Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.09.2005, Az.: 17 Sa 282/05 E
Eingruppierung von Fernschreiber bei der Bundeswehr nach BAT; Folgen einer Anwendbarkeit des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT); Einsatz an nicht interoperablen Kryptogeräten; Maßgeblichkeit einer Beteiligung des Fernschreibers an dem Vorgang des Ver- und Entschlüsselns; Prüfung bei Aufbaufallgruppen; Arbeiten an mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 05.09.2005
- Aktenzeichen
- 17 Sa 282/05 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 26485
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2005:0905.17SA282.05E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Wilhelmshaven - 17.12.2004 - AZ: 1 Ca 97/04 E
- nachfolgend
- BAG - 06.12.2006 - AZ: 4 AZR 659/05
Rechtsgrundlagen
- § 22 Abs.2 Unterabs. 2 S. 1 BAT
- § 22 Abs. 1 BAT
Amtlicher Leitsatz
Versenden und empfangen Fernschreiberinnen (VG VII FG 1 bei der Bundeswehr kryptische Fernschreiben mit mindestens zwei nicht interoperablen Kryptogeräten, in die sie auch die Kryptodatenträger eingeben, einlesen, so arbeiten sie mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbereich und sind in VG VI b FG 1 des Teils III, Abschnitt L, Unterabschnitt VI BAT eingruppiert.
In dem Rechtsstreit
hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 5. September 2005
durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Heiker,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Wehking
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 17.12.2004 abgeändert.
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.09.1999 Vergütung nach der VG VI b BAT zu zahlen.
- 2.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
Die 1964 geborene Klägerin ist seit dem 1.10.1983 bei der Bundeswehr in W... im Fernschreibdienst tätig. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Anwendung des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung in Bezug genommen (Arbeitsvertrag vom 3.10.1983 Anlage zur Klageschrift vom 19.2.2004, Bl.5 d.A.)
Die Klägerin war anfangs in die Vergütungsgruppe IX b der Anlage 1 a Teil III L VII zum BAT eingruppiert (Angestellte im Fernschreibdienst während der Ausbildungszeit). Im Januar 1984 legte sie erfolgreich eine dem Befähigungsnachweis T/Fe der Deutschen Bundespost vergleichbare Prüfung (Protokollnotiz Nr. 4) ab, bei der sie 151 Anschläge pro Minute erreichte (Anlage zur Klageschrift, Bl. 10 d.A.), und wurde daraufhin in die VG VIII Fallgruppe 1 eingruppiert. Mit dem 15.12.1986 wurde sie im Wege des Bewährungsaufstiegs in die VG VII Fallgruppe 5 eingruppiert. Im August 2004 legte sie die Fernschreibprüfung nach Leistungsstufe 4 der ZDv 59/15 mit der Note "sehr gut" erfolgreich ab. Bereits in den Jahren 1984 und 1985 hatte sie mehrfach gebeten, sie der Schreibprüfung nach Leistungsstufe 4 der ZDv 59/15 zu unterziehen, was ihr verwehrt wurde. Unter dem 23.02.2000 wurde für die Klägerin eine Tätigkeitsdarstellung erstellt, wegen deren genauen Inhalts auf die Anlage zur Klageschrift vom 19.2.2004 (Bl.6 d.A.) verwiesen wird. Danach nimmt sie zu mindestens 90 Prozent Anteil der Gesamttätigkeit die Funktionstätigkeit als Fernschreiberin der Leistungsstufe 4 wahr. Der Klägerin obliegt es im Rahmen ihrer Tätigkeit, fremdsprachliche Texte im Telex-Auslandsdienst, im Nato-Verkehr oder in Sondernetze zu übermitteln, aufzunehmen und zu identifizieren.
