Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.07.2019, Az.: 11 OB 144/19

Beschlagnahme; Beweismaterial; Durchsuchung; Erledigung; Ermittlungsverfahren; Feststellung der Rechtswidrigkeit; Herausgabe; Hintermann; Mitglied; Verbotsverfahren; Vereinsrecht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.07.2019
Aktenzeichen
11 OB 144/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69741
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 03.04.2019 - AZ: 10 E 1611/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. „Hintermann“ i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG ist, wer, ohne Mitglied des Vereins zu sein, geistig oder wissenschaftlich Wesentliches für den Verein leistet, dabei jedoch im Hintergrund bleibt, sich in der offiziellen Vereinsarbeit also nicht exponiert.
2. Bezüglich der für eine Durchsuchungsanordnung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG erforderlichen „hinreichenden Anhaltspunkte“ dafür, dass eine Durchsuchung zur Auffindung bedeutsamer Beweismittel führen werde, gelten die für Vereinsmitglieder bestehenden Anforderungen entsprechend auch für Hintermänner des Vereins.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Vorsitzende der 10. Kammer - vom 3. April 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg.

Mit Verfügung vom 27. Februar 2019 leitete das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Vereinigungen World Wide Resistance-Help e.V. und Ansaar International e.V. ein. Zur Begründung führte das BMI aus, dass diese Vereinigungen dringend verdächtig seien, gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu verstoßen, weil sie in ihren Aktivitäten propagandistisch und finanziell in Gestalt der HAMAS eine Organisation unterstützten, die sich ihrerseits gegen den Gedanken der Völkerverständigung wende. Am 12. März 2019 richtete das BMI ein Ermittlungsersuchen an das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Niedersachsen und erbat die Unterstützung in dem Ermittlungsverfahren durch Durchsuchungen und Beschlagnahme von Beweismitteln. Das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Niedersachsen beauftragte daraufhin am 15. März 2019 die Antragstellerin mit der Vorbereitung und Durchführung der entsprechenden Maßnahmen. Auf einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin vom 29. März 2019 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. April 2019 folgende Anordnungen getroffen:

„I. Die Durchsuchung der Wohnräume und Nebengelasse des Antragsgegners zu 1., [Adresse des Antragsgegners], sowie des auf den Antragsgegner zu 1. zugelassenen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen D. zum Zweck der Beschlagnahme von Beweismaterial im Zusammenhang mit einem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen die Vereinigungen World Wide Resistance-Help e.V. (im Folgenden: WWR-Help e.V.) und Ansaar International e.V. wird angeordnet.

II. Die Durchsuchung der Person des Antragsgegners zu 1. zum Zweck der Beschlagnahme von Beweismaterial in dem o. g. vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren wird angeordnet.

III. Die Beschlagnahme von bei der Durchsuchung vorgefundenen

- Elektronischen Kommunikationsendgeräten und Speichermedien, also IT-Technik inklusive Datenträger und Peripheriegeräte (PCs, Notebooks, Tablets, externe Festplatten, sonstige Datenträger)

- Handys, Smartphones sowie Foto-/Videotechnik und zugehörige Datenträger

- Unterlagen/Akten zum Mitgliederbestand, zur Finanzierung und Funktionsweise

- Kontounterlagen mit Bezug zu WWR-Help e.V. oder Ansaar International e.V.

- Spendenquittungen, sonstige Hinweise zu Spendengebern,

die bzw. deren Inhalte als Beweismittel im Rahmen des o. g. vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens von Bedeutung sein können, wird angeordnet.“

Dagegen hat der Antragsgegner am 12. April 2019 Beschwerde eingelegt und beantragt, diesen Beschluss aufzuheben und der Antragstellerin aufzugeben, dem Antragsgegner sein persönliches Handy (Nr. 1.20 im Beschlagnahmeprotokoll vom 10.4.2019), seinen privaten Laptop (Nr. 1.15) und sein iPad (Nr. 1.19) zur Verfügung zu stellen, hilfsweise, dem Antragsgegner die Möglichkeit zu geben, vor Montag, den 15. April 2019, 10.00 Uhr, die von ihm für die am 15. April 2019 bevorstehende Pilgerreise benötigten Daten von den drei genannten Geräten auf einen Datenträger herunterzuladen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass er diese Gegenstände zur Durchführung einer am 15. April 2019 beginnenden Pilgerreise nach Medina, die er als Imam organisiert habe und für die sich eine Gruppe verbindlich angemeldet habe, brauche. Im Übrigen sei er nicht Mitglied der von dem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren betroffenen Vereinigungen. Mit Beschluss vom 12. April 2019 hat das Verwaltungsgericht der Beschwerde gegen den Beschluss vom 3. April 2019 nicht abgeholfen und den Antrag im Übrigen, also hinsichtlich der Herausgabe der benannten Gegenstände, abgelehnt.

Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 3. April 2019 zulässigen Rechtsmittel bestimmen sich in Ermangelung spezieller vereinsrechtlicher Regelungen nach der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 -, juris, Rn. 16, m.w.N.). Die danach gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsgegner gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1. Soweit sich der Antrag des Antragsgegners auf die Aufhebung der Durchsuchungsanordnungen (Ziffern I und II des angefochtenen Beschlusses) bezieht, kann diese Aufhebung schon deshalb nicht verlangt werden, weil die Durchsuchung bereits abgeschlossen ist. Eine derartige Aufhebung käme nur in Betracht, wenn eine den Antragsgegner beeinträchtigende Fortwirkung der Anordnung festzustellen wäre. Dies ist nicht der Fall. Insbesondere ist die Aufhebung der Durchsuchungsanordnung nicht Voraussetzung für die Herausgabe der anlässlich der Wohnungsdurchsuchung beschlagnahmten Gegenstände. Deren Verstrickung wurde vielmehr durch die Beschlagnahmeanordnung in Ziffer III. des angefochtenen Beschlusses begründet. Auch eine Durchsicht beschlagnahmter Gegenstände findet ihre Rechtsgrundlage nicht in der ihrem Auffinden dienenden Durchsuchungsanordnung, sondern in der die Auswertung aufgefundener Beweismittel ermöglichenden Beschlagnahmeanordnung (Senatsbeschl. v. 4.11.2010 - 11 OB 425/10 -, NdsVBl 2011, 54, juris, Rn. 23).

Allerdings ist - trotz eines fehlenden (Hilfs-)Antrags des Antragsgegners - die Beschwerde nach § 88 VwGO sachdienlich als Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 15.7.1998 - 2 BvR 446/98 -, NJW 1999, 273, juris, Rn. 9, und Beschl. v. 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. -, BVerfGE 96, 27, juris, Rn. 52 ff.) darf eine Beschwerde gegen eine richterliche Durchsuchungsanordnung nicht allein deswegen als unzulässig verworfen werden, weil sie vollzogen ist und die Maßnahme sich deshalb erledigt hat. Denn in Fällentiefgreifender Grundrechtseingriffe, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann, darf ein Rechtsschutzinteresse nicht verneint werden. Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen. Zu der Fallgruppe tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, gehört die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung einschließlich der in diesem Rahmen erfolgenden Beschlagnahmeanordnungen (Senatsbeschl. v. 4.11.2010 - 11 OB 425/10 -, a.a.O., juris, Rn. 24; vgl. auch: Bayerischer VGH, Beschl. v. 11.12.2002 - 4 C 02.2478 -, NVwZ-RR 2003, 847 [VGH Bayern 11.12.2002 - 4 C 2478/02], juris, Rn. 15; derselbe, Beschl. v. 7.8.2012 - 4 C 12.1485 -, juris, Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 14.5.2002 - 1 S 10/02 -, NVwZ 2003, 368, juris, Rn. 17; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 4.9.2002 - 5 E 112/02 -, juris, Rn. 3).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Durchsuchung der Wohnung und des Kraftfahrzeugs des Antragsgegners zum Zweck der Beschlagnahme von Beweismitteln im Rahmen von Ermittlungen gemäß § 4 VereinsG gegen die Vereinigungen World Wide Resistance-Help e.V. (im Folgenden: WWR-Help e.V.) und Ansaar International e.V. zu Recht angeordnet.

