Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.02.2012, Az.: 10 LB 155/08

Hinreichende Bestimmtheit zurückgenommener Bewilligungsbescheide über Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln nach Art. 8 Abs. 2 VO Nr. 1766/92/EWG; Anforderungen des Erzeugerbegriffs des Art. 1 Buchst. d VO Nr. 97/95/EG; Verjährungsfrist für die Rückforderung von Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.02.2012
Aktenzeichen
10 LB 155/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 13112
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0221.10LB155.08.0A

Fundstelle

  • AUR 2012, 420-432

Amtlicher Leitsatz

Zur hinreichenden Bestimmtheit zurückgenommener Bewilligungsbescheide über Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92. Allein der Abschluss von Verträgen über den Anbau und die Bewirtschaftung von Kartoffeln auf Pachtflächen vermag eine Erzeugereigenschaft im Sinne des Art. 1 Buchst. d Verordnung (EG) Nr. 97/95 nicht zu begründen. Zu den Anforderungen des Erzeugerbegriffs des Art. 1 Buchst. d Verordnung (EG) Nr. 97/95. Die Befugnis der Behörde zur Rücknahme eines Bescheids ist unverjährbar. In Fällen der Rückforderung von Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger (Wirtschaftsjahr 1997/98) kommt die Verjährungsfrist nach Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 zur Anwendung.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausgleichszahlungen für die Herstellung von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln (nachfolgend: Stärkekartoffeln) für das Wirtschaftsjahr 1997/98 sowie die teilweise Rücknahme der zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide.

2

Die A. GmbH stellt Kartoffelstärke her. Neben ihrem Hauptwerk in Emlichheim im Zuständigkeitsbereich der inzwischen aufgelösten Bezirksregierung Weser-Ems unterhielt sie Zweigwerke in Wietzendorf (Niedersachsen), in Golßen und Kyritz (Brandenburg) sowie in Loitz (Mecklenburg-Vorpommern). Die Geschäftsanteile der Nordstärke GmbH mit Sitz in Loitz, der Golßener Stärkefabrik GmbH und der Kyritzer Stärke GmbH erwarb die A. GmbH durch notariellen Vertrag vom 3. April 1991 von der Treuhandanstalt (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2002 - 10 LB 167/01 -, n.v.). Mit Verschmelzungsvertrag vom 25. Februar 1997 wurde die Kyritzer Stärke GmbH von ihrer damaligen Muttergesellschaft, der A. GmbH, übernommen. Am 24. April 1997 erfolgte hinsichtlich der Kyritzer Stärke GmbH als übertragendem Rechtsträger die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts Neuruppin (HRB 140), am 22. Mai 1997 hinsichtlich der A. GmbH als übernehmendem Rechtsträger in das Handelsregister des Amtsgerichts Nordhorn (HRB 201). Die Löschung der Kyritzer Stärke GmbH im Handelsregister erfolgte am 5. Juni 1997.

3

Die Klägerin und die A. GmbH schlossen am 15. Mai / 26. Mai 1997 für das Wirtschaftsjahr 1997/98 einen Vertrag über den Anbau- und die Lieferung von 1.650 t Stärkekartoffeln (netto) auf einer Anbaufläche zur Größe von 55 ha mit der Vertragsnummer 723 (Bl. 46 Beiakte B). In diesem Vertrag wird noch die Kyritzer Stärke GmbH als "Fabrik" und die Klägerin als "Erzeuger / Vertragspartner" bezeichnet. Das Stärkeunternehmen verpflichtete sich zur Abnahme von Kartoffeln mit einem Stärkeäquivalent von 330 t sowie zur Zahlung des festgesetzten Erzeugermindestpreises. Ferner bevollmächtigte die Klägerin das Stärkeunternehmen, sie bei der Antragstellung auf Ausgleichszahlung gemäß Verordnung (EWG) 1766/92 zu vertreten und entsprechende Zahlungen entgegenzunehmen (Ziffer 6 des Vertrages). Bereits unter dem 16. April 1997 hatte die Klägerin einen (Unter-)Vertrag mit dem als Erzeuger bezeichneten Herrn B. C., Barnstorf (Landkreis Diepholz), über den Anbau und die Lieferung von 150 t Kartoffeln (netto) im Wirtschaftsjahr 1997/98 geschlossen. In diesem Vertrag bevollmächtigte "der Erzeuger" die "A. C. GmbH", sein Unternehmen bei der Antragstellung auf Ausgleichszahlung gemäß Verordnung (EWG) 1766/92 zu vertreten und entsprechende Zahlungen entgegenzunehmen (Bl. 4 Beiakte B). Herr B. C. bestätigte unter dem 6. Mai 1998, dass er auf den Anbau- und Liefervertrag der Klägerin im Wirtschaftsjahr 1997/98 Kartoffeln an das Werk Kyritz der A. GmbH geliefert habe, die Klägerin zur Entgegennahme des vorgesehenen Mindestpreises und der Ausgleichszahlungen an Erzeuger von Stärkekartoffeln befugt gewesen sei und die Klägerin den vorgesehenen Mindestpreis und die Ausgleichszahlung gezahlt habe (Bl. 3 Beiakte B).

4

In dem Zeitraum vom 18. September 1997 bis 4. Februar 1998 nahm die A. GmbH in ihrem Werk in Kyritz 78 Lieferungen von Kartoffeln zu dem o.a. Anbau- und Liefervertrag mit der Nr. 723 an. Die von der D. GbR, Rehden, am 29. Oktober 1997 (Abnahmeschein Nr. 06291) sowie die von Herrn B. C. am 11. November 1997 (Abnahmeschein Nr. 07336 und 07405), am 14. November 1997 (Abnahmeschein Nr. 07615), am 3. Dezember 1997 (Abnahmeschein Nr. 09010) und am 5. Dezember 1997 (Abnahmeschein Nr. 09175) gelieferten Kartoffeln (150,5 t netto) erzeugte die Klägerin nicht. Hinsichtlich der Daten der Lieferungen, der Menge und Sorten der gelieferten Kartoffeln und amtlichen Kennzeichen der Lieferfahrzeuge wird auf die Annahmescheine (Bl. 1 bis 78 Beiakte A) sowie die Aufstellung Bl. 15 bis 17 Beiakte B Bezug genommen.

5

Die A. GmbH beantragte bei der Bezirksregierung Weser-Ems sowohl die Gewährung von Prämien nach der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 als auch als Verfahrensbevollmächtigte für diejenigen, mit denen sie einen Anbau- und Liefervertrag für das Wirtschaftsjahr 199/98 geschlossen hatte, die Gewährung von Ausgleichszahlungen nach der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92. Die Bezirksregierung Weser-Ems gewährte daraufhin antragsgemäß mit Bescheiden vom 29. September 1997, 20. Oktober 1997, 19. November 1997, 11. Februar 1998, 2. März 1998 und 7. April 1998 u.a. "Ausgleichszahlung für Stärkekartoffelerzeuger" in näher bestimmter Höhe. In der Begründung werden als Rechtsgrundlagen u.a. die Verordnungen (EWG) Nr. 1766/92 und (EG) Nr. 97/95 angeführt. Lediglich in den Bescheiden vom 11. Februar 1998, 2. März 1998 und 7. April 1998 nahm die Bezirksregierung Weser-Ems die Anträge auf Ausgleichszahlungen näher bezeichneter Antragsteller hiervon aus und beschied deren Anträge gesondert. Hinsichtlich der Anträge auf Ausgleichszahlungen der übrigen Antragsteller nahm die Bezirksregierung keine Kürzungen vor. Hinsichtlich der Einzelheiten der Anträge und Bewilligungen wird auf Bl. 124 bis 170 der Beiakte D verwiesen.

6

Die A. GmbH leitete der Klägerin die gewährten Ausgleichszahlungen weiter. Insgesamt belaufen sich die Ausgleichszahlungen für das Wirtschaftsjahr 1997/98 auf 63.506,38 DM (32.470,30 EUR). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gutschriften (Bl. 79 bis 97 Beiakte A) sowie auf die im Kontoauszug zum Anbauvertrag 723 dokumentierten Buchungen über die von der A. GmbH erbrachten Zahlungen an die Klägerin (Bl. 50, 53 f. Beiakte B) verwiesen.

7

Aufgrund eines Amtshilfeersuchens der Bezirksregierung Weser-Ems führte das Regierungspräsidium Dessau am 17. August 1999 eine Vor-Ort-Kontrolle bei der Klägerin durch. In dem Prüfungsvermerk (Bl. 13 Beiakte B) wurde festgehalten: Die Klägerin habe erklärt, dass sie nur im Wirtschaftsjahr 1997/98 einen Anbau- und Liefervertrag (mit einem Stärkeunternehmen) abgeschlossen habe. Der Ehemann der Klägerin habe ausgeführt, dass die Klägerin im Jahr 1997/98 Kartoffelanbau auf Ackerflächen betrieben habe, die in der Vergangenheit künstlich bewässert worden seien. Wegen ungeklärter Wasserrechte habe die Bewirtschaftung aufgegeben werden müssen. Das Regierungspräsidium übersandte Ablichtungen von zwei als Nutzungsvertrag bezeichneten Verträgen, nach denen die Klägerin mit der Agrar-Gesellschaft mbH E. (Landkreis Havelland) die Überlassung von Flächen zur Größe von 22,28 ha und den Anbau von Kartoffeln hierauf (Vertrag vom 20. März 1997) sowie mit der Agrargenossenschaft F. e.G. (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) die Überlassung auf Flächen zur Größe von 19,74 ha und den Anbau von Kartoffeln hierauf (Vertrag vom 22. März 1997) vereinbarte (Bl. 21 und 22 Beiakte B). Nach diesen Verträgen sollte die als "Anbauerin" bezeichnete Klägerin die Flächen ausschließlich zum Anbau von Kartoffeln nutzen, sämtliche Kosten für Lohnarbeiten sowie den noch festzusetzenden Pachtpreis übernehmen und das Anbaurisiko tragen, während der jeweilige Vertragspartner der Klägerin "auf Anweisung des Anbauers bestimmte Lohnarbeiten" übernehmen sollte.

8

Die Bezirksregierung Weser-Ems führte am 10. November 1999 und nach Ankündigung am 18. Januar 2000 Vor-Ort-Kontrollen im Betrieb der Klägerin durch. In dem Prüfungsbericht (Bl. 40 Beiakte B) wird festgehalten: Bei der Prüfung am 10. November 1999 seien keine Unterlagen vorgelegt worden. Seitens der Klägerin sei darauf verwiesen worden, dass Unterlagen auf schriftliche Anforderung übersandt werden könnten. Die Klägerin habe erklärt, sie bewirtschafte den landwirtschaftlichen Betrieb, ihr Betrieb sei buchführungspflichtig und ein Antrag auf Agrarförderung 1997/98 sei nicht vorhanden bzw. sei nicht gestellt worden. Hinsichtlich des eigenen Anbaus von Kartoffeln lägen Verträge über den Anbau von Kartoffeln vor, welche die Klägerin mit der Agrargenossenschaft F. e.G. und mit der Agrar-Gesellschaft mbH E. geschlossen habe. Pachtverträge über die genutzten Flächen mit Angabe der Flurstücksbezeichnung sowie der Angabe des Pachtzinses hätten bei der Vor-Ort-Kontrolle am 18. Januar 2000 nicht vorgelegen. Abrechnungsunterlagen über Lohnarbeiten lägen nicht vor. Hingegen hätten Abrechnungen über Pflanzkartoffeln und Pflanzenschutzmittel vorgelegen. Die Lieferungen aus dem Bereich E. seien mit dort ansässigen Spediteuren und aus dem Bereich F. mit Spediteuren aus dem Raum Diepholz durchgeführt worden. Die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen DH-WB 80 und DH-U 930 seien auf den Betrieb C. zugelassen. Für diese Lieferungen lägen keine Speditionsverträge vor. Dem Bericht wurden nachstehende Unterlagen beigefügt:

  • vorläufige Rechnung der Agrargesellschaft mbH E. vom 15.01.1997 für den Anbau von Stärkekartoffeln 1997 auf einer Anbaufläche von 22,28 ha mit der Sorte "Elkana" (Berechnung für Pflanzgut 25.956,30 DM (netto), für den Anbau 19.399,91 DM (netto); zusammen 50.083,14 DM brutto).

  • Rechnung der Klägerin an die Agrar-Gesellschaft mbH E. vom 2.04.1997 über Futterweizen 50.093,12 DM (brutto),

  • Rechnungen Agrargenossenschaft G. e.G. über 706,476 dt Pflanzkartoffeln der Sorte Astarte vom 15.10.1997 (Überweisung 27. November 1997), über 19,3 kg Pflanzenschutzmittel Sencor vom 12.05.1997 (Überweisung 11. Juli 1997), über 300 kg Pflanzenschutzmittel Maneb vom 17. September 1997 (Überweisung 21. Oktober 1997), über 0,75 kg Pflanzenschutzmittel Cato vom 15. Oktober 1997 (Überweisung 24. November 1997) und über 196 kg Pflanzenschutzmittel Maneb vom 27. November 1997 (Überweisung 5. Dezember 1997).

