Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.05.1997, Az.: 15 (6) Sa 1233/96
Wirksamkeit einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 07.05.1997
- Aktenzeichen
- 15 (6) Sa 1233/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 14020
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1997:0507.15.6SA1233.96.0A
In dem Rechtsstreit
hat die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 07. Mai 1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
den ehrenamtlichen Richter ... sowie
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 20.03.1996 - 3 Ca 434/95 - abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 23.06.1995 unwirksam ist und daß das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 31.12.1995 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vom Kläger unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung, die die Beklagte zum Zwecke der Versetzung des Klägers aus der Filiale ... in die Filiale Hannover ausgesprochen hat.
Der am 08.06.1952 geborene Kläger, verheiratet, 2 Kinder, ist gelernter Bankkaufmann und seit dem 01.10.1973 bei der Beklagten in deren Filiale in ... beschäftigt gewesen. Er erhält Gehalt nach der Tarifgruppe (TG) 9 des Manteltarifvertrags für das Bankgewerbe. Von November 1977 bis Januar 1979 war er als Sachbearbeiter in der Baukreditabteilung eingesetzt. Anschließend nahm er bis Januar 1982 an der Fachausbildung "Kredit" teil. Von Januar 1981 bis Januar 1990 arbeitete er als Sachbearbeiter "Kredit Allgemein", danach bis 1991 als Sachbearbeiter "Firmenkredit". Anläßlich einer Neuorganisation des Firmenkreditgeschäfts war er seitdem als Zielkundensachbearbeiter im Firmenkundengeschäft tätig. Sein Tätigkeitsschwerpunkt lag seitdem im "Back-Office-Bereich", wobei er den Firmenkundenbetreuer sachbearbeitend zu unterstützen hatte.
Der Kläger war seit 1981 Mitglied des Betriebsrates und seit Mai 1990 dessen Vorsitzender. Der Betriebsrat ist gewählt für die Filialen
Die Beklagte befindet sich seit längerem in einem Umstrukturierungsprozeß. Bereits im Jahre 1994 wurde die Privatkunden-Kreditsachbearbeitung von ... in die Filiale ... verlegt und dort zentralisiert. In dem Nachtrag 35 zu dem Interessenausgleich vom 12.09.1990 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine vertriebsorientierte Neustrukturierung des Firmenkundengeschäfts, die die Konzentration der bisherigen Standorte des Firmen- und Großkundengeschäfts auf die Orte ... beinhaltete. Zur Umsetzung dieser Entscheidung stand zum 01.10.1995 die Verlagerung des Bereichs Firmenkundenkredit nach Hannover an. In der Filiale ... waren in diesem Bereich der Kläger und 7 weitere Mitarbeiter eingesetzt, die einem eigenen Leiter unterstanden. Der Bereich war im 4. Stock des Geschäftsgebäudes untergebracht und mit eigenen sächlichen Mitteln ausgestattet.
Mit Schreiben vom 01.03.1995 wandte sich die Beklagte an den Kläger wegen seiner Versetzung nach Hannover, die er mit Schreiben vom 06.03.1995 ablehnte. Daraufhin hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 29.03.1995 (Bl. 49-52 d.A.) wegen einer Änderungskündigung zum 31.12.1995 zum Zwecke der Versetzung des Klägers in die Filiale ... an und erbat dessen Zustimmung zu seiner Versetzung. Dabei führte sie aus, daß eine Übernahme des Klägers in die Betriebsabteilung Privatkunden aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich sei, da seine Umschulung unzumutbar sei. Zudem sei keine Stelle in dem in Frage kommenden Bereich APK (Anspruchsvolle Privatkunden) frei. Ein Einsatz des Klägers in diesem Bereich erfordere eine Versetzung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin aus dem Bereich ... auf die für den Kläger vorgesehene Stelle, die gleichfalls nur nach einer Umschulung möglich sei.
