Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.01.2020, Az.: 2 NB 485/19

Belegungsliste; Curricularanteil; Curriculareigenanteil: proportionale Kürzung; Curricularnormwert; Deputatsermäßigung; Deputatsverminderung; Dienstleistungsexport; Gesamt-CNW; Hamburger Modell; Humanmedizin; Kapazitätsberechnung; Kohortenprinzip; Lehrdeputat; Parameter: Patientenkapazität; Schwundberechnung; Sondereffekt; Stellenanzahl; Stellenreduzierung; Stellenstreichung; Stichtagsprinzip; Studienplatz außerkapazitär; Teilstudienplatz; Universität Göttingen; Vollstudienplatz; Vorklinik

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.01.2020
Aktenzeichen
2 NB 485/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72104
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 29.04.2019 - AZ: 8 C 123/19

Tenor:

Die Beschwerden der Antragsteller gegen die sie betreffenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Göttingen - 8. Kammer - vom
29. April 2019 werden zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin werden die die Antragsteller betreffenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Göttingen
- 8. Kammer - vom 29. April 2019 geändert.

Die Anträge der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes werden insgesamt abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die gesamten Kosten ihres jeweiligen Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Beschlüsse vom 29. April 2019, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege von einstweiligen Anordnungen unter Ablehnung des jeweiligen Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Übrigen verpflichtet, unter anderem die Antragsteller ihrem Hilfsantrag entsprechend nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2019 auf einen Teilstudienplatz vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester zuzulassen.

Dabei ist das Verwaltungsgericht für das 1. Fachsemester von einer Aufnahmekapazität von jeweils 147 Vollstudienplätzen für das Wintersemester 2018/2019 und das Sommersemester 2019 ausgegangen; dies entspricht den Festsetzungen der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2018/2019 und zum Sommersemester 2019 vom 18. Juni 2018 - ZZ-VO 2018/2019 - (Nds. GVBl. S. 130 ff.). Hinsichtlich der Teilstudienplätze hat das Verwaltungsgericht hingegen auf der Basis von 98 Teilstudienplätzen für das gesamte Studienjahr 2018/2019 eine Kapazität von jeweils 49 Teilstudienplätzen für das Wintersemester 2018/2019 und das Sommersemester 2019 errechnet, während in der ZZ-VO 2018/2019 für das Wintersemester 2018/2019 36 und das Sommersemester 2019 35 Teilstudienplätze festgesetzt worden sind. Es seien daher zwar keine weiteren Vollstudienplätze, aber insgesamt noch weitere 14 Teilstudienplätze zu vergeben, die das Verwaltungsgericht mittels Losverfahren unter anderem an die Antragsteller (Rangplätze 9 und 1) vergeben hat.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin jeweils Beschwerde eingelegt. Die Antragsteller erstreben im Wege der Anschlussbeschwerde jeweils ihre vorläufige Zulassung auf einen Vollstudienplatz.

II.

Während die Beschwerden der Antragsteller (dazu A.) mit ihrem jeweiligen sinngemäßen Beschwerdeantrag,

die Antragsgegnerin unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2019 vorläufig zum Studium der Humanmedizin, 1. Fachsemester, auf einen Vollstudienplatz zuzulassen,

keinen Erfolg haben, sind die Beschwerden der Antragsgegnerin (dazu B.) mit dem jeweiligen Beschwerdeantrag,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. April 2019 abzuändern und den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes insgesamt abzulehnen,

begründet.

A. Unter Berücksichtigung der von den Antragstellern dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang bestimmen, sind im 1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin im Sommersemester 2019 außerhalb (dazu 1.) und innerhalb (dazu 2.) der festgesetzten Kapazität weitere Vollstudienplätze nicht vorhanden.

1. Soweit die Antragsteller gegen eine Heranziehung von § 17 Abs. 1 KapVO einwenden, dass der in § 17 Abs. 1 Nr. 1 KapVO festgelegte stationäre Parameter von 15,5 % als veraltet anzusehen sei und daher nicht mehr angewandt werden könne, folgt der Senat dem in ständiger Rechtsprechung nicht. Die Berechnung der Studienplatzzahl im Regelstudiengang Humanmedizin auf der Grundlage des in § 17 Abs. 1 Nr. 1 KapVO festgesetzten Wertes von 15,5 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten begegnet weiterhin keinen rechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen die Pflicht des Verordnungsgebers zur Beobachtung und Überprüfung sowie gegebenenfalls Nachbesserung kann auch vor dem Hintergrund der laufenden und noch nicht abgeschlossenen Bemühungen um eine Neuberechnung der klinischen Kapazitäten in den Modellstudiengängen in der Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“ der Stiftung für Hochschulzulassung nicht festgestellt werden (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 23 ff. und Senatsbeschl. v. 28.11.2019 - 2 NB 552/19 -, juris Rn. 44, jeweils m. w. N.).

 Der Hinweis der Antragsteller auf die Beobachtungs- und Überprüfungsobliegenheit sowie eine gegebenenfalls bestehende Nachbesserungspflicht des Normgebers rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Der normativ festgesetzte Parameter ist auch mit Blick auf die von den Antragstellerinnen angeführte Veränderung der Krankenhauswirklichkeit bis zu einer etwaigen normativen Änderung aufgrund der laufenden und noch nicht abgeschlossenen Bemühungen um die Neuberechnung der klinischen Kapazitäten anhand der Modellstudiengänge, die gegebenenfalls Auswirkungen auch auf den Studiengang der Antragsgegnerin haben werden, weiterhin anzuwenden. Ob insbesondere die Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“, welche gegenwärtig unter anderem die Parameter Patienteneignung, Patientenverfügbarkeit und Patientenbereitschaft untersucht, aus denen sich der Wert 15,5 % der tagesbelegten Betten und der Wert 1 zu 1000 bei den poliklinischen Neuzugängen nach den Vorgaben für die Regelstudiengänge zusammensetzt, untersucht (vgl. hierzu und zum Zeitplan Senatsbeschl. v. 22.9.2017 - 2 NB 944/17 -, juris Rn. 35), hierzu Erkenntnisse liefern wird, bleibt abzuwarten. Eine gerichtliche Korrektur hält der Senat mit Blick auf die erforderliche Auswertung dieser Erkenntnisse durch den Normgeber weiterhin nicht für erforderlich (so zuletzt etwa auch OVG NRW, Beschl. v. 8.4.2019 - 13 C 19/19 -, juris Rn. 4 ff. und Beschl. v. 7.5.2018 - 13 C 20/18 -, juris Rn. 3 ff., BayVGH, Beschl. v. 19.9.2018 - 7 CE 18.1008 -, juris Rn. 8 ff., VGH BW, Beschl. v. 18.9.2018 - NC 9 S 866/18 -, juris Rn. 4 ff, jeweils.m.w.N.).

Der weitere Hinweis der Antragsteller auf die Regelung für den Modellstudiengang an der Charité - Universitätsmedizin Berlin greift nicht durch. Soweit das Land Berlin für den genannten Modellstudiengang zwischenzeitlich ab dem 1. Juli 2018 in § 17a KapVO Berlin einen stationären Faktor von 17,1 % der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten vorsah (vgl. 27. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung v. 19.6.2018, GVBl. BE 2018, 456), liegt dem kein tragfähiges Berechnungsmodell zugrunde, welches auf die Antragsgegnerin übertragen werden könnte (vgl. Senatsbeschl. v. 28.11.2019 - 2 NB 1/19 -, juris Rn. 38 f.). Anlass für die Neuregelung in Berlin war, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg für den dort zum Wintersemester 2010/2011 eingeführten Modellstudiengang die bisherige Kapazitätsberechnung allein nach der patientenbezogenen Kapazität und unter Ansetzung eines stationären Faktors von 15,5 % auf Grundlage der Abweichungsbefugnis nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV nur für die Dauer des auf acht Jahre festgesetzten Erprobungszeitraumes für zulässig ansah und der Berliner Verordnungsgeber daher gehalten war, ab dem Wintersemester 2018/2019 eine Neuregelung zu treffen (vgl. OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 26.9.2016 - OVG 5 NC 12.16 -, juris Rn. 11 f.). Die daraufhin getroffene Neuregelung stützt sich ausweislich der Verordnungsbegründung aber lediglich auf Zwischenergebnisse der im Auftrag der Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“ der Stiftung für Hochschulzulassung durchgeführten Neuerhebung der Kriterien der Eignungswahrscheinlichkeit (in der Verordnungsbegründung als Patientenverfügbarkeit bezeichnet) und der Patientenbelastbarkeit durch die Firma F. an den sechs Standorten eines humanmedizinischen Modellstudienganges im Bundesgebiet (vgl. VO-Begr., abrufbar unter pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/vo/vo18-109.pdf, S. 5). Zwar sind die vom Institut F.S vor Ort durchgeführten Erhebungen mittlerweile abgeschlossen. Ein endgültiger Abschlussbericht der Firma F. an die Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“ war zum damaligen Zeitpunkt aber noch nicht vorhanden und liegt dem Senat auch heute noch nicht vor. Soweit in der Begründung der Berliner Änderungsverordnung ausgeführt wird, die vorläufigen Ergebnisse des Institutes F. zeigten eine geringere Patientenverfügbarkeit (Eignungswahrscheinlichkeit), jedoch zugleich eine höhere Patientenbelastbarkeit, die sich kapazitätsfreundlich auswirke (vgl. VO-Begr., S. 6), erscheint dies angesichts der Veränderung der Krankenhauswirklichkeit - insbesondere durch die Einführung des sogenannten Fallpauschalensystems und der damit einhergehenden kürzeren Verweildauer der Patienten im Krankenhaus - zwar plausibel. Dies kann jedoch mangels Vorliegens von endgültigen und hinreichend erläuterten Ergebnissen der durchgeführten Erhebung bzw. der Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“, welche zur Aufgabe hat, die patientenbezogenen Parameter der Kapazitätsformel (Eignungswahrscheinlichkeit und Patientenbelastbarkeit) zu überprüfen und ggf. eine andere Möglichkeit zur Bestimmung der patientenbezogenen Kapazität in den Modellstudiengängen zu ermitteln, vom Senat nicht abschließend beurteilt werden. Ein Abschlussbericht der Arbeitsgruppe sowie der Entwurf einer neuen Berechnungsformel für die patientenbezogene Kapazität aller Modellstudiengänge im Bundesgebiet mitsamt einer plausiblen Erläuterung liegen nach wie vor nicht vor. Auch die in der Berliner Verordnungsbegründung genannten Einzelwerte zur Patientenverfügbarkeit und zur Patientenbelastbarkeit (vgl. VO-Begr., S. 7) können vor diesem Hintergrund vom Senat nicht hinreichend nachvollzogen werden.

Hinzu kommt, dass sich der Berliner Verordnungsgeber wegen Zweifeln an der Wirksamkeit der Neuregelung, die das Verwaltungsgericht Berlin in einem Hinweisbeschluss geäußert hat, mittlerweile dazu entschieden hat, die Anwendung des stationären Faktors von 17,1 % für das Wintersemester 2019/2020 sowie das Sommersemester 2020 wieder auszusetzen. Stattdessen wurde für diese Semester in dem mit Wirkung ab dem 10. Juli 2019 neu eingefügten § 17a Abs. 2 KapVO Berlin bestimmt, dass für die Berechnung der stationären Kapazität wieder der Faktor von 15,5 % zur Anwendung kommt, allerdings unter Hinzufügung eines Sicherheitszuschlages von 10 % (vgl. 29. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung v. 13.6.2019, GVBl. BE 2019, 403). Dies erfolgte nach der Verordnungsbegründung ausdrücklich, weil die in den neuen Wert von 17,1 % eingeflossenen Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“ derzeit noch vorläufig und die Überlegungen zur Auswertung der erhobenen Daten in der Formel für die Bestimmung des Prozentwertes innerhalb des Stiftungsprozesses noch nicht abgeschlossen sind (vgl. VO-Begr., abrufbar unter pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/vo/vo18-156.pdf, S. 5, 10, wonach von einer Beschlussfassung im Stiftungsrat im Frühjahr 2020 auszugehen ist). Dies unterstreicht, dass sich die im Land Berlin unter Ansetzung eines stationären Faktors von 17,1 % getroffene Neuregelung nicht auf eine valide Datengrundlage stützen kann.

Der Beschwerdeeinwand der Antragsteller, die Antragsgegnerin lasse völlig außer Acht, dass es für einen modernen Unterricht „am“ Patienten nicht immer einen im Zeitpunkt der Untersuchung anwesenden Patienten brauche, zumal im Fach Radiologie der Unterricht nur am Bildschirm erfolge und etwa an der Universität Münster eine Ausbildung statt am Patienten im Studienhospital stattfinde, greift nicht durch. Eine weitere Erhöhung der maßgeblichen patientenbezogenen Kapazität in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 3 Nr. 1 KapVO aufgrund einer besonderen Ausstattung mit Personal oder sächlichen Mitteln kommt nicht in Betracht. Die von den Antragstellerinnen angeführten Lehrmethoden oder auch andere Lehrmethoden wie etwa die Möglichkeiten des Einsatzes moderner didaktischer Ausbildungsmittel wie das e-Learning oder das Skills Lab auch in der (klinischen) Ausbildung vermögen nichts an dem bei der Antragsgegnerin bestehenden maßgeblichen Flaschenhals der patientenbezogenen Kapazität zu verändern. Ein Ersatz der in der ÄApprO vorgeschriebenen Ausbildungsstunden am Patienten durch e-Learning oder den Einsatz eines Skills Lab oder anderer Lehrmethoden kommt unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht in Betracht. Derartige Lehrmethoden stellen keinen Unterricht am Krankenbett i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 11 ÄApprO dar (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 28.11.2019 - 2 NB 552/19 -, juris Rn. 57).

 2. Ein Anspruch der Antragsteller auf Zulassung auf einen Vollstudienplatz innerhalb der festgesetzten Kapazität ist nicht ersichtlich. Aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungsliste ergibt sich, dass zum maßgeblichen Stichtag insgesamt 148 Studierende kapazitätswirksam immatrikuliert waren, sodass sogar eine Überbuchung von einem Studienplatz vorliegt.
Die Vermutung der Antragsteller, die Studierenden der lfd. Nrn. 27 und 131 würden im vorklinischen Studienabschnitt keine Studienleistungen nachfragen, weil sie zum Sommersemester 2015 bzw. zum Sommersemester 2009 auf einem Teilstudienplatz immatrikuliert gewesen seien, greift nicht durch. Soweit hiermit beanstandet wird, in der Belegungsliste der Vollstudienplätze seien Studierende aufgeführt, die aufgrund eines Teilstudiums oder vorhergehenden anderen Studiums anrechenbare Leistungen oder sogar bereits das Physikum erworben hätten und die daher keine Lehrleistungen des ersten Fachsemesters in Anspruch nähmen, rechtfertigt dies jedenfalls nicht den Schluss, die Antragsgegnerin dürfe die von ihnen eingenommenen Vollstudienplätze nicht als belegt zählen (vgl. hierzu Senatsurt. v. 7.4.2016 - 2 LB 60/15 -, juris Rn. 92 m.w.N.). Für die Frage, ob Studienplätze kapazitätswirksam belegt sind, ist es nicht von Relevanz, ob und inwieweit die auf ihnen geführten Studierenden tatsächlich Lehrleistungen des betreffenden Semesters in Anspruch nehmen. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der Studienplatzinhaber zuvor bereits als Inhaber eines Teilstudienplatzes im Studiengang Humanmedizin das erste (oder weitere) Fachsemester absolviert und ggf. Leistungsnachweise erworben hat. Gleiches gilt für Studierende, die als Zweitstudierende einen Studienplatz belegen, tatsächlich aber anrechenbare Studienleistungen aus einem Zahnmedizinstudium aufweisen dürften (vgl. Senatsbeschl. v. 9.9.2015 - 2 NB 368/14 -, juris). Denn die Hochschulen haben die Zulassungen durch die Stiftung für Hochschulzulassung umzusetzen (Art. 11 Abs. 4 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung). Auch eine fehlerhafte Zulassung ist - vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit - wirksam und eröffnet der Hochschule insoweit keinen Handlungsspieltraum. Der Studienplatz ist infolge der Zulassung kapazitätswirksam besetzt. Eine etwaige Rechtsfehlerhaftigkeit der Zulassung ist dementsprechend nicht gegen die Hochschule, sondern gegen die Stiftung für Hochschulzulassung geltend zu machen.

B. Unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang des Senats bestimmen, und den Ausführungen der Antragsteller in ihrer Beschwerdeerwiderung sind im 1. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin im Sommersemester 2019 keine weiteren freien Teilstudienplätze vorhanden.

