Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.05.1997, Az.: 16 Sa 2335/96
Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Einlegung eines Widerspruchs gegen den Bescheid zur Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 30.05.1997
- Aktenzeichen
- 16 Sa 2335/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 10769
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1997:0530.16SA2335.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Lüneburg - 14.11.1996 - AZ: 2 Ca 349/96
Rechtsgrundlagen
- § 59 BAT
- § 59 MTA BAT
Fundstelle
- ZTR 1997, 517 (amtl. Leitsatz)
Prozessführer
...
Prozessgegner
....
Amtlicher Leitsatz
Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 59 Abs. 1 BAT bzw. § 59 MTA tritt nicht ein, wenn die Angestellte Widerspruch gegen den Bescheid der BfA zur Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente mit dem Ziel einlegt, nur eine befristete Rente zu erhalten und den Arbeitgeber darüber unverzüglich unterrichtet.
In dem Rechtsstreit
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
den ehrenamtlichen Richter ... und
die ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 14.11.1996, Az.: 2 Ca 349/96, abgeändert.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 31.12.1995 geendet hat.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der Klage die Feststellung, daß ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten nicht mit Ablauf des 31.12.1995 geendet hat.
Die am 06.10.1948 geborene Klägerin ist seit dem 01.10.1974 bei der Beklagten in deren Dienststelle Arbeitsamt Uelzen mit einer Brutto Vergütung von zuletzt ca. 4.500,00 DM als Angestellte beschäftigt. In dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag haben diese vereinbart, daß auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) Anwendung findet.
Mit Antrag vom 18.09.1995 beantragt die Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit.
Nachdem die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Klägerin mit Schreiben vom 27.10.1995 aufgefordert hatte, einen Vordruck von ihrem Arbeitgeber ausfüllen zu lassen, schrieb die Klägerin mit Schreiben vom 10.11.1995 an die Beklagte:
Mitteilung zur Kenntnisnahme bzw. Erledigung
Aufgrund meiner fortdauernden Arbeitsunfähigkeit und dem bevorstehenden Ende der Krankengeldzahlung habe ich beim Rentenversicherungsträger, der ..., einen Antrag auf "Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit" gestellt. Ich bitte um entsprechende Erfassung.
Als Anlage füge ich eine Anfrage des Rentenversicherungsträgers zur Beantwortung durch den Arbeitgeber bei mit der Bitte, mir diese möglichst kurzfristig zu erstellen und wieder zuzusenden.
Durch Bescheid der BfA vom 29.11.1995 wurde der Klägerin rückwirkend ab 01.09.1995 eine Erwerbsunfähigkeitsrente unbefristet gewährt. Mit Schreiben vom 15.12.1995 teilte die Klägerin der Beklagten die Rentenbewilligung mit und schrieb u. a. folgendes:
Als Anlage übersende ich eine beglaubigte Kopie des mir zugestellten Rentenbescheides auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Im Hinblick auf die weitere Bearbeitung gebe ich zur Kenntnis, daß gegen den Bescheid der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, ohne zeitliche Befristung, termingerecht Widerspruch eingelegt wurde. Der Widerspruch zielt darauf ab, den Bescheid in eine befristete Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit zu korrigieren.
Mit Schriftsatz vom 20.12.1995 erhob die Klägerin sodann fristgerecht Widerspruch mit dem Ziel, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit zu erhalten.
Mit Schreiben vom 20.12.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß aufgrund der Vorschrift des§ 59 MTA das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.1995 endet. Die Parteien führten daraufhin Schriftverkehr. Wegen des Inhalts der Schreiben, vom 20.12.1995, 28.12.1995 und 13.01.1996 wird auf diese (Bl. 6-9 d.A.) verwiesen.
Durch Bescheid vom 06.05.1996 wurde auf den Widerspruch ein neuer Rentenbescheid erstellt, wonach der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 01.09.1995 bis 31.12.1997 befristet gewährt wurde. Wegen des Inhaltes des Rentenbescheides wird auf diesen (Bl. 51-62 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund der Vorschrift des § 59 MTA nicht beendet sei, da aufgrund des Widerspruches gegen den ursprünglichen Rentenbescheid nur eine Rente auf Zeit gewährt sei.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht mit Ablauf des 31.12.1995 geendet hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Tarif Vorschrift des § 59 MTA berufen, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem der Rentenbescheid zugehe. Auf die Rechtskraft des Bescheides komme es nicht an.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 14.11.1996 wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und der Streitwert auf 13.500,00 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, daß aufgrund der wirksam von den Betriebsvertragsparteien geschaffenen Regelung des § 59 MTA das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des Monats ende, in dem der Rentenbescheid einer unbefristeten Rente zugehe. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (Bl. 96-101 d.A.) verwiesen.
