Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.08.2012, Az.: 19 LD 2/10
Anwendung von § 15 Abs. 3 NDiszG bei strafbefreiender Honorierung lediglich des Rücktritt von einem Versuch durch den strafgerichtlichen Freispruch für den gleichen Sachverhalt; Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis gem. § 11 NDiszG
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.08.2012
- Aktenzeichen
- 19 LD 2/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 22918
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0828.19LD2.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs. 2 NDiszG
- § 15 Abs. 3 NDiszG
- § 24 StGB
- § 34 BeamtStG
- § 47 Abs. 1 BeamtStG
- § 17 Abs. 5 BDO
Fundstellen
- DÖV 2012, 980
- ZBR 2013, 143
Amtlicher Leitsatz
§ 15 Abs. 3 NDiszG steht einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, wenn der strafgerichtliche Freispuch für den gleichen Sachverhalt lediglich den Rücktritt von einem Versuch (§ 24, 31 StGB) als strafbefreiend honoriert.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.
Der am 20. Dezember 19 in F. /G. geborene Beklagte ist seit dem 19. April 20 mit Frau H., geb. I. verheiratet. Er hat mit seiner Ehefrau drei Kinder (geboren 20 , 20 , 20 ). Außerdem ist der Beklagte der leibliche Vater von zwei weiteren Kindern (J., geb. , K., geb. ). Beide Kinder stammen aus einer außerehelichen Beziehung zu Frau L..
Nachdem der Beklagte 19 die Mittlere Reife erworben hatte, schloss sich eine Ausbildung zum Industriemechaniker an. Anschließend arbeitete er bis Ende 20 in diesem Beruf, wobei er von 19 bis 19 seinen Wehrdienst ableistete.
Zum 2. Januar 20 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Obersekretäranwärter im Justizvollzugsdienst eingestellt, zum 2. Januar 20 zum Obersekretär im JVD z. A. und zum 2. Januar 20 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Die Prüfung für den Mittleren allgemeinen Justizvollzugsdienst hatte der Beklagte am 20. Dezember 20 mit der Note "gut" bestanden. Seine dienstlichen Fähigkeiten wurden zuletzt am 1. November 20 mit "entspricht den Anforderungen" beurteilt.
Der Beklagte ist bisher strafrechtlich und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
Dem Beklagten wird im vorliegenden Verfahren vorgeworfen, er habe versucht, einen ihm bekannten ehemaligen Häftling, Herrn M., zur Tötung von Frau L. anzustiften. Die Klägerin ging im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Am 10. März 20 sei Herr M. (ehemaliger Häftling der JVA N., Abteilung O., in der der Beklagte seinen Dienst versah) bei der Polizeiinspektion O. erschienen und habe erklärt, dass er am 2. oder 3. März 20 in der JVA einen Freund besucht habe. Dort sei er von dem Beklagten angesprochen worden. Dieser habe ihm erklärt, dass "seine Frau" ständig "Ärger" mache und ihn beauftragt, sie "wegzumachen". Am 4. März 20 habe er sich nochmals gegen 12.30 Uhr mit dem Beklagten in dessen Pkw in der Nähe der JVA getroffen und die Sache besprochen. Der Beklagte habe ihm das Foto einer Frau und einen Zettel mit Namen und Anschrift übergeben und ihn beauftragt, seine "Freundin wegzumachen", den Preis könne er bestimmen. Für den Fall, dass eine Waffe benötigt werde, würde er diese besorgen. Letztlich sei man so verblieben, dass der Beklagte ihm - Herrn M. - innerhalb einer Woche telefonisch melden werde, wann der Auftrag auszuführen sei. Er habe dieses Gespräch heimlich mit seinem Handy aufgenommen.
Der Beklagte wurde am 10. März 20 vorläufig in Untersuchungshaft genommen. Der Haftbefehl wurde am 2. April 20 außer Vollzug gesetzt.
Die Klägerin erteilte dem Beklagten am 12. März 20 ein Hausverbot für alle Bereiche der JVA N. und sprach durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 13. März 20 ein Verbot der Amtsführung gemäß § 87 NBG aus. Durch ebenfalls bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 11. April 20 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes gemäß § 38 NDiszG enthoben. Auf die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge verzichtete die Klägerin wegen der engen finanziellen Verhältnisse mit Rücksicht auf die Familie.
Bereits mit Verfügung vom 1. April 20 war gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet und bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt worden (§ 23 Abs. 1 Satz 3 NDiszG).
Durch Verfügung vom 7. Mai 20 wurde das Disziplinarverfahren zunächst darauf ausgedehnt, dass der Beklagte ohne entsprechende Erlaubnis eine Nebentätigkeit als Handwerker ausgeübt habe, gemäß § 20 Abs. 2 NDiszG aber später auf den Vorwurf, einen Tötungsauftrag zu Lasten seiner ehemaligen Geliebten erteilt zu haben, beschränkt.