9

Nachfolgend reichte die Klägerin unter dem 26. Januar 2000 folgende Unterlagen zum Verfahren:

  • Aufstellung der Anbauflächen der Agrar-Gesellschaft mbH E.,

  • Aufstellung der Anbauflächen der Agrargenossenschaft F. e.G.,

  • 5 Rechnungen der Klägerin an Herrn B. C. vom 3. und 30. Dezember 1997.

10

Auf Nachfrage der Bezirksregierung Weser-Ems zu Abrechnungen über Werklohnarbeiten für die Klägerin, zur Zahlung von Pachtzinsen, zu Abrechnungen von Kartoffellieferungen sowie sonstigen Abrechnungen bzw. Lieferkosten, die im Zusammenhang mit dem Nutzungsvertrag entstanden seien, teilte die Agrargenossenschaft F. e.G. unter dem 28. Februar 2000 (Bl. 73 Beiakte B) mit, die Leistungen wie Pachtzins seien mit Gegenleistungen der Klägerin verrechnet worden. Die Agrar-Gesellschaft mbH E. erklärte unter dem 21. März 2000 (Bl. 75 Beiakte B), "der Pachtpreis wurde nicht gesondert ausgewiesen und war Bestandteil der Flächenkosten". Da keine Endabrechnung erfolgt sei, sei der teilweise Anbau mit der Sorte "Astarte" nicht gesondert berücksichtigt worden. Ihrem Schreiben fügte sie die vorläufige Rechnung vom 15. Januar 1997, den Nutzungsvertrag hinsichtlich einer Fläche von 22,28 ha unter dem 20. März 1997 sowie eine Aufstellung der Ernte-Erträge (Bl. 78 der Beiakte B) bei. In dieser handschriftlichen Aufstellung wurde 23 Anlieferungen von Kartoffeln der Sorten Elkana und Astarte in der Zeit vom 18. September bis 3. Oktober 1993 mit einer Menge von 369,961 t netto angegeben.

11

Auf weitere Nachfrage der Bezirksregierung Weser-Ems teilte zunächst die Agrargenossenschaft F. e.G. unter dem 12. April 2000 mit, die angeforderten Unterlagen lägen nicht vor (Bl. 105 Beiakte B). Die Agrar-Gesellschaft mbH E. führte im Juni 2000 aus, über das Vermögen der Gesellschaft sei ein Insolvenzverfahren eröffnet worden und die Fragen könnten nicht beantwortet werden, weil die früheren Beschäftigten nicht mehr im Betrieb seien (Bl. 108 ff. Beiakte B).

12

Nach Anhörung der Klägerin nahm die Bezirksregierung Weser-Ems mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 16. November 2000 (Bl. 131 Beiakte B) gegenüber der Klägerin im Einzelnen benannte Bewilligungsbescheide "insoweit zurück, als es die Zahlung des Ausgleichsbetrages für die auf den Anbau- und Liefervertrag Nr. 723 in der Kampagnen 1997/1998 gelieferten Stärkekartoffeln betrifft". Weiter forderte sie die Klägerin zur Rückzahlung der Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 63.506,38 DM auf. Zur Begründung führte sie aus: Ausgleichszahlungen würden nur für die Kartoffelmenge gewährt, die durch einen zwischen einem Kartoffelerzeuger und einer Stärkefabrik geschlossenen Anbauvertrag gebunden sei. Es sei davon auszugehen, dass die in der Kampagne 1997/98 an die Stärkefabrik in Kyritz gelieferten Kartoffeln von der Klägerin nicht selbst erzeugt worden seien mit der Folge, dass eine Ausgleichszahlung für diese Kartoffeln nicht gezahlt werden könne bzw. eine bereits bewilligte Ausgleichszahlung für diese Kartoffeln zurückzufordern sei. Die Klägerin habe keine schlüssigen Nachweise erbracht, dass die auf ihren Vertrag gelieferten Kartoffeln tatsächlich von ihr erzeugt worden seien. Allein die vorgelegten Nutzungsverträge mit der Agrargenossenschaft F. e.G. und der Agrar-Gesellschaft mbH E. reichten für den Nachweis der Erzeugung nicht aus. Weitere aussagekräftige Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Gemäß § 11 MOG trage der Begünstigte auch nach Empfang der Vergünstigung die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Vergünstigung bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folge. Diesen Nachweis habe die Klägerin bisher nicht erbracht. Auf Vertrauensschutz könne sie sich nicht berufen, weil die Bewilligungen der Ausgleichszahlung durch objektiv falsche Angaben erwirkt worden seien. In diesem Zusammenhang sei der Klägerin das Wissen der A. GmbH zuzurechnen, weil diese als deren Stellvertreterin gehandelt habe. Die A. GmbH sei bereits im Februar 1995 darauf hingewiesen worden, dass nur mit Erzeugern oder Erzeugervereinigungen Anbauverträge geschlossen werden dürften. Hiernach seien Anbauverträge mit Handelspartnern, die selbst keine angebauten Kartoffeln liefern würden, nicht zulässig. Der Klägerin sei daher die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide bekannt gewesen. Zum Ende der Begründung wird ausgeführt: Die Rückzahlungsbeträge seien nach § 14 MOG vom Zeitpunkt des Empfanges an mit 3 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem seit dem 1. Januar 1999 gültigen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen. Der Zinsanspruch werde dem Grunde nach geltend gemacht.

13

Die Klägerin erhob Widerspruch und führte zur Begründung aus: Als Landwirtin habe sie alle ihr zur Verfügung stehenden Aufzeichnungen bereitgestellt, die darlegten, dass sie Erzeugerin von Stärkekartoffeln in dem genannten Wirtschaftsjahr gewesen sei. Die vorgelegten Unterlagen seien vor Ort überprüft worden. Bei den von ihr zugekauften Kartoffeln von der Firma C. sei die Ausgleichszahlung über den Kartoffelpreis an diese Firma weitergeleitet worden. Auch in diesem Fall sei eine Rückforderung der Ausgleichszahlung nicht berechtigt.

14

Die Bezirksregierung Weser-Ems nahm nachfolgend auch gegenüber der A. GmbH die näher bezeichneten Bewilligungsbescheide für das Wirtschaftsjahr 1997/98 hinsichtlich der für die auf den Anbauvertrag der Klägerin gelieferten Kartoffeln gewährten Ausgleichszahlungen zurück, forderte die Rückzahlung von Ausgleichszahlungen in Höhe von 63.506,38 DM und verhängte zudem eine Sanktion in Höhe von 164.021,06 DM (Bescheid vom 29. Januar 2001 - Bl. 139 Beiakte B). Nachdem die Bezirksregierung Weser-Ems den hiergegen eingelegten Widerspruch der A. GmbH mit Widerspruchsbescheid vom 31. April 2004 (Bl. 155 Beiakte B) zurückgewiesen und die A. GmbH Klage erhoben hatte, hob die Landwirtschaftskammer Hannover als Funktionsnachfolgerin der Bezirksregierung Weser-Ems deren Bescheid vom 29. Januar 2001 und den Widerspruchsbescheid vom 31. April 2004 auf, soweit darin eine Ausgleichszahlung für auf den Vertrag der Klägerin gelieferte Kartoffeln zurückgefordert wurde (Bescheid vom 17. März 2005 - Bl. 165 ff. Beiakte A).

15

Die Landwirtschaftskammer Hannover wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2005 zurück (Bl. 177 Beiakte A). Zur Begründung führte sie aus: Die Bewilligungsbescheide vom 19. November 1997, 11. Februar 1998, 2. März 1998 und 7. April 1998 über die Gewährung von Ausgleichszahlungen in der Kampagne 1997/98 seien zurückzunehmen gewesen, soweit die Klägerin die Stärkekartoffeln nicht selbst erzeugt gehabt habe. Denn diese Bewilligungsbescheide seien rechtswidrig, soweit sie die auf den von der Klägerin mit der A. GmbH geschlossenen Anbauvertrag gelieferten, nicht von der Klägerin erzeugten Kartoffelmengen beträfen. Die Kartoffellieferungen seien nicht durch einen Anbauvertrag gedeckt. Ein Anbauvertrag im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 97/95 sei (nur) ein solcher zwischen einem Erzeuger oder einer Erzeugervereinigung mit einem Stärkeunternehmen geschlossener Vertrag. Ein solcher Vertrag sei zwar von der Klägerin und der A. GmbH geschlossen worden. Die Kartoffeln seien aber nicht von der Klägerin erzeugt worden und seien daher nicht durch diesen Anbauvertrag gebunden. Die Klägerin habe keinen schlüssigen Nachweis dafür erbringen können, dass die auf deren Anbauvertrag gelieferten Kartoffeln tatsächlich von ihr erzeugt worden wären. Allein die vorgelegten Nutzungsverträge reichten für einen Nachweis nicht aus. So seien keine Belege über die darin genannten Kosten und über die Begleichung derselben vorgelegt worden. Gleiches gelte für die Pachtkosten. Obwohl die beteiligten Betriebe buchführungspflichtig seien, seien keine weiteren Unterlagen beigebracht worden, die auf die Erzeugereigenschaft der Klägerin schließen ließen. Aufgrund der Rechtswidrigkeit seien die genannten Bescheide zwingend zurückzunehmen. Aus § 48 Abs. 1 bis 4 VwVfG ergebe sich nichts anderes. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Vielmehr müsse sie sich das Wissen der A. GmbH zurechnen lassen. Diese sei im Februar 1995 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass nur mit Erzeugern oder Erzeugervereinigungen Anbauverträge geschlossen werden dürften und Anbauverträge mit Handelspartnern, die keine selbst angebauten Kartoffeln lieferten, nicht zulässig seien. Daraus ergebe sich, dass nicht selbst angebaute Kartoffeln nicht vertragsgebunden seien und deren Abnahme zur Stärkeherstellung nicht zulässig gewesen sei. Zum Ende der Begründung führte die Beklagte aus: Die Rückzahlungsbeträge seien gemäß § 14 MOG vom Zeitpunkt des Empfanges an mit 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem seit dem 1. Januar 1999 gültigen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen.

16

Mit weiterem Bescheid vom 29. Juli 2005 setzte die Landwirtschaftskammer Hannover Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 1.925,78 EUR fest.

17

Die Klägerin hat am 26. August 2006 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Der Rückforderungsbescheid sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Die zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide seien nicht rechtswidrig, soweit sie eine Menge von 1.597,446 t der auf den Anbauvertrag gelieferten Stärkekartoffeln beträfen. Die angelieferten Kartoffeln seien durch einen Anbauvertrag gedeckt gewesen. Abgesehen von den durch die Firmen C. und D. GbR gelieferten Kartoffeln seien die im Übrigen gelieferten Kartoffeln von 1.597,446 t durch den Anbauvertrag gedeckt und von ihr auf den gepachteten Ackerflächen der Agrargenossenschaft F. e.G. und der Agrar-Gesellschaft mbH E. angebaut worden. Die gepachteten Ackerflächen seien dabei von ihr selbst bzw. unter ihrer ständigen Kontrolle bewirtschaftet worden. Die auf den insgesamt über 40 ha großen Ackerflächen angebaute Menge an Stärkekartoffeln entspreche bei einem Ertrag von ca. 40 t/ha auch der von ihr gelieferten Menge von 1.597,446 t. Die vorläufige Rechnung der Agrar-Gesellschaft mbH E. vom 15. Januar 1997 belege, dass sie für den Anbau der 22,28 ha großen Ackerflächen 22.309,90 DM und für das Pflanzgut der Sorte "Elkana" einen Preis von 27.773,24 DM aufgewendet habe. Weiter habe sie 706,476 dt Pflanzkartoffeln der Sorte "Astarte" für den Anbau auf der Ackerfläche der Agrargenossenschaft F. e.G. bezogen. Der Nachweis, dass sie Erzeugerin der Kartoffeln gewesen sei, ergebe sich weiter aus dem Kauf verschiedener Pflanzenschutzmittel, den sie mit näher bezeichneten Rechnungen und Zahlungsnachweisen belegt habe. Hinsichtlich der von den Firmen C. und D. von ihr zugekauften Kartoffeln (150,502 t) verstoße die Aufhebung der Bewilligungsbescheide gegen § 48 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 VwVfG. Insoweit habe sie auf den Bestand dieser Bescheide vertraut und dieses Vertrauen sei schutzwürdig. Der Vertrauensschutz sei auch nicht ausgeschlossen. Die Kenntnis der A. GmbH könne ihr nicht zugerechnet werden, weil es sich bei dieser Gesellschaft nicht um ihre Vertreterin, sondern um einen Dritten handele. Unabhängig davon ergebe sich aus dem Hinweisschreiben der Bezirksregierung Weser-Ems vom Februar 1995 nicht, dass die Bewilligungsbescheide in Bezug auf die zugekaufte Kartoffelmenge rechtswidrig seien. Aus diesen Gründen sei auch der Kostenfestsetzungsbescheid (der Landwirtschaftskammer Hannover) vom 29. Juli 2005 aufzuheben.

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Die Klägerin hat beantragt,

den Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 16. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005 aufzuheben und

19

den Kostenfestsetzungsbescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005 aufzuheben.

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Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

21

Sie ist als Rechtsnachfolgerin der Landwirtschaftskammer Hannover den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe in den angefochtenen Bescheiden entgegengetreten.

