Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.07.2019, Az.: 1 ME 74/19

Abänderungsverfahren; Brandschutz; Grenzwand; Streitwert

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.07.2019
Aktenzeichen
1 ME 74/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69735
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 11.04.2019 - AZ: 4 B 4153/18

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

§ 11 Abs. 5 DVO-NBauO ist jedenfalls dann nicht analog auf einseitige Grenzbebauung anwendbar, wenn auf dem Nachbargrundstück aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht ebenfalls an die Grenze gebaut werden darf.

Beantragt die Baugenehmigungsbehörde nach § 80 Abs. 7 VwGO die Änderung eines die aufschiebende Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs anordnenden Beschlusses, so kann der Streitwert pauschalierend anhand des (ggf. zu halbierenden) Genehmigungsstreitwerts bemessen werden.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 11. April 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtszüge auf 10.000 EUR festgesetzt; insoweit wird der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts geändert.

Gründe

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Abänderung eines Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht zunächst die aufschiebende Wirkung ihres Rechtsbehelfs gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Umnutzung eines Dachdeckerbetriebes in eine Kleinbrauerei mit Bierverkauf angeordnet hatte. Sie befürchtet insbesondere Lärm- und Geruchsimmissionen sowie Brandgefahren für ihr benachbartes Wohngebäude.

Die Antragsgegnerin ist die C. des aus ihrem Namen hervorgehenden Grundstücks im Stadtgebiet der Beigeladenen. Auf dem nördlich der F. gelegenen Grundstück ist in nord-südlicher Ausrichtung ein Riegel mit mehreren Reihenhausscheiben errichtet; der Abstand zur westlichen Grundstücksgrenze beträgt ca. 7 m. Das westliche Nachbargrundstück ist mit einem bisher für einen Dachdeckerbetrieb genutzten Gebäude unregelmäßigen Grundrisses bebaut; ein Teil der Ostfassade ist unmittelbar an die Grenze zum Grundstück der Antragsgegnerin gebaut. Ein Bebauungsplan setzt für beide Grundstücke ein allgemeines Wohngebiet und offene Bauweise fest.

Am 29.1.2018 erteilte die Antragstellerin dem Beigeladenen im vereinfachten Genehmigungsverfahren die einleitend erwähnte Baugenehmigung; der danach vorgesehene Brauereibetrieb sollte nach den Bauvorlagen ausschließlich in der westlichen Gebäudehälfte stattfinden. Für die östliche Gebäudehälfte plant der Beigeladene eine gastronomische Nutzung; dieses Begehren verfolgt er jedoch in einem gesonderten Genehmigungsverfahren. Auf Antrag der Antragsgegnerin ordnete das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.8.2018 – 4 B 1385/18 – die aufschiebende Wirkung ihres gegen die Baugenehmigung erhobenen, bislang nicht beschiedenen Widerspruchs an. Zur Begründung führte es aus, die Baugenehmigung sei nicht hinreichend bestimmt im Hinblick auf die Frage, ob und ggf. in welchem Rahmen auf dem Betriebsgrundstück ein freihändiger Verkauf der Brauprodukte erfolgen dürfe; sei dies der Fall, müsse offenbar der östliche Gebäudeteil genutzt werden. Verstärkt würden diese Unklarheiten dadurch, dass eine Abweichung von den Grenzabstandsvorschriften hinsichtlich der Ostwand des Gebäudes erteilt worden sei. Unklar sei ferner, ob während des Betriebes die vorhandenen Rolltore (im Westteil des Gebäudes) geschlossen zu halten seien und ob der Betrieb einer Kühlzelle außerhalb des Gebäudes nahe der östlichen Grundstücksgrenze mitgenehmigt sei. Diese sei offenbar auch in der vom Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vorgelegten schalltechnischen Untersuchung vom 27.4.2018 nicht berücksichtigt. Die darin getroffene Feststellung, dass die von der Brauerei ausgehenden Geräusche „vernachlässigbar“ seien, sei angesichts dessen nicht hinreichend aussagekräftig.

Am 7.11.2018 erteilte die Antragstellerin dem Beigeladenen eine Nachtragsgenehmigung mit teilweise angepassten Bauvorlagen und Nebenbestimmungen; der Antragsteller hatte zuvor eine ergänzende schalltechnische Untersuchung vom 8.10.2018 vorgelegt. In der Nachtragsbaugenehmigung heißt es:

„Nebenbestimmungen:

1. Der Bierverkauf darf ausschließlich nur an den Werktagen Dienstag und Donnerstag von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr stattfinden.