Die Beschwerdeangriffe der Antragsgegnerin gegen die Berechnung des Lehrangebots seitens des Verwaltungsgerichts haben überwiegend Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist im Gegensatz zur Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin auf der Grundlage des von ihm so genannten „strengen Stichtagsprinzips“ davon ausgegangen, dass die Kapazität auf der Grundlage von 67 Stellen mit einem unbereinigten Lehrangebot von 437 LVS zu berechnen ist, während die Antragsgegnerin 65 Stellen mit einem unbereinigten Lehrdeputat von 409 LVS in Ansatz gebracht hat (dazu 1.). Für Prof. Dr. G., dem eine hälftige Deputatsreduktion auf der Grundlage des § 7 Abs. 5 LVVO vom 2. August 2007 (Nds. GVBl. S. 408) in der Fassung vom 4. August 2014 (Nds. GVBl. S. 235) - im Folgenden: LVVO a.F. - gewährt worden ist, hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer Lehrverpflichtung von 9 LVS ein hälftiges Deputat von 4,5 LVS angenommen, während die Antragsgegnerin insoweit ausgehend von einer Lehrverpflichtung von 8 LVS lediglich 4 LVS für richtig hält (dazu 2.). Den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin hat das Verwaltungsgericht lediglich mit 33,4438 LVS im Gegensatz zur Annahme der Antragsgegnerin von 35,0973 LVS berechnet (dazu 3.). Bei der Schwundberechnung hat das Verwaltungsgericht das Zahlenwerk der Antragsgegnerin übernommen, den von dieser aufgrund der Einbeziehung der Privatpatienten in die Berechnung der Vollstudienplätze angesetzten Sondereffekt in einem Umfang von 0,0481 hingegen nicht akzeptiert und ist mithin zu einem Schwundfaktor von 1,1344 statt wie von der Antragsgegnerin angenommen 1,0863 gekommen (dazu. 4.). Und schließlich ist die Überbuchung in den Blick zu nehmen (dazu 5.). Demgegenüber greifen die Erwägungen der Antragsteller in ihrer Beschwerdeerwiderung nicht durch (6.).

1. Der Senat geht auf der Grundlage der Ausführungen des Verwaltungsgerichts und dem Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin von 65 kapazitätsrelevanten Stellen aus.

Sowohl der Wegfall der drei Stellen in einem Umfang von 23 LVS, nämlich die W3-Professur mit der Stellennummer 02 B 0131 (9 LVS), die unbefristete Stelle im wissenschaftlichen Dienst mit der Stellennummer 02 A 0141 (10 LVS) und die befristete Stelle im Institut für Anatomie und Zellbiologie mit der Stellennummer 02 Z 0134 (4 LVS), als auch die neue Stelle einer W2-Professur (6 LVS) mit der Stellennummer 02 C 0140 sind entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kapazitätswirksam zu berücksichtigen (dazu 1.1). Das Verwaltungsgericht hat zum einen zu Unrecht angenommen, dass bis zum Beginn des Berechnungszeitraums am 1. Oktober 2018 im Vergleich zu dem Vorjahreszeitraum 2017/2018 keine Änderung der Stellenausstattung eingetreten sei, sodass im Ergebnis weiterhin von 67 Stellen auszugehen sei (dazu 1.1.1). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Antragsteller genügt auch die von der Antragsgegnerin dokumentierte Begründung der Streichungen der drei Stellen den rechtlichen Anforderungen (dazu 1.1.2). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nicht eine weitere befristete Stelle für wissenschaftliche Mitarbeiter auf Zeit, deren Stelleninhaber der wissenschaftliche Mitarbeiter H. war, hinzuzurechnen (dazu 1.2).

1.1 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die jährliche Aufnahmekapazität gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KapVO auf der Grundlage eines Stichtags ermittelt wird, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Zeitraums liegt, für den die zu ermittelnden Zulassungszahlen gelten; dies ist hier der 1. Februar 2018. Wenn im Zeitpunkt der Kapazitätsermittlung bereits wesentliche Änderungen von Daten bis zum Beginn des Berechnungszeitraums erkennbar sind, sollen diese gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KapVO indes berücksichtigt werden. Zudem soll die Aufnahmekapazität nach § 5 Abs. 2 KapVO neu ermittelt werden, wenn nach der Kapazitätsermittlung bis zum Beginn des Berechnungszeitraums noch wesentliche Änderungen der Daten eintreten.

1.1.1 In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass das Merkmal des „Beginns des Berechnungszeitraums“ nicht dahin zu verstehen ist, dass wesentliche Änderungen von Daten noch nicht zu berücksichtigen sind, wenn diese erst nach dem Ende des neunmonatigen Ermittlungszeitraums - hier: 1. Oktober 2018, 00.00 Uhr - eintreten, obwohl sie schon vorher - hier: 1. Februar 2018 bzw. 30. September 2018, 24.00 Uhr - absehbar sind (vgl. Senatsbeschl. v. 15.8.2012 - 2 NB 359/11 ua. -, juris Rn. 17). Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift und auch aus ihrem Sinn und Zweck, dass der Hochschule ermöglicht werden soll, zu einem bestimmten Zeitpunkt, der deutlich vor dem Berechnungszeitraum liegt, eine Berechnung für die Studienplatzkapazität im Berechnungszeitraum zu erstellen. Daher muss die Hochschule alle Daten in ihre Berechnung einbeziehen, die am Beginn des Berechnungszeitraums und damit für den gesamten Berechnungszeitraum Kapazität erzeugt oder vermindert. Dem Sinn und Zweck der Regelung des § 5 KapVO läuft es zuwider, im Berechnungszeitpunkt Erkenntnisse darüber auszublenden, was vom ersten Tag des Berechnungszeitraums - hier: 1. Oktober 2018 - an Lehrangebot schon vorhanden bzw. nicht mehr vorhanden ist.

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdebegründung auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsteller in ihrer Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar vorgetragen, dass sie bereits zum 1. Februar 2018 den Wirtschaftsplan, der für das Lehrangebot maßgeblich ist, ausgewertet und bei dieser Auswertung festgestellt hat, dass am Beginn des Berechnungszeitraums des 1. Oktober 2018, 00.00 Uhr drei Stellen nicht mehr vorhanden sein würden, weil sie mit Ablauf des 30. September 2018, 24.00 Uhr gestrichen sein würden. Zugleich konnte festgestellt werden, dass am 1. Oktober 2018, 00.00 Uhr eine neue Stelle normativ verfügbar sein würde.