Der Beklagte wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts O. vom 17. August 20 ( ) wegen strafbefreienden Rücktritts vom Vorwurf der Anstiftung zum Mord freigesprochen. Die Strafkammer hat zur Begründung ausgeführt:
"Von dem vorgenannten Anklagevorwurf war der Angeklagte aus rechtlichen Gründen freizusprechen. Zugunsten des Angeklagten ist die Kammer davon ausgegangen, dass dieser sein Vorhaben, Frau L. töten zu lassen, noch vor dem mit dem Zeugen M. für den 5. März 20 verabredeten weiteren Treffen freiwillig aufgegeben hat und damit von dem Versuch der Anstiftung zum Mord gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten ist. Der Versuch der Anstiftung war noch nicht beendet, denn es standen noch die Vereinbarung der Vergütung für den Zeugen M. sowie die Geldzahlung zur Besorgung einer Tatwaffe aus, so dass der mittellose Zeuge aus Sicht des Angeklagten mit der Tatausführung noch nicht beginnen konnte. Das bloße Unterlassen weiteren Handelns reichte in diesem Fall für den strafbefreienden Rücktritt vom Versuch aus (vgl. BGHSt 32, 134 [BGH 21.10.1983 - 2 StR 485/83])." (BA E Bl. 188 - 190)
Mit Verfügung vom 25. September 20 führte die Klägerin das Disziplinarverfahren fort. Die Ermittlungen in dem Disziplinarverfahren wurden nunmehr dem Zentralen juristischen Dienst im Niedersächsischen Justizvollzug in P. übertragen, weil wegen der Schwere der Vorwürfe die Erhebung der Disziplinarklage zu erwarten sei.
Unter dem 26. Februar 20 äußerte sich der Beklagte über seinen Anwalt in dem Disziplinarverfahren. Er gab an, er habe Herrn M. in der JVA angesprochen und ihm zunächst nur erzählt, dass er Probleme mit seiner Freundin habe und ihn gefragt, ob sie darüber reden könnten. Erst bei dem zweiten Treffen außerhalb der JVA habe er Herrn M. ein kleines Foto von Frau L. gezeigt und geäußert, da seine Freundin sowohl ihm als auch seiner Familie erheblichen Ärger mache, solle Herr M. sie wegmachen. ("Die hat mir so viel Theater gemacht, die Frau, meiner Familie und alles - mir egal. Mach die weg und sag mir, was Du dafür haben musst." Wortprotokoll der Handyaufnahme). Er habe die Anfangsbuchstaben des Autokennzeichens von Frau L. und deren Wohnadresse in Q. ebenso wie die Adresse ihrer Mutter in R. mit den dazugehörigen Rufnummern aufgeschrieben und zudem gesagt, dass man sich am nächsten Tag noch einmal treffen solle, um ein beim S. -Markt vergrößertes Foto als auch Geld zu übergeben. Nach dem Gespräch habe er dann jedoch die ganze Situation noch einmal Revue passieren lassen und erkannt, dass seine Äußerungen gegenüber Herrn M. aus einer emotionalen Belastung heraus entstanden seien, deren mögliche Konsequenzen er gar nicht wolle. Er habe sich daher entschlossen, von seinem weiteren Vorgehen Abstand zu nehmen und habe dieses am nächsten Tag dem Herrn M. deutlich mitteilen wollen. Anlass, unmittelbar Kontakt mit Herrn M. vor dem verabredeten weiteren Treffen aufzunehmen, habe aus seiner Sicht nicht bestanden, da für ihn - den Beklagten - klar gewesen sei, dass zu diesem Zeitpunkt ohne ein weiteres Treffen nichts passieren würde. Am nächsten Tag sei Herr M. zum Treffen nicht erschienen. Er - der Beklagte - sei hierüber erleichtert gewesen, da er davon ausgegangen sei, dass Herr M. die Angelegenheit nicht ernst genommen habe. Er habe im März unter einer besonderen Belastung gestanden. Er habe Frau L. 20 kennengelernt und eine außereheliche Beziehung zu ihr unterhalten. Seine Frau habe davon nichts gewusst. Ende 20 sei Frau L., die damals selbst noch verheiratet gewesen sei, schwanger geworden. Ihr damaliger Ehemann habe bestritten, Vater des Kindes zu sein. Später sei seine - des Beklagten - Vaterschaft festgestellt worden. Frau L. habe seit der Geburt von J. am von ihm immer wieder Geld gefordert mit der Drohung, ansonsten seine Ehefrau von der außerehelichen Beziehung und dem gemeinsamen Kind zu erzählen. In der Rückschau habe er ca. 2.000,-- bis 3.000,-- EUR in verschiedenen Raten gezahlt. Im Oktober 20 sei die außereheliche Beziehung seiner Ehefrau bekannt geworden. Er habe sich ihr gegenüber offenbart und mitgeteilt, dass die Beziehung beendet sei. Frau L. sei wieder von ihm schwanger geworden, kurz bevor seine Ehefrau das Verhältnis entdeckt habe, Frau L. habe weiter versucht, seine Ehe zu unterlaufen. Auch die Mutter von Frau L. habe sich in die Angelegenheit eingemischt und versucht, seine Familie unter Druck zu setzen. Die Bedrohungslage ergebe sich aus den verschiedenen SMS, die er von Frau L. und ihrer Mutter erhalten habe. Auch hätten beide Frauen mehrfach auf seiner Dienststelle angerufen, so dass er von seiner Vorgesetzten um ein persönliches Gespräch gebeten worden sei. Im Februar 20 habe Frau L. schließlich eine Strafanzeige gegen ihn wegen Bedrohung erstattet. Die gesamte Darstellung von Frau L. sei einseitig gewesen und das Verfahren sei gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. All dieses zeige, in welch hochgradig angespannter emotionaler Situation er sich Anfang des Jahres 20 und damit auch im März 20 befunden habe.
Nachdem dem Beklagten mit Schreiben vom 17. März 20 Gelegenheit gegeben worden war, sich abschließend zu äußern, legte der Ermittlungsführer am 4. Juni 20 den Ermittlungsbericht vor. Unter dem 25. Juni 20 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass beabsichtigt sei, Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst zu erheben.
Mit Eingang vom 28. August 20 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe den ehemaligen Strafgefangenen Herrn M. am 2. oder 3. und 4. März 20 zum Teil während der Ausübung seines Dienstes gegen versprochene Entlohnung zu bestimmen versucht, Frau L. zu töten. Er habe damit in gravierendem Maße gegen die Wohlverhaltenspflicht und die Gehorsamspflicht verstoßen und ein vollendetes Dienstvergehen begangen. Der strafbefreiende Rücktritt vom Versuch der Straftat habe keinen Einfluss auf die materiell-rechtliche Qualität des Fehlverhaltens in disziplinarrechtlicher Hinsicht. Erschwerend sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte gerade als Justizvollzugsbeamter gehalten gewesen sei, zur Nichtbegehung von Straftaten beizutragen und im Umgang mit entlassenen Gefangenen Zurückhaltung zu üben. Zwar sei der Beamte bislang disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten und habe auch in der Vergangenheit eine sehr engagierte Dienstauffassung gezeigt; auch sei von einer emotional angespannten Situation Anfang 20 auszugehen. Gleichwohl sei zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er den ehemaligen Strafgefangenen an zwei Tagen zu einem Verbrechen zum Nachteil von Frau L. zu bestimmen versucht habe und dass die Initiative hierzu von dem Beamten ausgegangen sei. Auch wenn man von einer (ausschließlich) außerdienstlichen Pflichtverletzung ausgehe, sei das Fehlverhalten in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in das Amt eines Justizvollzugsbeamten zu beeinträchtigen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat erneut auf den hohen emotionalen Druck verwiesen, den Frau L. zusammen mit ihrer Mutter gegenüber ihm und seiner Familie 20 /20 aufgebaut habe. Diese aufgestaute emotionale Belastung habe zu seinen Handlungen Anfang März 20 geführt, die er - da er nicht bereits bei dem ersten Treffen versucht habe, Herrn M. zum Mord anzustiften - außerhalb des Dienstes begangen habe und von denen er freiwillig wieder Abstand genommen habe. Dieser freiwillige Rücktritt sei bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sei auch, dass Herr M. es in dem zweiten Gespräch am 4. März 20 bewusst darauf angelegt habe, seine emotionale Erregung noch zu steigern, so dass es schließlich zu den eingeräumten Äußerungen gekommen sei. Unter Beachtung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles sei die Entfernung aus dem Dienst unverhältnismäßig.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den Beklagten eines Dienstvergehens für schuldig befunden und ihn aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, mit dem von dem Beklagten letztlich eingeräumten Verhalten habe er ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Entgegen den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sei nicht davon auszugehen, dass er bei dem ersten Gespräch mit Herrn M. am 2./3. März 20 nur über Beziehungsprobleme habe sprechen wollen, sondern es sei zugrunde zu legen, dass er ihn bereits damals in seine Mordpläne eingeweiht habe. Anders sei nicht zu erklären, dass Herr M. bei dem zweiten Treffen am nächsten Tag bereits sein Handy eingesetzt und das Gespräch heimlich aufgezeichnet habe. Selbst wenn man aber zugunsten des Beklagten unterstelle, dass er die Anstiftungshandlung erst am 4. März 20 außerhalb des Dienstes begangen habe, läge ein schweres Dienstvergehen vor. Es sei von einem endgültigen und vollständigen Verlust seines Ansehens auszugehen. Zureichende Anhaltspunkte für eine persönlichkeitsfremde, kurzschlussartige Gelegenheitstat lägen nicht vor. Zwar sei zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er den ihm vorgehaltenen Sachverhalt eingeräumt habe, freiwillig vom Versuch der Anstiftung zum Mord zurückzutreten sei und sich zudem in schwierigen familiären Verhältnissen befunden habe. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass seine Ehefrau im Zeitpunkt der ihm vorgehaltenen Handlungen bereits über seine außereheliche Beziehung informiert gewesen sei. Auch hätte er seinen Vorgesetzten seine schwierigen familiären Verhältnisse offenlegen können. Zu Lasten des Beklagten sei zudem zu berücksichtigen, dass Frau L. Anfang März 20 erneut von ihm schwanger gewesen sei. In zusammenhängender Würdigung sei das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit unwiderruflich zerstört, so dass eine weitere Beschäftigung gerade im Justizvollzugsdienst nicht vorstellbar sei.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
Er vertieft seine Darstellung, dass er bei seinem ersten Gespräch mit Herrn M. in der Anstalt den Wunsch nach einer Tötung von Frau L. noch nicht ausgesprochen habe. Herr M. habe wohl bemerkt, dass er gedrückter Stimmung gewesen sei; darauf habe man sich verabredet, um über seine Probleme zu reden. Diese Gelegenheit habe sich am nächsten Tag ergeben, als ihm gegen 12:30 Uhr bei einer Autofahrt Herr M. zu Fuß entgegengekommen sei, der dann ins Auto gestiegen sei.
