Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.08.2012, Az.: 2 NB 359/11
Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im Wintersemester 2011/12 an der Universität Göttingen im 1. bis 3. Fachsemester
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.08.2012
- Aktenzeichen
- 2 NB 359/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 22025
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0815.2NB359.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Göttingen - 04.11.2011 - AZ: 8 C 1393/11
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs. 1 S. 6 NHG
- § 2 S. 2 ZZ-VO 2011/2012
Fundstelle
- NdsVBl 2013, 115-116
Amtlicher Leitsatz
Vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im Wintersemester 2011/12 an der Universität Göttingen im 1. bis 3.Fachsemester
Gründe
Durch Beschlüsse vom 4. November 2011, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht Göttingen die Antragsgegnerin unter anderem verpflichtet, 17 Antragsteller auf einen Teilstudienplatz im 1. Fachsemester, drei Antragsteller auf einen Vollstudienplatz im 2. Fachsemester und einen Antragsteller auf einen Vollstudienplatz im 3. Fachsemester vorläufig zum Studium der Humanmedizin zuzulassen. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Übrigen - die, soweit für die vorliegenden Beschwerdeverfahren von Interesse, auf die vorläufige Zulassung auf einen Vollstudienplatz, hilfsweise einen Teilstudienplatz (Antragsteller zu 20., 21., 26. - 40.) bzw. nur auf einen Teilstudienplatz (Antragsteller zu 4., 5., 7. - 13., 15. - 18.) im 1. Fachsemester gerichtet sind - hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.
Gegen diese Entscheidungen richten sich die Beschwerden der Antragsteller zu 4., 5., 7. bis 13., 15. bis 18., 20., 21. und 26. bis 40., die ihren erstinstanzlichen Antrag jeweils weiterverfolgen, und die Beschwerden der Antragsgegnerin im Fall der Antragsteller zu 1. bis 3., 6., 14., 19., 22. bis 25. und 41. bis 47. mit dem Begehren, die Anträge dieser Antragsteller (die erstinstanzlich auf die vorläufige Zulassung auf einen Teil- bzw. Vollstudienplatz im 3. Fachsemester, hilfsweise im 2. Fachsemester <Antragsteller zu 6., 23.>, auf einen Vollstudienplatz im 2. Fachsemester <Antragsteller zu 19., 24.> bzw. 1. Fachsemester <übrige Antragsteller> gerichtet waren) abzulehnen (im Fall des Antragstellers zu 23. allerdings mit der Maßgabe abzulehnen, dass dieser Antragsteller auf einen Teilstudienplatz im 3. Fachsemester zugelassen wird).
II.
Die Beschwerden der Antragsteller zu 20., 21. und 26. bis 40. bleiben mit ihren Beschwerden, soweit sie einen Anspruch auf vorläufige Zulassung auf einen Vollstudienplatz im 1. Fachsemester verfolgen, erfolglos (dazu 2.). Gleiches gilt für die auf vorläufige Zulassung auf einen Teilstudienplatz im 1. Fachsemester gerichteten Beschwerden dieser Antragsteller (im Hilfsantrag) und der Antragsteller zu 7. bis 13. und 15. bis 18. (dazu 3.). Die kompensatorischen Einwände einiger Antragsteller gegen die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Schwundberechnung sind zwar zum Teil berechtigt, führen im Ergebnis aber nicht zu einem weiteren außerkapazitären Studienplatz (dazu 4.). Demgegenüber haben die zulässigen (dazu 1.) Beschwerden der Antragsgegnerin sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Lehrangebots von Teilstudienplätzen im 1. Fachsemester (dazu 3.) als auch hinsichtlich der Frage der Berechnungsart der Studienplatzkapazität in den höheren Fachsemestern Erfolg (dazu 5.).
1. Die Beschwerden der Antragsgegnerin sind entgegen der Ansicht einiger Antragsteller nicht bereits unzulässig. Zur Begründung ihrer Ansicht verweisen diese Antragsteller darauf, dass die Antragsgegnerin in ihren Beschwerden in unzulässiger Weise Bezugnahmen auf lediglich in erster Instanz vorgelegte Unterlagen vorgenommen habe. Dieser Vorwurf ist nicht gerechtfertigt.
Die Antragsgegnerin hat in ihren Beschwerdebegründungen die aus ihrer Sicht bestehenden Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts im Einzelnen aufgezeigt und sich hierbei mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in ausreichendem Umfang auseinandergesetzt. Damit ist sie den sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebenden Darlegungsanforderungen nachgekommen (vgl. hierzu allgemein etwa Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rdnr. 71 ff. m.w.N.). Eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung liegt erst dann nicht vor, wenn der Beschwerdeführer lediglich pauschal auf sein erstinstanzliches Vorbringen verweist oder dies unverändert wiederholt. Davon zu unterscheiden sind aber Konstellationen, in denen er sich mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandersetzt und hierbei zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen etwa auf seine Ausführungen verweist, die er in einem näher bezeichneten Schriftsatz des erstinstanzlichen Verfahrens gemacht hat (Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 146 Rdnr. 79 m.w.N.). Wenn derartige inhaltliche Bezugnahmen dem Darlegungsgebot genügen, ist die bloße Bezugnahme auf in erster Instanz vorgelegte Unterlagen erst recht unschädlich. Insbesondere müssen erstinstanzlich nach § 93 VwGO vorgelegte Verwaltungsvorgänge nicht ein zweites Mal mit der Beschwerdebegründung vorgelegt werden.
Etwas anderes folgt nicht aus dem von diesen Antragstellern angeführten Beschlüssen des Senats vom 6. Dezember 2002 (- 2 ME 215/02<nicht 2 ME 215/06> -, DÖV 2003, 645 = [...]) und vom 10. Juli 2006 (- 2 NB 12/06 -, [...]). In diesen angeführten Fällen fehlte es an jedweden Darlegungen bzw. die Darlegungen genügten nicht den inhaltlichen Anforderungen.
Soweit einige Antragsteller die Zulässigkeit der Beschwerden der Antragsgegnerin des Weiteren deshalb in Zweifel ziehen, weil diese in ihrem Beschwerdevorbringen nicht im Einzelnen aufgezeigt habe, wie sich die von ihr gerügten Fehler des Verwaltungsgerichts auf die Ausbildungskapazität auswirkten und in welchem Umfang gegenüber der von dem Verwaltungsgericht ausgeworfenen zusätzlichen 17 Teilstudienplätze die Ausbildungskapazität sinke, dringen sie ebenfalls nicht durch. Unabhängig davon, dass durch eine derartige Anforderung das Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO überspannt werden würde, hat die Antragsgegnerin mit ihrem Beschwerdevorbringen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nach ihrer Ansicht kein einziger außerkapazitärer Teilstudienplatz vorhanden sei. Eine rechnerische Aufgliederung im Einzelnen ist nicht erforderlich.
Entgegen der Ansicht einiger Antragsteller ist auch mit Blick auf von diesen angeführte zwei Fälle, in denen die Antragsgegnerin eine Beschwerde nicht eingelegt habe, nicht erkennbar, dass die Einlegung der Beschwerde in den hier vorliegenden Verfahren ein Verstoß gegen Treu und Glauben begründen soll. Die Antragsgegnerin hat hierzu angeführt, sie habe die beiden angesprochenen "Nachrücker" erst nach Ablauf der Beschwerdefrist zugelassen.
2. Die Beschwerdeanträge der Antragsteller zu 20. und 21. sowie 26. bis 40. auf vorläufige Zuteilung eines Vollstudienplatzes im 1. Fachsemester haben keinen Erfolg.
Die Einwände dieser Antragsteller, es seien nicht alle Vollstudienplätze innerhalb der festgesetzten Kapazität besetzt, greifen nicht durch. Die Antragsgegnerin hat hierzu unbestritten vorgetragen, im streitgegenständlichen Semester seien im 1. Fachsemester 132 Studierende (einschließlich drei Beurlaubungen) eingeschrieben, sodass die festgesetzte Kapazität von 128 Vollstudienplätzen ausgeschöpft ist.
Einwände gegen die Berechnung der außerkapazitär bestehenden Vollstudienplätze im 1. Fachsemester haben die sich noch im Beschwerdeverfahren befindlichen Antragsteller nicht vorgetragen, sodass sich insoweit eine Überprüfung erübrigt.