Das Urteil vom 14.11.1996 wurde der Klägerin am 29.11.1996 zugestellt.
Hiergegen legte diese am 20.12.1996 Berufung ein und begründete diese mit einem am 20.01.1997 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.
Zur Begründung führt die Klägerin aus, sie habe von vornherein nur einen Antrag auf befristete Rente stellen wollen. Da aber nach Auskunft ihres Rentenberaters der Antrag nur einheitlich auf Erwerbsunfähigkeitsrente/Berufsunfähigkeitsrente möglich sei, ohne diesen eingrenzen zu können, sei der Antrag in der allgemeinen Form gestellt worden. Die Zuerkennung einer Dauerrente sei aber fehlerhaft, wie der korrigierende Rentenbeschluß zeige. Aufgrund des fehlerhaften Rentenbescheides könne das Arbeitsverhältnis aber nicht zu Ende gehen.
Die Regelung des § 59 MTA könne nicht dazu führen, daß für den Fall, daß letztlich nur eine befristete Rente gewährt würde, der Arbeitsplatz der Klägerin verloren gehe. Eine solche Regelung sei nicht interessengerecht, weil der Arbeitsplatz der Klägerin einerseits verlorengehe, andererseits bei Beendigung der Rente die Klägerin nicht abgesichert sei. Das Arbeitsverhältnis könne deshalb nur zum Ruhen gebracht sein, wie es bei der Gewährung einer befristeten Rente vorgesehen ist.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 14.11.1996, Az.: 2 Ca 349/96, festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht mit Ablauf des 31.12.1995 geendet hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 20.02.1997. Hierauf wird verwiesen (Bl. 135-137 d.A.).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung in dieser vermögensrechtlicher Streitigkeit ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 800,00 DM offenkundig übersteigt. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Die Berufung ist jedoch begründet, da das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Ablauf des 31.12.1995 beendet worden ist. Für die Feststellung besteht ein Rechtsschutzinteresse, da die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat, daß ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet worden ist, weil die Beklagte die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses behauptet und damit Streit zwischen den Parteien über den Bestand eines Rechtsverhältnisses besteht.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht gemäß der Vorschrift des § 59 MTA beendet worden.
Diese Vorschrift findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, da die Parteien dies im Arbeitsvertrag vereinbart haben.
Gemäß § 59 MTA endet das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, wenn durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt wird, daß der Angestellte berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist, sofern der Angestellte eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat. Für die Fälle der Gewährung einer befristeten Rente ist in dieser Vorschrift geregelt, daß in diesem Falle das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten ruht ab dem Zeitpunkt, ab dem bei einer unbefristeten Rente das Arbeitsverhältnis enden würde, und zwar bis zu dem Tage, bis zu dem die befristete Rente bewilligt ist. Schließlich ist im § 59 Abs. 5 geregelt, daß nach Wiederherstellung der Berufsunfähigkeit der Angestellte, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Abs. 1 Unterabs. 2 bereits unkündbar war, auf Antrag bei seiner früheren Dienststelle wieder eingestellt werden soll, wenn dort ein für ihn geeigneter Arbeitsplatz frei ist.
Zwar ist vorliegend der Klägerin ein Rentenbescheid wegen Erwerbsunfähigkeit im Dezember 1995 auf ihren Antrag hin zugegangen. Dieses führt jedoch vorliegend nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt hat mit der Begründung, daß sie nur eine befristete Erwerbsunfähigkeitsrente haben wolle, so daß die Klägerin letztlich bei dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nach dem 31.12.1997 keinen Rentenanspruch mehr hat und damit die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Wege einer Tarifautomatik nicht erfolgen kann.
Zwar ist der Beklagten einzuräumen, daß § 59 MTA vom Wortlaut her die Auslegung zuläßt, daß das Arbeitsverhältnis einer Angestellten mit Ablauf des Monats von selbst endet, in dem der Bescheid über eine Erwerbsunfähigkeitsdauerrente zugestellt wird. Gleichzeitig werden aber in der Vorschrift des § 59 die Voraussetzungen genannt, unter denen dieses nur möglich sein kann, nämlich unter der Voraussetzung, daß die Klägerin eine Dauerrente erhält sowie eine Zusatzversorgung, für die der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat.
