Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.07.2019, Az.: 1 KN 78/17

Abwägungserheblichkeit; Auslegungsbekanntmachung; Bebauungsplan; Emissionskontingente; Geringfügigkeitsschwelle; Lärmimmissionen; Lichtimmissionen; umweltbezogene Informationen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.07.2019
Aktenzeichen
1 KN 78/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69897
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Abwägungserheblichkeitsschwelle bei Licht- und Lärmimmissionen

Zu den Anforderungen an die Angabe verfügbarer Umweltinformationen in der Auslegungsbekanntmachung

Dem bei der Gliederung eines Gewerbe/Industriegebiets nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO durch Lärmkontingente zu beachtenden Erfordernis, dass wenigstens auf einer Teilfläche faktisch unbeschränkt muss emittiert werden können (BVerwG, Urt. v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 -), ist Genüge getan, wenn das Emisssionskontingent dort im Industriegebiet eine Lärmentwicklung von 70/70 dB(A), im Gewerbegebiet von 65/50 dB(A) zulässt.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin am 10. Dezember 2015 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 99 „Hafen- und Industriegebiet Mittellandkanal“ ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Normenkontrollverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich zum Schutze ihres Anwesens, das südlich des Mittellandkanals im Außenbereich liegt, gegen den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 99 „Hafen- und Industriegebiet Mittellandkanal“, weil sie bei Ausnutzung seiner Festsetzungen unzumutbare Beeinflussungen durch Lärm und Licht befürchtet. Mit diesem Bebauungsplan möchte die Antragsgegnerin einen gewerblich und industriell nutzbaren Bereich nördlich des Mittellandkanals erweitern, in dem nun nicht mehr nur Futtermittel, Schüttgut und Schwergut umgeschlagen werden sollen. Neben dem vorhandenen Wendebecken am Mittellandkanal soll - im Verbund mit der Beigeladenen, an der die Antragsgegnerin beteiligt ist, sowie im Zusammenwirken mit der Stadt C-Stadt - ein Containerhafen mit anschließenden gewerblich und industriell nutzbaren Flächen entstehen. Diese wollen arbeitsteilig ein trimodales Transportwesen schaffen. Die Fortbewegungsmittel Straße und Schiene sollen im Stadthafen der Stadt C-Stadt, der Wasserweg auf den vom angegriffenen Plan erfassten Flächen behandelt werden. Als dessen Zielorte werden Hamburg und Antwerpen genannt. Richtung Hamburg ist uneingeschränkt zweilagiger Containertransport auf bis zu 100 m langen Großmotorgüterschiffen (GMS) möglich. Das ist das maßgebliche Typschiff. Richtung Antwerpen können Container bei geringem Gewicht nur einlagig, bei größerem Gewicht auch zweilagig transportiert werden. Der Unterschied ist auf die niedrige Höhe der auf der Fahrtstrecke derzeit vorhandenen Brücken zurückzuführen.

Das Planaufstellungsverfahren vollzog sich in folgenden Schritten:

Der Aufstellungsbeschluss stammt vom 12. Dezember 2012. Die Bürger wurden frühzeitig im Januar 2015 beteiligt. Den Planentwurf legte die Antragsgegnerin in der Zeit vom 26. Oktober bis 30. November 2015 öffentlich aus. In der Auslegungsbekanntmachung vom 15. Oktober 2015 heißt es unter anderem (Hervorhebungen im Original):

Zu dem Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 99 „Hafen und Industriegebiet Mittellandkanal“ liegen folgende wesentliche umweltbezogene Informationen vor:

Avifauna:
Seltene und gefährdete Brutvogelarten:
Weißstorch, Rotmilan, Mäusebussard, Turmfalke, Teichhuhn, Eisvogel, Grünspecht, Kleinspecht, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Star, Nachtigall, Gartenrotschwanz, Haussperling; Feldsperling, Girlitz, Bluthänfling
in weiteren Gutachten:
Fledermäuse, Amphibien, Fische

Der Rat der Antragsgegnerin beschloss den Bebauungsplan am 10. Dezember 2015 als Satzung. Am 15. Mai 2016 machte die Antragsgegnerin ihn im Amtsblatt für den Landkreis C-Stadt Nr. 9 bekannt. Der Hauptverwaltungsbeamte der Antragsgegnerin fertigte ihn am 24. Mai 2016 aus.

Der Planbereich erstreckt sich zwischen der Osnabrücker Straße (B 51) im Nordwesten, dem Mittellandkanal im Südwesten und reicht im Osten bis zur E. Straße. Er zerfällt, grob betrachtet, in zwei Teilbereiche. Der nordwestliche erstreckt sich zwischen der F. Straße und der G., der südöstliche zwischen Donaustraße und Oelinger Straße/Mittellandkanal. Den erstgenannten Bereich überplante die Antragsgegnerin während des Normenkontrollverfahrens durch den am 15. März 2018 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 109 „Hafen- und Industriegebiet – Futtermittel- und Schüttguthafen“. Diesen machte sie am 30. Oktober 2018 bekannt.

Der zweitgenannte Bereich ist im Wesentlichen unverändert geblieben. Dort setzte der Plan Nr. 99 östlich eines denkmalgeschützten Gebäudes/Eckgrundstück Hafen-/H. -naustraße ein Regenwasserrückhaltebecken fest. Das wurde im Plan Nr. 109 zu dem eingeschränkten Gewerbegebiet 2. Südlich der im Plan Nr. 99 festgesetzten Hafenstraße liegen zwei durch eine Fläche für Leitungen getrennte Industriegebietsflächen. Für diese setzt der Plan Nr. 99 Lärmemissionskontingente von 63/48 dB(A)/m² Grundstücksfläche (gleich, ob überbaubar oder nicht) fest. Nordöstlich davon ist ein eingeschränktes Gewerbegebiet mit Lärmemissionskontingenten von 65/50 dB(A) je Quadratmeter Grundstücksfläche festgesetzt. Südlich dieses eingeschränkten Gewerbegebiets und östlich des Industriegebiets ist bis zum Mittellandkanal in mehreren Teilbereichen mit unterschiedlichen Lärmemissionskontingenten ausgestaltet ein Sondergebiet Containerhafen bestimmt.

