Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.03.1997, Az.: 1 TaBV 8/97
Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung von Fragen der Ordnung des Betriebs
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 27.03.1997
- Aktenzeichen
- 1 TaBV 8/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 14085
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1997:0327.1TABV8.97.0A
In dem Rechtsstreit
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 1997
durch
den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrates (Bet. zu 1) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 10. Dezember 1996 - 4 BV 95/96 - wird zurückgewiesen.
Gründe
1.
Die Beteiligten streiten um die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung von Fragen der Ordnung des Betriebs. Sachlicher Hintergrund des vom Betriebsrat gestellten Antrags ist die von der Arbeitgeberin unter dem 27. August 1996 an die Mitarbeiter der Wohnungsverwaltung gerichtete Dienstanweisung, Reisekataloge der ... und ... zulegen, Hinweisplakate auf Vermittlung von Reisen aufzuhängen sowie die Vermittlung von Reisen zu übernehmen und für interessierte Kunden Anmeldeformulare auszufüllen und weiterzuleiten.
Das angerufene Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrates mit Beschluß vom 10. Dezember 1996 wegen offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, daß sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG 1972 allein auf die Gestaltung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens von Arbeitnehmern beziehe und insoweit zwischen mitbestimmungsfreiem "Arbeitsverhalten" und mitbestimmungspflichtigem "Ordnungsverhalten" unterschieden werden müsse. Mitbestimmungsfrei seien alle das Arbeitsverhalten betreffenden Maßnahmen, mit denen der Arbeitgeber die Arbeitspflicht näher bestimme. Darum handele es sich auch im vorliegenden Fall, da der Arbeitgeber die Arbeitspflicht der Arbeitnehmer durch die erteilten Arbeitszuweisungen ohne Auswirkung auf deren Ordnungsverhalten näher festgelegt habe. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im ersten Rechtszug und der näheren Entscheidungsbegründung wird der Beschluß des Arbeitsgerichts (Bl. 29 bis 32 d.A.) in Bezug genommen.
Im Beschwerderechtszug beantragt der Betriebsrat (Bet. zu 1)
den Beschluß des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 10.12.1996 - 4 BV 95/96 - abzuändern und
- 1.
den Richter am Bundesarbeitsgericht L. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Abschluß einer Betriebsvereinbarung wegen der Vermittlung von Reisen aus dem Programm der Firma Fuhrmann/Mundstock" bei den Antragsgegner zu bestellen;
- 2.
die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festzusetzen.
Die Arbeitgeberin (Bet. zu 2) und 3) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zum Vorbringen der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird auf den Schriftsatz des Betriebsrats vom 28. Januar 1997 und die Sitzungsniederschrift vom 27. März 1997 verwiesen.
2.
Die nach den Feststellungen zur Anhörungsniederschrift vom 27. März 1997 form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Betriebsrates (Bet. zu 1) ist statthaft und zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die Beschwerdekammer folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und stellt dies hiermit fest (§§ 98 Abs. 2 Satz 3, 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. mit § 543 Abs. 1 ZPO).
Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses fordert ein aufeinander abgestimmtes Verhalten. Dazu dienen verbindliche Verhaltensregeln sowie unterschiedliche Maßnahmen, die geeignet sind, das Verhalten der Arbeitnehmer zu beeinflussen und zu koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechtes ist es, den Arbeitnehmern eins gleichberechtigte Teilhabe an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens zu gewähren.
Es ist augenscheinlich, daß mit der umstrittenen Dienstanweisung der Arbeitgeberin (Bet. zu 2 und 3) eine solche Maßnahme nicht getroffen worden ist. Die arbeitgeberseitige Dienstanweisung diente ausschließlich dazu, die Arbeitspflichten und zu erfüllenden Aufgabenstellungen der Mitarbeiter zu erweitern. Ob dies rechtlich zulässig und zumutbar ist, entscheidet sich ausschließlich nach dem Inhalt der Arbeitsverträge der betroffenen Mitarbeiter. Erkennen die Arbeitnehmer in der Dienstanweisung eine Überschreitung des arbeitsvertraglichen Rahmens, können sie dies in einem Individualrechtsstreit zum Gegenstand arbeitsgerichtlicher Überprüfung machen. Befugnisse des Betriebsrats hierbei kollektiv tätig zu werden stellt das Betriebsverfassungsgesetz dagegen nicht zur Verfügung.
Soweit die Beschwerde ihren Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle auf die Erweiterung oder Veränderung des Betriebszwecks stützt und in der Umsetzung der Dienstanweisung eine gegebenenfalls interessenausgleichspflichtige Betriebsänderung im Sinne der §§ 111 und 112 BetrVG 1972 erkennt, ist nicht einsichtig, daß die Aufgabenzuweisung die Betriebsorganisation oder den Betriebszweck grundlegend geändert hat. Ohne nähere Darlegungen erübrigt sich daher eine Überprüfung dieser von der Beschwerde vorgetragenen Rechtsauffassung.
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da gemäß § 12 Abs. 5 ArbGG im Beschlußverfahren Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gegen diese Entscheidung findet ein Rechtsmittel nicht statt (§ 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG).