Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.08.2012, Az.: 4 MC 133/12
Aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung zur Nichtprüfung eines Asylantrags wegen Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 02.08.2012
- Aktenzeichen
- 4 MC 133/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 22209
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0802.4MC133.12.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 19 Abs. 3 S. 1 VO 343/2003/EG
- § 123 VwGO
- § 80 VwGO
Fundstellen
- AUAS 2012, 240
- ZAR 2013, 83-84
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung, einen Asylantrag wegen Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats nicht zu prüfen, hat aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der VO (EG) Nr. 343/2003, wenn dieser zu einer Aussetzung des Vollzugs der Überstellung führt und insoweit ein Vollstreckungshindernis darstellt. Ob die Aussetzung der Vollziehung im Rahmen einer Entscheidung nach § 123 VwGO oder nach § 80 VwGO getroffen wird, ist dabei ohne Belang.
- 2.
Derzeit ist nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien grundlegende Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an Italien überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren.
Gründe
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine Überstellung nach Italien.
Der Antragsteller ist nach seinen Angaben 1989 geboren und sudanesischer Staatsangehöriger. Er reiste am 28. Februar 2010 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 4. März 2010 einen Asylantrag. Bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 11. März 2010 gab er an, im April 2009 mit einem Boot voller Flüchtlinge aus Libyen kommend in Sizilien angelandet zu sein. Am 18. Mai 2010 richtete die Antragsgegnerin ein Übernahmeersuchen an Italien. Das Ministerio dell'Interno - Dipartimento per le Libertà Civili e l'Immigrazione - erklärte mit Schreiben vom 5. August 2010, gemäß Art. 10 der Dublin II-Verordnung für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig zu sein. Mit Bescheid vom 1. September 2010 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Italien gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG an. Der für den 28. September 2010 vorgesehenen Überstellung nach Italien entzog sich der Antragsteller durch Untertauchen, worüber die Antragsgegnerin das Ministerio dell'Interno mit Schreiben vom 28. September 2010 unterrichtete. Am 10. Mai 2011 stellte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens mit der Begründung, dass sich seit Erlass des Bescheids vom 1. September 2010 die Situation für Asylsuchende in Italien gravierend verschlechtert habe und er in Italien kein faires Verfahren auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft führen könne. Der Antragsteller beantragte zugleich beim Verwaltungsgericht Osnabrück die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht Osnabrück untersagte daraufhin der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 28. Juni 2011 - 5 B 49/11 - im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, vorläufig bis zu einer Entscheidung über den am 10. Mai 2011 bei ihr gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, längstens jedoch für die Dauer von drei Monaten, die dem Antragsteller im Bescheid vom 1. September 2010 bekannt gegebene Abschiebungsanordnung zu vollziehen. Mit Bescheid vom 29. August 2011 lehnte die Antragsgegnerin unter Nummer 1. den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG mit der Begründung ab, dass aufgrund der illegalen Einreise des Antragstellers in Italien nach Art. 10 Abs. 1 der Dublin-II-Verordnung Italien für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig sei, Wiederaufgreifensgründe für die Bearbeitung im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen, da diese Gründe nicht das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach der Dublin-II-Verordnung beträfen, und außergewöhnliche Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung nicht ersichtlich seien, und ordnete zudem unter der Nummer 2. erneut die Abschiebung des Antragstellers nach Italien auf der Grundlage von § 71 Abs. 4 i. V. m. § 34a Abs. 1 Sätze 1 und 3 AsylVfG an. Auf einen weiteren Antrag des Antragstellers untersagte das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 5 B 115/11 - im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, für die Dauer von vier Monaten die dem Antragsteller im Bescheid vom 29. August 2011 bekannt gegebene Abschiebungsanordnung zu vollziehen. Die Antragsgegnerin stornierte daraufhin eine für den 21. Dezember 2011 vorgesehene Überstellung des Antragstellers nach Italien und teilte dem Ministero dell'Interno mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 mit, dass die bereits organisierte Überstellung vorübergehend ausgesetzt werden müsse, weil der Antragsteller Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung eingelegt habe. Mit Urteil vom 2. April 2012 - 5 A 309/11 - wies das Verwaltungsgericht Osnabrück die am 8. Dezember 2011 mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. August 2011 aufzuheben und diese zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen, erhobene Klage des Antragstellers als unbegründet ab. Gegen dieses Urteil hat der Antragsteller am 9. Mai 2012 die Zulassung der Berufung beantragt (4 LA 131/12).
II.
Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die mit Bescheid vom 29. August 2011 bekannt gegebene Abschiebungsanordnung bis zur Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung nicht zu vollziehen, hat keinen Erfolg.
Der Senat hat als Gericht der Hauptsache über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu entscheiden. Denn über den beim Oberverwaltungsgericht anhängigen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2012 - 5 A 309/11 - ist bislang nicht entschieden.
Der Antrag des Antragstellers ist dahingehend umzudeuten, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die in Nr. 2 des Bescheids vom 29. August 2011 verfügte Abschiebungsanordnung begehrt wird. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Bescheid vom 29. August 2011 die unter Nr. 1 getroffene Entscheidung, ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen, mit dem Erlass einer (erneuten) Abschiebungsanordnung (Nr. 2 des Bescheids) verbunden und diese Anordnung auf § 71 Abs. 4 Hs. 2 AsylVfG i. V. m. § 34 a AsylVfG gestützt. Gegen die mit der Sachentscheidung verbundene Abschiebungsanordnung ist grundsätzlich ein Rechtsbehelf nach § 80 Abs. 5 VwGO zu erheben, da diese Anordnung einen selbständigen belastenden Verwaltungsakt darstellt, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen anzugreifen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 1.3.2012 - 1 B 234/12.A - m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: August 2010, § 71 Rn 113).
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine Überstellung nach Italien auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin erlassenen Abschiebungsanordnung hat keinen Erfolg.
Ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hier bereits deshalb ausscheidet, weil nach § 34a Abs. 2 AsylVfG die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) nicht nach § 80 oder 123 VwGO ausgesetzt werden darf, bedarf in diesem Verfahren keiner Vertiefung. Insbesondere kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls welche Vorgaben das Grundgesetz in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 16a Abs. 2 Sätze 1 und 3 GG für die fachgerichtliche Prüfung der Grenzen des Konzepts der normativen Vergewisserung (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 im Hinblick auf § 26a AsylVfG) bei der Anwendung von § 34a Abs. 2 AsylVfG trifft, wenn Gegenstand des Eilrechtsschutzantrags eine beabsichtigte Abschiebung in einen nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (ABl Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - zuständigen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften ist (ausdrücklich offen gelassen vom BVerfG, Beschl. v. 8.9.2009 - 2 BvQ 56/09 -; für eine Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses vorläufigen Rechtsschutzes im Anwendungsbereich des § 27a AsylVfG Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Juni 2012, § 34a Rn 90 f.), und ob der Ausschluss vorläufigen Rechtsschutzes im Einklang mit Unionsrecht steht (verneinend Funke-Kaiser, a.a.O., § 34a Rn 92 ff.). Denn der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist jedenfalls unbegründet, da sich die Abschiebungsanordnung nach Italien nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes gebotenen summarischen Prüfung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) als rechtmäßig erweist und daher Rechte des Antragstellers nicht verletzt.
Italien ist nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 (ABl Nr. L 222 S. 3) der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Die Antragsgegnerin ist auch nicht verpflichtet, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 auszuüben. Daher scheidet eine Verletzung von Rechten des Antragstellers durch eine Überstellung nach Italien aus, so dass dahinstehen kann, inwieweit die Vorschriften über die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylanträgen nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 überhaupt subjektive Rechte des Asylantragstellers begründen, die von diesem gegen eine vorgesehene Überstellung in den nach dieser Verordnung für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat geltend gemacht werden können (vgl. dazu den Vorlagebeschl. des Hess. VGH v. 22.12.2010 - 6 A 2717/09.A -, ferner Funke-Kaiser" a.a.O., § 27a Rn 37 ff. m.w.N.)
