Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.05.1997, Az.: 5 (2) Sa 2203/94 E
Anspruch eines Arbeitnehmers des öffentlichen Dienstes auf höhere Vergütung; Zulässigkeit einer Eingruppierungsfeststellungsklage; Eingruppierung einer Lehrkraft aufgrund eines Kultusministererlasses ; Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bei der sachfremden Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer; Eingruppierung eines graduierten Sozialpädagogen im Schuldienst; Differenzierung zwischen einer Lehrkraft mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen und einem graduierten Sozialpädagogen mit abgeschlossener zusätzlicher sonderpädagogischer Ausbildung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 05.05.1997
- Aktenzeichen
- 5 (2) Sa 2203/94 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 10051
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1997:0505.5.2SA2203.94E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Göttingen - 28.10.1994 - AZ: 3 Ca 717/93 E
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 NLVO
- § 22 BAT
- § 23 BAT
- § 1 BetrAVG
- § 242 BGB
- Art. 119 EGV
Amtlicher Leitsatz
Eine Differenz von zwei Vergütungsgruppen zwischen der Vergütung einer Lehrkraft mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen (VergGr IIa BAT) und der einer als Gruppen-/ Klassenleiterin für Geistigbehinderte tätigen staatlich geprüften Erzieherin und graduierten Sozialpädagogin mit abgeschlossener sonderpädagogischer Ausbildung nach sechsjähriger Bewährung (VergGr IVa BAT) bei gleicher Tätigkeit ist nicht gerechtfertigt (Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz).
In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht ... und
der ehrenamtlichen Richter ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05. Mai 1997
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 28. Oktober 1994 - 3 Ca 717/93 E - geändert.
Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab 16. Oktober 1993 anstelle gewährter Vergütung aus der Vergütungsgruppe IV a Vergütung aus der Vergütungsgruppe III BAT nebst 4 % Zinsen auf die Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab 16. Oktober 1993 Vergütung aus der Vergütungsgruppe II a anstelle gewährter Vergütung aus der Vergütungsgruppe IV a BAT zu zahlen. Die Klägerin - staatlich geprüfte Erzieherin und graduierte Sozialpädagogin, die am 13. März 1987 die Prüfung für pädagogische Mitarbeiter an Einrichtungen für geistig behinderte Kinder und ... Jugendliche abgelegt hat, - ist als Lehrerin an der ... Sonderschule für geistig Behinderte, in ... tätig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich nach dem BAT und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen und den Eingruppierungserlassen des Niedersächsischen Kultusministers in der jeweils geltenden Fassung. Seit dem 13. März 1993 erhält die Klägerin Vergütung aus der Vergütungsgruppe II a BAT.
Mit Schreiben vom 27. September 1993 (Fotokopie Bl. 6 d.A.) beantragte die Klägerin eine Höhergruppierung nach BAT II b. Der Antrag wurde mit Schreiben der Bezirksregierung Braunschweig vom 12. Oktober 1993 (Fotokopie Bl. 7 d.A.) abgelehnt. Eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe II a BAT (nicht nach Vergütungsgruppe II b BAT) sei nur möglich, wenn die Klägerin die Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen hätte. Nach dem anzuwendenden Eingruppierungserlaß werde die Zuordnung zu einer bestimmten Vergütungsgruppe wesentlich durch die Ausbildungsvoraussetzungen bestimmt.
Die Klägerin meint, ihr stehe ein Anspruch auf Vergütung aus der Vergütungsgruppe II a BAT, mindestens aber aus der Vergütungsgruppe III BAT zu, während das beklagte Land die Klägerin für richtig eingruppiert hält. Zur Darstellung der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 28. Oktober 1994 (Bl. 50 bis 59 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und den Streitwert auf 28.000,00 DM festgesetzt.
Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, aus dem Eingruppierungserlaß des Niedersächsischen Kultusministers vom 11.04.1986 ergebe sich für die Klägerin keine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III b (gemeint ist offenbar: II a) BAT. Vielmehr entspreche die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a BAT der Ziffer 24 des Eingruppierungserlasses.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete die willkürliche, d. h. sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen, in vergleichbarer Lage befindlichen; es sei das Verbot der sachfremden Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung; im allgemeinen sei eine Schlechterstellung dann nicht sachfremd, wenn für sie billigenswerte Gründe beständen.