Das Schreiben der Beklagten vom 29.03.1995 ging dem Betriebsrat am 07.04.1995 zu, der mit Schreiben vom 12.04.1995 (Bl. 151-154 d.A.) der Änderungskündigung widersprach und die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung verweigerte. Auf Antrag der Beklagten ersetzte das Arbeitsgericht Braunschweig mit Beschluß vom 05.01.1996 (7 BV 49/95) die Zustimmung des Betriebsrats. Die Zustimmungsersetzung ist bisher nicht rechtskräftig, da daß Beschlußverfahren dem Beschwerderechtszug (15 Ta BV 31/96) im Einverständnis der Beteiligten bis zum rechtskräftigen Abschluß des vorliegenden Kündigungsrechtsstreits ausgesetzt worden ist.
Parallel zur Verlagerung des Firmenkundengeschäfts in die Filiale Hannover stand in der Filiale ... eine Personalreduzierung im APK-Betreuungsbereich an, in dem bisher im Passivbereich (Anlagenberatung) die Angestellten ... und im Aktivbereich (Baufinanzierung, Freiberufler) die Angestellten ... eingesetzt waren. Nach einem BCP-Raster entfielen in beiden Bereichen je 1 Arbeitsplatz. Nach der Planung der Beklagten vom Februar/März 1995 wechselte die Angestellte ... in die Filiale ... Ihren Arbeitsplatz im Aktivbereich sollte der Angestellte ... übernehmen. Mit der Angestellten ... war ein Aufhebungsvertrag zum 30.09.1995 geschlossen worden. Im April 1995 zeigte die Angestellte ... ihre Schwangerschaft an und teilte mit, daß sie beabsichtige, Erziehungsurlaub zu nehmen. Mittlerweile wird auf ihrem Arbeitsplatz vorübergehend der SPK-Betreuer (Sonstige Privatkunden) ... aus der Filiale ... eingesetzt, der in ... durch befristet übernommene Auszubildende vertreten wird. Im Mai 1995 kündigte der Mitarbeiter ... zum 30.06.1995. Daraufhin machte die Beklagte den Aufhebungsvertrag mit der Angestellten ... rückgängig. Bereits am 06.05.1995 hatte sich der Betriebsrat anläßlich einer Besprechung wegen der Personalplanung im Privatkundenbereich gegen die Absicht gewandt, den Aufhebungsvertrag rückgängig zu machen und darauf verwiesen, daß nunmehr für den Kläger im APK-Bereich ein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.
Nachdem nach anfänglicher Weigerung der Betriebsrat der Filiale ... der Versetzung des Klägers am 19.06.1995 zugestimmt hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 23.06.1995 das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.1995 und bot ihm zum 01.01.1996 die Weiterbeschäftigung im Zentralen Kreditbüro in ... zu im übrigen unveränderten Bedingungen an. Der Kläger nahm dieses Angebot mit Schreiben vom 10.07.1995 unter Vorbehalt an. Im September/Oktober 1995 zog die Firmenkundenabteilung unter Verbringung der sächlichen Mittel nach Hannover um. Der Kläger wurde ab dem 22.09.1995 freigestellt. Aufgrund eines Vergleichs in einem einstweiligen Verfügungsverfahren wegen Weiterbeschäftigung (3 Ga 9/95) wird der Kläger seit Januar 1996 vorläufig in dem Zentralen Kreditbüro in Hannover beschäftigt. Der Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzsachbearbeiter ... verblieb in ... bis zu seiner Freistellung am 01.02.1996, weil er noch 2 Verfahren abzuschließen hatte.
