Landesarbeitsgericht Niedersachsen
v. 23.05.1997, Az.: 16 Sa 825/96
Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Rücknahme des Rentenantrags innerhalb der Widerspruchsfrist gegen den Rentenbescheid
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 23.05.1997
- Aktenzeichen
- 16 Sa 825/96
- Entscheidungsform
- Teilurteil
- Referenz
- WKRS 1997, 10763
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1997:0523.16SA825.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 13.03.1996 - AZ: 9 Ca 285/95
Rechtsgrundlagen
- § 59 BAT
- § 8 Gem. Mitarbeitergesetz der Konförderation Ev. Kirchen in Nds. BAT
- § 2 Dienstvertragsordnung
Fundstelle
- ZTR 1997, 373-374 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
XXX
Prozessgegner
YYY
Amtlicher Leitsatz
Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 59 Abs. 1 BAT tritt nicht ein, wenn die Angestellte den Rentenantrag innerhalb der Widerspruchsfrist gegen den Rentenbescheid zurücknimmt, weil eine Reha-Maßnahme ihre Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt hat. Eine Unterrichtung des Arbeitgebers ist entbehrlich, wenn die Angestellte noch vor Zustellung des Rentenbescheides die Rücknahme erklärt und im Vertrauen auf die Unwirksamkeit des Bescheides ihre Arbeitstätigkeit im vollem Umfang wiederaufnimmt.
In dem Rechtsstreit
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 07.03.1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtliche Richterin ... und
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 13.03.1996, AZ 9 Ca 285/95, wird zurückgewiesen, soweit sie sich dagegen richtet, daß festgestellt worden ist, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 28.02.1995 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit der Klage die Feststellung, daß ihr Arbeitsverhältnis nicht zum 28.02.1995 beendet worden ist, sondern fortbesteht und begehrt darüber hinaus ihre Vergütungszahlung für den Zeitraum von August 1995 bis Februar 1996. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage Rückzahlung von überzahltem Arbeitsentgelt beantragt.
Die am 16.05.1936 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 26.08.1963 als Büroangestellte im Rahmen der Ostkirchen- und Aussiedlerarbeit im Amt für Gemeindedienste der Beklagte beschäftigt. Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 14.02./09.02.1984. Wegen des Inhalts wird auf diesen (Bl. 168/169 d.A.) verwiesen. Mit Schreiben vom 01.06.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie am 30.05.1995 durch Vorlage des Originalrentenbescheides der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 25.01.1995 der Klägerin endgültig erfahren habe, daß die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit habe und das Arbeitsverhältnis deshalb gemäß § 59 Abs. 1 BAT aufgrund der Rente wegen der Erwerbsunfähigkeit mit dem 28.02.1995 ende. Der Klägerin wurde jede Form der Tätigkeit bei der Beklagten in diesem Zusammenhang untersagt. Insoweit wird auf das Schreiben vom 01.06.1995 sowie auf das weitere Schreiben vom 15.06.1995 (Bl. 4-6 d.A.) verwiesen.
Die Klägerin war vom 02.08.1993 bis 07.10.1994 arbeitsunfähig erkrankt. Sie erhielt sodann vom 08.10. bis 01.11.1994 Arbeitslosengeld im Rahmen der Gewährung nach § 105 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Im Zeitraum vom 02.11. bis 30.11.1994 führte die Klägerin eine Kurmaßnahme durch. Nach Beendigung der Kur nahm die Klägerin am 01.12.1994 ihre Arbeit bei der Beklagten wieder auf, nachdem sie ausweislich des Entlassungsscheines der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 30.11.1994 als sofort arbeitsfähig beurteilt wurde (siehe Bescheid vom 30.11.1994, Bl. 101 d.A.). Zuvor hatte die Beklagte gegenüber dem Arbeitsamt Hannover mit Schreiben vom 22.11.1994 erklärt, daß sie mit Wirkung vom 08.10.1994 auf die Ausübung der ihr gemäß Dienstvertrag der Mitarbeiterin gegenüber zustehenden Verfügungsgewalt verzichtet (Bl. 82/83 d.A.).
Die Klägerin wurde sodann im Amt für Gemeindedienste in ihrem vorherigen Arbeitsbereich tätig bis zum Schreiben der Beklagten vom 01.06.1995.