Es befänden sich - insoweit sei der Klägerin beizustimmen - Lehrer mit und ohne wissenschaftlichen Hochschulabschluß in vergleichbarer Lage, denn sie übten unstreitig die gleichen Tätigkeiten aus. Es liege auch eine Ungleichbehandlung vor, da sie auf der Grundlage des Eingruppierungserlasses nach unterschiedlichen Vergütungsgruppen bezahlt würden, doch sei diese Differenzierung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Der sachliche Grund liege in der unterschiedlichen Ausbildung der Lehrer.
Den Tarifvertragsparteien stehe es frei, den Vergütungsanspruch nicht nur von der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern auch von weiteren persönlichen Voraussetzungen, wie dem Nachweis bestimmter Kenntnisse oder einer besonderen Ausbildung, abhängig zu machen. Dies habe seinen Grund darin, da eine qualifizierte Ausbildung eine im allgemeinen vielseitige Verwendung mit sich bringe, welche auch besonders honoriert werden dürfe. In diesem Zusammenhang sei es nicht Aufgabe der Gerichte, auf Zweckmäßigkeit und allgemeine Gerechtigkeitserwägungen zu achten. Wenn eine Pauschalregelung aufgrund eines allgemeinen Erfahrungssatzes berechtigt sei, so komme es im Einzelfall nicht darauf an, ob die betroffene Person ausnahmsweise trotz fehlender formaler Qualifikation uneingeschränkt gleich gut sei (BAG, AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).
Das Vorbringen der Klägerin, sie erledige ihre Arbeit genau so gut wie ihre Kollegen mit Hochschulabschluß, gehe ins Leere. Entscheidend sei, daß sie die für eine Höhergruppierung in Vergütungsgruppe II a BAT erforderliche Qualifikation nicht auf weise.
Auch das Vorbringen der Klägerin, daß die pädagogischen Mitarbeiter nach IV b BAT plus Zulage bezahlt würden, obwohl sie eine geringerwertige Qualifikation aufwiesen, vermöge keinen Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu begründen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz setze das Bestehen einer bestimmten Ordnung voraus, die für alle oder eine Gruppe von Arbeitnehmern gelte. Vergleichbar unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung seien somit auch nur diejenigen, die von dieser Ordnung - hier also vom Eingruppierungserlaß - betroffen seien. Die Vergütung der pädagogischen Mitarbeiter richte sich gerade nicht nach dem Eingruppierungserlaß, sondern unmittelbar nach dem BAT. Die beiden Vergütungsregelungen seien rechtlich unabhängig voneinander. Die Klägerin könne daher einen Anspruch aus einer von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Regelung nicht herleiten.
Der Eingruppierungserlaß sei, soweit er für Lehrkräfte ohne wissenschaftlichen Hochschulabschluß eine niedrigere Vergütungsgruppe vorsehe, nicht wegen Verstoßes gegen Artikel 119 EWG-Vertrag unwirksam.
Artikel 119 EWG-Vertrag sehe ein gleiches Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit vor. Dabei sei zu beachten, daß Artikel 119 EWG-Vertrag nicht nur Vergütungsregelungen verbiete, die unmittelbar nach dem Geschlecht der Arbeitnehmer differenzierten, sondern auch solche, die eine mittelbare Diskriminierung darstellten (BAG AP Nr. 11, 25 zu Art. 119 EWG-Vertrag). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der objektive Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung durch drei Merkmale gekennzeichnet:
Zunächst müsse eine Vergütungsregelung vorliegen, die eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern ausschließt (BAG AP Nr. 11 zu Art. 119 EWG-Vertrag).
Von dieser Regelung müßten wesentlich mehr Frauen als Männer nachteilig betroffen sein. Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse verglichen werden, wie sich die Regelung in ihrem Geltungsbereich für Männer einerseits und Frauen andererseits auswirkt. Zu diesem Zwecke seien Vergleichsgruppen zu bilden. Dabei komme es nicht auf die absoluten Zahlen der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auf die Prozentsätze an, zu denen Männer einerseits und Frauen andererseits die geforderten Voraussetzungen erfüllten. Zunächst sei dabei festzustellen, zu welchem Anteil Männer und Frauen an der Belegschaft beteiligt seien und damit als Begünstigte in Betracht kämen. Diesen Prozentsätzen sei gegenüberzustellen, zu welchem Anteil Männer und Frauen einen wissenschaftlichen Hochschulabschluß hätten oder nicht. Wenn sich dabei herausstelle, daß der Anteil der Frauen an den Lehrkräften ohne Hochschulexamen wesentlich höher sei als der Anteil der Frauen an den Lehrkräften mit Hochschulexamen, sei eine ungleiche Betroffenheit festzustellen: Durch die Ausnahmevorschrift würden unverhältnismäßig mehr Frauen als Männer benachteiligt (vgl. BAG AP Nr. 11 3R zu Artikel 119 EWG-Vertrag).