Gemäß 4 Abs. 1 Satz 1 VereinsG bedarf die Durchsuchung und die Beschlagnahme von Beweismitteln der richterlichen Anordnung durch das Verwaltungsgericht, das auf Antrag der Verbotsbehörde oder der ersuchten Behörde durch den Einzelrichter (§ 4 Abs. 2 Satz 2 VereinsG) entscheidet. Die Durchsuchung der Räume des Vereins sowie der Räume, der Sachen und der Person eines Mitglieds oder Hintermanns des Vereins kann angeordnet werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Durchsuchung zur Auffindung von Gegenständen führen wird, die als Beweismittel von Bedeutung sein können (§ 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG). Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen hier vorliegen. Seine Annahme, dass die von der Antragstellerin beantragten Ermittlungsmaßnahmen gegen die beiden genannten Vereinigungen gerechtfertigt sind, ist nicht zu beanstanden. Das BMI hat in seinem Schreiben vom 27. Februar 2019, mit welchem es das vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Vereinigungen WWR-Help e.V. und Ansaar International e.V. eingeleitet hat, unter Vorlage von zahlreichen Unterlagen tatsächliche Umstände dafür dargelegt, dass diese Vereinigungen propagandistisch und finanziell die „Islamic Society Jabaliya“ - einen vereinsrechtlich verbotenen Sozialverein der als terroristisch eingestuften Organisation HAMAS (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 18.4.2012 - 6 A 2/10 -, juris; BVerfG, Beschl. v. 13.7.2018 - 1 BvR 1474/12 -, juris) - und damit letztlich die HAMAS unterstützen. Aus einer Gesamtschau der vorgelegten Unterlagen und Beweismittel ergibt sich damit jedenfalls der für Ermittlungsmaßnahmen nach § 4 VereinsG erforderliche Anfangsverdacht, dass sich die genannten Vereinigungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten und damit einen Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG erfüllen. Diesen Feststellungen ist der Antragsgegner im Rahmen seiner Beschwerdebegründung auch nicht substantiiert entgegengetreten.

Der Einwand des Antragsgegners, er sei kein Mitglied bei WWR-Help e.V. oder einer Ersatzvereinigung, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Selbst wenn der Antragsgegner kein Mitglied eines der von dem Ermittlungsverfahren betroffenen Vereinigungen sein sollte, so ist er jedenfalls als Hintermann anzusehen. „Hintermann“ i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG ist, wer, ohne Mitglied des Vereins zu sein, geistig oder wissenschaftlich Wesentliches für den Verein leistet, dabei jedoch im Hintergrund bleibt, sich in der offiziellen Vereinsarbeit also nicht exponiert (OVG Bremen, Beschl. v. 6.12.2005 - 1 S 332/05 -, juris, Rn. 20; Bayerischer VGH, Beschl. v. 1.2.2009 - 4 C 08.2891 -, juris, Rn. 10; Hessischer VGH, Beschl. v. 16.2.1993 - 11 TJ 185/93 -, juris, Rn. 47; Groh, VereinsG, 1. Aufl. 2012, § 4, Rn. 9). Ein derartiges Normverständnis berücksichtigt dabei auch den Umstand, dass Organisationsstrukturen von Vereinen, die im Verdacht stehen, dass ihr Zweck oder ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider laufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten könnten, häufig verschleiert werden (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 7.8.2012 - 4 C 12.1485 -, juris, Rn. 7). Insofern sind auch an Ausmaß, Intensität und Bedeutung des Beitrages eines Hintermannes für den Verein nicht so hohe Anforderungen zu stellen, wie etwa beim Begriff des Hintermannes einer für verfassungswidrig erklärten Partei i.S.d. § 84 Abs. 1 StGB. In § 84 Abs. 1 StGB wird der Hintermann einer für verfassungswidrig erklärten Partei mit einem „Rädelsführer“ - also einem „Drahtzieher“ mit besonderer Weisungsbefugnis (vgl. dazu: Ellbogen, in: v. Heintschel-Heinegg, BeckOK, StGB, Stand: 1.2.2019, § 84, Rn. 5; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl. 2018, § 84, Rn. 2) - gleichgestellt, während die in § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG enthaltene Gleichstellung von Hintermann und Mitglied auch „einfache“ Mitglieder erfasst (vgl. Hessischer VGH, Beschl. v. 16.2.1993 - 11 TJ 185/93 -, juris, Rn. 47).

Davon ausgehend durfte sich die Durchsuchungsanordnung gegen den Antragsgegner richten. Denn nach den von der Antragstellerin vorgelegten Erkenntnissen, die sich im Rahmen einer vom Senat am 28. Mai 2019 durchgeführten Internetrecherche bestätigt haben, hat der Antragsgegner an mindestens zwei verschiedenen Spendenaktionen, hinter welcher mindestens einer der von dem Ermittlungsverfahren betroffenen Vereinigungen stand, mitgewirkt und diese Aktionen u.a. auf seiner Facebook-Seite beworben (siehe unter www.facebook.com/[Name des Antragsgegners]/ die Einträge vom 2. März 2018 und vom 5. Oktober 2018 zum Thema „Cake Day“ bzw. „Food for Charity“; vgl. auch die online-Presseartikel in der Neuen Presse v. 13.10.2018, [Fundstelle im Internet] und vom 9.11.2018, [Fundstelle im Internet] sowie in der Neuen Osnabrücker Zeitung v. 14.11.2018, [Fundstelle im Internet]). In einer Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten der FDP an die Landesregierung vom 15. Oktober 2018 (LT-Drucks. 18/1832) wurde in diesem Zusammenhang Folgendes ausgeführt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Am 11.10.2018 berichtete die Neue Presse (NP), dass Salafisten in Hannover mit einem Kuchenverkaufsstand Spenden gesammelt hätten. Die Privatperson, die diesen Stand bei der Stadt angemeldet habe, stehe mit der Organisation „Ansaar International“ in Verbindung, die vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen beobachtet werde. Beworben wurde diese Verkaufsaktion u. a. von dem bekannten Salafistenprediger [Name des Antragsgegners], der erst im letzten Jahr seinen Wohnsitz von NRW nach Hannover verlegt habe. [Name des Antragsgegners] habe in Hannover mit dem Salafisten E. F. eine neue Organisation namens Föderale Islamistische Union gegründet (NP, 11.10.2018).