3. Hinsichtlich der Teilstudienplätze im 1. Fachsemester gilt Folgendes:
3.1 Die Einwände einiger Antragsteller dergestalt, dass nicht alle Teilstudienplätze im 1. Fachsemester innerhalb der festgesetzten Kapazität besetzt seien, greifen ebenfalls nicht durch. Die Antragsgegnerin hat zu diesem Beschwerdevorbringen ebenfalls unbestritten vorgetragen, es hätten sich insoweit (einschließlich der von dem Verwaltungsgericht 17 vorläufig zugelassenen Antragsteller) insgesamt 111 Studierende (111 - 17 = 94) immatrikuliert. Daher ist die festgesetzte Zulassungszahl von 87 Teilstudienplätzen im 1. Fachsemester ausgeschöpft.
3.2 Hinsichtlich der Einwände der Antragsteller und der Antragsgegnerin gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Berechnung der Zahl der Teilstudienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität betreffend die Ermittlung des Lehrangebots (dazu 2.2.1) und der Lehrnachfrage (dazu 2.2.2) im 1. Fachsemester gilt Folgendes:
3.2.1 Das bereinigte Lehrangebot ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Antragsteller im Ergebnis auf 354,5968 LVS festzusetzen, ohne dass ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 15 v. H. gerechtfertigt ist. Dazu im Einzelnen:
3.2.1.1 Die Lehrverpflichtung der Professoren und Hochschuldozenten ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 2 LVVO in der Fassung der Änderung vom 2. August 2011 (Nds. GVBl. S. 276) mit einem Wert von neun LVS in Ansatz zu bringen. Diesen Ansatz hat auch die Antragsgegnerin entgegen der Ansicht einiger Antragsteller zu Recht auch von Anfang an in ihre Kapazitätsberechnung eingestellt und die 15 Professorenstellen folgerichtig mit einem Lehrangebot von insgesamt 135 LVS berechnet. Das Verwaltungsgericht hat hingegen die Auffassung vertreten, dass aufgrund des Zeitpunktes des Inkrafttretens dieser Änderungsverordnung zum 1. Oktober 2011 für das streitgegenständliche Wintersemester 2011/2012 nicht schon mit einer Regellehrverpflichtung von neun LVS, sondern noch mit einer solchen von acht LVS zu rechnen sei.
Diesem Berechnungsansatz des Verwaltungsgerichts folgt der Senat nicht. Die durch die Änderungsverordnung vom 2. August 2011 bewirkte Erhöhung der Lehrverpflichtung für Professoren und Hochschuldozenten in der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 30. September 2015 durch § 4 Abs. 1 Satz 2 LVVO um eine LVS auf neun LVS ist nach Art. 2 dieser Änderungsverordnung zwar erst am 1. Oktober 2011 in Kraft getreten. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, angesichts der in § 5 Abs. 2 KapVO bezeichneten zeitlichen Grenze "bis zum Beginn des Berechnungszeitraums" (1.10.2011) könne diese geänderte Fassung der LVVO im streitgegenständlichen Wintersemester 2011/2012, dessen Berechnungszeitraum am 1. Oktober 2011 begonnen habe, (noch) nicht berücksichtigt werden, ist hingegen nicht gerechtfertigt. Zum einen stellt die durch den Verordnungsgeber normativ vorgenommene Erhöhung der Lehrverpflichtung nicht ein "Datum" für die Kapazitätsberechnung im Sinne des § 5 Abs. 2 KapVO dar. Vielmehr handelt es sich bei den Normen der LVVO um eine der Rechtsgrundlagen, nach denen die Kapazitätsberechnung vorzunehmen ist. Zum anderen ist in § 4 Abs. 1 Satz 2 LVVO bestimmt, dass die Lehrverpflichtung der genannten Lehrpersonen in der Zeit ab dem 1. Oktober 2011 und damit ab dem Beginn des Berechnungszeitraums des streitgegenständlichen Semesters neun LVS beträgt. Durch diese Formulierung hat der Verordnungsgeber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Erhöhung der Lehrverpflichtung bereits zu Beginn des Wintersemesters 2011/2012 wirksam werden soll. Soweit ersichtlich sind die Hochschulen im Land Niedersachsen dieser Verpflichtung bereits vorab in ihren erstellten Kapazitätsberechnungen zum Wintersemester 2011/2012 gefolgt und haben die übrigen Verwaltungsgerichte des Landes Niedersachsen ihren Überprüfungen der Kapazitäten in den einzelnen Studiengängen diesen Wert zugrunde gelegt (vgl. etwa VG Osnabrück, Beschl. v. 2.11.2011 - 1 C 15/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 46 f. <Psychologie Bachelor>; VG Hannover, Beschl. v. 9.12.2011 - 8 C 3080/11 u.a. - <Zahnmedizin>). Und schließlich bleibt es der Antragsgegnerin unbenommen, unabhängig von einer rechtlichen Verpflichtung ihren Kapazitätsberechnungen bereits von sich aus einen höheren als den normativ vorgegebenen (Mindest-)Wert zugrunde zu legen, da sich diese Vorgehensweise kapazitätserhöhend auswirkt und eine solche freiwillige Berücksichtigung kapazitätserhöhender Umstände weder durch § 5 Abs. 2 KapVO noch durch eine andere Vorschrift ausgeschlossen ist (so auch VG Osnabrück, Beschl. v. 2.11.2011 - 1 C 15/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 47).
3.2.1.2 Soweit einige Antragsteller anführen, das Verwaltungsgericht habe keine Sachaufklärung zu der Frage betrieben, welche Lehraufträge oder sogar Stellen aus den in Niedersachsen erhobenen Studienbeiträgen und Langzeitstudiengebühren der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeflossen seien, dringen sie mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht durch.
Zusätzliches Lehrpersonal darf nach § 11 Abs. 1 Satz 6 NHG aus den Mitteln der Studienbeiträge nur zur Ergänzung oder Vertiefung des für die Studiengänge erforderlichen Lehrangebotes finanziert werden. Ziel der Erhebung ist demnach die Verbesserung der Studienqualität, nicht etwa die Erhöhung der Studienanfängerzahlen (Senat, Beschl. 2.9.2010 - 2 NB 394/09 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 33; Beschl. v. 25.11.2009 - 2 NB 648/08 u.a. -; Beschl. v. 1.9.2009 - 2 NB 620/09 u.a. -; Beschl. v. 23.12.2008 - 2 NB 293/08 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 7). Zudem steht der Forderung dieser Antragstellerin, wegen der Erhebung von Studienbeiträgen nach § 11 NHG das Lehrangebot der Antragsgegnerin zu erhöhen und mithin weitere Studienplätze zusätzlich auszuweisen, § 9 Satz 3 NHZG entgegen; hiernach bleibt das wissenschaftliche, künstlerische und sonstige Lehrpersonal, das aus den Studienbeiträgen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 NHG finanziert wird, bei der Berechnung des Lehrangebots unberücksichtigt. § 13 Abs. 2 Satz 3 und § 11 Abs. 1 Satz 5 NHG statuieren im Hinblick auf die Verwendung der Einnahmen aus der Erhebung von Langzeitstudiengebühren und Studienbeiträgen lediglich bestimmte Pflichten und Einschränkungen (Senat, Beschl. v. 2.9.2010 - 2 NB 394/09 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 33).
3.2.1.3 Ohne Erfolg wenden sich einige Antragsteller dagegen, dass das Verwaltungsgericht im Fall der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch zum Zweck der eigenen Weiterqualifikation beschäftigt werden, von einer nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVVO ermäßigten Lehrverpflichtung von vier LVS (statt von zehn LVS gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 LVVO) ausgegangen ist.
Soweit diese Antragsteller auf die Struktur der LVVO als einer Bestimmung normativen Inhalts hinweisen und hieraus die Schlussfolgerung ableiten, nicht die individuell arbeitsvertraglich vorgenommene Festlegung der Arbeitsleistung, sondern der Charakter und die Beschreibung der Stellen seien entscheidend für die Frage nach der maßgeblichen Lehrverpflichtung des Stelleninhabers, ist dem entgegenzuhalten, dass sich die maßgebliche Lehrverpflichtung aus der LVVO ergibt und gerade nach der Struktur der LVVO die Ermäßigung der grundsätzlich bestehenden Lehrverpflichtung auch und gerade wegen der Beschäftigung zum Zweck der eigenen Weiterqualifikation vorgesehen ist. Dieser Zweck ergibt sich und kann sich letztlich nur aus der individuellen Vertragsabrede ergeben.