Die Klägerin trage zwar vor, daß der Frauenanteil an der Gruppe der Lehrkräfte mit Staatsexamen 59 % und an der der Lehrkräfte mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung 87 % betrage, lasse allerdings offen, wie sie zu diesen Prozentzahlen gekommen sei. Der Klägervortrag sei in diesem Punkt unsubstantiiert, zumal das beklagte Land bestreite, daß von der streitbefindlichen Regelung im Eingruppierungserlaß wesentlich mehr Frauen als Männer nachteilig betroffen würden. Selbst wenn sich aus den von der Klägerin genannten Zahlen ergäbe, daß tatsächlich wesentlich mehr Frauen als Männer vom Eingruppierungserlaß nachteilig betroffen würden, so wäre das Ergebnis kein anderes.
Das Verbot der Benachteiligung wegen des Geschlechts dürfe nicht schon allein deshalb eingreifen, weil Personen, die durch eine Regelung oder Maßnahme negativ betroffen würden, ausschließlich oder mehrheitlich Frauen seien. Vielmehr sei festzustellen, ob durch die Ausgestaltung der Regelung oder Maßnahme weibliche Personen nur zufällig benachteiligt würden, oder ob sie diesen Nachteil erlitten, eben weil sie Frauen seien (Pfarr, Anm. zu AP Nr. 10 und 11 zu Art. 119 EWG-Vertrag). Der Europäische Gerichtshof verlange, daß die Lohndifferenzierung auf Faktoren beruhe, "die objektiv gerechtfertigt und nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben". Die entsprechende Lohnpolitik müsse durch Umstände zu erklären sein, "die eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausschließen" (zitiert nach BAG AP Nr. 3 zu Artikel 119 EWG-Vertrag).
Das beklagte Land trage in diesem Zusammenhang vor, daß es sein legitimes Anliegen sei, einen Anreiz für die spezifische Ausbildung auch als Sonderschullehrer mit Hochschulabschluß zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Es müsse im Interesse der Qualität der Lehrtätigkeit an Sonderschulen für einen möglichst hohen Anteil an Lehrkräften mit der Befähigung zum Lehramt an Sonderschulen sorgen; dazu dürfe es für diejenigen, die die Kosten, den Zeitaufwand und die Mühe einer entsprechenden Ausbildung auf sich nähmen, auch einen entsprechenden Anreiz schaffen; es würde den Ausbildungsgang entwerten, wenn die höhere Qualifikation sich nicht auch in einer höheren Vergütung niederschlagen würde.
Dies sei eine überzeugende Argumentation, die die unterschiedliche Entlohnung von Lehrern mit und ohne wissenschaftlichen Hochschulabschluß objektiv rechtfertige und nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun habe.
Der Eingruppierungserlaß verstoße folglich nicht gegen Artikel 119 EWG-Vertrag und zwar selbst dann nicht, wenn von der streitgegenständlichen Regelung tatsächlich mehr Frauen als Männer nachteilig betroffen würden.
Gegen dieses Urteil, das ihr am 07. November 1994 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit einem am 05. Dezember 1994 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten Berufung eingelegt, die sie mit einem am 08. Dezember 1994 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten begründet hat.
Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht habe sich nicht mit der neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auseinandergesetzt und deswegen zu Unrecht entschieden, daß keine Verletzung der Gleichbehandlungspflicht im Sinne des Artikels 119 EWG-Vertrag vorliege.
Die Klägerin weist darauf hin, daß nach Meinung des BAG kein Erfahrungssatz bestehe, wonach eine wissenschaftliche Ausbildung regelmäßig zu besseren Arbeitsergebnissen gegenüber Absolventen anderer Ausbildungsformen führe.
