Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.01.2020, Az.: 2 NB 484/19
Deputatsreduktion; Deputatsverminderung; Dienstleistungsexport; Hamburger Modell; Humanmedizin; Kapazitätsberechnung; Lehrangebot; Lehrdeputat; Schwundberechnung; Sondereffekt; Stellenkürzungen; Stellenstreichung; Stichtagsprinzip; Studienplatz; Teilstudienplatz; Überbuchung; Universität Göttingen; wissenschaftliche Mitarbeiter; wissenschaftliche Mitarbeiter
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 30.01.2020
- Aktenzeichen
- 2 NB 484/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 72099
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 29.04.2019 - AZ: 8 C 131/19
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 1 S 1 KapVO ND
- § 7 Abs 5 LVerpflV ND
Tenor:
Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin werden die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Göttingen - 8. Kammer - vom 29. April 2019 jeweils geändert.
Die Anträge der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes werden insgesamt abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die gesamten Kosten ihres jeweiligen Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Durch Beschlüsse vom 29. April 2019, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege von einstweiligen Anordnungen unter Ablehnung des jeweiligen Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Übrigen verpflichtet, unter anderem die Antragsteller ihrem Hilfsantrag entsprechend nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2019 auf einen Teilstudienplatz vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester zuzulassen.
Dabei ist das Verwaltungsgericht für das 1. Fachsemester von einer Aufnahmekapazität von jeweils 147 Vollstudienplätzen für das Wintersemester 2018/2019 und das Sommersemester 2019 ausgegangen; dies entspricht den Festsetzungen der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2018/2019 und zum Sommersemester 2019 vom 18. Juni 2018 - ZZ-VO 2018/2019 - (Nds. GVBl. S. 130 ff.). Hinsichtlich der Teilstudienplätze hat das Verwaltungsgericht hingegen auf der Basis von 98 Teilstudienplätzen für das gesamte Studienjahr 2018/2019 eine Kapazität von jeweils 49 Teilstudienplätzen für das Wintersemester 2018/2019 und das Sommersemester 2019 errechnet, während in der ZZ-VO 2018/2019 für das Wintersemester 2018/2019 lediglich 36 und das Sommersemester lediglich 35 Teilstudienplätze festgesetzt worden sind. Es seien daher zwar keine weiteren Vollstudienplätze, aber insgesamt noch weitere 14 Teilstudienplätze zu vergeben, die das Verwaltungsgericht mittels Losverfahren unter anderem an die Antragsteller (Rangplätze 7, 14, 6 und 4) vergeben hat.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin jeweils Beschwerde eingelegt.
II.
Die Beschwerden der Antragsgegnerin mit dem jeweiligen sinngemäßen Beschwerdeantrag,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 29. April 2019 abzuändern und den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes insgesamt abzulehnen,
sind begründet. Unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang des Senats bestimmen, sind im 1. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin im Sommersemester 2019 keine weiteren freien Teilstudienplätze vorhanden.
Die Beschwerdeangriffe der Antragsgegnerin gegen die Berechnung des Lehrangebots seitens des Verwaltungsgerichts haben überwiegend Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist im Gegensatz zur Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin auf der Grundlage des von ihm so genannten „strengen Stichtagsprinzips“ davon ausgegangen, dass die Kapazität auf der Grundlage von 67 Stellen mit einem unbereinigten Lehrangebot von 437 LVS zu berechnen ist, während die Antragsgegnerin 65 Stellen mit einem unbereinigten Lehrdeputat von 409 LVS in Ansatz gebracht hat (dazu 1.). Für Prof. Dr. I., dem eine hälftige Deputatsreduktion auf der Grundlage des § 7 Abs. 5 LVVO vom 2. August 2007 (Nds. GVBl. S. 408) in der Fassung vom 4. August 2014 (Nds. GVBl. S. 235) - im Folgenden: LVVO a.F. - gewährt worden ist, hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer Lehrverpflichtung von 9 LVS ein hälftiges Deputat von 4,5 LVS angenommen, während die Antragsgegnerin insoweit ausgehend von einer Lehrverpflichtung von 8 LVS lediglich 4 LVS für richtig hält (dazu 2.). Den Dienstleistungsexport in den Studiengang Zahnmedizin hat das Verwaltungsgericht lediglich mit 33,4438 LVS im Gegensatz zur Annahme der Antragsgegnerin von 35,0973 LVS berechnet (dazu 3.). Bei der Schwundberechnung hat das Verwaltungsgericht das Zahlenwerk der Antragsgegnerin übernommen, den von dieser aufgrund der Einbeziehung der Privatpatienten in die Berechnung der Vollstudienplätze angesetzten Sondereffekt in einem Umfang von 0,0481 hingegen nicht akzeptiert und ist mithin zu einem Schwundfaktor von 1,1344 statt wie von der Antragsgegnerin angenommen 1,0863 gekommen (dazu. 4.). Und schließlich ist die Überbuchung in den Blick zu nehmen (dazu 5.).