Der weitere Einwand einiger dieser Antragsteller, jedenfalls die Beschäftigung einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters zum Zweck der Weiterqualifikation zum Facharzt könne nicht zu einer Verminderung der Lehrverpflichtung auf der Grundlage des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVVO führen, greift ebenfalls nicht durch. Denn die Prämisse dieser Antragsteller, der Tatbestand dieser Norm umfasse lediglich die eigene Weiterqualifikation auf wissenschaftlich-theoretischem Gebiet, d.h. zu Forschungszwecken oder zur Schaffung der Voraussetzungen der Habilitation, trifft nicht zu. Erfasst werden vielmehr insbesondere auch Tätigkeiten, die der Weiterqualifikation zum Facharzt dienen (Senat, Beschl. v. 25.11.2009 - 2 NB 648/08 -). Der Verminderungstatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LVVO ist nicht auf die Weiterqualifikation für die Wissenschaft beschränkt, sondern umfasst gerade auch Weiterqualifikationsziele für - wie es diese Antragsteller ausdrücken - "die Praxis".
3.2.1.4 Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Ansicht einiger Antragsteller bei der Ermittlung des Lehrangebotes im Bereich der vorklinischen Medizin eventuell vorhandene Überhänge aus der Lehreinheit Klinische Medizin in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu etwa Senat, Beschl. v. 2.9.2010 - 2 NB 394/09 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 42 m.w.N.) zu Recht nicht berücksichtigt. Gleiches gilt für den in diesem Zusammenhang weiter erhobenen Einwand dieser Antragsteller, es bedürfe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgericht der Aufklärung, ob und inwieweit bei der Antragsgegnerin Lehrpersonen aus der zweiten Lehreinheit in der erstgenannten Lehreinheit zum Einsatz kämen. Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens dieser Antragsteller fest, zumal diese einen weiteren Aufklärungsbedarf nicht aufgezeigt haben. Im Übrigen sind die Antragsteller der Darstellung der Antragsgegnerin, in der Lehreinheit klinisch-theoretische Medizin gebe es in tatsächlicher Hinsicht derartige Überkapazitäten nicht, nicht substantiiert entgegengetreten.
3.2.1.5 Gleiches gilt das Beschwerdevorbringen dieser Antragsteller, dass Drittmittelbedienstete jedenfalls im Fall der freiwilligen Erbringung von Lehrleistungen und Inhaber von Lehraufträgen sehr wohl zu berücksichtigen seien. Drittmittelbedienstete sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei der Ermittlung des Lehrangebots grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Senat, Beschl. v. 2.9.2010 - 2 NB 394/09 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 40 m.w.N.). Dass an der Antragsgegnerin Drittmittelbedienstete ausnahmsweise gleichwohl Lehrleistungen in der Vorklinik erbringen, haben diese Antragsteller lediglich als bloße Vermutung in den Raum gestellt, ohne hierzu in Ausfüllung ihrer Darlegungspflicht Greifbares vorzutragen. Gleiches gilt für ihre Annahme - entgegen der gegenteiligen Versicherung der Antragsgegnerin -, dass Lehraufträge vergeben worden seien.
3.2.1.6 Hinsichtlich der von dem Verwaltungsgericht zum einen akzeptierten, von einigen Antragstellern indes angegriffenen Deputatsreduzierungen, und zum anderen hinsichtlich Dr. AV. - von der Antragsgegnerin als zu.U.nrecht kritisiert - nicht anerkannten Deputatsreduzierung aufgrund besonderer Dienstaufgaben auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 LVVO gilt Folgendes:
Soweit einige dieser Antragsteller darauf hinweisen, dass der Vorschrift des § 7 Abs. 2 LVVO mit Blick auf das abstrakte Berechnungssystem der Kapazitätsverordnung ausschließlich dienstrechtliche Bedeutung zwischen den Lehrpersonen und ihrem Dienstherrn zukomme, ohne dass die aufgrund dieser Norm gewährten Deputatsverminderungen kapazitätsrechtlich relevant seien, folgt der Senat dem - wie bereits hinsichtlich der gleichlautenden Kritik in den vorherigen Semestern - weiterhin nicht (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 9.12.2011 - 2 NB 135/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 16 m.w.N.).
Die weitere Kritik einiger dieser Antragsteller - soweit sie überhaupt dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügen - an dem Umfang und der Höhe der von dem Verwaltungsgericht akzeptierten Deputatsreduzierungen ist ebenfalls nicht berechtigt. Der Senat verweist hierzu auf seine Ausführungen in demBeschluss vom 9. Dezember 2011 - 2 NB 135/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 26 ff.) zu gleichlautenden das Sommersemester 2011 betreffenden Einwänden. Hieran wird festgehalten.
Das Beschwerde- und kompensatorische Beschwerdeerwiderungsvorbringen der Antragsgegnerin zu der von dem Verwaltungsgericht demgegenüber nicht akzeptierten Deputatsreduzierung für Dr. AV. in einem Umfang von zwei LVS aufgrund seiner Tätigkeit als Strahlenschutz- und Laserschutzbeauftragter im Zentrum Anatomie greift demgegenüber durch. Das Verwaltungsgericht hat diese Reduzierung für das streitgegenständliche Wintersemester 2011/2012 mit Blick auf das Stichtagsprinzip des § 5 Abs. 1 und 2 KapVO deshalb scheitern lassen, weil sie erst "ab dem 1. Oktober 2011" gelten solle, sodass diese Deputatsreduzierung weder im Zeitpunkt der Kapazitätsermittlung erkennbar gewesen sei, noch seien ihre Wirkungen vor dem Beginn des Berechnungszeitraums, also spätestens mit dem 30. September 2011 eingetreten. Hiergegen führt die Antragsgegnerin indes zu Recht an, dass das Verwaltungsgericht das Stichtagsprinzip übermäßig überdehne. Die Deputatsreduzierung ist aufgrund des Beschlusses des Fakultätsrats vom 11. Juli 2011 und des Umsetzungsbescheids vom 29. September 2011 bereits vor dem Beginn des Berechnungszeitraums (1.10.2011) wirksam und damit rechtlich verbindlich beschlossen worden und soll bereits ab dem 1. Oktober 2011 greifen. Die als Teil der als maßgeblich zu berücksichtigenden Daten im Sinne des § 5 Abs. 2 KapVO allein relevante Deputatsverminderung erfolgte mithin vor Beginn des Berechnungszeitraums und für diesen.
Der Senat hat mit Blick auf das lediglich pauschale Beschwerdeerwiderungsvorbringen einiger Antragsteller keine Zweifel daran, dass die Deputatsreduzierung für Dr. AV. aufgrund der von ihm übernommenen Aufgaben sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gerechtfertigt ist. Zu den Aufgaben, die eine Deputatsverminderung rechtfertigen können, gehören nur solche dienstlichen Aufgaben nicht, die zur Lehre und den typischerweise den Lehrpersonen obliegenden Aufgaben innerhalb des Betriebs der Hochschule zu rechnen sind. Denn diese sind grundsätzlich bereits mit der generellen Festlegung des Lehrdeputats berücksichtigt (Senat, Beschl. v. 9.12.2011 - 2 NB 135/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 27 m.w.N.). Zu denken ist hierbei etwa an "Qualitätsmanagementbeauftragte" und Zuständige für "Werkstoffkunde" (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 24.2.2011 - 2 NB 96/10 u.a. - <Zahnmedizin MHH>). Hierzu gehören die Tätigkeiten als Strahlen- und Laserschutzbeauftragter ersichtlich nicht. Diese Tätigkeit dürfte in etwa vergleichbar sein mit der Funktion eines Betreuers der elektronenoptischen Geräte, dessen Funktionsinhaber Dr. AW. zu Recht eine Deputatsreduzierung gewährt worden ist (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 9.11.2011 - 2 NB 135/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 32). Dass in der Vergangenheit für die Tätigkeit als Strahlen- und Laserschutzbeauftragter eine Reduzierung nicht verlangt worden ist, rechtfertigt entgegen der Ansicht einiger Antragsteller keine andere Entscheidung.
