Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.03.1997, Az.: 1 TaBV 4/97
Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 27.03.1997
- Aktenzeichen
- 1 TaBV 4/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 14084
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1997:0327.1TABV4.97.0A
In dem Rechtsstreit
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 1997
durch
den Präsidenten des Landesbeitsgerichts
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin (Bet. zu 2 und 3) wird unter Zurückweisung der Beschwerde des Betriebsrats (Bet. zu 1) der Beschluß des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 04. Dezember 1996 - 3 BV 94/96 - abgeändert.
Der Antrag des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob auf Antrag des Betriebsrates (Bet. zu 1) die Beschwerden mehrerer Arbeitnehmer von einer nach § 85 Abs. 2 BetrVG zu bildenden Einigungsstelle zu behandeln sind. Die Arbeitgeberin (Bet. zu 2 und 3) betreibt in ihren Unternehmen Wohnungsverwaltung und Immobiliengeschäfte. Der Betriebsrat beansprucht aus dem selben Sachverhalt in einem weiteren Beschlußverfahren - 1 TaBV 8/97 - ein Mitbestimmungsrecht zum Ordnungsverhalten aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG 1972 und fordert auch hieraus das Zusammentreten einer Einigungsstelle.
Mit Schreiben vom 08. August 1996 (Bl. 5 d.A.) wandten sich sieben Arbeitnehmer der Wohnungsverwaltung der Arbeitgeberin an den Betriebsrat mit der Bitte, für sie gemeinschaftlich tätig zu werden. Die Arbeitnehmer fürchteten um Nachteile für einzelne von ihnen, wenn sie sich persönlich gegen die Anweisung der Arbeitgeberin zur Wehr setzten, künftig neben ihrer eigentlichen Tätigkeit für das Busreiseunternehmen ... aus deren Angebot bei den Mietern für Reisen zu werben bzw. diese zu vermitteln, Buchungen entgegenzunehmen und weiterzuleiten. In dem genannten Schreiben heißt es weiter:
... "Wir sind der Auffassung, daß diese völlig artfremden Tätigkeiten nicht zu unserem Tätigkeitsfeld gehören und somit auch nicht durch die Arbeitsverträge abgedeckt sind. Wir gehen auch davon aus, daß diese grundlegenden Änderungen nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegen und betriebsverfassungsrechtlich der Betriebsrat eingeschaltet werden muß.
Alle Mitarbeiter der betroffenen Abteilung sind sich aus vielerlei Gründen einig, unter anderem wegen des nicht definierbaren Zeitaufwandes, diese Tätigkeiten nicht auszuüben". ...
Der Betriebsrat beanstandete mit Schreiben vom 09. August 1996 (Bl. 17 d.A.) seine fehlende Unterrichtung über die Änderung des Tätigkeitsfeldes in Richtung "Reisevertretung der ..." kündigte den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung an und teilte mit, daß er die Mitarbeiter über ihr Leistungsverweigerungsrecht unterrichtet habe. Dem trat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 12. August 1996 entgegen (Bl. 18 f d.A.), wogegen sich der Betriebsrat mit seiner Antwort vom 13. August 1996 (Bl. 20 d.A.) wandte. Unter dem 23. August 1996 gab die Arbeitgeberin eine Dienstanweisung für Mitarbeiter/innen der Wohnungsverwaltung heraus, in der die Zusammenarbeit mit der Firma ... im einzelnen geregelt wurde. Danach sind Kataloge dieser Firma in den Räumen mit Publikumsverkehr auszulegen und an jedem Arbeitsplatz bereitzuhalten. Ferner sind Hinweisplakate auf die Vermittlung der Reisen aufzuhängen, um bei Interesse Anmeldeformulare für die Mieter auszufüllen und der Firma ... weiterzuleiten.
Zu den Einzelheiten der Dienstanweisung wird auf Bl. 7 d.A. verwiesen. Der Betriebsrat hat sich schriftlich am 06. September 1996 hierzu (Bl. 6 d. A.) gegenüber der Arbeitgeberin hierzu erklärt und die Arbeitsanweisung vom 23. August 1996 beanstandet. Dazu heißt es auszugsweise im genannten Schreiben:
... "Wie wir bereits in unserem Schreiben vom 09.08.1996 erwähnt haben, ist der Betriebsrat bisher nicht ordnungsgemäß von Ihnen unterrichtet worden bzw. sind Verhandlungen mit uns geführt worden". ...
"Ferner halten wir die im Mitarbeiterschreiben an den Betriebsrat vom 08.08.1996 erhobene Beschwerde über die Anweisungen des Arbeitgebers für berechtigt und bitten auch insoweit mit uns gemäß § 85 BetrVG die Verhandlungen mit dem Ziel der Abhilfe aufzunehmen. Dieses Gespräch könnte am 10.09.1996 im Anschluß geführt werden".