Die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens folgt hier - da die gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vorrangig zu prüfenden Zuständigkeitskriterien nach Art. 6 bis 9 dieser Verordnung nicht einschlägig sind - aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 18 Abs. 3 genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedsstaats illegal überschritten hat, so ist nach dieser Vorschrift dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Danach ist Italien der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat, da der Antragsteller nach seinen Angaben im April 2009 mit einem Boot voller Flüchtlinge aus Libyen kommend in Sizilien angelandet ist und damit die Grenze von Italien illegal überschritten hat. Die Zuständigkeit endet zwar gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Der Antragsteller hat jedoch vor Ablauf dieser Frist am 4. März 2010 einen Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt, so dass die Zuständigkeit Italiens nach dieser Vorschrift nicht entfallen ist.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens ist auch nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 auf die Antragsgegnerin übergegangen, da diese am 18. Mai 2010 und damit innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags ein Aufnahmeersuchen an Italien gestellt hat.
Die Zuständigkeit ist gleichfalls nicht nach Art. 19 Abs. 4 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 auf die Antragsgegnerin übergegangen. Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 erfolgt die Überstellung des Antragstellers von dem Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des ersteren Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, geht die Zuständigkeit gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde.
Hier konnte die Überstellung des Antragstellers nach Italien nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme, die das Ministerio dell'Interno - Dipartimento per le Libertà Civili e l'Immigrazione - mit Schreiben vom 5. August 2010 erklärt hat, durchgeführt werden, da sich der Antragsteller der für den 28. September 2010 vorgesehenen Überstellung durch Untertauchen entzogen hatte. Über die fehlgeschlagene Überstellung des Antragstellers wegen "Flüchtigkeit" im Sinne von Art. 19 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ist der zuständige Mitgliedstaat Italien aber durch Schreiben des Antragsgegners vom 28. September 2010 unterrichtet worden. Das hat zur Folge, dass die Zuständigkeit für die Behandlung des Asylantrags nach Art. 9 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 nicht wegen der Überschreitung der regulären Überstellungsfrist von sechs Monaten auf die Antragsgegnerin übergegangen ist. Da der Antragsteller flüchtig gewesen ist, konnte die Frist zur Überstellung gemäßArt. 19 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 sogar auf höchstens 18 Monate verlängert werden. Angesichts des Wortlauts von Art. 19 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ("verlängert werden kann") dürfte allerdings nicht davon auszugehen sein, dass sich die Frist zur Überstellung automatisch auf 18 Monate verlängert hat, zumal es sich bei dieser Frist um eine maximal zulässige Frist handelt, die daher im Einzelfall auch kürzer sein kann. Es kann jedoch dahinstehen, ob es für eine Fristverlängerung daher einer einvernehmlichen Regelung zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedstaat bedarf (dahingehend Funke-Kaiser, a. a. O., § 27a Rn. 197 m. w. N., vgl. ferner den Vorlagebeschluss des OVG Nordrhein-Westfalen v. 19.12.2011 - 14 A 1943/11.A -). Denn aus der Vorschrift des Art. 19 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 lässt sich jedenfalls entnehmen, dass nach Ablauf der sechsmonatigen Frist für die Überstellung ein Übergang der Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, nicht automatisch erfolgt, sondern die Zuständigkeit - vorbehaltlich eventuell zu treffender weiterer Maßnahmen - bis zu einer Frist von höchstens 18 Monaten beim bislang zuständigen Mitgliedstaat verbleiben kann.
Da der Antragsteller gegen seine Überstellung innerhalb der Frist, bis zu der gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 die Überstellung des Antragstellers nach Italien vorbehaltlich eventuell zu treffender weiterer Maßnahmen erfolgen konnte, einen Rechtsbehelf gegen seine Überstellung eingelegt hat, der aufschiebende Wirkung hatte, beginnt gemäß Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 eine (neue) sechsmonatige Frist zur Überstellung des Antragstellers ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Rechtsbehelf. Diese Frist ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes noch nicht abgelaufen.
Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 erfolgt - wie bereits dargelegt - die Überstellung des Antragstellers von dem Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder - alternativ - innerhalb von sechs Monaten ab der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Liegt ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung vor, ist demnach für den Beginn der Frist zur Durchführung der Überstellung auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Rechtsbehelf abzustellen. Mit "Rechtsbehelf" im Sinne dieser Vorschrift ist ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 - also der Entscheidung eines Mitgliedstaats, einen Asylantrag wegen der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats nicht zu prüfen - gemeint, wie sich aus Art. 19 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ergibt. Ein derartiger Rechtsbehelf des Antragstellers liegt hier vor. Zwar ist der Bescheid vom 1. September 2010, mit dem der Antragsgegner seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 27a AsylVfG abgelehnt hat, bestandskräftig geworden. Der Antragsteller hat jedoch mit Schriftsatz vom 10. Mai 2011 bei der Antragsgegnerin das Wiederaufgreifen des Verfahrens und die Aufhebung des Bescheids vom 1. September 2010 mit der Begründung beantragt, dass sich seit Erlass des Bescheids vom 1. September 2010 die Situation für Asylbewerber in Italien gravierend verschlechtert habe. Nachdem die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 29. August 2011 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt und erneut die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angeordnet hatte, hat der Antragsteller hiergegen am 8. Dezember 2011 Klage erhoben. Macht ein Asylantragsteller wie hier in einem gerichtlichen Verfahren Einwände gegen die Entscheidung, den Asylantrag wegen Unzuständigkeit nicht zu prüfen, geltend mit dem Ziel, dass diese Entscheidung aufgehoben wird und der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, den Asylantrag sachlich prüft, liegt ein Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung im Sinne des Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vor.
Der vom Antragsteller eingelegte Rechtsbehelf hat auch aufschiebende Wirkung im Sinne des Art 19 Abs. 3 Satz 1 letzter Hs. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 29.1.2009 - C 19/08 -, Rn 45) zu Art. 20 Abs. 1 Buchst. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003, der ähnlich wie Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vorschreibt, dass die Überstellung eines Asylbewerbers im Rahmen eines Wiederaufnahmegesuchs spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, erfolgt, beginnt die Frist für die Durchführung der Überstellung erst zu laufen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben; dass diese Überstellung erfolgen wird, kann aber nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag aufAussetzung des Vollzugs (Hervorhebung durch den Senat) der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 die Frist zur Durchführung der Überstellung nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann (EuGH, Urt. v. 29.1.2009, a.a.O., Rn 46). Dieser Rechtsprechung, die ohne Weiteres auf die insoweit inhaltsgleiche Vorschrift des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 übertragen werden kann, ist zu entnehmen, dass ein Rechtsbehelf dann aufschiebende Wirkung im Sinne der vorgenannten Vorschriften hat, wenn dieser zu einer Aussetzung des Vollzugs führt und insoweit ein Vollstreckungshindernis darstellt (ebenso Funke-Kaiser, a.a.O., § 27a Rn 193). Ob die Aussetzung der Vollziehung im Rahmen einer Entscheidung nach § 123 VwGO oder nach § 80 VwGO getroffen wird, ist dabei ohne Belang (ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschl. v.19.6.2012 - A 2 S 1355/11 -; vgl. ferner Funke-Kaiser, a.a.O., § 27a Rn 193).