Daher ist zunächst von einem Lehrangebot von insgesamt 449 LVS (vgl. hierzu die Tabelle VG Göttingen, BU S. 26 oben: 135 + 4 + 150 + 4 >Dr. Vogel, vgl. hierzu VG Göttingen, BU S. 27< + 128 + 28 LVS) auszugehen.
3.2.1.7 Der durch das Verwaltungsgericht akzeptierte Dienstleistungsexport in die Studiengänge Zahnmedizin, Molekularbiologie, Neurowissenschaften und Molekulare Medizin wird durch die Einwände einiger Antragsteller lediglich zum Teil infrage gestellt.
Soweit einige dieser Antragsteller als Beschwerdeführer in pauschaler Weise die Berechtigung des Dienstleistungsexport in diese Studiengänge unter Hinweis auf die zum Teil angeblich fehlende Akkreditierung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 NHG und die zum Teil nicht hinreichenden oder fehlenden Studien- und Prüfungsordnungen anzweifeln, genügt dieses Beschwerdevorbringen bereits nicht den sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO folgenden Darlegungsanforderungen. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass § 6 Abs. 2 Satz 2 NHG nicht darauf gerichtet ist, unmittelbar auch den Interessen der Studienplatzbewerber zu dienen (Senat, Beschl. v. 22.12.2010 - 2 NB 209/10 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 20 m.w.N.). Zum anderen hat die Antragsgegnerin auf inhaltlich gleich lautende Einwände in der Vergangenheit ausgeführt, für die Studiengänge Molekulare Biologie und Neurowissenschaften sei die Reakkreditierung im Mai 2008 für weitere fünf Jahre beschlossen worden und für den Studiengang Molekulare Medizin werde das Reakkreditierungsverfahren zurzeit durchgeführt. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, in den drei zuletzt genannten Studiengängen seien insgesamt Studien- und zum Teil auch Prüfungsordnungen erlassen worden. Des Weiteren hat es zutreffend ausgeführt, dass und warum in dem Studiengang Zahnmedizin der Wert des Beispielstudienplans der früheren Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen weiterhin aktuell ist.
Die weiteren kompensatorischen Einwände einiger Antragsteller als Beschwerdegegner gegen den Dienstleistungsexport in den Bachelor-Studiengang Molekulare Medizin sind hingegen zum Teil berechtigt.
Dies gilt indes nicht für die grundlegende Kritik dieser Antragsteller an der Einführung dieses Studiengangs. Dass dieser Studiengang nach der in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinreichenden Prüfungsumfang auf einer ausreichenden Abwägungsentscheidung insbesondere mit den Interessen der Studienbewerber für den Studiengang Humanmedizin beruht und dass es sich hierbei nicht um eine "unzulässige Niveaupflege" in Form eines "Luxusstudiengangs" handelt, hat der Senat bereits mit Beschlüssen vom 27. Februar 2009 (- 2 NB 154/08 -, [...] Langtext Rdnr. 58) und 28. April 2010 (- 2 NB 159/09 -, [...] Langtext Rdnr. 53) ausgeführt.
Hieran ist auch unter Berücksichtigung des kompensatorischen aktuellen Vorbringens dieser Antragsteller festzuhalten. Die Höhe des Dienstleistungsexports in den Bachelor-Studiengang Molekulare Medizin begegnet keinen verfassungsrechtlich durchgreifenden Bedenken. Die mit jedem Dienstleistungsexport einer Lehreinheit einhergehende Beeinträchtigung des grundrechtlichen Anspruchs eines Studienbewerbers auf Studienzulassung, der bei NC-Studiengängen als Recht auf Teilhabe an den vorhandenen Ausbildungskapazitäten gewährleistet ist, ist grundsätzlich nicht unverhältnismäßig, weil die als Dienstleistung exportierte Lehre nicht verloren geht, sondern Ausbildungskapazität in einem anderen Studiengang schafft. Weder das Kapazitätserschöpfungsgebot noch das Teilhaberecht des Studienbewerbers vermitteln einen Anspruch darauf, das Lehrpotential der wissenschaftlichen Lehrkräfte einer Hochschule ausschließlich in einer den von dieser Hochschule angebotenen "harten" Studiengängen zugute kommenden Weise einzusetzen. Ein von einer Lehreinheit für "harte" Studiengänge erbrachter Dienstleistungsexport dürfte jedoch verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen, wenn er sachlich nicht geboten ist oder qualitativ gleichwertig auch von einer Lehreinheit, der keine "harten" Studiengänge zugeordnet sind, erbracht werden könnte (vgl. hierzu Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschl. v. 21.6.2012 - 13 C 21/12 -, [...] Langtext Rdnr. 1 ff. m.w.N.). Hiervon kann aber nicht ausgegangen werden.
Der Einwand dieser Antragsteller, der nunmehr in der Anlage 3 zu § 13 KapVO auf 5,7800 normierte Curricularnormwert für diesen Exportstudiengang sei von dem Wissenschaftsministerium ohne eigene inhaltliche Überprüfung zu hoch festgesetzt worden, greift nicht durch. Denn Art. 7 Abs. 3 Satz 4 des Staatsvertrages 2007 - StV 2007 - (inhaltlich gleichlautend nunmehr Art. 6 Abs. 3 Satz 4 Staatsvertrag 2010 - StV 2010 -), auf den diese Antragsteller in diesem Zusammenhang rekurrieren und aus dem sich die zwingenden Anforderungen an den Verordnungsgeber bei der Normierung eines Curricularnormwertes ergeben sollen, ist auf die Festsetzung des Curricularnormwerts in diesem Exportstudiengang nicht anwendbar. Die Vorgabe des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 StV 2007/Art. 6 Abs. 1 Satz 1 StV 2010 bezieht sich nur auf die Vergabe von Studienplätzen in Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind; hierzu gehört der Studiengang Molekulare Medizin nicht (Senat, Beschl. v. 28.4.2010 - 2 NB 159/09 u.a. -, [...] Rdnr. 58). Der Hinweis dieser Antragsteller auf die Höhe der Curricularnormwerte des Studiengangs Molekulare Medizin in den Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen rechtfertigt keine andere Sichtweise. Die von den Antragstellern in Bezug genommene Festsetzung einer CNW-Bandbreite von 3,95 bis 5,3 in der Anlage 8 zu § 59 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung - HZG) vom 18. Juni 2007 bezieht sich allgemein auf Bachelorstudiengänge an Universitäten in dem Studienfeld "Naturwissenschaften" und lässt nicht unbedingt Rückschlüsse auf den speziellen, nach Darstellung der Antragsgegnerin ausbildungsintensiven Bachelor-Studiengang Molekulare Medizin zu, der dadurch gekennzeichnet sei, dass er eine Vielzahl von Laborpraktika umfasst. So enthält etwa die Bandbreite für diesen Studiengang in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Anlage 3 der KapVO Baden-Württemberg Werte von 3,0 bis 7,1.
Mit Blick auf den von diesen Antragstellern zu Recht aufgezeigten Rechenfehler des Verwaltungsgerichts bei der Berechnung des Dienstleistungsbedarfs für den Studiengang Molekulare Medizin und des dadurch insoweit bedingten rechnerisch etwas zu hohen Dienstleistungsexportes ist richtigerweise von einem Dienstleistungsexport von 17,4677 LVS in diesen Studiengang auszugehen. Der Senat geht hierbei zum einen von dem Mittelwert von 0,9442 und zum anderen ebenfalls zugunsten der Antragsteller von einem Curricularanteil der vorklinischen Medizin am Gesamt-CNW des Studiengangs Molekulare Medizin in Höhe von 1,8500 (statt von 2,0050) aus, den auch die Antragsgegnerin in ihrer Kapazitätsberechnung in Ansatz gebracht hat und an dem sie auch im Beschwerdeverfahren festgehalten hat. Daher ergibt sich folgende Berechnung: 20 x 1,8500 x 0,9442 : 2 = 17,4677.
Daher ergibt sich insgesamt ein bereinigter halbjährlicher Dienstleistungsexport von 68,4032 LVS (41,6905 + 5,3260 + 3,9190 + 17,4677).