1. Der Senat geht auf der Grundlage der Ausführungen des Verwaltungsgerichts und des Beschwerdevorbringens der Antragsgegnerin von 65 kapazitätsrelevanten Stellen aus.
Sowohl der Wegfall der drei Stellen in einem Umfang von 23 LVS, nämlich die W3-Professur mit der Stellennummer 02 B 0131 (9 LVS), die unbefristete Stelle im wissenschaftlichen Dienst mit der Stellennummer 02 A 0141 (10 LVS) und die befristete Stelle im Institut für Anatomie und Zellbiologie mit der Stellennummer 02 Z 0134 (4 LVS), als auch die neue Stelle einer W2-Professur (6 LVS) mit der Stellennummer 02 C 0140 sind entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kapazitätswirksam zu berücksichtigen (dazu 1.1). Das Verwaltungsgericht hat zum einen zu Unrecht angenommen, dass bis zum Beginn des Berechnungszeitraums am 1. Oktober 2018 im Vergleich zu dem Vorjahreszeitraum 2017/2018 keine Änderung der Stellenausstattung eingetreten sei, sodass im Ergebnis weiterhin von 67 Stellen auszugehen sei (dazu 1.1.1). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Antragsteller genügt auch die von der Antragsgegnerin dokumentierte Begründung der Streichungen der drei Stellen den rechtlichen Anforderungen (dazu 1.1.2). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nicht eine weitere befristete Stelle für wissenschaftliche Mitarbeiter auf Zeit, deren Stelleninhaber der wissenschaftliche Mitarbeiter G. war, hinzuzurechnen (dazu 1.2).
1.1 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die jährliche Aufnahmekapazität gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KapVO auf der Grundlage eines Stichtags ermittelt wird, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Zeitraums liegt, für den die zu ermittelnden Zulassungszahlen gelten; dies ist hier der 1. Februar 2018. Wenn im Zeitpunkt der Kapazitätsermittlung bereits wesentliche Änderungen von Daten bis zum Beginn des Berechnungszeitraums erkennbar sind, sollen diese gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KapVO indes berücksichtigt werden. Zudem soll die Aufnahmekapazität nach § 5 Abs. 2 KapVO neu ermittelt werden, wenn nach der Kapazitätsermittlung bis zum Beginn des Berechnungszeitraums noch wesentliche Änderungen der Daten eintreten.
1.1.1 In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass das Merkmal des „Beginns des Berechnungszeitraums“ nicht dahin zu verstehen ist, dass wesentliche Änderungen von Daten noch nicht zu berücksichtigen sind, wenn diese erst nach dem Ende des neunmonatigen Ermittlungszeitraums - hier: 1. Oktober 2018, 00.00 Uhr - eintreten, obwohl sie schon vorher - hier: 1. Februar 2018 bzw. 30. September 2018, 24.00 Uhr - absehbar sind (vgl. Senatsbeschl. v. 15.8.2012 - 2 NB 359/11 ua. -, juris Rn. 17). Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift und auch aus ihrem Sinn und Zweck, dass der Hochschule ermöglicht werden soll, zu einem bestimmten Zeitpunkt, der deutlich vor dem Berechnungszeitraum liegt, eine Berechnung für die Studienplatzkapazität im Berechnungszeitraum zu erstellen. Daher muss die Hochschule alle Daten in ihre Berechnung einbeziehen, die am Beginn des Berechnungszeitraums und damit für den gesamten Berechnungszeitraum Kapazität erzeugt oder vermindert. Dem Sinn und Zweck der Regelung des § 5 KapVO läuft es zuwider, im Berechnungszeitpunkt Erkenntnisse darüber auszublenden, was vom ersten Tag des Berechnungszeitraums - hier: 1. Oktober 2018 - an Lehrangebot schon vorhanden bzw. nicht mehr vorhanden ist.