Die für die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 erforderliche Aussetzung des Vollzugs der Überstellung durch den vom Antragsteller eingelegten Rechtsbehelf ist hier eingetreten. Denn das Verwaltungsgericht Osnabrück hat auf den vom Antragsteller gestellten Antrag vom 10. Mai 2011 zunächst mit Beschluss vom 28. Juni 2011 - 5 B 49/11 - der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO vorläufig bis zu einer Entscheidung über den am 10. Mai 2011 gestellten Antrag, längstens jedoch für die Dauer von drei Monaten, untersagt, die dem Antragsteller im Bescheid vom 1. September 2010 bekannt gegebene Abschiebungsanordnung zu vollziehen. Nachdem die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 29. August 2011 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt und erneut die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angeordnet hatte, hat das Verwaltungsgericht Osnabrück mit weiterem Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 5 B 115/11 - der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer von vier Monaten untersagt, die dem Antragsteller im Bescheid vom 29. August 2011 bekannt gegebene Abschiebungsanordnung zu vollziehen
Der Annahme der aufschiebenden Wirkung des hier eingelegten Rechtsbehelfs steht auch nicht die Vorschrift des Art. 19 Abs. 2 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 entgegen. Danach hat ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nach Absatz 1 keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders, wenn es nach ihrem innerstaatlichen Recht zulässig ist. Zwar darf nach § 34a Abs. 2 AsylVfG die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) nicht nach § 80 oder § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung ausgesetzt werden. Hieraus folgt jedoch nicht, dass durch diese Vorschrift eine andere Entscheidung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Hs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts ausgeschlossen ist und daher ein Rechtsbehelf wegen § 34a Abs. 2 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 haben kann. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr ausdrücklich entschieden, dass der Ausschluss des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 34a Abs. 2 AsylVfG in den Fällen, in denen die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) erfolgen soll, in Ausnahmefällen, die nicht vom "normativen Vergewisserungskonzept" des Gesetzgebers über die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention in einem sog. sicheren Drittstaat erfasst sind, der Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz gegen eine sofortige Überstellung nicht entgegensteht (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, a.a.O.). Diese Rechtsprechung wird - soweit ersichtlich - von den Verwaltungsgerichten auf die Abschiebung in einen anderen Staat, der nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, mit der Begründung übertragen, dass die vom Bundesverfassungsgericht angestellten Erwägungen zu § 26a AsylVfG auch auf die Vorschrift des § 27a AsylVfG zutreffen, weil die nach europäischen Recht für die Asylentscheidung zuständigen Mitgliedstaaten zugleich sichere Drittstaaten im Sinne von § 26a AsylVfG sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 1.3.2012 - 1 B 234/12.A - und v. 11.10.2011 - 14 B 1011/11.A -; ferner Nds. OVG, Beschl. v. 2.5.2012 - 13 MC 22/22 - und Hess. VGH, Beschl. v. 23.8.2011 - 2 A 1863/10.Z.A.-). Unter diesen Umständen kann daher keine Rede davon sein, dass es nach der innerstaatlichen Rechtslage in Deutschland unzulässig sei, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen eine Überstellung auf der Grundlage der Zuständigkeitsbestimmungen in der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 anzuordnen. Entsprechend ist hier auch das Verwaltungsgericht Osnabrück verfahren, indem es sowohl mit Beschluss vom 28. Juni 2011 - 5 B 49/11 - als auch mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 5 B 115/11 - unter Berufung auf die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorläufigen Rechtsschutz gegen die vorgesehene Überstellung des Antragstellers nach Italien gewährt hat. Unabhängig davon stellt die für den Fristenbeginn der Überstellung maßgebliche Vorschrift des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 nach ihrem Wortlaut auch ausdrücklich darauf ab, dass einem eingelegten Rechtsbehelf tatsächlich aufschiebende Wirkung zukommt und nicht darauf, ob es nach dem innerstaatlichen Recht zulässig ist, die aufschiebende Wirkung anzuordnen (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 23.8.2011 - 2 A 1863/10.Z.A.-).
Läuft danach die Frist zur Überstellung aufgrund des von dem Antragsteller eingelegten Rechtsbehelfs erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens bezüglich der Durchführung der Überstellung entschieden wird und die der Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann, kann dahinstehen, ob insoweit das Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache für den Fristenbeginn bereits ausreichend ist oder es darüber hinaus der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung bedarf (so Hess. VGH, Beschl. v.23.8.2011 - 2 A 1863/10.Z.A.-), die hier noch nicht vorliegt, da der Antragsteller gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 2. April 2012 - 5 A 309/11 - einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat, über den der Senat bislang noch nicht entscheiden hat. Stellt man auf das Vorliegen der gerichtlichen Entscheidung ab, wäre die Frist zur Überstellung erst im Oktober 2012 abgelaufen, wovon im Übrigen im Ergebnis auch die Antragsgegnerin ausgeht (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 22. Juni 2012). Ist hingegen die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung erforderlich, würde die Frist erst zu einem noch späteren Zeitpunkt, nämlich mit einer die Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung herbeiführenden Senatsentscheidung beginnen.
