Cuxhaven sowie mehreren Samtgemeinden im Landkreis Cuxhaven. Mit dem genannten Projekt beabsichtigt die Beigeladene als Vorhabenträgerin, derzeit vorhandene Netzübertragungskapazitäten zu erhöhen. Das Vorhaben umfasst in seinem Hauptteil den Ersatz der 1954 erbauten, ca. 34,70 km langen 110-kV-Freileitung (LH-14-1232) zwischen den Umspannwerken Hemmoor und Cuxhaven-Industriestraße. Der jetzige Trassenverlauf soll im Wesentlichen beibehalten werden. Die bestehenden Masten und Leiterseile werden zurückgebaut und ersetzt, wobei die Masthöhen und der Abstand der Leiterseile zur Geländeoberfläche an verschiedenen Stellen um 2 m (im Bereich der Masten 13 und 14 um 4 m) erhöht werden sollen. Die in Höhe des (neuen) Mastes 93 in Richtung Umspannwerk Otterndorf abzweigende, ca. 3.35 km lange 110-kV-Freileitung aus dem Jahre 1969 (LH-14-1233) soll in entsprechender Weise erneuert werden. Außerdem soll die 110-kV-Freileitung Surheide-Cuxhaven (LH-14-4841) geändert werden, indem sie durch einen neuen Winkelmast gemeinsam mit der Leitung Hemmoor-Industriestraße in das Umspannwerk Cuxhaven eingeschleift wird.

Der Antragsteller ist Eigentümer einer landwirtschaftlichen Hofstelle in C., D.. Die Standorte der (neuen) Masten 87 und 89 liegen auf seinen Flurstücken, dementsprechend werden auch Leiterseile über seine Grundflächen gespannt. Der geplante Mast 89 steht in einem Abstand von etwa 4 m zu einem Scheunengebäude des Antragstellers, der geringste Abstand zu der Hofstelle des Antragstellers beträgt ca. 35 bis 40 m.

Die Beigeladene beantragte am 15. April 2011 die Planfeststellung für das Vorhaben. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 20. Juni 2011 bis zum 19. Juli 2011 in der Stadt Cuxhaven, der Samtgemeinde Land Hadeln sowie weiteren planbetroffenen Samtgemeinden zur allgemeinen Einsichtnahme ausgelegt. In der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung wurde unter II. 7. darauf hingewiesen, dass die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durch die Zulassungsbehörde gemäß § 3c UVPG ergeben habe, dass keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen durch die Maßnahme zu befürchten seien. Eine formelle Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibe daher, was hiermit der Öffentlichkeit gemäß § 3a UVPG bekannt gemacht werde.

Der Antragsteller äußerte sich innerhalb der bis zum 2. August 2011 gesetzten Einwendungsfrist zu dem Vorhaben. Mit Schreiben vom 28. Juli 2011, welches am 1. August 2011 bei der Samtgemeinde Land Hadeln einging, gab er zu bedenken, dass durch die Bauarbeiten an dem neu geplanten Mast 89 sein (Scheunen-)Gebäude in Mitleidenschaft gezogen werden könne. Die Eingriffe in das Landschaftsbild seien von einem Planungsbüro als erheblich eingestuft worden. Ferner hielt er die Verdreifachung der Leitungsstärke der Freileitung wegen damit einhergehender elektromagnetischer Belastungen für die Wohnnutzung auf seinem Grundstück für bedenklich und sah sich in der zukünftigen Nutzung seiner landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigt.

Nach Durchführung des Erörterungstermins am 27. und 28. März 2012 erließ die Antragsgegnerin am 27. Dezember 2012 den Planfeststellungsbeschluss und wies die Einwendungen des Antragstellers, soweit ihnen nicht im Anschluss an den Erörterungstermin durch eine Planänderung in der Gestalt einer Erhöhung der Bodenabstände der Freileitung entsprochen worden war, zurück.

Der Antragsteller hat gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (7 KS 3/13), und den vorliegenden Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage gestellt. Die Antragsgegnerin ist dem vorläufigen Rechtsschutzbegehren entgegengetreten. Sie verteidigt den Planfeststellungsbeschluss. Die Beigeladene hat zur Sache Stellung genommen und den Planfeststellungsbeschluss ebenfalls verteidigt, ohne sich durch einen nach § 67 Abs. 1 VwGO vertretungsbefugten Bevollmächtigten zu äußern.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, denn die Anfechtungsklage gegen den auf der Grundlage des § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG ergangenen Planfeststellungsbeschluss hat gemäß § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG keine aufschiebende Wirkung.

Der Antragsteller ist entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Der Planfeststellungsbeschluss sieht unter anderem vor, dass die Masten 87 und 89 auf Flurstücken des Antragstellers errichtet werden, außerdem werden Grundflächen des Antragstellers mit Leiterseilen überspannt. Durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses ist der Antragsteller unmittelbar in seinem Grundeigentum betroffen. Darüber hinaus kann er geltend machen, durch eine mangelhafte Abwägung eigener Belange beeinträchtigt zu sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.9.2013 - 4 VR 1.13 -, [...]).