Der Anteil der Frauen in der für Lehrkräfte als Klassenleiter für geistig Behinderte in Betracht kommenden Vergütungsgruppen V c bis IV b betrage zwischen 85 % bis 88 %. Der Anteil der weiblichen Bediensteten in der Vergütungsgruppe II a BAT belaufe sich auf 93 %. Unter Berücksichtigung der bei dem beklagten Land im Beamten Verhältnis Beschäftigten betrage der Frauenanteil 87 % bis 88 % im Erzieherbereich, hingegen lediglich 59 % nach der Vergütungsgruppe II a bzw. der Besoldungsgruppe A 13 bezahlten Sonderschullehrer.
Nach Ansicht des BAG (Urteil vom 23.02.1994 - 4 AZR 219//93) ließen jedoch diese objektiv ermittelten Zahlenwerte keine Feststellung zu, ob der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung im Sinne des Artikel 119 EWG-Vertrag vorliege, da die Vergleichsgruppen unzutreffend gebildet worden seien. Nach den Erkenntnissen des BAG kämen Ansprüche der Klägerin aus Artikel 119 EWG-Vertrag allein wegen der unterschiedlichen Vergütung der an Schulen für geistig Behinderte eingesetzten Lehrkräfte (Sonderschullehrer und Erzieher mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung) in Betracht. Es werde insoweit vom BAG kein Kriterium erkannt, aus welchem Grund die Sonderschullehrer eine erhöhte Vergütung gegenüber den Erziehern mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung erhielten. Hier könne nicht allein die Qualifikation entscheidend sein, sondern es müsse das Arbeitsbild beider Gruppen gegeneinandergestellt und betrachtet werden.
Das beklagte Land habe neben der allgemeinen Feststellung, daß Lehrer mit Hochschulabschluß vielseitiger einsetzbar seien, noch vorgetragen, daß diese Lehrer allein befugt seien, sogenannte sonderpädagogische Gutachten zu erstellen. Diese sonderpädagogischen Gutachten könnten nach den Feststellungen des BAG eine Rechtfertigung für eine unterschiedliche Bezahlung sein. Bisher habe jedoch kein Gericht - also auch nicht das Arbeitsgericht Göttingen - Feststellungen getroffen, ob und in welchem Umfang die Fertigung der sonderpädagogischen Gutachten zu einer unterschiedlichen Tätigkeit der Sonderschullehrer mit Hochschulabschluß zu den Lehrern ohne Abschluß führe. Das BAG verweise darauf, daß ohne Kenntnis von Inhalt und Aufgaben der sonderpädagogischen Gutachten keine Beurteilung möglich sei, ob die ansonsten identische Tätigkeit der Sonderschullehrer zu den Erziehern mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung rechtserhebliche Bedeutung habe. Falls die Fertigung von sonderpädagogischen Gutachten rechtserhebliche Bedeutung haben sollte, wäre möglicherweise die Ungleichbezahlung gerechtfertigt. Es wären dann die Vergleichsgruppen (Sonderschullehrer zu Erziehern mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung) nicht gleich. Sofern den sonderpädagogischen Gutachten jedoch keine rechtserhebliche Bedeutung beigemessen werden könne, seien beide Gruppen gleich im Sinne des Artikel 119 EWG-Vertrag.
Die Fertigung von sonderpädagogischen Gutachten umfasse nur einen verschwindend geringen Teil der jeweiligen Arbeit des Sonderschullehrers. Nach den objektiven Erkenntnissen habe im Schnitt jede examinierte Lehrkraft lediglich alle zwei Jahre eine Begutachtung vorzunehmen. Zu dieser Begutachtung bedürfe es keiner besonderen Hochschulausbildung. Im übrigen werde die Klägerin bei der Erstellung von Gutachten als Klassenlehrerin beteiligt bzw. sogar mit der Fertigung dieser Gutachten selbst betraut, so daß die Erstellung von sonderpädagogischen Gutachten keine rechtserhebliche Bedeutung im Sinne von Artikel 119 EWG-Vertrag haben könne. Allein der Umstand, daß nach dem Vortrag des beklagten Landes nur examinierte Lehrer sonderpädagogische Gutachten erstellen dürften, könne es nicht rechtfertigen, daß diese ein um 1/3 höheres Gehalt erhielten wie die Lehrer mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung. Schließlich habe das beklagte Land bisher weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, welche Tätigkeiten im Rahmen des Gutachtens verlangt würden, die eine Ungleichbehandlung, d. h. höhere Bezahlung, rechtfertigen könnten.