Am 15. Mai 2017 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt und eine Durchschrift davon gleichen Tags an die Antragsgegnerin übermittelt. Sie hält sich für antragsbefugt, weil die Antragsgegnerin sowohl hinsichtlich der planbedingten Lichteinflüsse als auch des bei Planausnutzung entstehenden Lärms auf ihre Belange abwägend habe Rücksicht nehmen müssen.

In der Sache hält sie den Plan Nr. 99 aus formellen und materiellen Gründen für unwirksam.

In der Schlussbekanntmachung fehle der Hinweis, wo der Planunterworfene bei der Antragsgegnerin die zur Handhabung der festgesetzten Lärmemissionskontingente unabdingbar erforderliche DIN 45691 einsehen könne. Die Planauslegung sei defizitär gewesen, weil die vorhandenen umweltbezogenen Informationen nicht richtig benannt worden seien. Der Plan sei nicht erforderlich, da nicht umsetzbar. Rentierlich könnten die Flächen nur genutzt werden, wenn Schiffe Container auf mindestens drei Lagen transportierten; das scheide aber aus, weil dazu eine Reihe von Brücken angehoben werden müßten. Das werde zwar langfristig ins Auge gefaßt, sei aber nicht konkret genug abzusehen. Der Plan führe zu unzumutbar hohen Lärmeinwirkungen. Die planbedingten Lärmmengen seien unzutreffend ermittelt, die Lärmemissionskontingente – darunter die Zusatzlärmsektoren - seien fehlerhaft festgesetzt worden. Der Ausgleich des erheblichen Eingriffs in Natur und Landschaft sei nicht richtig bewältigt.

Die Antragstellerin beantragt,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 10. Dezember 2015 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 99 „Hafen- und Industriegebiet Mittellandkanal“ für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält die Antragstellerin für nicht antragsbefugt. Weder halte sie sich diese dort auf Dauer auf noch verfüge sie öffentlich-rechtlich über eine Position, sich gegen den Plan wenden zu dürfen. Selbst wenn das so wäre, habe sie auf die Lärm- und Lichtbelange in der Abwägung keine Rücksicht nehmen müssen, deren Beachtung die Antragstellerin reklamiere.

Die Beigeladene unterstützt die Antragsgegnerin, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Planaufstellungs- sowie bauaufsichtsbehördlichen Vorgänge des Landkreises C-Stadt Bezug genommen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt.

Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. Wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht, reicht es aus, dass sie Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung ihrer Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse, berufen kann. Für die Prüfung der Antragsbefugnis kommt es grundsätzlich auf die Darlegungen der Antragstellerin im Normenkontrollverfahren an. Allerdings ist die Antragsbefugnis nicht schon dann zu bejahen, wenn solche Tatsachen im gerichtlichen Verfahren behauptet werden und der Vortrag in Bezug auf den geltend gemachten Abwägungsfehler schlüssig ist. Zwar ist die Prüfung der Antragsbefugnis nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes und in einem Umfang und einer Intensität vorzunehmen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt. Das Normenkontrollgericht ist insbesondere nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären. Andererseits muss es widerstreitendes Vorbringen der Antragsgegnerin, auf dessen Grundlage sich die maßgeblichen Tatsachenbehauptungen in der Antragsschrift als offensichtlich unrichtig erweisen, nicht ausblenden, sondern kann auf der Grundlage des wechselseitigen Schriftverkehrs darüber befinden, ob es einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers geben kann (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 10.7.2012 - 4 BN 16.12 -, BauR 2012, 1771 = BRS 79 Nr. 61 m.w.N.).

Abwägungserheblich in diesem Sinne kann auch das Interesse des Anliegers auf einem dem Plangebiet benachbarten Grundstück sein, von belastenden Auswirkungen der durch den Plan ermöglichten Nutzungen verschont zu bleiben. Dies gilt allerdings nur, wenn die planbedingten Beeinträchtigungen (Nachteile, Gefahren) in einem adäquat-kausalen Zusammenhang mit der Planung stehen und nicht von geringfügiger Art sind (BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 = juris Rn. 14 m.w.N.). Daran fehlt es hier, soweit die Antragstellerin nachteilige Lichteinwirkungen geltend macht. Zu einem vergleichbaren Fall – Nachbarnormenkontrolle gegen einen Tag und Nacht betriebenen umfangreichen Autohof am Rand einer Autobahn – hatte der Senat im Urteil vom 11. Mai 2010 - 1 KN 102/08 - (V.n.b.) ausgeführt:

Zwar beanstanden die Antragsteller, dass sich der Autohof - zumal wegen Aufschüttung der Standplatzanlage für die Lastkraftwagen - wie ein "leuchtendes Ufo" in der Landschaft darstellen werde. Bereits mit Beschluss vom 14. Juni 1996 (4 A 3.96 -, NVwZ-RR 1997, 340 [BVerwG 14.06.1996 - BVerwG 4 A 3.96, 4 VR 2.96]) hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch ausgeführt, der Einfluss der Beleuchtung einer Rastanlage (12 m hohe Lichtmasten) sei in mehr als 130 m Entfernung so gering, dass eine Rechtsverletzung dort wohnender Anlieger nicht angenommen werden könne.

Hier mögen die Lichtquellen mit etwa 35-40 m über Grund zwar höher liegen. Doch ist allein schon die Entfernung mit mindestens 300 m so groß, dass die Annahme, der Plan werde „keine spürbare Beeinflussung“ zur Folge haben, welche in die Abwägung hätte eingestellt werden müssen, auch hier berechtigt ist. Es kommt hinzu, dass die zwischen ehemaligem Kornspeicher und Mittellandkanal stehenden Bäume und Gebäude zumindest einen Teil der Lichtimmissionen abschirmen dürfte.