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Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 22. Oktober 2007 der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 16. November 2000 sei rechtswidrig. Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts sei der Gegenakt zu dem aufzuhebenden Verwaltungsakt. Dieser müsse daher in seinem Inhalt konturenscharf feststehen. Nur wenn er bestimme, wer Regelungsadressat sei, wem gegenüber durch den Bescheid Rechte oder Pflichten begründet würden und welche Ansprüche sich in welcher Höhe herleiten ließen, könne er nach § 48 VwVfG rückabgewickelt werden. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Da die Bewilligungsbescheide nicht erkennen ließen, mit welchem individuellen Adressaten ein Rechtsverhältnis mit Leistungsansprüchen in welcher konkreten Höhe begründet worden sei, fehle es an der Konkretisierung des Verwaltungsakts, der durch den angefochtenen Gegenakt aufgehoben werden solle. Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebe, habe den Bewilligungen auch nicht die Entscheidung zugrunde gelegen, gerade der Klägerin eine Ausgleichszahlung in bestimmter Höhe zu bewilligen. Denn Grundlage des Bescheids seien Meldungen der Stärkefabrik hinsichtlich gelieferter Kartoffelmengen ohne Angabe gewesen, welcher Erzeuger welche Leistung erbracht habe. Es handele sich bei dem Bescheid daher nicht um eine rechnerische Zusammenfassung von Leistungsbewilligungen, welche die Behörde zuvor konkretisiert hätte. Die Bewilligungsbehörde habe quasi abstrakt Ausgleichszahlungen in Höhe der gemeldeten Lieferungen aufgrund von Lieferverträgen ohne Kenntnis gewährt, auf welchem Liefervertrag die gemeldeten und der Bewilligung zugrunde liegenden Lieferungen tatsächlich beruht hätten. Eine Bewilligung gegenüber den einzelnen Kartoffelerzeugern habe dabei nicht ihren Vorstellungen entsprochen, wie sich aus der vorangegangenen Rücknahme des Bescheids und Rückforderung der Ausgleichszahlung gegenüber der Stärkefabrik ergebe. Die Richtigkeit der systematischen Vorgabe, dass der Gegenakt der Aufhebung eines Verwaltungsakts zunächst einen konkreten individualisierten Verwaltungsakt voraussetze, werde durch den Verlauf des Verwaltungsverfahrens bestätigt, der die Unmöglichkeit einer Rückabwicklung unter den gegebenen Umständen belege. So habe die Beklagte mit dem dort angefochtenen Bescheid u.a. einen Bescheid vom 13. Januar 1998 aufgehoben, der keine Leistungen für die Lieferungen von Stärkekartoffelerzeugern an die Stärkefabrik Kyritz enthalte. Aber nur wenn Klarheit darüber bestehe, mit welchem Bescheid der Klägerin Leistungen bewilligt worden seien, sei auch bestimmbar, welche Bescheide teilweise rechtswidrig gewesen seien und deren Aufhebung deshalb zu prüfen gewesen sei. Aus dem vorgelegten Verwaltungsvorgang ergebe sich auch für das vorliegende Verfahren keine Grundlage für die Annahme, die fremdgelieferten Kartoffeln lägen ausschließlich der Gesamtbewilligung im aufgehobenen Bescheid zugrunde. Wenn in dem Bescheid vom 13. Januar 1998 keine Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger mit Lieferungen an die Stärkefabrik Kyritz enthalten seien, tatsächlich aber Lieferungen an Kyritz in die Berechnung der Gesamtausgleichszahlung in diesen Bescheid eingeflossen seien, sei eine sichere Zuordnung von Lieferung und Bewilligung von Ausgleichszahlung nicht möglich. Klarheit über diesen Zusammenhang habe für die Beklagte offensichtlich nicht bestanden. Da sie von einer Bewilligung an die A. GmbH ausgegangen sei, habe es einer solchen Zuordnung auch nicht bedurft, die erst dann relevant werde, wenn von der Begründung von Rechtsverhältnissen mit den einzelnen Kartoffelerzeugern ausgegangen werde. Da der Grundbescheid rechtswidrig sei, sei auch der zum Widerspruchsbescheid erlassene Kostenfestsetzungsbescheid aufzuheben.

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Die Beklagte führt die vom Senat mit Beschluss vom 30. April 2008 wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassene Berufung. Sie hat ihre Berufung zurückgenommen, soweit durch den Kostenfestsetzungsbescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005 eine Verwaltungsgebühr von mehr als 1.917,34 EUR festgesetzt wurde. Zur Begründung ihrer Berufung trägt sie im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Rückforderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig. Es sei unschädlich, wenn die begünstigten Kartoffelerzeuger in den Bewilligungsbescheiden nicht näher identifiziert würden, weil der jeweils Gemeinte aus den in Bezug genommenen Anbauverträgen ohne Weiteres bestimmbar sei. Dies mache die Bewilligungsbescheide nicht unbestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG. Grundlage für die Berechnungen und Bewilligungen der Ausgleichszahlungen seien die vom Stärkeunternehmen eingereichten Zahlungsverzeichnisse, in denen die einzelnen Lieferungen und der jeweilige vertraglich gebundene Kartoffelanbauer genannt seien. Das Stärkeunternehmen habe die im Namen der Kartoffelerzeuger beantragte Summe bewilligt erhalten und diese auf die Kartoffelerzeuger aufgeteilt. Die darauf beruhenden Verwaltungsakte der Bewilligung und der Rückforderung seien somit durchaus hinreichend konkret und inhaltlich bestimmt, und zwar sowohl bezüglich des endgültigen Zuwendungsempfängers als auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichszahlung. Es sei auch unerheblich, dass die Bezirksregierung Weser-Ems in dem angefochtenen Bescheid 7 Bescheide aufgehoben habe, im Widerspruchsbescheid der Landwirtschaftskammer Hannover jedoch nur noch 4 Bewilligungsbescheide genannt worden seien. Für die gerichtliche Überprüfung sei der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt maßgeblich, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten habe.

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Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie noch rechtshängig ist.

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Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

26

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und trägt ergänzend im Wesentlichen vor: Zu Recht habe das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass der aufzuhebende Verwaltungsakt in hinreichendem Maße individualisiert sein müsse. Daran fehle es hier. Auch unabhängig davon erweise sich das Urteil im Ergebnis als richtig. Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) Nr. 97/95 gegeben seien. Sie habe eine Menge von 1.597,446 t Stärkekartoffeln selbst erzeugt. Die von ihr bisher beigebrachten Unterlagen belegten dies. Entscheidend für die Erzeugereigenschaft eines Pächters sei danach die selbständige Bewirtschaftung. Erzeuger sei derjenige, unter dessen Leitung und Verantwortung die Produktion erfolgt sei. Die Leitung und die Verantwortung des Anbaus von Stärkekartoffeln würden für beide Anbaustandorte in den Pachtverträgen ihr zugewiesen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen würden Lohnarbeiten nach ihrer Anweisung durchgeführt und trage sie das Anbaurisiko in vollem Umfang. Insoweit handele es sich um rechtswirksame Verträge, die ohne Weiteres für die Erzeugereigenschaft wesentliche Tatsachen begründeten. Diese Tatsachen würden auch durch die Vorlage von Pachtzinsvereinbarungen oder von Belegen über Pachtzinszahlungen nicht glaubhafter. Weitergehende Anforderungen an die Darlegung seien daher überzogen. Sie habe schon im Widerspruchsverfahren vorgetragen, sie könne entsprechende Belege nicht vorlegen, weil die Leistungen mit Gegenleistungen verrechnet worden seien. Die Verrechnung sei auf Zuruf geschehen und nicht schriftlich dokumentiert. Ende der 1990er Jahre sei die kaufmännische Professionalisierung in der landwirtschaftlichen Produktion noch nicht in einem Maße fortgeschritten gewesen, wie dies heute der Fall sei. Damals seien viele Geschäfte auf Zuruf getätigt und auf diese Weise Verrechnungen vorgenommen worden. So auch in ihrem Fall. Auch die Rechnung über Pflanzgut der Agrargenossenschaft G. belege, dass sie den Betrieb geleitet habe und die Verantwortung getragen habe. Denn die Entscheidung für Art und Menge des Pflanzguts sei im Hinblick auf die Erzeugereigenschaft von wesentlicher Bedeutung, weil sie neben dem Pflanzenschutz und der Düngung zu den wichtigsten Entscheidungen im Kartoffelanbau gehöre. Sie habe Pflanzkartoffeln erhalten und bezahlt, deren Verwendung für den Anbau in F. der Menge nach plausibel sei. Diese Darlegung sei ausreichend. Das gelte umso mehr für die Rechnung der Agrar-Gesellschaft mbH E.. Dort sei die Menge der Kartoffeln für 22,28 ha berechnet worden; dies sei exakt die Größe der "Anbaufläche in H. und E.". Auch wenn die Rechnung (der Agrar-Gesellschaft mbH E.) mit "vorläufig" überschrieben sei, handele es sich um eine rechtswirksame Äußerung, die durch keinerlei Fakten widerlegt worden sei. Zu den Rechnungen für Pflanzenschutzmittel sei zu bemerken, dass die Entscheidung über deren Einsatz ebenfalls ein wesentliches Merkmal für die Begründung der Erzeugereigenschaft darstelle. Die weitergehenden Anforderungen, welche die Beklagte zum Nachweis über die Verwendung des Pflanzguts und der Pflanzenschutzmittel stelle, seien überzogen. Die Anpflanzung und die Ausbringung von Pflanzenschutzmittel würden in der Landwirtschaft nicht schriftlich festgehalten. Im Übrigen sei ihr Vertrauen auf den Bestand der Bewilligungsbescheide geschützt.

27

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2011 die Klage zurückgenommen, soweit sie die Anfechtung des Rücknahmebescheids der Bezirksregierung Weser-Ems vom 16. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Landwirtschaftskammer vom 29. Juli 2005 bezüglich der durch sie von der Firma C. und der D. GbR bezogenen Stärkekartoffelmenge von 150,502 t betrifft. Die Beklagte hat der teilweisen Rücknahme der Klage zugestimmt.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

29

Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Klägerin ihre Klage und die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen haben (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die zulässige Berufung der Beklagten begründet.

30

Das Verwaltungsgericht hat der Klage, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Unrecht stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Sowohl der Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 16. November 2000 über die Rückforderung von Ausgleichszahlungen nach der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 und über die teilweise Rücknahme der dem zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide sowie der Zinsfestsetzung dem Grunde nach in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005 gefunden hat, als auch der Kostenfestsetzungsbescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005, soweit darin eine Verwaltungswaltungsgebühr in Höhe von 1.917,34 EUR gefordert wird, sind rechtmäßig.

31

1.

Die Klage gegen die teilweise Rücknahme der Bewilligungsbescheide, mit denen u.a. Ausgleichszahlungen für Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln gewährt wurden, bleibt ohne Erfolg.

32

a.

Gegenstand der Anfechtungsklage ist der vorgenannte Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 16. November 2000 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005 gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Dementsprechend ist Streitgegenstand allein die Aufhebung der im Widerspruchsbescheid aufgeführten Bewilligungsbescheide, sind dies jedoch nicht die weiteren, nur im Ausgangsbescheid genannten Bewilligungsbescheide, mit denen keine Ausgleichszahlungen für auf die Anbauvertrags-/Lieferanten-Nummer 723 gelieferte Stärkekartoffeln bewilligt wurden. Denn sämtliche Bewilligungsbescheide sind nur insoweit zurückgenommen worden, als es die Zahlung des Ausgleichsbetrags für die auf den Anbauvertrag der Klägerin gelieferten Stärkekartoffeln betrifft.

33

Die so verstandene teilweise Rücknahme sämtlicher Bescheide über die Bewilligung von Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger für das Wirtschaftsjahr 1997/98 gegenüber der Klägerin ist rechtmäßig. Dabei ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rücknahme die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, mithin zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005 maßgeblich.

34

b.

Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen in der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1847) - im Folgenden: MOG -. Diese Vorschrift ist hier auch anwendbar, weil die der Entscheidung zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide produktbezogene Beihilfen und damit Beihilfen im Sinne von § 6 Abs. 1 Buchst. g MOG betreffen; hierzu zählen u.a. Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates vom 30. Juni 1992 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide (ABl. Nr. L 181 S. 21) in der für das Wirtschaftsjahr 1997/98 maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 923/96 der Kommission vom 23. Mai 1996 (ABl. Nr. L 126 S. 37) - im Folgenden: Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 -.

35

Das Gemeinschaftsrecht hindert die Anwendung des § 10 MOG nicht. Denn es weist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im gegenwärtigen Stand keine Rechtsvorschriften auf, welche die Befugnis der Behörde dem Beihilfeempfänger gegenüber regeln, in der Durchführung des Gemeinschaftsrechts Verwaltungsakte über gewährte Prämien und Beihilfen zu widerrufen oder zurückzunehmen (EuGH, Urteile vom 13. März 2008 - C-383/06[Vereniging Nationaal Overlegorgaan Sociale Werkvoorziening] -, Slg. 2008, I-1561 und vom 15. Januar 2009 - C-281/07[Bayerische Hypotheken- und Vereinsbank] -, Slg. 2009, I-91; Senatsurteile vom 17. Mai 2011 - 10 LC 266/08 -, RdL 2011, 317 = AUR 2011, 404, vom 20. Dezember 2011 - 10 LC 174/09 - [...] und vom 17. Januar 2012 - 10 LC 193/07 - [...]).

