Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.08.2012, Az.: 2 NB 326/11
Zulassung zum Bachelorstudiengang "Psychologie" zum ersten Fachsemester im Wintersemester 2011/2012 an der Universität Osnabrück bei Berücksichtigung des Schwundes durch Erhöhung der Aufnahmekapazität
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.08.2012
- Aktenzeichen
- 2 NB 326/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 22402
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0809.2NB326.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 02.11.2011 - AZ: 1 C 56/11
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs. 2 KapVO
- § 16 KapVO
- Art. 12 Abs. 1 GG
Redaktioneller Leitsatz
1.
Grundsätzlich führt die Berücksichtigung des Schwundes nach § 16 KapVO zu einer Erhöhung der Aufnahmekapazität: Es werden danach mehr Studierende zugelassen, als der an sich ermittelten Kapazität entspricht, weil sich - vereinfachend ausgedrückt - die Zahl der Studierenden im Lauf des Studiums erfahrungsgemäß durch Abgänge reduziert.
2.
Die Anwendung des § 16 KapVO kann - im Vergleich zu einer Berechnung ohne Schwundquote - nur zur Erhöhung der Aufnahmekapazität und damit zu höheren Dienstleistungsexporten führen.
3.
Schränkt ein Verwaltungsgericht selbst die verfügbare Kapazität für einen "Dritt"-Studiengang ein, um die Kapazität für den unmittelbar verfahrensbetroffenen Studiengang auszuweiten, muss sich dies - zumindest - an den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Voraussetzungen für die Einschränkung des verfassungskräftigen Anspruchs hochschulreifer Studienbewerber auf Zulassung zum Studium messen lassen.
4.
Zwar kann eine "gesetzgeberische Leitentscheidung" für eine Stufung nach Bachelor- und Masterabschluss den Anspruch auf Zulassung zum Masterstudium in verfassungsgemäßer Weise beschränken. Auch der Bewerber für einen Masterstudiengang muss sich aber nur tragfähige "bildungsplanerische Erwägungen" entgegenhalten lassen, nicht aber berufslenkende Einschränkungen oder eine Bedürfnisprüfung.
5.
Sind Aussichten, (nur) mit Bachelorabschluss überhaupt einen Beruf ergreifen zu können, entgegen der Bologna-Erwartung gering bis nicht existent, muss sich der Bewerber für einen Masterstudiengang die Möglichkeit, es bei einem Bachelorabschluss zu belassen, nicht ohne Weiteres entgegenhalten lassen.
6.
Beurlaubungen fallen nicht unter die Kategorien des Schwundes, denn beurlaubte Studierende nehmen die Lehrveranstaltungen lediglich zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch und stellen keine echte Schwundentlastung der Lehreinheit bei der studentischen Nachfrage dar.
7.
Gewisse Brüche in einer kohortenorientierten Kapazitätsberechnung sind bei Honorierung aller - teilweise widerstreitenden - Ansprüche an das Lehrangebot schlicht hinzunehmen, zumal Beurlaubungen in aller Regel auf Gründen beruhen, die ihrerseits grundrechtlichen Schutz beanspruchen können, und auch der Anspruch auf Wiederaufnahme des Studiums nach Ablauf des Urlaubs durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist.
8.
Öffentlich-rechtliche Rechtsansprüche der Bürger werden herkömmlicherweise durch Rechtsnormen begründet. Unterlässt das Land den Erlass solcher Rechtsnormen und nutzt zur Erreichung seiner Ziele stattdessen das Instrument vertraglicher Absprachen, ist das allein schon ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass unmittelbare Bindungen nur zwischen den Vertragspartnern beabsichtigt waren.
9.
Das bundesverfassungsrechtliche Kapazitätserschöpfungsgebot fordert nur, vorhandene Kapazitäten auszuschöpfen, vermittelt aber keinen Anspruch auf Schaffung neuer Kapazitäten; nur bei einer evidenten Verletzung des Verfassungsauftrags zur Schaffung ausreichender Ausbildungskapazitäten könnte die Herleitung eines individuell einklagbaren Anspruchs auf Schaffung von Studienplätzen überhaupt in Betracht kommen.
10.
Was dem Lehrpersonal rechtlich abverlangt werden kann, wird durch Rechtsnormen bestimmt, nicht durch vertragliche Absprachen zwischen Land und Universität. Für Abwägungen der Universität ist deshalb kein Raum, soweit das Lehrpersonal nicht freiwillig zusätzliche Dienstleistungen anbietet. Auf letztere haben Studienbewerber jedoch keinen Anspruch.
Tenor:
In den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren von insgesamt 36 Antragstellern hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 2. November 2011, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin verpflichtet, drei auszulosende Antragsteller vorläufig zum Bachelorstudiengang "Psychologie" zum ersten Fachsemester im Wintersemester 2011/2012 an der Universität Osnabrück zuzulassen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin, die in vier Detailfragen der Kapazitätsberechnung einen anderen Standpunkt einnimmt als das Verwaltungsgericht, hat Erfolg.