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdebegründung nachvollziehbar vorgetragen, dass sie bereits zum 1. Februar 2018 den Wirtschaftsplan, der für das Lehrangebot maßgeblich ist, ausgewertet und bei dieser Auswertung festgestellt hat, dass am Beginn des Berechnungszeitraums des 1. Oktober 2018, 00.00 Uhr drei Stellen nicht mehr vorhanden sein würden, weil sie mit Ablauf des 30. September 2018, 24.00 Uhr gestrichen sein würden. Zugleich konnte festgestellt werden, dass am 1. Oktober 2018, 00.00 Uhr eine neue Stelle normativ verfügbar sein würde.
1.1.2 Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Beschwerdebegründung des Weiteren die von dem Verwaltungsgericht selbständig tragend angenommenen (Hilfs-)Erwägungen, die dokumentierte Begründung der Stellenkürzungen genügten nicht den rechtlichen Anforderungen, auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsteller in ihren jeweiligen Beschwerdeerwiderungsschriftsätzen vom 3. Juli 2019 erfolgreich angegriffen.
Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Senats ausgeführt, im Hinblick auf das Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung sei die Hochschule verpflichtet, für kapazitätsreduzierende Maßnahmen sachliche Gründe darzulegen und eine sorgfältige Planung mit einer Abwägung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium einerseits sowie der Rechte der Studienbewerber andererseits nachzuweisen. Diesen Anforderungen genüge die von der Antragsgegnerin vorgetragene Begründung nicht. Die beabsichtigte mittelfristige Erhöhung der Kapazität auf 300 Vollstudienplätze solle durch die Einbeziehung externer Lehrkrankenhäuser in die klinische Ausbildung erreicht werden, sodass nach Ansicht der Antragsgegnerin den Interessen der Studienplatzbewerber dadurch hinreichend Rechnung getragen worden sei. Die bisher bestehenden externen Kooperationen hätten aber bereits im Studienjahr 2016/2017 zu einem Zuwachs von gerundet 27 auf insgesamt gerundet 288 Vollstudienplätze geführt und stellten eine Kompensation für die gleichzeitig weggefallenen 26 Vollstudienplätze aufgrund der Beendigung der Kooperation mit dem Lehrkrankenhaus H. dar. Dieser Zuwachs sei daher verbraucht und könne nicht erneut als Begründung für zusätzliche Kürzungen der Ausbildungskapazität herangezogen werden. Weitere Maßnahmen der Antragsgegnerin zur Erhöhung der klinischen Ausbildungskapazität seien derzeit nicht zu erkennen. Die Zahl der Vollstudienplätze sei im Vergleich zum Studienjahr 2017/2018 zwar um sechs angewachsen. Dieser Zuwachs beruhe aber nicht auf dauerhaft kapazitätserhöhenden Maßnahmen, sondern sei das Ergebnis einer kontinuierlichen Erhöhung der Pflegetage. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht versucht, die als notwendig erachteten Einsparungen bei der Personalausstattung an anderer Stelle als in der Vorklinik vorzunehmen oder zumindest durch Lehraufträge oder mithilfe von Personal, das dem klinischen Ausbildungsabschnitt zugeordnet sei, aufzufangen.
Diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts hält die Antragsgegnerin mit Erfolg entgegen, dass ihre zuständigen Gremien die durch die Schaffung einer befristeten W2-Professur im Institut für Neuroanatomie mit 6 LVS teilkompensierte Streichung der drei Stellen umfassend abgewogen haben. Im Beschlussprotokoll vom 10. Juli 2017 ist in diesem Zusammenhang auf die langfristige Strukturplanung Vorklinik und den Grundsatzbeschluss vom November 2015 Bezug genommen worden. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass in diesem Grundsatzbeschluss, der von Jahr zu Jahr fortgeschrieben werde, verschiedene Gründe für die Strukturmaßnahmen in der Vorklinik angeführt worden seien, die die Hintanstellung der Interessen der Studienplatzbewerber an einer möglichst hohen Zahl von Teilstudienplätzen rechtfertigten. Das erste Strukturanliegen sei der Abbau von zufälligen Redundanzen und die Schaffung schlagkräftiger und produktiver drei vorklinischer Zentren mit jeweils zwei Instituten, die ihre profilbildenden wissenschaftlichen Schwerpunkte widerspiegelten. Als zweiter Grund werde der zwingende Bedarf zur Umsteuerung von Finanzmitteln angeführt. Die Ausstattung der Vorklinik sei stark defizitär. Die Finanzierung von als dringend erforderlich angesehenen Maßnahmen erfordere Einsparungen in allen aus dem Landeszuschuss zu deckenden Ausgabenbereichen, wobei die Vorklinik bisher von einer Beteiligung an diesen Einsparungen weitestgehend verschont geblieben sei. Die nun geplanten Maßnahmen belasteten die Vorklinik nicht unverhältnismäßig im Vergleich zu anderen Einrichtungen. Diese beiden Aspekte seien im Struktur- und Entwicklungsplan mit den Interessen der Studienplatzbewerber an einer möglichst großen Zahl von Teilstudienplätzen umfassend abgewogen worden, wobei die Schaffung einer bestimmten Zahl von Vollstudienplätzen entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht das einzige Argument in der Abwägung gewesen sei.
Die Antragsgegnerin weist zudem zu Recht darauf hin, dass - anders als das Verwaltungsgericht meint - die Heranziehung von Lehrpersonen aus der Klinik zur Lehre in der Vorklinik nicht in die Abwägung einzubeziehen war. Es steht angesichts der Untergliederung des Studiengang Humanmedizin in einen vorklinischen und einen klinischen Teil und der zur Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität gebildeten Lehreinheiten Vorklinische Medizin, Klinisch-theoretische Medizin und Klinisch-praktische Medizin grundsätzlich im Ermessen der Hochschulen, ob und in welchem Umfang Lehrpersonen aus der Lehreinheit Klinik in der Lehreinheit Vorklinik eingesetzt werden. Ein Anspruch der Studienplatzbewerber hierauf besteht jedenfalls nicht (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 265/16 -, juris Rn. 57 f. und Senatsbeschl. v. 22.8.2013 - 2 NB 394/12 u.a. -, juris Rn. 46 ff. m.w.N.).
1.2 Das Verwaltungsgericht hat die von der Antragsgegnerin angesetzte Anzahl der befristeten Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter auf Zeit von 34, die zur eigenen Weiterqualifikation mit einer Lehrverpflichtung von jeweils vier LVS beschäftigt worden sind, um eine weitere Stelle ergänzt. Nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts war diese Ergänzung deshalb gerechtfertigt, weil die Antragsgegnerin in erster Instanz mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2018 das Wintersemester 2018/2019 betreffend unter anderem den Arbeitsvertrag für den wissenschaftlichen Mitarbeiter G., der einen zeitlich vom 1. April 2018 bis zum 31. Oktober 2018 befristeten Arbeitsvertrag erhalten hatte, vorgelegt hatte. Die Antragsgegnerin hatte in dem genannten Schriftsatz im Zusammenhang mit der Auflistung der Stellenveränderungen „der guten Ordnung halber“ ergänzt, dass die drei eingesparten bzw. kapazitätsneutral ersetzten befristeten E13 Stellen im Zeitpunkt des Abbaus als Weiterqualifikationsstellen genutzt worden seien und unter anderem die Stelle 02 Z 0224 im Institut für Herz-Kreislaufphysiologie im Zeitpunkt der kapazitätsneutralen Stellenänderung zugunsten einer W1-Professur im vollen Stellenumfang von vier LVS durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter G. besetzt gewesen sei. Diesen Vortrag hat das Verwaltungsgericht zum Anlass genommen, diese Stelle weiterhin als kapazitätsrechtlich relevant anzusehen. Dem hält die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht entgegen, dass diese Stelle nicht im Stellenplan vorhanden und daher auch kapazitätsrechtlich nicht relevant ist. Der Umstand, dass der Arbeitsvertrag des genannten wissenschaftlichen Mitarbeiters über den 1. Oktober 2018 hinaus bis zum Ende des Monats Oktober 2018 befristet war, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 26. Oktober 2018 zugleich klargestellt, dass, soweit Verträge über den Zeitraum der Stellenstreichung bzw. -umwandlung hinausreichten, die Beschäftigten - und somit auch der genannte wissenschaftliche Mitarbeiter - zum jeweiligen Zeitpunkt auf andere Stellen umgesetzt worden seien.