Der Antragsteller hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch innerhalb der nach § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG einzuhaltenden Frist von einem Monat nach Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses gestellt und begründet.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Unter diesen Umständen überwiegt das Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen Beibehaltung des bisherigen Zustands nicht das gesetzlich bestimmte öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der angegriffenen Maßnahme. Bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses, auf den bei der Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit maßgeblich abzustellen ist (st. Rspr. des BVerwG, vgl. Urt. v. 1.4.2004 - 4 C 2.03 -, BVerwGE 120, 276; aus der Rspr. des Senats: Urt. v. 19.9.2013 - 7 KS 209/11 -, [...]), dringt der Antragsteller mit seinen innerhalb der Begründungsfrist nach § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG vorgebrachten Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nicht durch.

a) Zweifel an der erforderlichen Planrechtfertigung bestehen nicht. Dass das Vorhaben gemessen an dem nach § 1 EnWG anzustrebenden Ziel einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität "vernünftigerweise geboten" ist (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1987 - 4 C 78.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110), hat die Antragsgegnerin unter 2.2.2.1 der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (PFB Seite 12), auf die Bezug genommen wird, nachvollziehbar dargelegt. Das Vorhaben ist danach erforderlich, weil die vorhandene 110-kV-Leitung Hemmoor-Industriestraße und Abzweig Otterndorf an ihre Kapazitätsgrenzen angelangt ist und eine Erhöhung der Kapazität mit Blick auf eine zunehmende Nutzung der Windenergie geboten erscheint. Der Antragsteller hat die Planrechtfertigung auch nicht näher in Frage gestellt, sodass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

b) Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg auf formelle Mängel des Planfeststellungsbeschlusses berufen. Entgegen seiner Auffassung war die Planfeststellungbehörde nicht gehalten, ihn nach Maßgabe der §§ 43 Nr. 6 EnWG, 73 Abs. 8 VwVfG wegen einer Änderung der Planunterlagen nochmals zu beteiligen. § 73 Abs. 8 VwVfG bestimmt, dass dann, wenn ein ausgelegter Plan geändert werden soll und dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder Belange Dritter erstmalig oder stärker als bisher berührt werden, diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben ist. Der Planfeststellungsbeschluss enthält den Hinweis (PFB Seite 7), dass der ursprünglich ausgelegte Plan durch die Trägerin des Vorhabens aufgrund des Ergebnisses des Erörterungstermins teilweise überarbeitet und geändert worden sei. In den Planunterlagen sei die geänderte Fassung als Deckblatt gekennzeichnet worden. Der ursprünglich ausgelegte Plan werde insoweit nicht festgestellt. Hauptsächliche Änderung sei die Erhöhung der Bodenabstandshöhe von 6 m auf jetzt mindestens 8 m mit Ausnahme des Naturschutzgebietes. Von der Planänderung wird auch die Hofstelle des Antragstellers erfasst. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Antragsteller im Erörterungstermin am 28. März 2012 ergänzend zu seinem Einwendungsschreiben vom 28. Juli 2011 gefordert hatte, den Mast 89 in Richtung Süd-Ost zu verschieben. In einer an die Beigeladene gesendeten E-Mail vom 30. März 2012 hatte er sein Anliegen verdeutlicht und ausgeführt, der Mast 89 könne in süd-östlicher Richtung zur Optimierung der Belastungen durch elektromagnetische Felder in seinem Wohnhaus verschoben werden. Die optimale Verschiebung ergebe sich hier annähernd in einem Winkel von 90° zu dem Ende des Firstes an der Westseite des Wohnhauses. Sie werde dann etwas mehr als 10 m in Richtung Mast 88 betragen. Auf diese E-Mail hatte (zunächst) die Beigeladene per E-Mail vom 27. April 2012 geantwortet und dem Antragsteller bedeutet, für die standortgleiche Ersetzung des bestehenden Mastes Nr. 89 ergebe sich bezogen auf die Westfassade des Wohnhauses ein Wert von 0,570 µT. Bei der gewünschten Verschiebung des Mastes in Richtung Mast 88 betrage das magnetische Feld 0,564 µT. Gemäß der von einigen Eigentümern beim Erörterungstermin an sie, die Beigeladene, herangetragene Forderung, eine größere Durchfahrtshöhe bei den Bewirtschaftungsflächen zu ermöglichen, sei nunmehr vorgesehen, verschiedene Masten, unter anderem die Masten 88 und 89, gegenüber der ursprünglichen Planung um 2 m anzuheben. Durch diese Bodenabstandsverbesserung ergebe sich für den standortgleich ersetzten Mast 89 der neuen Leitung ein magnetisches Feld von 0,552 µT, welches ca. 1/200 des zulässigen Grenzwerts von 100 µT ausmache. Auf der Grundlage dieser Stellungnahme, zu der sich der Antragsteller - soweit ersichtlich - nicht mehr geäußert hatte, sind die Planunterlagen dann in der Gestalt geändert worden, dass für den Mast 89 im Bereich der Hofstelle des Antragstellers eine Anhebung um 2 m vorgesehen wurde. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (PFB Seite 29) wird hierzu nochmals ausgeführt, als Ergebnis des Schriftverkehrs zwischen dem Einwender (E11 = Antragsteller des vorliegenden Verfahrens) und der Vorhabenträgerin werde festgestellt, dass keine Mastverschiebung des Mastes 89 in Richtung Mast 88 erfolge, da seitens der Vorhabenträgerin die Bodenabstandshöhe um 2 m angehoben worden sei und sich daraus die Werte für die elektromagnetischen Felder sowohl gegenüber der Ursprungsplanung als auch gegenüber einer Mastverschiebung verringerten. Danach spricht Erhebliches dafür, dass die Planänderung nicht darauf gerichtet ist, Belange des Antragstellers erstmalig oder stärker als bisher zu berühren. Sie bewirkt vielmehr eine Verbesserung der Immissionssituation auf der Hofstelle des Antragstellers - wenn auch nicht in der von ihm favorisierten Weise - und soll im Übrigen, worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist, wegen der Erhöhung der Durchfahrtshöhen unter den Leiterseilen Verbesserungen für die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen bewirken. Ob Abweichendes allein deshalb gelten könnte, weil die Bodenabstandsvergrößerung durch eine entsprechende Erhöhung und damit eine Veränderung der Konstruktion des Mastes 89 bewirkt werden soll, erscheint bei summarischer Prüfung demgegenüber eher zweifelhaft, weil es sich dabei voraussichtlich um eine proportional unbedeutende Änderung handeln dürfte. Selbst wenn in dieser Masterhöhung eine stärkere Berührung von Belangen des Antragstellers erblickt werden sollte, so läge dann aller Voraussicht nach nur ein gemäß §§ 72 Abs.1 Satz 1, 46 VwVfG unbeachtlicher Mangel vor. Diese Schussfolgerung drängt sich auf, weil der Antragsteller zu der in Rede stehenden Bodenabstandserhöhung zwar nicht ausdrücklich unter Einräumung der in § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG genannten Zwei-Wochen-Frist gehört worden ist. Allerdings hat sich die Beigeladene - wie dargelegt - in ihrer E-Mail vom 27. April 2012 an den Antragsteller gewandt und ihm gegenüber die Erhöhung des Mastes 89 um 2 m anstelle der vom Antragsteller geforderten Versetzung des Mastes erläutert. Der Antragsteller hat hierauf nicht mehr erwidert, sodass die Antragsgegnerin davon ausgehen durfte, dass eine nochmalige Anhörung des Antragstellers nach § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG neue Erkenntnisse nicht erbracht hätte. Unter diesen Umständen begegnet es aller Voraussicht nach keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Antragsgegnerin es in diesem Zusammenhang damit hat bewenden lassen, im Planfeststellungsbeschluss auf den zwischen dem Antragsteller und der Beigeladenen geführten E-Mail-Verkehr Bezug zu nehmen.