Im Ergebnis beträgt das bereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin 354,5968 LVS (449 - 26 - 68,4032 LVS).
3.2.1.8 Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht nicht in der Annahme, dieses bereinigte Lehrangebot sei mit Rücksicht auf den Zukunftsvertrag II (Landtagsdrucksache 16/2655) um einen Sicherheitsaufschlag zu erhöhen.
Zwar sind faktisch kapazitätsverbessernde Maßnahmen, die durch den Zukunftsvertrag II ermöglicht worden sind, bei den Kapazitätsberechnungen unmittelbar zu berücksichtigen. Es besteht aber kein Anspruch Dritter darauf, dass der Zukunftsvertrag II in allen Details vertragsgemäß umgesetzt wird. Dafür fehlt - unbeschadet weiterer Erwägungen, die insoweit für einzelne Studiengänge ergänzend ins Gewicht fallen mögen - eine rechtlich tragfähige Grundlage.
Das Verwaltungsgericht hat den zwischen der Landesregierung und den niedersächsischen Hochschulen geschlossenen und vom Niedersächsischen Landtag genehmigten Zukunftsvertrag - im Gegensatz zum Hochschulpakt 2020 - als öffentlich-rechtlichen Vertrag mit Schutzwirkung für konkret bestimmbare Studienanfänger des Zeitraums vom Wintersemester 2011/2012 bis einschließlich Sommersemester 2015 angesehen. Es spricht auch zunächst Einiges dafür, darin einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 VwVfG zu sehen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 54 Rdnr. 40h). Es bestehen ferner im öffentlichen Recht grundsätzlich keine Bedenken, auf der Grundlage des § 54 VwVfG analog § 328 BGB Verträge zuzulassen, in denen eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen wird, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern ("Vertrag zu Gunsten Dritter", vgl. BVerwG, Urt. v. 8.9.1972 - IV C 21.71 -, DVBl. 1973, 499). Das gleiche dürfte für Verträge mit Schutzwirkung für Dritte gelten, bei welchen Dritte in vertragliche Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen werden, die Hauptleistung aber nur dem Gläubiger zusteht (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.7.2002 - 2 L 204/00 -, [...]; BGH, Urt. v. 14.12.2006 - III ZR 303/05 -, NJW 2007, 1061; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 58 Rdnr. 24). Für den Bereich des Zivilrechts fasst der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen wie folgt zusammen (Urt. v. 13.10.2011 - IX ZR 193/10 -, MDR 2011, 1471 [BGH 13.10.2011 - IX ZR 193/10]; vgl. zur Entwicklung des Rechtsinstituts auchBGH, Urt. v. 7.5.2009 - III ZR 277/08 -, BGHZ 181, 12 = JZ 2010, 414; Zenner, NJW 2009, 1030):
"Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich vertraglicher Pflichten hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in zahlreichen Entscheidungen geklärt. Der geschützte Dritte muss zunächst mit der Hauptleistung des Schutzpflichtigen bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Zu dieser Leistungsnähe muss ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags hinzutreten. Dem Schutzpflichtigen muss die Einbeziehung Dritter in sein vertragliches Haftungsrisiko erkennbar sein. Der Dritte muss für diese Haftungserstreckung letztlich selbst schutzwürdig sein (siehe zu diesen Voraussetzungen etwa BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 173; vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 17 ff)."
Eine Analogie zu diesem zivilrechtlich entwickelten Vertragstypus "trägt" jedoch nicht die vom Verwaltungsgericht Göttingen angenommenen Rechtsfolgen. Im Zivilrecht dient der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (nur) der Begründung von vertraglichen Schadensersatzpflichten (Haftungspflichten) im Falle einer Vertragsverletzung (vgl. Gottwald, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 328 Rdnr. 175, 186; Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 328 Rdnr. 19); er soll die "Unzulänglichkeit des Deliktsrecht" ausgleichen (vgl. Palandt, a.a.O., Rdnr. 13). Die vom Verwaltungsgericht Göttingen postulierten Rechtsfolgen der von ihm angenommenen Schutzwirkung liefen demgegenüber auf einen eigenständigen - zudem von der Beurteilung durch die eigentlichen Vertragspartner unabhängigen - Erfüllungsanspruch hinaus, unterfielen also unmittelbar dem Anwendungsbereich des § 328 BGB.
Soweit ein Anspruch von Studienbewerbern auf Erfüllung des Zukunftsvertrages eine analoge Anwendung zivilrechtlicher Konstruktionen gestützt werden sollte, müsste er sich deshalb unmittelbar an der Bestimmung des § 328 BGB messen lassen. Hier fehlt es aber an Anhaltspunkten im Vertragstext dafür, dass der Zukunftsvertrag II den Studienbewerbern eigene subjektive Rechte habe einräumen sollen. Was insoweit aus dem Vertragstext und Landtagsdebatten zitiert wird, erhellt nur die Motivation für den Vertragsschluss. Ohne jeden Zweifel wollten die Vertragspartner Studienkapazitäten ausweiten, damit also Studienbewerber als Dritte begünstigen. Die Begünstigungsabsicht als solche lässt aber für sich genommen in aller Regel nicht bereits den Schluss zu, dem Dritten sollten eigenständige Erfüllungsansprüche eingeräumt sein. Das würde die Dispositionsbefugnis der Vertragspartner über den Vertrag in einem Maße einschränken, das im Zweifel nicht gewollt ist. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass öffentlich-rechtliche Rechtsansprüche der Bürger herkömmlicherweise durch Rechtsnormen begründet werden. Unterlässt das Land den Erlass solcher Rechtsnormen und nutzt zur Erreichung seiner Ziele stattdessen das Instrument vertraglicher Absprachen, ist das allein schon ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass unmittelbare Bindungen nur zwischen den Vertragspartnern beabsichtigt waren.
Die vom Verwaltungsgericht angenommene Schutzwirkung lässt sich auch nicht durch Analogie zu anderen, anerkannten Formen einer Schutzwirkung begründen. So verleiht z.B. die aus dem Bau- und Planungsrecht geläufige nachbarschützende Wirkung, die bestimmten Vorschriften beigemessen wird, nur Abwehr-, nicht auch Leistungsrechte. Für die Entwicklung eines neuen Rechtsinstituts mit abweichend definierter Schutzwirkung besteht kein Anlass, weil angesichts des erörterten Instruments des Vertrages zugunsten Dritter - dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen - keine ausfüllungsbedürfte Lücke im Rechtssystem ersichtlich ist.
Ein Anspruch von Studienbewerbern auf - zumal buchstabengetreue - Umsetzung des Zukunftsvertrages II ergibt sich schließlich auch nicht unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das bundesverfassungsrechtliche Kapazitätserschöpfungsgebot fordert nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur, vorhandene Kapazitäten auszuschöpfen, vermittelt aber keinen Anspruch auf Schaffung neuer Kapazitäten; nur bei einer evidenten Verletzung des Verfassungsauftrags zur Schaffung ausreichender Ausbildungskapazitäten könnte die Herleitung eines individuell einklagbaren Anspruchs auf Schaffung von Studienplätzen überhaupt in Betracht kommen (BVerfG,Beschl. v. 10.3.1999 - 1 BvL 27/97 -, NVwZ-RR 1999, 481). Anhaltspunkte dafür, dass diese Schwelle erreicht sein könnte, bestehen nicht, zumal hier nur ein Verteilungskampf um zusätzliche Mittel und Lehrdeputate geführt wird. Der Umstand, dass zur Verfügung gestellte Mittel nicht zuvörderst Studiengängen mit "harten" Zulassungsbeschränkungen zugute kommen, belegt noch nicht eine grundsätzliche Ungerechtigkeit in der Detailsteuerung der Mittelverteilung. Das liegt unter anderem daran, dass vorhandene Engpässe - in medizinischen Studiengängen z.B. teilweise die "verfügbaren" Patienten - nicht in jedem Falle durch vorübergehende Mittelerhöhungen beseitigt werden können.
