Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.02.2012, Az.: 10 LC 429/08

Anspruch eines Landwirts auf Erhöhung des Wertes der ihm zugewiesenen Zahlungsansprüche um einen weiteren betriebsindividuellen Betrag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.02.2012
Aktenzeichen
10 LC 429/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 13113
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0221.10LC429.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 12.11.2008 - AZ: VG 6 A 1137/06
nachfolgend
BVerwG - 29.01.2013 - AZ: BVerwG 3 B 24.12

Amtlicher Leitsatz

Die Sonderprämie für männliche Rinder, die im Jahr 2002 geschlachtet wurden, für welche die Sonderpärmie aber erst bis Ende Februar 2003 beantragt wurde, wurde für das Kalenderjahr 2003 gewährt. Die entsprechenden Rinder bleiben daher bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages außer Betracht.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Landwirt und begehrt die Erhöhung des Wertes der ihm zugewiesenen Zahlungsansprüche um einen weiteren betriebsindividuellen Betrag.

2

Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung. Mit Bescheiden vom 31. Januar, 31. März und 29. Juni 2001 gewährte das damalige Amt für Agrarstruktur Bremerhaven dem Kläger für insgesamt siebzehn im Jahr 2000 geschlachtete Rinder, davon dreizehn Ochsen der 1. und 2. Altersklasse, die Schlachtprämie, Ergänzungszahlung zur Schlachtprämie sowie - nur für die Ochsen - die Sonderprämie für männliche Rinder und Extensivierungsprämie. Mit Bescheid vom 31. Mai 2002 bewilligte es dem Kläger für zwölf im Jahr 2001 geschlachtete Rinder, davon fünf Ochsen der 1. und 2. Altersklasse, die genannten Prämien.

3

Am 28. Februar 2003 beantragte der Kläger für acht Rinder über acht Monate die Schlachtprämie sowie die Sonderprämie für männliche Rinder (Ochsen der 1. und 2. Altersklasse). Mit Bescheid vom 1. Juli 2003 bewilligte das damalige Amt für Agrarstruktur Bremerhaven für diese Rinder die "Schlachtprämie 2002" einschließlich der Ergänzungszahlung. Für dieselben Rinder bewilligte das Amt für Agrarstruktur Bremerhaven dem Kläger mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 die Vorschusszahlung und mit Bescheid vom 30. Juni 2004 die Abschlusszahlung auf die Sonderprämie für Ochsen der 1. und 2. Altersklasse. Mit letzterem Bescheid bewilligte es außerdem für im Jahr 2003 vermarktete Rinder auf den Antrag des Klägers vom 2. Dezember 2003 die Schlachtprämie und Ergänzungszahlung für 44 männliche Rinder über acht Monate sowie die Sonderprämie für Ochsen der 1. und 2. Altersklasse für achtzehn dieser Tiere.

4

Der Kläger stellte am 17. Mai 2005 bei der damaligen Landwirtschaftskammer Hannover, der Funktionsvorgängerin der Beklagten, den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005.

5

Mit Bescheid vom 7. April 2006 setzte die Beklagte die Zahlungsansprüche auf 2,87 Zahlungsansprüche mit dem Wert 291,57 EUR/ha sowie 62,30 Zahlungsansprüche mit dem Wert 136,20 EUR/ha fest. Ausweislich der Anlage 2 zum Bescheid berücksichtigte die Beklagte für den betriebsindividuellen Betrag für das Referenzjahr 2000 Sonderprämien für dreizehn Ochsen der 1. Altersklasse in Höhe von 1.950,-- EUR, Sonderprämien für dreizehn Ochsen der 2. Altersklasse in Höhe von 1.950,-- EUR sowie eine Extensivierungsprämie für sechsundzwanzig Tiere in Höhe von 1.300,-- EUR, außerdem für das Referenzjahr 2001 Sonderprämien für fünf Ochsen der 1. Altersklasse in Höhe von 750,-- EUR, Sonderprämien für fünf Ochsen der 2. Altersklasse in Höhe von 750,-- EUR sowie die Extensivierungsprämie für zehn Tiere in Höhe von 500,-- EUR. Für das Jahr 2002 ermittelte sie keine Direktzahlungen. Aus den in den Jahren 2000 und 2001 zugrunde gelegten Beträgen ergab sich ein durchschnittlicher betriebsindividueller Betrag über die Referenzjahre 2000 bis 2002 in Höhe von 2.400,-- EUR, der nach Abzug von 1 % für die nationale Reserve in die Berechnung des Wertes der Zahlungsansprüche eingegangen ist.

6

Der Kläger hat am 5. Mai 2006 Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die im Jahr 2002 vermarkteten acht Ochsen, für die er erst im Jahr 2003 die Schlachtprämie beantragt habe, seien zusätzlich in die Berechnung des betriebsindividuellen Betrages einzubeziehen. Im Rahmen der hier maßgeblichen Vorschrift des Art. 37 VO (EG) Nr. 1782/2003 komme es nicht darauf an, wann die jeweiligen Zahlungen tatsächlich geleistet worden seien. Entscheidend sei vielmehr, für welches Jahr die jeweiligen Sonderprämien bewilligt worden seien. Gemäß § 17 der Rinder- und Schafprämienverordnung sei die Sonderprämie für männliche Rinder als Schlachtprämie nach Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 gewährt worden. Entscheidendes Kriterium für die Gewährung der Sonderprämie sei somit der Tag der Vermarktung gewesen. Aus diesem Grunde sei entsprechend Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 auch dann, wenn der Antrag in den ersten zwei Monaten des Folgejahres nach dem Jahr der Schlachtung gestellt worden sei, für diese Tiere die Sonderprämie nach dem Prämiensatz für das Jahr gewährt worden, in dem die Schlachtung erfolgt sei. Folglich habe ein Landwirt, der in den ersten zwei Monaten des Jahres 2003 einen Antrag auf Gewährung der Sonderprämie für im Jahr 2002 geschlachtete Tiere gestellt habe, die Sonderprämie "für die Schlachtung im Kalenderjahr 2002" erhalten. Diese Auffassung werde auch durch die Regelung des Art. 2 lit. e) VO (EG) Nr. 1782/2003 gestützt. Dort sei der Begriff "Zahlungen in einem bestimmten Kalenderjahr" definiert. Danach handle es sich bei diesen Zahlungen um solche, die für das betreffende Jahr gewährt worden seien oder zu gewähren wären. Die entsprechende Prämie sei ihm für das Jahr 2002 gewährt worden. Berücksichtigt werden müsse auch, dass die Regelungen zum betriebsindividuellen Betrag geschaffen worden seien, um Landwirten, die im Bereich der Rindfleischerzeugung arbeiteten, den Übergang zur allgemeinen Flächenprämie zu erleichtern. Dieser Schutzgedanke greife indes nur dann, wenn man im Hinblick auf das Bezugsjahr 2002 auf die in diesem Jahr vermarkteten Tiere und nicht auf das eher zufällige Datum der Antragstellung abstelle. Das Argument der Beklagten, dass aufgrund der Regelungen zur Altershöchstgrenze und zur Besatzdichte grundsätzlich auf das Jahr der Antragstellung abzustellen sei und sich der jeweilige Antragsteller daran festhalten lassen müsse, dass er seinen Antrag erst im Jahr 2003 gestellt habe, greife in Bezug auf ihn nicht durch. Er habe im Jahr 2002 weder die Höchstgrenze von 90 Antragstieren noch die maßgebliche Besatzdichte überschritten. Die Antragstellung im Jahr 2003 habe ihm prämienrechtlich also keine Vorteile gebracht. Ihn dennoch daran festzuhalten, verstoße gegen das Willkürverbot.

