Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.07.2011, Az.: 10 LB 172/10

Analoge Anwendbarkeit von Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 auf Anträge hinsichtlich der Festsetzung von Zahlungsansprüchen; Vertreten des Verschuldens einer Hilfsperson wie eigenes Verschulden eines Antragstellers bei einem Antrag auf Agrarförderung; Gutgläubigkeit eines Antragstellers im Falle des Vorliegens eines Fehlers aufgrund von unbewusster und nicht grober Fahrlässigkeit; Ausreichen eines nach der Lebenserfahrung ausreichenden Maßes an Sicherheit für die Überzeugungsbildung einer Behörde bzgl. des Vorliegens der Voraussetzungen eines offensichtlichen Irrtums

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.07.2011
Aktenzeichen
10 LB 172/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 20883
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:0705.10LB172.10.0A

Fundstellen

  • AUR 2012, 377-385
  • DVBl 2011, 1232-1238
  • DÖV 2011, 901

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 ist auf Anträge auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen analog anwendbar.

  2. 2.

    Der Tatbestand des offensichtlichen Irrtums ist u.a. anhand des Kriteriums der Gutgläubigkeit abzugrenzen.

  3. 3.

    Die Gutgläubigkeit eines Antragstellers kann in der Regel nur bejaht werden, wenn der ihm unterlaufene Fehler auf einer unbewussten und nicht groben Fahrlässigkeit beruht.

  4. 4.

    Bedient sich ein Antragsteller zur Ausfüllung seines Antrags einer Hilfsperson, kann dies grundsätzlich weder zu einer Erleichterung noch zu einer Verschärfung der Voraussetzungen führen, unter denen ein offensichtlicher Irrtum anzuerkennen ist. Das Verschulden einer Hilfsperson hat ein Antragsteller wie eigenes Verschulden zu vertreten.

  5. 5.

    Für die Überzeugungsbildung der Behörde, dass die Voraussetzungen eines offensichtlichen Irrtums vorliegen, ist ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügend, das vernünftige, nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht aufkommen lässt.

  6. 6.

    Eine unzulässige Erhöhung der beantragten Fläche liegt nicht vor, wenn sich an anderer Stelle des Antrags oder aus den beigefügten Unterlagen ergibt, dass der Antrag für eine eindeutig bestimmbare größere Fläche gestellt wurde, als mit der Eintragung angegeben worden war, deren jederzeitige Berichtigung aufgrund eines anzuerkennenden offensichtlichen Irrtums zuzulassen ist.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Änderungsbescheides, mit dem die Beklagte seine Zahlungsansprüche unter Berücksichtigung einer geringeren Fläche neu festsetzte.

2

Am 17. Mai 2005 stellte der Kläger einen Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005, den eine Mitarbeiterin des Niedersächsischen Landvolkes nach seinen Angaben ausgefüllt hatte. In der Anlage 1 zu diesem Antrag, dem Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis (Bl. 6 der Beiakte - BA - A), gab der Kläger unter der laufenden Nummer 004 an, er bewirtschafte in dem Feldblock DENILI 03 3514 0675 den Schlag Nr. 43. In Spalte 4 des Gesamtflächen- und Nutzungsnachweises war die Schlaggröße von 3,93 ha als im Rahmen des Beteiligungsverfahrens 2004 ermittelte Angabe vorgedruckt. In Spalte 9 wurde als Kultur-Code für den angebauten Winterroggen handschriftlich die Zahl 121 eingefügt. In Spalte 10 wurde als Schlag-Größe ebenfalls handschriftlich die Ziffernfolge 121, mithin 1 (ha) 21 (ar), eingetragen. Tatsächlich ist der Schlag Nr. 43 nicht 1,21 ha, sondern - wie in Spalte 4 vorgedruckt - 3,93 ha groß. In der dem Antrag beigefügten Betriebskarte 1 (Bl. 12 BA A) zeichnete die Mitarbeiterin des Niedersächsischen Landvolkes den Schlag Nr. 43 in den Feldblock 03 3514 0675 ein.

3

Nachdem ihm der Fehler bei der Eintragung der Größe des Schlages Nr. 43 aufgefallen war, korrigierte der Kläger mit Schreiben vom 21. August 2005 (Bl. 19 BA A) seine Angabe auf die zutreffende Schlaggröße 3,93 ha. Im Rahmen der internen Verwaltungskontrolle beanstandete ein Prüfer unter dem 19. September 2005 diese Miteilung als nicht fristgerechte Antragsänderung. Gleichwohl setzte die Beklagte mit Bescheid vom 7. April 2006 (Bl. 23 ff. [33 f.] BA A) die Zahlungsansprüche des Klägers unter Berücksichtigung einer Schlag-Größe des Schlages Nr. 43 von 3,93 ha fest. Dem Kläger wurden 39,06 Zahlungsansprüche im Wert von 431,38 EUR, 12,71 Zahlungsansprüche im Wert von 276,01 EUR und 3,10 Stilllegungs-Zahlungsansprüche im Wert von 255,12 EUR zugewiesen.

4

Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte jedoch mit dem angefochtenen Änderungsbescheid vom 14. September 2007 (Bl. 56 ff. [63 und 68] BA A) den Festsetzungsbescheid vom "07. 04. 2007" [gemeint war: 07. 04. 2006] auf und setzte die Zahlungsansprüche des Klägers unter Berücksichtigung einer Schlag-Größe des Schlags Nr. 43 von nur noch 1,21 ha neu fest. Dem Kläger wurden nunmehr 36,53 Zahlungsansprüche im Wert von 440,42 EUR, 12,71 Zahlungsansprüche im Wert von 285,05 EUR und 2,91 Stilllegungs-Zahlungsansprüche im Wert von 255,12 EUR zugewiesen.

5

Der Kläger hat daraufhin am 4. Oktober 2007 Klage erhoben.

6

Zur Begründung dieses Rechtsbehelfs hat er geltend gemacht, es handele sich bei der ursprünglich falschen Angabe im Antrag vom 17. Mai 2005 um einen offensichtlichen Irrtum. Die falsche Größenangabe widerspreche ersichtlich der zeichnerischen Darstellung in der Betriebskarte. Aus dieser sei erkennbar, dass der Schlag Nr. 43 deutlich größer sei als der direkt neben dem Schlag 43 in der Betriebskarte benachbarte Feldblock DENILI 03 3514 0677, für den die Betriebskarte eine Größe von 1,84 ha ausweise.

7

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. September 2007 aufzuheben.

8

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

9

Sie hat darauf verwiesen, dass das Schreiben des Klägers vom 21. August 2005 gemäß Art. 21 und 21a der VO (EG) 796/2004 verfristet gewesen sei. Es handele sich auch nicht um einen offensichtlichen "Fehler" im Sinne des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004. Der Betriebsinhaber könne die Schlag-Größen nicht aus der zeichnerischen Darstellung in den Betriebskarten, sondern ausschließlich aus den Angaben im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis herleiten, da in den Betriebskarten eine maßstabsgetreue Darstellung jedenfalls dann nicht möglich sei, wenn der Betriebsinhaber nicht den gesamten Feldblock bewirtschafte. Die fehlerhafte Größenangabe des Schlages Nr. 43 sei auf eine Vernachlässigung der Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten beim Ausfüllen des Antrages zurückzuführen. Derart fahrlässige Versäumnisse könnten nicht über einen sogenannten offensichtlichen "Fehler" geheilt werden.

10

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den Änderungsbescheid der Beklagten vom 14. September 2007 aufgehoben. Zur Begründung hat es in einem erstenTeil seiner Entscheidungsgründe im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

11

Der Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 14. September 2007 sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Denn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 MOG für eine Rücknahme des Bescheides vom 7. April 2006 lägen nicht vor, da dieser Bescheid rechtmäßig sei. Insbesondere habe der Kläger einen Anspruch auf die Zuweisung von Zahlungsansprüchen für den Schlag Nr. 43 in der Größe von 3,93 ha.

12

Die Beihilfen im Rahmen der Betriebsprämienregelung würden gemäß Art. 36 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 auf der Grundlage der Zahlungsansprüche für eine entsprechende Zahl beihilfefähiger Fläche gewährt. In dem von der Bundesrepublik Deutschland gewählten Kombinationsmodell bestimme sich die Anzahl der einem Betriebsinhaber zugewiesenen Zahlungsansprüche gemäß Art. 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 grundsätzlich nach der Hektarzahl, die der Betriebsinhaber im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung angemeldet habe. Aus diesen Regelungen folge für das Jahr 2005, dass die von dem Betriebsinhaber im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis in Spalte 10 eingetragenen Flächengrößen eine Doppelfunktion hätten. Sie bestimmten einerseits gemäß Art. 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 die Anzahl seiner Zahlungsansprüche. Andererseits seien sie maßgeblich für die Nutzung der Zahlungsansprüche gemäß Art. 44 Abs. 1 und Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003. Die im Ausgangsbescheid vom 7. April 2006 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Größe des Schlags Nr. 43 für den Kläger festgesetzte Anzahl der Zahlungsansprüche entspreche zwar nicht den in Spalte 10 des Gesamtflächen- und Nutzungsnachweises angemeldeten Schlag-Größen. Jedoch sei der Antrag des Klägers auf Berichtigung entsprechend Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 zu berücksichtigen.