Mit seiner am 14.07.1995 eingereichten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung aus formellen und materiellen Gründen geltend gemacht. Er hat in Abrede gestellt, daß eine Betriebsabteilung geschlossen worden sei. Weiter hat er geltend gemacht, daß seine Weiterbeschäftigung im APK-Bereich möglich sei, die aufgrund seiner Berufserfahrung lediglich kurzfristige Schulungsmaßnahmen erfordere.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Änderung bei Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 23.06.1995, dem Kläger am 27.06.1995 zugegangen, unwirksam ist, und daß das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen auch über den 31.12.1995 fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Kündigung in formeller und materieller Hinsicht verteidigt. Insbesondere hat sie geltend gemacht, daß der Arbeitsplatz des Klägers wegen der Schließung der Betriebsabteilung Firmenkunden entfallen sei und eine Übernahme in den APK-Bereich betrieblich nicht möglich sei. Eine Umschulung, deren Erfolg zweifelhaft sei, sei unzumutbar, da die Umschulungsdauer nach dem mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarten Ausbildungsgang 12 bis 18 Monate dauere. Die Unzumutbarkeit ergebe sich auch daraus, daß ein Ringtausch erforderlich sei, um einen Arbeitsplatz für den Kläger frei zu machen, dieser Ringtausch aber eine weitere Umschulung des auszutauschenden Arbeitnehmers notwendig mache.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils vom 30.03.1996 Bezug genommen, mit dem das Arbeitsgericht die Klage auf Kosten des Klägers abgewiesen und den Streitwert auf 9.000,00 DM festgesetzt hat. Gleichfalls wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen, das dem Kläger am 27.06.1996 zugestellt worden ist und gegen das er am 15.07.1996 Berufung eingelegt hat, die er am 14.08.1996 begründet hat.
Der Kläger greift das Urteil aus den in seiner Berufungsbegründungsschrift vom 13.08.1996 wiedergegebenen Gründen an. Auf die Berufungsbegründungsschrift und die ergänzenden Schriftsätze vom 19.09.1996 und 03.02.1997 nebst Anlagen wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 23.06.1995, dem Kläger zugegangen am 27.06.1995, unwirksam ist, und daß das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen auch über den 31.12.1995 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf ihre Berufungserwiderung vom 17.10.1996 und ihren ergänzenden Schriftsatz vom 24.02.1997 nebst Anlagen wird gleichfalls Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Berufung ist begründet, denn die Änderungskündigung vom 23.06.1995 ist unwirksam, weil die Übernahme des Klägers als APK-Betreuer betrieblich möglich gewesen ist.
Die Beklagte hat den Betriebsrat zu ihrer Kündigungsabsicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG angehört. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. Urteil vom 20.01.1984 - 7 AZR 443/82 - AP Nr. 16 zu § 15 KSchG 1969, mit weiteren Nachweisen: dagegen für eine unmittelbare Anwendung des § 103 BetrVG: Bader, Betriebsberater 1978, 616; Dörner in Bader und andere, KSchG, § 15, Anmerkung 15 oder für eine entsprechende Anwendung des § 103 BetrVG: Hassenpflug, Die Kündigung von Betriebsratsmitgliedern wegen Stillegung eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung, 1989, S. 256 ff.). Zweifelhaft erscheint, ob die Anhörung vom 29.03.1995 eine ausreichende Unterrichtung (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) für die erst am 23.06.1995 ausgesprochene Änderungskündigung beinhaltet hat, weil eine Änderung in dem am 29.03.1995 mitgeteilten Sachverhalt eingetreten war, weil zwischenzeitlich feststand, daß der APK-Betreuer ... zum 30.06.1995 ausscheiden würde, so daß nach dem Wechsel der APK-Betreuerin ... und dem vereinbarten Ausscheiden der APK-Betreuerin ... zum 30.09.1995 ein APK-Betreuer-Platz vakant war. Das kann jedoch dahinstehen, weil die Änderungskündigung gegen § 15 Abs. 5 KSchG verstößt.
Die Kündigung eines Mitgliedes des Betriebsrates ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung vorliegt oder gerichtlich ersetzt ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG). Ausnahmsweise ist die Kündigung auch im Falle der Betriebsstillegung zulässig (§ 15 Abs. 4 KSchG). Wird lediglich eine Betriebsabteilung stillgelegt, in der das Betriebsratsmitglied beschäftigt ist, ist es in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen (§ 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG). Nur wenn die Übernahme betrieblich unmöglich ist, findet gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 KSchG die Regelung des § 15 Abs. 4 KSchG entsprechende Anwendung.