1. Wie bewertet die Landesregierung die erneut stattgefundene Verkaufsaktion hinsichtlich der beteiligten Personen und des Zwecks?

Dem niedersächsischen Verfassungsschutz sind seit 2013 zahlreiche, in unregelmäßigen Abständen stattfindende Cake-Day-Aktionen in Hannover bekannt. Bei Cake-Day-Aktionen wird Kuchen gegen Spenden verteilt. Mit dem Erlös werden verschiedene Hilfsorganisationen unterstützt, die jedoch zum Teil Bezüge zum Islamismus/Salafismus aufweisen. An einigen Cake-Day-Ständen wurde in der Vergangenheit auch für entsprechende Organisationen geworben. Die besagte Veranstaltung am Schiller-Denkmal war den niedersächsischen Sicherheitsbehörden im Vorwege bekannt. Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kuchenverkaufsstand u. a. von Personen des salafistischen Spektrums organisiert und betrieben worden ist.“ (LT-Drucks. 18/1969, S. 1)

Ausweislich weiterer Presseartikel (siehe Hannoversche Allgemeine v. 16.5.2019, [Fundstelle im Internet] und Neue Presse v. 17.5.2019, [Fundstelle im Internet]) wurde zwischenzeitlich eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, Cake-Day-Stände mit „mutmaßlich islamistischem Hintergrund“ zu verbieten.

Im Rahmen der vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren mit Datum vom 12. April 2019 vorgelegten Eidesstattlichen Versicherung räumt der Antragsgegner auch ausdrücklich ein, die am 9./10. März 2018 und am 5./6. Oktober 2018 durchgeführten „Cake Days“ auf seiner Facebook-Seite beworben zu haben sowie jedenfalls an einem dieser Tage beim Aufbau eines Standes geholfen zu haben. Sein Einwand, ihm sei zu diesem Zeitpunkt lediglich bekannt gewesen, dass von dem Geld dieser Aktionen ein Krankenhaus in Afrika gebaut werden solle, wobei die Aktion „zumindest offiziell“ weder im Zeichen von Ansaar noch einer verwandten Organisation gestanden habe, obwohl sicher nicht auszuschließen sei, dass das Krankenhaus in Kooperation mit einer Unterorganisation von Ansaar auf die Beine gestellt werde, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dabei ist sein Vortrag, nicht genau gewusst zu haben, wofür das Geld gesammelt werde, angesichts der Gesamtumstände des vorliegenden Falles als Schutzbehauptung zu werten. Dessen ungeachtet ändert auch dieser Einwand nichts daran, dass der Antragsgegner durch die Werbung und Unterstützung für die „Cake Days“ jedenfalls objektiv wesentliche Unterstützungsbeiträge geleistet hat, die die Annahme des Bestehens von hinreichenden Anhaltspunkten i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG rechtfertigen.