Da die Klägerin aber diese Dauerrente tatsächlich nicht erhält, ist eine Auslegung der Vorschrift des § 59 MTA geboten, ob auch für diese Fälle am automatischen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festzuhalten ist.
Die Auslegung eines normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regelungen, wobei zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen ist. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Regelung zu erforschen, ohne am Buchstaben haften zu bleiben. Der Wille der Vertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist darüber hinaus auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Darüber hinaus können unter Umständen zusätzlich weitere Kriterien herangezogen werden wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages oder auch eine praktische Tarifübung. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (so: Ständige Rechtsprechung des BAG in AP Nr. 1 zu § 27 MTL II, AP Nr. 10 zu§ 47 BAT, AP Nr. 1 zu § 2 TVRatAng, AP Nr. 17 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk sowie AP Nr. 7 zu § 29 BAT).
Unter Beachtung des tariflichen Gesamtzusammenhanges folgt, daß das Arbeitsverhältnis eines Angestellten ohne Kündigung regelmäßig nur dann von selbst enden soll, wenn der Angestellte laufend Bezüge aus der Rentenversicherung oder entsprechende Versorgung auf Dauer erhält. Nur unter dieser Voraussetzung können Bedenken unter Kündigungsgesichtspunkten zurückgestellt werden, wenn das Arbeitsverhältnis kraft auflösender Bedingung durch Eintritt der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 59 MTA endet. Der Verlust des Bestandsschutzes eines Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer auch unter Beachtung des Auflösungsinteresses des Arbeitgebers bei verminderter Leistungsfähigkeit wegen der damit verbundenen sozialen Schlechterstellung nur dann zumutbar, wenn an die Stelle der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis ein Rentenanspruch tritt, der zudem bei der kurzfristigen Beendigung nach § 59 Abs. 1 MTA außerdem noch durch die Zusatzversorgung abgedeckt ist. Aus diesem Grunde hat die Rechtsprechung auch regelmäßig geprüft, ob tatsächlich ein sachlicher Grund für die auflösende Bedingung nach § 59 MTA gegeben ist (vgl. BAG in AP Nr. 9 zu§ 7 BUrlG Abgeltung, AP Nr. 4 zu § 59 BAT in ZTR 92, 425 [BAG 09.10.1991 - 6 AZR 443/89]).
Würde demzufolge das Arbeitsverhältnis gemäß § 59 MTA enden, ohne daß eine Dauerrente gesichert ist und darüber hinaus die zusätzliche Zusatzversorgung auf Dauer gezahlt wird, so bestehen im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz des Sozialstaatsprinzips, der im Kündigungsschutzrecht seinen Ausdruck findet, rechtliche Bedenken an der Wirksamkeit der Regelung. Würde ein Arbeitnehmer nämlich allein aufgrund eines Bescheides bezüglich der Erwerbsunfähigkeitsrente aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, ohne daß auf Dauer gewährleistet ist, daß die Rente wie auch die Zusatzrente gezahlt wird, so würde das Arbeitsverhältnis enden, ohne daß der Arbeitnehmer trotz langer Betriebszugehörigkeit sich gegen die Berechtigung der Kündigung zur Wehr setzen kann, womit seine soziale Absicherung nur eingeschränkt gewährleistet ist. Die Tarifvertragsparteien sind aber nicht berechtigt, den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses unangemessen einzuschränken. Da davon auszugehen ist, daß die Tarifvertragsparteien dieses such nicht gewollt haben, was insbesondere dadurch zum Ausdruck kommt, daß zur Voraussetzung für die Beendigung gemacht wird, daß der Arbeitnehmer die Rente aucherhält, ist davon auszugehen, daß die tarifliche Vorschrift das Arbeitsverhältnis automatisch nur beenden lassen will, wenn tatsächlich die Rentenzahlung mit der entsprechenden Versorgung gewährleistet ist. Dies ergibt sich auch daraus, daß gemäß der Vorschrift des § 60 MTA eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann erfolgen kann, wenn der Angestellte das 65. Lebensjahr vollendet hat und damit sicher ist, daß eine Rente gezahlt wird.