Zusammenfassend sei festzustellen, daß objektiv kein nachvollziehbarer Grund vorliege, daß bei unstreitig gleicher Tätigkeit die examinierten Sonderschullehrer eine um 1/3 höhere Vergütung erzielten, als die als Lehrkraft eingesetzten Erzieher mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung. Die Klägerin sei mittelbar diskriminiert im Sinne des Artikel 119 EWG-Vertrag, weil sie einer Gruppe mit vorwiegend Frauen angehöre, die ungerechtfertigterweise schlechter bezahlt werde, als die Gruppe, deren Frauenanteil geringer sei.
Weiteres Vorbringen der Klägerin ist in ihren Schriftsätzen vom 27. April 1995 (Bl. 91 d.A.), 21. Oktober 1996 (Bl. 124 f.d.A.), 14. November 1996 (Bl. 131 f.d.A.). 11. Dezember 1996 (/Bl. 142 f.d.A.) und 16. Dezember 1996 nebst Anlagen (Bl. 147 bis 151 d.A.) enthalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 28. Oktober 1994 zu ändern und festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab 16. Oktober 1993 Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT anstelle von gewährter Vergütung aus Vergütungsgruppe IV a BAT zu bezahlen und den Nettodifferenzbetrag ab 16. Oktober 1993 mit 4 % zu verzinsen,
hilfsweise
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie ab 16. Oktober 1993 nach Vergütungsgruppe III BAT zu bezahlen und den Nettodifferenzbetrag ab 16. Oktober 1993 mit 4 % zu verzinsen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land meint, die Berufung vermöge das angegriffene Urteil nicht zu erschüttern. Überzeugend begründe das Arbeitsgericht, daß die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Höhergruppierung habe, insbesondere keinen solchen, der sich aus § 119 des EWG-Vertrages ergeben könnte.
Die Berufung stütze sich im wesentlichen auf den Ausspruch des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil 4 AZR 219/93, wonach kein Erfahrungssatz bestehe, daß eine wissenschaftliche Ausbildung regelmäßig zu besseren Arbeitsergebnissen gegenüber Absolventen anderer Ausbildungsformen führe.
Selbst wenn man von diesem Erfahrungssatz ausgehe, so könne das nicht dazu führen, daß hier schon von einer mittelbaren Diskriminierung im Sinne des § 119 EWG-Vertrag gesprochen werden könne, zumal sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts keinesfalls ergebe, daß Personen, die gleiche Tätigkeiten verrichten, auch tatsächlich gleich bezahlt werden müßten.
Es sei nicht Sinne und Zweck der Vorschrift des § 119 EWG-Vertrag, aus dem sich letztendlich der Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" ergebe, schon dann zu dem Ergebnis zu kommen, daß tatsächlich in diesem konkreten Fall die Klägerin ebenso wie andere ihrer Kollegen mit Hochschulabschluß bezahlt werden müsse, nur weil sie die gleiche oder zumindest ganz wesentlich die gleiche Arbeit leiste. Daß hierbei die unterschiedliche Ausbildung nun überhaupt nicht mehr berücksichtigt werden solle, ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes.
Es sei also unrichtig, bei der Frage, ob die Klägerin nun höher einzugruppieren sei, die Frage der unterschiedlichen Qualifikation völlig außer acht zu lassen. In diesem Zusammenhang gehe auch der Sachvortrag der Berufung zu dem sogenannten sonderpädagogischen Gutachten an der Sache vorbei. Insoweit müsse zunächst bestritten werden, daß jede examinierte Lehrkraft lediglich alle zwei Jahre eine solche Begutachtung vorzunehmen habe, wer das Urteil des Bundesarbeitsgerichts aufmerksam lese, werde dort feststellen, daß im Gegenteil die entsprechenden sonderpädagogischen Gutachten sechs- bis siebenmal im Jahr erstattet werden müßten.