Die Klägerin hatte am 03.06. oder 15.09.1994 einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente bei der BfA gestellt, der dort am 16.09.1994 eingegangen ist. Mit Schreiben vom 31.01.1995, das bei der BfA am 06.02.1995 einging, bat die Klägerin, ihren Antrag auf EU-Rente bis zur Klärung zurückzustellen bzw. ruhenzulassen, nachdem sie die Arbeit bei der Beklagten wieder aufgenommen habe (Bl. 7 d.A.). Am 02.02.1995 erhielt die Klägerin sodann ihren Rentenbescheid mit Datum vom 25.01.1995, wonach ihr ab 01.03.1995 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt wurde. Wegen des Inhalts des Rentenbescheides wird auf diesen (Bl. 8-15 d.A.) verwiesen.
Daraufhin schrieb die Klägerin unter dem Datum des 06.02.1995 an die BfA, daß sich ihre Bitte um Rückstellung und der Rentenbescheid gekreuzt hätten und bat darum, mitzuteilen, was sie tun könne oder müsse, damit sie ihre wiederaufgenommene Arbeit fortsetzen könne (Bl. 17 d.A.). Daraufhin teilte die BfA der Klägerin mit, daß sie nur noch einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit habe, soweit sie eine Beschäftigung aufnehme. Wegen des Inhalts des Schreibens vom 24.02.1995 wird auf dieses (Bl. 165 d.A.) verwiesen. Unter dem Datum des 28.02.1995 schrieb die Klägerin erneut an die BfA und teilte mit, daß sie noch keine Antwort erhalten habe. Sie teilte weiter mit, daß sie ihre Rente noch nicht in Anspruch nehmen wolle und bat darum, ihren EU-Antrag zurückzustellen bzw. ruhenzulassen (Bl. 18 d.A.). Die BfA teilte daraufhin mit Schreiben vom 28.04.1995 mit, daß die Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente zum 31.05.1995 bis zur Klärung des Sachverhaltes eingestellt werde (Bl. 55 d.A.). Unter dem Datum des 27.05.1995 schrieb die Klägerin erneut an die BfA, daß sie für ihren Arbeitgeber eine Nachricht benötige, aus der hervorgehe, daß ihr Rentenantrag zurückgestellt werde und nicht zum Tragen komme und bereits erfolgte Zahlungen storniert würden. Nach Auskunft ihres Arbeitgebers könne keine Weiterbeschäftigung bei Erhalt einer EU- oder BU-Rente erfolgen, sie müsse sonst sofort ausscheiden (Bl. 54 d.A.). Unter dem Datum des 12.06.1995 schrieb die BfA sodann an die Klägerin, daß der Eingang des Schreibens, mit dem sie ihren Rentenantrag zurücknehme, bestätigt werde und wies darauf hin, daß aus diesem Antrag keine Rechtsansprüche mehr hergeleitet werden können. Gleichzeitig bat sie um Rücküberweisung des für März 1995 gezahlten Rentenbetrages (Bl. 19 d.A.).
Die Rücküberweisung durch die Klägerin erfolgte sodann zum Wochenende des 15./19.06.1995.
Die BfA schrieb erneut an die Klägerin mit einem Formbrief vom 27.07.1995 und fügte dabei handschriftlich hinzu:
Ihren Rentenantrag vom 15.09.1994 hatten sie zurückgezogen. Mit unserem Bestätigungsschreiben vom 12.06.1995 hatten wir sie darauf hingewiesen, daß aus diesem Antrag keine Rechtsansprüche mehr hergeleitet werden können.
Wegen des Inhalts des Schreibens im übrigen wird auf dieses (Bl. 56/57 d.A.) verwiesen. Schließlich wurde durch Bescheid vom 30.08.1995 der Rentenbescheid vom 25.01.1995 zurückgenommen wegen der Rücknahme des Rentenantrages. Wegen des Inhalts des Bescheides wird auf diesen (Bl. 64 d.A.) verwiesen.
Von der Rücknahme des Rentenbescheides erfuhr die Beklagte erstmalig durch Schriftsatz der Klägerin vom 13.09.1995.