7

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zahlungsansprüche des Klägers unter Berücksichtigung eines weiteren betriebsindividuellen Betrages in Höhe von 1.032,00 EUR (d.h. eines betriebsindividuellen Betrages von insgesamt 3.432,00 EUR) festzusetzen und die Zahlungsansprüche entsprechend zu erhöhen.

8

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Sie hat erwidert, dass auf den Zeitraum der Entstehung des Prämienanspruchs abgestellt werden müsse. Die Voraussetzungen der Prämienfähigkeit erfüllten männliche Rinder, die im Jahr 2002 vermarktet, für die aber erst im Jahr 2003 ein Antrag gestellt worden sei, erst im Jahr 2003. Gemäß Art. 4 VO (EG) Nr. 1254/1999 sei die Prämie auf Antrag auf Jahresbasis je Kalenderjahr im Rahmen der Höchstgrenze für maximal 90 Tiere gewährt worden. Gemäß Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 sei für die Berechnung der Prämienfähigkeit der Rindersonderprämie im Rahmen der GVE-Berechnung das Jahr maßgeblich, in dem der Antrag gestellt worden sei. Sowohl die Einhaltung der GVE-Grenze als auch die Antragstellung seien unabdingbare Voraussetzungen für die Prämienfähigkeit der Tiere. Der Prämienanspruch entstehe immer erst durch Antragstellung. Die streitgegenständlichen acht Ochsen seien im Jahr 2003 beantragt worden und in die GVE-Berechnung des Jahres 2003 eingeflossen. Infolgedessen komme eine Anrechenbarkeit dieser Tiere für das Bezugsjahr 2002 nicht in Frage. Auf das Vermarktungsjahr komme es bei der Rindersonderprämie nicht an.

10

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. November 2008 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

11

Der Kläger habe bei der Festsetzung seiner Zahlungsansprüche keinen Anspruch auf Berücksichtigung der acht im Jahr 2002 geschlachteten Ochsen, für die er erst im Jahr 2003 die Rindersonderprämie beantragt und erhalten habe, sowie auf die Hälfte der entsprechenden Extensivierungsprämie. Nach Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 komme es hinsichtlich der Berechnung des Referenzbetrages auf die Zahlungen an, die ein Betriebsinhaber in jedem Kalenderjahr des Bezugszeitraums nach Art. 38 - also in den Kalenderjahren 2000 bis 2002 - bezogen habe. Was unter "Zahlungen in einem bestimmten Kalenderjahr" oder "Zahlungen im Bezugszeitraum" zu verstehen sei, lasse sich Art. 2 lit. e) VO (EG) Nr. 1782/2003 entnehmen. Danach bezeichneten die Formulierungen "Zahlungen in einem bestimmten Kalenderjahr" oder "Zahlungen im Bezugszeitraum" die für das betreffende Jahr gewährten oder zu gewährenden Zahlungen, einschließlich aller Zahlungen für andere Zeiträume, die in dem betreffenden Kalenderjahr begännen. Die Berechnung des Referenzbetrages erfolge nach Abschnitt C des Anhangs VII VO (EG) Nr. 1782/2003 dergestalt, dass - unter Berücksichtigung vorgeschriebener Kürzungen - die Anzahl der Tiere, für die eine Zahlung in den einzelnen Jahren des Bezugszeitraums gewährt worden sei, mit den Beträgen multipliziert werde, die nach den für diese Prämien maßgebenden Regelungen für das Kalenderjahr 2002 gegolten hätten. Dies zugrunde gelegt könnten die vom Kläger geltend gemachten acht Einheiten Sonderprämie für Ochsen der 1. und 2. Altersklasse (mit Extensivierungsprämie) nur dann in die Berechnung seines betriebsindividuellen Betrages einfließen, wenn ihm für diese Tiere für das Kalenderjahr 2002 "Zahlungen gewährt" worden seien. Dies sei indes nicht der Fall. Die Sonderprämien, die der Kläger für die Antragstiere vom 28. Februar 2003 erhalten habe, seien ihm nicht für das Kalenderjahr 2002, sondern für das Kalenderjahr 2003 gewährt worden.

12

Die Frage, für welches Kalenderjahr eine Direktzahlung "gewährt wird", sei unter Anwendung der für die Sonderprämie für männliche Rinder in Betracht kommenden Vorschriften zu beantworten. Dies ergebe sich aus Art. 37 VO (EG) Nr. 1782/2003, der hinsichtlich der Berechnung des Referenzbetrages auf die Anlage VII dieser Verordnung verweise, welche ihrerseits - bezüglich der Direktzahlungen im Bereich Rindfleisch - als Rechtsgrundlage auf die Art. 3, 5, 6, 10, 11, 13 und 14 der VO (EG) Nr. 1254/1999 Bezug nehme. Die hier streitige Sonderprämie für Ochsen der 1. und 2. Altersklasse werde gemäß Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1254/1999 auf Jahresbasis je Kalenderjahr und Betrieb gewährt. Eine Regelung des Zeitraums, für den die Sonderprämie für männliche Rinder im Sinne von Art. 4 VO (EG) Nr. 1254/1999 gewährt werde, enthalte Art. 42 der Durchführungsverordnung VO (EG) Nr. 2342/1999. Danach sei für das Jahr, auf das die unter die Sonder-, Mutterkuh-, Saisonentzerrungs- und Extensivierungsprämienregelung fallenden Tiere angerechnet würden, sowie für die Zahl der Großvieheinheiten (GVE), die bei der Berechnung des Besatzdichtefaktors zugrunde zu legen sei, der Tag der Antragstellung maßgeblich (Art. 42 UAbs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999).