Der weitere Einwand des Antragsgegners, die im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts erwähnten strengen Maßstäbe für die Mitgliederbestimmung verbotener Vereine seien hier nicht anwendbar, weil keiner der einschlägigen Vereine verboten sei und es sich auch um keine Ersatzorganisation handele, ist ebenfalls zurückzuweisen. Zwar trifft es zu, dass in der vom Verwaltungsgericht u.a. zitierten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bremen (Beschl. v. 31.1.2018 - 1 B 60/16 -, juris) bereits eine Verbotsverfügung vorlag. Für die ebenfalls vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 17.10.2013 - 4 C 13.1589 -, juris) gilt dies jedoch ebenso wenig wie für die oben vom Senat angeführte weitere Entscheidung desselben Gerichts (Bayerischer VGH, Beschl. v. 1.2.2009 - 4 C 08.2891 -, juris). Zudem wird in keiner der zitierten Entscheidungen hinsichtlich der Frage, wer Mitglied bzw. Hintermann eines Vereins i.S.d. § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG ist, danach differenziert, ob bereits eine Verbotsverfügung vorliegt. Es ist auch weder vom Antragsgegner vorgetragen noch für den Senat ersichtlich, inwieweit sich daraus für die vorliegend entscheidungserheblichen Rechtsfragen materiell-rechtliche Unterschiede ergeben sollen.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners war die streitgegenständliche Durchsuchungsanordnung auch geboten, die mit ihr verfolgten Ziele zu erreichen. Der Senat teilt die diesbezüglich vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners, seiner Person sowie seines Kraftfahrzeugs und der in seinem Besitz befindlichen Sachen zur Auffindung (weiteren) Beweismaterials wie Informationsmaterial und sonstiger Unterlagen über Strukturen, Organisation und Verbindungen des WWR-Help e.V. und/oder des Ansaar International e.V. führen wird, welches für das eingeleitete vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren von Bedeutung sein kann. Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang (erneut) kritisiert, dass er kein Vereinsmitglied sei, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, da er zumindest - wie ausgeführt - ein Hintermann i.S.d. § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG ist und diesbezüglich auch hinsichtlich der Auffindungserwartung kein Unterschied zu Mitgliedern besteht (vgl. Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 4 VereinsG, Rn. 37; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.12.2012 - 1 L 82/12 -, juris, Rn. 14). Die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass es der Lebenserfahrung entspricht, dass ein Mitglied des Vereins auch persönlich im Besitz von Gegenständen ist, die Aufschluss über die Aktivitäten des Vereins geben, gelten demnach für Hintermänner i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG entsprechend.

2. Hinsichtlich der Anordnung der Beschlagnahme von bei den Durchsuchungen aufgefundenen Gegenständen, die als Beweismittel für das Verbotsverfahren von Bedeutung sein können (Ziffer III. des angefochtenen Beschlusses) hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren keine gesonderten Einwände vorgebracht. Soweit sich seine Einwände - wie insbesondere derjenige, er sei kein Vereinsmitglied - gleichzeitig auch gegen die Beschlagnahmeanordnung richten, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf obige Ausführungen, die insofern für die Beschlagnahmeanordnung entsprechend gelten, Bezug genommen. Im Übrigen macht sich der Senat hinsichtlich der Beschlagnahmeanordnung die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses zu eigen und verweist deshalb auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

3. Die weitergehenden Anträge des Antragsgegners, der Antragstellerin aufzugeben, dem Antragsgegner sein persönliches Handy (Nr. 1.20 im Beschlagnahmeprotokoll vom 10.4.2019), seinen privaten Laptop (Nr. 1.15) und sein iPad (Nr. 1.19) zur Verfügung zu stellen, hilfsweise, dem Antragsgegner die Möglichkeit zu geben, vor Montag, den 15. April 2019, 10.00 Uhr, die von ihm für die am 15. April 2019 bevorstehende Pilgerreise benötigten Daten von den drei genannten Geräten auf einen Datenträger herunterzuladen, haben sich zwischenzeitlich erledigt. Hinsichtlich des Hilfsantrages folgt dies bereits aus dem Ablauf der darin vom Antragsgegner genannten Frist und der Beendigung der von ihm in diesem Zusammenhang angeführten Pilgerreise. Hinsichtlich des auf die Herausgabe der drei benannten Geräte gerichteten Antrags ergibt sich dies daraus, dass diese ausweislich des von der Antragstellerin vorgelegten und vom Antragsgegner am 27. Mai 2019 unterschriebenen Übergabeprotokolls dem Antragsgegner an diesem Tag zurückgegeben wurden. Durch den jeweiligen Erledigungseintritt ist zugleich das für die Statthaftigkeit einer Beschwerde erforderliche Rechtsschutzinteresse des Antragsgegners entfallen (vgl. Zimmermann-Kreher, in: Posser/Wolff, BeckOK, VwGO, Stand: 1.4.2019, § 161, Rn. 7). Insofern hat der Antragsgegner die Kosten auch hinsichtlich des erledigten Teils des Verfahrens zu tragen. Für diese Kostenregelung spricht zudem, dass die Beschlagnahme, wie ausgeführt, rechtmäßig war. Insofern konnte der Antragsgegner auch keine frühere Herausgabe verlangen (vgl. Senatsbeschl. v. 4.11.2010 - 11 OB 425/10 -, a.a.O., juris, Rn. 42, OVG Bremen, Beschl. v. 19.11.2015 - 1 B 349/14 -, juris, Rn. 12).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).