Zwischenzeitlich hat die Beklagte den Bescheid vom 30.08.1995 mit Schreiben vom 10.06.1996 angefochten (Bl. 166/167 d.A.).
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch die Gewährung der EU-Rente durch die Regelung des § 59 BAT beendet worden ist. Sie habe den Antrag auf Rente nach Absprache mit dem Amt für Gemeindedienste nur gestellt, weil sie Ansprüche auf Arbeitslosengeld ab 08.10.1994 nur dann habe geltend machen können, wenn auch ein Rentenantrag gestellt werde, da die Gewährung nach § 105 a AFG erfolgt sei.
Sie habe ihren Rentenantrag zurückgenommen, als sich nach Wiederaufnahme der Tätigkeit herausgestellt habe, daß sie den beruflichen Anforderungen gerecht werden könne. Tatsächlich stelle sich das Schreiben der Klägerin vom 31.01.1995 auch als Rücknahme dar, was die BfA auch tatsächlich so verstanden habe. Der EU-Bescheid sei rechtswidrig, da die Klägerin arbeitsfähig gewesen sei und entsprechend der Antrag auch zurückgenommen worden sei, wozu sie auch berechtigt gewesen sei.
Einen Anlaß zur Unterrichtung der Beklagten habe sie nicht gehabt, da sie die Rücknahme des Bescheides erklärt habe. Die Rentenzahlung von März bis Mai 1995 habe sie auch unverzüglich zurückgezahlt.
Die schleppende Bearbeitung der Bundesanstalt für Arbeit nach Rücknahme ihres Antrages könne ihr nicht angelastet werden. Ihr Schutzbedürfnis an der Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzesüberwiege.
Hilfsweise sei die Klägerin jedoch wieder einzustellen. Ihr Arbeitsplatz sei im Zeitpunkt Ende Juli 1995 noch unbesetzt gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin Vergütungsansprüche ab März 1995, da sie ihre Arbeitskraft angeboten, die Beklagte aber die Annahme der Arbeitskraft verweigert habe.
Die Klägerin hat beantragt,
- 1)
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 28.02.1995 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
- 2)
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30.171,68 DM nebst 4 % Zinsen nach folgender Maßgabe zu zahlen:
auf den sich aus 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.07.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.08.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.09.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.10.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.11.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.01.1996,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.02.1996,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.03.1996.
Die Klägerin hat hilfsweise beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Büroangestellte/Sekretärin in der Ostkirchen- und Aussiedlerarbeit im Amt für Gemeindedienste der
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 2.899,64 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.10.1995 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Rechtswirkungen des § 59 Abs. 1 BAT greifen ein, so daß das Arbeitsverhältnis durch den Bescheid über die EU-Rente automatisch beendet worden sei. Tatsächlich habe die Klägerin auch einen Anspruch auf Zusatzversorgung im nahtlosen Anschluß an die Gewährung der EU-Rente.
Die Rücknahme des Antrages der Klägerin sei ohne Belang, da die Rechtsfolge des § 59 BAT bereits mit der Gewährung der Rente eintrete. Auch sei eine Rücknahme des Bescheides der BfA nicht möglich.
Im übrigen handele die Klägerin treuwidrig. Sie habe der Beklagten keine Mitteilung über die Gewährung der Rente gemacht, wozu sie verpflichtet gewesen sei. Offensichtlich habe die Klägerin sich alle Hintertürchen offengehalten, zum Nachteil der Beklagten. Darüber hinaus habe die Klägerin teilweise doppelt kassiert, da sie die Rente auch ausgezahlt erhalten habe. Es sei ein Vertrauenstatbestand bei der Beklagten entstanden, daß eine nachträgliche Aufhebung des Bescheides nicht mehr erfolge. Die Beendigungsautomatik des § 59 BAT diene auch den Interessen des Arbeitgebers an der Rechtssicherheit für weitere Personalentscheidungen.