13

Diese Regelung stelle eindeutig klar, dass das Jahr, für das die Rindersonderprämie im Sinne von Art. 2 lit. e) VO (EG) Nr. 1782/2003 gewährt werde, vom Zeitpunkt der Antragstellung und nicht vom Zeitpunkt der Vermarktung eines männlichen Rindes bestimmt werde. Die Ausnutzung der nach dem früheren Prämienrecht bestehenden Antragsfrist habe Erzeugern, die in einem Kalenderjahr den maßgeblichen Besatzdichtefaktor im Sinne von Art. 12 VO (EG) Nr. 1254/1999 bereits erreicht gehabt hätten, die Möglichkeit eingeräumt, den Antrag für eine bestimmte Anzahl von Tieren erst im Folgejahr zu stellen. Die Überprüfung der Prämienvoraussetzungen sei für diese Tiere gemäß Art. 42 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 auf das Jahr der Antragstellung bezogen worden. Mit der Vorschrift werde klargestellt, dass für die Frage, ob die Antragstiere die Prämienvoraussetzungen, wie z.B. die Einhaltung des Besatzdichtefaktors, erfüllten, auf das Jahr abzustellen sei, in dem diese Tiere beantragt worden seien. Dies habe den Antragstellern die Möglichkeit gegeben, für Tiere, die insbesondere wegen der Begrenzung durch den Besatzdichtefaktor gemäß Art. 3 VO (EG) Nr. 2342/1999 an sich von der Prämienregelung ausgeschlossen gewesen seien, einen Prämienantrag erst im Folgejahr zu stellen und auf diese Weise die entsprechende Prämie dennoch zu erhalten.

14

Aus diesem Grund könne der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe den Antrag Ende Februar 2003 und damit noch innerhalb der gesetzlichen Antragsfrist, die gemäß Art. 8 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 am 28. Februar 2003 abgelaufen sei, gestellt. Als Betriebsinhaber habe er selbst es in der Hand gehabt, den Zeitpunkt der Antragstellung zu wählen. Hier habe er die Entscheidung getroffen, die Möglichkeit der Antragstellung bis Ende Februar 2003 für im Kalenderjahr 2002 geschlachtete Tiere auszunutzen. An dieser Entscheidung müsse er sich festhalten lassen. Ihm hätten unabhängig davon, ob sich dies im konkreten Fall ausgewirkt habe, die an eine spätere Antragstellung geknüpften Vorteile zugestanden. Diese grundsätzliche Möglichkeit der Vorteilsziehung reiche aus, um zu rechtfertigen, dass im Jahr 2002 geschlachtete Tiere, die im Jahr 2002 zur Prämie angemeldet worden seien, im Rahmen der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages anders behandelt würden als Tiere, die zwar im Jahr 2002 geschlachtet, aber erst im Jahr 2003 zur Prämie angemeldet worden seien. Im Übrigen liege es im Wesen von Stichtags- und Fristenregelungen, dass ein bestimmter Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich beurteilt werde. Solche Regelungen seien Ausfluss des - nicht justiziablen - gesetzgeberischen Ermessens und entsprächen gängiger Praxis.

15

Für die Annahme, Art. 42 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 bestimme lediglich den Zeitraum, in dem die Prämienvoraussetzungen vorliegen müssten, nicht aber den Zeitraum, für den die Prämie gewährt werde, bestünden keine Anhaltspunkte. Ein solches Ergebnis lasse sich aus Art. 42 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 nicht ableiten. Nach dieser Vorschrift werde - wenn die Sonderprämie entsprechend der Option des Art. 8 durch den jeweiligen Mitgliedstaat bereits zum Zeitpunkt der Schlachtung gewährt werde, das Tier spätestens am 31. Dezember geschlachtet und der Prämienantrag für dieses Tier nach diesem Stichtag gestellt worden sei - der Prämiensatz gewährt, der am 31. Dezember des Jahres gültig gewesen sei, in dem die Schlachtung stattgefunden habe. Diese Vorschrift ändere nichts daran, dass die Tiere dem Jahr der Antragstellung zugerechnet würden, wenn der Antrag erst im folgenden Kalenderjahr gestellt werde. Allein der maßgebliche Prämiensatz bestimme sich nach dem Jahr der Schlachtung; im Übrigen bleibe das Jahr der Antragstellung maßgeblich. Aus diesem Grunde könne auch aus dem Umstand, dass sich in der Anlage 1 zu den Bescheiden vom 15. Dezember 2003 und vom 30. Juni 2004 bei den Antragstieren vom 28. Februar 2003 hinter der jeweiligen Prämienart der Zusatz "/02" finde, nicht geschlossen werden, dass die jeweiligen Prämien für das Kalenderjahr 2002 gewährt worden seien. Aus der Anlage 4 zu diesen Bescheiden sei ersichtlich, dass mit "02" (lediglich) das Vermarktungs- bzw. Schlachtjahr habe bezeichnet werden sollen, was nach Art. 42 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 Bedeutung für die Höhe der zu gewährenden Prämie gehabt habe. Eine von der Regelung des Art. 42 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 abweichende Zuordnung der Zahlungen für die betreffenden Antragstiere zum Kalenderjahr 2002 sei hierdurch nicht erfasst. Dass dem Kläger mit "Bewilligungsbescheid über die Abschlusszahlung der Mutterkuhprämie, der Sonderprämie für männliche Rinder, der Extensivierungsprämie und der Schlachtprämie 2002" (Unterstreichung durch die Kammer) vom 1. Juli 2003 für die acht im Jahre 2002 geschlachteten Tiere die Schlachtprämie zuerkannt worden sei, sei im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb irrelevant, weil im Rahmen des betriebsindividuellen Betrages an die Gewährung der Sonder- bzw. Extensivierungsprämie angeknüpft werde, nicht aber an die Schlachtprämie. Für die im Jahr 2002 geschlachteten Tiere seien die entsprechenden Sonder- bzw. Extensivierungsprämien für das Kalenderjahr 2003 gewährt worden. Dies spiegele sich auch in den Überschriften der Bescheide vom 15. Dezember 2003 und vom 30. Juni 2004 wider.