Die Klägerin, die über Englischkenntnisse verfügt, arbeitete seit Juni 1997 an vier dem Fernschreibdienst dienenden Geräten mit Verschlüsselungssystemen: Elcrotel 4 B, einem Fernschreibgerät, für das sie täglich einen Lochstreifen vom Kryptobeauftragten in Empfang nimmt, in das Gerät einlegt, und einen Testlauf veranlasst; Elcrotel 5, einem Fernschreibgerät bei dem der Schlüssel monatlich mit einer sog. Schlüsselpistole vom Kryptobeauftragten in das Gerät eingelesen und von der Klägerin täglich durch eine bestimmte Tastenkombination gelöscht/aktiviert wird; Elcrobit 96 B, einem Fernkopierer mit täglicher Verschlüsselung per Lochstreifen, der seit 1988 in Einsatz ist sowie einem Tare-Fernschreibgerät Bid 950, das allerdings nur bis Juni 2000 in Einsatz war und täglich mechanisch mittels eines Lochstreifens verschlüsselt wurde. Wegen der Einzelheiten der der Klägerin in Zusammenhang mit den Schlüsselwechseln obliegenden Tätigkeiten wird auf die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LAG vom 5.9.2005 verwiesen. Bei den Geräten, mit denen die Klägerin arbeitet, handelt es sich um Kryptogeräte der zweiten bzw. dritten Generation. Alle Geräte arbeiten im Oneline-Verfahren vollautomatisch, d.h. der Kryptiervorgang erfordert keine besonderen Schritte. Sie sind 24 Stunden betriebsbereit und nicht interoperabel. Die Klägerin schreibt in der Regel englische oder deutschsprachige Texte im Klartext vom Blatt ab. Dabei wird ein Lochstreifen im Klartext erstellt und gegebenenfalls verbessert. Die Geräte der zweiten Generation wurden ab ca. 1980 eingesetzt. Die zuvor Anfang der 70er Jahre eingesetzten Kryptogeräte der ersten Generation arbeiteten halbautomatisch nach mechanischen und elektrischen Kryptoverfahren. Der Kryptotext wurde von einer Fernschreibmaschine elektrisch aufbereitet und zur Kryptierung an das Kryptogerät übergeben. In den Geräten wurde der Klartext in Kryptotext durch elektrische (integrierte) Kryptobaustufen und mechanische Baugruppen (Getriebe, Rechenwerke) umgewandelt. Die Eingabe der jeweiligen Kryptovariablen (Schlüssel) erforderte umfassende Kenntnisse des Gerätes und des jeweilig verwendeten Kryptoverfahrens. Teilweise wurde der Schlüssel nach sich ständig ändernden Kryptoanweisungen in mechanische Einstellungen an den Rechenwerken umgesetzt. In Geräte mit elektrischen Kryptoverfahren wurden auch Lochstreifen eingelesen. Im Fernschreibbetrieb wurden die Kryptogeräte richtungsabhängig zwischen Sende- und Empfangsbetrieb umgeschaltet. In den Fernschreibstellen wurden nationale (deutsche) und Nato-Kryptogeräte von unterschiedlichen Herstellern aus USA, Großbritannien, Norwegen etc. betrieben. Die Kryptobetriebsanweisungen standen für die nationalen Geräte in Deutsch und für die Natogeräte in Englisch zur Verfügung. Beide mussten jedoch exakt vom jeweiligen Fernschreibbetriebspersonal umgesetzt werden. Da die erforderlichen Kenntnisse relativ komplex waren, gab es für die einzelnen genutzten Kryptogeräte/Verfahren teilweise nur einen ausgebildeten Fernschreiber. Zur damaligen Zeit wurden in den Fernschreibstellen der Bundeswehr mindestens ein nationales und ein Nato-Kryptogerät eingesetzt. In den großen Fernschreibstellen sogar teilweise bis zu 8 unterschiedliche Gerätetypen, für die jeweils sehr detaillierte Kenntnisse erforderlich waren.
Unter dem 29.09.1999 machte ein Dienstvorgesetzter auf Bitte der Klägerin für sie (und weitere Kolleginnen) die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT geltend, da sie und ihre Kolleginnen mit vier verschiedenen Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeiteten. Im September und November 2001 folgten weitere Höhergruppierungsanträge (Anlage zur Klageschrift Bl. 11,12 d.A.). Die personalbearbeitende Dienststelle, Standortverwaltung J..., lehnte mit Schreiben vom 12.11.2003 die Höhergruppierung ab (Anlage zur Klageschrift, Bl. 13,14 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat die am 20.2.2004 erhobene Klage (zugestellt am 01.03.2004) mit dem Antrag,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.09.1999 Ver gütung nach der Vergütungstruppe VI b BAT statt Vergütungsgruppe VII BAT zu zahlen,
abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und den Streitwert auf 6.840,00 EUR festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin erfülle nicht das Heraushebungsmerkmal der begehrten Fallgruppe der Vergütungsgruppe VI b BAT, da sie nicht mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeite. Hierzu genüge es nicht, dass die Klägerin Geräte mit integriertem automatischen Schlüsselbetrieb bediene und das diese Geräte mit Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeiteten. Auch sei es nicht ausreichend, dass die Klägerin zwecks Verschlüsselung Lochstreifen in die Geräte einlege oder Tagesschlüssel über die Tastatur aktiviere oder einen Testlauf veranlasse. Alle diese Handlungen bereiteten Arbeit mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb nur vor. Es handele sich nicht um Arbeit der Fernschreiberin mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb. Diese Arbeit werde nicht von der Klägerin, sondern von automatischen Geräten ausgeführt. Wegen der weiteren rechtlichen Erwägungen, die das Arbeitsgericht zu seinem Ergebnis haben gelangen lassen, wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 17.1.2005 zugestellte Urteil vom 17.12.2004 hat die Klägerin mit einem am 15.2.2005 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 14.04.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.04.2005 verlängert worden war.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Klageziel nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 13.04.2005 weiter; die Kammer nimmt auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug.