Aber auch könne es bei der Anzahl dieser sonderpädagogischen Gutachten nicht verbleiben. Letztendlich sei die Frage, ob Lehrkräfte beschäftigt werden, die in der Lage sind, solche sonderpädagogischen Gutachten zu erstatten, entscheidend. Dabei komme es nicht darauf an, wie oft solche erstattet würden, sondern es komme im wesentlichen eben doch wieder auf die unterschiedliche Qualifikation an und auf die Möglichkeit, derartige Lehrkräfte mit solchen Gutachten zu beauftragen, wenn sie dann gefordert würden. Und dann müßten eben die entsprechend qualifizierten Lehrkräfte solche Gutachten erstatten oder sie müßten zumindest dafür herangezogen werden können.
Die Behauptung, daß es zu einer solchen Begutachtung keinerlei besonderer Hochschulausbildung bedürfe, sei unrichtig. Daß die Klägerin für solche Gutachten als Hilfsperson herangezogen werde, sei indes wiederum unerheblich.
Aus den Zahlen über den Anteil der Frauen sei nichts Vorteilhaftes für die Klägerin herzuleiten. Es sei nicht zu erkennen, wo, selbst wenn man voraussetze, daß die dort genannten Zahlen richtig seien oder unter Umständen auch für die Entscheidung in diesem Verfahren bindend festgestellt, eine Diskriminierung liegen solle. Denn der Frauenanteil der Bediensteten in beiden Vergütungsgruppen, also bei denen V c bis IV b und bei der Vergütungsgruppe II a, sei fast identisch, jedenfalls nur geringfügig unterschiedlich.
Mitarbeiter, die insoweit im Beamten Verhältnis stehen, könnten freilich bei der Ermittlung dieser Prozentsätze nicht berücksichtigt werden. Nicht umsonst weise das Bundesarbeitsgericht darauf hin, daß es keineswegs unproblematisch sei, Angestellte und Beamte insoweit gleich zu behandeln und gleich zu gruppieren.
Weiteres Vorbringen des beklagten Landes ist in den Schriftsätzen vom 20. Juni 1995 (Bl. 96 ff.d.A.). 12. August 1996 (Bl. 109 f.d.A.), 15. August 1996 (Bl. 115 f.d.A.), 27. September 1996 (Bl. 117 ff.d.A.), 31. Oktober 1996 (Bl. 127 ff.d.A.), 03. Dezember 1996 nebst Anlagen (Bl. 133 bis 141 d.A.) und 12. März 1997 (Bl. 155 ff.d.A.) enthalten.
Gründe
Die aufgrund der Höhe des wertes des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist damit zulässig.
Die Berufung hat jedoch nur zum Teil Erfolg. Das beklagte Land schuldet der Klägerin ab 16. Oktober 1993 Vergütung aus der Vergütungsgruppe III BAT, nicht aber aus der Vergütungsgruppe II a BAT.
Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Klage zulässig ist. Es handelt sich bei dem Feststellungsantrag des Klägers um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen (BAG AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Der Anspruch auf (höhere) Vergütung ergibt sich nicht aus dem BAT und dessen Vergütungsordnung, da gemäß Nr. 5 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT die Anlage nicht für Angestellte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt werden. Maßgebend für die Beurteilung des Klageanspruchs ist deswegen zunächst der Arbeitsvertrag der Parteien, nach dem sich das Arbeitsverhältnis nach den Eingruppierungserlassen des Niedersächsischen Kultusministers in der jeweils geltenden Fassung bestimmt.
Der für die Eingruppierung des Klägers maßgebliche Erlaß des Niedersächsischen Kultusministers in der Fassung vom 11. April 1986 (Nds. MBl. 1986 S. 424) lautet auszugsweise wie folgt:
Verg.-Gr. | ||
---|---|---|
Lehrkräfte an Sonderschulen | ||
20 - Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen | II a | |
21 - Lehrkräfte mit der ersten staatlichen Prüfung für das Lehramt an Sonderschulen | III | |
nach sechsjähriger Bewährung | II a | |
24 - Lehrkräfte als Gruppen-/Klassenleiter für Geistigbehinderte | ||
1. | mit der Befähigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes. NLVO | IV b |
wenn sie eine abgeschlossene zusätzliche sonderpädagogische, sozialtherapeutische oder sozialpsychiatrische Ausbildung und eine nachfolgende sechsjährige Bewährung nachweisen | IV a | |
2. | mit staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung als Erzieher, Kindergärtnerin oder Hortnerin | V c |
nach dreijähriger Bewährung | V b | |
3. | mit der unter Nr. 2 genannten Ausbildung und einer abgeschlossenen sonderpädagogischen Zusatzausbildung | V b |
nach sechsjähriger Bewährung | IV b | |
4. | ohne die unter 1. bis 3. genannte Ausbildung | VI b |
nach dreijähriger Bewährung | V c |
Die Klägerin hätte als graduierte Sozialpädagogin gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes. NLVO (Nds. GVBl. 1979 S. 63) in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden können. Sie verfügt überdies über eine abgeschlossene sonderpädagogische Ausbildung und eine nachfolgende sechsjährige Bewährung. Ihre Eingruppierung in Vergütungsgruppe IV a entspricht deswegen den Bestimmungen des Eingruppierungserlasses vom 11. April 1986.