Gründe
1.
Lehraufträge
Erster Streitpunkt ist die Frage, ob bestimmte Lehraufträge für den zweiten Studienabschnitt des auslaufenden Diplomstudiengangs Psychologie in die Kapazitätsberechung einzustellen waren (insgesamt 8 Lehrveranstaltungsstunden - LVS -). Das Verwaltungsgericht hat dies mit der Begründung angenommen, eine Teilnahme an diesen Veranstaltungen habe zum Nachweis eines ordnungsgemäßen Studiums in diesem Studiengang (Wahlpflichtfach) beitragen können. Das unbereinigte Lehrangebot sei in Bezug auf die gesamte Lehreinheit Psychologie zu ermitteln, nicht nur in Bezug auf den Bachelorstudiengang. Es sei unerheblich, ob es sich um "parallele", zur Bedarfsdeckung nicht notwendige Lehrveranstaltungen gehandelt habe, weil nichts dagegen spreche, dass die dafür aufgewandten Mittel auch kapazitätswirksam hätten verwendet werden können. Soweit die Antragsgegnerin angegeben habe, die Lehraufträge seien unentgeltlich bzw. unbesoldet gewesen, habe sie nicht dargelegt, dass insoweit die Voraussetzungen des § 10 Satz 2 KapVO vorgelegen hätten.
Die Antragsgegnerin hält dem entgegen, es handele sich nicht um Lehraufträge im Sinne des § 10 Satz 1 KapVO. Aus der Bezugnahme in dieser Vorschrift auf § 13 KapVO ergebe sich, dass nur solche Lehraufträge gemeint seien, die zur Bildung des Curricularnormwerts beitrügen. Der Curricularnormwert des auslaufenden Diplomstudienganges Psychologie habe jedoch für die Kapazitätsermittlung 2011/2012 keine Rolle gespielt.
Ohnehin flössen Parallelveranstaltungen nicht doppelt in den Curricularnormwert ein. Ergänzten sie das Angebot nur zusätzlich, ohne erforderlich zu sein, brauchten sie nicht berücksichtigt zu werden.
Eine Einbeziehung der Lehraufträge habe auch nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO unterbleiben müssen, um eine tatsächliche Überlast zu erfassen, die mit dem auslaufenden Diplomstudiengang verbunden sei. Zwar habe sie eine entsprechende Verminderungsentscheidung nicht ausdrücklich getroffen. Kompensatorisch habe das Verwaltungsgericht aber den unterlassenen Abschlag berücksichtigen müssen, bevor es ihr zusätzliche Studienplätze auferlege. Der Diplomstudiengang finde 2011/2012 noch im 9. und 10. Fachsemester statt. Der Betreuungsaufwand für die in diesem Stadium anzufertigenden Diplomarbeiten sei vom Verwaltungsgericht Leipzig mit einem Curricularanteil von 0,6 SWS veranschlagt worden. Bei 236 noch im Diplomstudiengang eingeschriebenen Studierenden, von denen sich 72 im 9. Fachsemester befänden, übersteige der mit dem Diplomstudiengang zusammenhängende Aufwand die zusätzlich einbezogenen Lehraufträge. Eine Veränderung der vom Verwaltungsgericht angestellten Berechnung um 8 LWS ergebe eine Aufnahmekapazität nach Schwund von 83,4033 Studienplätzen gegenüber 84 vergebenen Studienplätzen, so dass die Beschwerde schon allein aufgrund dieses Beschwerdeangriffs begründet sei.
Der Senat sieht keine Notwendigkeit, die insoweit aufgeworfenen Fragen abschließend zu entscheiden, weil die Beschwerde schon aus den nachfolgend zu behandelnden Erwägungen begründet ist; bei überschlägiger Berechnung kommt es auf diesen ersten Streitpunkt nicht entscheidend an. Grund für die insoweit geübte Zurückhaltung des Senats ist der Umstand, dass die Handhabung der fraglichen Lehraufträge durch die Antragsgegnerin wenig transparent ist. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht bereits in den Vorjahren vergleichbare Bedenken in Bezug auf frühere Lehraufträge geäußert hat. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin auch dieses Mal z.B. nicht die vom Verwaltungsgericht zum wiederholten Male geäußerten Zweifel an der behaupteten Unentgeltlichkeit ausgeräumt. Sollte sie einen vergleichbaren Standpunkt auch in folgenden Semestern einnehmen wollen, wird sie sich zu den fraglichen Lehraufträgen vollständiger erklären müssen.
2.
Schwundberechnung beim Dienstleistungsexport
In dem zweiten Streitpunkt beanstandet das Verwaltungsgericht, die Antragsgegnerin habe in Bezug auf die Exportstudiengänge bei der Schwundberechnung zu.U.nrecht die Beurlaubung von Studierenden unberücksichtigt gelassen. Es hat eine Schwundberechnung ohne beurlaubte Studierende nachgefordert und diese seinen eigenen Berechnungen zugrunde gelegt.