Mit seinem gegen das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gerichteten Vortrag dringt der Antragsteller nicht durch. Der behauptete Verfahrensmangel ist für den Antragsteller zwar grundsätzlich rügefähig. Die entsprechende Befugnis wird ihm durch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und Abs. 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsge-setzes (in der Fassung des Gesetzes vom 21.1.2013, BGBl. I S. 95, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.4.3013, BGBl. I S. 734) - UmwRG - vermittelt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss stellt ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG dar. Denn es handelt sich hierbei um eine Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens i.S.d. § 2 Abs. 3 UVPG, für die nach diesem Gesetz eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu unten). In § 4 Abs. 3 UmwRG wird klargestellt, dass der entsprechende Aufhebungsanspruch in einem Rechtsbehelfsverfahren auch von Beteiligten i.S.d. § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin von natürlichen Personen wie dem Antragsteller angebracht werden kann. Gleichwohl kann der Antragsteller vorliegend nicht (mehr) mit Erfolg geltend machen, für das Vorhaben der Beigeladenen sei eine nach dem UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen und diese sei nicht durchgeführt worden. Denn er ist mit seinem diesbezüglichen Vortrag gemäß § 43a Nr. 7 EnWG präkludiert.

Betrifft das Vorhaben - wie hier - die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung i.S.d. Energiewirtschaftsgesetzes mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV bis zu 220 kV, so ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 19.1.2 UVPG eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen. Dies ist vorliegend auch geschehen. Die Antragsgegnerin ist nach interner Überprüfung der von der Vorhabenträgerin vorgelegten UVP-Vorprüfungsunterlagen (Prüfkatalog zur Ermittlung der UVP-Pflicht für Hochspannungsfreileitungen mit Erläuterungsbericht des Planungsbüros E. vom 25.6.2009) unter dem 27. Juli 2009 zu der Erkenntnis gelangt, dass das geplante Vorhaben zu keinen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führen werde. Dieses Prüfergebnis und die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher unterbleibe, hat die Antragsgegnerin gemäß § 3a Satz 2 Halbs. 2 UVPG im Rahmen der öffentlichen Auslegung der Unterlagen bekanntgegeben (vgl. II. 7 der Bekanntmachung). Innerhalb der bis zum 2. August 2011 laufenden Einwendungsfrist, auf deren Einhaltung in der Bekanntmachung der Auslegung der Planunterlagen ordnungsgemäß hingewiesen worden ist, hat der Antragsteller nicht gerügt, dass für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, sei es als obligatorische UVP oder als Ergebnis der durchgeführten Vorprüfung.