36

Insbesondere enthalten die Verordnungen (EWG) Nr. 1766/92, die Verordnung (EG) Nr. 1868/94 des Rates vom 27. Juli 1994 zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl. Nr. L 197 S. 4) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 1868/94 - und die Verordnung (EG) Nr. 97/95 der Kommission vom 17. Januar 1995 mit den Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates hinsichtlich des Mindestpreises und des den Kartoffelerzeugern zu zahlenden Ausgleichsbetrags sowie zur Verordnung (EG) Nr. 1868/94 des Rates zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl. Nr. L 16 S. 3) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 97/95 - einschließlich ihrer jeweiligen Änderungsverordnungen keine derartigen Vorschriften.

37

Eine entsprechende Befugnis der Behörde lässt sich - ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall - auch nicht Art. 14 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. Nr. L 391 S. 36) - im Folgenden: Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 -, Art. 49 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 (ABl. Nr. L 327 S. 11) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 - und Art. 73 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. Nr. L 141 S. 181) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 796/2004 - einschließlich ihrer jeweiligen Änderungsverordnungen entnehmen. Danach ist der Betriebsinhaber bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zwar zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich Zinsen verpflichtet. Diese Normen geben aber nur den äußeren Rahmen vor und überlassen es dem nationalen Gesetzgeber, unter welchen Voraussetzungen ein die Beihilfe gewährender rechtswidriger begünstigender Bescheid bei Nichtvorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen zurückgenommen werden kann und wann die Verpflichtung zur Rückzahlung einer zu Unrecht gewährten Beihilfe erfüllt ist und durchgesetzt werden kann. Hiernach kommt das nationale Recht zur Anwendung, jedoch unter Beachtung der durch das Gemeinschaftsrecht gezogenen Grenzen.

38

c.

Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide für das Wirtschaftsjahr 1997/98 gegenüber der Klägerin, soweit sie diese betreffen, unterliegt in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Sie erweist sich auch in materiell-rechtlicher Hinsicht als rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG liegen vor. Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; insoweit ist ein Ermessen nicht eröffnet.

39

aa.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts steht einer teilweisen Rücknahme der Bewilligungsbescheide gegenüber der Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG nicht entgegen, dass sie nicht unmittelbar erkennen lassen, mit welchem individuellen Adressaten ein Rechtsverhältnis mit Leistungsansprüchen in welcher konkreten Höhe begründet worden ist. Dem vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 1992 (BVerwG 5 C 65.88, NJW 1993, 2884 [BVerwG 22.10.1992 - BVerwG 5 C 65.88]) ist nicht zu entnehmen, dass ein Verwaltungsakt grundsätzlich nur dann nach § 48 VwVfG rückabgewickelt werden kann, wenn er bestimmt, wer Regelungsadressat ist, wem gegenüber durch den Bescheid Rechte oder Pflichten begründet werden, und welche Ansprüche sich in welcher Höhe daraus herleiten lassen. Aus dem Urteil ergibt sich lediglich, dass im Fall der Rücknahme eines Bewilligungsbescheids maßgebend ist, mit wem durch diesen Bescheid ein Rechtsverhältnis begründet wurde, d.h. dass der Bewilligungsbescheid gegenüber demjenigen zurückzunehmen ist, der Regelungsadressat des Bewilligungsbescheids ist. Nicht hingegen hat sich das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Urteil mit der Frage befasst, inwieweit nicht hinreichend bestimmte Verwaltungsakte rückabgewickelt werden können (so bereits Senatsurteile vom 17. Mai 2011 - 10 LB 156/08 - und - 10 LB 159/08 -, [...]). Unabhängig davon sind die zurückgenommenen Bewilligungsbescheide hinsichtlich der Gewährung von Ausgleichszahlungen an die Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln hinreichend bestimmt.

40

Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG verlangt u.a. Klarheit darüber, wer von der Regelung des Verwaltungsakts materiell betroffen ist, hieraus also verpflichtet oder berechtigt sein soll (sog. Regelungsadressat). Das Bestimmtheitsgebot wird nicht verletzt, solange sich der Regelungsadressat durch Auslegung bestimmen lässt. Der Regelungsadressat ergibt sich - da er nicht zwingend mit dem Bekanntgabeadressaten übereinstimmen muss - nicht notwendig aus dem Anschriftenfeld des Bescheids. Im Fall der Rücknahme eines Bewilligungsbescheids ist vielmehr entscheidend, mit wem der Bewilligungsbescheid ein Rechtsverhältnis begründet hat (BVerwG, Beschluss vom 16. November 2009 - BVerwG 8 B 64.09 -, [...]). Hierzu sind in erster Linie die Bestimmungen im Verwaltungsakt selbst heranzuziehen; ergänzend kann auf die Umstände zurückgegriffen werden, unter denen der Verwaltungsakt erlassen wurde, namentlich auf einen vorangegangenen Antrag oder die zugrunde liegenden Rechtsnormen. Entscheidend ist, wie der Empfänger den Verwaltungsakt verstehen musste (BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 2004 - BVerwG 3 C 37.03 -, Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 198; Beschluss vom 16. November 2009, a.a.O.). Bei der Auslegung können sämtliche Angaben zur Bezeichnung des Adressaten ebenso wie beigefügte Unterlagen Berücksichtigung finden (BFH, Urteil vom 28. August 1990 - VII R 59/89 -, NVwZ-RR 1991, 660). Auch die den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umstände können als Konkretisierungsmittel herangezogen werden (Ziekow, VwVfG, 2. Aufl. 2010, § 37 Rn. 3 m.w.N.). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - BVerwG 6 C 20.02 -, BVerwGE 119, 282).

41

Nach Maßgabe dessen sind die betreffenden Bewilligungsbescheide für das Wirtschaftsjahr 1997/98 hinreichend bestimmt. Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf die damit der Klägerin bewilligten Ausgleichszahlungen, deren Rückabwicklung hier allein in Frage steht.

42

Bei Anlegung der genannten Maßstäbe handelt es sich bei dem im Anschriftenfeld der Bewilligungsbescheide genannten Stärkeunternehmen - der A. GmbH - lediglich um die Bekanntgabeadressatin, während die Regelungsadressaten bestimmte Erzeuger von Stärkekartoffeln sowie Personen sind, welche die Bewilligungsbehörde als solche angesehen hat. Denn nach Art. 8 Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 stehen die Ausgleichszahlungen den Erzeugern der Kartoffeln zu. Das Gemeinschaftsrecht lässt offen, ob die Ausgleichszahlungen direkt an sie zu erfolgen haben oder unter Vermittlung des Stärkeunternehmens erfolgen können. Das nationale Recht stellt beide Wege zur Verfügung, macht jedoch unmissverständlich klar, dass bei Einschaltung des Stärkeunternehmens dieser nur als Stellvertreter des Kartoffelerzeugers auftritt (BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 2004, a.a.O.). Dementsprechend beantragten die Stärkeunternehmen mit den die Klägerin betreffenden Anträgen für das Wirtschaftsjahr 1997/98 Ausgleichszahlungen für Kartoffelerzeuger. Die Bezirksregierung Weser-Ems bewilligte hierauf mit den näher bezeichneten Bewilligungsbescheiden u.a. antragsgemäß Ausgleichszahlungen, die ausdrücklich für die Stärkekartoffelerzeuger bestimmt waren, wie der Bezeichnung "Ausgleichszahlung für Stärkekartoffelerzeuger" ohne Weiteres zu entnehmen ist. Ist hiernach das jeweilige Stärkeunternehmen nur Vertreter des materiell Begünstigten, so ist es selbst zwar Bekanntmachungsadressat, nicht jedoch Regelungsadressat der Bewilligungsbescheide, und zwar auch nicht zugleich und neben dem Kartoffelerzeuger (BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 2004, a.a.O.). Daran ändert ebenso wenig, dass die Bezirksregierung Weser-Ems später (Bescheid vom 29. Januar 2001, Bl. 139 Beiakte B) auch von der A. GmbH die für auf den Anbau- und Liefervertrag der Klägerin gelieferten Kartoffeln gewährte Ausgleichszahlungen zurückgefordert hat.

43

Die Bescheide über die Bewilligung von Ausgleichszahlungen für Kartoffellieferung an das Werk Kyritz in dem Wirtschaftsjahr 1997/98 sind auch im Hinblick auf die einzelnen begünstigten Kartoffelerzeuger und Personen, welche die Bezirksregierung Weser-Ems als solche behandelt hat, hinreichend bestimmt. Insbesondere lässt sich ihnen in Zusammenschau mit den zugrunde liegenden Antragsunterlagen entnehmen, mit welchen individuellen Adressaten ein Rechtsverhältnis in welcher konkreten Höhe begründet wurde. Dies gilt jedenfalls für die Klägerin.

44

Zwar werden in den Bewilligungsbescheiden keine Antragsteller und Empfänger von Ausgleichszahlungen namentlich genannt. Gleiches gilt für die Antragsschreiben der A. GmbH. Die auf die einzelnen Antragsteller entfallenen Teilbeträge sind aber über die in den Bewilligungsbescheiden und Antragsunterlagen genannten Abrechnungsläufe hinreichend bestimmbar. In den Bewilligungsbescheiden wird aufgeführt, für welche Kartoffellieferungen an welche Betriebsstätte für welche Abrechnungsläufe welcher Gesamtausgleichszahlungsbetrag gewährt wurde. Hinsichtlich der Daten und der Beträge der Bewilligungen von Ausgleichszahlungen für Kartoffellieferung an das Werk Kyritz in dem Wirtschaftsjahr 1997/98 im Einzelnen verweist der Senat auf die in der Gerichtsakte (Bl. 186 f.) befindlichen Aufstellungen. Bereits eine Zusammenschau der Bewilligungsbescheide und der mit den betreffenden Anträgen vorgelegten Gutschriften ergibt, welche Ausgleichszahlungsbeträge für Kartoffellieferungen an das Werk Kyritz zur Anbauvertrags-/Lieferanten-Nummer 723 bewilligt wurden:

45

Mit den einzelnen Anträgen, die den im Einzelnen genannten Bewilligungsbescheiden zugrunde liegen, wurden ausweislich der beigefügten Gutschriften für Kartoffellieferungen an das Werk Kyritz zur Anbauvertrags-/Lieferanten-Nummer 723 in dem Wirtschaftsjahr 1997/98 Ausgleichszahlungen in Höhe von 63.506,38 DM beantragt. Insgesamt wurden mit den genannten Anträgen für Kartoffellieferungen an das Werk Kyritz in dem genannten Wirtschaftsjahr 9.864.492,23 DM beantragt und von der Bezirksregierung Weser-Ems antragsgemäß gewährt. Hinsichtlich der Daten und Beträge der Anträge und der Bewilligungen im Einzelnen verweist der Senat auf die in der Gerichtsakte (Bl. 186 f.) befindlichen Aufstellungen. Da zwischen dem beantragten und dem bewilligten Betrag keine Differenz besteht und feststeht, dass für die Kartoffellieferungen auf die Anbauvertrags-/Lieferanten-Nummer 723 insgesamt 63.506,38 DM beantragt wurden, ergibt sich zugleich, dass mit den Bewilligungsbescheiden vom 19. November 1997, 11. Februar 1998, 2. März 1998 und 7. April 1998 dem in dem jeweiligen Anbauvertrag genannten Erzeuger - hier der Klägerin - insgesamt 63.506,38 DM (32.470,30 EUR) bewilligt wurden (siehe auch Aufstellungen Bl. 15 bis 17 und Gutschriftenaufstellung der A. GmbH zur Lieferanten-Nummer 723, Bl. 47 ff. Beiakte B).

46

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Bezirksregierung Weser-Ems für die genannten Kartoffellieferungen an das Werk Kyritz zur Anbauvertrags-/Lieferanten-Nummer 723 in dem Wirtschaftsjahr 1997/98 der Klägerin die Ausgleichszahlungen gewährt hat. Da die Nummern der Anbauverträge zu den betreffenden Kartoffellieferungen an das Werk Kyritz in den mit den jeweiligen Anträgen vorgelegten Gutschriften stets angegeben worden sind, richtet sich die u.a. auf diese Unterlagen gestützte Bewilligung von Ausgleichszahlungen nach der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 an die in den Anbauverträgen genannten Erzeuger, mithin im Falle des Anbau- und Liefervertrags mit der Nummer 723 an die Klägerin. Die Abnahmescheine enthalten u.a. die Nummer des betreffenden Anbauvertrags sowie Name und Anschrift des Erzeugers (Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 97/95). Das vom Stärkeunternehmen zu erstellende und den Beihilfeanträgen beizugebende Zahlungsverzeichnis weist u.a. Name und Anschrift des Erzeugers sowie die Nummer des Anbauvertrags aus (Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 97/95). Hiernach ist der von der Bewilligung einer Ausgleichszahlung begünstigte Erzeuger ohne Weiteres anhand der zugrunde liegenden Anbauverträge bestimmbar. Daneben ergibt sich die Bestimmbarkeit des von der Regelung begünstigten Adressaten auch anhand des zusammenfassenden Verzeichnisses der Anbauverträge nach Art. 4 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 97/95, das von den Stärkeunternehmen der zuständigen Behörde vor Beginn der Kampagnen zu übermitteln war und zu jedem Vertrag Angaben über dessen Identifikationsnummer sowie den Namen des Erzeugers enthielt. Hiernach unterliegt es keinen Zweifeln, dass die für die auf den Anbau- und Liefervertrag Nr. 723 gelieferten Kartoffeln bewilligten Ausgleichszahlungen allein der Klägerin in den genannten Bewilligungsbescheiden zuerkannt wurden.