16

Der Kläger könne sich für seine Auffassung, die Rindersonderprämie werde für das Jahr der Schlachtung gewährt, auch nicht auf Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 in Verbindung mit § 17 der Verordnung über die Gewährung von Prämien für männliche Rinder, Mutterkühe und Mutterschafe (Rinder- und Schafprämienverordnung - RSVO -) vom 22. Dezember 1999 berufen. Nach Art. 8 VO (EG) Nr. 2342/1999 könnten die Mitgliedstaaten die Sonderprämie zum Zeitpunkt der Schlachtung gewähren. Dem sei die Bundesrepublik Deutschland gefolgt, indem § 17 RSVO festlege, dass die Sonderprämie für männliche Rinder als Schlachtprämie gewährt werde. Aus diesen Vorschriften ergebe sich lediglich, dass die Gewährung der Rindersonderprämie an die Schlachtung anknüpfe und erst bei Schlachtung eines Tieres - nicht zum Beispiel allein bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters - gewährt werde. Den Vorschriften ließen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, ob die Rindersonderprämie für das Kalenderjahr der Schlachtung oder für das Jahr der Antragstellung gewährt werde. Eine derartige Regelung finde sich in Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999.

17

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen.

18

Der Kläger ergänzt und vertieft zur Begründung seiner Berufung sein erstinstanzliches Vorbringen. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Regelung in Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 gerade keine Bestimmung darüber treffe, für welches Jahr die Sonderprämie gewährt werde. Sie lege lediglich fest, dass für Tiere, für die erst in dem Jahr nach der Schlachtung eine Prämie beantragt werde, im Hinblick auf die betriebliche Obergrenze und die Berechnung der Besatzdichte auf das Jahr der Antragstellung abzustellen sei. Ziel der Regelung sei nicht, die gewährte Sonderprämie als eine solche für das Antragsjahr zu bestimmen. Gegen einen derartigen Willen spreche im Übrigen die Regelung in Art. 42 UAbs. 2 der Verordnung, nach der in Fällen der vorliegenden Art die Prämienhöhe nach den Regelungen, die für das Jahr der Schlachtung und nicht nach denen, die für das Jahr der Antragstellung gelten, bestimmt werde. Hieraus ergebe sich, dass dann die Prämie gerade für das vorangegangene Kalenderjahr, also das Jahr der Schlachtung, gewährt werde. Da in der Bundesrepublik Deutschland die Sonderprämie als Schlachtprämie gewährt werde, erfülle der Landwirt mit der Schlachtung alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prämie. Das Verwaltungsgericht lasse ferner unberücksichtigt, dass die von ihm vertretene Rechtsauffassung zu willkürlichen Ergebnisse führe. Landwirte, die im Jahr 2002 Bullen geschlachtet hätten, hätten frei entscheiden können, ob dieser Antrag noch im Jahr 2002 oder bis Ende Februar 2003 gestellt werde. Die Stellung des Antrags erst Anfang 2003 habe auf rein zufälligen Gesichtspunkten beruht. Würde man nach der Antragstellung entscheiden, führte dies zur Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber denjenigen Landwirten, die rein zufällig einen entsprechenden Antrag noch im Jahr 2002 gestellt hätten. Eine derartige Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und verstoße gegen Art. 3 GG.

19

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 6. Kammer - vom 12. November 2008 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zahlungsansprüche unter Berücksichtigung eines weiteren betriebsindividuellen Betrages in Höhe von 1.032,-- EUR festzusetzen und den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

20

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und verweist auf den Wortlaut von Art. 42 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999, der auf den Tag der Antragstellung abstelle.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

24

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Festsetzung seiner Zahlungsansprüche nach der Betriebsprämienregelung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 unter Berücksichtigung eines zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages wegen des Bezugs von Direktzahlungen für weitere acht männliche Rinder beanspruchen; der Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 ist insoweit rechtmäßig (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

25

1.

Der Entscheidung des Rechtsstreits sind die Vorschriften zugrunde zu legen, die sich für das Antragsjahr 2005 Geltung beilegten. Hiernach sind Art. 37 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für die Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe usw. (ABl. Nr. L 270 S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/2005 der Kommission vom 26. Januar 2005 (ABl. Nr. L 24 S. 15) und Art. 3a der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung (ABl. Nr. L 141 S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 394/2005 der Kommission vom 8. März 2005 (ABl. Nr. L 63 S. 17) maßgeblich. Weiter findet das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie - BetrPrämDurchfG - vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) Anwendung.

26

Nach Art. 33 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 können Betriebsinhaber unter bestimmten Voraussetzungen die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen. Anhang VI der Verordnung führt diejenigen (sektoralen) Direktzahlungen auf, die von der Betriebsprämienregelung erfasst werden. Hierzu zählen u.a. Prämien nach der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. Nr. L 160 S. 21). Die Betriebsprämie wird auf der Grundlage eines Referenzbetrages ermittelt, der nach Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 im Grundsatz dem Dreijahresdurchschnitt der Gesamtbeträge der Zahlungen entspricht, die der Betriebsinhaber im Rahmen der Stützungsregelungen nach Anhang VI in den Jahren 2000, 2001 und 2002 (Bezugszeitraum - Art. 38 der Verordnung) bezogen hat. Nach Anhang VII Abschnitt C Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 wird der Referenzbetrag gemäß Art. 37 der Verordnung im Bereich Tierprämien und Ergänzungszahlungen berechnet, indem die Anzahl von bestimmten Tieren, für die eine solche Zahlung in den einzelnen Jahren des Bezugszeitraums gewährt wurde, unter Berücksichtigung der Anwendung von Art. 4 Abs. 4, Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1254/1999 bzw. Art. 8 Abs. 3 VO (EG) Nr. 2529/2001 mit den Beträgen je Tier multipliziert wird, die für das Kalenderjahr 2002 in den in Anhang VI aufgeführten einschlägigen Artikeln festgelegt sind. Der Ausdruck "Zahlungen in einem bestimmten Kalenderjahr" bezeichnet nach Art. 2 Buchst. e) VO (EG) Nr. 1782/2003 die für das betreffende Jahr/die betreffenden Jahre gewährten oder zu gewährenden Zahlungen, einschließlich aller Zahlungen für andere Zeiträume, die in dem betreffenden Kalenderjahr/den betreffenden Kalenderjahren beginnen.

27

Art. 3a VO (EG) Nr. 795/2004 präzisiert die in Art. 37 VO (EG) Nr. 1782/2003 vorgesehene Berechnungsmethode dahingehend, dass die für die Festsetzung des Referenzbetrags nach Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 zugrunde zu legende Zahl von Hektar oder Tieren, für die im Bezugszeitraum eine Direktzahlung gewährt wurde oder hätte gewährt werden müssen, die Zahl von Hektar oder Tieren ist, die im Sinne von Art. 2 Buchst. r) und s) VO (EG) Nr. 2419/2001 für jede der in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 genannten Direktzahlungen ermittelt wurde. Die Definitionen in der letztgenannten Vorschrift der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 327 vom 12.12.2001, S. 11) lauten: "r) ermittelte Fläche: Fläche, die alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllt" und "s) ermitteltes Tier: Tier, das alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllt".