Die Antragsgegnerin steht demgegenüber auf dem Standpunkt, sie habe in diesem Zusammenhang eine Schwundberechnung überhaupt nicht anstellen müssen. Wie sich auch aus den Verwaltungsvorgängen ergibt, hat sie für die Ermittlung des Dienstleistungsbedarfs die bisherigen Studienanfängerzahlen und die voraussichtlichen Zulassungszahlen zugrunde gelegt, also den Dienstleistungsbedarf auf der Basis der Aufnahmekapazität vor Schwund berechnet.
Auch diese Frage ist bereits in Vorsemestern streitig gewesen; sie wird in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich behandelt (vgl. z.B. Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rdnr. 193 f.). Nicht ausgeschlossen ist, dass die unterschiedlichen Auffassungen schon wegen gegenseitiger sprachlicher Missverständnisse nicht zur Deckung gebracht werden konnten:
Grundsätzlich führt die Berücksichtigung des Schwundes nach § 16 KapVO zu einer Erhöhung der Aufnahmekapazität: Es werden danach mehr Studierende zugelassen, als der an sich ermittelten Kapazität entspricht, weil sich - vereinfachend ausgedrückt - die Zahl der Studierenden im Lauf des Studiums erfahrungsgemäß durch Abgänge reduziert. Würde man im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsexport für den begünstigten Studiengang in gleichem Sinne verfahren, also dort ebenfalls von einer erhöhten Aufnahmekapazität ausgehen, hätte dies eine entsprechende Zunahme des Anspruchs an Dienstleistungen und damit eine geringere verbleibende Kapazität für den abgebenden Studiengang zur Folge, wäre für diesen also "kapazitätsschädlich". Vor diesem Hintergrund hat es der früher zuständige 10. Senat - ebenfalls bei einem nach § 11 Abs. 2 KapVO zu bestimmenden Bedarf - als angemessen und verfassungsrechtlich geboten erachtet, dass in Bezug auf den exportierenden Studiengang "kapazitätsfreundlich" verfahren wird (Beschl. v. 22.3.1983 - 10 OVG B 1690/82 u.a. -, KMK-HSchR 1984, 140; bekräftigt z.B. im Beschluss vom 13.3.2002 - 10 NA 3891/01 u.a. -; dem folgend Senat, u.a. Beschlüsse. v. 14.10.2005 - 2 NB 144/05 -, v. 24.9.2007 - 2 NB 1048/06 u.a. -, [...], v. 27.2.2009 - 2 NB 154/08 -, [...]; v. 28.4.2010 - 2 NB 159/09 -, [...], u.v. 3.9.2010 - 2 NB 394/09 -, [...]; in gleichem Sinne ausführlich OVG Bautzen, Beschl. v. 9.9.2009 - NC 129/09 -, [...]) und dies wie folgt formuliert:
"Unter diesen Umständen ist es nicht kapazitätsgerecht, die um den Schwundausgleich erhöhte Zahl der Studienanfänger zu berücksichtigen. Diese Studentenzahl fragt Dienstleistungen allenfalls zu Beginn des Studiums nach. Im weiteren Verlauf des Studiums sinkt sie in dem Maße, in dem nicht ausgeglichener Schwund auftritt. Diese Entwicklung macht es notwendig, als Studienanfängerzahl die Studentenzahl einzusetzen, die im Durchschnitt über das gesamte Studium hinweg Dienstleistungen nachfragt. Dies ist die um den Schwund bereinigte Zahl der Studienanfänger."
"Bereinigt" in diesem Sinne wird also die um den Schwundausgleich erhöhte Zahl der Studienanfänger; die Erhöhung wird wieder herausgerechnet. Liegt demgegenüber - wie hier - eine Kapazitätsermittlung "vor Schwund" vor, hat es hiernach für die Exportberechnung zu verbleiben.
Die Antragsgegnerin hat - danach zutreffend - nach § 11 Abs. 2 KapVO ermittelte Studienplatzzahlen "vor Schwund" mit Ausschöpfungsgraden kombiniert (VV Bl. 973; Berechnungen mit Schwund finden sich an anderer Stelle) und ist damit zunächst zu den Dienstleistungsexportzahlen in der Tabelle auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 12. September 2011 gelangt. Soweit sie später auf Aufforderung des Verwaltungsgerichts mit Schriftsatz vom 26. September 2011 eine korrigierte Tabelle vorgelegt hat, in welcher sie die genannten Dienstleistungsexportzahlen durch den "Schwundfaktor ohne Beurlaubte" dividiert hat - mit dem Ergebnis geringerer Werte als zuvor -, erschließt sich der Sinn dieser Rechenoperation nicht, denn die Anwendung des § 16 KapVO kann - im Vergleich zu einer Berechnung ohne Schwundquote - nur zur Erhöhung der Aufnahmekapazität und damit zu höheren Dienstleistungsexporten führen. Möglicherweise liegt ihr die Annahme zugrunde, anstelle der nach § 16 KapVO vorgesehenen Erhöhung der Aufnahmekapazität könne eine "gesetzte" Aufnahmekapazität auch entsprechend der Schwundquote rechnerisch verringert werden, um die durchschnittliche Auslastung zu ermitteln; das wäre jedoch durch § 16 KapVO nicht gedeckt.