2. Gem. § 66 Abs. 1 NBAuO wird eine Abweichung von § 5 Abs. 2 Satz 1 NBauO in Verbindung mit § 85 Abs. 3 NBauO rein vorsorglich in folgendem Umfang erteilt:

- Der östliche Gebäudeteil der Gaststätte braucht, wenn und soweit er nur für den Zugang zur Brauerei genutzt wird, nicht den Grenzabstandsanforderungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 angepasst zu werden.

Hinweise:

1. Während der Betriebszeit sind Fenster, Türen und Tore geschlossen zu halten.

2. Die Betriebsbeschreibung ist Bestandteil der Baugenehmigung. Der Außerhausverkauf darf nur in dem beschriebenen Umfang stattfinden.“

Dem daraufhin von der Antragstellerin gestellten Antrag auf Abänderung seines Beschlusses vom 17.8.2018 hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 11.4.2019 stattgegeben. Angesichts der Modifikation, die die Baugenehmigung durch die Nachtragsbaugenehmigung erfahren habe, spreche nicht mehr Überwiegendes dafür, dass diese Nachbarrechte der Antragsgegnerin verletze. Durch die Nachtragsbaugenehmigung werde in einer dem Bestimmtheitsgebot genügenden Weise festgeschrieben, dass, in welchem zeitlichen Umfang und unter Beanspruchung welcher Bau- und Grundstücksteile ein freihändiger Bierverkauf auf dem Baugrundstück stattfinden dürfe. Dass zwei Inhaltsbestimmungen als „Hinweise“ gekennzeichnet seien, relativiere diese nicht. Dass eine Nutzung des westlichen Gebäudeteils als Gaststätte nicht mitgenehmigt sei, werde deutlich. Der Standort der Kühlzelle sei hinreichend konkretisiert.

Ob für das Grundstück der Antragsgegnerin eine unzumutbare Lärmbelästigung zu erwarten sei, müsse abschließend im Hauptsacheverfahren geklärt werden; die ergänzende schalltechnische Stellungnahme sei begrenzt aussagekräftig. Im Ergebnis werde aber „ganz klar“ festgestellt, dass die Innenraumpegel der Brauerei keine Auswirkungen auf die Lärmentwicklung in der Nachbarschaft hätten. Unklar sei ferner, ob der Lärmgutachter berücksichtigt habe, dass der zum Gegenstand der Nachtragsgenehmigung gemachte Lageplan außer der schon erwähnten Kühlzelle ein Klimagerät an der Nordseite des Hauptgebäudes darstelle. Die bloße Offenheit dieser Fragen rechtfertige aber keine weitere Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Die Möglichkeit einer Überschreitung der Relevanzschwelle hinsichtlich der Geruchsentwicklung habe das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt nachvollziehbar verneint, da nach den Angaben des Beigeladenen lediglich in 1 % der Jahresstunden Gerüche überhaupt entstehen könnten.

Bestimmungen des Brandschutzes seien hinsichtlich der Innenwände nicht drittschützend. Die Außenwand zum Grundstück der Antragsgegnerin genüge den baurechtlichen Anforderungen; das darüberliegende Dach sei nicht unmittelbar an § 11 Abs. 5 DVO-NBauO zu messen, da der traufständige Gebäudeteil nicht an einen entsprechenden Gebäudeteil auf dem Grundstück der Antragsgegnerin anschließe. Eine analoge Anwendung dränge sich im Eilverfahren nicht auf. Dagegen spreche nicht nur die Entfernung des Gebäudes der Antragsgegnerin, sondern auch der Umstand, dass die von dem Vorhabengebäude ausgehende Brandgefahr sich durch die Nutzungsänderung nicht erhöhe; eine etwaige Gaststättennutzung sei dabei nicht zu berücksichtigen, da sie nicht genehmigt sei und daher nicht ausgeübt werden dürfe.

II.

Die dagegen gerichtete Beschwerde, auf deren fristgerecht vorgetragene Gründe sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, hat keinen Erfolg.