Die ersten zehn Minuten des dann begonnenen Gesprächs seien von Herrn M. noch nicht aufgenommen worden. In diesem Zeitraum habe er Herrn M. die Situation mit Frau L. erläutert und gemeint, dass sie zur Einschüchterung einen Denkzettel benötige. Gesprochen worden sei z.B. darüber, dass Herr M. sie aufsuchen und ihr eine Backpfeife geben könne, um sie zu einem Ablassen zu bewegen. Herr M. habe das Gespräch dann in die Richtung gelenkt, dass es etwas mehr als ein Denkzettel sein müsse, und gefragt, warum er das Problem nicht ganz aus der Welt schaffen wolle. Erst danach habe er die Aufzeichnung des Gesprächs auf seinem Handy begonnen. Es sei davon auszugehen, dass Herr M. die Gelegenheit habe nutzen wollen, um sein Verhältnis zur Polizei zu verbessern, die gerade zwei Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt habe. Offenbar habe er von der Polizei auch eine Belohnung erhalten wollen.
Im Übrigen trägt er im Wesentlichen vor, das ihm zur Last zu legende Verhalten rechtfertige nicht die Entfernung aus dem Dienst. Das Verwaltungsgericht habe die Gesamtumstände der Tat bei der Urteilsfindung nicht zureichend berücksichtigt und insbesondere seiner persönlichen Ausnahmesituation kein zureichendes Gewicht beigemessen. Frau L. habe ihn nicht nur erpresst, sondern terrorisiert, indem sie ihm gegenüber geäußert habe, dass sie ihn "vernichten" und dafür sorgen werde, dass er Frau, Kinder und Job verliere. Nicht berücksichtigt worden sei zudem, dass er bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten und seinen Dienstpflichten sonst gewissenhaft nachgekommen sei. Das von ihm eingeräumte Verhalten sei mit seinem Persönlichkeitsbild nicht in Übereinklang zu bringen. Auch dies belege, dass er sich Anfang März 20 in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe, die ihn kurzzeitig seine Stellung als Beamter habe vergessen lassen. Er habe sich allerdings selbst noch rechtzeitig besonnen. Es sei nicht davon auszugehen, dass er künftig erneut gegen seine Dienstpflichten verstoßen werde. Von einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses sei daher nicht auszugehen, so dass eine mildere Maßnahme in Betracht komme (Versetzung in ein anderes Amt derselben Laufbahn, Versetzung an eine andere Justizvollzugsanstalt). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe seine Ehefrau auch von der zweiten Schwangerschaft gewusst.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und auf eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, von einem persönlichkeitsfremden Gelegenheitsversagen sei nicht auszugehen. Der Beklagte sei zwar von Frau L. unter Druck gesetzt und ihm sei die Zerstörung seiner Ehe angedroht worden, gleichwohl sei er planvoll vorgegangen und habe mehrere Gespräche mit M. geführt. Er habe zudem vorhersehen können, dass die von ihm gelebte Dreiecksbeziehung zu Schwierigkeiten führen könnte. Der strafbefreiende Rücktritt vom Versuch der Anstiftung stehe der Ahndung des Verhaltens in disziplinarrechtlicher Hinsicht nicht entgegen. Das schwere Dienstvergehen sei auch nicht mit einer milderen Disziplinarmaßnahme zu ahnden. Eine Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (§ 10 Abs. 1 NDiszG) komme aufgrund des nachhaltig zerstörten Vertrauensverhältnisses nicht in Betracht. Bei der von dem Beklagten angesprochenen Versetzung an eine andere Anstalt handele es sich nicht um eine nach dem Disziplinarrecht mögliche Maßnahme. Im Übrigen würde sich das Problem des zerstörten Vertrauensverhältnisses auch bei anderen Justizvollzugsanstalten stellen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 5. März 2012 das Begehren des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels zureichender Erfolgsaussicht abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. In der mündlichen Verhandlung ist ferner das von Herrn M. im Kraftfahrzeug des Beklagten aufgezeichnete Gespräch per Rechner und Beamer vorgespielt worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis gem. § 11 NDiszG erkannt.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v 28.7.2011 - 2 C 16.10 -, RiA 2011, 267 = ZBR 2011, 414 [BVerwG 28.07.2011 - BVerwG 2 C 16.10]) ist eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung nicht zulässig. Der Senat hat daher aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung seine bisherige zu Disziplinarklagen unter Geltung des Niedersächsischen Disziplinargesetzes vertretene gegenteilige Ansicht (vgl. zuletzt Senat, Urt. v. 28.9.2011 - 19 LD 3/09 - m.w.N.) aufgegeben und folgt der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Senat, Urt. v. 8.2.2012 - 19 LD 5/10 -). Die Disziplinarklage in der Berufungsinstanz ist daher gem. §§ 4 NDiszG, 128 Satz 1 VwGO in gleichem Umfang zu überprüfen wie im erstinstanzlichen Verfahren.