Die in der mündlichen Verhandlung erhobene Forderung der Antragstellerin, sie könne unter Abwägungsgesichtspunkten schon die Behelligung mit einem einzigen planbedingt entstehenden Zusatz-Lux Lichtstärke abwehren, trifft nicht zu. Sie steht ohne tragfähige Begründung im Gegensatz zur zitierten Rechtsprechung und verkennt, dass die Pflicht zu gerechter Abwägung grundsätzlich nicht das Recht einschließt, von jedwedem planbedingten Nachteil verschont zu bleiben, sei er noch so geringfügig. Um Geringfügiges braucht sich der Rat bei der Abwägung nicht zu kümmern. Ein Ausnahmefall – unzumutbar hohe Vorbelastung – liegt hier nicht vor.

Anders verhält es sich indes mit den befürchteten planbedingten Lärmeinwirkungen. Diese erreichen ein Maß, welches die Antragstellerin zur Führung der Normenkontrolle berechtigt.

Die Einhaltung nur abwägungsgerecht starken Lärms kann auch der verlangen, der nur obligatorisch an Außenbereichsgrundstücken berechtigt ist.

Die Antragstellerin ist nicht deshalb an der Geltendmachung von Abwehrechten gehindert, weil sie in formell und materiell rechtswidriger Wohnung im Außenbereich wohnte. Es entspricht zwar der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass dem keine Abwehrbefugnisse zur Seite stehen, der mit ihnen formell und (beides also) materiell baurechtswidrige Nutzungen zu verteidigen sucht (vgl. insbes. BVerwG, Urt. v. 24.9.1992 - 7 C 6.92 -, BVerwGE 91, 92 = ZfBR 1993, 37 = UPR 1993, 27 = DVBl 1993, 159 = NJW 1993, 342 = NVwZ 1994, 164). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Die Wohnnutzung ist jedenfalls formell legal. Das reicht aus, Berücksichtigung bei der Abwägung einfordern zu können, und ergibt sich hier aus der Baugenehmigung, welche der Landkreis C-Stadt der Antragstellerin unter dem 25.6.2012 für Umbau und Erweiterung des ehemaligen Kornspeichers zu Wohnzwecken erteilt hatte. In den dazu eingereichten und vom Landkreis mit Genehmigungsvermerk versehen Unterlagen (BA008, Teil III) hatte die Antragstellerin zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, sie wolle den ehemaligen Kornspeicher durch Verlängerung des Baukörpers nach Norden und Einbau einer umfangreicheren Gaube im Nordostteil des zu einem Sattel umzubauenden Daches umgestalten, um ihn selbst zu Wohnzwecken zu nutzen, ohne dafür Privilegierungsgründe anführen zu können. Gleichwohl kann ihr vorbehaltlos genehmigtes Vorhaben nach Ausgestaltung des Einzelfalls allein den Zweck verfolgt haben, just dies zu erreichen. Denn sie hatte sich in den Bauantragsunterlagen ohne jede Einschränkung als Bauherrin und zugleich (Adressangabe!) als Person bezeichnet, die dort schon wohnt. Sie hatte an keiner Stelle des Bauantrags durchblicken lassen, ein anderer als sie wolle das Vorhaben in einer Weise nutzen, die sich an § 35 Abs. 1 BauGB anlehnt. Bei verständiger Würdigung kann der Bauantrag daher allein das Ziel gehabt haben, sie wolle das Gebäude nicht nur in der beschriebenen Weise umbauen (Verlängerung nach Norden, Begradigung des südlichen Dachbereichs von Walm- auf Satteldach, Anfügung einer vierfenstrigen Gaube an der Dachnordostseite), sondern auch, und zwar weiterhin, zu allgemeinen, nichtprivilegierten Wohnzwecken selbst nutzen.

Damit ist die Nutzung, deren Berücksichtigung sie bei der Abwägung reklamiert, formell legal. Das reicht zur Geltendmachung antragsbegründender Umstände aus.

Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung des Weiteren unwidersprochen geltend gemacht, dort mit erstem Wohnsitz gemeldet zu sein und sich dort trotz Eheschließung mit einer anderen Orts wohnenden Person nicht nur ganz selten dort aufzuhalten. Es kann daher nicht gesagt werden, sie habe nur ein Sperrgrundstück erworben, um unter dem Vorwand von Schutzansprüchen ein aus ganz anderen, grundsätzlichen Gründen abgelehntes Vorhaben zu Fall zu bringen.

Das daraus folgende Interesse der Antragstellerin, von planbedingter Zunahme von Lärm verschont zu bleiben, war auch angesichts des seinerzeit eingeholten Lärmgutachtens der lux-Planung vom 27.11.2014/01.10.2015 (BA005, Bl. 1204 ff.; im Grundsatz gleichgeblieben trotz Lärmintensivierung in der Begutachtung, welche die lux-Planung unter dem 18. Oktober 2017 für den Bebauungsplan Nr. 109 angestellt hatte) abwägungsrelevant. Richtig ist zwar, dass nach den Ermittlungen der lux-Planung (vgl. Gutachten vom 27.11.2014/01.10.2015, Bl. 1224 und 1225 sowie Tabellen Bl. 1220 und 1221 der BA005) die sogar rund 55 m näher am Plangeschehen liegende Gebäude-Nordseite (IO 30) mit planbedingten Lärm-Einwirkungen zu rechnen hat, die tags und nachts um 5,7 dB(A) unter den Orientierungswerten von 60/45 dB(A) liegen. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass das Interesse daran, im Außenbereich weiterhin besonders ruhig zu wohnen, für sich allein genommen nicht schutzwürdig und abwägungsrelevant ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 - 4 CN 1.98 -, ZfBR 2000, 199 = UPR 2000, 189 = NVwZ 2000, 807 = BRS 62 Nr. 51, JURIS-Rdnr. 17 a.E.).