Das gilt zunächst, soweit die Antragsgegnerin die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Baugenehmigung in der Fassung der Nachtragsgenehmigung sei nicht hinreichend bestimmt, mit dem Argument angreift, die Bezeichnung zweier für die Wahrung der Nachbarrechte wesentlicher Bestimmungen als „Hinweise“ lasse weiterhin Zweifel bezüglich deren Rechtsqualität zu. Ob dem so ist, kann dahinstehen. Jedenfalls sind die wesentlichen Inhalte der fraglichen Bestimmungen auch anderweitig Inhalt der Baugenehmigung geworden. Dass die Betriebsbeschreibung, in der auch der Umfang des Außerhausverkaufs von Bier geregelt ist, Bestandteil der Baugenehmigung ist, ergibt sich schon daraus, dass diese zu den grüngestempelten Bauvorlagen gehört (BA 006 Bl. 37). Geregelt ist hier auch, dass das Rolltor zum Innenhof bei der Bierproduktion geschlossen bleibt. Lediglich hinsichtlich der Vorgabe, dass die sonstigen Türen und Fenster während der Betriebszeit geschlossen zu halten sind, könnten mithin Zweifel hinsichtlich der Verbindlichkeit bestehen. Diese Vorgabe erweist sich aber bei summarischer Prüfung als zur Wahrung der Rechte der Antragsgegnerin nicht erforderlich. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Die Schalltechnische Untersuchung der ABE vom 27.4.2018 (Gerichtsakte 4 B 1385/18 Bl. 114 ff.) führt auf S. 3 aus, die Geräusche aus der Brauerei seien vernachlässigbar und nicht Gegenstand der Betrachtung. Dies deckt sich mit der Angabe in der Betriebsbeschreibung zur ursprünglichen Baugenehmigung, wo als lärmverursachende Tätigkeit lediglich der anfallende Lieferverkehr aufgeführt wird. Diese Angaben werden zwar jeweils nicht näher ausgeführt; allerdings gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene oder der Lärmsachverständige Anlass gehabt hätten, den Innenlärmpegel der Brauerei näher zu spezifizieren. Mit Blick darauf, dass der Brauvorgang auf eine Stunde beschränkt ist, liegt es nahe, dass auch die übrigen potentiell geräuschverursachenden Aktivitäten – Abfüllen, Reinigen der Flaschen und Geräte etc. – zeitlich begrenzt sein werden. Auch die Antragsgegnerin hat keinen Verarbeitungsschritt benannt, bei dem mit einer Lärmentfaltung zu rechnen wäre, der – selbst bei geöffneten Fenstern und Türen – zu unzumutbaren Beeinträchtigungen führen könnte. Bezeichnend ist, dass sie der Behauptung des Beigeladenen in seinem Schriftsatz vom 28.5.2018 (Bl. 153 der Gerichtsakte im Verfahren 4 B 1385/18), die Produktionsanlage sei bereits teilweise in Betrieb genommen, bei geschlossenem Rolltor seien keine Geräusche nach außen gedrungen, in ihren nachfolgenden Schriftsätzen nicht widersprochen hat; dass sie von diesen, hätte es sie gegeben, hätte Kenntnis haben müssen, ergibt sich bereits daraus, dass sie sich in ihrem Schriftsatz vom 7.6.2018 zu wahrgenommenen Geruchsbelästigungen äußerte.