Die Klägerin ist der Auffassung, indem sie die vier oben genannten Geräte bediene, arbeite sie mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb. Mit dem Begriff "im Schlüsselbetrieb" sei der Betrieb der Fernschreibgeräte mit eingelegtem Schlüssel und nicht das Verschlüsseln gemeint. Die höhere Vergütung entspreche einer höheren Verantwortung. Auch seien die bei der Klägerin unstreitig vorhandenen Fremdsprachenkenntnisse für den Betrieb erforderlich. Der Nato-weite Verkehr werde ausschließlich in englischer Sprache durchgeführt, aber auch im nationalen Verkehr werde viel Englisch verwendet. Insbesondere die sog. Servicefernschreiben, die sich an die Bedienerin wendeten, seien häufig auf Englisch abgefasst. Zwar lägen die Vorschriften für den Betrieb der Geräte zum Teil in deutscher Sprache vor, allerdings liege die Vorschrift ACP 117 (eine Art Nato-weites Adressbuch) in deutscher und in englischer Sprache vor. Die Anweisungen für Berichtigungen kämen ausschließlich in englischer Sprache. Darüber hinaus schreibe die Klägerin englischsprachige Texte vom Blatt ab, empfange solche und leite sie weiter, weshalb sie diese auch identifizieren müsse. Die Klägerin meint, es sei rechtsmißbräuchlich, wenn sich die Beklagte darauf berufe, dass sie den Nachweis der Leistungsstufe 4 nach der ZDv 59/15 erst im August 2004 erbracht habe.
Die Klägerin beantragt daher,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 17.12.2004 abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab 01.09.1999 Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b BAT statt der Vergütungsgruppe VII BAT zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 23.05.2005; die Kammer nimmt auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug.
Die Beklagte meint, wie sich aus dem Gutachten des Hauptmanns S... vom 29.07.2004 (Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 17.11.2004) und dem Gutachten des Hauptmanns G... vom 13.12.2000 (Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 13.5.2004) ergäbe, habe zur Zeit des Tarifvertragsabschlusses die Arbeit mit Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb auf Grund der technischen Gegebenheiten darin bestanden, die jeweilige Verschlüsselung von Hand vorzunehmen. Wer mit diesen Geräten gearbeitet habe, habe umfassende Kenntnisse über die Kryptogeräte dieser ersten Generation haben müssen. Demgegenüber seien bei den heute betriebenen Kryptogeräten solche Kenntnisse und Fähigkeiten in keiner Hinsicht mehr erforderlich. Die Verschlüsselung geschehe vollautomatisch, ohne dass der jeweilige Fernschreiber irgendeine weitergehende Tätigkeit entfalten müsse. Er sende und empfange ausschließlich im Klartext, die elektrischen Signale, die das Fernschreibgerät verließen, würden vollautomatisch in verschlüsselte Signale umgesetzt, ohne dass noch eine menschliche Einwirkung notwendig sei. Die einzige Tätigkeit im Hinblick auf die Verschlüsselung und die Kryptogeräte bestehe im Einlesen der Schlüssel. Dies erfordere insgesamt einen Arbeitsaufwand von zehn Minuten täglich. Für die einzelnen Bediensteten mache dies nicht mehr als 0,5 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit aus. Im übrigen seien auch Fremdsprachenkenntnisse für diese Tätigkeit nicht erforderlich. Für die Erfüllung der Heraushebungsmerkmale der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 BAT, sei es jedoch nicht ausreichend, dass irgendwie unter Einschaltung von Kryptogeräten gearbeitet werde. Es müsse eine eigenständige Tätigkeit "im Schlüsselbetrieb" hinzutreten, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt habe. Die Merkmale seien seinerzeit in den Tarifvertrag aufgenommen worden, um ein Merkmal festzustellen, dass es gerechtfertigt habe, eine höhere Vergütungsgruppe zu vereinbaren. Im Laufe der Zeit hätten sich die Tätigkeiten jedoch so geändert, dass die damaligen Merkmale nicht mehr erfüllt würden.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).
II.
Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b BAT seit dem 01.09.1999, denn sie erfüllt seit diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 im Teil III der Anlage 1 a zum BAT Bund, Länder, Abschnitt L ("Sonstige Angestellte im Bereich des Bundesministers der Verteidigung") Unterabschnitt VII ("Angestellte im Fernmeldebetriebsdienst"), eingefügt durch Tarifvertrag vom 28.08.1969, Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 geändert durch TV zur Änderung und Ergänzung des Teils III der Abschnitte G, I und L der Anlage 1 a zum BAT vom 12.11.1971, gültig ab 01.12.1971. Das Urteil des Arbeitsgerichts war daher abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.09.1999 Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b BAT zu zahlen.
1.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge in der für den Bereich des Bundes und der Länder geltenden Fassung Anwendung. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 Teil III der Anlage 1 a Abschnitt L Unterabschnitt VII entspricht (§ 22 Abs.2 Unterabsatz 2 Satz 1 BAT).
1.1
Nach der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 1 BAT sind unter Arbeitsvorgängen Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangstätigkeiten) zu verstehen, die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Jeder einzelner Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Mit der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten und anzuwendenden Definition wird ein Arbeitsvorgang verstanden und als die unter Hinzuziehung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit des Angestellten. Dabei ist es zwar rechtlich möglich, dass die gesamte Tätigkeit des Angestellten im tariflichen Sinne nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist. Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (ständige Rspr. vgl. etwa BAG vom 18.05.1994 - 4 AZR 461/93 - AP Nr.178 zu §§ 22, 23 BAT 1975 unter b II a) der Gründe m.w.N.).
1.2
Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich nach den besonderen Tätigkeitsmerkmalen des Teils III Abschnitt L (sonstige Angestellte der Bundeswehr) Unterabschnitt VII (Angestellte im Fernmeldebetriebsdienst) der Anlage 1 a zum BAT Bund/Länder.
Die für die Eingruppierung der Klägerin bedeutsamen Tarifnormen - soweit vorliegend von Bedeutung - lauten:
"Vergütungsgruppe VIII
1.
Fernschreiber soweit nicht anderweitig eingruppiert. -Fußnote 1 - (Hierzu Protokollnotizen Nrn. 4 und 5)...
Vergütungsgruppe VII
1.
Fernschreiber, die sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 herausheben, dass siea)
Fernschreiben nach Leistungsstufe 4 der ZDv 59/15 mit Note "ausreichend" stanzen können oderb)
fremdsprachliche Texte im Telex-Auslandsdienst, im Nato-Verkehr oder in Nato-Sondernetze übermitteln, aufnehmen oder identifizieren....
Vergütungsgruppe VI b
1.
Fernschreiber, die sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 herausheben, dass sie mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeiten und die für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzen. (Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)...
Vergütungsgruppe V c
6.
Fernschreiber, die sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 herausheben, dass sie mit mindestens sechs Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeiten und die für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzen...."
Die Protokollnotiz Nr. 1 lautet:
"Zu den für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnissen gehören das Bilden einfacher Sätze und Beherrschen englischer oder französischer Fernmeldebetriebswörter."
Die Protokollnotiz Nr. 4 lautet:
"Fernschreiber ist, wer den Befähigungsnachweis T der deutschen Bundespost erworben oder eine vergleichbare Prüfung mit Erfolg abgelegt hat. Zu seinen Tätigkeiten gehören z.B.: Abwickeln des offenen und des über mechanische und elektrische Chiffriergeräte (Mischer) klassifizierten Fernschreibverkehrs; Abfertigen, Stanzen und Vermitteln unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften und Bestimmungen der Bundeswehr im Bundeswehr-Fernschreibnetz und Telex-Auslandsdienst; Lesen des Lochstreifenalphabets."
2.
Im Streitfall kann der Zuschnitt der Arbeitsvorgänge in Anlehnung an die Tätigkeitsdarstellung vom 23.2.2000 erfolgen. Diese bezeichnet in den Ziffern 9.1 bis 9.11 sowie 9.14 den einheitlichen Arbeitsvorgang "Funktionstätigkeit als Fernschreiberin". Er besteht darin, die Fernschreibgeräte zu bedienen, d.h. Fernschreiben zu versenden und zu empfangen nebst den dazugehörigen Zusammenhangstätigkeiten wie dem Registrieren der Ein- und Ausgänge, der Ablage, dem Verteilen an die Empfänger, der Aktualisierung der den Fernschreibbetrieb betreffenden nationalen- und Nato-Vorschriften sowie dem Einlesen der Kryptodatenträger in vorhandene Schlüsselgeräte. Ausgehend von dem durch die Rechtsprechung des BAG entwickelten Begriffs des Arbeitsvorgangs, kann im Streitfall daher von einem einheitlichen, mindestens 90% der Arbeitszeit der Klägerin ausmachenden Arbeitsvorgang ausgegangen werden.
3.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 des Teils III Abschnitt L Unterabschnitt VII der Anlage 1 a zum BAT B/L.