Schließlich sei ein Wiedereinstellungsanspruch nicht begründet, da bereits die Anspruchs Voraussetzungen nicht vorlägen. Im übrigen sei dieser Anspruch aus den genannten Gründen verwirkt. Der Arbeitsplatz sei neu besetzt worden im Oktober/November 1995.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Eine Abstimmung über einen Arbeitsversuch sei mit der Beklagten nicht erfolgt. Das Arbeitsverhältnis habe geendet zum Ende Februar 1995. Die Klägerin sei deshalb vielmehr für die Monate März bis Mai 1995überzahlt, so daß eine Rückforderung durch die Beklagte zu erfolgen habe.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 13.03.1996 wurde festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 28.02.1995 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Weiter wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 30.171,58 DM brutto nebst 4 % Zinsen nach folgender Maßgabe zu zahlen:
auf den sich aus 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.07.1995.
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.08.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.10.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.11.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1995,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.01.1996,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.02.1996,
auf den sich aus weiteren 3.771,46 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 01.03.1996.
Die Widerklage wurde abgewiesen, die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt und der Streitwert auf 30.171,68 DM festgesetzt. Wegen des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover wird auf dieses (Bl. 112-136 d.A.) verwiesen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover wurde der Beklagten am 19.04.1996 zugestellt. Hiergegen legte die Beklagte am 15.05.1996 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 01.07.1996 am 28.06.1996.
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, daß § 59 BAT eindeutig regele, daß das Arbeitsverhältnis mit Zustellung des Bescheides ende, so daß eine Auslegung des § 59 BAT nicht in Betracht komme. Damit komme es auch auf die materielle Richtigkeit des Bescheides ebensowenig wie auf die Rechtskraft an.
Darüber hinaus sei bei Zustellung des Rentenbescheides eine Rücknahme des Antrages noch nicht erfolgt. Der Verwaltungsakt werde aber mit Zustellung wirksam. Der Antrag könne aber nur bis zum Wirksamwerden des Bescheides zurückgenommen werden, nicht später.
Im übrigen habe der Rentenantrag nur mit Zustimmung des Arbeitsamtes zurückgenommen werden können, da Arbeitslosengeld gemäß § 105 a AFG gewährt worden sei unter der Voraussetzung, daß auch ein Rentenantrag gestellt werde. Ansonsten wäre es möglich, daß sich der Antragsteller Leistungen erschleiche, ohne zu gewährleisten, daß eine soziale Absicherung anschließend erfolgt.
Darüber hinaus sei eine Rücknahme eines Rentenantrages nur dann möglich, wenn keine irreversiblen Wirkungen hierdurch eintreten. Hier sei aber die Wirkung des § 59 BAT eingetreten und damit Nachfolgewirkungen entstanden z. B. bei der Krankenversicherung.
Darüber hinaus sei tatsächlich eine Rücknahme nicht erfolgt, wie sich aus dem Wortlaut des Schreibens der Klägerin selbst ergebe.
Da die Beklagte den Bescheid über die Rücknahme zwischenzeitlich angefochten habe, sei dieser auch nicht rechtskräftig, es könne deshalb von einer wirksamen Aufhebung der EU-Rente nicht gesprochen werden.
Eine eventuell notwendige Interessenabwägung hätte zugunsten der Beklagten ausfallen müssen, da die Klägerin den Bescheid erst am 30.05.1995 der Beklagten vorgelegt habe, ohne Mitteilung der Rücknahme.
Tatsächlich sei die Klägerin auch erwerbsunfähig. Diese konkrete Feststellung im Rentenbescheid sei nicht widerrufen, da diese Feststellung auf der Grundlage eines entsprechenden Gutachtens erfolgt sein müsse, sei eine tatsächliche Beschäftigung bei der Beklagten nicht möglich. Die Weiterbeschäftigung der Klägerin sei unzumutbar. Schließlich sei die Klägerin durch die EU-Rente auch ausreichend geschützt.
Ein Entgeltanspruch der Klägerin bestehe nicht. Zum einen müsse sich die Klägerin erhaltenes Arbeitslosengeld anrechnen lassen. Annahmeverzug sei nicht gegeben, da die Klägerin nicht arbeitsfähig gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 13.03.1996, AZ 16 Sa 825/96, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß bezüglich des Zahlungsantrages die Beklagte zu verurteilen ist, an die Klägerin 35.025,48 DM brutto abzüglich des Arbeitslosengeldes in Höhe von 11.689,60 DM nebst 4 % Zinsen auf den jeweiligen monatlichen Nettodifferenzbetrag zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlußberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 27.08.1996. Hierauf wird verwiesen (Bl. 185-190 d.A.).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung in dieser vermögensrechtlichen Streitigkeit ist gemäß §§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 800,00 DM offenkundigübersteigt. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 28.02.1995 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Bezüglich der Zahlungsansprüche sind noch weitere Aufklärungen erforderlich, so daß gemäß § 301 ZPO durch Teil-Urteil zu entscheiden war.
Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß ihr Arbeitsverhältnis nicht zum 28.02.1996 beendet worden ist, da die Beklagte die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses behauptet und damit Streit zwischen den Parteien über den Bestand eines Rechtsverhältnisses besteht.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht gemäß der Vorschrift des § 59 Abs. 1 BAT beendet worden.
Diese Vorschrift findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, da gemäß dem Dienstvertrag vereinbart worden ist, daß für das Dienstverhältnis das gemeinsame Mitarbeitergesetz und die Dienstvertragsordnung in der jeweils geltenden Fassung Anwendung findet. Gemäß § 8 des gemeinsamen Mitarbeitergesetzes (MG) der Konförderation ev. Kirchen in Niedersachsen über die Rechtsstellung der Mitarbeiter werden Dienstverträge nach den Bestimmungen der Dienstvertragsordnung abgeschlossen gemäß § 2 der Dienstvertragsordnung vom 16.05.1983. In der in dem Zeitpunkt der behaupteten Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltenden Fassung sind gemäß § 2 auf die Dienstverhältnisse der Angestellten die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und der zusätzlichen Regelungen in der für das Land Niedersachsen jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Bezüglich der Vorschrift des § 59 BAT findet sich keine Sonderregelung in der Dienstvertragsordnung, so daß diese auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.
Gemäß § 59 Abs. 1 BAT endet das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, wenn durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt wird, daß der Angestellte berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist, sofern der Angestellte eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat. In § 59 Abs. 1 findet sich ferner die Regelung, daß der Angestellte den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten hat.
Zwar ist vorliegend der Klägerin ein Rentenbescheid wegen Erwerbsunfähigkeit Anfang Februar 1995 auf ihren Antrag hin zugegangen. Dieses führt jedoch vorliegend nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da die Klägerin den Rentenantrag zuvor zurückgenommen bzw. ruhendgestellt hatte, so daß die Klägerin letztlich keinen Anspruch auf die Rentenzahlungen hatte und damit die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Wege einer Automatik nicht erfolgen kann.
Zwar ist der Beklagten einzuräumen, daß § 59 BAT vom Wortlaut her die Auslegung zuläßt, daß das Arbeitsverhältnis eines Angestellten mit Ablauf des Monats von selbst endet, in dem der Bescheid über eine EU-Dauerrente zugestellt wird.
Die Auslegung eines normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regelungen, wobei zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen ist. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Regelung zu erforschen, ohne am Buchstaben haftenzubleiben. Der Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist darüber hinaus auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil diese Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Darüber hinaus können unter Umständen zusätzlich herangezogen werden weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages oder auch eine praktische Tarif Übung. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (so ständige Rechtsprechung des BAG in AP Nr. 1 zu § 27 MTL 2. AP Nr. 10 zu§ 47 BAT, AP Nr. 1 zu § 2 TVRatAng, AP Nr. 17 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk sowie AP Nr. 7 zu § 29 BAT).
Unter Beachtung des tariflichen Gesamtzusammenhanges folgt, daß das Arbeitsverhältnis eines Angestellten ohne Kündigung regelmäßig nur dann von selbst enden soll, wenn der Angestellte laufend Bezüge aus der Rentenversicherung oder entsprechende Versorgung erhält. Nur unter dieser Voraussetzung können Bedenken unter Kündigungsgesichtspunkten zurückgestellt werden, wenn das Arbeitsverhältnis kraft auflösender Bedingung durch Eintritt der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 59 BAT endet. Der Verlust des Bestandsschutzes eines Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer auch unter Beachtung des Auflösungsinteresses des Arbeitgebers bei verminderter Leistungsfähigkeit wegen der damit verbundenen sozialen Schlechterstellung nur dann zumutbar, wenn an die Stelle der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis ein Rentenanspruch tritt, der zudem bei der kurzfristigen Beendigung nach § 59 Abs. 1 BAT außerdem noch durch die Zusatzversorgung abgedeckt ist. Aus diesem Grunde hat die Rechtsprechung auch regelmäßig geprüft, ob ein sachlicher Grund für die auflösende Bedingung nach§ 59 BAT gegeben ist (vgl. BAG in AP Nr. 9 zu § 7 Bundesurlaubsgesetz Abgeltung, AP Nr. 4 zu § 59 BAT in ZTR 92, 425 [BAG 09.10.1991 - 6 AZR 443/89]).