1.1.2 Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Beschwerdebegründung des Weiteren die von dem Verwaltungsgericht selbständig tragend angenommenen (Hilfs-)Erwägungen, die dokumentierte Begründung der Stellenkürzungen genügten nicht den rechtlichen Anforderungen, erfolgreich angegriffen.

Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Senats ausgeführt, im Hinblick auf das Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung sei die Hochschule verpflichtet, für kapazitätsreduzierende Maßnahmen sachliche Gründe darzulegen und eine sorgfältige Planung mit einer Abwägung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium einerseits sowie der Rechte der Studienbewerber andererseits nachzuweisen. Diesen Anforderungen genüge die von der Antragsgegnerin vorgetragene Begründung nicht. Die beabsichtigte mittelfristige Erhöhung der Kapazität auf 300 Vollstudienplätze solle durch die Einbeziehung externer Lehrkrankenhäuser in die klinische Ausbildung erreicht werden, sodass nach Ansicht der Antragsgegnerin den Interessen der Studienplatzbewerber dadurch hinreichend Rechnung getragen worden sei. Die bisher bestehenden externen Kooperationen hätten aber bereits im Studienjahr 2016/2017 zu einem Zuwachs von gerundet 27 auf insgesamt gerundet 288 Vollstudienplätze geführt und stellten eine Kompensation für die gleichzeitig weggefallenen 26 Vollstudienplätze aufgrund der Beendigung der Kooperation mit dem Lehrkrankenhaus I. dar. Dieser Zuwachs sei daher verbraucht und könne nicht erneut als Begründung für zusätzliche Kürzungen der Ausbildungskapazität herangezogen werden. Weitere Maßnahmen der Antragsgegnerin zur Erhöhung der klinischen Ausbildungskapazität seien derzeit nicht zu erkennen. Die Zahl der Vollstudienplätze sei im Vergleich zum Studienjahr 2017/2018 zwar um sechs angewachsen. Dieser Zuwachs beruhe aber nicht auf dauerhaft kapazitätserhöhenden Maßnahmen, sondern sei das Ergebnis einer kontinuierlichen Erhöhung der Pflegetage. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht versucht, die als notwendig erachteten Einsparungen bei der Personalausstattung an anderer Stelle als in der Vorklinik vorzunehmen oder zumindest durch Lehraufträge oder mithilfe von Personal, das dem klinischen Ausbildungsabschnitt zugeordnet sei, aufzufangen.

Diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts hält die Antragsgegnerin mit Erfolg entgegen, dass ihre zuständigen Gremien die durch die Schaffung einer befristeten W2-Professur im Institut für Neuroanatomie mit 6 LVS teilkompensierte Streichung der drei Stellen umfassend abgewogen haben. Im Beschlussprotokoll vom 10. Juli 2017 ist in diesem Zusammenhang auf die langfristige Strukturplanung Vorklinik und den Grundsatzbeschluss vom November 2015 Bezug genommen worden. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass in diesem Grundsatzbeschluss, der von Jahr zu Jahr fortgeschrieben werde, verschiedene Gründe für die Strukturmaßnahmen in der Vorklinik angeführt worden seien, die die Hintanstellung der Interessen der Studienplatzbewerber an einer möglichst hohen Zahl von Teilstudienplätzen rechtfertigten. Das erste Strukturanliegen sei der Abbau von zufälligen Redundanzen und die Schaffung schlagkräftiger und produktiver drei vorklinischer Zentren mit jeweils zwei Instituten, die ihre profilbildenden wissenschaftlichen Schwerpunkte widerspiegelten. Als zweiter Grund werde der zwingende Bedarf zur Umsteuerung von Finanzmitteln angeführt. Die Ausstattung der Vorklinik sei stark defizitär. Die Finanzierung von als dringend erforderlich angesehenen Maßnahmen erfordere Einsparungen in allen aus dem Landeszuschuss zu deckenden Ausgabenbereichen, wobei die Vorklinik bisher von einer Beteiligung an diesen Einsparungen weitestgehend verschont geblieben sei. Die nun geplanten Maßnahmen belasteten die Vorklinik nicht unverhältnismäßig im Vergleich zu anderen Einrichtungen. Diese beiden Aspekte seien im Struktur- und Entwicklungsplan mit den Interessen der Studienplatzbewerber an einer möglichst großen Zahl von Teilstudienplätzen umfassend abgewogen worden, wobei die Schaffung einer bestimmten Zahl von Vollstudienplätzen entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht das einzige Argument in der Abwägung gewesen sei.

Die Antragsgegnerin weist zudem zu Recht darauf hin, dass - anders als das Verwaltungsgericht und die Antragsteller meinen - die Heranziehung von Lehrpersonen aus der Klinik zur Lehre in der Vorklinik nicht in die Abwägung einzubeziehen war. Es steht angesichts der Untergliederung des Studiengang Humanmedizin in einen vorklinischen und einen klinischen Teil und der zur Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität gebildeten Lehreinheiten Vorklinische Medizin, Klinisch-theoretische Medizin und Klinisch-praktische Medizin grundsätzlich im Ermessen der Hochschulen, ob und in welchem Umfang Lehrpersonen aus der Lehreinheit Klinik in der Lehreinheit Vorklinik eingesetzt werden. Ein Anspruch der Studienplatzbewerber hierauf besteht jedenfalls nicht (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 265/16 -, juris Rn. 57 f. und Senatsbeschl. v. 22.8.2013 - 2 NB 394/12 u.a. -, juris Rn. 46 ff. m.w.N.).