Gleichwohl sind die mit dem Plan voraussichtlich verbundenen Lärmfolgen nicht so geringfügig, dass sie nicht mehr abwägungsrelevant waren und daher die Normenkontrollantragsbefugnis nicht mehr vermitteln könnten. Das wäre erst dann der Fall, wenn unter keiner denkbaren Betrachtungsweise die Bagatellschwelle zur Abwägungserheblichkeit überschritten sein könnte. Das Gegenteil ist der Fall.

Abwägung hat nicht nur die Aufgabe, Gefahren von den planbetroffenen Grundstücken und den Grundstücken von Plannachbarn abzuwenden. Abwägung muss vielmehr auch auf die Wahrung des Vorsorgegebots bedacht sein. Das erlegt der planenden Gemeinde die Pflicht auf zu erwägen, ob das Planziel nicht mit noch geringeren Einbußen für den genannten Grundstückskreis erreicht werden kann. Eine brauchbare Handreichung zur Ermittlung des Kreises von Grundstücken, welche die Gemeinde dabei in Abwägungsblick zu nehmen hat, bietet Nr. 2.2 lit. a) der TA Lärm. Das hatte der Senat schon in seiner Entscheidung vom 27. Februar 2019 (- 1 KN 140/17 -, JURIS-Rdnr. 25 unter Hinweis auf die Entscheidung des OVG Koblenz vom v. 6.2.2018 - 8 C 11325/17 -, BauR 2019, 93, JURIS-Rdnr. 21) angenommen. Der bei der Lärmermittlung in Blick zu nehmende Einwirkungsbereich einer Anlage (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch BVerwG, B. v. 17.12.2012 - 4 BN 19.12 -, BauR 2013, 753 = BRS 79 Nr. 65, JURIS-Rdnrn. 4 f.) umfasst all die Grundstücke, bei denen die für sie geltenden Orientierungswerte durch den anlagenbedingten Lärm nur um weniger als 10 dB(A) unterschritten werden. Daher hat die Gemeinde bei jeder Abwägung umso eher auf einen Immissionsort Bedacht zu nehmen, je weiter diese Marge von bis zu 10 dB(A) unterschritten wird. Je mehr das der Fall ist, desto eher kommt die Annahme abwägungsrelevanter Betroffenheit und damit in Betracht zu erwägen, ob die den Plan tragenden Gesichtspunkte nicht auch unter geringerer Lärmbeeinträchtigung der Planunterworfenen oder gerade dieses Plannachbarn erreicht werden können.

Hier liegt das Gebäude, welches die Antragstellerin nutzt, nach den genannten Ermittlungen so deutlich noch im Einwirkungsbereich, dass seine Nutzerin, die Antragstellerin, beanspruchen kann, dass ihre Interessen an einer Verschlechterung der Lärm-Immissionssituation in die Abwägung eingestellt werden. Selbst wenn man die durch rd. 55 m Abstand (IO 30) bewirkte Abschwächung des planbedingten Lärms berücksichtigt, werden diese nach den Ermittlungen der lux-Planung die für dieses Anwesen geltenden Orientierungswerte nicht deutlich um mindestens 10 dB(A) unterschreiten. Das Außenbereichsgrundstück der Antragstellerin kann einen Schutzanspruch von 60/45 dB(A) tags/nachts erheben (vgl. Senatsurteil vom 27.2.2019 - 1 KN 140/17 -, JURIS-Rdnr. 21 m.w.N.). Die von der lux-Planung erstellte Prognose kommt aber für IO 30 nicht zum Ergebnis, dass die planbedingten Lärmeinwirkungen 50/35 dB(A) nicht überschreiten, sondern dazu, dass die Antragstellerin mit Lärmeinwirkungen von 54,3/39,3 dB(A) tags/nachts zu rechnen hat. Von denen mag wegen der Zwischendistanz (rd. 55 dB) ein Dezibel abzuziehen sein. Das Ergebnis liegt noch immer so oberhalb der um 10 dB(A) verringerten Orientierungswerte, dass die Abwägungserheblichkeit ihrer Interessen nicht mehr verneint werden kann.

Nur ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass nicht nur die zum Bebauungsplan Nr. 109 von der lux-Planung eingeholte schalltechnische Stellungnahme, sondern schon die 2014/2015 angestellte Begutachtung (dort Seite 12 sub 6.) als Fehlermarge einen Wert von +/- 3 dB(A) angibt. Die planbedingt möglichen Lärmeinwirkungen könnten mithin sogar noch mehr den Bagatellwert von Orientierungswert – 10 dB(A) verfehlen.

Insofern verhält es sich grundsätzlich anders als im Fall, den der Senat unter dem 27. Februar 2019 (- 1 KN 140/17 -, JURIS-Rdnrn. 20ff.) behandelt hatte. Seinerzeit konnte der Antragsteller als Außenbereichsbewohner nur den Schutzanspruch (Mischgebietswerte) reklamieren, der auch für das etwa 80 m entfernt geplante Baugebiet festgesetzt worden war. Hinzugekommen war, dass das dazu in einem Nachbarstreit (Vorhabenzulassung) eingeholte Lärmgutachten ergeben hatte, die für Mischgebiete geltenden Lärmorientierungswerte würden bei Ausnutzung der Planfestsetzungen auf dem Grundstück des damaligen Antragstellers um deutlich mehr als nur 10 dB(A), d. h. deutlich unterschritten. Das ist hier grundlegend anders.