Die Antragsgegnerin ist für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zuständig.
Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung. Ob der Mitgliedstaat von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist (EuGH, Urt. v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -). Nach der vorgenannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt dieses Asylsystem die Annahme zu, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention finden. Es gilt daher die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Sie ist widerlegt, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat grundlegende Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren. Der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, ist in einem solchen Fall verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.
Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs besteht keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Asylantrag des Antragstellers selbst zu prüfen. Denn es ist auf der Grundlage des dem Senat vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Italien nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen dort grundlegende Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Würdigung der Erkenntnismittel zur Lage von Asylbewerbern in Italien in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2012 - 5 A 309/11 - Bezug genommen, der sich der Senat anschließt. Ergänzend zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird auf die (aktuelle) Stellungnahme des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen vom 24. April 2012 an das Verwaltungsgericht Braunschweig verwiesen, die ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bietet, dass ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien grundlegende Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufweisen. Nach dem Inhalt dieser Stellungnahme wurden in Italien die regionalen Regierungen im Jahr 2011, nach Ankunft einer erheblichen Zahl von Personen aus Nordafrika und der darauffolgenden Erklärung des "humanitären Zustands", gebeten, zusätzliche Aufnahmeeinrichtungen zu bestimmen. Zwischen den Regierungen und den örtlich zuständigen Behörden wurde eine Vereinbarung getroffen, in der die Kriterien für die landesweite Verteilung von bis zu 50.000 Personen festgehalten wurden. Der UNHCR erkennt vor diesem Hintergrund an, dass in den letzten Jahren Verbesserungen des Aufnahmesystems stattgefunden haben und die CARA, CDAs und SPRAR-Projekte insgesamt in der Lage sind, dem Aufnahmebedarf einer signifikanten Anzahl an Asylsuchenden nachzukommen (Seite 3 der Stellungnahme). Nach dem Inhalt der Stellungnahme des UNHCR ist des Weiteren davon auszugehen, dass die Unterkunft, Ernährung und medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Italien sichergestellt ist, wenn ein formaler Antrag gestellt wurde, solange der Zeitraum von 6 Monaten Verfahrensdauer (ab formaler Antragstellung) nicht überschritten wird und soweit die aktuellen Zahlen der Asylbewerber die Kapazitäten nicht überschreiten (vgl. Stellungnahme des UNHCR, Seite 5). Eine angemessene Versorgung erscheint danach derzeit allerdings nicht sichergestellt für Asylsuchende mit besonderen Schutzbedürfnissen im Sinne vonArt. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates (ABl Nr. L 31 S. 18) vom 27. Januar 2003. Aus dieser Einschätzung lassen sich jedoch grundlegende Mängel, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung aller an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, nicht ableiten. Dieses gilt auch, soweit nach Einschätzung des UNHCR in der gegenwärtigen Situation davon auszugehen sei, dass derzeit die überwiegende Anzahl aller Asylverfahren nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden könne, zumal konkrete Zahlen zur Verfahrensdauer nach Auskunft des UNHCR nicht vorliegen. Allein der Umstand, dass die Situation der Flüchtlinge in Italien von den Verwaltungsgerichten unterschiedlich eingeschätzt wird, veranlasst ebenfalls nicht zu der Annahme, dass die Behandlung der Asylbewerber in Italien nicht in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (vgl. insoweit den 13. Senat des erkennenden Gerichts, Beschl. v. 2.5.2012 - 13 MC 22/12 -, der das Vorliegen eines offensichtlichen Ausnahmefalls im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in dem Urteil v. 14.5.1996, a.a.O., in Bezug auf Italien verneint).
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist abzulehnen, weil seine Rechtsverfolgung zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, die hier erst mit der Vorlage aller Verwaltungsvorgänge durch den Antragsgegner vorgelegen hat, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).