Der Senat folgt den Berechnungen des Verwaltungsgerichts insoweit deshalb nicht. Infolgedessen kommt es in diesem Zusammenhang auf die weitere Frage, wie bei der Schwundquote beurlaubte Studierende im Allgemeinen zu berücksichtigen sind, nicht weiter an (dazu unter 4.).
3.
Anteilquoten
Im dritten Streitpunkt geht das Verwaltungsgericht davon aus, die (hier erstmalige) Bestimmung von Anteilquoten im Sinne des § 12 KapVO unterliege zwar nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfung, sei hier aber nicht von sachgerechten Kriterien getragen. Die Antragsgegnerin habe die Anteilquote für den Bachelorstudiengang mit 0,4471 niedriger festgelegt als für den Masterstudiengang (0,4927). Sie habe es zum alleinigen Verteilungsmaßstab erhoben, möglichst vielen Bachelorabsolventen einen Masterstudienplatz zur Verfügung zu stellen. Damit stelle sie sich gegen die gesetzgeberische Leitentscheidung, die der Differenzierung zwischen Bachelor- und Masterstudiengang zugrunde liege. Die Anteilquote sei deshalb unter Berücksichtigung eines Vorabzuges für den Promotionsstudiengang jedenfalls auf die Hälfte des verbleibenden Werts zu erhöhen, d.h. auf 0,47.
Demgegenüber verweist die Antragsgegnerin auf ihren Freiraum, die eingesetzten Mittel für bestimmte Studiengänge zu widmen. Es sei ihr sogar unbenommen, nur einen Masterstudiengang ohne vorhergehenden Bachelorstudiengang anzubieten.
Der Senat schließt sich im Wesentlichen der Auffassung der Antragsgegnerin an. Kapazitätsvernichtende Wirkung hat die Justierung der Anteilquote zwischen zwei Studiengängen für die Summe der Studiengänge nicht. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Änderung der Anteilquoten (Umverteilung) begrenzt jedoch ihrerseits die verfügbare Kapazität für den Masterstudiengang. Denn das Verwaltungsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin die Erhöhung der Anteilquote von 0,4471 auf 0,47 im Bachelorstudiengang überobligationsmäßig umzusetzen hat, sondern hat ausdrücklich erklärt, dass sich durch seine Entscheidung die Anteilquote für den Masterstudiengang von 0,4927 auf 0,47 absenke. Das hat nicht nur theoretische Bedeutung, sondern könnte von der Antragsgegnerin z.B. einem Nachrücker für den Masterstudiengang entgegengehalten werden.
Schränkt ein Verwaltungsgericht selbst die verfügbare Kapazität für einen "Dritt"-Studiengang ein, um die Kapazität für den unmittelbar verfahrensbetroffenen Studiengang auszuweiten, muss sich dies - zumindest - an den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Voraussetzungen für die Einschränkung des verfassungskräftigen Anspruchs hochschulreifer Studienbewerber auf Zulassung zum Studium - hier für den Masterstudiengang - messen lassen. Zwar kann eine "gesetzgeberische Leitentscheidung" - so die Formulierung des Verwaltungsgerichts - für eine Stufung nach Bachelor- und Masterabschluss den Anspruch auf Zulassung zum Masterstudium in verfassungsgemäßer Weise beschränken (vgl. Senatsbeschl. v. 7.6.2010 - 2 NB 375/09 -, [...]). Auch der Bewerber für einen Masterstudiengang muss sich aber nur tragfähige "bildungsplanerische Erwägungen" entgegenhalten lassen, nicht aber berufslenkende Einschränkungen oder eine Bedürfnisprüfung. Wie insoweit der Bologna-Prozess einzuordnen ist, ist bislang ungeklärt. Eine "Kanalisierung" der einsetzbaren Mittel nach seinen Vorgaben hat ersichtlich berufslenkende Tendenz in diesem Sinne, aber in der Sache gute Gründe für sich. Wollte man mit der Antragsgegnerin die Auffassung vertreten, die Hochschulen könnten sich auf das Anbieten des Masterstudiums beschränken und das Bachelorstudium jeweils anderen Hochschulen überlassen - was möglicherweise für die einzelne Hochschule im Sinne eines "Rosinenpickens" nicht unattraktiv wäre -, hätte dies jedenfalls als allgemeine Maxime gedacht für das Gesamtsystem zerstörerische Konsequenzen.