Der Antragstellerin steht ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag zur Seite, den Bebauungsplan Nr. 99 insgesamt für unwirksam erklärt zu sehen. Zwar wurde sein Nordwestteil durch den im Oktober 2018 bekanntgemachten Bebauungsplan Nr. 109 überplant. Dieser kann indes noch immer mit der Normenkontrolle angegriffen werden. Hätte ein solcher Erfolg, lebte der Bebauungsplan Nr. 99 wieder auf. Durch diese Handhabung der Normenkontrolle entstehen der Antragsgegnerin keine unzumutbaren Nachteile. Denn die Wirksamkeit des Planes Nr. 109 hängt inhaltlich nicht von der Wirksamkeit des hier angegriffenen Planes Nr. 99 ab.

Der auch im Übrigen zulässige Normenkontrollantrag hat Erfolg, weil der Plan nicht zutreffend ausgefertigt, sein Entwurf unter Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1 BauGB ausgelegt worden war und in beanstandungswürdiger Weise Lärmkontingente festsetzt; auch das führt zur Gesamtunwirksamkeit des Planes. Im Einzelnen ist auszuführen:

Die Antragsgegnerin hat den Plan nicht ordnungsgemäß ausgefertigt. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. Senatsurteil vom 4.11.2015 - 1 KN 199/13 -, BauR 2016, 6234 = BRS 83 Nr. 23, JURIS-Rdnr. 24 m.w.N., vgl. a. OVG Münster, Urt. v. 26.2.2015 - 2 D 1/13.NE -, BauR 2015, 1726) besteht die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 NKomVG geschuldete Ausfertigung darin zu be(ur)kunden, dass der Plan mit seinen zeichnerischen und textlichen Festsetzungen genau in der Fassung, auf/zu der die Ausfertigung zu bewerkstelligen ist, vom Rat als Satzung beschlossen worden war. Daher darf sie nicht vor Satzungsbeschluss, muss aber wegen der in § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NKomVG bezeichneten Reihenfolge vor der Bekanntmachung geschehen. Um das beurteilen zu können, muss der Unterschrift des Hauptverwaltungsbeamten (oder seines Vertreters) zwingend ein Datum beigefügt werden.

Das ist hier misslungen. Die Ausfertigung datiert am 24. Mai 2016. Der am 10. Dezember 2015 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 99 war aber schon im Amtsblatt für den Landkreis C-Stadt vom 15. Mai 2016 bekanntgemacht worden.

Zu beanstanden ist des Weiteren die Auslegungsbekanntmachung vom 15. Oktober 2015.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urt. v. 18.7.2013 - 4 CN 3.12 -, BVerwGE 147, 206; Urt. v. 29.9.2015 - 4 CN 1.15 -, BRS 83 Nr. 187) hat die Erfüllung der in § 3 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1 BauGB bestimmten die Pflicht, in der Auslegungsbekanntmachung nach § 3 Abs. 2 BauGB anzugeben, welche umweltbezogenen Informationen verfügbar sind, zum Inhalt, den Interessierten und den erst noch zu Interessierenden über den Inhalt der vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen zu unterweisen. Deren Inhalt muss nicht im Detail wiedergegeben werden; es genügt die Angabe von Gattungsbegriffen. Das hat in einer Weise zu geschehen, die dem Bürger dazu ermuntert, sich über die gemeindlichen Planungsabsichten zu informieren und ggf. mit Anregungen und Bedenken zur Planung beizutragen. Für den gewollten Anstoß unerlässlich ist, dass die bekannt gemachten Informationen der Öffentlichkeit bereits eine erste inhaltliche Einschätzung darüber ermöglichen, welche Umweltbelange in den vorliegenden Stellungnahmen und sonstigen Unterlagen behandelt werden. So soll die dadurch informierte Öffentlichkeit entscheiden können, ob die Planung aus ihrer Sicht weitere, von den vorhandenen Stellungnahmen nicht erfasste Umweltbelange berührt, denen sie durch eigene Stellungnahmen Gehör verschaffen will. Dazu müssen die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen zumindest nach Themenblöcken zusammengefasst und, das muss hinzukommen, in der Bekanntmachung schlagwortartig charakterisiert werden.

Die Gemeinde darf dabei – anders als bei den auszulegenden Unterlagen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) – nicht sieben. Sie muss in der Auslegungsbekanntmachung vielmehr alle verfügbaren Informationen nennen, gleich, ob sie diese Unterlagen nun auslegt oder das infolge zulässiger Auswahl unterlässt.

Grade dies hat die Antragsgegnerin hier aber mit der Folge getan, dass die Auslegungsbekanntmachung vom 15. Oktober 2015 den genannten Anforderungen nicht gerecht wird.

Schon der einleitende Halbsatz („...liegen folgende wesentliche umweltbezogene Informationen vor…“; Unterstreichung durch den Senat) zeigt, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Benennung eine unzulässige Auswahl der Umweltbelange getroffen hat.

Und so ist es auch inhaltlich. In der Auslegungsbekanntmachung sind nicht einmal all die Umweltthemata benannt, welche in dem ausgelegten Entwurf des Umweltberichts (BA004, Bl. 557, 582f.) behandelt worden sind. Dort waren insbesondere Informationen enthalten über Pflanzen (5.3.1), Bodenbeschaffenheit (5.3.1), Klima einschließlich Kaltluftentwicklungsbereiche sowie Wasser. Dazu fehlt in der Auslegungsbekanntmachung jeder Anhalt. Das sind nicht mehr nur einzelne Informationen, deren Ausbleiben wegen § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b BauGB unbeachtlich sein könnten.

Die Antragstellerin hatte diesen Mangel rechtzeitig, d. h. innerhalb der Jahresfrist gerügt. In der mündlichen Verhandlung wurde klargestellt, dass die Normenkontrollantragsschrift innerhalb der Jahresfrist (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) der Antragsgegnerin durch Fax und persönlichen Einwurf bekanntgemacht worden war. Auf Seite 5 unten der Normenkontrollantragsschrift hatte es zwar nur geheißen:

Dem wird insbesondere die Beschreibung der Informationen zu den Schutzgütern Pflanzen, Biotope und Tiere nicht gerecht. Im Übrigen ist aus der Darstellung der Umweltinformationen auch nicht ohne weiteres ersichtlich, dass Informationen zu den Kompensationsmaßnahmen vorliegen.