47

Soweit die Klägerin eingeräumt hat, Kartoffeln aufgrund eines Untervertrags mit Herrn B. C. sowie von der D. GbR bezogen zu haben, bedarf es keiner Entscheidung, ob aus Sicht der Bezirksregierung Weser-Ems eine Stellvertretung dieser Betriebsinhaber durch die Klägerin und ein Wille der Klägerin vorlag, im Namen dieser Betriebsinhaber die Stärkeunternehmen zur Beantragung von Ausgleichszahlungen bevollmächtigten zu wollen. Denn insoweit hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen. Im Übrigen gab es bei der Beantragung von Ausgleichszahlungen keine Hinweise für ein Handeln der Klägerin für andere Kartoffelerzeuger. So macht die Klägerin geltend, die angelieferten Kartoffeln - abgesehen von den von den Firmen C. und D. GbR gelieferten Kartoffeln - selbst erzeugt zu haben.

48

bb.

Die Bewilligungsbescheide für das Wirtschaftsjahr 1997/98 sind hinsichtlich der Bewilligung von Ausgleichszahlungen für die beanstandeten Kartoffellieferungen zur Anbauvertrags-/Lieferanten-Nummer 723 an das Werk in Kyritz rechtswidrig.

49

(1)

Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 können Erzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln Ausgleichszahlungen erhalten. Ein Erzeuger ist nach Art. 1 Buchst. d Verordnung (EG) Nr. 97/95 jede natürliche oder juristische Person oder Vereinigung dieser Personen, die selbst oder von ihren Mitgliedern erzeugte Kartoffeln in ihrem Namen und für ihre Rechnung im Rahmen eines von ihr oder in ihrem Namen geschlossenen Anbauvertrags an ein Stärkeunternehmen liefert. Unter einem Anbauvertrag ist nach Art. 1 Buchst. e der Verordnung jeder zwischen einem Erzeuger oder einer Erzeugervereinigung einerseits und dem Stärkeunternehmen andererseits geschlossene Vertrag zu verstehen. Folglich kann ein Vertrag, der zwischen einem Stärkeunternehmen und einem Unternehmen geschlossen wurde, das die Kartoffeln unmittelbar oder mittelbar von Kartoffelerzeugern bezieht, nicht als Anbauvertrag im Sinne der genannten Vorschrift angesehen werden, auch wenn er als solcher bezeichnet worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006 - C 94/05[A.] -, Slg. 2006, I-2619).

50

Gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. b Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 werden die Ausgleichszahlungen nur für die Kartoffelmenge gewährt, die durch einen Vertrag gebunden waren, welcher zwischen Kartoffelerzeuger und kartoffelstärkeerzeugendem Unternehmen im Rahmen des Letzterem zugeteilten Unterkontingents gemäß Art. 2 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1868/94 geschlossen wurde. Die Verordnung (EG) Nr. 1868/94 hat die Kartoffelstärkeerzeugung kontingentiert: Durch Art. 2 Abs. 1 der Verordnung ist jedem Erzeugermitgliedstaat ein Kontingent für die Kartoffelstärkeerzeugung zugeteilt worden, das der Mitgliedstaat nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung in Unterkontingente für die Stärkeunternehmen mit Sitz in seinem Gebiet aufzuteilen hat. Nach Art. 4 Abs. 5 Verordnung (EG) Nr. 97/95 ist es dem Stärkeunternehmen untersagt, Kartoffellieferungen anzunehmen, die nicht durch einen Anbauvertrag gebunden sind. Dieses Verbot bezweckt zum einen - wie aus der vierten Begründungserwägung dieser Verordnung hervorgeht - das Kontingent zu schützen, indem es die Kontrolle der von den Stärkeunternehmen gekauften Kartoffelmenge durch die zuständigen nationalen Behörden erleichtert (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.). Darüber hinaus soll es nach derselben Begründungserwägung sicherstellen, dass für alle zur Stärkeerzeugung bestimmten Kartoffeln der Mindestpreis gezahlt wird. Nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der vorgenannten Verordnung muss im Fall der Ausgleichszahlung gemäß Art. 8 Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 nachgewiesen werden, dass für die Menge, für die diese Ausgleichszahlung beantragt wird, ein bestimmter Mindestpreis gezahlt wurde. Bereits die Tatsache, dass ein Stärkeunternehmen Kartoffeln von einem Unternehmen erhält, das diese seinerseits unmittelbar oder mittelbar von den Kartoffelerzeugern bezieht, ist geeignet, diesen Zweck und damit das Ziel zu gefährden, diese Erzeuger zu schützen. Auch wenn das Stärkeunternehmen nachweist, dass es an ein solches Unternehmen den Mindestpreis gezahlt hat, ist durch nichts gewährleistet, dass dieser Betrag vollständig an die (tatsächlichen) Erzeuger weitergeleitet worden ist. Das Erfordernis eines unmittelbar mit den Erzeugern geschlossenen Anbauvertrags ist das einzige Mittel, um zu verhindern, dass ein Teil des Kaufpreises, der von dem Stärkeunternehmen tatsächlich gezahlt worden ist, von Zwischenhändlern vereinnahmt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.).

51

(2)

Danach stand der Klägerin kein Anspruch auf Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln zu.

52

Zwar schloss die Klägerin für das Wirtschaftsjahr 1997/98 einen als "Anbauvertrag" bezeichneten Vertrag mit der A., in dem sie als "Erzeuger/Vertragspartner" bezeichnet wird. Es steht aber zur Überzeugung des Senats nicht fest, dass die Klägerin Erzeugerin der auf den von ihr geschlossenen Anbau- und Liefervertrag an die A. GmbH - Werk Kyritz - gelieferten und streitbefangenen Kartoffeln war.

53

Nach Art. 1 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 97/95 bezeichnet der Ausdruck "Erzeuger" jede natürliche oder juristische Person oder Vereinigung solcher Personen, die selbst oder von ihren Mitgliedern erzeugte Kartoffeln in ihrem Namen und für ihre Rechnung im Rahmen eines von ihr oder in ihrem Namen geschlossenen Anbauvertrags an ein Stärkeunternehmen liefert. Nur derjenige erzeugt bestimmte landwirtschaftlicher Produkte selbst, der die hierfür erforderlichen Produktionseinheiten eigenverantwortlich leitet, d.h. die Geschehnisse des landwirtschaftlichen Betriebs verantwortlich bestimmt. Dies erfordert, dass die betreffende Person die Dispositionsbefugnis über die Produktionseinheiten inne hat und die fachliche Verantwortung für die Bewirtschaftung trägt. Ferner muss sich bei ihr sowohl der Erfolg als auch der Misserfolg ihrer Tätigkeit wirtschaftlich auswirken; sie muss das mit dem landwirtschaftlichen Betrieb verbundene Risiko tragen (Senatsurteil vom 17. Januar 2012 - 10 LC 193/07 -, [...]; Senatsbeschluss vom 20. Juli 2009 - 10 LA 264/07 -, AUR 2009, 356). Denn nach der Erwägungsgründen 3 und 9 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 zielt die Ausgleichszahlung nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung darauf ab, die Einkommensverluste infolge der Preissenkung (Senkung des Richtpreises) zugunsten der Erzeuger auszugleichen. Weiter soll nach Einführung der Kontingentierung der Kartoffelstärkeerzeugung gerade zum Schutz der Kartoffelerzeuger von zur Stärkeherstellung bestimmten Kartoffeln gewährleistet werden, dass der Mindestpreis gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 an die Kartoffelerzeuger gezahlt wird (Erwägungsgrund 9 der Verordnung (EG) Nr. 97/95). In diesem Zusammenhang ist das Erfordernis eines unmittelbar mit den Erzeugern geschlossenen Anbauvertrags das einzige Mittel, um zu verhindern, dass ein Teil des Kaufpreises, der von dem Stärkeunternehmen tatsächlich gezahlt worden ist, von Zwischenhändlern vereinnahmt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.). Die Erzeugereigenschaft kommt schließlich einer Person nicht nur dann zu, wenn sie Eigentümer der Produktionseinheiten ist, die sie für ihre Produktion nutzt (vgl. EuGH, Urteile vom 15. Januar 1991 - C-341/89 -, Ballmann, Slg. 1991, I-25 und vom 9. Oktober 1997 - C-152/95 -, Michel Macon, Slg. 1997, I-5429 zu Art. 12 Buchst. c Verordnung (EWG) Nr. 857/84).

54

Bei der Beurteilung, ob eine Person Erzeuger im vorgenannten Sinne ist und damit einen landwirtschaftlichen Betrieb eigenverantwortlich leitet, sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Kommen hinsichtlich bestimmter Produktionseinheiten verschiedene Personen als Erzeuger in Betracht, gewinnt das Erfordernis der eindeutigen Zuordnung der Produktionseinheiten zu einem landwirtschaftlichen Betrieb besondere Bedeutung. Das gilt insbesondere für solche Bereiche der Agrarförderung, in denen die landwirtschaftliche Produktion kontingentiert ist oder sich an Höchst- oder Mindestgrenzen ausrichtet. Entsprechendes gilt, wenn der Zugang zu einer Beihilferegelung kontingentiert wird, etwa dass für die Beihilfegewährung das Vorliegen eines Anbauvertrages im Sinne des Art. 1 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 97/95 verlangt wird.

55

Nach Maßgabe dessen hat der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles nicht die Überzeugung gefunden, dass die Klägerin die auf ihren Vertrag gelieferten Kartoffeln im Rahmen eines eigenverantwortlich geleiteten Betriebes selbst erzeugt hat. Zwar hat die Klägerin Verträge über den Anbau von Kartoffeln - nach eigenen Angaben im Frühjahr 1997 - mit der Agrar-Gesellschaft mbH E. und der Agrargenossenschaft F. e.G. geschlossen. Allein hieraus kann aber nicht auf eine eigenverantwortliche Erzeugung von Kartoffeln durch die Klägerin selbst geschlossen werden. Zwar sollen nach diesen Vereinbarungen der Klägerin Ackerflächen zur Größe von 22,28 ha und 19,74 ha zum Anbau von Kartoffeln überlassen werden (Ziffer 1 und 2 der Verträge). Weiter sollen nach den Vereinbarungen auf Anweisung des Anbauers (der Klägerin) bestimmte Lohnarbeiten von deren Vertragspartnerinnen übernommen werden, wobei sämtliche Kosten für Lohnarbeiten und die noch festzusetzenden Pachtpreise vom Anbauer übernommen werden (Ziffer 3 und 4 der Verträge). Außerdem wird festgehalten, dass der Anbauer in vollem Umfang das Anbaurisiko, ertragsmindernde Faktoren sowie das Risiko der Vermarktung trägt (Ziffer 5 der Verträge). Maßgeblich für die Feststellung einer Erzeugereigenschaft im Sinne des Art. 1 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 97/95 ist aber nicht allein der rechtswirksame Abschluss, sondern der tatsächliche Vollzug solcher Verträge.

56

Das Vorbringen der Klägerin, die vorgenannte Verträge seien tatsächlich vollzogen worden ist, nicht glaubhaft. So konnte die Klägerin nicht substantiiert darlegen und trotz ihrer Verpflichtung zur Buchführung weder durch Vorlage von Rechnungen noch durch Vorlage von Zahlungsbelegen nachweisen, dass bestimmte Lohnarbeiten - etwa Pflanzenschutz, Ernte und Transport der Kartoffeln - von den Vertragspartnern der Klägerin tatsächlich übernommen und abgerechnet wurden. Auch die Angaben über die Größen und die Gemarkungen der Pachtflächen widersprechen sich, ohne dass es der Klägerin gelungen ist, diese Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen. So liegen dem Nutzungsvertrag mit der Agrargesellschaft mbH E. Flächen in den Gemarkungen H. und E. zugrunde, während nach den später eingereichten Aufstellungen der Klägerin (Bl. 62 Beiakte B) ein erheblicher Teil der Flächen auch in der Gemarkung Retzow mit Kartoffeln bebaut worden sein soll. Weiter ist nach der vorläufigen Rechnung dieser Gesellschaft vom 15. Januar 1997 (Bl. 43 Beiakte B) der Anbau von Kartoffeln ausschließlich der Sorte "Elkana" berechnet worden. Nach der Aufstellung Bl. 78 der Gerichtsakte sollen auf den Flächen dieser Gesellschaft aber zu einem erheblichen Teil Kartoffeln der Sorte "Astarte" (rd. 1/3 der von dieser Gesellschaft angelieferten Kartoffeln) angebaut worden sein. Weiter sollten auf den Flächen dieser Gesellschaft zur Größe von 22,28 ha mehr als die Hälfte der von der Klägerin abzuliefernden Kartoffeln erzeugt werden (Gesamtanbauflächen der Nutzungsverträge 42,02 ha). Nach der Aufstellung Bl. 78 der Beiakte B sind aber von Flächen dieser Gesellschaft lediglich rd. 370 t Kartoffeln (netto) und damit nur rd. 22,4 % der mit dem Stärkeunternehmen vereinbarten Kartoffelmenge angeliefert worden.