1.2 Das Verwaltungsgericht hat die von der Antragsgegnerin angesetzte Anzahl der befristeten Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter auf Zeit von 34, die zur eigenen Weiterqualifikation mit einer Lehrverpflichtung von jeweils vier LVS beschäftigt worden sind, um eine weitere Stelle ergänzt. Nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts war diese Ergänzung deshalb gerechtfertigt, weil die Antragsgegnerin in erster Instanz mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2018 das Wintersemester 2018/2019 betreffend unter anderem den Arbeitsvertrag für den wissenschaftlichen Mitarbeiter H., der einen zeitlich vom 1. April 2018 bis zum 31. Oktober 2018 befristeten Arbeitsvertrag erhalten hatte, vorgelegt hatte. Die Antragsgegnerin hatte in dem genannten Schriftsatz im Zusammenhang mit der Auflistung der Stellenveränderungen „der guten Ordnung halber“ ergänzt, dass die drei eingesparten bzw. kapazitätsneutral ersetzten befristeten E13 Stellen im Zeitpunkt des Abbaus als Weiterqualifikationsstellen genutzt worden seien und unter anderem die Stelle 02 Z 0224 im Institut für Herz-Kreislaufphysiologie im Zeitpunkt der kapazitätsneutralen Stellenänderung zugunsten einer W1-Professur im vollen Stellenumfang von vier LVS durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter H. besetzt gewesen sei. Diesen Vortrag hat das Verwaltungsgericht zum Anlass genommen, diese Stelle weiterhin als kapazitätsrechtlich relevant anzusehen. Dem hält die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht entgegen, dass diese Stelle nicht im Stellenplan vorhanden und daher auch kapazitätsrechtlich nicht relevant ist. Der Umstand, dass der Arbeitsvertrag des genannten wissenschaftlichen Mitarbeiters über den 1. Oktober 2018 hinaus bis zum Ende des Monats Oktober 2018 befristet war, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 26. Oktober 2018 zugleich klargestellt, dass, soweit Verträge über den Zeitraum der Stellenstreichung bzw. -umwandlung hinausreichten, die Beschäftigten - und somit auch der genannte wissenschaftliche Mitarbeiter - zum jeweiligen Zeitpunkt auf andere Stellen umgesetzt worden seien.

2. Der Senat ist allerdings auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragsgegnerin mit dem Verwaltungsgericht der Ansicht, dass das Lehrdeputat von Prof. Dr. G. mit 4,5 LVS und nicht lediglich mit vier LVS in Ansatz zu bringen ist.

Dieser Hochschullehrer wurde 2013 zum Juniorprofessor bestellt und erhielt im Rahmen von Bleibeverhandlungen zum 1. Februar 2018 die neu eingerichtete W2-Professur am Institut für Zellbiochemie. Er hat im Jahr 2017 auf der Grundlage von § 7 Abs. 5 der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO -) vom 2. August 2007 (Nds. GVBl. S. 408) in der Fassung vom 4. August 2014 (Nds. GVBl. S. 235) - LVVO a.F. - für die Dauer von fünf Jahren eine Deputatsermäßigung von 50 % seiner Lehrverpflichtung erhalten. Diese hälftige Ermäßigung bezieht sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auf seine im maßgeblichen Zeitraum in Ansatz zu bringende Lehrverpflichtung. Für das Studienjahr 2018/2019 beträgt die Lehrverpflichtung der Professoren gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 LVVO a.F. neun LVS und nicht lediglich acht LVS. Dem Beschwerdeeinwand der Antragsgegnerin, die temporäre Erhöhung auf neun LVS sei nicht Grundlage der Lehrverpflichtungshalbierung auf der Grundlage von § 7 Abs. 5 LVVO a.F. gewesen, folgt der Senat mithin nicht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, dass die Lehrverpflichtung von Prof. Dr. G. für fünf Jahre bis Mitte 2022 halbiert worden ist, während die temporäre Erhöhung der Lehrverpflichtung lediglich bis zum 30. September 2021 befristet ist. Anders als die Antragsteller meinen ist die Antragsgegnerin hingegen nicht verpflichtet, das auf der genannten Grundlage weggefallene Lehrdeputat zu kompensieren.

Das Lehrangebot ist daher auf der Grundlage von 65 Stellen (mit zunächst 409,5 LVS) bereinigt um die Deputatsreduzierungen in einem Umfang von 28 LVS mit einer Lehrverpflichtung von insgesamt 381,5 LVS in Ansatz zu bringen.

3. Hiervon ist der anzuerkennende Dienstleistungsexport abzusetzen. Die Antragsgegnerin hat einen Dienstleistungsexport von insgesamt 56,1085 LVS in Ansatz gebracht, wobei sie für die Lehreinheit Zahnmedizin einen Wert von 35,0973 LVS (0,8666 x 81 : 2) berechnet hat, während das Verwaltungsgericht auf der Grundlage von 40 Studierenden der Zahnmedizin und einem Schwundfaktor von 0,9648 (40 x 0,9648 x 0,8666) lediglich einen Wert von 33,4438 LVS als gerechtfertigt ansieht. Das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, mit dem sie sich zum einen gegen die Berechnungsweise des Verwaltungsgerichts und zum anderen gegen die Verminderung des Dienstleistungsexports durch den Ansatz eines Schwundfaktors wendet, greift durch. Die Kapazitätsberechnung bezieht sich auf das gesamte Studienjahr 2018/2019 und nicht lediglich auf ein einzelnes Semester, sodass nach der richtigerweise anzuwendenden Formel Caq x Aq ./. 2 die Hälfte der Gesamtzulassungszahl der Zahnmedizin für das Studienjahr anzusetzen ist.