3.1
Die Tätigkeitsmerkmale der aufgeführten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei Aufbaufallgruppen zunächst zu prüfen, ob der Kläger/die Klägerin die allgemeinen Anforderungen der niedrigeren Vergütungsgruppen, hier der Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 sowie der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 BAT, erfüllt, und anschließend, ob die Merkmale der darauf aufbauenden höheren Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 BAT vorliegen (vgl. nur BAG vom 16.5.1979 - 4 AZR 680/77 - AP Nr. 23 zu §§ 22,23 BAT 1975 m.w.N. und BAG vom 24.09.1980 - 4 AZR 727/78- AP Nr.36 zu § 22, 23 BAT 1975). Dabei ist nach der Rechtsprechung des BAG eine pauschale Prüfung ausreichend, wenn die Parteien die Tätigkeiten des Arbeitnehmers als unstreitig ansehen und der Arbeitgeber selbst für die Tätigkeit die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt erachtet (vgl. BAG vom 5.9.1973 - 4 AZR 549/72 - AP Nr. 3 zu § 24 BAT m.w.N. und BAG vom 06.06.1984 - 4 AZR 203/82 - AP Nr. 91 zu §§ 22, 23, BAT 1975 m.w.N.).
Die Klägerin wird zurzeit vergütet nach der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 5. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin die für die Eingruppierung in die Ausgangsvergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 erforderliche Prüfung gem. der Protokollnotiz Nr. 4 zu dieser Vergütungsgruppe abgelegt hat. Seit der erfolgreichen Ablegung der Fernschreibprüfung nach Leistungsstufe 4 der ZDv 59/15 im August 2004 erfüllt sie spätestens die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1a) BAT. Dies wird auch die Beklagte ernsthaft nicht bestreiten wollen. Da die Klägerin bereits nach 4 Monaten Dienstzeit im Januar 1984 ausweislich der Prüfungsbescheinigung (Bl.10 d.A.) 151 Anschläge pro Minute bei einer Mindestanforderung von 80 Anschlägen pro Minute erreicht hatte und ihr im Anschluß hieran die Ablegung der Schreibprüfung nach der ZDv 59/15 nach ihrem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag (§ 138 Abs.3 ZPO) verwehrt wurde, geht die Kammer davon aus, dass sie spätestens ab September 1999 - nach 16 jähriger Tätigkeit als Fernschreiberin - die erforderlichen 230 Anschläge pro Minute bereits erreicht hatte. Darüber hinaus hat die Beklagte ihr anfängliches Bestreiten zur Erfüllung der Fallgruppe 1 b) der Vergütungsgruppe VII BAT in der Verhandlung vor dem LAG am 5.9.2005 aufgegeben und unstreitig gestellt, dass die Klägerin die Anforderungen dieser Fallgruppe erfüllt. Insofern bedarf es daher nur einer summarischen Prüfung hinsichtlich der Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe. Da die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 a) ohnehin nicht voraussetzt, dass die geforderte fernschreibtechnische Fertigkeit als Dauerleistung erbracht wird, vielmehr der einmalige Nachweis genügt (Clemens/Scheuring, Loseblatt-Kommentar zum BAT, Vergütungsordnung BL, Stand Oktober 2003, Erl. 66) und darüberhinaus die Fallgruppe 1 b) der VG VII BAT unstreitig gestellt wurde, kann im Streitfall von der Erfüllung der Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 BAT mindestens seit dem Jahr 1999 ausgegangen werden.
3.2
Die Klägerin erfüllt auch die Heraushebungsmerkmale der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 BAT. Sie arbeitet mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb und besitzt die für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse. Diese Tätigkeit dient zu mindestens 90% Anteil an der Gesamttätigkeit einem einzigen Arbeitsergebnis, nämlich dem Versenden und Empfangen verschlüsselter Fernschreiben, weshalb auch hinsichtlich der Erfüllung der Heraushebungsmerkmale ein großer Arbeitsvorgang vorliegt.
Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut des Fernschreibers, der mit "mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb" arbeitet und die für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzt. Über diesen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in der Tarifnorm einen Niederschlag gefunden haben. Dazu ist insbesondere auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der auch deswegen mitberücksichtigt werden muss, weil nur daraus auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAG vom 12.9.1984 - 4 AZR 336/82 - AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).
3.2.1
Die Klägerin arbeitet als Fernschreiberin mit mehreren Kryptoverfahren.