57

Hinsichtlich des behaupteten Anbaus von Kartoffeln durch die Agrargenossenschaft F. e.G. sollten nach der Vereinbarung Flächen zur Größe von 19,74 ha bestellt werden. Nach der Aufstellung dieser Gesellschaft sollen aber nur rd. 19,3 ha Flächen mit Kartoffeln tatsächlich bewirtschaftet worden sein. Von einem den landwirtschaftlichen Betrieb eigenverantwortlich leitenden Erzeuger wäre zu erwarten gewesen, dass er über solche wesentlichen Änderungen informiert ist und diese Informationen nicht - wie die Klägerin - erst auf Nachfrage erfährt. Ferner hat die Klägerin eine nachvollziehbare Erklärung für diese Abweichung nicht gegeben. Nach den Angaben der Klägerin sollen von dieser Gesellschaft die von der Agrargenossenschaft G. e.G. gekauften Pflanzkartoffeln der Sorte Astarte (Rechnung vom 15. Oktober 1997) angebaut worden sein. Ferner sollen die auf den Flächen der Agrargenossenschaft F. e.G. angebauten Kartoffeln nach dem 3. Oktober 1997 an das Stärkeunternehmen geliefert worden sein (nach den Angaben der Klägerin seien die auf den Flächen der Agrar-Gesellschaft mbH E. angebauten Kartoffeln in der Zeit vom 18. September bis 3. Oktober 1997 beim Stärkeunternehmen angeliefert worden - vgl. Aufstellung Bl. 78 Beiakte B). Bei der Abnahme der Kartoffeln wurden in den Abnahmescheinen die Sorten der angelieferten Kartoffeln festgehalten. So wurden bei den 23 Lieferungen vom 18. September 1997 bis 3. Oktober 1997 die Kartoffelsorten Elkana und Astarte in den betreffenden Abnahmescheinen festgehalten. Angesichts des Vortrags der Klägerin, bei der Agrargenossenschaft G. e.G. Pflanzkartoffeln der Sorte "Astarte" für den Anbau auf den Flächen der Agrargenossenschaft F. e.G. erworben zu haben, wäre zu erwarten gewesen, dass nach dem 3. Oktober 1997 ausschließlich oder nahezu ausschließlich Kartoffeln der Sorte "Astarte" auf den Vertrag der Klägerin angeliefert wurden. Jedoch ist festzustellen, dass hinsichtlich dieser 55 Lieferungen in keinem Fall die Anlieferung von Kartoffeln der Sorte "Astarte" bestätigt worden ist. Vielmehr hat das Stärkeunternehmen die Abnahme von Kartoffeln zahlreicher anderer Sorten auf den Abnahmescheinen bescheinigt. Auch hierfür fehlt eine nachvollziehbare Erklärung. Auch über diese Umstände wäre aber ein verantwortlich leitender Erzeuger informiert und wäre er in der Lage, damit zusammenhängende Widersprüchlichkeiten ohne Weiteres aufzuklären. Beides war hier bei der Klägerin indes nicht gegeben.

58

Weiter hat die buchführungspflichtige Klägerin keine Belege für bestimmte Lohnarbeiten auf den Flächen beibringen können. Es wäre zu erwarten gewesen, dass etwa für das Düngen, für Maßnahmen des Pflanzenschutzes, für das Ernten und für den Transport der Kartoffeln an das Stärkeunternehmen nicht unerhebliche Kosten berechnet worden wären. Die von der Klägerin gegebene Erklärung, diese Posten seien "auf Zuruf" mit Gegenansprüchen verrechnet worden, vermögen nicht zu überzeugen. So legt die Klägerin schon nicht dar, in welchem Umfang Kosten der vorgenannten Gesellschaften angefallen sind und welcher Art und in welchem Umfang sie Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gesellschaften begründete. Insbesondere hinsichtlich der rd. 50 Anlieferungen von Kartoffeln durch eine Spedition oder Speditionen aus dem Kreis Diepholz wäre zu erwarten gewesen, dass diese Leistungen berechnet worden wären. Auch fehlt eine nachvollziehbare Erklärung für den Einsatz einer Spedition oder von Speditionen, die von den betreffenden Betrieben weiter entfernt liegen. Ebenso wenig gibt die Klägerin eine nachvollziehbare Erklärung dafür, dass die Firma C., mit der sie einen Untervertrag über den Anbau und die Lieferung von Stärkekartoffeln abgeschlossen hatte, zum deutlich überwiegenden Teil die auf den Anbauvertrag der Klägerin gelieferten Kartoffeln transportierte und es sich gerade bei diesen Kartoffeln um solche verschiedener Sorten handelte.

59

Des Weiteren schloss die Klägerin nach eigenen Angaben im März 1997 Anbauverträge über rd. 42 ha Flächen ab, während dem später mit der A. GmbH geschlossenen Anbauvertrag eine Anbaufläche zur Größe von 55 ha (mit einem Durchschnittsertrag von 300 dt/ha) und damit eine knapp um 1/3 größere Fläche zugrunde gelegen hat. Auch insoweit fehlt eine nachvollziehbare Begründung der Klägerin.

60

Angesichts dessen, dass nach dem Vorbringen der Klägerin (vgl. Aufstellung Bl. 78 der Beiakte B) von den Flächen der Agrar-Gesellschaft mbH E. zur Größe von 22,28 ha lediglich 369,961 t Kartoffeln (netto) an das Stärkeunternehmen in der Zeit vom 18. September bis 3. Oktober angeliefert worden sind, müssten auf den Flächen der Agrargenossenschaft F. e.G. zur Größe von rd. 19,2993 ha (Bl. 63 Beiakte B) 1.227,967 t Kartoffeln erzeugt worden sein (tatsächlich auf den Anbauvertrag der Klägerin angeliefert: 1.747,948 t Kartoffeln abzüglich der von der Klägerin eingeräumten Lieferungen der Firmen C. und D. GbR von 150,502 t und der Lieferungen der Agrar-Gesellschaft mbH E. von 369,961 t). Dies ergäbe einen durchschnittlichen Ertrag auf den angegebenen Flächen der Agrargenossenschaft F. e.G. von 636,3 dt/ha (netto). Dies ist aber gänzlich unglaubhaft. Dem Anbauvertrag liegt ein durchschnittlicher Ertrag von 300 dt/ha (netto) zugrunde. Dieser Durchschnittsertrag liegt sogar über dem später geernteter Kartoffeln im Land Brandenburg in den Jahren 1992 bis 1995 mit 222,2 dt/ha und im Jahr 1997 mit 284,0 dt/ha (im Landkreis Havelland lag dieser für die Jahre 1992 bis 1995 bei 221,9 dt/ha und im Jahr 1997 bei 268,5 dt/ha sowie im Landkreis Ostprignitz-Ruppin für die Jahre 1992 bis 1995 bei 227,3 dt/ha und im Jahr 1997 bei 286,1 dt/ha). Auch im Zeitraum 1996 bis 2000 betrug der durchschnittliche Ertrag an später geernteten Kartoffeln im Land Brandenburg rd. 286 dt/ha. Auch die Entwicklung der Kartoffelerträge im Land Brandenburg in den Jahren 1993 bis 2009 zeigt, dass die Kartoffelerträge im Jahr 1997 nicht außergewöhnlich hoch waren, sondern im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind (vgl. Statistischer Bericht des Amtes für Statistik Berlin-Branden-burg - C II 7 - j / 09 - Bl. 207 der Gerichtsakte). Es ist deshalb fernliegend, dass der tatsächliche Kartoffelertrag auf den Flächen der Agrargenossenschaft F. e.G. mehr als das Doppelte des durchschnittlichen Kartoffelertrags sowohl im Land Brandenburg als auch im Landkreis Ostprignitz-Ruppin betrug. Hiernach spricht Überwiegendes dafür, dass die Klägerin auf ihren Anbauvertrag Kartoffeln lieferte, die von ihr nicht erzeugt wurden. Dies findet u.a. ihre Bestätigung auch darin, dass die Sorten der seit dem 13. Oktober 1997 angelieferten Kartoffeln nicht einheitlich waren und die Kartoffeln zum deutlich überwiegenden Teil von der Firma C. (Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen DH-WB 80, DH-U 930 und DH-D871 der unstreitig von der Firma C. erfolgten fünf Kartoffel-Lieferungen - Abnahmeschein-Nr. 7405, 7336, 7615, 9175, 9010, Bl. 64 ff. Beiakte B) geliefert wurden.

61

Soweit die Klägerin auf die vorläufige Rechnung der Agrar-Gesellschaft mbH E. vom 15. Januar 1997 sowie die Rechnungen der Agrargenossenschaft G. e.G. verweist, vermögen auch diese Unterlagen die von der Klägerin geltend gemachte Erzeugereigenschaft nicht zu belegen oder zu stützen. Die vorläufige Rechnung der Agrargesellschaft mbH E. datiert unter dem 15. Januar 1997. Zu diesem Zeitpunkt war ein Nutzungsvertrag nicht geschlossen. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin soll mit dieser Gesellschaft erst am 20. März 1997 ein Nutzungsvertrag geschlossen worden sein. Es bleibt mithin offen, ob die in der "vorläufigen Rechnung" angeführten Leistungen mit der später geschlossenen Vereinbarung tatsächlich umgesetzt worden sind. Aber selbst wenn die in der "vorläufigen Rechnung" berechneten Tätigkeiten von der vorgenannten Gesellschaft erbracht worden sein sollten, ergäbe sich hieraus noch nicht ohne Weiteres die Erzeugereigenschaft der Klägerin. So fehlt weiterhin der Nachweis, dass wesentliche Arbeiten der Erzeugung von Kartoffeln wie Pflanzenschutz, Ernte und Transport der Kartoffeln von der Klägerin selbst oder durch von ihr Beauftragte erbracht (und abgerechnet) wurden. Ebenfalls hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass der nach dem Vertrag "noch festzulegende Pachtpreis" tatsächlich später von den Vertragsparteien bestimmt und von der Klägerin tatsächlich gezahlt wurde. Der Einwand, der Pachtzins sei Bestandteil der "Flächenkosten" gewesen, überzeugt nicht. In der "vorläufigen Rechnung" vom 15. Januar 1997 findet sich keine Position "Flächenkosten". Selbst wenn die Rechnungsposition "Anbau" gemeint gewesen sein sollte, stünde dies aber im Widerspruch zu der später getroffenen Vereinbarung unter Ziffer 4, dass die Klägerin den "noch festzusetzenden Pachtpreis" für die Anbauflächen zu entrichten habe. Eine solche Vereinbarung wäre nach dem vorstehenden Einwand gerade nicht getroffen worden. Auch das Fehlen einer Endabrechnung spricht dafür, dass die als "Nutzungsvertrag" getroffene Vereinbarung tatsächlich nicht vollzogen worden ist. Auch hinsichtlich der Anbauflächen der Agrargenossenschaft F. e.G. ist unsubstantiiert vorgetragen worden, Leistungen wie Pachtzins seien mit Gegenleistungen verrechnet worden. Nähere Ausführungen zu Art und Umfang der Gegenansprüche fehlen. Selbst die Höhe des vereinbarten Pachtzinses bleibt offen.

62

Weiter belegt die Vorlage von fünf Rechnungen über den Erwerb von Pflanzenschutzmitteln von der Agrargenossenschaft G. e.G. auch unter Berücksichtigung der anderen Umstände des Falles nicht, dass die Klägerin die an das Stärkeunternehmen angelieferten Kartoffeln selbst erzeugte. Es bleibt offen, wann die Pflanzenschutzmittel tatsächlich geliefert oder erworben wurden und wann sie auf welchen Flächen tatsächlich zur Anwendung gekommen sind. Hierzu hat die Klägerin nichts Näheres vorgetragen, was aber von einem eigenverantwortlich leitenden Betriebsinhaber zu erwarten gewesen wäre. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die vorgenannten Rechnungen zeitnah nach dem Verkauf erstellt worden wären, dürften die am 17. September 1997, 15. Oktober 1997 und 27. November 1997 in Rechnung gestellten Pflanzenschutzmittel für den Anbau von Kartoffeln im Jahr 1997 kaum Anwendung gefunden haben, weil bereits im September 1997 mit der Ernte der Kartoffeln begonnen wurde (erste Lieferung 18. September 1997). Auch soweit die Agrargenossenschaft G. e.G. unter dem 15. Oktober 1997 rd. 710 dt Pflanzkartoffeln berechnete, ergibt sich aus dieser Rechnung nicht, wann diese Pflanzkartoffeln angeliefert wurden. Die späte Berechnung spricht eher dafür, dass die Pflanzkartoffeln erst im Herbst 1997 geliefert und für das folgende Wirtschaftsjahr bestimmt waren. Eine Berechnung im Oktober 1997 für bereits im Frühjahr desselben Jahres gepflanzte Kartoffeln erachtet der Senat nicht als üblich.