Die Antragsgegnerin hat für den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin zu Recht einen Ausbildungsaufwand im Umfang des Beispielstundenplans der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS, nunmehr Stiftung für Hochschulzulassung) für diesen Studiengang und auf dieser Grundlage einen Curricularanteil in Höhe von 0,8666 in Ansatz gebracht. Wie sich in der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2019 vor dem Senat in Berufungsverfahren betreffend vergangener Studienjahre, bei der die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller anwesend war, gezeigt hat, lag der auf der Grundlage der verbindlichen Praktikumspläne betriebene Ausbildungsaufwand zwar unterhalb des Werts des Beispielstundenplans, sodass der Curricularanteil - wie sich im Einzelnen aus der dienstlichen Erklärung des stellvertretenden Studiendekans Prof. Dr. J. vom 16. März 2018 ergab - lediglich mit 0,8610 zu bemessen war (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 41). Die Antragsgegnerin hatte in dieser mündlichen Verhandlung aber zugleich klargestellt, dass dieser Zustand der Unterschreitung des Wertes von 0,8666 lediglich bis zum Sommersemester 2018 angedauert hatte. Für die Studienjahre ab 2018/2019 und mithin auch für das Sommersemester 2019 ist daher für den Studiengang Zahnmedizin wieder ein Curricularanteil von 0,8666 zugrunde zu legen.

Im Rahmen des Dienstleistungsexports ist nach der Senatsrechtsprechung eine Schwundberechnung nicht vorzunehmen (vgl. hierzu grundlegend Senatsbeschl. v. 22.8.2013 - 2 NB 394/12 -, juris Rn. 62 ff. m.w.N. und zuletzt Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 43 m.w.N.; vgl. im Übrigen Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, Band 2, Rn. 515 mit Fn. 1325 m.w.N.). Hieran wird festgehalten. Nach § 11 Abs. 2 KapVO wird der Bedarf an Dienstleistungen nach den bisherigen Studienanfängerzahlen oder den voraussichtlichen Zulassungszahlen für die nicht der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge berechnet. Diese Vorschrift bezieht sich ausdrücklich nur auf die Studienanfänger, ist also bereits nach ihrem Wortlaut einer Schwundberechnung nicht zugänglich. Es kommt daher weder darauf an, für welches Fachsemester des nachfragenden Studiengangs die Dienstleistung erbracht wird, noch darauf, ob und in welcher Höhe im weiteren Verlauf dieses Studiengangs ein Schwund in höheren Semestern festzustellen ist (so ausdrücklich auch BayVGH, Beschl. v. 14.5.2013 - 7 CE 13.10006 -, juris Rn. 15 f. m.w.N.).

4. Der Beschwerdeeinwand der Antragsgegnerin, das Verwaltungsgericht habe ihre Schwundberechnung der Teilstudienplätze im Zahlenwerk (1,1344) übernommen, jedoch den von ihr in Ansatz gebrachten Sondereffekt in dem Studienjahr 2016/2017 (Schwundfaktor mit Sondersituation 1,1171 - Schwundfaktor ohne Sondersituation 1,0690 = 0,0481), der sie zu einer Korrektur des effektiven Schwundfaktors (1,1344 - 0,0481 = 1,0863 und nicht wie vom Verwaltungsgericht angenommen 1,0690) veranlasst habe, zu Unrecht nicht berücksichtigt, greift durch.

Nach § 16 KapVO ist die Aufnahmekapazität zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Studienabbruchs, Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. In der Praxis erfolgt die Schwundberechnung in der Regel nach dem sogenannten Hamburger Modell; hiervon gehen in einem ersten Schritt zu Recht sowohl die Antragsgegnerin als auch die Antragsteller aus. Das Verwaltungsgericht akzeptiert nur den zweiten Schritt nicht, den die Antragsgegnerin mit der Einbeziehung eines Sondereffekts gegangen ist. Diesen Sondereffekt sieht die Antragsgegnerin darin begründet, dass die Erhöhung der Vollstudienplätze durch die geänderte Rechtsprechung des Senats hinsichtlich der Einbeziehung der Privatpatienten im Studienjahr 2016/2017 naturgemäß zu einer entsprechenden Senkung der Teilstudienplätze geführt habe. Da in höheren Fachsemestern des Teilstudiums dementsprechend Schwund nicht mehr durch eine Aufnahme neuer Studierender ausgeglichen worden sei, sei es zu einem Sondereffekt gekommen, der für die Prognostik des künftigen Schwundverhaltens eliminiert werden dürfe.

Diese Berechnungsweise der Antragsgegnerin ist frei von Rechtsfehlern. Da die Schwundberechnung auf einer Prognoseentscheidung beruht, ist die von der Hochschule angewandte Rechnungsmethode nur einer eingeschränkten richterlichen Kontrolle zugänglich. Auch wenn das sogenannte Hamburger Modell anerkannt ist, ist es „nicht in Stein gemeißelt“, sondern als letztlich auf Fiktionen beruhend offen für Sondersituationen. Da es mithin keinen absolut richtigen Schwundausgleichsfaktor gibt, ist ebenfalls anerkannt, dass in atypisch gelagerten Fällen eine Korrektur der auf der Grundlage des sogenannten Hamburger Modells ermittelten Schwundberechnung eine Korrektur vorgenommen werden kann (vgl. hierzu Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, Band 2, 2013, Rn. 692 ff. m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Die Berechnung sieht daher wie folgt aus:

325,3915 LVS x 2 = 650,7830 : 1,6548 = 393,2698

393,2698 - 33,4279 Molekulare Medizin = 359,8419 - 294,3356 Vollstudienplätze =
65,5063 Teilstudienplätze vor Schwund
71,1594 Teilstudienplätze nach Schwund (Schwundfaktor 1,0863)

Gerundet 71 Teilstudienplätze für das Studienjahr 2018/2019

WS 2018/2019: 36 Teilstudienplätze

SoSe 2019: 35 Teilstudienplätze

5. Ungeachtet des Umstandes, dass mithin weitere Teilstudienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht vorhanden sind, sind zudem die im 1. Fachsemester des Sommersemesters 2019 ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungslisten erfolgten Überbuchungen in einem Umfang von einem Teilstudienplatz und einem Vollstudienplatz zu berücksichtigen (vgl. hierzu Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 71 f. und Senatsbeschl. v. 15.5.2019 - 2 NB 363/18 -, juris Rn. 25 ff., jeweils m.w.N.). Daher scheidet vorliegend auch ein Anspruch auf Zulassung auf einen Teilstudienplatz im 1. Fachsemester innerhalb der Kapazität aus.