Insbesondere der Umstand, dass eine Erhöhung der Lehrdeputate nicht - wie im Zukunftsvertrag noch angenommen - gezielt und individuell vorgenommen werden konnte, sondern letztlich nur eine generelle Anhebung durch befristete Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung möglich war, führt nicht zu einem "Nachbesserungsanspruch" von Studienbewerbern, der vom Gericht durch einen kapazitätsrechtlichen Sicherungszuschlag zu honorieren wäre. Was dem Lehrpersonal rechtlich abverlangt werden kann, wird durch Rechtsnormen bestimmt, nicht durch vertragliche Absprachen zwischen Land und Universität. Für Abwägungen der Universität ist deshalb kein Raum, soweit das Lehrpersonal nicht freiwillig zusätzliche Dienstleistungen anbietet. Auf letztere haben Studienbewerber jedoch keinen Anspruch.
Auch der selbständig tragenden Begründung des Verwaltungsgerichts, der Zukunftsvertrag II modifiziere für die Dauer von vier Studienjahren die vom Ministerium als Vertragspartei durch Rechtsverordnung landesweit vorgeschriebene Kapazitätsberechnung unmittelbar, folgt der Senat nicht. Der Zukunftsvertrag stellt trotz Zustimmung des Gesetzgebers im Verhältnis zur Verordnung kein höherrangiges Recht dar, sondern ist zu seiner Umsetzung insbesondere gegenüber dem betroffenen Lehrpersonal seinerseits auf rechtsförmliche Änderung der Rechtsverordnung angewiesen.
Letztlich kann dahinstehen, ob es dem Land erlaubt sein kann, sich in einer Verwaltungsmaterie, die durch Teilhaberechte der Studienbewerber geprägt ist, durch Wahl einer Vertragskonstruktion der rechtlichen Überprüfung seiner Handlungsweise ganz oder teilweise zu entziehen. Jedenfalls für einen missbräuchlichen Einsatz dieses Instrumentariums bestehen hier keine Anhaltspunkte.
3.2.2 Die Lehrnachfrage ist - anders als in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts mit 1,7077 - aufgrund der nach der in den vorliegenden Beschwerdeverfahren möglichen Überprüfung teilweise (kompensatorisch) berechtigten Einwände einiger Antragsteller mit einem Curricularanteil von 1,6886 in Ansatz zu bringen.
3.2.2.1 Soweit einige Antragsteller in diesem Zusammenhang die seit seinem Beschluss vom 11. Juli 2008 - 2 NB 487/07 u.a. - ständige Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Senat, Beschl. v. 9.12.2011 - 2 NB 135/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 40 ff. m.w.N.) zu der im Rahmen der Berechnung der Lehrnachfrage in Ansatz zu bringende Gruppengröße für Vorlesungen von g = 180 (statt g = 250; vgl. hierzu Beschl. v. 30.11.2004 - 2 NB 430/03 -, NVwZ-RR 2005, 409, 412) mit dem unsubstantiierten Hinweis auf die "zahlreiche(n) zur Kapazitätserhöhung errichteten großen Hörsäle" infrage stellen, genügen sie bereits nicht dem Darlegungsgebot des§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Unabhängig davon gibt diese pauschale Kritik dem Senat keine Veranlassung, von seiner nunmehr ständigen Rechtsprechung abzuweichen.
3.2.2.2 Das weitere kompensatorische Beschwerdeerwiderungsvorbringen einiger anderer Antragsteller zieht die von dem Verwaltungsgericht in Ansatz gebrachten Teilwerte mit zum Teil berechtigten Einwänden in Zweifel. Dazu im Einzelnen:
(a) Diese Antragsteller greifen die wegen der insoweit nur hälftigen Erbringung der Lehrleistung durch die Lehreinheit Vorklinische Medizin vorgenommene Halbierung des auf das Wahlfach entfallenden Wertes von 0,0666 mit der Begründung an, der hälftige Eigenanteil der vorklinischen Lehreinheit an dem Wahlfach sei erheblich zu hoch in Ansatz gebracht worden, da diese Annahme ausweislich der Wahlfachlisten sowohl für das streitgegenständliche Wintersemester 2011/2012 als auch für das Sommersemester 2012 nicht mehr zutreffe. Die Antragsgegnerin hat hierzu unter Vorlage der Wahlfachliste für das Wintersemester 2011/12 erwidert, von den in diesem Semester für alle zugänglichen Wahlfachangeboten seien neun durch Vorkliniker und 33 durch Kliniker angeboten worden, sodass sich bezogen auf dieses Semester statt eines Wertes von 0,0666 : 2 = 0,0333 tatsächlich ein Wert von 0,0666 x 9 : 42 = 0,0142 ergibt.
(b) Der Senat sieht sich demgegenüber - jedenfalls für das hier streitgegenständliche Semester - nicht veranlasst, den in diesem Zusammenhang vorgetragenen Gegenargumenten der Antragsgegnerin, die nur hälftige Berücksichtigung der Patientenvorstellungen in den drei Vorlesungen der Einführung in die klinische Medizin (nach der Berechnung des Verwaltungsgerichts jeweils 0,0056 : 2 = 0,0027, vgl. BU S. 48 f.) sei ein überobligatorisches Entgegenkommen ihrerseits, das "ebenso auf den Prüfstand" zu stellen sei, zu folgen. Insoweit hat die Antragsgegnerin vorgetragen, die Annahme der hälftigen Aufteilung sei deshalb kapazitätsfreundlich, weil die Doppelung der Dozenten in den Vorlesungen zwar die gleiche Präsenzzeit, nicht aber den gleichen Betreuungsaufwand zur Folge habe. Grund hierfür sei, dass die Lehrpersonen der Lehreinheit Vorklinik die Veranstaltung insgesamt verantworteten und deren Betreuungsaufwand daher mehr als die Hälfte betrage, und in diesem Zusammenhang auf die entsprechende Rechtsprechung einiger Obergerichte verwiesen. Der Senat hält vielmehr in diesem Punkt an seiner ständigen bisherigen Rechtsprechung fest, wonach ein Ansatz von 50 : 50 geboten ist, wenn - wie hier - Lehrpersonen aus unterschiedlichen Lehreinheiten eine Veranstaltung gemeinsam bestücken und sich hierbei jeweils gegenseitig unterstützen und ergänzen (vgl. Senat, Beschl. v. 25.11.2009 - 2 NB 648/08 u.a. - m.w.N.).
(c) Soweit diese Antragsteller schließlich einwenden, an den Seminaren seien jedenfalls ausweislich der Verhältnisse im Sommersemester 2012 in erheblichem Umfang Lehrpersonen aus der Lehreinheit Klinik beteiligt, hat die Antragsgegnerin dem durchgreifend entgegengehalten, dass die Seminare ausschließlich von Lehrpersonen der Lehreinheit Vorklinik gestaltet würden.
Im Ergebnis ist der Curricularanteil für die Lehrnachfrage, die im Rahmen der vorklinischen Ausbildung auf die von der Lehreinheit der vorklinischen Medizin selbst angebotenen Lehrleistungen entfällt, mit einem CNW von 1,6886 (0,6470 + 0,5137 + 0,5137 + 0,0142) in Ansatz zu bringen.
Bei einem bereinigten Lehrangebot von 354,5968 LVS und einer Lehrnachfrage von 1,6886 ergibt sich rechnerisch eine jährliche Aufnahmekapazität von 419,9891 Studienplätzen (354,5968 x 2 : 1,6886). Dies entspricht einer halbjährlichen Kapazität von 209,9945 Studienplätzen, wobei sich bei 128 Vollstudienplätzen vor Schwund 81,9945 Teilstudienplätze errechnen.
4. Die Einwände einiger Antragsteller gegen die von dem Verwaltungsgericht akzeptierte Schwundberechnung der Antragsgegnerin sind zum Teil geeignet, insoweit Zweifel zu begründen.
4.1 Soweit diese Antragsteller auf den "positiven Schwund" in einzelnen Kohorten, also die Zunahme an Studierenden verweisen (dies betrifft das 1. Fachsemester im Sommersemester 2008 <89> zum 2. Fachsemester im Wintersemester 2008/09 <93> und das 2. Fachsemester im Wintersemester 2009/10 >64> zum 3. Fachsemester im Sommersemester 2010 <74>), hat die Antragsgegnerin dem allerdings zu Recht entgegengehalten, die Zunahme von Studierendenzahlen in den Kohorten könne sich aus verschiedenen Gründen ergeben, zumal sie als zulässiges Hilfsmittel auf ihre offizielle Studierendenstatistik zurückgreife.