Würde demzufolge das Arbeitsverhältnis gemäß § 59 BAT enden, ohne daß die Dauerrente gesichert ist und darüber hinaus die zusätzliche Zusatzversorgung gezahlt wird, so bestehen im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz des Sozialstaatsprinzips rechtliche Bedenken an der Wirksamkeit der Regelung. Würde ein Arbeitnehmer nämlich allein aufgrund eines Bescheides bezüglich der EU-Rente aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden müssen, ohne daß auf Dauer gewährleistet ist, daß die Rente wie auch die Zusatzrente gezahlt wird, so würde das Arbeitsverhältnis enden, ohne daß der Arbeitnehmer trotz langer Betriebszugehörigkeit sich gegen die Berechtigung der Kündigung zur Wehr setzen kann und damit seine soziale Absicherung nur eingeschränkt gewährleistet ist. Der Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages ergibt deshalb, auch gemessen an der Beendigungsregelung des § 60 BAT, daß das Arbeitsverhältnis von selbst nur dann enden soll, wenn tatsächlich die Rentenzahlung mit der entsprechenden Versorgung gewährleistet ist.
Vorliegend ist aber der Rentenbescheid durch Bescheid vom 30.08.1995 zurückgenommen, so daß eine Rentenzahlung tatsächlich nicht erfolgt.
Damit sind die Voraussetzungen des § 59 BAT für ein Ausscheiden der Klägerin nicht gegeben.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß die Klägerin ursprünglich den Bescheid über die EU-Rente seitens der BfA erhalten hatte und sich nunmehr so behandeln lassen mußte, als ob dieser Bescheid rechtskräftig ist. Die Klägerin war nämlich ohne weiteres in der Lage, ihren Antrag auf Gewährung einer EU-Rente zurückzunehmen. Die Versicherte kann nämlich ihren Rentenantrag grundsätzlich jedenfalls bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung des Widerspruches gegen einen bereits erlassenen Rentenbescheid zurücknehmen. Selbst nach Bekanntgabe der Verwaltungsentscheidung ist eine Rücknahme möglich. Wenn nämlich die Versicherte innerhalb der Widerspruchsfristüberlegen kann, ob sie den Rentenbescheid angreift, um z. B. einen früheren Beginn oder einen höheren Zahlbetrag der Rente zu erreichen, so erscheint es sachgerecht, ihr bis dahin auch die Möglichkeit einzuräumen, durch Rücknahme des Rentenantrages ein für sie insgesamt günstigeres Ergebnis zu erzielen. Tatsächlich kann erst nach Erhalt des Rentenbescheides das genaue Ausmaß der gewährten Leistung erkannt werden. Der Bescheid über die Rente wird für die Versicherte erst dann bindend, wenn er unanfechtbar geworden ist (so Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.08.1995, AZ 13 RJ 43/94 in BSGE 76, 218 ff. [BSG 09.08.1995 - 13 RJ 43/94]).
Dieser Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes schließt sich die erkennende Kammer aus den dort genannten Gründen im vollen Umfange an.
Die Antragsrücknahme führte damit zu einem Wegfall einer notwendigen Tatbestands Voraussetzung des Rentenanspruches. Zwar wird durch den fehlenden Antrag der ursprünglich erlassene Bescheid nicht nichtig. Er wird durch die Rücknahme des Antrages lediglich anfechtbar. Anfechtbar und damit rechtswidrig sind nämlich Verwaltungsakte, die ohne die aufgrund eines Gesetzes oder nach allgemeinen Grundsätzen erforderliche Mitwirkung des betroffenen Bürgers erlassen worden sind, insbesondere wenn kein Antrag gestellt worden ist, insbesondere bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten (vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz. 5. Aufl. 1991. § 44 Rnr. 15 m.w.N.).