Das reicht indes (noch) aus. Die Rüge eines Verfahrens- oder Formfehlers umfasst die Pflicht, die Verletzung des formellen Planungsrecht so konkret gegenüber der Gemeinde schriftlich zu bezeichnen, dass diese die Möglichkeit erhält, den Fehler zu individualisieren und Maßnahmen zu ergreifen, ihn zu beheben.

Eine ausreichend konkrete Rüge hatte die Antragstellerin hier erhoben. Die Subsumtion unter die sehr ausführlich wiedergegebenen Obersätze fiel zwar sehr knapp aus. Sie bezeichnet aber den maßgeblichen Gesichtspunkt, dass nämlich einige durch das Planvorhaben betroffene umweltbezogene Themenbereiche (Pflanzen, Biotope) nicht einmal bezeichnet worden waren.

Die Festsetzung der Lärmkontingente unterliegt in einem Maße durchgreifenden Bedenken, welche gleichfalls zur Gesamtunwirksamkeit des Planes führt.

Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend Urt. v. 07.12.2017 - 4 CN 7.16 -, BauR 2018, 623 = ZfBR 2018, 262 unter Hinweis auf Beschl. v. 06.05.1996 - 4 NB 16.96 -, BRS 58 Nr. 23 sowie Söfker in: Ernst/Zinkahn-/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1 BauNVO Rn. 63 und Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 1 Rn. 83), die sich etwa so zusammenfassen lässt:

§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, auf dem die Festsetzung der Lärmkontingente hier allein ruht, erlaube es nur, Emissionsrechte räumlich zuzuteilen, nicht aber, das Baugebiet insgesamt zu beschränken. Mache eine Gemeinde bei der Festsetzung eines Gewerbe- oder eines Industriegebietes (speziell dazu vgl. BVerwG, B. v. 7.3.2019 - 4 BN 45.18 -, NVwZ 2019, 655 = ZfBR 2019, 380 = BauR 2019, 935, JURIS-Rdnr. 6) von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO Gebrauch und verzichte auf eine baugebietsübergreifende Gliederung (§ 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO), müsse gewährleistet bleiben, dass im Gewerbegebiet vom Typ her nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe aller Art und in Industriegebieten Gewerbebetriebe sich ansiedeln können, die in anderen Baugebieten unzulässig sind, ihren Standort finden könnten. In einem nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO intern gegliederten Baugebiet müsse es also ein Teilgebiet ohne Emissionsbeschränkung oder, was auf dasselbe hinauslaufe, ein Teilgebiet geben, das mit Emissionskontingenten belegt sei, die jeden nach § 8 oder § 9 BauNVO zulässigen Betrieb ermöglichten. Nur so werde, wie auch bei Anwendung des § 1 Abs. 4 BauNVO erforderlich, die allgemeine Zweckbestimmung des Gewerbe- oder Industriegebietes gewahrt. Wolle eine Gemeinde dagegen eine oder mehrere Arten von Nutzungen aus dem gesamten Baugebiet ausschließen, stehe ihr nur der Weg über § 1 Abs. 5 BauNVO zur Verfügung.

Der Senat hatte sich dem in verschiedenen Entscheidungen angeschlossen (Urt. v. 14.8.2018 - 1 KN 154/12 -, V.n.b., die Nichtzulassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg: BVerwG, B. v. 7.3.2019 - 4 BN 45.18 -, NVwZ 2019, 655; Urt. v. 24.10.2018 - 1 KN 157/16 -, V.n.b., die darin zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BVerwG unter dem Aktenzeichen 4 CN 9.18 geführt; Urt. v. 15.11.2018 - 1 KN 29/17 -, NordÖR 2019, 136; Urteile vom 13.11.2018 - 1 KN 176/16 und 1 KN 155/16 -, V.n.b., dazu BVerwG, B. v. 26.3.2019 - 4 BN 21.19 -, JURIS). Bei der Anwendung zieht der Senat die Lärmwerte der TA Lärm zuhilfe. Daher wird ein Industriegebiet nur dann in Einklang mit dieser Rechtsprechung gegliedert, wenn die Emissionskontingente tags und nachts eine Lärmentwicklung von 70 dB(A) zulassen. Bei Gewerbegebieten müssen es 65/50 dB(A) sein. Dazu hatte der Senat in seiner unveröffentlichten Entscheidung vom 24. Oktober 2018 - 1 KN 157/16 - ausgeführt:

Nun lässt die Entscheidung vom 7. Dezember 2017 – 4 CN 7.16 - ungeklärt, welcher Emissionswert denn zugeordnet werden müsse, um das annehmen zu können. Kuchler (JURIS-PR-UmwR 3/2018 zu 4 CN 7.16) meint, hier sei Nr. 5.2.3 der DIN 18005 Teil 1 „Schallschutz im Städtebau“, Grundlagen und Hinweise für die Planung, Stand Juli 2002 (DIN 18005-1) anzuwenden. Dort heißt es:

5.2.3 Industrie- und Gewerbegebiete
Wenn die Art der unterzubringenden Anlagen nicht bekannt ist, ist für die Berechnung der in der Umgebung eines geplanten Industrie- oder Gewerbegebietes ohne Emissionsbegrenzung (siehe 7.5) zu erwartenden Beurteilungspegel dieses Gebiet als eine Flächenschallquelle mit folgenden flächenbezogenen Schallleistungspegeln anzusetzen: – Industriegebiet, tags und nachts 65 dB; – Gewerbegebiet, tags und nachts 60 dB. Bei ungehinderter Schallausbreitung (freier Sichtverbindung) können die zur Einhaltung verschiedener Beurteilungspegel ungefähr erforderlichen Abstände auch aus Tabelle 2 abgelesen werden.