In tatsächlicher Hinsicht spricht Einiges für die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte Herrn M. bereits bei der ersten Kontaktaufnahme in der JVA in seine Pläne eingeweiht und ihn gebeten hat, Frau L. "wegzumachen". So hat er in seiner schriftlichen Einlassung in dem Strafverfahren unter dem 7. August 20 selbst ausgeführt:
"Am 3. März 20 erschien der Zeuge M. in der JVA O., Abteilung O., um einen Häftling zu besuchen. Hierbei kamen der Zeuge und ich ins Gespräch. Im Rahmen des Gespräches erklärte ich ihm, dass ich erhebliche Probleme mit einer Frau habe. Dieses Gespräch nahm eine Wendung, die ich heute sehr bereue und die mir sehr leid tut. Das Gespräch drehte sich um die Möglichkeit, Frau L. "wegzumachen", wobei ich ihm hierfür Geld anbot ohne eine konkrete Summe zu nennen. Zudem sollte ich dem Zeugen M. Geld für die Besorgung einer Waffe zur Ausführung der Tat geben, da er nicht über eine Waffe verfügen würde. Wir vereinbarten uns am nächsten Tag zu treffen, ich sollte bei ihm vorbeikommen, dort wollten wir dann darüber reden.
Am 4. März 20 fuhr ich dann bei dem Zeugen M. vorbei und traf ihn vor seinem Haus auf der Straße. Zu dem Treffen hatte ich die Adresse von Frau L. und ein Foto von ihr mitgebracht. In meinem Auto unterhielten wir uns dann über die Angelegenheit. Dieses Gespräch ist ja dann von dem Zeugen aufgezeichnet worden..." (BA E BL. 185, vgl. auch Schriftsatz v. 10.6.20 in Strafverfahren BA E Bl. 152)
Damit in Übereinstimmung steht die Zeugenaussage von Herrn M. gegenüber der Polizeiinspektion O. vom 10. März 20 , wonach bereits bei dem ersten Gespräch in der JVA von "der Knarre" gesprochen worden sei.
Der Beklagte hat allerdings seine im Disziplinarverfahren abgegebene, hiervon abweichende Schilderung (Schriftsatz v. 26.2.20 , sowie Erklärung des Beklagten in seiner Einlassung vor dem Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 20 ), er habe bei seiner ersten Kontaktaufnahme mit Herrn M. in der JVA diesen nur gefragt, ob er über Probleme mit seiner Freundin mit ihm reden könne, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals vertieft. Für sich gesehen wäre auch dieser Geschehensablauf nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
Der Senat sieht sich gleichwohl zu einer zeugenschaftlichen Vernehmung von Herrn M. nicht gehalten. Denn eine Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch dann geboten, wenn seine Darstellung im Disziplinarverfahren als richtig unterstellt wird, mithin auch angenommen wird, dass Herr M. den Beklagten selbst in die Richtung gedrängt hat, über einen "Denkzettel" hinaus die Tötung von Frau L. zu betreiben.
Zunächst ist davon auszugehen, dass die am 4. März 20 ausgesprochene Aufforderung "Mach die weg und sag mir, was du dafür haben musst" auf die Tötung von Frau L. gerichtet war; diese Aufforderung ist entgegen der Darlegung des Beklagten im Berufungsverfahren keiner anderen Auslegung zugänglich.
Dieses Verhalten des Beklagten stellt ein innerdienstliches Dienstvergehen dar. Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als innerdienstlich ist dessen Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit (BVerwG, Beschl. v. 24.10.2006 - 1 DB 6/06 -, [...]). Auch wenn man zugunsten des Beklagten unterstellt, er habe die eigentliche Anstifterhandlung erst außerhalb der JVA begangen, fand zumindest die Anbahnung hierzu noch während des Dienstes des Beklagten in der JVA statt. Darüber hinaus gründete sich der Kontakt des Beklagten zu Herrn M. insgesamt auf deren früherer Beziehung als Justizvollzugsbeamter einerseits und als Strafgefangener andererseits.