Tatsächlich hatte die Klägerin nach Erlaß des Bescheides aber vor Zustellung eine Rücknahme erklärt bzw. den Antrag ruhend gestellt, so daß es an der notwendigen Mitwirkungshandlung der Klägerin fehlte. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich die Erklärung der Klägerin letztlich als Rücknahme darstellt, denn auch das Ruhendstellen bzw. das Zurückstellen des Antrages führt dazu, daß ein Wille der Klägerin nicht vorhanden war, den ursprünglich gestellten Antrag bescheiden zu lassen. Mit der Erklärung gegenüber der BfA war deutlich, daß eine Entscheidung nicht mehr erfolgen sollte, mit dem Ergebnis, daß eine Mitwirkung der Klägerin bei den mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt der Rentengewährung nicht mehr vorhanden war.
Die nach Erlaß des Bescheides von der Klägerin an die BfA gerichteten Schreiben sind zumindest als Widerspruch gegenüber der BfA zu werten, den Bescheid aufzuheben, so daß die Klägerin alles erforderliche getan hat, um den Bescheid über die Gewährung der EU-Rente rechtlich unwirksam werden zu lassen.
Die Antragsrücknahme ist auch dann möglich, wenn Leistungen Dritter aufgrund der Gewährung der Rente bereits erfolgt sind. Eventuelle Leistungen Dritter wie der Krankenversicherung sind verknüpft mit der Rentenbewilligung. Beläßt man es bei der Dispositionsfreiheit der Versicherten bezüglich ihres Rentenantrages, jedenfalls bis zur Bestandskraft des Bescheides, so sind gegebenenfalls Leistungen rückabzuwickeln. Die Dispositionsfreiheit kann nicht dadurch eingeschränkt werden, daß andere Leistungen gewährt sind, da diese nachträglich korrigiert werden können.
Demzufolge hat die Beklagte auch diese zulässigen Dispositionen der Klägerin gegen sich gelten zu lassen. Wenn es grundsätzlich möglich ist, daß die Klägerin nach Erhalt des Bescheides den Antrag zurücknimmt, so handelt sie rechtmäßig. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben gegenüber der Beklagten kann insoweit nicht angenommen werden.
Eine Genehmigung zur Rücknahme des Antrages seitens des Arbeitsamtes war nicht erforderlich. Die Klägerin hatte gleichzeitig einen Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen gestellt wie auch einen Antrag auf Rente. Zwar ist der Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, bei Bezug des Arbeitslosengeldes ab 08.10.1994 gemäß § 105 a AFG zur Auflage gemacht worden, einen Antrag auf Rente zu stellen. Die Klägerin hat aber im folgenden die beantragte Rehamaßnahme durchgeführt, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, in der Zeit vom 02.11. bis 30.11.1994. Diese Rehabilitationsmaßnahme war erfolgreich, wie sich aus dem Entlassungsschein der Rehaklinik vom 30.11.1994 ergibt. Damit war der von der Klägerin gestellte Antrag auf Rente von der Klägerin nicht weiterzuverfolgen, da die Leistungen nach § 105 a AFG den Zweck haben, eine vorübergehende Absicherung bei nicht nur vorübergehender Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers darzustellen. Da die Rehabilitationsmaßnahme vorrangig dazu dient, die Arbeitskraft wiederherzustellen, ist vorrangig die Wiederaufnahme der Tätigkeit und nicht die Rentenzahlung. Aus diesem Grunde war die Maßnahme nach § 105 a AFG erfolgreich abgelaufen. Das vorrangige Ziel der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit war gewährleistet. Die Folge hiervon war zwangsläufig die Nichtgewährung einer Rente. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, weshalb das Arbeitsamt der Rücknahme des Rentenantrages zustimmen muß, wenn die vorrangige Rehabilitationsmaßnahme erfolgreich verläuft und eine Wiederaufnahme der Tätigkeit erfolgen kann.
Die Anfechtung der Beklagten vom 10.06.1996 bezüglich des Bescheides vom 30.08.1995 über die Rücknahme des Rentenbescheides ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Der Bescheid vom 30.08.1995 enthält lediglich die Feststellung, daß die Rentenbewilligung durch die Antragsrücknahme entfallen ist.