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Auslegungsgrundsätze ist davon auszugehen, dass die Tarifparteien bei Einfügung der Fallgruppe 1 in die Vergütungsgruppe VI b des Teils III Abschnitt L Unterabschnitt VII der Anlage 1 a zum BAT unter dem Begriff Kryptoverfahren die unterschiedlichen Kryptogeräte verstanden haben. Dies wird bestätigt durch die von der Beklagten vorgelegten Gutachten der Hptm S... und G.... Kryptoverfahren meint danach die technische Umsetzung der Kryptologik im Gerät. Wird daher mit verschiedenen (nicht interoperablen) Kryptogeräten gearbeitet, so wird mit verschiedenen Kryptoverfahren i.S.d. Tarifnorm gearbeitet. Hiervon geht auch die Beklagte aus, die den Begriff Kryptoverfahren in ihrer zentralen Dienstvorschrift (ZDv)eraushebungsmerkmaleHeraus 50/100 im Jahr 1976 so definierte (so das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Hptm G... vom 13.12.2000, S.5, Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 13.5.2004). Auch der Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 03.02.1972 S II 3 (VR IV 5) AZ. 18 - 20 - 15-01 (Bl.155 ff. des Parallelverfahrens 17 Sa 282/05 E LAG Niedersachsen) bezeichnet als Kryptoverfahren (im Schlüsselbetrieb) die einzelnen damals gebräuchlichen Geräte. Entsprechendes ergibt sich aus dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31.08.1999 PSZ II 4 - Az. 18/20-15/Krypto 04 (Bl. 152 ff. des Parallelverfahrens 17 Sa 282/05 E LAG Niedersachsen).
Nach übereinstimmender Auffassung der Tarifpartner sind unter "mehreren Kryptoverfahren" mindestens zwei zu verstehen (vgl. Clemens/Scheuring, a.a.O., Erl. 64). Da die Klägerin unstreitig noch bis Juni 2000 mit 3 verschiedenen Fernschreibkryptogeräten, die untereinander nicht interoperabel waren und seit Juni 2000 jedenfalls noch mit zwei unterschiedlichen, nicht interoperabelen Kryptogeräten arbeitet, ist im Streitfall auch das Anforderungsmerkmal Arbeit mit mehreren Kryptoverfahren erfüllt. Es kann daher dahinstehen, ob das Fernkopiergerät Bit 96, von der Tarifvorschrift erfasst wird.
3.2.2
Die Klägerin arbeitet auch im Schlüsselbetrieb.
Dem Tarifwortlaut kann nicht entnommen werden, dass die Tarifparteien mit der Formulierung "im Schlüsselbetrieb" die Anforderung aufstellen wollten, dass der Fernschreiber am Vorgang des Ver- und Entschlüsselns durch eigenes Eingreifen und eigene Einwirkung beteiligt ist. Auch bei den Kryptogeräten der ersten Generation, wie sie in beiden von der Beklagten vorgelegten Gutachten der Hptm G... und S... beschrieben werden, war der Fernschreiber an dem Vorgang des Ver- und Entschlüsseln selbst nicht beteiligt. Dies geschah vielmehr immer durch die Geräte halbautomatisch oder elektrisch. Lediglich die Eingabe der jeweiligen Kryptovariablen (Schlüssel) war danach erheblich aufwändiger und erforderte umfassende Kenntnisse des Geräts und des jeweils verwendeten Kryptoverfahrens. Darauf, dass die Kryptogeräte heute die Kryptierung vollautomatisch, statt wie Anfang der siebziger Jahre halbautomatisch oder elektrisch vornehmen, kann es daher nicht ankommen. Da die Tarifvertragsparteien - wie oben ausgeführt - mit verschiedenen Kryptoverfahren die verschiedenen Kryptogeräte gemeint haben, diese Geräte aber auch in Klarlage schreiben können (offener Fernschreibverkehr), kann das Merkmal "im Schlüsselbetrieb arbeiten" nur so verstanden werden, dass mit dem Kryptogerät auch im Kryptobetrieb (der nach den von der Beklagten vorgelegten Gutachten synonym mit dem Begriff Schlüsselbetrieb ist) gearbeitet werden muss. Dies ist bei der Klägerin der Fall, denn sie schreibt/empfängt nur ausnahmsweise in sog. Klarlage. Für diese Auslegung spricht nicht zuletzt auch der Erlass der Beklagten vom 31.08.1999 PSZ II 4- AZ- 18-20-15/Krypto 04 (Bl.152 ff des Parallelverfahrens 17 Sa 282/05 E LAG Niedersachsen), wo es auf Seite 3 wörtlich heißt:
"Im Schlüsselbetrieb werden Nachrichten unter Beachtung der für die einzelnen Verfahren geltenden Kryptovorschriften so umgewandelt, dass der Inhalt nur den mit der Sache betrauten Personen erkennbar ist. Zu den Tätigkeiten im Schlüsselbetrieb gehören: Einstellen und Bedienen der Kryptogeräte, Ver- und Entschlüsseln."