Was die Substantiierung von Einwendungen in Planfeststellungsverfahren betrifft, so muss nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.1.2008 - 9 A 27.06 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195; Beschl. v. 4.8.2011 - 9 B 33.11 -, [...]; Beschl. v. 26.9.2013, a.a.O.), der der Senat folgt, die entsprechende Einwendung als sachliches Vorbringen so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Hinsicht sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll. Der Einwender muss daher zumindest in groben Zügen darlegen, welches Schutzgut er als gefährdet ansieht und welche Beeinträchtigungen er befürchtet, ohne dies allerdings begründen zu müssen. Dabei ist zu beachten, dass von Privateinwendern weitergehende Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, grundsätzlich nicht verlangt werden können; auch besteht keine Obliegenheit zur rechtlichen Einordnung ihrer Einwendungen. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats ist weiterhin zu beachten, dass auch Einwendungen, die sich auf das Verfahrensrecht, namentlich das Verfahren bei der Umweltverträglichkeitsprüfung beziehen, der Präklusion unterliegen können und deshalb rechtzeitig und hinreichend substantiiert gegenüber der Planfeststellungs- bzw. Anhörungsbehörde angebracht werden müssen. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 19. September 2013 (- 7 KS 209/11 -, [...]; vgl. auch OVG Sachsen, Beschl. v. 6.6.2013 - 4 A 432/12 -, [...]) wie folgt ausgeführt:

"Im Anschluss an das Bundesverwaltungsgericht (vgl. insbesondere Beschl. v. 14. 9. 2010 - BVerwG 7 B 15.10 -, NVwZ 2011, 364 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 6 ff., und Beschl. v. 17. 6. 2011 - BVerwG 7 B 79.10 -, Buchholz 406.245 URG Nr. 3, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 10 ff.) ist der erkennende Senat der Auffassung, dass die Präklusionsregelungen des deutschen Rechts grundsätzlich im Einklang mit der UVP-Richtlinie sowie dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot stehen. Auch aus der nationalrechtlichen Vorschrift des § 4 Abs. 3 UmwRG kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass materiell-rechtliche Präklusionen in Fällen der vollständigen Unterlassung einer gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung keine Anwendung finden könnten (möglicherweise a. A.: Kment, in: Hoppe/Beckmann [Hrsg.], UVPG mit UmwRG, 4. Aufl. 2012, § 4 UmwRG Rn. 9). Denn § 4 UmwRG stellt für die aufgezählten Verfahrensfehler zwar eine spezialgesetzliche Vorschrift dar, die § 46 VwVfG vorgeht, soweit ihr Regelungsgehalt reicht. Im Übrigen wird jedoch mit der Norm keine Sonderregelung getroffen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/2495, S. 14, zu § 4). Auch die Rechtsansicht der Klägerin, dass die Einwendung einer unterlassenen Umweltverträglichkeitsprüfung deshalb nicht der Präklusion unterworfen sei, weil sie den formell-rechtlichen Rahmen der Planfeststellung und nicht die Frage der materiell-rechtlichen Einhaltung des Verfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung betreffe, ist nicht richtig. Einwendungen, die der Präklusion unterliegen können, sind sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des Planvorhabens abzielendes Gegenvorbringen (BVerwG, Urt. v. 17. 7. 1980 - BVerwG 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297 [300]; Nds. OVG, Urt. v. 22. 2. 2012 - 7 LC 83/10 -, NdsVBl. 2012. 212 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 87). Zu solchem Gegenvorbringen zählt nicht allein ein Vortrag, der auf die Geltendmachung einer Verletzung materiellen Rechts hinausläuft, sondern auch ein solcher, der in der Beanstandung von Verfahrensverstößen besteht (vgl.: Reidt/Schiller, in: Bauer/Heckmann/Ruge/Schall-bruch[Hrsg.], VwVfG, Wiesbaden 2012, § 73 Rn. 42; Bonk/Neumann, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG. 7. Aufl. 2008, § 73 Rn. 98). Eine Ausnahme gilt lediglich für die Verletzung von Bestimmungen, die wie die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde den formell-rechtlichen Rahmen der Planfeststellung abstecken: ihre Rüge unterliegt nicht der Einwendungspräklusion (BVerwG, Urt. v. 14. 7. 2011 - BVerwG 9 A 14.10 -, NUR 2012, 52). Zu diesen rahmensetzenden Vorschriften gehören diejenigen über das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung indessen nicht, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung lediglich ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren ist, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG). Die Vorschriften über die Umweltverträglichkeitsprüfung umreißen folglich nicht den formell-rechtlichen Rahmen dieser verwaltungsbehördlichen Verfahren, sondern fügen sich in diesen ein und füllen ihn in bestimmter Weise aus....

Bei Verfahrensrügen, mit denen geltend gemacht wird, im Verwaltungsverfahren sei der Betroffene wegen unzureichender Verfahrensteilhabe - etwa einer unzureichender Darstellung in den ihm zugänglich gemachten Unterlagen - gehindert gewesen, die Auswirkungen der beantragten Planfeststellung zu beurteilen, muss er gerade diesen Verfahrensverstoß bereits dort rügen, wo allein ihm noch abgeholfen werden könnte, nämlich im Verwaltungsverfahren (BVerwG, Urt. v. 9. 8. 1994 - BVerwG 7 C 44.93 -, a. a. O.). Die Umweltverträglichkeitsprüfung schließt eine Beteiligung der Öffentlichkeit ein (§ 9 UVPG). Wird sie unterlassen, kann dies zu einer unzureichenden Verfahrensteilhabe der Betroffenen führen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung bestimmter Umweltauswirkungen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Auch die nur sinngemäße Rüge, eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung sei unterblieben, beinhaltet folglich die Beanstandung, dass die Ermittlung, Beschreibung oder Bewertung bestimmter Umweltauswirkungen oder die gemäß § 9 UVPG gebotene Öffentlichkeitsbeteiligung nicht ausreichend sei (wohl höhere Anforderungen stellend: Sächs. OVG, Beschl. v. 6. 6. 2013 - 4 A 434/12 -, [...], Langtext Rn. 20)."