13

Nach Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 könne ein Beihilfeantrag unbeschadet der Artikel 11 bis 18 der Verordnung nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkenne. Nach ihrem Wortlaut und nach ihrer systematischen Stellung in Titel II "Beihilfeanträge" der VO (EG) Nr. 796/2004 gelte die Vorschrift nur für die jährlichen Beihilfeanträge und nicht für den Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen. Sie sei jedoch analog anwendbar. Wie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung "Krohn" ausgeführt habe, ergebe sich zwar in der Regel der Anwendungsbereich einer Verordnung aus ihr selbst; er könne grundsätzlich nicht auf Fälle erweitert werden, für deren Regelung die Verordnung nicht gedacht sei (EuGH, Urt. v. 12. 12. 1985, Rs. C - 165/84, Slg. 1985, 3997, Rn. 13). In bestimmten Ausnahmefällen könne aber etwas anderes gelten. Wirtschaftsteilnehmer könnten sich dann mit Erfolg auf die entsprechende Anwendung einer Verordnung berufen, wenn sie dartäten, dass die für sie geltende Regelung zum einen der Regelung, auf deren analoge Anwendung sie sich beriefen, weitgehend entspreche und zum anderen eine Lücke enthalte, die mit einem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts unvereinbar sei und die durch die entsprechende Anwendung geschlossen werden könne (EuGH, a.a.O., Rn. 14). Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die Geltendmachung der Betriebsprämie setze die Zuweisung von Zahlungsansprüchen notwendig voraus, sodass die Regelungen über die Zahlungsansprüche und über die Betriebsprämie ("Nutzung der Zahlungsansprüche") nicht nur nebeneinander stünden, sondern aufeinander aufbauten. Die Regelungen über die Zuweisung von Zahlungsansprüchen enthielten auch keine Vorschrift, welche die Behandlung des offensichtlichen Irrtums im Antrag regele. Diese Lücke sei mit dem im Gemeinschaftsrecht Geltung beanspruchenden Willkürverbot nicht vereinbar. Dies gelte insbesondere für die hier streitgegenständliche Angabe der im Jahr 2005 von dem Betrieb landwirtschaftlich genutzten Flächen, die im Antrag auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung - wie dargelegt - eine Doppelfunktion habe. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, der dafür spräche, dieselbe irrtümliche Angabe für die Prämienbewilligung überArt. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 bei Vorliegen der Voraussetzungen berichtigen zu können, für die Grundentscheidung jedoch nicht.

14

Die Voraussetzungen eines offensichtlichen Irrtums im Sinne des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 (analog) lägen vor. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung sei ein Irrtum nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts dann offensichtlich, wenn er bei einer Bearbeitung des Antrags ohne weiteres klar erkennbar sei und sich die Fehlerhaftigkeit der Angaben einem aufmerksamen und verständigen, mit den Umständen des Falles vertrauten Durchschnittsbeamten ohne weiteres aufdränge. Die zu Art. 5a VO (EWG) Nr. 3887/92 und zu Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 ergangene Rechtsprechung sei auf die entsprechende Regelung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 übertragbar. Im vorliegenden Einzelfall orientiere sich die Kammer zum einen an dem Arbeitsdokument AGR 49533/2002 der Kommission zum Begriff "offensichtlicher Irrtum" gemäß Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001. Danach könnten u.a. widersprüchliche Angaben im selben Antragsformular sowie Widersprüche zwischen den Belegen zur Stützung des Antrags und dem Antrag selbst - z.B. Landkarten - für einen offensichtlichen Irrtum sprechen. Die Kammer orientiere sich weiter an dem Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18. August 2005 - 307-60161/2.9 - zur Abwicklung des Feldblockabgleichs 2005 und die dort unter Ziffer 3.4. wiedergegebenen Fälle des offensichtlichen Irrtums, ohne hieran gebunden zu sein. Dazu gehöre auch der Fall, in dem die Angabe im Antrag und die Einzeichnung in der Karte offensichtlich widersprüchlich seien. Davon ausgehend liege im vorliegenden Einzelfall ein offensichtlicher Irrtum vor. Zunächst zeigt schon der Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis hinsichtlich des Schlages Nr. 43 Widersprüche. Denn die im Beteiligungsverfahren 2004 ermittelte Größe von 3,93 ha sei nicht mit der vom Kläger angegebenen Größe von 1,21 ha zu vereinbaren, zumal der Kläger den Schlag nicht etwa mehrfach in Teilflächen angegeben habe, um eine unterschiedliche Teilnutzung abzubilden oder eine Teilfläche nicht zu aktivieren (Spalte 17). Weiter springe die Wiederholung der Ziffernfolge "121" in den Spalten 9 und 10 ins Auge. Der Widerspruch werde nicht etwa durch die Annahme aufgelöst, dass der Kläger zwischen 2004 und Antragstellung die Bewirtschaftung eine Teilfläche von 2,72 ha (3,93 ha - 1,21 ha) aufgegeben und die Fläche deshalb nicht angegeben habe; denn die Betriebsinhaber seien nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 InVeKoSV [a.F.] verpflichtet, sämtliche Flächen in dem Sammelantrag anzugeben, auch wenn sie sie nicht aktivieren wollten. Da nach Auffassung der Kammer bei der Antragsbearbeitung die widersprüchlichen Angaben zu Schlag Nr. 43 im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis auffallen mussten, sei die Beklagte vorliegend gehalten gewesen, die Angaben mit der Einzeichnung in der Betriebskarte abzugleichen. Diese habe ihr nämlich, ohne dass hierdurch ein Ermittlungsaufwand verursacht worden wäre, im Rahmen der Antragsbearbeitung zur Verfügung gestanden. In der Zusammenschau der Angaben zur Größe des Schlages Nr. 43 in den Spalten 4 und 10 im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis mit der Betriebkarte dränge sich der Irrtum des Klägers bei der Eintragung der Schlaggröße in Spalte 10 auf. Denn der von dem Kläger in den Feldblock DENILI 03 3514 0675 nachvollziehbar eingezeichnete Schlag Nr. 43 sei erkennbar mindestens doppelt so groß wie der unmittelbar angrenzende Feldblock 03 3514 0677. Dessen Größe sei in der Karte mit 1,84 ha angegeben. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Flächenangabe von 1,21 ha in Spalte 10 des Gesamtflächen- und Nutzungsnachweises erkennbar als Wiederholung der Ziffernfolge der Codierung in Spalte 9 dar. Dem könne die Beklagte im vorliegenden Fall nicht entgegenhalten, die Einzeichnung in der Betriebskarte sei nicht maßstabsgetreu. Zum einen sei hier zu berücksichtigen, dass der Schlag Nr. 43 eine leicht abzugrenzende Parzelle innerhalb seines Feldblocks ausmache und der direkt angrenzende 1,84 ha große Feldblock aufgrund der überdeutlichen Größenabweichung zum Abgleich herangezogen werden könne. Zum anderen habe die Kammer auch berücksichtigt, dass die antragstellenden Betriebsinhaber gemäß Art. 12 Abs. 3 VO (EG) Nr. 796/2004 zur Einzeichnung der Schläge in die vorgedruckten Feldblöcke verpflichtet seien und der Beklagten damit bildliche Angaben zur Verfügung stellen müssten. Die VO (EG) Nr. 796/2004 gehe folglich davon aus, dass die Einzeichnungen einen bestimmten Sinn hätten. Darüber dürfe die Beklagte nicht hinwegsehen, indem sie die Funktion der Betriebskarte bei der Antragsbearbeitung in der Praxis auch dann auf einen Abgleich der Feldblocknummern beschränke, wenn sie - wie vorliegend - Anlass habe, die Betriebskarte zum Abgleich der Einzeichnung mit den Angaben im Antragsformular heranzuziehen. Davon gehe im Übrigen auch der Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18. August 2005 zur Abwicklung des Feldblockabgleichs 2005 aus.

15

In einem zweiten Teil seiner Entscheidungsgründe hat das Verwaltungsgericht ergänzend ausgeführt, auf die Fahrlässigkeit des Klägers komme es nach Auffassung der Kammer nicht an, da hier keine Sanktion in Rede stehe, die eine Beurteilung des Grads des Verschuldens des Klägers erfordere.

16

Auf einen entsprechenden Antrag der Beklagten hat der Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils die Berufung zugelassen; entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sei eine Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit des Klägers erforderlich, um die Frage zu beantworten, ob dieser in gutem Glauben gehandelt habe - was Voraussetzung für die Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums sei.