Wie sich aus den von der Beklagten vorgelegten Gutachten ergibt, waren aber im Jahr 1999 bereits Geräte der zweiten und dritten Generation im Einsatz, mithin solche, die vollautomatisch verschlüsselten. Auch der Erlass stellt damit offensichtlich nicht darauf ab, dass die Tätigkeit des Ver- und Entschlüsselns von dem Fernschreiber selbst ausgeführt wird. Für die hier vorgenommene Auslegung spricht auch die weitere Formulierung in dem Erlass:
"Als Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb gelten zur Zeit: Kryptoverfahren mit (... wird ausgeführt)."
Die Ausführung fehlt allerdings, d.h. die einzelnen Kryptoverfahren werden in dem Erlass vom 31.08.1999 nicht mehr aufgeführt. Im Vorgänger-Erlass vom 03.02.1972 S II 3 (VR IV 5) Az 18-20-15-01 (Bl. 155 ff des Parallelverfahrens 17 Sa 282/05 E LAG Niedersachsen) waren dagegen als Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb die zum damaligen Zeitpunkt gebräuchlichen Kryptoverfahren mit den entsprechenden Gerätetypen aufgeführt (ebd. Bl. 162, S.8 des Erlasses). Mithin hat die Beklagte selbst als Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb die Arbeit des Fernschreibers mit den unterschiedlichen Kryptogeräten verstanden. Dafür, dass die Tarifparteien dem einen weitergehenden Sinn und Zweck zugemessen haben, gibt der Tarifwortlaut hingegen nichts her.
Auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich nichts anderes. In der Protokollnotiz Nr. 4 haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass die Abwicklung des offenen und des über mechanische und elektrische Chiffriergeräte (Mischer) klassifizierten Fernschreibverkehrs zu den Grundtätigkeiten des Fernschreibers gehört. Fernschreiber, die sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 herausheben, dass sie Fernschreiben nach einer bestimmten Leistungsstufe stanzen können oder fremdsprachliche Texte im Telex-Auslandsdienst, im Nato-Verkehr oder in Sondernetze übermitteln, aufnehmen und identifizieren, erhalten die Vergütungsgruppe VII. Hieraus heben sich wiederum Fernschreiber dadurch heraus, dass sie mit mehreren (mindestens zwei) Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeiten und die für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse besitzen (Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1. Arbeiten sie mit mindestens sechs Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb, steht ihnen die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 6 zu. Aus dem Aufbau der Fallgruppen kann daher geschlossen werden, dass die Tarifparteien die Arbeit mit mehr als einem Kryptoverfahren als mit erhöhten Anforderungen verbunden honorieren wollten.
Wie die Beklagte - von der Klägerin nicht bestritten (§ 138 Abs.3 ZPO) - unter Bezug auf die von ihr vorgelegten Gutachten geschildert hat, stellten die zum Zeitpunkt der Einfügung der streitbefangenen Fallgruppe gebräuchlichen Kryptogeräte der 1. Generation an den Fernschreiber auch höhere Anforderungen insofern, als die Eingabe der jeweiligen Kryptovariablen (Schlüssel) sehr aufwändig war und umfassende Kenntnisse des Geräts und des jeweiligen Kryptoverfahrens erforderte. Allein daraus, dass bei den heute im Bereich der Bundeswehr gebräuchlichen Kryptoverfahren der zweiten und dritten Generation die Anforderungen an die zusätzlichen Fachkenntnisse und praktischen Fähigkeiten des Fernschreibers gegenüber denjenigen der ersten Generation erheblich vermindert sind und sich praktisch auf das Einlesen eines Lochstreifens und /oder die Eingabe einer Tastenfolge reduzieren, kann aber nicht auf das völlige Leerlaufen dieser Tarifnorm geschlossen werden. Die Tarifnorm der VG VI b FG 1 Teil III L Unterabschnitt VII der Anlage 1 a zum BAT, B/L beschreibt eine bestimmte Tätigkeit des Fernschreibers, nämlich Arbeit mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb. Wenn sich im Laufe der technischen Entwicklung die Anforderungen an die Fachkenntnisse sowie die praktischen Fähigkeiten des Fernschreibers, der mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeitet, verändern, spielt dies für die tarifliche Bewertung keine maßgebliche Rolle. Auch dass der Schlüsselwechsel heute nur noch wenige Minuten erfordert, ist unerheblich, zumal dieser auch bei den Kryptogeräten der 1. Generation nach dem Vorbringen der Beklagten nur einen Bruchteil der Arbeitszeit des Fernschreibers in Anspruch nahm, so dass die Tarifparteien hierauf nicht abgestellt haben können. Während im Streitfall durch die technische Entwicklung