28

In der Bundesrepublik Deutschland wird der Referenzbetrag der einheitlichen Betriebsprämie gemäß § 5 BetrPrämDurchfG für jeden Betriebsinhaber aus einem betriebsindividuellen Betrag und einem flächenbezogenen Betrag festgesetzt. Der betriebsindividuelle Betrag für das Jahr 2005 wird für die in § 5 Abs. 2 BetrPrämDurchfG genannten Direktzahlungen berechnet, darunter nach Nr. 1 auch für die Produktion von Rindfleisch mit den Direktzahlungen Sonderprämie für männliche Rinder, Mutterkuhprämie einschließlich der Zahlungen für Färsen, Schlachtprämie für Kälber sowie Extensivierungsprämie in bestimmter Höhe.

29

2.

Nach dieser Maßgabe hat der Kläger für das Jahr 2002 des Bezugszeitraums (Art. 38 VO (EG) Nr. 1782/2003) keinen Anspruch auf Berechnung des betriebsindividuellen Betrages unter Einbeziehung der mit Bescheiden des Amtes für Agrarstruktur Bremerhaven vom 15. Dezember 2003 und 30. Juni 2004 bewilligten Sonderprämie für Rindfleischerzeuger und Extensivierungsprämie für die acht im Jahr 2002 geschlachteten Rinder.

30

a.

Der Wortlaut von Art. 37 VO (EG) Nr. 1782/2003 ("bezogen") spricht zwar dafür, auf das Jahr abzustellen, in dem der Antragsteller die Direktzahlung i.S.d. Anhangs VI zur Verordnung erhalten hat, und die Höhe der im Bezugszeitraum an den Antragsteller ausgezahlten Direktzahlung der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages zugrunde zu legen. Eine solche Auslegung - die auch die Beklagte der Festsetzung von Zahlungsansprüchen nicht zugrunde legt - wäre indes nicht mit Anhang VII Abschnitt C Abs. 1 zur Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. e) VO (EG) Nr. 1782/2003 zu vereinbaren. Anhang VII Abschnitt C Abs. 1 zur Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 legt als Ausgangswert der Berechnung des Referenzbetrages auf der Basis von Tierprämien die Anzahl der Tiere fest, für die eine solche Zahlung in den einzelnen Jahren des Bezugszeitraums gewährt wurde, wobei nach Art. 2 Buchst. e) der Verordnung auf die für die Bezugsjahre 2000 bis 2002 gewährten oder zu gewährenden Zahlungen abzustellen ist.

31

Daraus folgt, dass für die Berechnung des Referenzbetrages dem Grunde nach maßgeblich ist, ob der Antragsteller eine Direktzahlung im Sinne von Anhang VI zur Verordnung (EG) Nr. 1782/2003für die Bezugsjahre 2000 bis 2002 erhalten hat oder jedenfalls hätte erhalten können, weil er sie - so Art. 3a VO (EG) Nr. 795/2004 - für Tiere beantragt hat, die alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllten.

32

b.

Für die Beantwortung der Frage, für wie viele Tiere der Kläger für die Bezugsjahre 2000 bis 2002 Direktzahlungen für die Rindfleischerzeugung erhalten hat, ist auszugehen von den in die Berechnung des betriebsindividuellen Betrages eingehenden Direktzahlungen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) BetrPrämDurchfG wird der betriebsindividuelle Betrag im Sektor Rindfleischerzeugung für die Direktzahlungen Sonderprämie für männliche Rinder, Mutterkuhprämie einschließlich Zahlungen für Färsen, Schlachtprämie für Kälber sowie Extensivierungsprämie berechnet, letztere in Höhe von 50 % des sich nach Anhang VII Buchst. C VO (EG) Nr. 1782/2003 ergebenden Betrages. Die Schlachtprämie nach Art. 11 VO (EG) Nr. 1254/1999, die in der Liste der Direktzahlungen nach Art. 33 VO (EG) Nr. 1782/2003 in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 aufgeführt ist, bleibt danach außer Betracht, wenn sie für männliche Rinder über acht Monaten bezogen wurde.

33

c.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Sonderprämie für männliche Rinder (Ochsen der 1. und 2. Altersklasse) sowie die Extensivierungsprämie für die acht Rinder, die er am 28. Februar 2003 beantragt hat, für das Jahr 2003 erhalten hat.

34

Dass die Sonderprämie für männliche Rinder, die im Jahr 2002 geschlachtet wurden, für welche die Sonderprämie aber erst bis Ende Februar 2003 beantragt wurde, für das Jahr 2003 gewährt wurde und damit bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages außer Betracht bleibt, entspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 10.10.2010 - 10 LA 118/08 -, n.v.) sowie der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung (OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 17.09.2008 - 2 LA 19/08 -, RdL 2008, 327 = AUR 2009, 308; VG Lüneburg, Urt. v. 26.02.2008 - 4 A 129/06 -, [...]; VG Hannover, Urt. v. 04.04.2008 - 11 A 3266/06 -, [...]; VG Stade, Urt. v. 30.04.2008 - 6 A 1246/06 -, [...]; VG Göttingen, Urt. v. 19.09.2008 - 2 A 24/08 -, [...]; mit anderer Begründung VG Koblenz, Urt. v. 09.02.2009 4 K 417/08.KO -, [...]; a.A. VG Oldenburg, Urteile v. 19.02.2008 - 12 A 2556/06 -, und v. 11.03.2010 - 12 A 2607/06 -, beide [...]).

35

Der Senat hat aus folgenden Erwägungen keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen:

36

aa.

Die Sonderprämie wurde nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1254/1999 auf Jahresbasis je Kalenderjahr und Betrieb im Rahmen der regionalen Höchstgrenzen für maximal 90 Tiere jeder der in Absatz 2 festgelegten Altersklassen gewährt. Grundsätzlich wurde die Sonderprämie für männliche Rinder eines bestimmten Lebensalters (Absatz 2) gewährt, wobei die Tiere von dem Erzeuger für einen gewissen Zeitraum zu Mastzwecken gehalten werden mussten (Absatz 3). Abweichend hiervon konnten nach Art. 4 Abs. 6 VO (EG) Nr. 1254/1999 und nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999 der Kommission vom 28. Oktober 1999 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch hinsichtlich der Prämienregelung (ABl. L Nr. 281 S. 30) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2088/2001 der Kommission vom 25. Oktober 2001 (ABl. L Nr. 282 S. 39) die Mitgliedstaaten die Sonderprämie zum Zeitpunkt der Schlachtung gewähren. Von dieser Möglichkeit hatte Deutschland Gebrauch gemacht. Nach § 17 RSVO vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2588) in der Fassung der Verordnung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 925) wurde die Sonderprämie für männliche Rinder als Schlachtprämie nach Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 gewährt.