Selbst wenn aber die Kontaktaufnahme zu Herrn M. als außerdienstlich einzustufen wäre, hätte der Beklagte ebenfalls die ihm nach § 62 Satz 3 NBG a.F. bzw. § 34 BeamtStG obliegende Pflicht verletzt, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert, und damit ein Dienstvergehen gem. § 85 NBG a.F. bzw. § 47 Abs. 1 BeamStG begangen. Allerdings ist im außerdienstlichen Bereich nicht jedes achtungs- und vertrauensschädigende Verhalten als pflichtwidrig einzustufen. Erforderlich ist vielmehr, dass das außerdienstliche Verhalten in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in den öffentlichen Dienst zu beeinträchtigen. Die Kontaktaufnahme mit einer dritten Person, um die "lästig gewordene" Geliebte zu töten, ist (auch) im außerdienstlichen Bereich in gravierendem Maße achtungs- und vertrauensschädigend. Das gilt umso mehr, als der Beklagte als Beamter im Justizvollzugsdienst dem Resozialisierungsauftrag verpflichtet ist und gegenüber Gefangenen und Entlassenen als Vorbild wirken soll.
Eine günstigere Betrachtung ist auch dann nicht angebracht, wenn man zugunsten des Beklagten davon ausgeht, er habe Frau L. durch Herrn M. zunächst nur einen "Denkzettel" verpassen lassen wollen und sei erst durch Herrn M. selbst auf den Gedanken an eine Tötung gebracht worden. Soweit das fragliche Gespräch - von einem nach dieser Darstellung späteren Zeitpunkt ab - mit dem Handy von Herrn M. aufgezeichnet worden ist, erweist die in der mündlichen Verhandlung vorgespielte Aufzeichnung nicht, dass der Beklagte fremdbestimmt handelte. Er gab Herrn M. in unaufgeregter, geschäftsmäßiger Weise Anweisungen und Informationen. Der Beklagte hatte jedenfalls in dieser Phase des Gesprächs die Initiative inne und zeigte keine Hemmungen, die zur Identifizierung des Opfers gegebenen Informationen in den Dienst nicht eines bloßen Denkzettels, sondern einer Tötung zu stellen.
Der Beklagte hat das Dienstvergehen schuldhaft begangen.
Das Verschulden besteht dabei aus zwei Elementen, nämlich der subjektiven Vorwerfbarkeit (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) sowie aus dem Fehlen von Schuldausschließungsgründen (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Oktober 2011, § 2 Rn 36 ff.). Hier ist von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. Zureichende Annahme für Schuldausschließungsgründe (im Sinne des § 20 StGB) - eine bloße verminderte Schuldfähigkeit ist erst bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mit zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 27.11.2001 - 1 D 64 /00 -, [...]; Gansen, a.a.O., § 2 BDG Rn 40; § 13 BDG Rn 31) - liegen nicht vor.
Der strafbefreiende Rücktritt von dem Versuch der Anstiftung (§ 31 StGB) hat keinen Einfluss auf die materiellrechtliche Qualifikation des Fehlverhaltens als Dienstvergehen. Er hat hier zwar im Strafverfahren zu einem Freispruch geführt. Insoweit besagt § 15 Abs. 3 NDiszG:
"Ist die Beamtin oder der Beamte im Straf- oder Bußgeldverfahren rechtskräftig freigesprochen worden, so darf wegen des Sachverhalts, der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gewesen ist, eine Disziplinarmaßnahme nur ausgesprochen werden, wenn dieser Sachverhalt ein Dienstvergehen darstellt, ohne den Tatbestand einer Strafvorschrift oder einer Bußgeldvorschrift zu erfüllen."
Diese Vorschrift ist indes - wie auch gleichlautende Vorschriften des Bundes und anderer Länder (vgl. Pflaum, BayVBl. 2012, 485) - einschränkend auszulegen. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt (Urt. v. 6.6.2000 - 1 D 66/98 -, NJW 2001, 1151):
"Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 21. März 1974 (a.a.O.) die Anwendbarkeit des § 17 Abs. 5 BDO auf Freisprüche aus materiellen Gründen, wie das Nichtvorliegen oder die Nichtbeweisbarkeit einer Straftat, beschränkt. Daran ist festzuhalten. Eine einschränkende Auslegung des Begriffs des Freispruchs ist bereits in der Vorschrift selbst angelegt. § 17 Abs. 5 BDO verbietet eine disziplinarrechtliche Verfolgung grundsätzlich wegen der Tatsachen, die vom Strafgericht geprüft wurden und damit Gegenstand des freisprechenden Urteils geworden sind. Die Zuordnung der Tatsachen, die Gegenstand der strafgerichtlichen Entscheidung waren, zu dem "Tatbestand einer Strafvorschrift" spricht dafür, dass nur derjenige Freispruch eine disziplinare Ahndung hindern soll, der auf einer Verneinung des Tatbestands einer Strafnorm durch das Strafgericht beruht. Nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 5 BDO erfasst