Der Antragsteller hat in seinem Einwendungsschreiben vom 28. Juli 2011 weder ausdrücklich noch sinngemäß geltend gemacht, dass für das Vorhaben der Beigeladenen eine UVP durchzuführen bzw. das im Anhörungsverfahren bekanntgegebene Vorprüfungsergebnis, dass eine UVP nicht erforderlich sei, fehlerhaft sei. In dem Einwendungsschreiben hat er zwar einzelne Gesichtspunkte angesprochen, die einen Bezug zur Umwelt aufweisen (u.a. Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, Erhöhung der elektromagnetischen Belastungen im Einwirkungsbereich der Hochspannungsleitung), einen verfahrensmäßigen Bezug zu dem Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung hat er dabei aber nicht hergestellt. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus seinem Vortrag, durch die Verdreifachung der Stromstärke liege kein Ersatzbau, sondern ein Neubau vor, der im Genehmigungsverfahren keinen Bestandsschutz genießen könne. Der Hinweis lässt Bedenken dagegen, dass für das Vorhaben lediglich eine UVP-Vorprüfung, nicht aber eine UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wurde, nicht erkennen. Mit seinen weiteren Einwendungen in seinem Schreiben vom 28. Juli 2011 hat der Antragsteller es damit bewenden lassen, eigene Belange als planbetroffener Landwirt geltend zu machen. Dies ist nicht zuletzt durch seine abschließende Bemerkung, er hoffe, dass sich im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens eine für ihn erträgliche und hinnehmbare Lösung finden lasse, deutlich geworden. Soweit der Antragsteller zur Begründung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nunmehr geltend macht, eine UVP sei mit Blick auf die Querung der Leitungstrasse durch das FFH-Gebiet "Balksee und Randmoore, Nordahner Holz (Nr. DE 2220-301)" und im Übrigen wegen der Gesamtgrößenordnung des Vorhabens erforderlich, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Einwand in dem Einwendungsschreiben vom 28. Juli 2011 keine Grundlage hat. Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens ist es, der Behörde Gelegenheit zu geben, die Zulassungsfähigkeit des Vorhabens im Hinblick auf das Gegenvorbringen zu überprüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Schutzvorkehrungen anzuordnen oder sonstige Defizite des Planentwurfs abzuarbeiten (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 73 Rdn. 85a). Diesen Anforderungen genügt das Einwendungsschreiben des Antragstellers nicht, soweit es das Erfordernis einer UVP betrifft.

c) Der Planfeststellungsbeschluss leidet voraussichtlich nicht an durchgreifenden inhaltlichen Mängeln. Verstöße gegen das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot nach § 43 Satz 3 EnWG, die dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht gegeben.

Die vom Antragsteller in seinem Einwendungsschreiben vom 28. Juli 2011 vorgebrachte Beeinträchtigung des Landschaftsbildes hat die Planfeststellungsbehörde aller Voraussicht nach fehlerfrei abgewogen. Dabei ist die Vorbelastung des Landschaftsbildes durch die Bestandstrasse zu Recht in die Abwägung mit eingeflossen. Unter Berücksichtigung des zu den Planunterlagen gelangten Landschaftspflegerischen Begleitplans (PFB Anlage 12.1.1, dort Seiten 65ff.) und einer Forderung des Landkreises Cuxhaven als unteren Naturschutzbehörde ist im Planfeststellungsbeschluss für die nicht ausgleichsfähigen Beeinträchtigungen der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 15 Abs. 6 BNatSchG eine Ersatzzahlung in Höhe von 446.158,- EUR festgesetzt worden (PFB Seite 8). Mängel in der fachplanerischen Abwägung sind - insbesondere mit Blick auf das Landschaftsbild - nicht ersichtlich. Der Einwand des Antragstellers, die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei von einem Planungsbüro als erheblich eingestuft worden, ist in seinem Einwendungsschreiben auch nur substanzlos geblieben und im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht weiter vertieft worden.