17

Nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses am 17. November 2010 hat die Beklagte ihre Berufung am 7. Dezember 2010 im Wesentlichen begründet wie folgt:

18

Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 lägen nicht vor. Das Verwaltungsgericht habe versäumt, den vollen Tatbestand des offensichtlichen Irrtums zu prüfen und die jedem Antragsteller nach dem europäischen Unionsrecht obliegenden Sorgfaltspflichten zu berücksichtigen. Die Bedeutung des objektiven Tatbestandes des offensichtlichen Irrtums habe sich mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - nicht relativiert. Ein offensichtlicher Irrtum sei nach wie vor nicht bereits dann anzunehmen, wenn ein Antragsteller ohne Betrugsabsicht einen Fehler gemacht habe. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt habe, könne der jeweilige Antragsteller durch Befolgung des nicht unbilligen Verlangens des europäischen Rechts nach einem sorgfältig ausgefüllten Antrag selbst einem Verlust von Beihilfen vorbeugen. Daraus folge im Umkehrschluss, dass ein Verletzen dieser Sorgfaltspflicht weiterhin grundsätzlich einen Verlust von Beihilfen nach sich ziehen müsse. Dies bestätige auch das aktuelle Arbeitspapier AGR 49533/2002 der Europäischen Kommission. Maßgeblich für die die Konkretisierung des Irrtumsbegriffs blieben die Fallgruppen aus den Arbeitsunterlagen der Kommission. Diesen Fallgruppen sei gemeinsam, dass sie auf Flüchtigkeitsfehler zurückzuführen seien, die auch einem sonst sorgfältigen Antragsteller unterlaufen könnten. Die Aussage des Verwaltungsgerichts, es komme vorliegend nicht auf Fahrlässigkeit an, da es sich nicht um Sanktionen handele, sei rechtlich nicht haltbar. Die Kommission habe Fallgruppen vorgegeben, in denen lediglich eine leichte und aus Sicht der Kommission entschuldbare Fahrlässigkeit vorliege. Insoweit liege den objektiven Voraussetzungen für das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums eine subjektive Gemeinsamkeit zugrunde, mit der sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - nicht beschäftigt habe. Ein Irrtum sei daher nur gegeben, wenn dem Antragsteller ein Versehen unterlaufe, welches nicht als deutliche bzw. erhebliche Verletzung der allgemeinen Überprüfungs- und Sorgfaltspflicht einzustufen sei, der die Antragsteller im Zuwendungsrecht unterlägen. Das gelte vor allem in einem Massenverfahren wie der "Agrarförderung Fläche" oder der Betriebsprämie. Die dem Antragsverfahren zu Grunde liegenden Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten könnten den Antragstellern nicht durch die Verwaltung abgenommen werden. Es sei gerade nicht die Aufgabe der Verwaltung, Fehler zu entdecken und diese dann unschädlich zu Gunsten des Antragstellers zu korrigieren. Eine derartige Sichtweise würde die vorgesehenen Kontrollen obsolet machen und widerspräche dem Ziel des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem. Demgemäß könnten zwar auch Schreibfehler offensichtliche Irrtümer sein. Der Kläger könne sich aber auf einen solchen Fehler nicht berufen. Vorliegend seien die Anträge von vornherein nicht mit der erforderlichen Sorgfalt überprüft worden. Ein Irrtum liege insbesondere dann nicht vor, wenn der Antragsteller, wie hier, "ins Blaue hinein" Angaben gemacht habe, ohne deren Grundlagen zu überprüfen. Er habe den Antrag wissentlich ohne Heranziehung verlässlicher Grundlagen gestellt und sei somit nicht gutgläubig. Er habe mindestens billigend in Kauf genommen, dass es zu einer Falschbeantragung komme. Die Beweislast für das Vorliegen der Gutgläubigkeit liege bei ihm. Des Weiteren müsse der Irrtum offensichtlich sein, woran es hier ebenfalls fehle. Offensichtlichkeit sei nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - gegeben, wenn der Irrtum aus dem Antrag selbst oder aus den Umständen der Antragstellung ersichtlich und auch für jeden Dritten ohne weiteres zweifelsfrei erkennbar sei. Bereits zuvor sei in der Rechtsprechung anerkannt gewesen, dass ein Fehler offensichtlich sei, wenn sich auch für jeden Dritten, insbesondere den Bearbeiter des Antrages, zweifelsfrei und in augenfälliger Weise feststellen lasse, dass bei der Ausfüllung des Antrages dem Antragsteller ein Fehler unterlaufen sei. Dabei müsse sich der Fehler nicht zwingend aus dem Antragsformular ergeben. Es genüge insoweit, dass er aus einer Zusammenschau von Antrag und beigefügten Unterlagen ohne weiteres erkennbar sei. Das Verwaltungsgericht bewerte die Spalte 4 (Antragsdaten 2004) im Vergleich zur beantragten Fläche als offensichtlich und verkenne, dass die Behörde nicht im Einzelnen bei 53.000 Antragstellern prüfen könne, ob Differenzen zwischen der Spalte 4 und der beantragten Fläche vorlägen. Darüber hinaus könnten Differenzflächen auch verkauft worden sein und deshalb nicht im Antrag auftauchen. Die dem Antrag beigefügte Karte sei nur eine Skizze und der Landwirt könne nicht maßstabsgetreu gezeichnet haben. Die korrekte Größe der Fläche lasse sich insofern nicht aus dem Antrag und seinen Bestandteilen ermitteln. Der Erlass des Landwirtschaftsministeriums vom 18. Mai 2005 zur Abwicklung des Feldblockabgleichs 2005 dürfe nicht für Sachverhalte herangezogen werden, die außerhalb des eigentlichen Flächenabgleichs lägen. In dem Dokument AGR 49533/2002 der Kommission werde auf Seite 2 eindeutig dargelegt, dass Zahlungen grundsätzlich nicht für eine größere Fläche geleistet werden dürften, als ursprünglich beantragt worden sei. Der Rechtssache komme eine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage, wann ein Irrtum im Sinne des einschlägigen EG-Rechts vorliege und offensichtlich sei, sei bisher nicht geklärt.

19

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 27. Februar 2008 - 11 A 4840/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

20

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

21

Er macht geltend, der Auffassung der Beklagten, ein Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen könne nach Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 nur korrigiert werden, wenn sichergestellt sei, dass der Antragsteller ihm obliegende Sorgfaltspflichten nicht erheblich oder deutlich verletzt habe, und es komme daher auf den Grad des Verschuldens an, sei nicht zu folgen. Denn mit diesem Rechtsverständnis würden die Anforderungen an das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums übersteigert. Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 enthalte keine Einschränkungen für bestimmte Fälle oder Abstufungen des Verschuldens. Der Begriff des Irrtums beinhalte bereits eine ausreichende subjektive Komponente: Es müsse zu einem ungewollten Auseinanderfallen von dem tatsächlich erklärten und dem eigentlich gewollten Sachverhalt gekommen sein. Lediglich ein beabsichtigtes oder auch erkanntes und in Kauf genommenes Auseinanderfallen könne keinen Irrtum darstellen. Ein reines Versehen lasse sich korrigieren, nicht jedoch das bewusste Eingehen des Risikos, falsche Angaben zu machen. Eine weitergehende, einschränkende Auslegung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 sei mit dem Wortlaut sowie mit dem Sinn und Zweck dieser Regelung nicht vereinbar und dürfe insbesondere nicht auf nationale Vorschriften des Zivilrechts abstellen. Denn bei dem Begriff des offensichtlichen Irrtums handele es sich um einen autonomen Begriff des Unionsrechts, der in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müsse. Zu Unrecht befürchte die Beklagte, dass ohne die einschränkende Auslegung des Irrtumsbegriffs das nicht unbillige Verlangen des Rechts der Europäischen Union nach einem sorgfältig ausgefüllten Antrag unterlaufen würde. Denn sie übersehe, dass in Gestalt der Offensichtlichkeit des Irrtums eine weitere objektive Komponente im Tatbestand des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 vorliegen müsse. Soweit sie darauf verweise, dass die Regelungen über Kürzungen und Ausschlüsse abgestufte Sanktionen vorsähen, lasse sie unberücksichtigt, dass diese Kürzungen lediglich an durch die Behörde im Rahmen von Kontrollen und Überprüfungen ermittelte Tatsachen anknüpften. Die Art. 22 VO (EG) Nr. 796/2004 bzw. 68 Abs. 2 VO (EG) Nr. 769/2004 ermöglichten sogar einem ursprünglich bösgläubigen Antragsteller die sanktionslose Rücknahme bzw. Selbstanzeige. Dementsprechend könne der ungewollte offensichtliche Irrtum gemäß Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 jederzeit berichtigt werden. Ausweislich des Falles der Angabe einer Parzelle für zwei Nutzungsarten (Ziffer 1 b - vierter Spiegelstrich - des Arbeitsdokuments AGR 49533/2002) treffe es auch nicht zu, dass allen in den Arbeitsunterlagen der Kommission genannten Fallgruppen offensichtlicher Irrtümer gemeinsam sei, dass sie sich auf leichteste Flüchtigkeitsfehler zurückführen ließen. Insgesamt sei festzustellen, dass es für das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums in subjektiver Hinsicht erforderlich sei, dass die fehlerhaften Angaben des Antragstellers ungewollt, unerkannt und in keinem Fall bösgläubig erfolgten. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass er, der Kläger, Angaben "ins Blaue hinein" gemacht habe. Er habe seinen Sammelantrag zur Agrarförderung 2005 gemeinsam mit einer Mitarbeiterin des Niedersächsischen Landvolks, Kreisverband Diepholz e. V., bearbeitet, die den Antragsvordruck nach seinen Angaben ausgefüllt habe. Im Zuge der Bearbeitung der Anlage 1 habe die Mitarbeiterin ihm bei den einzelnen Schlägen zunächst den Feldblock auf der Betriebskarte gezeigt. Nach seinen Vorgaben habe sie dann den Schlag eingezeichnet und gefragt, mit welcher Frucht er bestellt sei. Den zu der jeweiligen Frucht gehörenden Code habe sie sodann in Spalte 9 eingetragen. Sie habe sich dann erkundigt nach der Größe des Schlages oder ob sich insoweit Änderungen gegenüber dem Vorjahr ergeben hätten. Habe er Letzteres verneint, sei die Vorjahresgröße aus Spalte 4 übernommen worden. So sei es auch bei dem Schlag 43 geschehen, wobei die Mitarbeiterin jedoch versehentlich die in Spalte 10 einzutragende Schlag-Größe nicht aus Spalte 4, sondern aus der vorhergehenden Spalte 9 übertragen habe. Dieser Fehler sei auch ihm nicht aufgefallen. Die objektiven Voraussetzungen für die Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums seien in seinem Fall ebenfalls gegeben. Erforderlich sei dabei eine Zusammenschau des Antrags und der diesem beigefügten Unterlagen. Die Betriebskarte sei Bestandteil des Antrags und somit zu berücksichtigen. Hierfür spreche auch, dass die Beklagte den Betriebsinhabern inzwischen ein Computerprogramm für die Antragstellung zur Verfügung stelle, das einen automatischen Abgleich zwischen der schriftlich beantragten und der skizzierten Schlaggröße vornehme und bei Abweichungen eines solchen Umfangs, wie er im vorliegenden Falle gegeben sei, einen Warnhinweis erteile, mit dem zur Anpassung der Schlaggröße oder aber der Skizzierung aufgefordert werde. Es möge sein, dass nicht alle von Landwirten vorgenommenen Einzeichnungen maßstabsgetreu oder zweifelsfrei zu erkennen seien. Dies führe aber nicht dazu, dass sämtliche derartigen Einzeichnungen pauschal als wertlos vernachlässigt werden dürften. Im vorliegenden Falle sei die Einzeichnung sorgfältig ausgeführt und aufgrund der schon aus der Luftaufnahme deutlich zu erkennenden Abgrenzung des Schlages maßstabsgerecht. Anhand des Vergleichs mit einem unmittelbar benachbarten Feldblock sei für jeden Dritten unschwer zu erkennen gewesen, dass der eingezeichnete Schlag 43 größer als 1,21 ha sein musste.Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 sehe hinsichtlich der korrigierbaren Irrtümer keine Einschränkungen auf bestimmte Angaben vor. Das Arbeitsdokument AGR 49533/2002 sei nicht rechtsverbindlich und solle nur eine allgemeine Richtung weisen. Die in ihm genannte "Rahmenbedingung", dass Zahlungen nicht für eine größere Fläche erfolgen könnten, als beantragt worden sei, werde im Zusammenhang mit Art. 31 Abs. 1 VO (EG) 2419/2001 genannt, der die ermittelte Fläche der im Beihilfeantrag angegebenen Fläche einer Kulturgruppe gegenüberstelle. Im vorliegenden Fall sei die zutreffende Fläche jedoch nicht von der Behörde ermittelt, sondern von ihm selbst, dem Kläger, korrigiert worden. Im Übrigen sei durch die maßstabsgenaue Einzeichnung des Schlages Nr. 43 auch die Zuteilung und Aktivierung von 3.93 Zahlungsansprüchen beantragt worden.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten (BA A) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil sich das angefochtene Urteil als richtig erweist, und zwar überwiegend aus den ihm beigegebenen Gründen.