Vorliegend ist der ursprüngliche Rentenbescheid durch Bescheid vom 06.05.1996 abgeändert, so daß eine Dauerrente nicht gezahlt wird. Damit sind aber die Voraussetzungen gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 nicht gegeben. Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 5 gilt vielmehr für diese Fälle, daß das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn nur eine befristete Rente gewährt wird. Rechtsfolge ist davon lediglich das Ruhen des Arbeitsverhältnisses, was vorliegend tatsächlich eingetreten ist.
Das Ergebnis dieser Auslegung ist auch interessengerecht und wird sowohl den Belangen der Arbeitnehmerin wie auch des Arbeitgebers gerecht. Die Regelung des Tarifvertrages, daß bereits die Gewährung der Rente die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Bescheid rechtskräftig geworden ist, verdient keinen besonderen Vertrauensschutz auf Arbeitgeberseite. Die Versicherte kann nämlich ihren Rentenantrag grundsätzlich jedenfalls bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung des Widerspruches gegen einen bereits erlassenen Rentenbescheid zurücknehmen. Erst recht kann sie Widerspruch einlegen mit der Begründung, daß die Rente in dieser Form nicht zu gewähren ist. Die Versicherte kann nämlich innerhalb der Widerspruchsfristüberlegen, ob sie den Rentenbescheid angreift, um zum Beispiel einen früheren Beginn oder einen höheren Zahlbetrag der Rente zu erreichen oder eine andere Art. der Gewährung der Rente. Es erscheint deshalb auch sachgerecht, hier nicht nur die Möglichkeit einzuräumen, den Widerspruch auch tatsächlich vorzunehmen, sondern sogar durch Rücknahme des Rentenantrages gegebenfalls ein für sie insgesamt günstigeres Ergebnis zu erzielen. Tatsächlich kann erst nach Erhalt des Rentenbescheides das genaue Ausmaß der gewährten Leistung erkannt werden. Der Bescheid über die Rente wird deshalb erst dann bindend, wenn er unanfechtbar geworden ist. Die Arbeitnehmerin hat deshalb solange Dispositionsfreiheit bezüglich ihres Rentenantrages, solange er unanfechtbar geworden ist (so: Urteil des Bundessozialgerichtes vom 09.08.1995, Az.: 13 RJ 43/94 in BSGE 76, 218 ff).
Dieser Auffassung des Bundessozialgerichtes schließt sich die erkennende Kammer aus den dort genannten Gründen an. Dieses gilt auch insbesondere, weil die Klägerin von vornherein die Beklagte darauf hingewiesen hat, daß sie lediglich die befristete Gewährung einer Rente anstrebt, darüber hinaus sofort mitgeteilt hat, daß sie Widerspruch einlegen werde aufgrund der Gewährung einer Dauerrente. Ein irgendwie gearteter Vertrauensschutz seitens der Beklagten konnte deshalb nicht entstehen, da sie jederzeit damit rechnen mußte, daß die Rente nicht auf Dauer gewährt ist. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Mitarbeiterin unverzüglich mitteilt, daß sie sich gegen den Rentenbescheid wehren wolle mit dem Ziel, nur eine befristete Rente zu erreichen, kann es deshalb nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommen. Im übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Tarif Vertragsparteien wollten, daß auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt, wie vorliegend die Gewährung der Dauerrente, Rechtsfolgen entfaltet zu Lasten der Arbeitnehmerin, ohne dieser gleichzeitig Ansprüche auf die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung des Rentenbezuges wieder einzuräumen.
Die insoweit vorhandene Regelung des § 59 Abs. 5 MTA gibt der Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung, da es sich hierbei einerseits um eine Sollvorschrift handelt, andererseits eine Voraussetzung ist, daß ein geeigneter Arbeitsplatz frei ist.
Demzufolge hat vorliegend die Beklagte die zulässigen Dispositionen der Klägerin gegen sich gelten zu lassen. Vorliegend sind lediglich die Rechtsfolgen eingetreten, daß das Arbeitsverhältnis vom 01.01.1996 bis 31.12.1997 ruhend gestellt ist (im Ergebnis ebenso: Urteil des LAG Miedersachsen vom 10.10.1996 (Az.: 14 (11) Sa 1025/96 in ZTR 97, 227 [BAG 06.11.1996 - 5 AZR 498/95], nicht rechtskräftig, sowie Urteil des LAG Niedersachen vom 25.10.1994, Az.: 6 Sa 747/94, rechtskräftig, sowie Urteil des LAG Niedersachsen vom 23.05.1997, Az.: 16 Sa 825/96, nicht rechtskräftig).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.