Diese Einschätzung mag zutreffen, wenn Ziel der Lärm-Emissionskontingente ist, dem Schutzanspruch dem Plan benachbarter Quartiere gerecht zu werden, d. h. einen stärker emittierenden Plan in schutzbedürftige Umgebung abwägungsgerecht einzubetten. Darum geht es hier indes nicht. Die Lärm-Emissionskontingente haben das Ziel, Binnen-Abwägungsgerechtigkeit, d. h. herzustellen, dass die namentlich im Nordwesten des Planbereichs konzentrierte Büronutzung trotz anderer, namentlich lagergewerblicher Nutzung geschützt wird. Jedenfalls für solche Sachlagen hält es der Senat für sachgerechter, die in Nr. 6.1 TA Lärm genannten Immissionswerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden anzuhalten. Diese weisen Gewerbegebieten die Tag- und Nachtwerte von 65/50 dB(A) zu.

In den Bereichen welche die Antragsgegnerin 2018 mit dem Bebauungsplan Nr. 109 überplant hat, waren diese Anforderungen erfüllt. Es gibt dort einen Gewerbegebietsbereich, in dem diese 65/50 dB(A) erreicht werden. Es ist daher unschädlich, dass dies im östlich angrenzenden Bereich mit 60/45 dB(A) nicht ganz der Fall ist. Es reicht nach der zitierten Rechtsprechung aus, wenn die genannten Anforderungen in einem Teilbereich erfüllt werden.

In dem unverändert fortbestehenden Teil des Bebauungsplanes Nr. 99 liegen beiderseits des nordsüdlich verlaufenden Streifens für Leitungsrechte zwei Industriegebiete, denen der Plan brutto nur 63/48 dB(A)/m² Grundstücksfläche tags/nachts zuordnet, denen („netto“) im Richtungssektorbereich weitere 4 dB(A) addiert werden dürfen. Das ergibt in der Summe nicht annähernd die erforderlichen 70 dB(A) tags und nachts. Es kommt hinzu, dass der Senat in seiner – allerdings nicht rechtskräftigen – Entscheidung vom Urt. v. 24.10.2018 (- 1 KN 157/16 -, V.n.b.) entschieden hatte, dass die Zuerkennung von Richtungssektoren für Teilbereiche das Manko unzureichend starker Emissionskontingente nicht (vollständig) auszugleichen vermöge. Das braucht hier aber nicht vertieft zu werden.

Auch das führt zur Gesamtunwirksamkeit des Planes. Eine auf den betreffenden Planbereich zu beschränkende Teilunwirksamkeit kommt nur unter den Voraussetzungen in Betracht, dass der Rat den Plantorso bei Kenntnis der zur Unwirksamkeit führendenden Umstände voraussichtlich als Satzung beschlossen hätte und dieser Rest rechtswirksam bestehen könnte, d. h. nicht aus anderen Gründen zu beanstanden sei. Hier fehlt es schon am Erstgenannten. Ziel des Bebauungsplanes Nr. 99 war unter anderem, in den Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Industrie- und Gewerbegebiet am Mittellandkanal III“ hinein Flächen für den Containerumschlag zu schaffen, ohne dadurch die mit diesem Plan geschaffenen Möglichkeiten gewerblicher und industrieller Nutzung vollständig zu beseitigen (vgl. Seite 7 der Planbegründung). Dieses aus Lärmschutzgründen einzuschränkende Industriegebiet sei erforderlich, da hier Nutzungen mit einem gewissen Störgrad vorgesehen seien (S. 17 oben der Planbegründung). Bei Wegfall der eingeschränkten Industriegebiete fiele dieser Zweck und damit die Nutzbarkeit der Planflächen in einem Umfang weg, der ein unorganisches, wirtschaftlich kaum nutzbares Areal übriggelassen hätte. Es kann nicht angenommen werden, dass der Rat der Antragsgegnerin dies bei Kenntnis der die Unwirksamkeit begründenden Umstände hingenommen, d. h. eine Umplanung unterlassen und sich mit der Entstehung einer Brachfläche abgefunden hätte.

Der Senat lässt unentschieden, ob die Bekanntmachung des Planes auch daran krankt, dass darin – anders als bei der Bekanntmachung des Planes Nr. 109 (dort: Hinweis Nummer 5) – nicht mitgeteilt wird, die DIN-Vorschrift 45691 könne während der Öffnungszeiten in der Gemeindeverwaltung eingesehen werden. Dass die Gemeinde hierzu grundsätzlich verpflichtet ist, um so dem Planunterworfenen (und den Nachbarn) eine rechtssichere Anwendung der Planfestsetzungen zu ermöglichen, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. insbes. B. v. 18.8.2016 - 4 BN 24.16 -, BauR 2016, 2037 = BRS 84 Nr. 27). Allerdings beruht dies auf der Erwägung, das Rechtsstaatsprinzip erfordere, dass sich die Planbetroffenen vom Inhalt der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis verschaffen können müssen. Ob das hier im Hinblick auf die DIN 45691 eine Bereithaltung in der Gemeindeverwaltung erforderlich macht, könnte aus zwei Gründen durchgreifenden Zweifeln unterliegen. Erstens hatte die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, dass diese DIN-Vorschrift im Internet ohne Kosten und vollständig heruntergeladen werden könne. Dass das der Fall ist, hatte der Senat in der mündlichen Verhandlung mit Erfolg nachvollzogen (S. 3 oben des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Dem lässt sich indes – mit der Antragstellerin – entgegenhalten, es sei nicht „verlässlich“ gesichert, dass das in der ganzen Zeit möglich sei, in der der Bebauungsplan Nr. 99 anzuwenden ist – entweder, weil dieser Link abgeschaltet wird, oder, weil eine Neufassung dieses Regelungswerkes in Kraft tritt und die für die Anwendung des Planes weiterhin maßgebliche Altfassung nicht mehr verfügbar ist.