Angesichts dessen greift auch die weitere Beschwerderüge der Antragsgegnerin, das Verwaltungsgericht habe Mängel der schalltechnischen Untersuchung zu Unrecht nicht zum Anlass genommen, den Abänderungsantrag zurückzuweisen, nicht, soweit sie sich auf Lärmbelästigungen aus dem Innenraum der Brauerei bezieht. Soweit sie sich auf die von der Kühlanlage an der Grundstücksgrenze ausgehenden Schallimmissionen bezieht, begründen die Bedenken gegen die schalltechnische Untersuchung ebenfalls keine überwiegende Wahrscheinlichkeit unzumutbarer Lärmbelästigungen. Dass, wie das Verwaltungsgericht wohl annimmt, außer dem Klimagerät, das die Kühlzelle unter dem Carport kühlt, noch ein weiteres Gerät genehmigt sein könnte, ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Insgesamt ist stets nur von einem Klimagerät/Kühlaggregat (die Begriffe variieren) die Rede. Zwar ist unklar, weshalb das Gerät nicht unmittelbar an der Kühlzelle, sondern an der Wand des Hauptgebäudes eingezeichnet ist. Dass es tatsächlich nicht die Kühlzelle, sondern den Brauraum kühlen könnte, ist allerdings fernliegend, da es an der Außenwand des von diesem weit entfernten Toilettentrakts der Gaststätte eingezeichnet ist und zudem laut Betriebsbeschreibung eine Lüftung des Brauraums nicht vorgesehen ist. Ein zweites Klimagerät ist auch sonst nicht genehmigt. Dass das genehmigte Gerät unzumutbare Lärmimmissionen zur Folge haben könnte, ist nicht erkennbar. Die Nachtragsgenehmigung stellt sicher, dass dieses einen Abstand zur Grundstücksgrenze von 5 m wahrt. Wenn es, wie im ergänzenden Schallgutachten angenommen, in 1 m Entfernung einen Schalldruckpegel von 49 dB(A) verursacht, ist angesichts der Faustregel, dass sich der Schallpegel bei Verdoppelung des Abstandes zur Schallquelle um 6 dB(A) reduziert, davon auszugehen, dass er im Bereich maßgeblicher Immissionsorte auf dem Antragsgegnergrundstück weit unter dem die nächtliche Zumutbarkeitsgrenze in allgemeinen Wohngebieten indizierenden Pegel von 40 dB(A) liegt. Dass es im Umfeld ihrer Wohnanlage eine nennenswerte nächtliche Vorbelastung gäbe, die in Addition zur vom Klimagerät ausgehenden Zusatzbelastung die Zumutbarkeitsschwelle übersteigen könnte, macht die Antragsgegnerin selbst nicht geltend.

Ohne Erfolg bleiben die Beschwerdeangriffe gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben werde voraussichtlich keine unzumutbaren Geruchsimmissionen verursachen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht sich auf die Einschätzung des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts gestützt, bei einer Brautätigkeit in dem in der Betriebsbeschreibung angegebenen Umfang könnten überhaupt nur in ca. 1 % der Jahresgeruchsstunden Geruchsbelästigungen entstehen. Soweit die Antragsgegnerin rügt, diese Einschätzung beruhe nur auf interessengeleiteten und vagen Angaben des Beigeladenen, ist ihn entgegenzuhalten, dass die Angaben des Beigeladenen in der grüngestempelten Stellungnahme Geruchsbildung vom 11.12.2017 (BA 005 Bl. 86) zu Häufigkeit und Dauer des Brauvorgangs (maximal 1-2x in der Woche für 1 Stunde) bindend und keineswegs vage sind. Die Abschätzung ist plausibel und wird nicht dadurch entkräftet, dass in einem früheren Verfahrensstadium (November 2017) ein Mitarbeiter des Landkreises A-Stadt ein Geruchsgutachten empfohlen hatte. Selbst wenn im Übrigen die Irrelevanzschwelle der Zusatzbelastung von 2 % der Jahresgeruchsstunden überschritten würde, würde sich daraus noch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Obsiegen der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren ergeben. Unzumutbare Geruchsbelästigungen wären nur dann zu befürchten, wenn das Vorhaben in Verbindung mit einer etwaigen Vorbelastung eine Geruchsstundenhäufigkeit von 10 % der Jahresgeruchsstunden überschritte. Dafür ist nichts ersichtlich; andere potentielle Geruchsemittenten als das Vorhaben sind nicht vorgetragen und aus den Luftbildern bei google.maps und bing.maps auch nicht ersichtlich.

Die Rügen der Antragsgegnerin gegen die brandschutzrechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts führen bereits deshalb nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil brandschutzbezogene Vorschriften der NBauO im hier anwendbaren vereinfachten Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich nicht zum Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde nach § 63 NBauO gehören. Anderes gilt hier auch nicht nach Maßgabe des § 65 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 NBauO. Danach sind Brandschutznachweise nur für sonstige Gebäude der Gebäudeklassen 3, 4 und 5 zu prüfen, d.h. bei einer Grundfläche von mindestens 400 m² (vgl. § 2 Abs. 3 NBauO). Diesen Wert erreicht das Vorhaben bei summarischer Prüfung nicht.