2. Der Senat ist allerdings auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragsgegnerin mit dem Verwaltungsgericht der Ansicht, dass das Lehrdeputat von Prof. Dr. I. mit 4,5 LVS und nicht lediglich mit vier LVS in Ansatz zu bringen ist.
Dieser Hochschullehrer wurde 2013 zum Juniorprofessor bestellt und erhielt im Rahmen von Bleibeverhandlungen zum 1. Februar 2018 die neu eingerichtete W2-Professur am Institut für Zellbiochemie. Er hat im Jahr 2017 auf der Grundlage von § 7 Abs. 5 LVVO a.F. für die Dauer von fünf Jahren eine Deputatsermäßigung von 50 % seiner Lehrverpflichtung erhalten. Diese hälftige Ermäßigung gemäß § 7 Abs. 5 LVVO a. F. bezieht sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auf seine im maßgeblichen Zeitraum in Ansatz zu bringende Lehrverpflichtung. Für das Studienjahr 2018/2019 beträgt die Lehrverpflichtung der Professoren gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 LVVO a.F. neun LVS und nicht lediglich acht LVS. Dem Beschwerdeeinwand der Antragsgegnerin, die temporäre Erhöhung auf neun LVS sei nicht Grundlage der Lehrverpflichtungshalbierung auf der Grundlage von § 7 Abs. 5 LVVO a.F. gewesen, folgt der Senat mithin nicht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, dass die Lehrverpflichtung von Prof. Dr. I. für fünf Jahre bis Mitte 2022 halbiert worden ist, während die temporäre Erhöhung der Lehrverpflichtung lediglich bis zum 30. September 2021 befristet ist. Anders als die Antragsteller meinen ist die Antragsgegnerin hingegen nicht verpflichtet, das auf der genannten Grundlage weggefallene Lehrdeputat zu kompensieren.
Die weiteren pauschalen Gegeneinwände der Antragsteller geben dem Senat keinen Anlass, die Deputatsreduzierungen für Prof. Dr. J., Prof. Dr. K., Prof. Dr. L. und Dr. M. sowie Prof. Dr. N. in Zweifel zu ziehen. Ausweislich der in den von der Antragsgegnerin überreichten Kapazitätsunterlagen befindlichen Protokollauszüge der Sitzungen hat der Fakultätsrat seine Entscheidung jeweils rechtsfehlerfrei unter Abwägung mit den Interessen der Studienbewerber getroffen (vgl. insoweit auch Senatsbeschl. v. 22.1.2019 - 2 NB 1695/17 u.a. -, juris Rn. 11 ff.).
Das Lehrangebot ist daher auf der Grundlage von 65 Stellen (mit zunächst 409,5 LVS) bereinigt um die Deputatsreduzierungen in einem Umfang von 28 LVS mit einer Lehrverpflichtung von insgesamt 381,5 LVS in Ansatz zu bringen.
3. Hiervon ist der anzuerkennende Dienstleistungsexport abzusetzen. Die Antragsgegnerin hat einen Dienstleistungsexport von insgesamt 56,1085 LVS in Ansatz gebracht, wobei sie für die Lehreinheit Zahnmedizin einen Wert von 35,0973 LVS (0,8666 x 81 : 2) berechnet hat, während das Verwaltungsgericht auf der Grundlage von 40 Studierenden der Zahnmedizin und einem Schwundfaktor von 0,9648 (40 x 0,9648 x 0,8666) lediglich einen Wert von 33,4438 LVS als gerechtfertigt ansieht. Das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, mit dem sie sich zum einen gegen die Berechnungsweise des Verwaltungsgerichts und zum anderen gegen die Verminderung des Dienstleistungsexports durch den Ansatz eines Schwundfaktors wendet, greift durch. Die Kapazitätsberechnung bezieht sich auf das gesamte Studienjahr 2018/2019 und nicht lediglich auf ein einzelnes Semester, sodass nach der richtigerweise anzuwendenden Formel Caq x Aq ./. 2 die Hälfte der Gesamtzulassungszahl der Zahnmedizin für das Studienjahr anzusetzen ist. Zudem ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass im Fall eines Dienstleistungsexports eine Schwundberechnung nicht vorzunehmen ist (vgl. zuletzt Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 43 m.w.N.). Hieran wird festgehalten.