Ohne Erfolg bleibt der Vortrag des Antragstellers, der Planfeststellungsbeschluss sei in Bezug auf die Prüfung einer alternativen Verlegung der Stromtrasse mit Erdkabeln anstelle einer Freileitung defizitär. Der Antragsteller ist mit diesem Einwand aller Voraussicht nach bereits präkludiert, weil sich in seinem Einwendungsschreiben vom 28. Juli 2011 eine entsprechende Forderung oder Anregung nicht findet. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin sich im Planfeststellungsverfahren mit einer Erdverkabelung der Trasse, welche im Beteiligungsverfahren von verschiedenen (anderen) Einwendern gefordert worden war, hinreichend auseinandergesetzt. Im Panfeststellungsbeschluss (PFB Seite 13) heißt es hierzu, im Rahmen der Planaufstellung sei der Einsatz eines 110-kV-Kabels statt einer 110-kV-Hochspannungsfreileitung diskutiert worden. Unter Berücksichtigung der verfügbaren Technologien seien die technischen, umweltrelevanten, betrieblichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte gegenübergestellt und mit der beantragten Variante verglichen worden. Die jeweiligen Auswirkungen der Freileitung bzw. des Kabels auf die verschiedenen Schutzgüter seien untersucht und bewertet worden. Im Ergebnis sei festzustellen, dass die kalkulierten Kosten für die beantragte Variante ca. 21 Millionen EUR betragen würden. Die möglichen Kosten für eine Erdkabelvariante würden sich demgegenüber auf ca. 73,5 Millionen EUR belaufen. Im Erläuterungsbericht (PFB Anlage 1, Seiten 21f) sind die abwägungsrelevanten Belange angeführt und gegenübergestellt worden. Danach würden bei einer Verwendung von Erdkabeln andere Schutzgüter als durch eine Freileitung belastet werden und insbesondere stärkere Eingriffe in das Grundeigentum sowie das Schutzgut Boden verursacht werden. Zudem wäre mit um den Faktor 3,5 höheren Kosten auszugehen als bei der planfestgestellten Freileitung (nach dem schriftsätzlichen Vortrag der Antragsgegnerin vom 17. April 2013 wäre der Faktor gegebenenfalls noch höher). Darüber hinaus ist die Variante Erdkabel auch wegen im Verhältnis zu einer Hochspannungsfreileitung deutlich ungünstigeren Ausfallzeiten in Havariefällen verworfen worden. Die vom Antragsteller im gerichtlichen Verfahren dagegen vorgebrachten Argumente stellen das Abwägungsergebnis nicht durchgreifend in Frage. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass die Variante Erdverkabelung hier erkennbar vorteilhafter gewesen und ihr deshalb gegenüber der planfestgestellten Freileitung größeres Gewicht hätte beigemessen werden müssen. Ob es sich bei der Erdverkabelung überhaupt noch um dasselbe Vorhaben oder aber - so der Vortrag der Antragsgegnerin - um ein eigenständiges Vorhaben, welches die Beigeladene nicht zur Prüfung gestellt habe, gehandelt haben könnte, bedarf danach keiner weiteren Vertiefung.

Eine Pflicht zur Erdverkabelung gemäß § 43h EnWG besteht im Übrigen nicht. Voraussetzung dafür wäre unter anderem, dass die Gesamtkosten für Errichtung und Betrieb des Erdkabels die Gesamtkosten der technisch vergleichbaren Freileitung um den Faktor 2,75 nicht überschreiten. Wie dargelegt, ist diese Voraussetzung - nach Maßgabe des Erkenntnisstands im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses - aller Voraussicht nach nicht gegeben. Im Übrigen bezieht sich die Vorschrift auf die Ausführung von Hochspannungsleitungen auf "neuen Trassen" (mit einer Nennleistung von 110 kV oder weniger). Hier spricht aber Überwiegendes dafür, dass das Vorhaben der Beigeladenen, für das ganz überwiegend die Bestandstrasse genutzt werden soll, jedenfalls nicht auf einer neuen Trasse im Sinne dieser Vorschrift durchgeführt werden soll. Der Anwendungsbereich des § 43h EnWG dürfte somit nicht gegeben sein.