4.2 Die weiteren auf die von dem Verwaltungsgericht akzeptierte, um das Sommersemester 2011 aktualisierte Schwundberechnung der Antragsgegnerin bezogenen Einwände dieser Antragsteller sind hingegen zum Teil beachtlich.
Die Antragsteller tragen insoweit vor, die Antragsgegnerin habe nach ihren seinerzeitigen Angaben zum Wintersemester 2008/09 106 Studierende auf Teilstudienplätzen nach Ende des Nachrückverfahrens im 1. Fachsemester immatrikuliert, während in der Schwundtabelle aber insoweit nur 104 Studierende in Ansatz gebracht worden seien. Gleiches gelte für den Bestand des Wintersemesters 2009/10 im 1. Fachsemester: Die Antragsgegnerin habe seinerzeit angegeben, nach Ende des Immatrikulationsverfahrens (im Ergebnis unter Einbeziehung von zwei Exmatrikulationen) 78 Studierende auf die festgesetzten 70 Studienplätze im 1. Fachsemester zugelassen zu haben, während in der Schwundtabelle hingegen 74 Studierende verzeichnet seien. Schließlich habe die Antragsgegnerin nach ihren seinerzeitigen Angaben zum Sommersemester 2009 im 3. Fachsemester 82 Studierende immatrikuliert, wobei in der Schwundtabelle an dieser Stelle 83 Studenten verzeichnet seien.
Eine Überprüfung dieser von diesen Antragstellern genannten Zahlen anhand der Unterlagen der früheren genannten Semester zeigt demgegenüber folgendes Bild: Im Wintersemester 2008/2009 ist im 1. Fachsemester im Teilstudiengang Humanmedizin von den am Ende des Einschreibezeitraums zunächst 106 Immatrikulierten ein Studierender rückwirkend mit Datum vom 1. Oktober 2008 exmatrikuliert worden. Ein weiterer Studierender hat sich wegen eines Hochschulwechsels hingegen erst mit Wirkung zum 16. Dezember 2008 exmatrikuliert. Im Ergebnis ist daher in die Schwundberechnung die Zahl von 105 Immatrikulierten aufzunehmen. Im Wintersemester 2009/2010 waren im Teilstudiengang Humanmedizin im 1. Fachsemester abzüglich zwei zum 1. Oktober 2009 wirksam gewordener Exmatrikulationen 74 Studierende eingeschrieben.
Dahinstehen kann voraussichtlich, wie sich die Zahlen für das Sommersemester im 3. Fachsemester 2009 tatsächlich darstellen. Denn die Annahme der Antragsgegnerin in ihrer Schwundberechnung, es seien insoweit 83 Studierende, ist zum einen zwar schwundverringernd (von 93 auf 83 <statt 82>), zum anderen aber auch schwunderhöhend (von 83 <statt 82> auf 49) und dürfte daher im Ergebnis kapazitätsneutral sein. Der Senat bringt insoweit den von den Antragstellern vorgetragenen Wert von 82 Studierenden in Ansatz.
Auf dieser Grundlage ergibt sich folgende Schwundberechnung:
Fachsem. | WS 07/08 | SS 08 | WS 08/09 | SS 09 | WS 09/10 | SS 10 | WS 10/11 | SS 11 | Erfolgs-quote (q) | Kapazitäts-auslastung (r) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | 98 | 89 | 105 | 84 | 74 | 79 | 76 | 77 | q1 = 0,9586 | r 1 = 1 |
2. | 81 | 98 | 93 | 99 | 64 | 74 | 77 | 75 | q2 = 0,9419 | r2 = r1●∙q1 = 0,9586 |
3. | 72 | 78 | 91 | 82 | 79 | 74 | 74 | 74 | q3 = 0,8581 | r3 = r2 ●-q2 = 0,9029 |
4. | 73 | 62 | 72 | 79 | 49 | 71 | 73 | 66 | q4 = | r4 =r3∙● q3 = 0,7747 |
Insgesamt ergibt sich daraus eine Kapazitätsauslastung von 3,6362
die mittlere Kapazitätsauslastung beträgt also (3,6362 : 4) 0,9090
der Schwundausgleichsfaktor liegt mithin bei(1 : 0,9090 =) 1,1001.
Wird die für das Wintersemester 2011/12 berechnete halbjährliche Aufnahmekapazität im Bereich der Teilstudienplätze von 81,9945 mit dem Schwundfaktor von 1,1001 vervielfältigt, erhält man eine Kapazität von 90,2021, gerundet 90 Teilstudienplätzen.
Auf der Grundlage der von diesen Antragstellern vorgetragenen Zahlen ergibt sich folgende Schwundberechnung:
Fachsem. | WS 07/08 | SS 08 | WS 08/09 | SS 09 | WS 09/10 | SS 10 | WS 10/11 | SS 11 | Erfolgs-quote (q) | Kapazitäts-auslastung (r) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | 98 | 89 | 106 | 84 | 78 | 79 | 76 | 77 | q1 = 0,9508 | r 1 = 1 |
2. | 81 | 98 | 93 | 99 | 64 | 74 | 77 | 75 | q2 = 0,9419 | r2 = r1●∙q1 = 0,9508 |
3. | 72 | 78 | 91 | 82 | 79 | 74 | 74 | 74 | q3 = 0,8581 | r3 = r2 ●-q2 = 0,8955 |
4. | 73 | 62 | 72 | 79 | 49 | 71 | 73 | 66 | q4 = | r4 =r3∙● q3 = 0,7684 |
Insgesamt ergibt sich daraus eine Kapazitätsauslastung von 3,6147
die mittlere Kapazitätsauslastung beträgt also (3,6623 : 4) 0,9036
der Schwundausgleichsfaktor liegt mithin bei(1 : 0,9036 =) 1,1066.
Wird die für das Wintersemester 2011/12 berechnete halbjährliche Aufnahmekapazität im Bereich der Teilstudienplätze von 81,9945 mit diesem Schwundfaktor von 1,1066 vervielfältigt, erhält man eine Kapazität von 90,7351, gerundet 91 Teilstudienplätzen.
Da die Antragsgegnerin im 1. Fachsemester regulär - d.h. ohne die aufgrund der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes erfolgten 17 Immatrikulationen - insgesamt 94 (111 - 17) Teilstudienplätze besetzt hat, ist die Kapazität in beiden Fällen ausgeschöpft, sodass außerkapazitär weitere Teilstudienplätze in diesem Fachsemester nicht mehr zur Verfügung stehen. Daher haben insoweit die Beschwerden der Antragsgegnerin Erfolg, während die hierauf bezogenen Beschwerden der Antragsteller ohne Erfolg bleiben.
5. Das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin hinsichtlich der vorläufigen Zuteilung eines Vollstudienplatzes im 2. Fachsemester (dies betrifft die Antragsteller zu 6., 19. und 24.) sowie im 3. Fachsemester (Antragsteller zu 23.) hat Erfolg. Denn die Einwände der Antragsgegnerin gegen die Berechnung der Studienplatzkapazität in den höheren Fachsemestern seitens des Verwaltungsgerichts greifen durch.
Das Verwaltungsgericht hat den Anträgen dieser Antragsteller mit der Erwägung stattgegeben, dass die Studienplatzkapazität in den höheren Fachsemestern nach dem Kohortenprinzip zu berechnen sei. Zu fragen sei demnach, zu welcher Anfangskohorte ein Studienplatzbewerber gehöre. Die - ggf. von dem Verwaltungsgericht ermittelte - Studienplatzkapazität dieser Anfangskohorte im 1. Fachsemester aus der Vergangenheit sei unter Berücksichtigung einer anteiligen Schwundquote auch für die Antragsteller, die aktuell eine vorläufige Zulassung in einem höheren Fachsemester begehrten, maßgeblich.
Dieser Methode der Kapazitätsberechnung des Verwaltungsgerichts für die höheren Semester folgt der Senat - wie bereits in seinen das Wintersemester 2010/2011 betreffenden Beschlüssen vom 12. August 2011 (- 2 NB 439/10 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 51 ff.) - weiterhin nicht.