der Begriff des Tatbestands einer Strafvorschrift dabei nicht nur den objektiven Teil der Strafnorm, sondern - wie der Begriff des Tatbestands des Dienstvergehens (Köhler/Ratz, BDO, 2. Aufl. 1994, A.I Rn. 1) - auch die Schuldfrage, ist andererseits aber insoweit auch beschränkt. Die Bestimmung dient neben der Nutzung der besseren Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden der Verhinderung gegensätzlicher Entscheidungen (vgl. Urteil vom 14. Mai 1986 - BVerwG 1 D 157.85 -, BVerwG DokBer B 1986, 209, zu § 18 BDO). Sie will ausschließen, dass Gesichtspunkte, die sowohl von den Straf- als auch von den Disziplinargerichten einer Prüfung zu unterziehen sind, unterschiedlich beurteilt werden. Soweit das Prüfungsprogramm von Straf- und Disziplinargericht identisch ist, darf das Disziplinargericht nicht zu Lasten des Beamten von der Entscheidung des Strafgerichts abweichen. Da das Prüfungsprogramm von beiden Gerichten Ermittlungen zur Tat- und Schuldfrage verlangt, verbietet § 17 Abs. 5 BDO dem Disziplinargericht, von den Erkenntnissen des Strafgerichts zur Tat und Schuld zu.U.ngunsten des Beamten abzuweichen (so auch Weiß, GKÖD II Teil 3, K § 17 Rn. 39, 45). Vorliegend beruht der Freispruch des Beamten nicht darauf, dass das Strafgericht den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung oder die Schuld verneint hat - hieran wäre der Senat gebunden -, sondern auf dem in § 371 Abs. 1 AO normierten persönlichen Strafaufhebungsgrund der Selbstanzeige, der den objektiven Tatbestand und den Schuldvorwurf gerade voraussetzt und die Rechtsfolge des § 17 Abs. 5 BDO deshalb nicht auslöst."
Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung hat der Gesetzentwurf zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts (Drs. 15/1130, S. 56, vgl. dazu Bieler/Lukat, Niedersächsisches Disziplinargesetz, § 15 Rdnr. 11) ausgeführt, bei Freispruch wegen eines persönlichen Strafaufhebungsgrundes, der die Erfüllung eines Tatbestandes und eine Schuld voraussetze, solle weiterhin eine Disziplinarmaßnahme möglich sein. Davon gehen auch die Kommentierungen vergleichbarer bundesrechtlicher Vorschriften aus (vgl. z.B. Urban/Wittkowski, BDG, 2011, § 14 Rdnr. 26; so auch schon Claussen/Janzen, Bundesdisziplinarordnung, 8. Aufl. 1996, § 17 Rdnr. 16a). Ob der Rücktritt vom Versuch nach den §§ 24, 31 StGB systematisch/terminologisch als persönlicher Strafaufhebungsgrund anzusehen ist, wird uneinheitlich behandelt, entspricht aber herrschender Meinung (vgl. Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 24 Rdnr. 4). Eine abweichende Beurteilung ist im Übrigen auch dann nicht geboten, wenn man ihn als persönlichen Strafausschließungsgrund bewertet (vgl. BGH, Beschl. v. 18.9.1990 - 5 StR 396/90 -, JR 1991, 246 [BGH 18.09.1990 - 5 StR 396/90]; ferner Schönke/Schröder, StGB, a.a.O., § 31 Rdnr. 1),
Bei strafbefreiendem Rücktritt von einem Versuch ist es im Übrigen auch in der Sache angemessen, das Verhalten des Beamten eigenständig unter disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Insoweit ist die unterschiedliche Zielsetzung von Strafrecht einerseits und Disziplinarrecht andererseits zu berücksichtigen. Das Strafrecht, dem es auch um die Verhinderung der sozialschädlichen Straftat geht, schafft durch die strafbefreiende Wirkung eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch einen Anreiz für den "Täter", den Eintritt des Erfolges doch noch zu verhindern. Diese rechtspolitische Erwägung gilt für die disziplinarrechtliche Beurteilung nicht. Bei dieser stehen nicht die Tat als solche im Vordergrund, sondern die durch sie zum Ausdruck gekommenen Charakter- und Persönlichkeitsmängel des Täters und die Frage, inwieweit er sich durch die Tat in seinem Amt disqualifiziert hat, ob er überhaupt noch im Dienstverhältnis verwendet werden kann oder daraus entfernt werden muss. Danach verstößt bereits der Versuch einer Straftat gegen dienstliche Pflichten, weil der Täter damit die berufserforderliche Integrität verletzt und bei Verschulden ein Dienstvergehen vollendet. Der "Versuch eines Dienstvergehens" ist in diesem Zusammenhang schon begrifflich ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.3.2012 - 2 B 96.11 -, [...]). Ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch der Straftat lässt aber u.U. eine mildere Beurteilung des Dienstvergehens zu, ist daher eine Frage der Maßnahmebemessung, nicht der rechtlichen Beurteilung des Fehlverhaltens (BverwG, Urt. v. 13.6.1989 - 2 WD 2/89 -, ZBR 1990, 215).