Der Eingruppierungserlaß ist insoweit jedoch unwirksam, weil er gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Zwar hat bei der Festlegung der Vergütung der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Arbeitsentgelte. Dagegen beansprucht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts uneingeschränkt Geltung, wenn der Arbeitgeber - wie im vorliegenden Fall - Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt (BAG AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung; AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; AP Nr. 171 zu §§ 22, 23 BAT Nr. 175). Das beklagte Land hat in dem Eingruppierungserlaß generelle Festlegungen für die Vergütung der im Angestellten Verhältnis beschäftigten Lehrer getroffen.
Es ist nicht zu beanstanden, daß das beklagte Land für die Vergütung der an Sonderschulen, auch an Sonderschulen für Geistigbehinderte, tätigen Lehrkräfte Unterschiede vorgesehen und dabei die unterschiedliche Ausbildung dieser Lehrkräfte besonders berücksichtigt hat.
Der sachliche Grund für eine Ungleichbehandlung muß sich am Zweck der vom Arbeitgeber gewährten Leistung orientieren. Die Grundvergütung ist regelmäßig Gegenleistung für die ausgeübte Tätigkeit eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst. Durch Differenzierungen bei der Höhe der Grundvergütung schafft der Arbeitgeber darüber hinaus Anreize für eine höhere Qualifikation der Arbeitnehmer. Dies ist dann nicht sachwidrig, wenn bei einer typisierenden Betrachtung die bessere Ausbildung zu flexibleren Einsatzmöglichkeiten führt (BAG AP Nr. 106 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Danach begegnet die Differenzierung im Eingruppierungserlaß keinen rechtlichen Bedenken (BAG Urt. vom 23.02.1994 - 4 AZR 218/93 -). Nicht gerechtfertigt ist jedoch eine Vergütungsdifferenz von zwei Vergütungsgruppen zwischen einer Lehrkraft mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen (Verg.-Gr. II a) einerseits und einem als Gruppen-/Klassenleiter für Geistigbehinderte tätigen graduierten Sozial Pädagogen mit abgeschlossener zusätzlicher sonderpädagogischer Ausbildung und nachfolgender sechsjähriger Bewährung andererseits (Verg.-Gr. IV a). Das beklagte Land selbst weist darauf hin, daß die festgelegten Eingruppierungsmerkmale angemessen sein und billigem Ermessen entsprechen müssen. Ein Abstand von zwei Vergütungsgruppen kann nur dann billigem Ermessen entsprechen, wenn die zur Erledigung übertragenen Aufgaben es rechtfertigen, ein ganz besonderes Gewicht auf die unterschiedliche Ausbildung der zur Aufgabenerledigung eingesetzten Lehrkräfte zu legen. Das ist jedoch nicht der Fall. Es ist unstreitig, daß die Tätigkeit der Klägerin an der Christophorus-Schule für geistig behinderte Kinder in Göttingen sich nicht von der Tätigkeit der Lehrkräfte mit Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen unterscheidet.
Ein Unterschied besteht auch nicht insoweit, als die Erstattung von Gutachten in Betracht kommt. Insoweit ist in der mündlichen Verhandlung am 05. Mai 1997 von dem beklagten Land eingeräumt worden, daß es sich bei der Erstattung der sonderpädagogischen Gutachten um eine Hilfstätigkeit für die Schulbehörde handelt. Gegenstand dieser Gutachten ist die von der Schulbehörde zu beantwortende Frage, welcher Schule innerhalb der vorhandenen Schulformen ein besonders förderungsbedürftiges Kind zugewiesen werden soll. Die Frage, in welchem Umfang Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen mit der Erstellung derartiger Gutachten befaßt werden, ist nicht ein für allemal zu beantworten, wenn nur verhältnismäßig wenige Gutachten zu erstellen sind, werden damit nach der Auskunft des beklagten Landes nur die besonders erfahrenen Sonderschullehrer beauftragt.