24

Der Senat folgt dem im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebenen ersten Teil der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, er weistinsoweit die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht gemäߧ 130b Satz 2 VwGO von einer weiteren Darstellung seiner eigenen Entscheidungsgründe ab. Die im Hinblick auf denzweiten Teil der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zugelassene Berufung der Beklagten veranlasst den Senat allerdings zu folgenden Ergänzungen und Korrekturen der Ausführungen der Vorinstanz:

25

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass Art. 19 VO (EG) Nr. 796/ 2004 auf Anträge auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen keine unmittelbare Anwendung finden kann. Die in der Vorschrift genannten "Beihilfeanträge" sind ausweislich des Art. 22 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/03 lediglich Anträge auf Direktzahlungen im Sinne des Art. 2 Buchst. d VO (EG) Nr. 1782/03. Zutreffend hat die Vorinstanz zudem die analoge Anwendbarkeit der Vorschrift bejaht. Ihre Rechtsauffassung wird unter anderem auch durch die an die Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 795/2004 und Art. 44 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 anknüpfende Überlegung gestützt, dass die Annahme einer Anwendbarkeit des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 allein auf Beihilfeanträge zugleich der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 auf den Antrag auf Auszahlung der Betriebsprämien im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung fast jede Bedeutung nähme. Denn ohne die Möglichkeit, zugleich den Antrag auf Festsetzung der Zahlungsansprüche zu berichtigen, bliebe die in ihrer Rechtswirkung auf den Auszahlungsantrag beschränkte Berichtigung offensichtlicher Irrtümer in aller Regel ohne die von dem Verordnungsgeber beabsichtigte Wirkung, dass mit einer nach Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 ausdrücklich zugelassenen Korrektur des Beihilfeantrags der Weg für die Gewährung von Zahlungen frei wird.

26

Zutreffend macht die Beklagte mit ihrer Berufung zwar geltend, das Verwaltungsgericht habe versäumt, den vollen Tatbestand des offensichtlichen Irrtums zu prüfen. Die Nachholung dieses Prüfung im Rahmen der umfassenden Prüfung des Streitfalls, die dem Oberverwaltungsgericht gemäß § 128 Satz 1 VwGO obliegt, ergibt aber, dass die Vorinstanz zu Recht das Schreiben des Klägers vom 21. August 2005 als die zulässige Berichtigung seines Antrags auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen 2005 betrachtet hat; denn die Beklagte hat in analoger Anwendung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 einen offensichtlichen Irrtum anzuerkennen.

27

Für die Bestimmung des Inhalts, der dem Begriff des offensichtlichen Irrtums beizulegen ist, müssen die allgemein anerkannten juristischen Auslegungsmethoden zur Anwendung gebracht werden. Der Auffassung der Beklagten, "maßgeblich" für die die Konkretisierung des Begriffs des offensichtlichen Irrtums blieben die Fallgruppen aus den Arbeitsunterlagen der Kommission, und diese habe Fallgruppen "vorgegeben", in denen lediglich eine leichte und aus ihrer Sicht entschuldbare Fahrlässigkeit vorliege, kann so nicht zugestimmt werden. Wie sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Arbeitsdokuments AGR 49533/2002-DE der Europäischen Kommission ergibt, stammt dieses Dokument nicht von den Mitgliedern der Kommission selbst, sondern enthält lediglich eine nicht rechtsverbindliche Stellungnahme ihrer Dienste. Eine solche Stellungnahme vermag die eigenständiger Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch die Rechtsprechung weder zu ersetzen noch auf bestimmte Ergebnisse einzuengen. Es ist zwar geboten, sie zur Kenntnis zu nehmen und im Zuge der Interpretation des Verordnungsrechts als Auslegungshilfe zu Rate zu ziehen. Es verbietet sich aber, in ihr eine gleichsam authentische Interpretation des Begriffs des offensichtlichen Irrtums durch die Kommission selbst zu sehen. Die "Beispielsfälle", die das Arbeitspapier AGR 49533/2002-DE nennt und die einen "Anhaltspunkt für einige Kategorien von Unregelmäßigkeiten" geben, "die im Allgemeinen als offensichtliche Irrtümer qualifiziert werden können ", haben insbesondere nicht die Bedeutung materiell-gesetzlicher Regelbeispiele. Deshalb ist es nicht möglich, von etwaigen Gemeinsamkeiten unter ihnen unmittelbar auf den Inhalt des Rechtsbegriffs des offensichtlichen Irrtums inArt. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 zurückzuschließen. Vor diesem Hintergrund kann auch der aus dem Arbeitsdokument hergeleiteten These der Beklagten, es liege den objektiven Voraussetzungen für das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums eine subjektive Gemeinsamkeit zugrunde, mit der sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - nicht beschäftigt habe, nicht gefolgt werden. Davon abgesehen trifft es nicht zu, dass allen in dem Arbeitspapier genannten Kategorien lediglich eine leichte Fahrlässigkeit des Antragstellers zugrunde liege. So ergibt sich beispielsweise aus der Gruppe der Rechenfehler, die im Rahmen einer Kohärenzkontrolle ermittelt werden, nicht notwendig, dass es sich um solche Fehler handelt, die (nur) auf leichter Fahrlässigkeit beruhen. Denn es liegt auf der Hand, dass man sich auch in höherem Maße fahrlässig verrechnen kann.

28

Für die Interpretation des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 ist indessen von Folgendem auszugehen: Die Vorschrift steht in einem Spannungsfeld. Sie trägt der Einsicht Rechnung, dass Menschen nicht perfekt sind, und soll verhindern, dass ein Beihilfebegehren allein an einer erkennbar auflösbaren Fehlerhaftigkeit seiner Geltendmachung scheitert. Wie die Worte "Unbeschadet der Art. 11 bis 18 ..." zu Beginn des Normtextes belegen, ist damit jedoch keine Abkehr von dem nicht unbilligen Verlangen des europäischen Rechts nach einem sorgfältig ausgefüllten Antrag verbunden, ohne den sich der mit der Agrarförderung verbundene Verwaltungsaufwand nicht hinreichend begrenzen ließe. Deshalb darf die Auslegung und Anwendung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 weder einen unübersehbaren, zusätzlichen Verwaltungsaufwand der Subventionsverwaltung bewirken noch zu einer nachhaltigen Schmälerung der präventiven Wirksamkeit derjenigen ungünstigen Rechtsfolgen und Sanktionen führen, die Unregelmäßigkeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 10 VO (EG) Nr. 796/2004 nach sich ziehen und die diesen daher entgegenwirken. Aus der erstgenannten dieser beiden Anforderungen lassen sich für die Ermittlungspflichten der Behörden Grenzen herleiten, die das Tatbestandmerkmal der Offensichtlichkeit des Irrtums konkretisieren. Der an zweiter Stelle genannten Anforderung ist dagegen bereits im Rahmen der Auslegung des Irrtumsbegriffs Rechnung zu tragen. Davon geht auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - (RdL 2010, 162 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 21) aus, indem es fordert, den Tatbestand des offensichtlichen Irrtums von demjenigen der - regelmäßig Sanktionen nach sich ziehenden - Unregelmäßigkeit abzugrenzen, und hierzu auf das Kriterium der Gutgläubigkeit abhebt, welches es bereits dem Wortsinn des Begriffs "Irrtum" entnimmt.