Zweitens: Wie sich beim Blick in das Internet herausstellte, ist dieses Regelwerk für nur knapp 40 € zu erwerben. Unter diesem Blickwinkel lässt sich schon die Frage stellen, ob es einem Planunterworfenen nicht zugemutet werden kann, sich zur Vorbereitung seiner Bauabsichten – hier handelt es sich immerhin um kostenintensive gewerbliche und industrielle Nutzungen, bei denen ein solcher Betrag keiner Erwähnung bedarf – diese DIN 45691 käuflich zu besorgen. Gleiches gilt aber auch für den Nachbarn, der sich zur Verteidigung seiner Wohnruhe gegen ein Planvorhaben wenden will und dazu der DIN 45691 bedarf. Unzumutbar ist es möglicherweise auch diesem nicht, diesen Betrag aufzuwenden, um seine Erfolgschancen zu ermitteln.

Der Angriff, der Plan sei nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, hätte aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt. Eine Gemeinde darf sich selbstbestimmt städtebauliche Ziele setzen. Das kollidiert erst dann mit § 1 Abs. 3 BauGB, wenn dies allein zu privatnützigen Zwecken geschieht, d. h. städtebauliche Instrument allein zu dem Zweck, Privatinteressen zu fördern, eingesetzt werden sollen – davon kann hier keine Rede sein – oder aber wenn keine Aussicht besteht, die Planfestsetzungen innerhalb absehbarer Zeit verwirklichen zu können. Das wird man hier auch bei Würdigung der von der Antragstellerin erst im Laufe des Normenkontrollverfahrens vorgelegten „Potenzialanalyse für einen Containerhafen in A-Stadt“, Abschlussbericht des Instituts für Verkehrswissenschaft Münster (IVM) vom 20. März 2019 nicht sagen können. Die Gutachter des IVM erwägen die Chancen für den Transport von Containern (schon das könnte eine zu weitgehende Einschränkung der Realisierungschancen darstellen) und kommen zum Ergebnis, dass nach Bremerhaven und Hamburg zwar zweilagige GMS (Gütermotorenschiffe) fahren können, nach Rotterdam hingegen nur einlagig bepackbare und dass die Rentabilität verglichen mit der Rheinschifffahrt, die nicht unter niedrigen Brückenhöhen und einer Vielzahl von Staustufen leidet, prognostisch bezogen auf das Jahr 2030 nur mit einer Containerumschlagsmasse gerechnet werden könne, dass die „Notwendigkeit“ eines Containerhafens in A-Stadt zumindest „zweifelhaft“ sei.

Das wird man möglicherweise für richtig halten können. Nur ist es so, dass (a) beispielsweise der in der Untersuchung genannte Konkurrenz-Hafen Minden/Bückeburg erst noch in rechtssicherer Weise geplant sein muss, bevor er als feststehender Konkurrent hier verzeichnet sein darf (vgl. dazu die Urteile des OVG Münster vom 26.6.2017 - 2 D 59 und 70/16.NE - und nachfolgend des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.6.2018 - 4 CN 9 und 10.17 -). Vor allem aber ist (b) zu sehen, dass nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht die „Notwendigkeit“ einer Planung, sondern nur ihre „Erforderlichkeit“ in Rede steht. Diese ist nicht schon dann zu verneinen, wenn die Rentabilität eines Vorhabens als zweifelhaft anzusehen ist. Erst dann, wenn ein Vorhaben auf Dauer nicht vollzugsfähig ist, kann es schon an § 1 Abs. 3 BauGB scheitern. Das belegt dieses Gutachten keineswegs. Abgesehen davon, dass möglicherweise sogar Nicht-Container-Transport zu dem trimodalen joint-venture mit der Stadt C-Stadt gehören kann, kann es durchaus so sein, dass ein für sich nicht sonderlich rentabler Teil des Trimodums die Angebotspalette mit der Folge komplettiert, dass sich das System insgesamt rentiert. Denn es ist unter anderem zu beobachten, dass die Straßen langsam nun doch an ihre Leistungsfähigkeit gelangen könnten und die Schar ausreichend leistungsfähiger LKW-Fahrer nicht beliebig vermehrbar zu sein scheint.

Eine gewisse Verwirklichungschance hat das damit Vorhaben schon.

Ob die damit eventuell nur in herabgesetztem Maß zu bejahenden Realisierungschancen das Gewicht der städtebaulichen Absichten in einem Maße mindert, dass sich dies auf der Ebene der Abwägung in geringerer Durchschlagskraft gegen konkurrierende Belange auswirkt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Im Hinblick auf die Lärmbelästigung dürfte sich das – bei aller Vorsicht – möglicherweise nicht zum Vorteil der Antragstellerin auswirken können. Denn nennenswerte, bei der Lärmermittlung berücksichtigungsbedürftige Vorbelastungen hatte die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren nicht recht namhaft machen können. Ein Anspruch, sich die bislang im Außenbereich genossene Ruhe nichtprivilegierten Wohnens uneingeschränkt erhalten zu können, steht der Antragstellerin nicht zur Seite (s.o. unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 - 4 CN 1.98 -, aaO, JURIS-Rdnr. 17). Selbst bei Berücksichtigung der mit dem Plan Nr. 109 beabsichtigten verstärkt lärmverursachenden Nutzung in diesem Bereich ergab die Berechnung der lux-Planung vom 18. Oktober 2017 – bei Einhaltung der Emissionskontingente – eine Lärmbeeinflussung des ehemaligen Kornspeichers, die auch bei vermindertem Gewicht des städtebaulichen Anliegens als noch abwägungsgerecht angesehen werden könnte.

Weitere Ausführungen zum Normenkontrollantrag sind nicht veranlasst.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3, 167 VwGO, 709 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.