Die laufende Begutachtung der in den Sonderschulen unterrichteten Kinder obliegt dagegen allen Lehrkräften gleichermaßen ohne Rücksicht auf ihre jeweilige Vorbildung.
Unstreitig ist auch, daß nicht nur die Durchführung des Unterrichts, sondern auch seine Vorbereitung und die übrigen Aufgaben (z. B. Eltern- und Behördenkontakte) keine Unterschiede aufweisen. Die Art. der zu erledigenden Aufgaben kann daher eine Differenz von zwei Vergütungsgruppen zwischen einer Lehrkraft mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen und einem graduierten Sozialpädagogen mit abgeschlossener zusätzlicher sonderpädagogischer Ausbildung und nachfolgender sechsjähriger Bewährung nicht rechtfertigen.
Nachdem das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat, es bestehe kein Erfahrungssatz, wonach eine wissenschaftliche Ausbildung regelmäßig zu besseren Arbeitsergebnissen gegenüber Absolventen anderer Ausbildungsformen führe (BAG Urt. vom 23. Februar 1994 - 4 AZR 218/93 -), entspricht es billigem Ermessen, Lehrkräfte als Gruppen-/Klassenleiter für Geistigbehinderte mit der Befähigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bes. NLVO und sechsjähriger Bewährung nach der Verg.-Gr. III BAT zu vergüten. Diese Vergütung entspricht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Einerseits erscheint es nach wie vor sachgerecht, bei Lehrkräften die Vergütung an das Kriterium einer bestimmten Vorbildung zu knüpfen, und andererseits wird die Vorbildungsvoraussetzung in den Fällen, in denen die geforderte Tätigkeit identisch ist, nicht überbewertet. Ferner wird der Tatsache, daß pädagogische Mitarbeiter an Sonderschulen zusätzlich zu der Vergütung aus der Verg.-Gr. IV b unter Umständen eine Zulage erhalten, harmonisierend Rechnung getragen.
Eine Vergütung aus der Vergütungsgruppe II a kommt dagegen nicht in Betracht, weil diese Vergütungsgrupe zulässigerweise für Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen vorgesehen ist.
Ein Anspruch auf Vergütung aus der Vergütungsgruppe II a BAT ergibt sich auch nicht aus Artikel 119 EWG-Vertrag. Dafür, daß Frauen durch die in dem Eingruppierungserlaß vorgesehene unterschiedliche Vergütung von Lehrkräften mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen (Nr. 20) und von Lehrkräften als Gruppen-/Klassenleiter für Geistigbehinderte (Nr. 24.1) unmittelbar oder mittelbar diskriminiert sein könnte, sind keine Anhaltspunkte vorhanden. Die vorgesehene unterschiedliche Vergütung ist durch einen objektiven Faktor, nämlich die Ausbildungsvoraussetzung, gerechtfertigt, der nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat. An Sonderschulen für geistig Behinderte sind im übrigen sowohl in der Gruppe der Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt an Sonderschulen als auch in der Gruppe der übrigen Lehrkräfte, und zwar in allen Untergruppen, in weit überwiegender Zahl Frauen beschäftigt. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Kammer vermag unter diesen Gegebenheiten nicht zu erkennen, daß durch den Eingruppierungserlaß Frauen gegenüber Männern diskriminiert sein könnten.
Es wäre ferner zu bedenken, daß (bei überwiegender Anzahl von Frauen in beiden Vergleichsgruppen) der prozentuale Anteil von Frauen und Männern von Jahr zu Jahr Schwankungen unterworfen sein kann. Auch dürfte zu erwägen sein, ob nicht die absolute Größe der Vergleichsgruppen in die Betrachtung einzubeziehen wäre. Die Wirksamkeit des Eingruppierungserlasses kann aber nicht von Umständen abhängen, die sich von Jahr zu Jahr ändern können. Soweit aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.02.1994 - 4 AZR 218/93 - (unter IV) eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, teilt die Kammer diese nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 und 97 ZPO. Der Streitwert ist unverändert.
Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) zugelassen worden.