Dem Planfeststellungsbeschluss haftet aller Voraussicht nach kein Abwägungsfehler an, soweit der streitige Ersatzneubau auf der vorhandenen 110-kV-Leitungstrasse durchgeführt werden soll und Trassenvarianten abgelehnt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur Beschl. v. 23.6.2009 - 9 VR 1.09 -, NVwZ - RR 2009, 753) ist die Trassenwahl bei der Auswahl verschiedener Trassenvarianten als Abwägungsentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich. Ihre Rechtmäßigkeit hängt nicht davon ab, ob für eine andere planerische Lösung einleuchtende Gründe angeführt werden können. Es reicht aus, wenn die Behörde sich mit dem Für und Wider der gegenläufigen Belange auseinandergesetzt hat und tragfähige Gründe für die gewählte Lösung anführen kann. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Lösung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblicher Belange als die eindeutig bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde. Nach diesen Maßstäben kann aller Voraussicht nach nicht angenommen werden, die Antragsgegnerin habe sich abwägungsfehlerhaft für die planfestgestellte Trasse entschieden. Im Planfeststellungsbeschluss wird hierzu zwar ausgeführt (PFB Seite 13), weitere Varianten - gemeint: über die Variante Erdverkabelung hinaus - seien nicht untersucht worden, da erkennbar gewesen sei, dass sie gegenüber der gewählten Lösung keine eindeutig vorzugswürdigen Vorteile bieten würde. Entgegen dem missverständlichen Wortlaut dieser Äußerung kann der Antragsgegnerin aber nicht vorgeworfen werden, sie habe den Blick auf eine jedwede Änderung des Trassenverlaufs versperrt. Den weiteren Ausführungen zu den Einwendungen (PFB Seiten 27ff.) lässt sich vielmehr entnehmen, dass im Beteiligungsverfahren zahlreiche Einwender eine Verschiebung einzelner Masten gefordert hatten und die Antragsgegnerin sich damit auch tatsächlich auseinandergesetzt hat. So ist den Forderungen zum Teil entsprochen worden (vgl. nur PFB unter 2.3.2.3, 2.3.2.15, 2.3.2.18), zum Teil aber auch nicht (vgl. unter 2.3.2.9, 2.3.2.29). Die Antragsgegnerin hat sich mit dem Problem Trassenverlauf und etwaigen Alternativen danach durchaus befasst und gegenläufige Interessen berücksichtigt. Ein Abwägungsausfall ist insoweit nicht zu erkennen. Dass die Antragsgegnerin der vom Antragsteller gewünschten Verschiebung des Mastes 89 nicht näher getreten ist, beruht - wie bereits dargelegt - auf der Erwägung, dass gegenüber der Verschiebung des Mastes 89 eine Erhöhung des Bodenabstandsniveaus vorzugswürdig erschienen ist. Ein Abwägungsfehler kann darin nicht erblickt werden. Ebenso wenig begegnet es durchgreifenden Bedenken, dass die Antragsgegnerin sich im Rahmen der Abwägung nicht dazu veranlasst gesehen hat, dem planfestgestellten Vorhaben unter vollständiger Preisgabe der Bestandstrasse eine gänzlich neue Trassenführung als ernsthafte Alternative gegenüberzustellen. Einen eindeutig vorzugswürdigen alternativen Trassenverlauf hat der Antragsteller weder im Beteiligungsverfahren noch innerhalb der Antragsbegründungsfrist gemäß § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG aufgezeigt. Er hat sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses auch nicht aufgedrängt. Zu Recht weist die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der streitige Ersatzneubau gegenüber der bisher vorhandenen 110-kV-Freileitung nur geringfügigere Änderungen mit sich bringt, während eine vollständige Verlegung des Trassenverlaufs neue und erstmalige Konfliktsituationen verursacht hätte. In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass die Berücksichtigung der Vorbelastung betroffener Grundstücke - wie hier - geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 26.9.2013, a.a.O.). Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, in ihrer neuen Abwägung tatsächliche und rechtliche Vorbelastungen in den Blick zu nehmen und zu bewerten. So kann etwa ein vorbelastetes Wohngrundstück nicht den Schutz in Anspruch nehmen, der einem Wohngrundstück ohne eine solche Vorbelastung zuzubilligen ist. Eine Vorbelastung ist grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen, wenn ein Ersatzneubau anstelle einer vorhandenen Trasse errichtet wird. Die Antragsgegnerin durfte sich diese Maßstäbe frei von Abwägungsfehlern zu Eigen machen und im Planfeststellungsverfahren auf die planfestgestellte Bestandstrasse konzentrieren.

Die Antragsgegnerin hat Immissionsschutzbelange, soweit sie die vom Vorhaben der Beigeladenen in Anspruch genommenen Grundstücke des Antragstellers betreffen, ohne Abwägungsmängel berücksichtigt. Im Planfeststellungsbeschluss heißt es - insoweit ohne Bezug zu einem bestimmten Einwender - zu den als vordringliches Problem erscheinenden elektromagnetischen und elektrischen Immissionen (PFB Seiten 13ff.), dass der geplante Ersatzneubau sich im Betrieb durch elektromagnetische Felder auswirken werde. Die 110-kV-Hochspannungsfreileitung werde ein niederfrequentes elektrisches und ein niederfrequentes magnetisches Feld erzeugen. Die gesetzliche Grundlage für die Betrachtung der Exposition des Menschen durch elektromagnetische Felder sei dabei die 26. BImSchV. Das hiesige Freileitungsvorhaben stelle eine Niederfrequenzanlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 26. BImSchV dar. § 3 der 26. BImSchV definiere für die Errichtung und den Betrieb von Niederfrequenzanlagen den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, § 4 betreffe die Vorsorge. In den vorliegenden Planunterlagen seien die vorgenannten Regelwerke und vor allem die Grenzwerte richtig und vollständig berücksichtigt worden. Die im Erläuterungsbericht dargestellte Behandlung dieser Prüfung sei vollständig und plausibel. Die gesetzlichen Anforderungen zum Schutz des Menschen vor elektromagnetischen Feldern seien bei der Planung zutreffend berücksichtigt worden. Die maximal zu erwartende Exposition liege deutlich unterhalb der Grenzwerte. Im Rahmen der technisch und wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten sei die Exposition soweit wie möglich minimiert worden. Gegen diese Ausführungen ist gerichtlich nichts zu erinnern. Für die betroffenen Flurstücke des Antragstellers ist eine abweichende Beurteilung nicht gerechtfertigt. Auf dessen Hofflächen werden die Grenzwerte der 26. BImSchV nicht nur eingehalten, sondern weit unterschritten. Zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen ist nach Anhang 1a der 26. BImSchV (v. 16.12.1996, BGBl. I Seite 1996, nunmehr novelliert durch ÄnderungsVO v. 14.8.2013, BGBl. I Seite 3259) für 50-Hz-Felder ein Grenzwert für die magnetische Feldstärke von 100 µT vorgesehen. Nach der ursprünglichen Planung des Ersatzneubaus ergab sich im Umfeld des Mastes 89 nach den vom Antragsteller nicht substantiiert angegriffenen Berechnungen der Vorhabenträgerin bezogen auf die Westfassade des Wohnhauses des Antragstellers ein Wert von 0,570 µT. Wie dargelegt, ergibt sich nach der im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigten Bodenabstandsvergrößerung nunmehr ein Wert von 0,552 µT, welcher bei etwa 1/200 des zulässigen Grenzwerts liegt. Auch der Grenzwert von 5 kV/m für das elektrische Feld wird im Nahbereich des Mastes 89 unterschritten. Damit ist - auch unter Vorsorgegesichtspunkten - den Belangen des Antragstellers, vor Gesundheitsrisiken elektromagnetischer Felder geschützt zu werden, hinreichend Genüge getan, wobei an dieser Stelle erneut darauf hinzuweisen ist, dass das Grundstück des Antragstellers durch die bestehende 110-kV-Freileitung bereits vorbelastet ist.