Berufslenkende Einschränkungen lassen sich aber von vornherein nur rechtfertigen, wenn der Beruf, zu welchem der Studienbewerber "abgedrängt" wird, in der Lebenswirklichkeit reale Chancen eröffnet. Anders als bei einer (unzulässigen) Bedürfnisprüfung bestimmt sich der Studienplatzbedarf aus der Sicht des Bewerbers nach realistischen Perspektiven für seine eigene Person. Sind Aussichten, (nur) mit Bachelorabschluss überhaupt einen Beruf ergreifen zu können, entgegen der Bologna-Erwartung gering bis nicht existent - was die Antragsgegnerin hier substantiiert darlegt (vgl. insoweit auch VG Osnabrück, Beschl. v. 24.4.2012 - 1 C 7/12 -, [...]) -, muss sich der Bewerber für einen Masterstudiengang die Möglichkeit, es bei einem Bachelorabschluss zu belassen, nicht ohne Weiteres entgegenhalten lassen.
Soweit sie eine reale Nachfrage bedient, unterliegt die "Widmungsbefugnis" der Hochschulen hiernach - auch unter Berücksichtigung des Bologna-Prozesses - allenfalls insoweit Beschränkungen, als sie die Funktionsfähigkeit des "gestuften" Systems in Frage stellen könnte. Das ist nicht ohne Weiteres schon dann der Fall, wenn in einem bestimmten Jahrgang die Anteilquote des Masterstudiengangs über derjenigen des Bachelorstudiengangs liegt. Insoweit verstellt die Formulierung des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe zum "alleinigen Verteilungsmaßstab" erhoben, möglichst vielen Bachelorabsolventen einen Masterstudienplatz zur Verfügung zu stellen, ohnehin den Blick dafür, dass die Anteilquote für den Bachelorstudiengang nur sehr geringfügig unter der vom Verwaltungsgericht angenommenen Mindestmarke lag. Im Übrigen dürfte die Anteilquote auch nach den von der Antragsgegnerin angelegten Maßstäben über die Semester hinweg einer Selbstregulierung unterliegen. Will die Hochschule für diesen bestimmten Jahrgang sicherstellen, dass alle dafür (bei ihr) qualifizierten Bachelorstudenten ein Masterstudium aufnehmen können, muss sie die Anteilsquote in Folgesemestern zwingend wieder ändern, weil anderenfalls nicht genügend (eigene) Bachelorabsolventen für das Masterstudium bereitstünden.
4.
Beurlaubungen in der Schwundquote
Im vierten Streitpunkt geht es um den Schwundausgleich im Allgemeinen sowie die Behandlung von Beurlaubungen. Die Antragsgegnerin hat den Schwundausgleichsfaktor auf 1.0 festgesetzt, weil der Studiengang erst seit dem Wintersemester 2008/2009 bestehe und es deshalb noch keine hinreichende Datengrundlage für eine Schwundberechnung gebe. Das Verwaltungsgericht hat ihm die Übermittlung von Schwundberechnungen ohne Berücksichtigung beurlaubter Studierender aufgegeben. Dies hat die Antragsgegnerin nur "unter Protest" befolgt, weil § 16 KapVO für die Schwundquote nur die Fälle des Studienabbruchs, des Fachwechsels und des Hochschulwechsels berücksichtige. Das Verwaltungsgericht geht demgegenüber davon aus, beurlaubte Studierende seien im jeweiligen Fachsemester nicht zu berücksichtigen, weil sie keine Lehrkapazität in Anspruch nähmen. Anderenfalls müssten sie zumindest nach Ablauf der Regelstudienzeit aus der Schwundberechnung herausgenommen werden, um die Berechnung nicht zu verfälschen. Die Antragsgegnerin habe auch nicht das Modell übernommen, das dem Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 23. November 2010 entspreche. Darin heißt es unter 4.10: "Beurlaubte Studierende sind für die Dauer der Regelstudienzeit in den jeweiligen Fachsemestern mitzuzählen."
Rechtlicher Ausgangspunkt ist insoweit, dass § 16 KapVO den Fall der Beurlaubung nicht anführt. Angesprochen sind dort nur Fälle, in welchen Studierende die Hochschule endgültig verlassen. Auch der Sache nach ist eine entsprechende Anwendung auf beurlaubte Studierende nicht geboten. Der Standpunkt des Senats hierzu ergibt sich z.B. aus seinen Beschlüssen vom 16. Februar 2011 (- 2 NB 444/10 -) und vom 1. Juni 2011 (- 2 NB 526/10 -):
"Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sind aus der Schwundberechnung die beurlaubten Studierenden nicht herauszurechnen. Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Senats und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ausgeführt, dass durch Beurlaubungen nicht die jeweiligen Studienplätze frei würden und eine Zusammenrechnung von gegebenenfalls bestehenden freien Kapazitäten in einzelnen Semestern zu vergabefähigen Studienplätzen in kapazitätsrechtlicher Hinsicht nicht geboten sei. Hieran ist festzuhalten. Daher bleibt es bei der Feststellung, dass Beurlaubungen nicht unter die Kategorien des Schwundes fallen. Denn beurlaubte Studierende nehmen die Lehrveranstaltungen lediglich zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch und stellen keine echte Schwundentlastung der Lehreinheit bei der studentischen Nachfrage dar (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 9.7.2010 - 13 C 264/10 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 7 f. m.w.N.)."