Nach § 2 Satz 2 ZZ-VO 2011/2012 ergibt sich die jeweilige Zulassungszahl für jedes höhere Semester aus der Differenz zwischen der Zulassungszahl für Studienanfänger (Wintersemester 2011/2012 oder Sommersemester 2012) und der Zahl der Studierenden nach Ablauf der Rückmeldfrist für das entsprechende höhere Semester, sofern - wie hier - in Anlage 1 Abschnitt II nichts anderes bestimmt ist. Diese normativ festgesetzte Berechnungsmethode ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts wirksam und daher zugrunde zu legen. Das demgegenüber von dem Verwaltungsgericht angewandte Kohortenprinzip kann für die Frage der Zulassung eines Studienplatzbewerbers für ein höheres Fachsemester angesichts der normativen Vorgabe keine Geltung beanspruchen. Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss fest.
Gegen die Annahme, dass für die Zulassung zu einem höheren Fachsemester stets die Verhältnisse und Zustände in dem ersten Fachsemester dieser Kohorte gelten müssen, spricht - hier folgt der Senat den Einwänden der Antragsgegnerin - vor allem, dass im Ergebnis entweder etwaige frühere Mehrkapazitäten ungeachtet eines zwischenzeitlichen anzuerkennenden Abbaus von Kapazitäten (im Ergebnis: zulasten der aktuellen Studienplatzbewerber) oder aber etwaige frühere Minderkapazitäten trotz einer zwischenzeitlichen Kapazitätsaufstockung (im Ergebnis: zugunsten der aktuellen Studienplatzbewerber) entgegen den tatsächlichen und als rechtlich verbindlich anzuerkennenden Verhältnissen fortgeschrieben werden würden.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts widersprechen sich die - normhierarchisch auf ein und derselben Ebene stehenden - KapVO und § 2 Satz 2 ZZ-VO in dem hier verstandenen Sinne nicht. Das Verwaltungsgericht verweist zwar zu Recht darauf, dass eine Neuberechnung der Studienplatzkapazität für bereits in der Vergangenheit zugelassene Studienbewerber nicht erfolgt, wenn sich in einem Folgesemester dieser Kohorte anlässlich der Berechnung der Studienplatzkapazität einer später beginnenden Kohorte eine andere Studienplatzzahl errechnet. Hierauf hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 12. August 2011 (- 2 NB 439/10 u.a. -, [...] Rndr. 53) hingewiesen. Eine nachträgliche Verringerung der Kapazität wirkt sich mithin nicht nachteilig auf die Fortsetzung der Ausbildung der bereits in der Vergangenheit immatrikulierten Studierenden dergestalt aus, dass diese zu exmatrikulieren wären. Insoweit verbleibt es bei der seinerzeit auf der Grundlage des nach § 5 KapVO maßgeblichen Stichtages errechneten Kapazität. Deshalb bedarf es auch nicht - was die Antragsteller zu 2. und 3. als "praktische Notwendigkeit" des Kohortenprinzips in dem von dem Verwaltungsgericht verstandenen Sinn bezeichnen - der Neuberechnung der Lehrnachfrage eines jeden einzelnen bereits Studierenden zu jedem einzelnen Semester. Eine derartige Konsequenz würde das gegenwärtige System der Ermittlung der Studienplatzkapazität in der Tat ad absurdum führen. Durch das hier gefundene Ergebnis wird mithin entgegen der Befürchtungen der Antragsteller zu 2. und 3. das "gesamte(n) geltende(n) Kapazitätsrecht(s)" nicht aufgehoben.
Verfehlt ist es aber, daraus - wie das Verwaltungsgericht - den Schluss zu ziehen, Grundlage der Berechnung der Studienplatzkapazität im Fall eines neuen Studienplatzbewerbers für ein höheres Fachsemester könnten zwingend einzig die Verhältnisse der Anfangskohorte sein. Der Senat hat bereits in der genannten Entscheidung klargestellt, dass sich Erhöhungen und Verringerungen der Ausbildungskapazität aufgrund der aufgezeigten Aufgabe des Kohortenprinzips durch den niedersächsischen Verordnungsgeber nicht nur ausschließlich auf künftig beginnende Studienkohorten auswirken, sondern auch auf diejenigen, die als "Quereinsteiger" erstmalig die vorläufige Zuteilung eines Studienplatzes in einem höheren Fachsemester begehren, ohne bereits in dem gewünschten Studiengang bei der antragsgegnerischen Hochschule eingeschrieben zu sein. Diese Konsequenz steht mit der Stichtagsregelung des § 5 KapVO in Einklang und wird durch sie geradezu bedingt. Diese Stichtagsregelung gilt nicht nur für Studienplatzbewerber für das erste Fachsemester eines Studiengangs, sondern für Studienplatzbewerber aller Fachsemester ungeachtet ihrer Kohortenzugehörigkeit. Durch die Berechnungsweise des Verwaltungsgerichts wäre eine Hochschule gegebenenfalls gezwungen, ihrer Zulassungsentscheidung in der Gegenwart längst überholte Verhältnisse aus der Vergangenheit zugrunde zu legen und die in der Zwischenzeit als rechtmäßig anerkannten Veränderungen zu negieren.
Die Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen - hier der des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 5. November 2009 (- 8 C 555/09 u.a -) - steht diesem Ergebnis entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht entgegen. Durch die Neufestsetzung von Zulassungszahlen der Studienplatzbewerber auch für höhere Fachsemester werden die in der Vergangenheit durch das Verwaltungsgericht rechtskräftig für rechtmäßig erkannten Zulassungszahlen für Anfangssemester einer Kohorte nicht nachträglich verändert. Die Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen besteht in sachlicher Hinsicht nur innerhalb des Streitgegenstands und in personeller Hinsicht nur zwischen den Prozessbeteiligten. Beides wird durch die Festsetzung einer anderen Zulassungszahl für weitere Studienplatzbewerber in einem höheren Fachsemester nicht berührt.
Schließlich besteht der von dem Verwaltungsgericht konstatierte Widerspruch auf der Ebene der einzelnen Zulassungszahlenverordnungen nicht. Diesen sieht das Verwaltungsgericht darin begründet, dass keine der jährlich vollständig neu erlassenen Zulassungszahlenverordnungen eine Beschränkung hinsichtlich ihrer Gültigkeitsdauer enthalte. Diese Annahme trifft bereits deshalb nicht zu, weil jede Zulassungszahlenverordnung bereits ausweislich ihres Titels nur für das als Regelungszeitraum in Bezug genommene Studienjahr (Winter- und Sommersemester) gilt und es einer gesonderten Außerkraftsetzung daher nicht bedarf. Innerhalb dieses normativ vorgegebenen Regelungszeitraums werden die Zulassungszahlen aber sowohl für die Anfangssemester als auch für die höheren Fachsemester geregelt. Dass für den von dem Verwaltungsgericht so bezeichneten "Beispielstudierenden" im 9. Fachsemester als Konsequenz dieser Annahme nicht alle in dem Verlauf seines Studiums erlassenen Zulassungszahlenverordnungen nebeneinander und sich widersprechend gelten, ist bereits oben ausgeführt worden. Diese Sichtweise führt daher entgegen der Kritik des Verwaltungsgerichts auch nicht zu inkonsequenten Ergebnissen.
Da sich die Kapazität für das 2. und 3. Fachsemester gemäß § 2 Satz 2 ZZ-VO demnach aus der Differenz zwischen der Zulassungszahl für Studienanfänger (hier: 128) und der Zahl der Studierenden nach Ablauf der Rückmeldefrist für diese beiden höheren Fachsemester (hier nach unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung: 128 <2. Fachsemester> und 130 <3. Fachsemester>) ergibt, eine Differenz zugunsten dieser Antragsteller sich indes nicht feststellen lässt, sind auf die Beschwerden der Antragsgegnerin die Anträge der Antragsteller zu 6., 19. und 24. (2. Fachsemester) abzulehnen. Der Antrag des Antragstellers zu 23. (3. Fachsemester) ist entsprechend des Beschwerdeantrags der Antragsgegnerin mit der Maßgabe abzulehnen, dass dieser Antragsteller vorläufig auf einen Teilstudienplatz des Studiengangs Humanmedizin im 3. Fachsemester zugelassen ist.