63

Gegen eine eigenverantwortliche Leitung des Anbaus der Klägerin spricht ferner, dass sie wesentliche Auskünfte zu den tatsächlichen Gegebenheiten erst nach Rückfrage bei ihren Vertragspartnern geben konnte. So hat sie die Lage (Gemarkung, Schlag-Nr.) der Anbauflächen der Agrar-Gesellschaft erst nach telefonischer Rückfrage benennen können. Wie bereits zuvor dargelegt, konnte die Klägerin Fragen über wesentliche Veränderungen beim Anbau der Kartoffeln - etwa die Verkleinerung der Anbauflächen, Wechsel der Anbausorten sowie über die Bewirtschaftung der Flächen (Einsatz von Pflanzenschutzmittel, durchgeführte Lohnarbeiten wie Ernte und Transport der Kartoffeln) - nicht substantiiert und damit nicht überzeugend beantworten. Auch dass durchgehend alle Beteiligten, die zur Buchführung verpflichtet waren, keine Belege über den tatsächlichen Vollzug der als Nutzungsvertrag bezeichneten Vereinbarungen, insbesondere über die nachfolgende Berechnung und Zahlung von Lohnarbeiten sowie den Transport der Kartoffeln zur Stärkefabrik beibringen konnten (oder wollten) und die Vertragspartner der Klägerin nicht ernsthaft bemüht waren, an der Aufklärung der tatsächlichen Gegebenheiten mitzuwirken, spricht dafür, dass die Klägerin lediglich nach außen als Erzeugerin erscheinen sollte, damit zum einen die vorgenannten Gesellschaften die auf ihren Anbauflächen erzeugten Kartoffeln auf den Vertrag der Klägerin bei dem Stärkeunternehmen anliefern und damit wirtschaftlich verwerten konnten und zum anderen die Klägerin hierfür die Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger erhalten konnte, ohne tatsächlich Erzeugerin zu sein.

64

Steht damit nicht fest, dass die Klägerin Erzeugerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 und Art. 1 Buchst. d Verordnung (EG) Nr. 95/97 ist, geht dies zu ihren Lasten. Gemäß § 11 MOG trägt sie hierfür die Beweislast. Denn nach dieser Vorschrift trägt der Begünstige, soweit nicht Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 MOG etwas anderes vorsehen, auch nach Empfang einer Vergünstigung nach § 6 MOG in dem Verantwortungsbereich, der nicht zum Bereich der für die Gewährung der Vergünstigung zuständigen Stelle gehört, die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Vergünstigung bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folgt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin begehrt eine Vergütung nach § 6 Buchst. g MOG. In den Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 MOG, mithin in den sektoralen Regelungen des Unionsrechts, finden sich keine (hiervon abweichenden) Vorschriften über die Beweislast. Die hier streitige Voraussetzung für die Vergünstigung - die Erzeugereigenschaft der Klägerin - gehört auch nicht zum Verantwortungsbereich der zuständigen Stelle. Schließlich ist die in § 11 MOG bestimmte Frist durch den Bescheid vom 16. November 2000 erkennbar gewahrt, weil zwischen Gewährung der Ausgleichszahlungen in den Jahren 1997 und 1998 und dem Erlass dieses Bescheides keine vier Jahre vergangen waren.

65

Die Klägerin war schon nach eigenem Vorbringen auch keine Erzeugervereinigung im Sinne des Art. 1 Buchst. d Verordnung (EG) Nr. 97/95.

66

cc.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MOG in Verbindung mit § 48 Abs. 2 VwVfG berufen.

67

Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einma-lige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Gleiches gilt, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Beide Ausschlussgründe liegen hier vor.

68

Die Klägerin hat die Bewilligungsbescheide für das Wirtschaftsjahr 1997/98, soweit diese sie betreffen, durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig waren.

69

Mit den zugrunde liegenden Anträgen wurden Ausgleichszahlungen "für die Kartoffelerzeuger" beantragt. Die Klägerin war jedoch hinsichtlich sämtlicher Kartoffellieferungen zur Anbauvertrags-/Lieferanten-Nummer 723 keine Erzeugerin. Durch Nennung der Anbauvertrags-Nummer 723 in den beigefügten Gutschriften und Zahlungsverzeichnisse wurde der unzutreffende Eindruck erweckt, die beanstandeten Kartoffellieferungen seien durch einen Anbauvertrag mit einem Erzeuger gedeckt. Denn ein Anbauvertrag ist nach Art. 1 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 97/95 zwingend mit einem Erzeuger oder einer Erzeugervereinigung zu schließen. In den zugrunde liegenden Anbauverträgen gab die Klägerin weiter vor, auf Flächen mit einer bestimmten Größe selbst ("durch den Erzeuger") Kartoffeln anzubauen.

70

Zwar wurden die Anträge in dem betreffenden Wirtschaftsjahr nicht von der Klägerin selbst, sondern von der A. GmbH als deren Verfahrensbevollmächtigte bei der Bezirksregierung Weser-Ems eingereicht. Die unrichtigen Antragsangaben sind der Klägerin aber zuzurechnen, weil sie die A. GmbH für das Antragsverfahren bevollmächtigte (Ziffer 6 des Anbau- und Liefervertrages) und sie damit in diesem Verfahren wirksam vertreten wurde.

71

Bei unrichtigen Angaben des Begünstigten, auf denen - wie hier - die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beruht, besteht auch dann kein Recht des Begünstigten auf Vertrauensschutz, wenn die Behörde für diese Rechtswidrigkeit wegen mangelnder Sorgfalt eine Mitverantwortung treffen sollte (BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 - BVerwG 3 C 9.85 -, BVerwGE 74, 357).

72

Des Weiteren hat die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Sie muss sich die diesbezügliche Kenntnis ihrer Verfahrensbevollmächtigten entsprechend § 166 BGB zurechnen lassen. So hatte die Bezirksregierung Weser-Ems die A. GmbH bereits mit Schreiben vom 2. Februar 1995 ausdrücklich darauf hingewiesen:

"Es muss mit jedem Erzeuger ein Einzelvertrag geschlossen werden. Ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass nur mit Erzeugern oder Erzeugervereinigungen Anbauverträge geschlossen werden dürfen. Gemäß Art. 4 Abs. 1 erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 97/95 sind Anbauverträge mit Handelspartnern, die keine selbst angebauten Kartoffeln liefern, nicht zulässig."

73

Dementsprechend musste die Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin und damit sie selbst Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Bewilligung der Ausgleichszahlungen gehabt haben, zumindest aber infolge Außerachtlassens des Hinweises der Bewilligungsbehörde die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide grob fahrlässig nicht gekannt haben.

74

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht.

75

Die Verordnung (EG) Nr. 1868/94, die Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 und die Verordnung (EG) Nr. 97/95 enthalten keine Regelungen zur Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausgleichszahlungen für Erzeuger von Stärkekartoffeln.

76

Nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. Nr. L 312 S. 1) - im Folgenden: Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 - bewirkt jede Unregelmäßigkeit - eine solche liegt hier nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung vor - in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags. Die Anwendung dieser Maßnahme beschränkt sich gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung auf den Entzug des erlangten Vorteils, zuzüglich - falls dies vorgesehen ist - der Zinsen, die pauschal festgelegt werden können. Über § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG in Verbindung mit § 48 Abs. 2 - 4 VwVfG hinausgehende Vertrauensschutzregelungen sieht die Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 nicht vor.

77

Art. 14 der für die Wirtschaftsjahre vor dem 1. Januar 2002 geltenden Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 findet hier keine Anwendung. Er enthält Durchführungsbestimmungen zu dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 (ABl. Nr. L 355 S. 1) eingeführten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte Beihilferegelungen. Dieses ist für die abschließend in Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmten Beihilferegelungen in den Sektoren der pflanzlichen und tierischen Produktion eingeführt worden. Hiervon nicht umfasst ist die Beihilferegelung zugunsten der Erzeuger von Stärkekartoffeln. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Regelungen über das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem auf Grundlage des Art. 1 Abs. 2 der Verordnung für die Beihilferegelung zugunsten der Stärkekartoffelerzeuger zur Anwendung kommen. Entsprechendes gilt für Art. 49 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, die der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 nachfolgte.

78

Zwar gilt inzwischen nach Art. 17 UAbs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. Nr. L 270 S. 1) das integrierte System auch für die nunmehr in Art. 93 und 94 dieser Verordnung geregelte Beihilfe für Stärkekartoffeln. Art. 73 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 enthält Regelungen über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen. Jedoch gilt die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 nur für Beihilfeanträge, die sich auf ab dem 1. Januar 2005 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen (Art. 81 Abs. 2 der Verordnung).

79

Art. 73 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 kann auch nicht über Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 Anwendung finden, wonach bei späterer Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrecht-liche Sanktionen die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend gelten (sog. Günstigkeitsprinzip). Denn der (alleinige) Entzug eines rechtswidrig erlangten Vorteils durch Verpflichtung zur Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags nebst Zinsen stellt bereits keine Sanktion dar (Art. 4 Abs. 4 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95).

80

dd.

Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG wurde eingehalten. Sie beginnt erst dann zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dies ist erst dann der Fall, wenn sie ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, sachgerecht unter Berücksichtigung etwaiger Vertrauensgesichtspunkte über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1984 - GrSen 1/84, GrSen 2/84 -, BVerwGE 70, 356). Dies setzt regelmäßig eine durchgeführte Anhörung des Betroffenen voraus (BVerwG, Urteile vom 20. September 2001 - BVerwG 7 C 6.01 -, NVwZ 2002, 485 und vom 8. Mai 2003 - BVerwG 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174). Die Jahresfrist begann demnach nicht vor dem Zugang des Anhörungsschreibens vom 5. Oktober 2000 zu laufen. Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid erging bereits am 16. November 2000 und damit jedenfalls vor Ablauf der Jahresfrist.

81

ee.

Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide, soweit diese die Klägerin betreffen, ist auch nicht wegen Verjährung rechtswidrig.

82

Die Verfolgung einer Unregelmäßigkeit durch den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils im Sinne des Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 teilt sich im deutschen Recht, wenn der Vorteil auf der Grund-lage eines Bewilligungsbescheides gewährt worden ist, auf in die Rücknahme dieses Bescheides und die Rückforderung der nunmehr rechtsgrundlos gezahlten Beträge. Für den Teilakt der Rücknahme sieht das deutsche Recht eine längere Verjährungsfrist als in Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 der Verordnung vor, so dass nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung nationales Recht zur Anwendung kommt. Die Befugnis der Behörde zur Rücknahme des Bewilligungsbescheids ist nach überwiegender Auffassung unverjährbar (BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 3 C 4.10 -, Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. März 2000 - 1 S 1245/99 -, NVwZ-RR 2000, 589 und Beschluss vom 4. März 1996 - 10 S 2687/95 -, NVwZ-RR 1996, 214 [BVerwG 17.05.1995 - BVerwG 2 WD 5.95]; Hess. VGH, Urteil vom 24. September 1986 - 5 UE 704/85 -, NVwZ 1987, 993 [VGH Hessen 28.08.1986 - 5 TH 3071/84]; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 53 Rdnr. 15; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 53 Rdnr. 12; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl. 2010, § 53 Rdnr. 4; Schäfer, in Obermayer, VwVfG, 3. Aufl. 1999, § 53 Rdnr. 6; ). Auch wenn das deutsche Recht Unverjährbarkeit der Rücknahmebefugnis annimmt, enthält es eine - verneinende - Verjährungsregelung, deren Frist länger als die vierjährige Mindestfrist des Gemeinschaftsrechts nach Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 der Verordnung (vgl. BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010, a.a.O.). Aber selbst wenn man zugunsten der Klägerin von der Anwendbarkeit der in Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 bestimmten Verjährungsfrist ausgehen wollte, wäre die Frist - wie noch aufzuzeigen sein wird - gewahrt.

83

ff.

Da es im Fall der Rücknahme eines Bewilligungsbescheids - wie ausgeführt - maßgebend darauf ankommt, mit wem der Bewilligungsbescheid ein Rechtsverhältnis begründet hat (BVerwG, Beschluss vom 16. November 2009, a.a.O.), ist die Klägerin auch die richtige Adressatin der Rücknahme der Bewilligungsbescheide, soweit diese sie betreffen.

84

2.

Die Rückforderung der Ausgleichszahlungen in der festgesetzten Höhe ist ebenfalls rechtmäßig. Dabei ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rückforderung ebenfalls auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, mithin zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids der Beklagten am 13. Oktober 2006 abzustellen.

85

a.

Die Rückforderung findet ihre rechtliche Grundlage in § 10 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz, Abs. 3 MOG in Verbindung mit § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.

86

Gegen die rechnerische Ermittlung des Rückforderungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 1997/98 in Höhe von 63.506,38 DM bestehen keine Bedenken. Die Rückforderung ist nicht nach § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG in Verbindung mit § 818 Abs. 3 BGB wegen Wegfall der Bereicherung ausgeschlossen. Die Klägerin hat bereits nicht näher die Umstände dargelegt, aus denen eine Entreicherung folgen soll. Dem steht nicht entgegen, dass sie die für die von den Firmen C. und D. GbR gelieferten Kartoffeln von rd. 150,5 t bewilligte Ausgleichszahlung an die Firma C. weiterleitete, denn insoweit hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen.