Daran ist festzuhalten. Richtig ist zwar, dass die beurlaubten Studierenden die Lehrveranstaltungen um ein oder mehrere Semester zeitversetzt in Anspruch nehmen. Ihre Einberechnung in die ursprüngliche Kohorte spiegelt die Realität mithin nicht exakt wieder. Es ist auch nicht ohne Weiteres anzunehmen, dass die Durchschnittszahl der beurlaubten Studierenden konstant bleibt und damit wenigstens statistisch gesehen ein mehr oder weniger vollständiger Ausgleich stattfindet. Auch bei ihrer rechnerischen Verschiebung in eine andere Kohorte wäre das Ergebnis jedoch nicht befriedigender, weil der "frei" gewordene Platz jedenfalls im jeweils ersten Semester einer Beurlaubung - wie oben ausgeführt - nicht wieder mit einem anderen Studierenden aufgefüllt werden könnte, dafür aber jenseits der Regelstudienzeit faktisch noch ein Lehrangebot in Anspruch genommen werden muss. Mit anderen Worten bringen Beurlaubungen unvermeidbar kapazitätsschädliche Störungen des normalen Studienablaufs mit sich; daran ändert auch eine wissenschaftlichen Anforderungen genügende Methodik ihrer kapazitätsrechtlichen Erfassung nichts. Gewisse Brüche in einer kohortenorientierten Kapazitätsberechnung sind deshalb bei Honorierung aller - teilweise widerstreitenden - Ansprüche an das Lehrangebot schlicht hinzunehmen, zumal Beurlaubungen in aller Regel auf Gründen beruhen, die ihrerseits grundrechtlichen Schutz beanspruchen können, und auch der Anspruch auf Wiederaufnahme des Studiums nach Ablauf des Urlaubs durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist.
Soweit die Berücksichtigung beurlaubt gewesener Studierenden auch jenseits der Regelstudienzeit in Rede steht, ist dies jedenfalls teilweise als "Mehrfachzählung" beanstandet worden; der Senat musste darüber nicht abschließend entscheiden (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 25.2.2010 - 2 NB 115/09 -, [...], u. v. 13.2.2012 - 2 NB 130/11 u.a. -, n.v. zur Rechtsprechung des VG Hannover, z.B. Beschl. v. 9.4.2009 - 8 C 3924/08 -). Hier ergibt sich schon nicht hinreichend deutlich, dass die Antragsgegnerin eine solche "Mehrfachzählung" entgegen der Erlasslage praktiziert. Das Verwaltungsgericht nimmt auf die "schon in den vergangenen Jahren vertretene Auffassung der Antragsgegnerin" Bezug, "dass beurlaubte Studierende in ihrem jeweiligen Fachsemester in die Schwundberechnung einzustellen und auch nicht nach Ablauf der der Regelstudienzeit entsprechenden Anzahl an Hochschulsemestern aus der Schwundberechnung herauszunehmen seien", spricht aber keine Stelle der Kapazitätsberechung an, aus der dies unmittelbar hervorgeht oder quantifizierbar wird. Demgegenüber hat sich die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 26. September 2011 gerade auf die angeführte Rechtsprechung des Senats dazu berufen, dass eine Berechnung in der ursprünglichen Kohorte ohne Mehrfachzählung zulässig sei. Darauf ist sie zwar in ihrer Beschwerdebegründung nicht zurückgekommen, trägt aber auch nicht in einer Weise vor, die darauf schließen lässt, dass der erstinstanzliche Vortrag insoweit nicht der auch im NC-Verfahren geltenden prozessualen Wahrheitspflicht entsprach. Bei diesem Erkenntnisstand ist die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Korrektur nicht gerechtfertigt.
5.