37

Von der Sonderprämie bei der Schlachtung, die in § 17 RSVO als Schlachtprämie bezeichnet wird, ist zu unterscheiden die Schlachtprämie im gemeinschaftsrechtlichen Sinn nach Art. 11 VO (EG) Nr. 1254/1999, die nach Absatz 1 der Bestimmung innerhalb der festzulegenden nationalen Höchstgrenzen bei Schlachtung von förderfähigen Tieren oder bei ihrer Ausfuhr nach einem Drittland gewährt wurde.

38

bb.

Bezugszeitraum für die Gewährung der Sonderprämie war - wie ausgeführt - das Kalenderjahr (Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1254/1999). Der Tag der Antragstellung war nach Art. 42 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 maßgeblich für das Jahr, auf das die unter die Sonderprämie fallenden Tiere (im Hinblick auf den betrieblichen Höchstbestand nach Art. 4 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1254/1999) angerechnet wurden, und für die Zahl der Großvieheinheiten, die bei der Berechnung des Besatzdichtefaktors zugrunde zu legen waren. Das Kalenderjahr, in das der Tag der Antragstellung fällt, war damit das Jahr, für das die Prämie gewährt wurde.

39

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass für die Sonderprämie bei der Schlachtung nichts anderes galt. Eine Sonderregelung bestand nur hinsichtlich des zugrunde zu legenden Prämiensatzes: Der Antrag auf Sonderprämie bei der Schlachtung war - ebenso wie der auf die Schlachtprämie - innerhalb einer Frist von längstens sechs Monaten nach dem Tag der Schlachtung des Tieres oder, im Falle der Ausfuhr, nach dem Tag, an dem das Tier das Zollgebiet der Gemeinschaft verließ, einzureichen, wobei der Antrag auf Gewährung der Prämie spätestens am letzten Tag des Monats Februar des Folgejahres zu stellen war (Art. 8 Abs. 3, Art. 35 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 RindSchafPräV). Der zeitlichen Verschiebung des Endes der Antragsfrist in die ersten beiden Monate des Folgejahres nach der Schlachtung trug die Regelung des Art. 42 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 Rechnung; sie bestimmte, dass der am 31. Dezember des Jahres der Schlachtung geltende Prämiensatz gewährt wurde, wenn das Tier spätestens am 31. Dezember geschlachtet, der Prämienantrag für dieses Tier jedoch nach diesem Stichtag gestellt worden war.

40

Etwas anderes galt hingegen für die Schlachtprämie, die nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) Doppelbuchst. cc) BetrPrämDurchfG nur dann bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages berücksichtigt wurde, wenn sie für Kälber gewährt wurde. Nach Art. 42 UAbs. 4 VO (EG) Nr. 2342/1999 war als Anrechnungsjahr für die Anwendung des Prämiensatzes und für die Berechnung der proportionalen Kürzung wegen Überschreitung der nationalen Höchstgrenze nach Art. 38 der Verordnung das Schlacht- oder Ausfuhrjahr maßgeblich. Gerade weil diese Bestimmung für die Schlachtprämie eine ausdrückliche Regelung über das Anrechnungsjahr neben einer solchen über den anzuwendenden Prämiensatz enthält, wäre Vergleichbares in Unterabsatz 2 der Bestimmung zu erwarten gewesen, hätten die dortigen Fälle hinsichtlich des Anrechnungsjahres von dem Anwendungsbereich des Unterabsatzes 1 ausgenommen werden sollen (Beschl. d. Senats v. 10.10.2010, a.a.O.). Der Verordnungsgeber hat indes davon abgesehen, die Regelung des Unterabsatzes 4 auf die Sonderprämie für die Schlachtung zu erstrecken, und hat sich dafür entschieden, sie - mit Ausnahme des anwendbaren Prämiensatzes - hinsichtlich des Anrechnungsjahres nicht anders zu behandeln als die Sonderprämie im Allgemeinen.

41

Dass diese Auslegung von Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 dem Willen des Gemeinschaftsverordnungsgebers entsprach, folgt aus Erwägungsgrund 30 der Verordnung (EG) Nr. 2342/1999, der lautet:

"Die Sonder- und Mutterkuhprämienregelungen sehen als Bezugszeitraum das Kalenderjahr vor. Es sollte der Tag festgelegt werden, an dem die zur Anwendung der genannten Regelungen erforderlichen Angaben berücksichtigt werden. Im Interesse einer effizienten und kohärenten Verwaltung sollte dies grundsätzlich der Tag der Antragstellung sein. Für die Sonderprämie bei der Schlachtung sollten jedoch Sonderbedingungen festgelegt werden, um zu vermeiden, dass zur Erzielung höherer Prämien Übertragungen von Jahr zu Jahr vorgenommen werden. Für die Schlachtprämie dürfte das Schlacht- oder Ausfuhrdatum repräsentativ sein."

42

Damit wird klargestellt, dass Art. 42 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu führt, dass die im Nachgang auf die Schlachtung des Tieres gewährte Sonderprämie für das Jahr der Schlachtung gewährt wurde. Sie wurde vielmehr für das Jahr gewährt, in das der Tag der Antragstellung fiel. Eine Besonderheit bestand lediglich im Hinblick auf den anzuwendenden Prämiensatz in den in der Vorschrift genannten Fällen.

43

Dem entsprechen auch die Bewilligungsbescheide des damaligen Amtes für Agrarstruktur Bremerhaven.