In seiner Sitzung vom 17. September 1996 erklärte der Betriebsrat die Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite für gescheitert und entschied, ein Beschlußverfahren zur Bildung einer Einigungsstelle einzuleiten (Bl. 8 d.A.). Mit der Antragsschrift vom 22. Oktober 1996 hat der Betriebsrat beantragt,
- 1.
der Richter am Bundesarbeitsgericht wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Beschwerde der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungsverwaltung" bei dem Antragsgegner bestellt;
- 2.
die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, daß eine Einigungsstelle nach § 85 Abs. 2 BetrVG 1972 offensichtlich unzuständig sei. Im übrigen hätte der Betriebsrat die erst in Zukunft möglicherweise eintretenden Beeinträchtigungen als Beschwerden der Mitarbeiter behandelt, nachdem er zuvor dies gegenüber der Arbeitgeberin nur als Anregung vorgetragen habe.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 04. Dezember 1996 die Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters am Bundesarbeitsgericht ... mit jeweils einem Beisitzer auf jeder Seite eingesetzt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig, da die im Schreiben vom 08. August 1996 erkennbaren Beschwerden der Mitarbeiter gegen die Anweisung der Arbeitgeberin nicht allein die Rechtsfrage behandelten, ob die Anweisung vom Direktionsrecht gedeckt sei, sondern auch die Umstände der Ausführungen, insbesondere den damit verbundenen Zeitaufwand zum Gegenstand hätten. Bezogen auf den Regelungsgegenstand genüge indessen die Besetzung der Einigungsstelle mit jeweils einem Beisitzer.
Gegen den dem Betriebsrat am 18. Dezember 1996 und der Arbeitgeberin an 17. Dezember 1996 zugestellten Beschluß des Arbeitsgerichts haben die Arbeitgeberin am 17. Januar 1997 und der Betriebsrat am 20. Januar 1997 (Montag) Beschwerde eingelegt. Der beschwerdeführende Betriebsrat hat seine Beschwerde am 30. Januar 1997, die beschwerdeführende Arbeitgeberin hat ihr Rechtsmittel am 03. Februar 1997 jeweils durch einen beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Betriebsrat folgt im wesentlichen der Entscheidung des Arbeitsgerichts, hält indessen die Regelbesetzung der Einigungsstelle mit zwei Beisitzern für erforderlich.
Er beantragt,
den Beschluß des Arbeitsgerichts teilweise abzuändern und weitergehend die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf je zwei festzusetzen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und den Antrag des Betriebsrates sowie seine Beschwerde zurückzuweisen.
Das Begehren des Betriebsrates liefe auf ein abstraktes Rechtsgutachten der Einigungsstelle zu der Rechtsfrage hinaus, ob die von der Dienstanweisung betroffenen Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung zu Gunsten eines anderen Unternehmens herangezogen werden könnten. Dies sei unzulässig. Belastungen für die Mitarbeiter seien aufgrund der Dienstanweisung nicht eingetreten, da bis zum Zeitpunkt des Anhörungstermins vor dem Landesarbeitsgericht noch nicht ein einziger Mieter die Reisevermittlung in Anspruch genommen hatte. Im übrigen stehe die optische Präsenz des Reiseunternehmens ... in ihren Räumen im Vordergrund. Größerer Zeitaufwand für dritte Unternehmen zu Lasten ihrer Mitarbeiter stünden im Widerspruch zu ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
Zu den Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Beteiligten im zweiten Rechtszug werden die eingereichten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift des Anhörungstermins vom 27. März 1997 in Bezug genommen.
Gründe
II.
Die Beschwerden beider Beteiligten sind statthaft und zulässig. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet und führt zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses. Der Antrag des Betriebsrates ist zurückzuweisen, denn die Einigungsstelle ist zur Behandlung der Beschwerden nach § 85 Abs. 2 BetrVG offensichtlich unzuständig. Infolgedessen kann die Beschwerde des Betriebsrates keinen Erfolg haben.
1.
Die Beschwerden sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
a)
Für den besonderen Fall der gerichtlichen Bestellung einer Einigungsstelle nach § 98 ArbGG ist im Gesetz eine von der im Beschlußverfahren sonst maßgebenden Monatsfrist (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) abweichende Rechtsmittelfrist von nur zwei Wochen für die Einlegung und Begründung der Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung vorgesehen (§ 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Diese gesetzlichen Fristen haben beide Beschwerdeführer nicht beachtet.
b)
Die Beschwerden sind gleichwohl zulässig, da sie die vom Arbeitsgericht in der Rechtsmittelbelehrung vorgegebenen Fristen einhalten.