29

Wie der Senat im Wesentlichen schon in seinem hiesigen Zulassungsbeschluss vom 9. November 2010 - 10 LA 174/08 - (RdL 2011, 40 f., = AUR 2011, 100 f. [OVG Niedersachsen 09.11.2010 - 10 LA 174/08]) ausgeführt hat, ist aus dem Wortlaut des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001, die auf Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 übertragen werden kann (Nds. OVG Beschl. 27. 10. 2010 - 10 LA 36/08 - RdL 2011, 25 f., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 9), Folgendes herzuleiten: Der Irrtums-begriff des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 enthält eine objektive Komponente, die in der Abweichung des irrtümlich "Falschen" (unter Einschluss des [nur] Unvollständigen) von einem "Richtigen" besteht, und eine subjektive Komponente, die sich auf die Kenntnis und die Vorwerfbarkeit dieser Abweichung bezieht. Der genannten subjektiven Komponente ist das Erfordernis der "Gutgläubigkeit" im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - (RdL 2010, 162 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 21) zuzuordnen, über dessen Erfüllung anhand einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist und das die Annahme eines Irrtums für bestimmte Fallgestaltungen ausschließt. Schon aufgrund des Wortsinns des Begriffs "Irrtum" in Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 gilt dieser Ausschluss ohne weiteres für den Vorsatz: Wer die fehlerhafte Abweichung des "Falschen" vom "Richtigen" als solche erkennt und will (etwa in Betrugsabsicht) oder wer sie doch zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, der ist nicht gutgläubig und irrt sich nicht. Denn man kann sich nicht vorsätzlich irren.

30

Darin erschöpft sich indessen die Bedeutung des Kriteriums der Gutgläubigkeit nicht. Vielmehr erläutert Ziffer 4 Satz 2 Halbsatz 1 des Arbeitsdokuments AGR 49533/2002-DE der Kommission das Erfordernis, "dass der Betriebsinhaber in gutem Glauben gehandelt hat" zutreffend mit der Ergänzung, Betrug und Unredlichkeit solle kein Raum geboten werden. Redlichkeit bezeichnet die Eigenschaft, seine Pflicht unter allen Umständen treu zu erfüllen (vgl. Wikipedia, Schlagwort: "Redlichkeit"). Sie bezieht sich hier auf die Pflichten, die ein Betriebsinhaber im Zuge der Antragstellung zu erfüllen hat. Weil es sich bei der Durchführung der gemäß dem integrierten System gewährten Beihilfen um Verfahren handelt, die eine Vielzahl von Anträgen betreffen, setzt das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs voraus, dass die Beihilfeempfänger aktiv an der korrekten Durchführung der Verfahren mitwirken und die beizubringenden Informationen von vornherein vollständig und richtig sind (vgl. EuGH, Urt. v. 16. 5. 2002 - C-63/00 - [Schilling und Nehring] , Slg. 2002, I-04483, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 33 f.; Urt. v. 28. 11. 2002 - C-417/00 - [Agrargenossenschaft Pretzsch], Slg. 2002, I-11053, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 45, und Urt. v. 4. 10. 2007 - C-375/05 - [Geuting], Slg. 2007, I-07983, Rn. 30). Da auch die Zahlungsansprüche in das Kontrollsystem einbezogen werden (vgl. Art. 23 Abs. 1 VO [EG] Nr. 1782/2003), sind diese Anforderungen auf den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen übertragbar. Ihnen genügt ein Betriebsinhaber nicht bereits dann, wenn er vorsätzliche Falschangaben unterlässt. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Begriff der Unredlichkeit, den das Arbeitsdokument AGR 49533/2002-DE der Europäischen Kommission für die Umschreibung der Voraussetzungen einer Anerkennung offensichtlicher Irrtümer verwendet, neben dem Vorsatz auch bestimmte Formen fahrlässiger Unkenntnis der fehlerhaften Abweichung des "Falschen" vom "Richtigen" erfasst und diese Formen der Unkenntnis dem guten Glauben eines Antragstellers ebenfalls entgegenstehen.

31

Eine Bestätigung findet dieses Rechtsverständnis darin, dass nicht nur im nationalen deutschen Recht (§ 932 Abs. 2 BGB) neben dem Vorsatz bestimmte Formen fahrlässiger Unkenntnis dem guten Glauben schaden und von einer Vergünstigung ausschließen. Vielmehr findet sich der Begriff des Handels in gutem Glauben mit einer ähnlichen Bedeutung in Art. 49 Abs. 5 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 sowie in Art. 73 Abs. 5 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004. In diesen beiden Vorschriften bezieht sich der gute Glaube auf die eigenen Handlungen des Begünstigten im Falle zu Unrecht gezahlter Beträge. Er betrifft wie schon der Rechtsprechung (Bay. VGH, Urt. v. 2. 5. 2005 - 19 B 03.1726 -, RdL 2006, 25 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn.33) zu einer Vorgängervorschrift (Art. 14 Abs. 4 UAbs. 1 VO [EWG] Nr. 3887/92) entnommen werden kann, auch dort die Redlichkeit des Betriebsinhabers bei der Antragstellung (vgl. insoweit die Bedeutung der in der englischen Textfassung verwendeten Wendung "acted in good faith" = in guter Absicht handeln, wobei die Worte "in good faith" auch als "redlich" übersetzt werden können [Pons, Fachwörterbuch Recht, Englisch-Deutsch/Deutsch-Englisch, 2. Aufl. 1998, Schlagwort: "good faith"]).

32

Für den vorliegenden Zusammenhang ist der dem geschriebenen europäischen Verordnungsrecht entlehnte Begriff des "Handelns in gutem Glauben" nicht darauf zu beschränken, weder überhöhten Festsetzungen oder Überzahlungen anzustreben noch grob schuldhaft zu verkennen, dass die eigenen Angaben zu derartigen unberechtigten Leistungen führen könnten (fehlendes subjektives Unrechtsbewusstsein, trotz objektiver Unberechtigtheit). Denn eine solche Auslegung wäre einseitig an der nationalrechtlichen Bedeutung des deutsche Rechtsbegriffs "guter Glaube" orientiert, der zwar die wörtliche Übersetzung des lateinischen Terminus "bona fides" darstellt, im Verhältnis zu diesem Terminus aber eine begriffliche Verengung beinhaltet, da der lateinische Begriff allgemein redliches und zuverlässiges Handeln im Rechtsverkehr bezeichnet (wikipedia, Schlagwort: "Guter Glaube"; Köbler, Juristisches Wörterbuch, 4. Aufl. 1986, und Köbler/Pohl, Deutsch-Deutsches Rechtswörterbuch, München 1991, jeweils Schlagwort: "bona fides"). Der Begriff "guter Glaube" wird in den nationalen Rechtsordnungen der Europäischen Union sehr unterschiedlich verstanden (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 13. 4. 2004 in der Rechtssache C- 454/98, Slg. 2000, I-06973, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 36). Rechtsordnungen des romanischen und verschiedener verwandter Rechtskreise verwenden den Begriff der bona fides beziehungsweise die entsprechenden landessprachlichen Ausdrücke (bonne foi, buena fe bzw. buona fede) zumeist im ursprünglichen, allgemeinen Sinne des römischen Rechts (wikipedia, Schlagwort: "Guter Glaube"). Zumal die französische, die spanische und die italienische Textfassung des Art. 73 Abs. 5 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 die vorgenannten landessprachlichen Ausdrücke beinhalten und sich der Begriff des guten Glaubens in dieser Vorschrift allgemein auf das Handeln des Antragstellers bezieht, ist davon auszugehen, dass er in seiner erweiterten römisch-rechtlich geprägten Bedeutung Eingang in das Recht der Europäischen Union gefunden hat. In diesem Sinne muss er deshalb auch für den hiesigen Zusammenhang gedeutet werden.

33

Im Übrigen spräche gegen sein einengendes Verständnis gerade im Zuge einer Konkretisierung des Irrtumsbegriffs, dass es nicht mittelbar von den möglichen Folgen (Erhalt eine unberechtigten Leistung, oder nicht) eines Irrtums abhängig gemacht werden darf, nach welchen Kriterien sich bestimmt, ob ein Irrtum vorliegt. Unrichtig wäre insbesondere die These, dass ein einseitig zu eigenen Lasten begangener Fehler ohne weiteres als Irrtum zu qualifizieren sei. Hingegen liege ein Irrtum im Hinblick auf die von Sanktionen befreiende Wirkung einer Berichtigung begrifflich nur unter verschärften Voraussetzungen vor, wenn es im Verhältnis zu der falschen Angabe kein rechtmäßiges Alternativverhalten gebe, welches die Gewährung einer Leistung in (zumindest) derselben Höhe ermöglicht hätte, in der sie auf die fehlerhafte Angabe hätte gewährt werden dürfen, träfe diese Angabe zu. Denn für einen ergebnisorientiert "gespaltenen" Irrtumsbegriff bietet der Wortlaut des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 keine Anhaltspunkte.