Das mithin schuldhafte Dienstvergehen rechtfertigt auch unter Berücksichtigung des Rücktritts die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG ist ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
Die Entscheidung darüber, wann und unter welchen Voraussetzungen die nach der genannten Vorschrift für die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen "schweres Dienstvergehen" und "endgültiger Vertrauensverlust" erfüllt sind, ist dabei an den in § 14 Abs.1 Satz 2 bis 4 NDiszG enthaltenen, generell geltenden Bemessungskriterien zu orientieren. Diese Bemessungskriterien sind die Schwere des Dienstvergehens, der Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und das Persönlichkeitsbild des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 - 4 NDiszG). Auch wenn § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG das zuletzt genannte Kriterium nicht ausdrücklich erwähnt, darf dieses Bemessungskriterium bei Dienstvergehen im Regelungsbereich des § 14 Abs. 2 NDiszG nicht unberücksichtigt bleiben. Eine objektive und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechende Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme setzt voraus, dass die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die Disziplinarmaßnahme muss mithin unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
Bei der Auslegung des Begriffs des schweren Dienstvergehens ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können objektive Handlungsmerkmale bestimmend sein, insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, sowie subjektive Handlungsmerkmale, insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten, und unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte.
Die Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten erwartet wird. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter, daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen.
Das Bemessungskriterium des Persönlichkeitsbildes des Beamten erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (vgl. zum Vorstehenden allg. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8.12.2004 - 2 BvR 52/02 -, NJW 2005, 1344 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 ff., Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9/06 -, NVwZ-RR 2007, 695 und jeweils [...]; Sen. Urt. v. 9.6.2010 - 19 LD 12/07 -; OVG d. Saarlandes, Urt. v. 29.9.2009 - 7 A 323/09 -, [...]).
Die Schwere des Dienstvergehens ergibt sich hier daraus, dass der Beamte zur Lösung eigener Probleme den Tod eines anderen Menschen ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Ein im Justizvollzugsdienst tätiger Beamter, der einen Täter für ein gegenüber seiner ehemaligen Geliebten zu verübendes Tötungsdelikt sucht, handelt in äußerst grober Weise achtungs- und ansehensschädigend und untergräbt mit seinem Verhalten Funktionsfähigkeit und Ansehen des öffentlichen Dienstes. Dies bedeutet gleichzeitig, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Amtsführung durch ein derartiges Verhalten endgültig zerstört wird, unabhängig davon, ob strafrechtlich ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch vorliegt. Dies gilt um so mehr, als der Beklagte aufgrund seiner Tätigkeit im Justizvollzugsdienst dem Resozialisierungsgedanken verpflichtet war und seine dienstliche Aufgabe darin bestand, Recht und Ordnung zu schützen und Gefahren von anderen abzuwenden. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der Beklagte trotz seines Freispruches von Strafgefangenen nicht mehr ernst genommen würde und den notwendigen Respekt verloren hat. Auch das Verhältnis zu den Kollegen im Justizvollzugsdienst, die sich um eine vorbildliche Haltung gegenüber den Strafbefangenen bemühen, wäre nachhaltig und unreparabel gestört.
Milderungsgründe (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 2.3.2012 - 2 B 8.11 -, [...]) liegen nicht vor. Insbesondere kann sich der Beklagte nicht auf ein Handeln in besonderen Konfliktsituationen, hier in einer psychischen Ausnahmesituation berufen; denn eine persönlichkeitsfremde kurzschlussartige Gelegenheitstat vermag der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht nicht zu erkennen. Insbesondere die Gesprächsaufzeichnung ergibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine Steuerungsfähigkeit auch nur ansatzweise eingebüßt hatte; seine Vorgehensweise wirkte vielmehr zielgerichtet und planvoll. Hinzu kommt, dass die belastende Dreieckssituation schon seit längerem bestand, eine "Bedrohung" des Familienlebens des Beklagten mithin nicht erst unvermutet Anfang März 20 auftrat.
Zwar ist zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er den ihm vorgehaltenen Sachverhalt vor dem Strafgericht und im Disziplinarverfahren im Wesentlichen eingeräumt hat. Ebenso ist sein Rücktritt von dem Versuch der Anstiftung zum Mord in die Erwägungen mit einzustellen, wie auch seine aus der Dreieckssituation angespannte familiäre Situation. Erschwerend fällt andererseits ins Gewicht, dass er sich durch sein eigenes Verhalten in diese Situation gebracht und von der Möglichkeit, rechtzeitig ein Gespräch mit seiner Ehefrau und/oder mit Vorgesetzten zu suchen, keinen Gebrauch gemacht hat. Zu Lasten des Beklagten ist weiter zu werten, dass Frau L. im März 20 erneut von ihm schwanger war. Die bislang beanstandungsfreie Tätigkeit im Justizvollzugsdienst ist nicht ausschlaggebend zu berücksichtigen, da die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten von einem Beamten erwartet werden kann (erk. Gericht., Urt. v. 27.5.2008 - 20 LD 5/07 -).
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zum Unterhaltsbeitrag (§ 11 Abs. 3 Satz 1 NDiszG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 69 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 NDiszG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Das Urteil ist rechtskräftig (§ 61 Abs. 2 NDiszG).