Zukunftsvertrag II
Soweit sich die Antragsteller darauf stützen, dass das bereinigte Lehrangebot mit Rücksicht auf den "Zukunftsvertrag II" (Landtagsdrucksache 16/2655) nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Göttingen (vgl. Beschl. v. 4.11.2011 - 8 C 708/11 u.a. -, [...], u.v. 27.4.2012 - 8 C 1/12 u.a. -; dagegen VG Hannover, Beschl. v. 9.12.2011 - 8 C 3080/11 u.a. -; VG Osnabrück, Beschl. v. 2.11.2011 - 1 C 15/11 -, [...] - hier angegriffener Beschluss) um einen Sicherheitsaufschlag zu erhöhen sei, folgt der Senat dem nicht. Zwar sind faktisch kapazitätsverbessernde Maßnahmen, die durch den Zukunftsvertrag II ermöglicht worden sind, bei den Kapazitätsberechnungen unmittelbar zu berücksichtigen. Es besteht aber kein Anspruch Dritter darauf, dass der Zukunftsvertrag II in allen Details vertragsgemäß umgesetzt wird. Dafür fehlt - unbeschadet weiterer Erwägungen, die insoweit für einzelne Studiengänge ergänzend ins Gewicht fallen mögen - eine rechtlich tragfähige Grundlage.
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat den zwischen der Landesregierung und den niedersächsischen Hochschulen geschlossenen und vom Niedersächsischen Landtag genehmigten Zukunftsvertrag - im Gegensatz zum Hochschulpakt 2020 - als öffentlich-rechtlichen Vertrag mit Schutzwirkung für konkret bestimmbare Studienanfänger des Zeitraums vom Wintersemester 2011/2012 bis einschließlich Sommersemester 2015 angesehen. Es spricht auch zunächst einiges dafür, darin einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 VwVfG zu sehen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 54 Rdnr. 40h). Es bestehen ferner im öffentlichen Recht grundsätzlich keine Bedenken, auf der Grundlage des § 54 VwVfG analog § 328 BGB Verträge zuzulassen, in denen eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen wird, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern ("Vertrag zu Gunsten Dritter", vgl. BVerwG, Urt. v. 8.9.1972 - IV C 21.71 -, DVBl. 1973, 499). Das gleiche dürfte für Verträge mit Schutzwirkung für Dritte gelten, bei welchen Dritte in vertragliche Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen werden, die Hauptleistung aber nur dem Gläubiger zusteht (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.7.2002 - 2 L 204/00 -, [...]; BGH, Urt. v. 14.12.2006 - III ZR 303/05 -, NJW 2007, 1061; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 58 Rdnr. 24). Für den Bereich des Zivilrechts fasst der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen wie folgt zusammen (Urt. v. 13.10.2011 - IX ZR 193/10 -, MDR 2011, 1471 [BGH 13.10.2011 - IX ZR 193/10]; vgl. zur Entwicklung des Rechtsinstituts auch BGH, Urt. v. 7.5.2009 - III ZR 277/08 -, BGHZ 181, 12 = JZ 2010, 414; Zenner, NJW 2009, 1030):
"Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich vertraglicher Pflichten hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in zahlreichen Entscheidungen geklärt. Der geschützte Dritte muss zunächst mit der Hauptleistung des Schutzpflichtigen bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Zu dieser Leistungsnähe muss ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags hinzutreten. Dem Schutzpflichtigen muss die Einbeziehung Dritter in sein vertragliches Haftungsrisiko erkennbar sein. Der Dritte muss für diese Haftungserstreckung letztlich selbst schutzwürdig sein (siehe zu diesen Voraussetzungen etwa BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 173; vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 17 ff)."
Eine Analogie zu diesem zivilrechtlich entwickelten Vertragstypus "trägt" jedoch nicht die vom Verwaltungsgericht Göttingen angenommenen Rechtsfolgen. Im Zivilrecht dient der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (nur) der Begründung von vertraglichen Schadensersatzpflichten (Haftungspflichten) im Falle einer Vertragsverletzung (vgl. Gottwald, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 328 Rdnr. 175, 186; Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 328 Rdnr. 19); er soll die "Unzulänglichkeit des Deliktsrecht" ausgleichen (vgl. Palandt, a.a.O., Rdnr. 13). Die vom Verwaltungsgericht Göttingen postulierten Rechtsfolgen der von ihm angenommenen Schutzwirkung liefen demgegenüber auf einen eigenständigen - zudem von der Beurteilung durch die eigentlichen Vertragspartner unabhängigen - Erfüllungsanspruch hinaus, unterfielen also unmittelbar dem Anwendungsbereich des § 328 BGB.
Soweit ein Anspruch von Studienbewerbern auf Erfüllung des Zukunftsvertrages eine analoge Anwendung zivilrechtlicher Konstruktionen gestützt werden sollte, müsste er sich deshalb unmittelbar an der Bestimmung des § 328 BGB messen lassen. Hier fehlt es aber an Anhaltspunkten im Vertragstext dafür, dass der Zukunftsvertrag II den Studienbewerbern eigene subjektive Rechte habe einräumen sollen. Was insoweit aus dem Vertragstext und Landtagsdebatten zitiert wird, erhellt nur die Motivation für den Vertragsschluss. Ohne jeden Zweifel wollten die Vertragspartner Studienkapazitäten ausweiten, damit also Studienbewerber als Dritte begünstigen. Die Begünstigungsabsicht als solche lässt aber für sich genommen in aller Regel nicht bereits den Schluss zu, dem Dritten sollten eigenständige Erfüllungsansprüche eingeräumt sein. Das würde die Dispositionsbefugnis der Vertragspartner über den Vertrag in einem Maße einschränken, das im Zweifel nicht gewollt ist. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass öffentlich-rechtliche Rechtsansprüche der Bürger herkömmlicherweise durch Rechtsnormen begründet werden. Unterlässt das Land den Erlass solcher Rechtsnormen und nutzt zur Erreichung seiner Ziele stattdessen das Instrument vertraglicher Absprachen, ist das allein schon ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass unmittelbare Bindungen nur zwischen den Vertragspartnern beabsichtigt waren.