Hat das Arbeitsgericht eine längere als die gesetzlich vorgesehene Rechtsmittelfrist angegeben, so gilt diese. Die Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG, daß im Falle einer unterbliebenen und unrichtigen Belehrung eine Rechtsmittelfrist von einem Jahr ab Zustellung der anzufechtenden Entscheidung läuft, tritt insoweit zurück (erkennende Kammer, Beschluß vom 24. Mai 1993 - 1 TaBV 28/93 = LAGE § 9 ArbGG 1979 Nr. 5 = DB 1993, 2240). Aus Gründen des Vertrauensschutzes können sich die Beteiligten in jedem Fall auf die unrichtige Belehrung des Arbeitsgerichts verlassen (BAG 23. November 1994 - 4 AZR 43/93 = EzA § 9 ArbGG 1979 Nr. 9 = NZA 1995, 654).
2.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin hat Erfolg. Die Einigungsstelle ist nicht zu errichten, da sie für die konkret erkennbaren Beschwerdegegenstände offensichtlich unzuständig ist.
a)
Eine Einigungsstelle ist bei Bedarf zu bilden, um Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beizulegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 BetrVG 1972). Dies gilt nach § 75 Abs. 2 BetrVG 1972 ebenso für die Behandlung der Beschwerden von Arbeitnehmern, wenn unter den Betriebspartnern streitig ist, ob die Beschwerden berechtigt sind. Dann hat auf Antrag einer Seite die Einigungsstelle tätig zu werden. Können sich die Betriebspartner dabei weder auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden noch auf die Zahl der Beisitzer in der Einigungsstelle verständigen, steht es ihnen frei, sich nach § 98 Abs. 1 ArbGG gerichtlicher Hilfe zu bedienen.
b)
Eine Einigungsstelle ist indessen nicht zu bilden, wenn sie für die Streitfrage offensichtlich unzuständig ist (§ 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit ist dann auszugehen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, daß ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt infrage kommt (h.M.; z. B. LAG Niedersachsen 30. September 1988 - 3 TaBV 76/88 - = NZA 1989, 149; LAG Nürnberg, 21. September 1992 - 7 TaBV 29/92 - = NZA 1993, 281; Germelmann-Matthes-Prütting ArbGG 2. Aufl. § 98 Rn 11; Hauck ArbGG § 98 Rn 4; jeweils m.w.N.).
aa)
Das Arbeitsgericht hat nicht erkannt, daß § 85 Abs. 2 Satz 3 BetrVG dem Betriebsrat nur dann die Befugnis gibt, Beschwerden von Arbeitnehmern vor die Einigungsstelle zu bringen, soweit es sich um Regelungsstreitigkeiten nicht kollektiver Art. handelt, aus denen jedenfalls noch keine Rechtsansprüche des einzelnen Arbeitnehmers erwachsen. Ein Streit um Rechtsansprüche wäre im individuellen arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren zu klären (Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 18. Aufl. § 85 Rn 4; anderer Ansicht DKK/Buschmann BetrVG 5. Aufl. § 85 Rn 10). Zulässig wäre es deshalb, die Einigungsstelle mit Beschwerden von Arbeitnehmern zu beschäftigen, die Lästigkeiten und Beschwernisse im Arbeitsalltag zum Gegenstand haben, denen die betroffenen Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Abwehransprüche noch nicht entgegensetzen können.
Stehen dagegen Rechtsansprüche im Raum, kann eine Einigungsstelle nur im Rahmen eines freiwilligen Verfahrens nach § 76 Abs. 6 BetrVG 1972 tätig werden.
bb)
Bereits das "Beschwerdeschreiben" der Arbeitnehmer vom 08. August 1996 zeigt auf, daß es dort nicht um Lästigkeiten des Arbeitsalltags geht. Die Arbeitnehmer wehren sich gegen mögliche zukünftige Arbeitsmehrbelastungen und halten die Arbeitgeberin nach den geschlossenen Arbeitsverträgen für nicht berechtigt, ihnen Werbe- und Vermittlungsaufgaben zu Gunsten des Busreiseunternehmens ... zuzuweisen. Streitig ist damit die Reichweite des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts. Der Umfang der Direktionsbefugnisse der Arbeitgeberin betrifft indessen eine Rechtsfrage, die im Wege eines Individualrechtsstreits vor dem Arbeitsgericht geklärt werden kann. Damit ist eine Anrufung der Einigungsstelle nach § 85 Abs. 2 Satz 3 BetrVG 1972 versperrt. Die Einigungsstelle kann danach nicht über die Berechtigung einer Beschwerde wirksam entscheiden, wenn der beschwerdeführende Arbeitnehmer behauptet, einen Rechtsanspruch zu besitzen. Ansonsten könne eine Einigungsstelle eingerichtet werden, um auf Kosten des Arbeitgebers ein für ein späteres Arbeitsgerichtsverfahren zwischen den Arbeitsvertragsparteien unverbindliches Rechtsgutachten zu erstatten. Aus diesem Grund schließt § 85 Abs. 2 Satz 3 BetrVG 1972 nicht nur die Verbindlichkeit des Spruchs der Einigungsstelle bei der Geltendmachung von Rechtsansprüchen aus, sondern bereits deren Zuständigkeit (BAG 28. Juni 1984 - 6 ABR 5/83 = NZA 1985, 189; LAG Rheinland-Pfalz 17. Januar 1985 - 5 TaBV 36/84 - und LAG Köln 16. November 1984 - 7 TaBV 40/84 = NZA 1985, 190 f; Nebendahl/Lunk, NZA 1990, 676, 680; anderer Ansicht DKK/Buschmann a.a.O. m.w.N.).