6. Die aufgezeigte Berechnung der Teilstudienplatzkapazität seitens der Antragsgegnerin hält den Erwägungen der Antragsteller in ihrer Beschwerdeerwiderung stand. Die Antragsteller wenden sich im Rahmen der Berechnung des Lehrangebots ohne Erfolg gegen die Deputatsverminderungen für Prof. Dr. K. und Prof. Dr. L. (dazu 6.1) sowie den von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten und von dem Verwaltungsgericht akzeptierten Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin sowie die Masterstudiengänge Cardiovascular Science, Molecular Biology und Neuroscience (dazu 6.2). Die Berechnung der Lehrnachfrage begegnet unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragsteller ebenfalls keinen Bedenken (dazu 6.3).

6.1 Das Verwaltungsgericht hat die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Deputatsreduzierungen in einem Umfang von jeweils zwei LVS für Prof. Dr. K. als Prodekanin für Forschung (in der Nachfolge von Prof. M.) sowie als Mitglied des Senatsausschusses für die Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und in einem weiteren Umfang von zwei LVS für Prof. Dr. L. als Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1190 (Center of New Technology der Universität Warschau) zu Recht anerkannt. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Deputatsreduzierungen für Forschungsaufgaben in Gremien anderer Hochschulen oder Einrichtungen auf der Grundlage bisher des § 15 LVVO a.F. und nunmehr in der seit dem 10. September 2018 geltenden wortgleichen Vorschrift des § 16 LVVO in der Fassung vom 3. September 2018 (Nds. GVBl. S. 181) - LVVO n.F. - gerechtfertigt sein können (Senatsbeschl. v. 15.5.2019 - 2 NB 363/18 -, juris Rn. 17 und v. 22.1.2019 - 2 NB 1695/17 u.a. -, juris Rn. 12). Der auf § 7 Abs. 2 LVVO a.F. gestützte Beschwerdeeinwand der Antragsteller, die genannten Funktionen stellten keine „besonderen Dienstaufgaben“ im Sinne dieser Vorschrift dar, geht daher ins Leere. Daran, dass die Wahrnehmung der externen Aufgaben durch die genannten Hochschullehrer im Interesse der Antragsgegnerin im Sinne des § 15 LVVO a.F. und nunmehr des § 16 LVVO n.F. liegt, hat der Senat im Hinblick auf die Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung im Schriftsatz vom 20. Februar 2019 keine begründeten Zweifel (vgl. hierzu bereits Senatsbeschl. v. 22.1.2019 - 2 NB 1695/17 u.a. -, juris Rn. 13 zur Tätigkeit von Prof. Dr. K.). Im Hinblick auf die Tätigkeit von Prof. Dr. L. hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf hingewiesen, dass die internationale Vernetzung und die darauf zielende Mitarbeit in ausländischen Forschungsgremien in ihrem wohlverstandenen Interesse liegen. In dem Protokoll der Sitzung des Fakultätsrats vom 20. November 2017 heißt es hierzu, dass die Intensivierung der Internationalität in Forschung und Lehre zu den erklärten Strategiezielen der Antragsgegnerin gehöre und Prof. Dr. L. im Rahmen seiner Abordnung an die Universität Warschau Berufungs- und Begutachtungsprozesse begleiten und die an der Antragsgegnerin eingesetzten Verfahren zur Qualitätssicherung in Warschau etablieren solle.

6.2 Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller sind die Dienstleistungsexporte in die genannten Masterstudiengänge nicht deshalb kapazitätsrechtswidrig, weil sie nicht der Erlangung eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses dienten und weil es sich tatsächlich nicht um konsekutive Masterstudiengänge, sondern um Promotionsstudiengänge handele. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Antragsgegnerin diese Dienstleistungsexporte zu Recht vorgenommen hat und die gebotene Abwägung im Einzelnen erfolgt ist. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung in am 25. Juni 2019 durchgeführten Berufungsverfahren vor dem Senat zutreffend ausgeführt, dass in diesen Masterstudiengängen in der Regel der Masterabschluss erworben werde und nicht unmittelbar eine Promotion erfolge (vgl. hierzu Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris, Rn. 41 m.w.N.).

Auch die Angriffe der Antragsteller gegen den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin greifen nach dem oben Gesagten nicht durch.

6.3 Für die Berechnung des Curricularanteils der Vorklinik geht der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsteller von dem von der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht in ihren Kapazitätsberechnungen in Ansatz gebrachten Wert von 1,6818 aus. Soweit die Antragsteller die Vorlage einer Berechnung der personalbezogenen Ausbildungskapazität für die klinische Lehreinheit fordern und geltend machen, die Antragsgegnerin überschreite im Studiengang Humanmedizin (unstreitig) den Gesamtcurricularnormwert von 8,2, wobei dies - jedenfalls auch - darauf zurückzuführen sei, dass der CNW-Wert der Lehreinheit der Vorklinik in Höhe von 2,4685 überhöht und deshalb proportional zu kürzen sei, verweist der Senat auf seine ständige Rechtsprechung, wonach eine proportionale Kürzung des Eigenanteils der Vorklinik wegen Überschreitung des Gesamt-CNW im Studiengang Humanmedizin nicht in Betracht kommt. Zur näheren Begründung wird auf das Senatsurteil vom 25. Juni 2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 49 ff. m.w.N. verwiesen.

Der Einwand der Antragsteller, der Rechenweg des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerden. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat der Senat den Beschwerden der Antragsgegnerin stattgegeben und deren Kapazitätsberechnung im Grundsatz bestätigt.

Die Kostenentscheidung beruht jeweils auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt jeweils aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.