44

Für die am 28. Februar 2003 angemeldeten Tiere hat der Kläger nicht mit Bescheid vom 1. Juli 2003, sondern mit Bescheiden vom 15. Dezember 2003 (Vorschusszahlung) und 30. Juni 2004 (Abschlusszahlung) die Sonderprämie für männliche Rinder sowie die Extensivierungsprämie erhalten. Ungeachtet des Umstands, dass der Bescheid vom 15. Dezember 2003 mit "Bewilligungsbescheid über die Vorschusszahlung der Mutterprämie, der Sonderprämie für männliche Rinder und der Schlachtprämie 2003" und der vom 30. Juni 2004 mit "Bewilligungsbescheid über die Abschlusszahlung der Mutterkuhprämie, der Sonderprämie für männliche Rinder, der Extensivierungsprämie und der Schlachtprämie 2003" überschrieben ist, erfassen die Bescheide nicht alle der genannten Prämienarten. Für welche Tiere welche Prämie bewilligt worden ist, ergibt sich aus der jeweiligen Anlage 1 zu den genannten Bescheiden. Die am 28. Februar 2003 angemeldeten Tiere sind unter Nennung der Ohrmarken-Nummer und des Schlachtjahres 2002 für die Sonderprämie für Ochsen der 1. und 2. Altersklasse (Vorschuss- und Abschlusszahlung) und Extensivierungsprämie (nur Abschlusszahlung) aufgeführt. Aus der Nennung des Schlachtjahres ergibt sich indes entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Oldenburg (Urt. v. 10.03.2010, a.a.O., Rz. 19) nicht, dass die Sonderprämie dem Schlachtjahr zugeordnet wurde; die Nennung des Schlachtjahres war - wie ausgeführt - lediglich relevant für den Prämiensatz. Mit dem Bescheid vom 30. Juni 2003 wurde dem Kläger außerdem für im Jahr 2003 geschlachtete Tiere, für die er am 2. Dezember 2003 die Prämien beantragt hatte, die Schlachtprämie, die Ergänzungszahlung zur Schlachtprämie sowie - abhängig nach dem Alter der Tiere - die Sonderprämie für Ochsen der 1. und 2. Altersklasse und die Extensivierungsprämie bewilligt.

45

Hingegen ist die Schlachtprämie für die am 28. Februar 2003 angemeldeten Tiere von den Bescheiden nicht erfasst. Sie wurde mit gesondertem Bescheid vom 1. Juli 2003 bewilligt. Hierauf weist auch der Bescheid vom 30. Juni 2004 hin, der mit dem Hinweis schließt:

"Sofern Sie mit dem/den in der Anlage 1 aufgeführten Antrag/Anträgen die Schlachtprämie für Tiere beantragt haben, die in 2002 vermarktet wurden, so sind diese Tiere/Prämien nicht Gegenstand dieses Bescheids bzw. der Verwaltungsentscheidung. Diese von Ihnen beantragten Tiere/Prämien wurden im Bewilligungsverfahren zum Antragsjahr 2002 im Juni/Juli 2003 berücksichtigt. [...]"

46

Entsprechend ist der Bescheid überschrieben mit "Bewilligungsbescheid über die Abschlusszahlung der Mutterkuhprämie, der Sonderprämie für männliche Rinder, der Extensivierungsprämie und der Schlachtprämie 2002". Dies wiederholt der Bescheid im Text. In Anlage 1 sind die vom Kläger beantragten acht Rinder mit dem Vermarktungs-/Schlachtjahr 2002 aufgeführt; aus der Anlage ergibt sich, dass mit dem Bescheid nur die Schlachtprämie und die Ergänzungszahlung gewährt wurden, nicht hingegen die übrigen in der Überschrift und dem Text des Bescheides aufgeführten Prämienarten.

47

cc.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 3a VO (EG) Nr. 795/2004 in Verbindung Art. 2 Buchst. s) VO (EG) Nr. 2419/2001, nach dem die für die Festsetzung des Referenzbetrages nach Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 zugrunde zu legende Zahl von Tieren die Zahl der "ermittelten Tiere" ist, also der Tiere, die alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllten. Anders als solche Betriebsinhaber, die wegen Überschreitung der Besatzdichtevorschriften oder Höchstbestandsgrenze für im Jahr 2002 geschlachtete männliche Rinder in demselben Jahr keine Sonderprämie mehr hätten erhalten können, hätte der Kläger zwar für die im Jahr 2002 geschlachteten acht Rinder die Sonderprämie für das Jahr 2002 erhalten, wenn er den Antrag noch im Jahr 2002 gestellt gehabt hätte. Die acht Rinder erfüllten insoweit alle übrigen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen; es fehlte nur an der Antragstellung. Diese zählt indes zu den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung i.S.d. Art. 3a VO (EG) Nr. 795/2004 und kann nicht außer Betracht bleiben. Auf die bloße Antragsberechtigung kommt es hingegen nicht an (so zum Fall der Inanspruchnahme der sog. Kleinerzeugerregelung auch Bay. VGH, Beschl. v. 17.07.2008 - 19 BV 07.2399 -, RdL 2009, 138, 139).

48

d.

Der Kläger kann schließlich auch nicht mit seinem Vortrag durchdringen, die Stellung seines Antrags erst Anfang 2003 habe auf rein zufälligen Gesichtspunkten beruht, so dass er, würde man nach der Antragstellung entscheiden, gegenüber denjenigen Landwirten ungleich behandelt würde, die rein zufällig einen entsprechenden Antrag noch im Jahr 2002 gestellt hätten.

49

Ihm ist zwar zuzugeben, dass sein Fall anders als der jener Betriebsinhaber liegt, welche die Sonderprämie für männliche Rinder im Hinblick auf die betriebliche Höchstgrenze (§ 18 RSVO) oder auf die Besatzdichtevorschriften erst im Folgejahr beantragt haben, um von der Regelung des Art. 42 UAbs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 zu profitieren. In diesen Fällen beruhte die Wahl des Tags der Antragstellung auf einer aktiven Prämiengestaltung und nicht auf anderen, zufälligen Gesichtspunkten.

50

Bedenken gegen die Anwendung von Art. 37, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 auf die Sonderprämie für die Schlachtung im Hinblick auf das gemeinschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot ungeachtet der Beweggründe für eine Antragstellung unter Nutzung der Möglichkeit des § 19 Abs. 2 RSVO bestehen indes nicht. Damit gibt es auch keinen Anlass für eine Vorlage der Frage, ob die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 insoweit gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt, an den Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, Urt. v. 22.10.1987 - Rs. C-314/85 -, Foto Frost, Slg. 1987, 4199, Rz. 13-18).

51

aa.

Maßstab für die Überprüfung von Art. 37, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ist Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 22.10.1986 - 2 BvR 197/83 -, BVerfGE 73, 339, 387; v. 02.06.2000 - 2 BvL 1/97 -, BVerfGE 102, 147, 162 ff. [BVerfG 07.06.2000 - 2 BvL 1/97]; v. 13.03.2007 - 1 BvF 1/04 -, BVerfGE 118, 79, 95 ff.; in Bezug auf die Betriebsprämienregelung Beschl. v. 14.10.2008 - 1 BvF 4/05 -, BVerfGE 122, 1, 20); danach sind alle Personen vor dem Gesetz gleich. Der in Art. 20 der Grundrechtecharta verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung oder Nichtdiskriminierung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (st. Rspr. d. EuGH, vgl. Urt. v. 17.07.1997 - Rs. C-354/95 -, National Farmers' Union u. a., Slg. 1997, I-4559, Rz. 61; v. 11.11.2010, - Rs. C-152/09 -, Grootes, Slg. 2010, noch nicht in amtl. Slg., Rz. 66; v. 01.03.2011, - Rs. C-236/09 -, Association belge des Consommateurs Test-Achats u. a., noch nicht in amt. Slg., Rz. 28). Der hierdurch verbürgte Grundrechtsschutz entspricht dem von Art. 3 Abs. 1 GG vermittelten: Der allgemeine Gleichheitssatz des nationalen Verfassungsrechts gebietet ebenfalls, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Auch hier gilt einschränkend, dass dem Gesetzgeber damit nicht jede Differenzierung verwehrt ist. Der Gleichheitssatz verlangt, dass eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung sich - sachbezogen - auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückzuführen lässt (st. Rspr. d. BVerfG, vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.06.1988 - 2 BvL 9/85 und 3/86 -, BVerfGE 78, 249, 278).