Die erkennende Kammer hält insoweit an ihrer mit der Entscheidung vom 06. April 1993 begonnenen Rechtsprechung - 1 TaBV 20/93 - fest, die den Beteiligten bekannt ist.
c)
Das weitergehende Vorbringen der Beteiligten hat keinen Einfluß auf die gerichtliche Entscheidung.
aa)
Es kann dahinstehen, ob es bereits aufgrund der schriftlichen Dienstanweisung vom 23. August 1996 oder zuvor infolge mündlicher Anordnung zur Mehrbelastung der Mitarbeiter gekommen ist oder noch kommen wird. Der Betriebsratsvorsitzende hat im Anhörungstermin dem Vortrag der Arbeitgeberseite, es habe bislang noch keinen einzigen Fall der "Reisevermittlung" gegeben, auf Befragen des Vorsitzenden nicht widersprochen. Es kommt indessen nicht darauf an, daß irgendwann einmal "Beschwerden" wegen unzumutbarer Arbeitsbelastung erhoben werden können, sondern darauf, daß die Mitarbeiter sich von vornherein zur Erfüllung zusätzlicher Aufgabenstellungen arbeitsvertraglich nicht verpflichtet sehen.
Es kann auch offenbleiben, ob der Betriebsrat von Anfang an die Beschwerden der Arbeitnehmer unterstützen wollte und dies der Arbeitgeberin gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Spätestens mit Schreiben vom 06. September 1996 war für die Arbeitgeberseite deutlich erkennbar, daß der Betriebsrat um Abhilfe der Beschwerden der Arbeitnehmer gebeten hat. Dem ist die Arbeitgeberin nicht nachgekommen, so daß der Betriebsrat die Verhandlung als gescheitert behandeln durfte.
bb)
Der Umstand, daß der Betriebsrat aus einem einheitlichen Sachverhalt zwei Beschlußverfahren zur Einrichtung einer Einigungsstelle angestrengt hat, die sich von der Begründung seiner vermeintlichen Mitbestimmungsrechte her widersprechen, ist verfahrensrechtlich bedeutungslos, nach materiellem Recht aber bedenklich. Während der Betriebsrat im Verfahren - 1 TaBV 8/97 - eine Regelungsstreitigkeit kollektiver Art. vorträgt, legt er in diesem Beschlußverfahren eine Regelungsstreitigkeit nicht kollektiver Art. dar. Im Verfahrensrecht ist ein solches Vorgehen als sogenannte Anspruchshäufung zulässig (vgl. Thomas/Putzo ZPO 19. Aufl. § 260 Rn 6 ff).
Allerdings widerstreitet das Verfahrensgebaren materiell-rechtlich dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber. Ungeachtet der Gerichtskostenfreiheit im Beschlußverfahren nach § 12 Abs. 5 ArbGG können nämlich durch das Vorgehen des Betriebsrats doppelte Gebühren für die Bestellung der Verfahrensbevollmächtigten beider Seiten anfallen, die nach § 40 Abs. 1 BetrVG 1972 im Regelfall von der Arbeitgeberin zu tragen sind (Fitting/Kaiser/Heither/Engels a.a.O. § 40 Nr. 15 zu den Grenzen der arbeitgeberseitigen Kostentragungspflicht). Diese Bedenken schlagen hier im Ergebnis nicht durch, da der Betriebsrat sich in beiden Verfahren kostenfrei für die Arbeitgeberseite vom DGB hat vertreten lassen. Soweit außergerichtliche Kosten auf Arbeitgeberseite anfallen, kann das Gericht das "doppelte Verfahren" im Rahmen des § 8 Abs. 2 BRAGO in seiner Entscheidung berücksichtigen.
Gegen diese Entscheidung findet gemäß § 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG kein Rechtsmittel statt.