Entgegen dem Vortrag des Antragstellers können die Grenzwerte der 26. BImSchV sowohl bezogen auf den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses als auch aktuell noch als für die Beurteilung der Zumutbarkeit entsprechender Immissionen relevante Werte in Ansatz gebracht werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies in seinem Beschluss vom 26. September 2013 (a.a.O.) erneut bekräftigt und ausgeführt, die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) seien von Rechts wegen nicht zu beanstanden und bei Einhaltung der Grenzwerte würden akute Beeinträchtigungen der Gesundheit wirksam verhindert. Mit Blick auf kritische Stimmen aus der Wissenschaft zu den Grenzwerten hat das Bundesverwaltungsgericht weiterhin ausgeführt, ob der Verordnungsgeber auf die danach verbleibende Besorgnis mit einer Absenkung der Grenzwerte reagiere, unterliege seinem Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum. Dessen verfassungsrechtlich gezogene Grenzen seien nicht überschritten, wenn er - wie geschehen - von weitergehenden Schutzmaßnahmen absehe. Dies gelte umso mehr, als es hinsichtlich denkbarer Langzeitfolgen an Erkenntnissen zu einer Dosis-Wirkung-Beziehung fehle. Das Vorbringen des Antragstellers, mit dem auf die in Teilen der Wissenschaft geäußerte Kritik an den Grenzwerten der 26. BImSchV verwiesen wird, ohne indes bessere Erkenntnisse zu vermitteln, gibt dem Senat für eine davon abweichende Beurteilung keinen Anlass.

Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers kann ein Abwägungsmangel des Planfeststellungsbeschlusses schließlich nicht darin gesehen werden, dass der Antragsteller sich mit seinem im Beteiligungsverfahren angebrachten Einwand, die Beibehaltung des Standortes des Mastes 89 stehe einer baulichen Entwicklung auf seiner Hoffläche entgegen, nicht hat durchsetzen können. Der Umstand, dass im Anhörungsverfahren geltend gemachte Erweiterungsabsichten eines anderen Einwenders dazu geführt haben, dass im Bereich der Masten 36 bis 39 eine Verschiebung der Leitungstrasse vorgenommen wurde, lässt auf eine sachwidrige Ungleichbehandlung des Antragstellers, die sich als abwägungsfehlerhaft erweisen könnte, nicht schließen. Zu Recht weist die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Antragsteller Erweiterungsabsichten in seinem Einwendungsschreiben vom 28. Juli 2011 lediglich unsubstantiiert in den Raum gestellt und konkret in Aussicht genommene Baumaßnahmen, deren Realisierung durch den Mast 89 verhindert oder wesentlich erschwert werden könnten, nicht benannt hat. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, den letztlich substanzlos gebliebenen Einwand als näher zu betrachtenden Belang in die Abwägung einzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil diese sich in dem Verfahren nicht durch eine gemäß § 67 Abs. 1 VwGO vertretungsbefugte Person geäußert und insbesondere einen prozessual beachtlichen Antrag, mit dem ein Kostenrisiko verbunden wäre (§ 154 Abs. 3 VwGO), nicht gestellt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Nach der vom Senat zugrunde gelegten Streitwertpraxis des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 11.2.2009 - 9 A 34.08 -, [...]) ist der Wert des Streitgegenstandes in Klageverfahren gegen Planfeststellungsbeschlüsse, die zu Beeinträchtigungen eines landwirtschaftlichen Betriebes führen, pauschalierend auf 60.000,- EUR festzusetzen (vgl. nunmehr auch Nr. 34.2.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abrufbar u.a. unter bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php). Zu berücksichtigen ist vorliegend jedoch, dass der Antragsteller sich nicht gegen eine erstmalige Beeinträchtigung seiner Landwirtschaft (und der Wohnnutzung auf dem Grundstück Hörfelde 7) wendet, sondern lediglich gegen den Ersatzneubau der Hochspannungsleitung auf der vorhandenen Bestandstrasse. Dies rechtfertigt es, den Streitwert hier mit einem Betrag von 30.000,- EUR anzusetzen, wobei gemäß der bisherigen Praxis des Senats von einer weiteren Halbierung dieses Werts trotz des nur vorläufigen Charakters des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens abgesehen wird.