34

Im vorliegenden Zusammenhang bedeutet Redlichkeit somit die innerer Bereitschaft, sich im Zuge der Antragstellung pflichtgemäß zu verhalten, insbesondere nach bestem Wissen und Gewissen vollständige und korrekte Angaben zu machen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19. 1. 2010 - 10 LC 148/09 -, [...], Langtext Rn. 62; siehe insoweit auch die Beutung der in der französischen Textfassung verwendeten Worte "de bonne foi" = nach bestem Wissen und Gewissen [Weiss/Mattutat, Pons-Globalwörterbuch, Teil 1, Französisch-Deutsch, 2. Aufl. 1985, Schlagwort: "foi"). Diese Redlichkeit eines Antragstellers kann bereits durch ein nur fahrlässiges Verhalten in Frage gestellt werden; denn auch Fahrlässigkeit ist pflichtwidrig. Das Unionsrecht steht insbesondere nicht schlechthin der Annahme entgegen, dass sich auf guten Glauben nicht berufen kann, wer die Fehlerhaftigkeit seiner Angaben durch Kontrollen hätte vermeiden können. Es darf einem Antragsteller insoweit nur kein unverhältnismäßiger Aufwand zugemutet werden (vgl. EuGH, Urt. v. 12. 5. 1998 - C-366/95 -, Slg. 1998, I-02661, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 21 bis Rn. 25).

35

Soll jedoch der Tatbestand des offensichtlichen Irrtums nicht auf unvermeidliche Irrtümer reduziert, und damit der Anwendungsbereich dieses Rechtsinstituts in einer seinem Sinn und Zweck nicht mehr entsprechenden Weise eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26. 8. 2009 - BVerwG 3 C 15.08 -, a.a.O., Langtext Rn. 21), kann nicht jede Fahrlässigkeit mit Unredlichkeit gleichgesetzt werden. Es ist deshalb eine Fallgruppenbildung vorzunehmen, die auf einer Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der Fahrlässigkeit beruht und daran anknüpft, in welchem Maße ein Mangel an Bereitschaft zu pflichtgemäß sorgfältigem Verhalten erkennbar wird. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 24. April 2008 - 10 LB 179/07 - (RdL 2008, 346 ff. = AUR 2009, 31 ff. [OVG Niedersachsen 24.04.2008 - 10 LB 179/07], hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 34), welche u.a. die Anforderungen an einen offensichtlichen Irrtum im Sinne des Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 betraf, ausgeführt, dass die Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls einer Fallgruppenbildung nicht entgegensteht. Daran ist für die Auslegung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 festzuhalten. Denn ob ein Antragsteller in gutem Glauben gehandelt hat, unterliegt zwar der Würdigung im Einzelfall. Dies bedeutet aber lediglich, dass insoweit keine zwingenden Beweisregeln bestehen (BVerwG, Urt. v. 26. 8. 2009 - BVerwG 3 C 15.08 -, RdL 2010, 162 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 22). Es heißt nicht, dass es sich verbietet, abstrakte Kriterien zu entwickeln, die eine Einordnung der Einzelfälle erleichtern können.

36

Hiernach handelt zum einen derjenige in der Regel nicht redlich, ist also regelmäßig nicht als gutgläubig anzusehen und irrt sich deshalb in der Regel nicht, der die Abweichung des "Falschen" vom "Richtigen" dadurch herbeiführt, dass er die im Zuge der Antragsstellung zu beachtenden Sorgfaltspflichten in grob fahrlässiger Weise verletzt. Denn grob fahrlässig verhält sich, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und dasjenige nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 277 Rn. 5). Wer derart nachlässig an seine Antragstellung herangeht, negiert innerlich das nicht unbillige Verlangen des europäischen Rechts nach einem sorgfältig ausgefüllten Antrag. Er verdient daher in der Regel die mit der Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums verbundene Nachsicht nicht und seine privaten Interessen können den etwaigen mit der Anerkennung offensichtlicher Irrtümer verbundenen Verwaltungsaufwand nicht rechtfertigen. Vielmehr würde es die präventive Wirkung, die nicht erst von Sanktionen, sondern bereits von dem schlichten Verlust nicht ordnungsgemäß geltend gemachter Ansprüche ausgeht, zu sehr schmälern, wenn selbst grob fahrlässig falsche (und d.h. auch unvollständige) Angaben nachArt. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 regelmäßig berichtigt werden dürften. Es mag offen bleiben, ob Ausnahmen für solche Fälle anzunehmen sind, in denen die Falschangabe auf einem Rechenfehler beruht, mit dem ohnehin amtlich zu prüfende Einzelangaben lediglich mathematisch unrichtig in einem Ergebnis zusammengeführt werden, sodass die Behörde auf die Rechenleistung des Antragstellers für die Bearbeitung des ansonsten sorgfältig ausgefüllten Antrags im Grunde nicht angewiesen ist.

37

Zum anderen handelt derjenige in der Regel nicht redlich, ist also regelmäßig nicht als gutgläubig anzusehen und irrt sich deshalb in der Regel nicht, der die Abweichung des "Falschen" vom "Richtigen" herbeiführt, indem er die im Zuge der Antragstellung zu beachtenden Sorgfaltspflichten durch eine bewusste Fahrlässigkeit verletzt. Bei bewusster Fahrlässigkeit hat der Antragsteller mit dem möglichen Eintritt einer Fehlerhaftigkeit des Antrages zwar bereits [konkret] gerechnet, aber fahrlässig darauf vertraut, sie werde nicht eintreten (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 276 Rn. 13). In Konstellationen bewusster Fahrlässigkeit liegt zwar oftmals auch die Annahme einer groben Fahrlässigkeit nahe; dies muss aber nicht der Fall sein (vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch, 19. Aufl. 2007, Schlagwort: "Verschulden" unter 2. a. bb). Wer für die Ausfüllung seines Antrags eine Vorgehensweise wählt, mit der er wissentlich ein merklich erhöhtes Risiko eingeht, dass es zu Fehlern kommt, negiert ebenfalls innerlich das nicht unbillige Verlangen des europäischen Rechts nach einem sorgfältig ausgefüllten Antrag (vgl. Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, Erlass v. 12. 4. 2010 - 301.2-60150/1-23 -, Ziffer 2.1 Sätze 5 bis 8). Redlichkeit erfordert die innere Bereitschaft, sich im Zuge der Antragstellung (vollständig) pflichtgemäß zu verhalten. Dafür reicht es in der Regel nicht aus, nur eine ablehnende Haltung gegenüber dem pflichtwidrigen Erfolg eines pflichtwidrig erhöhten, sodann aber allzu optimistisch abgetanen Risikos einzunehmen. Wer also aufgrund bewusster Fahrlässigkeit (nur) die Hoffnung hegt, es werde trotz seiner selbst erkannten Nachlässigkeit "schon gut gehen", d.h. seine Angaben würden "schon richtig" sein, ist zwar weniger schuldig als derjenige der vorsätzlich falsche Angaben macht, gleichwohl aber regelmäßig nicht redlich. Ihm ist somit in der Regel ebenfalls die Möglichkeit zu versagen, sich den Folgen seines pflichtwidrigen Verhaltens nach Art. Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 zu entziehen. Ausnahmen kommen etwa für solche Einzelfälle in Betracht, in denen der Antragsteller lediglich eine leichte, also weder mittlere (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2010, § 276 Rn. 14) noch gar grobe, bewusste Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Das Ausmaß der in Rede stehenden Fahrlässigkeit ist dabei unter Berücksichtigung der nach den Umständen des Einzelfalls gegebenen Größe des eingegangenen Risikos einer Fehlerhaftigkeit des Antrags zu bestimmen.

38

Auch im Zuge eines Rechtsvergleichs unter teleologischem Blickwinkel spricht gegen die soeben umrissene Fallgruppenbildung nicht, dass nach deutschen Recht (§ 932 Abs. 2 BGB) nur eine grobe Fahrlässigkeit den guten Glauben ausschließt. Denn den Erwerber einer beweglichen Sache (vgl. § 932 Abs. 2 BGB) treffen - anders als einen Subventionsantragsteller - keine besonderen Sorgfaltspflichten, die ihn dazu anhalten, dasjenige zu erkennen, hinsichtlich dessen eine - daher (nur) grobe - Fahrlässigkeit seinem guten Glauben schadet.