Vorliegend kann mit der Beklagten und mit dem Arbeitsgericht davon ausgegangen werden, daß es sich bei dem Bereich Firmenkundenkredit/-geschäft um eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG gehandelt hat. Eine Betriebsabteilung ist ein organisatorisch abgrenzbarer Teil eines Betriebs, der eine personelle Einheit erfordert, dem eigene technische Betriebsmittel zur Verfügung stehen und der einen eigenen Betriebszweck verfolgt (BAG, Urteil vom 20.01.1984, a.a.O.). Der Bereich Firmenkunden war räumlich im 4. Stock des Geschäftsgebäudes abgegrenzt und mit eigenen sächlichen Mitteln ausgestattet. Acht Angestellte waren unter einem Leiter zusammengefaßt, die den abgrenzbaren Zweck der Bearbeitung des Firmenkundengeschäfts verfolgten. Substantiierte tatsächliche Einwendungen bringt der Kläger dagegen nicht vor, so daß davon auszugehen ist, daß die Voraussetzungen der Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG gegeben waren.
Mit der Verlegung dieser Abteilung einschließlich ihrer sächlichen Mittel nach ... ist die Abteilung in der Filiale ... stillgelegt worden. Soweit der Kläger dagegen einwendet, der Arbeitnehmer ... sei über den 01.10.1995 in ... tätig geblieben, ändert das nichts an dem Tatbestand der Stillegung. Fraglich ist allenfalls, wann die Stillegung abgeschlossen war, zum 01.10.1995 oder zum 01.02.1996, und damit die Frage, ob der Kläger nicht vor dem 01.02.1996 im Wege der Änderungskündigung hätte versetzt werden dürfen, falls er die Abwicklungsarbeiten des Arbeitnehmers ... hätte übernehmen können. Das kann jedoch auf sich beruhen, weil dem Kläger nicht gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 KSchG gekündigt werden durfte, weil seine Weiterbeschäftigung in der Abteilung Privatkunden im Bereich APK betrieblich möglich war (§ 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG).
Der Tatbestand der betrieblichen Unmöglichkeit der Übernahme in eine andere Betriebsabteilung geht deutlich über die Anforderungen an eine betriebsbedingte Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG hinaus (BAG, Urteil vom 25.11.1981 - 7 AZR 382/79 - AP Nr. 11 zu § 15 KSchG 1969). Kann das Betriebsratsmitglied in einer anderen Abteilung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz eingesetzt werden, kommt sogar entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts die Freikündigung eines Arbeitsplatzes in Betracht, weil im Vordergrund des besonderen Kündigungsschutzes für Betriebsratsmitglieder der Schutz des Betriebsverfassungsorgans in seiner gewählten personellen Zusammensetzung steht (vgl. z. B. KR - Etzel, 4. Auflage, § 15 KSchG, Rd. Nr. 126). Vorliegend bedurfte es jedoch keiner Freikündigung eines Arbeitsplatzes im APK-Betreuer-Bereich, denn nach der Betriebsratsanhörung hatte sich vor Ausspruch der Kündigung die Sachlage geändert. Wegen des Wechsels der Angestellten nach ... und des Ausscheidens des Angestellten ... zum 30.06.1995 und der Angestellten ... zum 30.09.1995 war eine Stelle im Aktivbereich der APK-Betreuung zum 01.10.1995 vakant. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß sie diese Vakanz selbst wieder rückgängig machte, indem sie den Aufhebungsvertrag mit der Angestellten ... vor Ausspruch der Kündigung wieder rückgängig machte, denn sie hat dabei die berechtigten Interessen des Klägers und des Betriebsrats an seiner unveränderten personellen Zusammensetzung außeracht gelassen.
Bei dem Arbeitsplatz im Aktivbereich der APK-Betreuung handelt es sich um einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Der Kläger ist als Zielkundensachbearbeiter im Bereich des Firmenkundengeschäfts in die TG 9 des § 6 MTV eingruppiert. Nach den Tätigkeitsbeispielen sind Kundenberater in die TG 7, Kundenberater mit erhöhten Anforderungen (z. B. inklusive Spezialberatung im Individualgeschäft) in die TG 8 und Kundenberater mit besonderen Anforderungen in die TG 9 eingruppiert. Die Tätigkeit auf dem Arbeitsplatz der Angestellten ... ist nach der betrieblichen Praxis 9-wertig, denn diese ist, nachdem sie wegen Verlegung der Privatkundenkreditsachbearbeitung nach ... im Jahr 1994 ohne besondere Umschulungsmaßnahmen in die APK-Betreuung gewechselt ist, nach entsprechender Einarbeitungszeit mittlerweile in die TG 9 eingruppiert.