Die vom Verwaltungsgericht Göttingen angenommene Schutzwirkung lässt sich auch nicht durch Analogie zu anderen, anerkannten Formen einer Schutzwirkung begründen. So verleiht z.B. die aus dem Bau- und Planungsrecht geläufige nachbarschützende Wirkung, die bestimmten Vorschriften beigemessen wird, nur Abwehr-, nicht auch Leistungsrechte. Für die Entwicklung eines neuen Rechtsinstituts mit abweichend definierter Schutzwirkung besteht kein Anlass, weil angesichts des erörterten Instruments des Vertrages zugunsten Dritter - dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen - keine ausfüllungsbedürfte Lücke im Rechtssystem ersichtlich ist.
Ein Anspruch von Studienbewerbern auf - zumal buchstabengetreue - Umsetzung des Zukunftsvertrages II ergibt sich schließlich auch nicht unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das bundesverfassungsrechtliche Kapazitätserschöpfungsgebot fordert nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur, vorhandene Kapazitäten auszuschöpfen, vermittelt aber keinen Anspruch auf Schaffung neuer Kapazitäten; nur bei einer evidenten Verletzung des Verfassungsauftrags zur Schaffung ausreichender Ausbildungskapazitäten könnte die Herleitung eines individuell einklagbaren Anspruchs auf Schaffung von Studienplätzen überhaupt in Betracht kommen (BVerfG,Beschl. v. 10.3.1999 - 1 BvL 27/97 -, NVwZ-RR 1999, 481). Anhaltspunkte dafür, dass diese Schwelle erreicht sein könnte, bestehen nicht, zumal hier nur ein Verteilungskampf um zusätzliche Mittel und Lehrdeputate geführt wird. Der Umstand, dass zur Verfügung gestellte Mittel nicht zuvörderst Studiengängen mit "harten" Zulassungsbeschränkungen zugute kommen, belegt noch nicht eine grundsätzliche Ungerechtigkeit in der Detailsteuerung der Mittelverteilung. Das liegt unter anderem daran, dass vorhandene Engpässe - in medizinischen Studiengängen z.B. teilweise die "verfügbaren" Patienten - nicht in jedem Falle durch vorübergehende Mittelerhöhungen beseitigt werden können.
Insbesondere der Umstand, dass eine Erhöhung der Lehrdeputate nicht - wie im Zukunftsvertrag noch angenommen - gezielt und individuell vorgenommen werden konnte, sondern letztlich nur eine generelle Anhebung durch befristete Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung möglich war, führt nicht zu einem "Nachbesserungsanspruch" von Studienbewerbern, der vom Gericht durch einen kapazitätsrechtlichen Sicherungszuschlag zu honorieren wäre. Was dem Lehrpersonal rechtlich abverlangt werden kann, wird durch Rechtsnormen bestimmt, nicht durch vertragliche Absprachen zwischen Land und Universität. Für Abwägungen der Universität ist deshalb kein Raum, soweit das Lehrpersonal nicht freiwillig zusätzliche Dienstleistungen anbietet. Auf letztere haben Studienbewerber jedoch keinen Anspruch.
Auch der selbständig tragenden Begründung des Verwaltungsgerichts Göttingen, der Zukunftsvertrag II modifiziere für die Dauer von vier Studienjahren die vom Ministerium als Vertragspartei durch Rechtsverordnung landesweit vorgeschriebene Kapazitätsberechnung unmittelbar, folgt der Senat nicht. Der Zukunftsvertrag stellt trotz Zustimmung des Gesetzgebers im Verhältnis zur Verordnung kein höherrangiges Recht dar, sondern ist zu seiner Umsetzung insbesondere gegenüber dem betroffenen Lehrpersonal seinerseits auf rechtsförmliche Änderung der Rechtsverordnung angewiesen.
Letztlich kann dahinstehen, ob es dem Land erlaubt sein kann, sich in einer Verwaltungsmaterie, die durch Teilhaberechte der Studienbewerber geprägt ist, durch Wahl einer Vertragskonstruktion der rechtlichen Überprüfung seiner Handlungsweise ganz oder teilweise zu entziehen. Jedenfalls für einen missbräuchlichen Einsatz dieses Instrumentariums bestehen hier keine Anhaltspunkte.