Die Aufhebung eines solchen Bescheides führte aber nicht automatisch zur Rentengewährung, da die Rücknahme bzw. das Ruhendstellen des Rentenantrages erfolgt ist, was wiederum Voraussetzung für den Bescheid über die EU-Rente ist. Die Anfechtung könnte deshalb nicht zur Rentengewährung führen und ist deshalb für die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Belang.
Rechtsfolge aus der hier vorgenommenen Auslegung des § 59 BAT ist deshalb, daß das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Da eine Rente nicht zu gewähren war und damit auch eine Zusatzversicherung über die Beklagte nicht gewährt werden konnte, konnte das Arbeitsverhältnis nicht automatisch beendet werden. Es fehlt an dem hierfür erforderlichen sachlichen Grund.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß Treu und Glauben gemäß § 242 BGB es gebieten, eine anders Betrachtung vorzunehmen. Die hierbei gebotene Interessenabwägung ist nicht zu Lasten der Klägerin vorzunehmen.
Wie bereits oben ausgeführt, hatte die Klägerin noch Dispositionsfreiheit über ihren Antrag bis zur Bestandskraft des Rentenbescheides. Ihr kann deshalb nicht vorgeworfen werden, diesen Antrag zurückgenommen bzw. ruhend gestellt zu haben.
Ebensowenig kann der Klägerin vorgeworfen werden, sie habe sich alle Hintertürchen offenhalten wollen und dem Arbeitgeber über den Rentenbescheid nichts gesagt.
Aus der Sicht der Klägerin war der Rentenantrag erledigt. Es fehlte an der erforderlichen Mitwirkungshandlung zum Erlaß des Rentenbescheides. Sie mußte deshalb dem Beklagten auch hiervon keine Mitteilung machen, da der Bescheid anfechtbar war und letztlich nicht zur Rentengewährung führen konnte. Tatsächlich hat die Klägerin auch ausweislich des Entlassungsscheines der Rehaklinik arbeiten können. Sie ist auch von der Beklagten beschäftigt worden, ohne daß diese vorgetragen hat, daß irgendwelche Einschränkungen bei der Klägerin erkennbar waren. Dispositionen bezüglich des Arbeitsplatzes der Klägerin hatte sie im Zeitpunkt der Kenntnisnahme von den tatsächlichen Verhältnissen noch nicht getroffen.
Auch hat die Klägerin nicht doppelt kassiert, da sich aus ihren Schreiben gegenüber der BfA regelmäßig ergibt, daß sie zur Rückzahlung der ausgezahlten Rente bereit ist. Vorliegend hat die BfA vielmehr zögerlich gehandelt und reagiert, was der Klägerin nicht angelastet werden kann.
Zwar führt die Beendigungsautomatik des § 59 Abs. 1 BAT auch zu einer Rechtssicherheit für den Arbeitgeber für künftige Personalentscheidungen. Es ist aber nicht unzumutbar, daß bezüglich der Bestandskraft des Rentenbescheides noch 1 Monat abgewartet werden kann, um sicherzustellen, daß die Rente auch tatsächlich zu gewähren ist und um die Klägerin nicht in ihrer Dispositionsfreiheit als Arbeitnehmerin einzuschränken in bezug auf die erwartete Höhe und den Umfang des Rentenanspruches.
Zwar wäre möglicherweise ein Offenlegen der Verhältnisse durch die Klägerin erwünscht gewesen, jedoch führt dieses angesichts der Bedeutung im Hinblick auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Klägerin und ihre Absicherung nicht zu einer anderen Betrachtungsweise (vgl. auch Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10.10.1996, AZ 14 (11) Sa 1025/96, nicht rechtskräftig). Der Beklagten wird insoweit nichts unbilliges zugemutet, weil sie nicht länger als 1 Monat nach Zugang des Bescheides das Risiko zu tragen hat, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist (vgl. Urteil des BAG in NZA 92, 26 [BAG 16.08.1991 - 2 AZR 241/90]).
Inwieweit der Klägerin hingegen ein Entgeltanspruch für den vorausgegangenen Zeitraum zusteht, richtet sich danach, inwieweit die Klägerin tatsächlich in diesem Zeitraum arbeitsfähig war, was weiterer Aufklärung bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.