87

b.

Der Rückforderungsanspruch war bei Erlass des angefochtenen Bescheids vom 16. November 2000 nicht verjährt. Bei diesem Rückforderungsanspruch handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (vgl. § 49a Abs. 2 VwVfG), welcher der Verjährung unterliegt.

88

Das Rechtsinstitut der Verjährung findet im öffentlichen Recht jedenfalls auf vermögensrechtliche Ansprüche Anwendung. Die Verjährungsfrist von vier Jahren nach Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 ist im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheids am 13. Dezember 2000 gewahrt. Diese Vorschrift findet mangels abweichender sektoraler Regelungen im Gemeinschaftsrecht Anwendung. Insbesondere ist die in dieser Vorschrift geregelte Verjährungsfrist auf verwaltungsrecht-liche Maßnahmen (Art. 4 der Verordnung) wie in Fällen der Rückforderung von Beihilfen anwendbar, die der Antragsteller infolge von Unregelmäßigkeiten (Art. 1 Abs. 2 der Verordnung) zu Unrecht erlangt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - C-201/10 u. a. [Ze Fu Fleischhandel und Vion Trading] -, [...]).

89

Der Anwendung dieser Bestimmung steht nationales Recht nicht entgegen. Zwar eröffnet Art. 3 Abs. 3 der Verordnung den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, längere Fristen als die in Art. 3 Abs. 1 und 2 der Verordnung vorzusehen. Hierbei wird den Mitgliedstaaten somit die Befugnis eingeräumt, sowohl längere Verjährungsfristen, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 bereits bestanden, weiterhin anzuwenden, als auch nach diesem Zeitpunkt neue Verjährungsregelungen mit längeren Fristen einzuführen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009, C-278/07 - 280/07 [Hauptzollamt Hamburg-Jonas gegen Josef Vosding Schlacht-, Kühl- und Zerlegebetrieb GmbH & Co., Vion Trading GmbH und Ze Fu Fleischhandel GmbH], Slg. 2009, I-457). Solche nationalen Verjährungsfristen können sich nicht nur aus einer spezifischen nationalen Bestimmung, sondern auch aus Auffangregelungen ergeben, die dem Erlass der genannten Verordnung vorausgegangen sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009, a.a.O.). Eine solche abweichende Regelung durch nationales Recht liegt hier nicht vor. Weder das MOG noch sektorale Bestimmungen des nationalen Rechts - etwa die Kartoffelprämienverordnung - sehen Regelungen über die Verjährung von Erstattungsansprüchen vor.

90

Ob die Vorschrift des § 195 BGB in seiner bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) geltenden Fassung (im Folgenden: BGB a. F.) eine Auffangregelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 29. Januar 2009, a.a.O.) darstellt und auf die hier vorliegende Rückforderung von zu Unrecht gewährten Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger entsprechende Anwendung findet, kann der Senat offen lassen. Eine entsprechende Anwendung dieser Frist scheitert bereits aus anderen Gründen: Der Europäische Gerichtshof hat mit vorgenanntem Urteil vom 5. Mai 2011 zu Fällen der Rückforderung von Ausfuhrerstattungen entschieden, dass es (unter den gegebenen rechtlichen Umständen in der Bundesrepublik Deutschland) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den Mitgliedstaaten verwehrt, im Rahmen des Gebrauchs der ihnen durch Art. 3 Abs. 3 der Verordnung eröffneten Möglichkeit eine 30-jährige Verjährungsfrist auf Rechtsstreitigkeiten über die Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Erstattungen anzuwenden. Er hat ferner entschieden, unter den gegebenen Umständen wäre es mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren, dass sich eine "längere" Verjährungsfrist im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der Verordnung aus einer allgemeinen Verjährungsfrist ergeben kann, die durch die Rechtsprechung verkürzt wird, damit sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (noch) genügt, weil jedenfalls die vierjährige Verjährungsfrist des Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 der Verordnung unter diesen Umständen anwendbar ist. Verstößt hiernach eine 30-jährige Verjährungsfrist gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und darf eine solche unverhältnismäßige Verjährungsfrist aus Gründen der Rechtssicherheit auch nicht auf ein Maß verkürzt werden, damit sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch entspricht, so ist hieraus zu folgern, dass hinsichtlich der Rückforderung von Ausfuhrerstattungen das nationale Recht - vor allem die Regelungen des BGB a. F. und dort die Vorschrift des § 195 - keine im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 längere Verjährungsfristen vorsieht (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 22. Juni 2011 - 4 K 80/11 - , [...]). Mangels abweichender Regelungen sind diese Grundsätze auf die Fälle der Rückforderung von Ausgleichszahlungen zugunsten der Stärkekartoffelerzeuger heranzuziehen.

91

Nach Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 1 der Verordnung beginnt die Verjährungsfrist bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten an dem Tag, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird. Hier hat die Klägerin eine andauernde oder wiederholte Unregelmäßigkeit begangen. Im Sinne dieser Vorschrift ist eine Unregelmäßigkeit andauernd oder wiederholt, wenn sie von einem Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft begangen wird, der wirtschaftliche Vorteile aus einer Gesamtheit von ähnlichen Geschäften zieht, die gegen dieselbe Vorschrift des Gemeinschaftsrechts verstoßen. Dabei ist unerheblich, dass die Unregelmäßigkeit sich auf einen verhältnismäßig kleinen Teil aller in einem bestimmten Zeitraum getätigten Geschäfte bezieht und dass die Geschäfte, bei denen die Unregelmäßigkeit festgestellt wird, immer andere Partien betreffen (EuGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - C-279/05[Vonk Dairy Products] -, Slg. 2007, I-239). Die Klägerin hat (durch ihre Verfahrensbevollmächtigte) in sämtlichen Anträgen auf Gewährung von Ausgleichszahlungen für Stärkekartoffelerzeuger unrichtige Angaben über ihre (vermeintliche) Eigenschaft als Erzeugerin von Stärkekartoffeln gemacht und dabei gegen dieselbe Vorschrift des Gemeinschaftsrecht, nämlich Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 verstoßen. Da diese wiederholte Unregelmäßigkeit nicht vor der letzten Antragstellung am 17. März 1998 endete und die in Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 vorgesehene Verjährungsfrist nicht zuvor zu laufen begonnen hat, ist diese Frist im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheids über die Rückforderung vom 16. November 2000 gewahrt.

92

3.

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten gefunden hat, Zinsen auf die Rückforderungsbeträge dem Grunde nach festsetzt werden, kann die Klägerin nicht die Aufhebung dieser Regelung beanspruchen.

93

a.

Zunächst hat die Bezirksregierung Weser-Ems eine verbindliche Regelung über die Erhebung von Zinsen dem Grunde nach getroffen. Ob ein Verwaltungsakt vorliegt und welchen Inhalt er hat, richtet sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Adressaten oder der erlassenden Behörde. Maßgebend ist entsprechend der Auslegungsregel des § 133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (sog. objektiver Erklärungswert - vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 -, BVerwGE 115, 274). Dabei sind auch die Begleitumstände einzubeziehen (BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 13.04 -, Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 32). Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 -, BVerwGE 135, 209). Bei belastenden Maßnahmen sind unter dem Gesichtspunkt der Formenklarheit strenge Anforderungen für das Vorliegen eines Verwaltungsakts aufzustellen. Es muss unmissverständlich erkennbar werden, dass eine den Adressaten bindende Regelung getroffen werden soll, die in Bestandskraft erwachsen kann; auch insoweit gehen Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung (vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 35 Rdnr. 73).

94

Gemessen hieran ist durch den angefochtenen Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), verbindlich eine Verzinsungspflicht auf den Rückforderungsbetrag dem Grunde nach durch feststellenden Verwaltungsakt geregelt worden. Ein feststellender Verwaltungsakt liegt vor, wenn die Behörde den Eintritt oder den Nichteintritt normativ geregelter Rechtsfolgen verbindlich festgestellt hat. Dass eine solche verbindliche Feststellung gewollt ist, kann sich unter anderem aus dem Wortlaut der behördlichen Äußerung, ihrem Zusammenhang und daraus ergeben, dass eine derartige Feststellung in einem Gesetz vorgesehen ist (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2003 - BVerwG 6 C 17.02 -, BVerwGE 118, 226).

95

Der Verbindlichkeit der getroffenen Feststellung zur Verzinsungspflicht steht nicht entgegen, dass sie nicht in den Bescheidausspruch, sondern im Anschluss an die Begründung des Bescheides aufgenommen worden ist. Hieraus kann nicht allgemein eine hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts, die §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 37 Abs. 1 VwVfG verlangen, verneint werden. Rechtliche Bedenken aufgrund einer Aufspaltung in einen Zinsgrund- und einen späteren Zinshöhebescheid bestehen nicht (BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 3 C 4.10 -, Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3). Auch kann in diesem Zusammenhang hier nicht davon ausgegangen werden, dass der Ausspruch über die Verzinsungspflicht dem Grunde nach überraschend erfolgt ist oder nur "beiläufig erscheint". Vielmehr wird in dem Widerspruchsbescheid ebenso wie hinsichtlich der anderen Regelungen die Feststellung zur Verzinsungspflicht durch eine auffällige Überschrift ("II. Zahlungsbetrag und Zinsen") hervorgehoben. Der Umstand, dass die Klägerin in diesem Passus nicht ausdrücklich als Verpflichtete genannt wird, rechtfertigt nicht die Annahme, es habe lediglich ein unverbindlicher Hinweis auf die Rechtslage erfolgen sollen. Denn aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt ausgesprochenen Rückforderung von Ausgleichszahlungen ist den Beteiligten aufgrund der zwingenden Bestimmung des § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG bekannt gewesen, dass die Klägerin dem Grunde nach verpflichtet war, Ansprüche auf Erstattung besonderer Vergünstigungen zu verzinsen (vgl. auch Senatsurteil vom 18. Januar 2011 - 10 LC 286/08 -, AUR 2011, 151).

96

b.

Die Zinsfestsetzung findet ihre rechtliche Grundlage in § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG. Dessen Voraussetzungen liegen hier dem Grunde nach vor.

97

Die Festsetzung der Zinsen nur dem Grunde nach ist nicht zu unbestimmt. Die nötige Bestimmtheit ergibt sich hinsichtlich des Zinssatzes und des Zinszeitraums aus der Begründung, hinsichtlich der zu verzinsenden Hauptforderung aus dem verfügenden Teil des Bescheids über den zu erstattenden Betrag. Dass sich die Behörde vorerst mit der verbindlichen Feststellung der Zinspflicht dem Grunde nach begnügte, schadet nicht; es ist nicht ermessensfehlerhaft, die Berechnung des Zinsbetrags erst später vorzunehmen und einem gesonderten Zinsbescheid vorzubehalten. Die Klägerin hatte es in der Hand, durch Befriedigung der Hauptforderung das Auflaufen weiterer Zinsen zu verhindern (BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010, a.a.O.).

98

Die Zinsen durften nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG auch bereits ab Empfang der Leistungen festgesetzt werden. Art. 4 Abs. 2 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 steht dem nicht entgegen. Danach können im Fall einer - hier gegebenen - Unregelmäßigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 der Verordnung neben dem Entzug des erlangten Vorteils, falls dies vorgesehen ist, Zinsen erhoben werden, die pauschal festgelegt werden können. Wie Art. 3 Abs. 1 der Verordnung zeigt, erfasst dies den Zeitraum seit Begehung der Unregelmäßigkeit, also von der Zuwendung an. Das Gemeinschaftsrecht geht demzufolge von einem rückwirkenden Entzug des erlangten Vorteils und - sofern eine solche vorgesehen ist - von einer rückwirkenden Verzinsungspflicht aus (BVerwG, Teilurteil vom 21. Oktober 2010, a.a.O.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 (Günstigkeitsprinzip) in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 und 3 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, weil die letztgenannte Verordnung hier nicht anwendbar ist und der Hauptforderung ein Sanktionscharakter nicht zukommt.

99

Die festgesetzten Zinsen verletzen die Klägerin der Höhe nach (3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem seit dem 1. Januar 1999 gültigen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank) nicht in ihren Rechten.

100

4.

Der Kostenfestsetzungsbescheid der Landwirtschaftskammer Hannover vom 29. Juli 2005 erweist sich hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.917,34 EUR als rechtmäßig; nur hinsichtlich dieses Betrages ist dieser Bescheid nach der teilweisen Rücknahme der Berufung der Beklagten noch Gegenstand des Berufungsverfahrens. Der Bescheid beruht auf §§ 1 Abs. 1 Buchst. b, 5, 6, 12 Abs. Satz 1 Nds. Verwaltungskostengesetz vom 7. Mai 1962 (Nds. GVBl. S. 172) in der Fassung des Gesetzes vom 05. November 2004 (Nds. GVBl. S. 394) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 des Gesetzes und § 1 Abs. 1 und 2, lfd. Nr. 75 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen vom 5. Juni 1997 (Nds. GVBl. S. 171) in der Fassung der Verordnung vom 19. März 2003 (Nds. GVBl. S. 156, ber. S. 312) und unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

101

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Soweit die Beklagte ihre Berufung hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 8,44 EUR zurückgenommen hat, entspricht dies einem nur geringfügigen Unterliegen der Beklagten im Sinne der genannten Vorschrift.