52

bb.

Eine unterschiedliche Behandlung von Betriebsinhabern durch Art. 37, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. e) der Verordnung liegt vor. Die genannten Bestimmungen treffen eine Regelung über den Bezugszeitraum, die zwischen Direktzahlungen, die für die Jahre 2000 bis 2002 gewährt wurden oder hätten gewährt werden müssen, und Direktzahlungen, die für einen Zeitraum ab dem 1. Januar 2003 gewährt wurden, unterscheidet. Betriebsinhaber, die - wie der Kläger - im Jahr 2003 Direktzahlungen erhalten haben, die sie bei Antragstellung noch im Jahr 2002 ebenso für das Jahr 2002 hätten erhalten können, werden damit gegenüber denjenigen Betriebsinhabern ungleich behandelt, welche die Antragstellung nicht unter Nutzung von § 19 Abs. 2 RSVO verschoben haben. Zugleich werden Betriebsinhaber wie der Kläger, die für die Tiere bei Antragstellung bis zum 31. Dezember 2002 für das Jahr 2002 Direktzahlungen hätte erhalten können, aber wegen der Antragstellung im Folgejahr nicht erhalten haben, wie solche Betriebsinhaber behandelt, die im Jahr 2002 wegen Überschreitung der betrieblichen Höchstgrenze oder der Besatzdichtevorschriften keine Direktzahlungen für geschlachtete Rinder erhalten hätten und aus diesem Grund die Antragstellung in das Jahr 2003 verschoben haben.

53

cc.

Diese Differenzierung durch die Festlegung des Bezugszeitraums ist aber sachlich gerechtfertigt; denn die durch Art. 38 (EG) Nr. 1782/2003 getroffene zeitliche Anknüpfung für die Berechnung des Referenzbetrages an die Kalenderjahre 2000 bis 2002 ist ein zulässiges Unterscheidungskriterium.

54

Der europäische Verordnungsgeber ist nicht gehindert, bei einem Systemwechsel in der Agrarförderung, wie er durch die Einführung der Betriebsprämienregelung vollzogen worden ist, zeitliche Anknüpfungen durch Bezugszeiträume oder Stichtagsregelungen vorzunehmen, wenn diese sachlich begründet sind, auch wenn diese unvermeidbar für einzelne Wirtschaftsteilnehmer Härten mit sich bringen. Er kann sich bei der Ausgestaltung der Materie zumal am Beginn einer Systemänderung auch mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen (vgl. zum nationalen Recht BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O., S. 34; vgl. auch Beschl. v. 08.06.1988, a.a.O., S. 288; Beschl. v. 06.06.2011 - 1 BvR 2712/09 -, NJW 2011, 2869, 2870).

55

Auch der Europäische Gerichtshof hat sich in vergleichbarer Weise geäußert. In der Rechtssache Arcelor Atlantique et Lorraine u.a. - Rs. C-127/07 -, Slg. 2008, I-9895, Rz. 57, 59) hat er ausgeführt, der Gemeinschaftsgesetzgeber verfüge im Rahmen der Ausübung der ihm übertragenen Zuständigkeiten über ein weites Ermessen, wenn seine Tätigkeit politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen beinhalte und wenn er komplexe Beurteilungen und Prüfungen vornehmen müsse. Wenn er ferner ein komplexes System umstrukturieren oder schaffen müsse, sei es ihm gestattet, einen schrittweisen Lösungsansatz zugrunde zu legen und insbesondere entsprechend der erworbenen Erfahrung vorzugehen. Bei der Prüfung der mit verschiedenen möglichen Maßnahmen verbundenen Belastungen sei zu bedenken, dass zwar die Bedeutung der angestrebten Ziele sogar beträchtliche Folgen wirtschaftlicher Art zum Nachteil bestimmter Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen könne; die Ausübung der Beurteilungsbefugnis des europäischen Verordnungsgebers dürfe jedoch nicht zu Ergebnissen führen, die offenkundig weniger angemessen seien als die Ergebnisse aufgrund anderer für diese Ziele ebenfalls geeigneter Maßnahmen.

56

Bedenken gegen die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Festlegung des Bezugszeitraums sind weder dargetan noch ersichtlich. Dass die Festlegung eines Bezugszeitraums mit Härten im Einzelfall verbunden ist, ist im Rahmen der Gesetzgebung zur Massenverwaltung hinzunehmen. Soweit im Einzelfall unzumutbare Härten durch die Anwendung von Art. 37, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 entstehen können, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber dem mit der Härtefallregelung des Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 hinreichend Rechnung getragen. Solche unzumutbaren Härten hat der Kläger indes nicht vorgetragen.

57

Die Anwendung des Bezugszeitraums 2000 bis 2002 ist auch im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung des Bezugs der Sonderprämie im Jahr 2003 für im Jahr 2002 geschlachtete bzw. vermarktete Rinder sachlich begründet und nicht unangemessen. Der Umstand, dass die Prämien insoweit unberücksichtigt bleiben, wird bei einer generalisierenden Betrachtungsweise dadurch aufgewogen, dass die Erzeuger mit Inkrafttreten der Rinder- und Schafprämien-Verordnung am 1. Januar 2000 (§ 35 RindSchafPräV) Gelegenheit hatten, von der Regelung des § 19 Abs. 2 der Verordnung Gebrauch zu machen und die Sonderprämie für Rinder, die bereits im Vorjahr geschlachtet worden waren, bis Ende Februar 2000 zu beantragen. Diese Tiere werden bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages ebenfalls unabhängig vom Motiv der Antragstellung berücksichtigt. Dass derjenige hierdurch nicht begünstigt ist, der - wie der Kläger - für das Jahr 2000 keine Sonderprämie für im Jahr 1999 geschlachtete Rinder erhalten hat, ist mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des europäischen Verordnungsgebers in der Agrarförderung hinzunehmen.