4. Der Beschwerdeeinwand der Antragsgegnerin, das Verwaltungsgericht habe ihre Schwundberechnung der Teilstudienplätze im Zahlenwerk (1,1344) übernommen, jedoch den von ihr in Ansatz gebrachten Sondereffekt in dem Studienjahr 2016/2017 (Schwundfaktor mit Sondersituation 1,1171 - Schwundfaktor ohne Sondersituation 1,0690 = 0,0481), der sie zu einer Korrektur des effektiven Schwundfaktors (1,1344 - 0,0481 = 1,0863 und nicht wie vom Verwaltungsgericht angenommen 1,0690) veranlasst habe, zu Unrecht nicht berücksichtigt, greift durch.
Nach § 16 KapVO ist die Aufnahmekapazität zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Studienabbruchs, Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. In der Praxis erfolgt die Schwundberechnung in der Regel nach dem sogenannten Hamburger Modell; hiervon gehen in einem ersten Schritt zu Recht sowohl die Antragsgegnerin als auch die Antragsteller aus. Das Verwaltungsgericht akzeptiert nur den zweiten Schritt nicht, den die Antragsgegnerin mit der Einbeziehung eines Sondereffekts gegangen ist. Diesen Sondereffekt sieht die Antragsgegnerin darin begründet, dass die Erhöhung der Vollstudienplätze durch die geänderte Rechtsprechung des Senats hinsichtlich der Einbeziehung der Privatpatienten im Studienjahr 2016/2017 naturgemäß zu einer entsprechenden Senkung der Teilstudienplätze geführt habe. Da in höheren Fachsemestern des Teilstudiums dementsprechend Schwund nicht mehr durch eine Aufnahme neuer Studierender ausgeglichen worden sei, sei es zu einem Sondereffekt gekommen, der für die Prognostik des künftigen Schwundverhaltens eliminiert werden dürfe.
Diese Berechnungsweise der Antragsgegnerin ist frei von Rechtsfehlern. Da die Schwundberechnung auf einer Prognoseentscheidung beruht, ist die von der Hochschule angewandte Rechnungsmethode nur einer eingeschränkten richterlichen Kontrolle zugänglich. Auch wenn das sogenannte Hamburger Modell anerkannt ist, ist es „nicht in Stein gemeißelt“, sondern als letztlich auf Fiktionen beruhend offen für Sondersituationen. Da es mithin keinen absolut richtigen Schwundausgleichsfaktor gibt, ist ebenfalls anerkannt, dass in atypisch gelagerten Fällen eine Korrektur der auf der Grundlage des sogenannten Hamburger Modells ermittelten Schwundberechnung eine Korrektur vorgenommen werden kann (vgl. hierzu Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, Band 2, 2013, Rn. 692 ff. m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Die Berechnung sieht daher wie folgt aus:
325,3915 LVS x 2 = 650,7830 : 1,6548 = 393,2698 |
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393,2698 - 33,4279 Molekulare Medizin = 359,8419 - 294,3356 Vollstudienplätze = |
Gerundet 71 Teilstudienplätze für das Studienjahr 2018/2019 |
WS 2018/2019: 36 Teilstudienplätze |
SoSe 2019: 35 Teilstudienplätze |
5. Ungeachtet des Umstandes, dass mithin weitere Teilstudienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität nicht vorhanden sind, sind zudem die im 1. Fachsemester des Sommersemesters 2019 ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungslisten erfolgten Überbuchungen in einem Umfang von einem Teilstudienplatz und einem Vollstudienplatz zu berücksichtigen (vgl. hierzu Senatsurt. v. 25.6.2019 - 2 LC 655/17 -, juris Rn. 71 f. und Senatsbeschl. v. 15.5.2019 - 2 NB 363/18 -, juris Rn. 25 ff., jeweils m.w.N.). Daher scheidet vorliegend auch ein Anspruch auf Zulassung auf einen Teilstudienplatz im 1. Fachsemester innerhalb der Kapazität aus.