Der Einsatz des Klägers als APK-Betreuer im Aktivbereich ist nicht deshalb betrieblich unmöglich, weil er persönlich nicht umschulungsfähig wäre. Die Beklagte hegt an der Umschulungsfähigkeit des Klägers Zweifel, weil in dieser Tätigkeit in hohem Maße verkäuferisches Talent, Kreativität und Beratungsbereitschaft erforderlich sei, mithin Qualitäten, die sie in der Person des Klägers bislang nicht habe erkennen können und die sie auch bei einem Beurteilungs- und Führungsgespräch am 29.10.1993 ausdrücklich habe bemängeln müssen. Zweifel reichen jedoch zur Feststellung der persönlichen Umschulungsunfähigkeit nicht aus. Konkrete Tatsachen, die einen solchen Schluß mit hinreichender Sicherheit zuließen, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz Befragen nicht substantiieren können. Das geht zu ihren Lasten als darlegungs- und beweisbelasteter Partei. Eine Vernehmung des Zeugen ... ist nicht zulässig, da es sich um einen Ausforschungsbeweis handelte.
Die Umschulung des Klägers ist der Beklagten auch nicht unzumutbar (vgl. zur Gleichsetzung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit und betrieblicher Unmöglichkeit: BAG, Urteil vom 25.11.1981, a.a.O.; Hassenpflug, a.a.O., S. 204). Auch wenn von dem Ausbildungsplan der Beklagten (Bl. 92 d.A.) ausgegangen wird, der 3 Qualifizierungsschritte von einer Gesamtdauer von 12 Monaten ausweist und eine weitere 6-monatige eigenständige APK-Betreuertätigkeit bis zur endgültigen Qualifizierung fordert, hat die Beklagte, auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß bei einem Seiteneinsteiger, wie dem Kläger, von einer etwas kürzeren Umschulungszeit von bis zu 12 Monaten ausgegangen werden müsse. Eine 12-monatige Umschulungszeit ist der Beklagten jedoch zumutbar. Das zeigt ein Vergleich mit § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG.
§ 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG bestimmt, daß das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrates nicht geringer bemessen sein darf als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer und zwar einschließlich eines Zeitraumes von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit. Damit wird insbesondere ehemals freigestellten Betriebsratsmitgliedern ein Zeitraum von einem Jahr eingeräumt, ihre Fertigkeiten und Kenntnisse an die betriebliche Entwicklung anzupassen. Der Arbeitgeber muß in dieser Zeit Minderleistungen ohne Entgeltsminderung hinnehmen. Diese Wertung des Gesetzgebers kann für die Frage der Zumutbarkeit der Dauer der notwendigen Umschulung eines Betriebsratsmitglieds zum Zwecke der Übernahme in eine andere Betriebsabteilung nach § 15 Abs. 5 Satz 1 BetrVG herangezogen werden.
Dem kann vorliegend nicht entgegen gehalten werden, daß eine einjährige Umschulung gleichwohl unzumutbar sei, weil der Kläger ohne Umschulung seinen Arbeitsplatz nicht verliere, sondern wie bisher seinem beruflichen Werdegang entsprechend in der Filiale ... beschäftigt werden solle, denn im Rahmen des § 15 Abs. 5 KSchG ist nicht wie bei § 1 KSchG das Bestandschutz-Interesse des Arbeitnehmers gegen die Kosten der Umschulung abzuwägen, sondern der Bestand des Betriebsverfassungsorgans in seiner gewählten Zusammensetzung gegen die Umschulungskosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Zulassung der Revision auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Gegen dieses Urteil findet, wie sich aus der Urteilsformel ergibt, die Revision statt.