Die Rügen sind aber auch aus weiteren Gründen unbegründet. Sie zielen auf die Erwägungen mit denen das Verwaltungsgericht – je selbständig tragend – angenommen hat, ein Bedürfnis für eine analoge Anwendung des auf beidseitige Grenzbebauung zugeschnittenen § 11 Abs. 5 Satz 1 DVO-NBauO auf das auf der Grenzwand des westlichen Teils des Vorhabengebäudes aufsetzende Dach dränge sich bei der im Eilverfahren vorzunehmenden Bewertung nicht auf. Der Erwägung des Verwaltungsgerichts, dies folge aus der Entfernung des Gebäudes auf dem Grundstück der Antragsgegnerin zur fraglichen Grenzwand, hält die Antragsgegnerin sinngemäß entgegen, durch eine solche Sichtweise würde die bauliche Ausnutzbarkeit ihres Grundstücks unzulässig beschränkt. Das überzeugt schon deshalb nicht, weil unabhängig von brandschutzrechtlichen Erwägungen bereits das Bauplanungsrecht die Antragsgegnerin daran hindert, ihrerseits an die Grenze zu bauen und damit die Situation herbeizuführen, die § 11 Abs. 5 Satz 1 DVO-NBauO im Blick hat; denn im Bebauungsplan ist für ihr Grundstück eine offene Bauweise festgesetzt. Der zweiten Erwägung des Verwaltungsgerichts, die genehmigte Nutzung erhöhe (gemeint wohl: verglichen mit der ursprünglich genehmigten Nutzung als Dachdeckerbetrieb) die Brandgefahr für das Antragsgegnergrundstück nicht, die in den Grundrissplänen für die Nachtragsgenehmigung eingezeichneten Einrichtungsgegenstände einer Gaststätte seien nicht zu berücksichtigen, da die Gaststättennutzung derzeit nicht genehmigt und daher nicht zulässig sei, hält die Antragsgegnerin entgegen, die Genehmigung für den Betrieb der Gaststätte sei seit Mitte 2018 vollziehbar erteilt. Das ändert indes nichts daran, dass die hier allein in Rede stehende Genehmigung des Brauereibetriebs im westlichen Gebäudeteil nebst einer Nutzung des östlichen Gebäudeteils als Durchgangsraum zum Bierverkauf das Brandrisiko nicht erhöht; ob die Gaststätte dies täte, kann angesichts dessen dahinstehen.

Soweit die Antragsgegnerin mit der Beschwerde geltend macht, entgegen dem Verwaltungsgericht bleibe auch nach der Nachtragsgenehmigung unklar, inwieweit der östliche Gebäudeteil von der Genehmigung erfasst sei, führt sie zur Begründung lediglich an, dies ergebe sich daraus, dass die Antragstellerin vorsorglich eine Abweichung von den Grenzabstandsvorschriften erteilt habe. Dass die Antragstellerin damit nicht implizit, wie von der Antragsgegnerin befürchtet, die Gaststättennutzung hatte genehmigen wollen, geht indes aus der Genehmigung hinreichend deutlich hervor. Mit den diesbezüglichen Argumenten des Verwaltungsgerichts (BA S. 7 f.) setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht auseinander. Mit der „vorsorglichen“ Erteilung einer Abweichung wollte die Antragstellerin ersichtlich lediglich Rechtssicherheit für den Fall schaffen, dass entgegen ihrer Auffassung eine solche Abweichung auch für die Inanspruchnahme des östlichen Gebäudeteils als Durchgangsraum zum Bierverkauf erforderlich sein sollte. Soweit die Antragsgegnerin meint, da die Auffassung der Antragstellerin zutreffe, habe die vorsorgliche Abweichung nicht erteilt werden dürfen, ist nicht erkennbar, wie ihre gleichwohl erfolgte Erteilung Nachbarrechte verletzen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist das Interesse der Bauaufsichtsbehörde an der Vollziehbarkeit ihrer Baugenehmigung mit dem Auffangstreitwert nicht hinreichend abgedeckt. Neben dem Interesse an der Vermeidung von Regressansprüchen des Bauherrn ist auch das städtebauliche Interesse an der Verwirklichung der vorläufig verhinderten Nutzung zu berücksichtigen; in der Summe werden diese den Auffangstreitwert regelmäßig überschreiten (unveröff. Senatsbeschl. v. 9.1.2007 – 1 OA 100/07 – m.w.N.). Dem Verwaltungsgericht ist zuzugeben, dass diese Interessen mitunter - so auch hier - schwer zu beziffern sind. Als Orientierungshilfe hält der Senat allerdings den Genehmigungsstreitwert des Vorhabens für sachgerechter als den Auffangstreitwert. Den Genehmigungsstreitwert veranschlagt der Senat hier mit Blick auf die überschaubare Größe des Vorhabens auf 20.000,- €; dieser Betrag ist für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf 10.000,- € zu halbieren.