39

Schließlich stützen Gründe der Gesetzessystematik und der Praktikabilität die von dem deutschen Recht abweichende Interpretation des Begriffs jener Gutgläubigkeit, die ein Irrtum im Sinne des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 voraussetzt: Die bewusste Fahrlässigkeit unterscheidet sich von dem bedingten Vorsatz [nur] dadurch, dass der Handelnde den pflichtwidrigen Erfolg nicht billigend in Kauf nimmt (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 276 Rn. 13). Die Auffassung, auch bewusste Fahrlässigkeit stehe der Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums in der Regel nicht entgegen, würde deshalb dazu führen, dass die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 in vielen Fällen allein von der inneren Einstellung des Antragstellers zu einem selbst gesetzten und erkannten, merklich erhöhten, konkreten Risiko einer fehlerhafter Antragstellung abhinge. Damit geriete diese Abgrenzung jedoch in ein Spannungsverhältnis zu dem weiteren gesetzlichen Erfordernis der Offensichtlichkeit des Irrtums. Denn es besteht keine Vermutung zugunsten des Vorliegens einer lediglich bewussten Fahrlässigkeit anstelle eines bedingten Vorsatzes. Eine solche Vermutung wäre insbesondere nicht mit der These zu begründen, bedingt vorsätzliches Handeln sei die Ausnahme, da wer sich so verhalte, auch einen Verlust seiner Ansprüche billigend in Kauf nehmen müsste, wozu indessen in der Regel keine Bereitschaft bestehe. Diese Argumentation ließe sowohl außer Acht, dass gerade ein bedingt vorsätzlich agierender Betriebsinhaber hoffen mag, man werde ihm seine innere Einstellung nachweisen müssen, aber nicht können, als auch dass sich ein Betriebsinhaber - in rechtlich unerheblicher Weise - über die Rechtsfolgen seiner bedingt vorsätzlich, fehlerhafter Antragstellung irren kann, indem er annimmt, diese lasse sich förderungsunschädlich berichtigen. Die Schwierigkeit, ohne eine hilfreiche Regelvermutung die Fälle bewusster Fahrlässigkeit von denen des bedingten Vorsatzes zu scheiden, liegt indessen auf der Hand. Denn auf die innere Einstellung eines Menschen zum möglichen pflichtwidrigen Erfolg des eigenen risikobehafteten Verhaltens lässt sich in aller Regel nicht aufgrund derjenigen, vornehmlich äußeren Umstände schließen, über die bei der behördlichen Antragsbearbeitung allein Erkenntnisse vorliegen werden. Die in Rede stehende innere Einstellung hängt dafür in zu hohem Maße von den individuellen Charaktereigenschaften und der konkreten persönlichen Situation des jeweiligen Antragstellers zum Zeitpunkt der Ausfüllung des Antrags ab. Die Bewertung dieser inneren Einstellung macht somit ein Wissen um innere Tatsachen und entsprechende Hilfstatsachen notwendig, an denen ansonsten im Recht der Agrarförderung kein Erkenntnisinteresse besteht, sodass sie im Allgemeinen nicht aktenkundig sein werden. Wie sich aus dem Erfordernis der Offensichtlichkeit des Irrtums ergibt, ist die Behörde aber gerade nicht gehalten, aufwändig zu ermitteln, ob sich ein Antragsteller geirrt hat. Es wäre daher weder gesetzessystematisch stimmig noch hinreichend praktikabel, zur Abgrenzung des subjektiven Tatbestands eines offensichtlichen Irrtums auf Kriterien abzuheben, für deren Anwendung sich in der Regel im Akteninhalt ausreichende Indiztatsachen nicht finden lassen werden.

40

Nach alledem kann daher die Gutgläubigkeit eines Antragstellers in der Regel nur bejaht werden, wenn der ihm unterlaufene Fehler auf einer unbewussten und nicht groben Fahrlässigkeit beruht (a. A. wohl: Bay. VGH, Beschl. v. 1. 9. 2010 - 19 ZB 08.3085 -, [...], Langtext Rn. 11 ff., OVG LSA, Urt. v. 17. 12. 2009 - 2 L 222/08 -, [...], Langtext Rn. 48 ff., sowie VG Neustadt, Urt. v. 17. 2. 2011 - 2 K 742/10.NW -, [...], Langtext Rn. 34). Die unbewusste Fahrlässigkeit ist hierbei dadurch gekennzeichnet, dass der Antragsteller den möglichen Eintritt einer Fehlerhaftigkeit des Antrages nicht erkannte, ihn aber bei gehöriger Sorgfalt hätte voraussehen und verhindern können (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2010, § 276 Rn. 13). Sie liegt beispielsweise besonders deutlich in den Fällen eines reinen Schreibfehlers vor.

41

Entgegen den Ausführungen des Klägers bestehen keinen Bedenken dagegen, dass sich die vorstehende Unterscheidung anerkannter Begriffe des deutschen Zivilrechts bedient. Denn mit deren Verwendung ist nicht die Annahme verbunden, der Begriff der "offensichtlichen Irrtümer" sei kein autonomer Begriff des Unionsrechts und könne der Auslegung der Justizbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten nach deren nationalem Recht überlassen bleiben. Für autonome Begriffe des Unionsrechts gilt zwar, dass sie in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung des Kontextes der Vorschrift und des mit der Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss (vgl. EuGH, Urt. v. Urt. v. 17. 7. 2008 - C-66/08 - [Kozlowski] Slg. 2008, I-06041, hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 42). Dies bedeutet aber nicht, dass es verboten wäre, sich im Zuge einer Auslegung autonomer Begriffe des Unionsrechts solcher Fachbegriffe einer nationalen Gerichtssprache zu bedienen, die in der jeweiligen nationalen Rechtsordnung bereits eine bestimmte Bedeutung haben. Das Unionsrecht zwingt nicht dazu, derartige Worte zu vermeiden oder gar andere synonyme Worte für sie zu (er)finden, um damit den Inhalt autonomer Begriffe des Unionsrechts zu verdeutlichen. Es hindert die nationalen Gerichte lediglich, in Begriffsbestimmungen ihrer jeweiligen nationalen Rechtsordnung den Geltungsgrund oder die Rechtfertigung für die Auslegung eines autonomen Begriffs des Unionsrechts zu suchen. Umschreibt ein Begriff des nationalen Rechts einen Sachverhalt, der für die Auslegung eines autonomen Begriffs des Unionsrechts bedeutsam ist, zutreffend, so kann er folglich in einer (nur) beschreibenden Funktion ohne weiteres verwendet werden, um den Inhalt eines autonomen Begriffs des Unionsrechts zu konkretisieren. Das gilt erst recht, wenn damit lediglich eine Fallgruppenbildung bezweckt ist.

42

Nach den soeben aufgezeigten Kriterien sind hier auch die von dem Verwaltungsgericht nur unvollständig geprüften subjektiven Voraussetzungen für die Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums gegeben, da der Kläger gutgläubig gewesen ist. Denn er hat als ein für die Fehlerhaftigkeit seines Antrages ursächlich gewordenes Verschulden lediglich eine mittlere, unbewusste Fahrlässigkeit der Mitarbeiterin des Niedersächsischen Landvolks zu vertreten.

43

Einem Betriebsinhaber steht es frei, sich zur Ausfüllung seiner Anträge einer Hilfsperson zu bedienen. Der Senat geht davon aus, dass dies grundsätzlich weder zu einer Erleichterung noch zu einer Verschärfung der Voraussetzungen führen kann, unter denen ein offensichtlicher Irrtum anzuerkennen ist. Das Verschulden einer Hilfsperson hat ein Betriebsinhaber deshalb zwar einerseits wie eigenes Verschulden zu vertreten. Es treffen ihn aber andererseits gegenüber einer vertrauenswürdigen und sachkundigen Hilfsperson keine so umfassenden Kontrollpflichten, dass ein dieser Hilfsperson unterlaufenes Versehen schon deshalb niemals als offensichtlicher Irrtum anerkannt werden könnte, weil dem Betriebsinhaber stets entgegenzuhalten wäre, ihm selbst hätte der Fehler im Zuge einer Endkontrolle seines Antrags auffallen müssen.

44

Die hier von dem Kläger für die Ausfüllung des Antragsformulars gewählte und in seiner Berufungserwiderung beschriebene Vorgehensweise barg kein merklich erhöhtes Risiko, dass es zu Fehlern kommt. Denn der Nachteil dieser Vorgehensweise, der z.B. in der Möglichkeit von Missverständnissen zwischen ihm selbst und seiner Hilfsperson bestand, wurde durch den grundsätzlichen Vorteil der wechselseitigen Kontrolle zweier sachkundiger Personen ausgeglichen. Zwar muss sich der Kläger den auf mittlerer, unbewusster Fahrlässigkeit beruhenden Übertragungsfehler der Mitarbeiterin des Niedersächsischen Landvolks wie einen entsprechenden eigenen Fehler zurechnen lassen. Auch mag ihm eine Fahrlässigkeit zur Last zu legen sein, sofern er im Zuge seiner Unterschriftsleistung auf eine nochmalige Endkontrolle gänzlich verzichtete. Diese etwaige Fahrlässigkeit rechtfertigt aber nach den Umständen des Einzelfalles nicht die Verneinung seiner Gutgläubigkeit, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie für den aufgetretenen Fehler ursächlich geworden ist. Denn der Kläger war nicht gehalten, im Zuge einer solchen Endkontrolle auch diejenigen Eintragungen, unter denen sich die hier fehlerhafte findet und die seine vertrauenswürdige, sachkundige Hilfsperson in seinem Beisein nach klaren, festen Regeln vorzunehmen hatte, nochmals im Detail zu überprüfen. Das hätte einen Arbeitsaufwand bedeutet, der einer zweimaligen Ausfüllung des Antragsformulars nahe gekommen wäre und zu dem der Kläger daher nicht verpflichtet war. Bei der hier für die "Teamarbeit" mit einer vertrauenswürdigen und sachkundigen Hilfsperson gewählten Vorgehensweise durfte er sich vielmehr auf eine persönliche Endkontrolle beschränken, die - hinsichtlich der hier teilweise fehlerhaften Angaben - nur als eine Sichtkontrolle erforderlich war. Eine solche Kontrolltiefe rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass ein Fehler, wie er hier unterlief, notwendigerweise aufgefallen wäre.

