Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.02.2012, Az.: 7 KS 24/12

Pauschalisierende Festsetzung des Streitwerts in Klageverfahren gegen zu existenzgefährdenden Beeinträchtigungen eines landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebs führenden Planfeststellungsbeschlüssen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.02.2012
Aktenzeichen
7 KS 24/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 11302
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0209.7KS24.12.0A

Fundstellen

  • AUR 2012, 200
  • NVwZ-RR 2012, 375

Gründe

1

Die vorläufige Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 40 GKG, wobei an die Stelle der fehlenden, aber nach § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht zwingenden förmlichen Antragstellung der Klägerin ihr Klagebegehren (§ 88 VwGO) tritt, das in der Klageschrift maßgeblich durch die Angabe konkretisiert wird, die Klage sei "erst einmal umfassend erhoben".

2

Die Festsetzung des Wertes orientiert sich sodann an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 11. 2. 2009 - BVerwG 9 A 34.08 -, Buchholz 360 § 52 GKG Nr. 6, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 4). Hiernach ist der Wert des Streitgegenstandes in Klageverfahren gegen Planfeststellungsbeschlüsse, die zu Beeinträchtigungen eines landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebs führen, pauschalierend auf 60.000 EUR festzusetzen; dies gilt auch dann, wenn die klagende Landwirtin eine Existenzgefährdung ihres Betriebs geltend macht. Die dauerhafte Inanspruchnahme der betriebszugehörigen Eigentumsflächen ist zusätzlich mit 0,50 EUR/qm in Ansatz zu bringen. Dabei ist hier von einer Flächeninanspruchnahme durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss von 133.400 qm auszugehen, was einen zusätzlichen Betrag von 66.700 EUR ergibt, und damit in der Summe zu einem vorläufigen Streitwert von 126.700 EUR führt.

3

Die Klägerin ist zu.Unrecht der Auffassung, es sei von dieser pauschalierenden Praxis nach unten abzuweichen und ein Abschlag von rund zwei Dritteln der so errechneten Summe vorzunehmen, weil der Grunderwerb im vorliegenden Fall über ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren erfolgen soll.

4

Es findet bei der Streitwertbemessung in Klageverfahren, in denen begehrt wird, einen Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, damit auf diese Weise die nachteilige Betroffenheit einer Klägerin entfällt, keine "Saldierung" statt zwischen einerseits den beanstandeten Beeinträchtigungen und Inanspruchnahmen von Eigentumsflächen sowie anderseits der für den Fall der Umsetzung des Plans zu erwartenden Kompensation. Dabei ist nicht entscheidend, ob die betroffene Klägerin Entschädigungszahlungen oder eine Landabfindung im Rahmen einer Unternehmensflurbereinigung erhalten soll. Denn in einem an die Stelle des Enteignungsverfahrens tretenden Verfahren der Unternehmensflurbereinigung wird - soweit nicht noch der freihändige Erwerb einer benötigten Grundfläche gelingt - ebenfalls eine Enteignung vorgenommen (Nds. OVG, Bescheid v. 20. 5. 2011 - 15 KF 2/06 -, m.w.N.), die nicht nur im Umfang etwa verbleibender Nachteile nach § 88 Nrn. 4 und 5 FlurbG erfolgt (Wingerter, in: Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, Vorb. zu §§ 87-90 Rn. 2).

5

Insofern als hier beabsichtigt ist, eine Landabfindung an die Stelle der Grundstücke treten zu lassen, die der Klägerin als Teilnehmerin an der Unternehmensflurbereinigung im Zuge der Aufbringung der für das Unternehmen benötigten Fläche entzogen werden sollen, stellt daher auch diese Landabfindung lediglich eine kompensatorische Leistung dar, die als solche einen Abschlag bei der Streitwertbemessung nicht rechtfertigen kann.

6

Der Streitwert ist somit vorläufig auf 126.700 EUR festzusetzen.