die Anforderungen an die Tätigkeit des Fernschreibers, der mit mehreren Kryptoverfahren im Schlüsselbetrieb arbeitet, unstreitig gesenkt wurden, haben sich in anderen Bereichen durch die technische Entwicklung Tätigkeitsanforderungen erhöht, ohne dass dies automatisch zu einer höheren Tarifgruppe führt. Den Tarifvertragsparteien steht es in diesen Fällen frei, den Tarifvertrag insoweit zu ändern und auf die neuen technischen Entwicklungen hin zu ergänzen. Wie der Beklagtenvertreter im Termin in der mündlichen Verhandlung vor dem LAG am 05.09.2005 eingeräumt hat, wurden auch bereits Versuche unternommen, die hier streitigen Eingruppierungsmerkmale zu ändern, was aber von beiden Tarifvertragsparteien (Bundesinnenministerium und Ver.di) -wohl auch im Hinblick auf die geplante Neuregelung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst insgesamt - nicht aufgegriffen wurde. Unter diesen Umständen kann auch nicht von einer (nachträglichen), unbewussten Tariflücke ausgegangen werden, die gegebenenfalls durch ergänzende Auslegung von den Gerichten zu schließen wäre. Selbst wenn man hier von einer Lücke ausgehen würde, verböte sich eine Lückenschließung durch die Gerichte, denn es bestehen durchaus verschiedene Möglichkeiten, die Lücke zu schließen (etwa durch Honorierung einer erhöhten Verantwortung für die Schlüssel). In diesem Fall muss es alleine den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben zu entscheiden, welche Lösungsmöglichkeit gewählt werden soll. Eine Ausfüllung der Lücke durch das Gericht würde in solch einem Fall einen unzulässigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie bedeuten (vgl. BAG vom 20.07.2000 - 6 AZR 347/99 - AP Nr.170 zu § 1 TVG Auslegung unter II 3 a) der Gründe).
3.2.3
Die Klägerin erfüllt schließlich auch das weitere Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1; sie besitzt nämlich die für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse.
Nach der Protokollnotiz Nr. 1 gehören zu den für den Betrieb erforderlichen Fremdsprachenkenntnissen das Bilden einfacher Sätze und Beherrschen englischer oder französischer Fernmeldebetriebswörter. Dass die Klägerin über solche Englischkenntnisse verfügt, wie sie in der Protokollnotiz beschrieben werden, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte meint allerdings, für den Kryptobetrieb seien Fremdsprachenkenntnisse gar nicht erforderlich, weshalb die Klägerin auch insoweit die Tätigkeitsmerkmale der begehrten Vergütungsgruppe nicht erfülle. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass die Kryptobetriebsanweisungen für die Kryptogeräte der ersten Generation teilweise nur in Englisch zur Verfügung gestanden hätten, während heute die Betriebsanweisungen in Deutsch vorlägen, kommt es hierauf nach dem Tarifwortlaut nicht entscheidend an. Komplizierte Kryptobetriebsanweisungen dürften kaum durch Bilden einfacher Sätze und Beherrschen englischer oder französischer Fernmeldebetriebswörter zu verstehen gewesen sein. Dies können die Tarifparteien deshalb nicht gemeint haben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass einfache Fremdsprachenkenntnisse gemeint sind, wie sie benötigt werden, um die Fernschreiben richtig zu identifizieren und weiterzuleiten bzw. Servicefernschreiben zu verstehen und gegebenenfalls mit den Gegenstellen bei auftretenden Problemen zu kommunizieren. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin ist von der Beklagten substantiiert nicht bestritten worden (§ 138 Abs.3 ZPO). Darüber hinaus hat die Klägerin - von der Beklagten ebenfalls nicht bestritten - vorgetragen, dass die Vorschrift ACP zwar in deutscher Fassung vorliegt, allerdings auch in englischer Sprache und die Anweisungen für die Berichtigungen, welche die Klägerin und ihre Kolleginnen beachten müssen, ausschließlich in englischer Sprache eingehen. Im übrigen gilt auch hier das oben Ausgeführte. Soweit für den Kryptobetrieb heute auf Grund der technischen Entwicklung keine Fremdsprachenkenntnisse mehr erforderlich sind, rechtfertigt dies unter Umständen nicht mehr die Heraushebung aus der niedrigeren Vergütungsgruppe. Es obliegt aber den Tarifparteien, dies gegebenenfalls zu ändern.
4.
Die Klägerin hat den Anspruch auf die begehrte Eingruppierung ab dem 1.9.1999 auch rechtzeitig unter Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist des § 70 BAT durch das Schreiben ihres militärischen Vorgesetzten vom 29.9.1999 geltend gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 ZPO.