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Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung dagegen, dass das Verwaltungsgericht die Offensichtlichkeit des Irrtums des Klägers bejaht hat. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 27. Oktober 2010 - 10 LA 36/08 - (RdL 2011, 25 f., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 10) ausgeführt hat, setzt die Offensichtlichkeit eines Irrtums im Sinne des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 nach der auch insoweit übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zuArt. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 (BVerwG, Urt. v. 26. 8. 2009 - BVerwG 3 C 15.08 -, [...], Langtext Rn. 20 und Rn. 23) Folgendes voraus: Die Irrtümlichkeit des zu berichtigenden Antragsinhalts muss sich für jeden Dritten zweifelsfrei ergeben, und zwar aus dem Zusammenhang der in dem Antrag abgegebenen Erklärungen, aus den Vorgängen bei der Abgabe dieser Erklärungen oder aus solchen Umständen der Antragstellung, auf die bei der Antragsbearbeitung zurückgegangen werden muss.

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So liegt es hier. Denn im vorliegenden Falle ergeben sich die Informationen, aus denen auf den Irrtum des Klägers geschlossen werden kann, bereits aus dem Antragsformular selbst und seinen Anlagen. Der These der Beklagten, die Offensichtlichkeit des Irrtums erfordere, dass sich der Irrtum durch den Bearbeiter des Antrages "in augenfälliger Weise" feststellen lasse, ist nicht zu folgen, soweit damit gemeint ist, dass der Irrtum bereits bei verringerter Kontrolltiefe bemerkbar sein müsse. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 24. April 2008 - 10 LB 179/07 - (RdL 2008, 346 ff. = AUR 2009, 31 ff. [OVG Niedersachsen 24.04.2008 - 10 LB 179/07], hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 34) ausgeführt hat, bildet der aufmerksame und verständige, mit den Umständen des Falles vertraute Durchschnittsbetrachter den Maßstab für die Offensichtlichkeit. Die Beklagte hat Anhaltspunkten für einen offensichtlichen Irrtum dieselbe Aufmerksamkeit zu widmen wie etwa Indizien für eine Unregelmäßigkeit. Das ergibt sich bereits aus dem Berücksichtigungsgebot (vgl. § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 24 Abs. 2 VwVfG), das als zentrales Element des Untersuchungsgrundsatzes ein ungeschriebener Grundsatz des Verwaltungsverfahrensrechts der Union ist (vgl. Engelhardt, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl. 1999, § 24 Rn. 320) und dem gemäß die Behörde alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände, zu berücksichtigen hat. Es ist der Beklagten zwar keine gezielte Suche nach offensichtlichen Irrtümern abzuverlangen, eine von vornherein perspektivisch eingeschränkte Antragsbearbeitung, die unter Berufung auf die vermeintlichen Erfordernisse eines Massengeschäfts einseitig auf die Vermeidung von überhöhten Festsetzungen und Überzahlungen ausgerichtet ist, entspricht aber ebenfalls nicht der Rechtslage.

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Schließlich kann die Offensichtlichkeit des Irrtums für den vorliegenden Fall auch nicht mit dem Hinweis erfolgreich in Abrede gestellt werden, es sei aus der Perspektive der Behörde möglich gewesen, dass die Abweichungen zwischen den tabellarischen Voreintragungen und den handschriftlichen Eintragungen des Klägers auf einer Veräußerung von Land beruhten. Die Wahrscheinlichkeit, dass im vorliegenden Falle die Ziffernfolge der Schlag-Größe deshalb von den (auch von der Behörde zur Kenntnis zu nehmenden) Angaben aus dem Beteiligungsverfahren 2004 abwich und - zufälligerweise - genau mit dem Kultur-Code übereinstimmte, weil Land verkauft wurde, war zu gering, als dass sie eine nähere Überprüfung anhand der dem Antrag beigefügten Karten erübrigt hätte. Die Möglichkeit eines Flächenverkaufs rechtfertigte es auch in der Zusammenschau mit den Zweifeln der Beklagten an der Maßstabsgerechtigkeit der Einzeichnungen des Klägers in die Betriebskarte nicht, die Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums zu versagen. Denn gerade weil ein Betriebsinhaber die materielle Beweislast für das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums trägt (vgl. Ziffer 4 Satz 2 Halbsatz 2 des Arbeitsdokuments AGR 49533/2002-DE) und die Behörde im Rahmen der Prüfung, ob ein solcher Irrtum anzuerkennen ist, oftmals eine Würdigung von Indiztatsachen vorzunehmen hat, dürfen die Anforderungen an das Beweismaß im Rahmen der behördlichen Überzeugungsbildung nicht übersteigert werden. Die Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums erfordert nicht, dass die aus den Indiztatsachen zugunsten eines Antragstellers gezogenen Schlüsse absolut zwingend sind. Eine Feststellung von äußeren und inneren Tatsachen, und damit auch der Voraussetzungen für das Vorliegen eines offensichtlichen Irrtums, verlangt keine absolute von niemandem anzweifelbare Gewissheit. Vielmehr ist für die Überzeugungsbildung ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügend, das vernünftige, nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht aufkommen lässt (vgl. BGH, Urt. v. 28. 1. 2010 - 3 StR 533/09 -, NStZ-RR 2010, 144 f., [BGH 28.01.2010 - 3 StR 533/09] hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 11, und Urt. v. 17. 12. 1987 - IX ZR 41/86 -, NJW 1988, 1079 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 49).

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Das Verwaltungsgericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass der Irrtum des Klägers für einen aufmerksamen Durchschnittsbetrachter offensichtlich war.

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Schließlich steht der Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums im vorliegenden Falle nicht entgegen, dass in dem Arbeitsdokument der Kommission AGR 49533/2002-DE unter Verweis auf Art. 31 Abs. 1 und Art. 36 Abs. 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 als "Rahmenbedingung" für die Entscheidung, ob ein offensichtlicher Irrtum vorliegt, hervorgehoben wird, Zahlungen könnten nicht für eine größere Fläche erfolgen, als beantragt worden sei.

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Wie oben bereits ausgeführt, sind die Inhalte des Arbeitsdokuments der Europäischen Kommission nicht rechtsverbindlich. Auch können sich im vorliegenden Falle mögliche "Rahmenbedingungen" für die Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums nicht aus Art. 31 Abs. 1 und Art. 36 Abs. 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 ergeben. Denn diese Vorschriften sind durch Art. 80 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 796/2004 aufgehoben und gelten hier auch nicht gemäß Art. 80 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 796/2004 fort. An ihre Stelle sind allerdings die Art. 50 Abs. 1 und 57 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 getreten, die ihnen weitgehend entsprechende Regelungen enthalten. Auch diesen Vorschriften kann jedoch - ebenso wie bereits den durch sie ersetzten Normen - nur entnommen werden, dass der Beihilfeantrag den "Rahmen" für die Gewährung von Beihilfen setzt. Ob dies indessen den Beihilfeantrag in seiner ursprünglichen, unberichtigten Fassung meint oder aber den Beihilfeantrag in der Fassung einer nach Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 anzuerkennenden Berichtigung, ist in allen angeführten Vorschriften nicht eindeutig geregelt. Der Umstand, dass Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 eine jederzeitige Berichtigung nach der Einreichung des Antrags vorsieht und keine Einschränkung hinsichtlich der Angaben zu den Flächengrößen oder der Anzahl von Tieren kennt, spricht indessen dafür, der letztgenannten Auslegungsalternative den Vorzug zu geben. In diese Richtung deutet auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welches in seinem Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 15.08 - (RdL 2010, 162 ff., hier zitiert nach [...], Langtext Rn. 26) zutreffend darauf verweist, dass zwar Anlass zu größter Zurückhaltung bestehe, weil eine unzutreffende Größenangabe stets dazu führen könne, dass eine höhere oder niedrigere Beihilfe gewährt werde. Gleichwohl gingen aber die Auslegungshinweise der Europäischen Kommission - anders als in früheren Fassungen - nunmehr selbst davon aus, dass die Anwendung der Regeln über den offensichtlichen Irrtum auch dann wenn die Falschangabe zu einer höheren Beihilfe führe, nicht generell ausgeschlossen sei. Dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung (Erlass v. 12. 4. 2010 - 301.2-60150/1-23 -, Ziffer 3.1) ist deshalb darin zu folgen, dass die genannte "Rahmenbedingung" auch dann noch eingehalten ist - also keine unzulässige Erhöhung der beantragten Fläche vorliegt - wenn sich an anderer Stelle des Antrags oder aus den beigefügten Unterlagen ergibt, dass der Antrag für eine eindeutig bestimmbare größere Fläche gestellt wurde, als mit der Eintragung angegeben worden war, deren jederzeitige Berichtigung aufgrund eines anzuerkennenden offensichtlichen Irrtums zuzulassen ist.

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So liegt es auch im vorliegenden Falle, in dem anhand der Einzeichnungen in der dem Antrag beigefügten Karte und der in das Antragsformular übernommenen Angaben aus dem Beteiligungsverfahren 2004 eindeutig bestimmt werden kann, dass sich der Antrag auf eine Fläche des Schlages Nr. 43 zur Größe von 3,93 ha bezieht.