Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.08.2012, Az.: 2 ME 336/12
Voraussetzungen für eine unzumutbare Härte im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 NSchG; Vorliegen von pädagogischen Gründen im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 NSchG zum Besuch einer anderen als der zuständigen Schule
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.08.2012
- Aktenzeichen
- 2 ME 336/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 22221
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0824.2ME336.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 10.07.2012 - AZ: 4 B 31/12
Rechtsgrundlage
Fundstelle
- SchuR 2013, 69-70
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, ob die Voraussetzungen für eine unzumutbare Härte im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 NSchG und für pädagogische Gründe im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 NSchG zum Besuch einer anderen als der zuständigen Schule gegeben sind (hier: verneint).
Gründe
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. Juli 2012, mit dem es ihren Antrag, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller zu 1. mit Beginn des Schuljahres 2012/2013 vorläufig zum Besuch des 5. Schuljahrgangs (Sekundarstufe I) des Gymnasiums in E., hilfsweise des Gymnasiums in F. anstatt des aufgrund des Wohnsitzes in G. und der Schulbezirksfestlegung zuständigen Gymnasiums in H. zuzulassen, hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, den Antragstellern stehe ein Anordnungsanspruch nicht zur Seite, da der Antragsteller zu 1. angesichts der Festlegung von Schulbezirken verpflichtet sei, mit Beginn des kommenden Schuljahres das für seine Wohnanschrift zuständige Gymnasium in H. zu besuchen, ohne dass hiervon eine Ausnahme nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG erteilt werden könne. Weder die Entfernung und Erreichbarkeit der zuständigen Schule noch die dargelegte Betreuungssituation begründeten eine unzumutbare Härte.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde, die in der Sache keinen Erfolg hat, da sie einen Anordnungsanspruch für die von ihnen begehrte Ausnahmegenehmigung auch im zweiten Rechtszug nicht haben glaubhaft machen können (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO). Der Senat verweist zur Begründung zunächst auf die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dessen Begründung er folgt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Teils wiederholend, teils ergänzend ist hierzu Folgendes auszuführen:
Nach § 63 Abs. 3 Satz 1 NSchG haben die Schülerinnen und Schüler angesichts einer Festlegung von Schulbezirken diejenige Schule der von ihnen gewählten Schulform zu besuchen, in deren Schulbezirk sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Von diesem Grundsatz abweichend kann der Besuch einer anderen Schule nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG dann gestattet werden, wenn der Besuch der zuständigen Schule für die betreffenden Schülerinnen und Schüler oder deren Familien eine unzumutbare Härte darstellen würde (Nr. 1) oder der Besuch einer anderen Schule aus pädagogischen Gründen geboten erscheint (Nr. 2). Diese Voraussetzungen liegen nach der im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung nicht vor.
1.
Pädagogische Gründe, die es geboten erscheinen lassen, dass der Antragsteller zu 1. nicht die zuständige, sondern die (haupt- und hilfsweise) gewünschten Schulen besucht, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Ihr Wunsch, dass der Antragsteller zu 1. Latein als Wahlsprache bereits ab dem 5. Schuljahrgang wählt, während das Gymnasium in H. diese Wahlmöglichkeit erst ab dem darauffolgenden Schuljahrgang anbietet, stellt keinen anzuerkennenden pädagogischen Grund im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 NSchG dar. Etwas anderes könnte unter Umständen lediglich dann gelten, wenn die gewünschte Wahlsprache an der zuständigen Schule überhaupt nicht angeboten wird und darüber hinaus besonders nachvollziehbare und hinreichend konkret benannte Gründe dafür, dass gerade diese Fremdsprache erlernt werden soll, angegeben werden (vgl. hierzu Brockmann, in: Brockmann/ Littmann/Schipp- mann, NSchG, Stand: April 2012, § 63 Anm. 5.2.2). An beidem fehlt es.
Gleiches gilt für die Einwände der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe die im Fall des Besuches der zuständigen Schule angesichts der Entfernung dieser Schule zu ihrem Wohnort von 45 km fehlende soziale Einbindung des Antragstellers zu 1. zur Schule und zu seinen Mitschülern sowie die für die Antragsteller zu 2. und 3. als Eltern mit Blick auf den erforderlichen und gewünschten Kontakt zur Schule (z. B. Elternsprechtage, Elternabende und -stammtische) gegebenen Benachteiligungen nicht hinreichend in Erwägung gezogen. Diese Gesichtspunkte stellen keine individuellen, nur auf ihren Einzelfall bezogenen Gründe dar, da mit derartigen Schwierigkeiten zahlreiche Schülerinnen und Schüler und ihre Erziehungsberechtigten konfrontiert sind. Mithin fehlt es an dem erforderlichen Ausnahmecharakter. Etwas anderes folgt nicht aus dem Vortrag der Antragsteller, ihnen sei kein Schulkind bekannt, das aus ihrem Wohnort das Gymnasium in H. besuche.
2.
Aber auch zu dem Aspekt der unzumutbaren Härte vermag der Senat der mit der Beschwerde verfolgten Annahme der Antragsteller, Härtegesichtspunkte würden dem von ihnen abgelehnten Schulbesuch des Antragstellers zu 1. am Gymnasium in H. entgegenstehen, nicht zu folgen.
Die Darlegung einer unzumutbaren Härte im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 NSchG verlangt mehr als das Anführen sachlicher Gründe oder den Hinweis auf reine Unbequemlichkeiten, die sich mit dem Besuch der zuständigen, sich aus der Schulbezirksfestsetzung ergebenden Schule ergeben könnten. Eine solche Härte ist erst dann anzunehmen, wenn die Nachteile, die eine Schülerin bei dem Besuch der zuständigen Pflichtschule zu erleiden hätte, ungleich schwerer sind als das öffentliche Interesse an einer Beibehaltung der Schulbezirkseinteilung und der damit verbundenen sinnvollen Verteilung der Schüler auf die von einem Schulträger angebotenen Schule. Die Annahme einer unzumutbaren Härte muss sich aus der besonderen Situation des Einzelfalls ergeben, der es schließlich rechtfertigt, dem sich hierauf berufenden Schüler und/oder seinen Erziehungsberechtigten im Verhältnis zu dem öffentlichen Interesse an der Beachtung der Schulbezirkseinteilung ausnahmsweise eine Sonderstellung einzuräumen (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 20.8.2012 - 2 ME 343/12 - [...]; Niehues/Rux, Schulrecht, 4. Aufl. 2006, Rdnr. 613, jeweils m. w. N.).
Anders als die Antragsteller meinen, rechtfertigt auch unter Berücksichtigung ihres Beschwerdevorbringens die besondere Situation ihres Einzelfalls die Erteilung der von ihnen begehrten Ausnahmegenehmigung nicht. Denn sie unterscheidet sich weder mit Blick auf die Entfernung und Erreichbarkeit des Gymnasiums in H. und die tägliche Gesamtbeanspruchung des Antragstellers zu 1. (dazu b) noch aufgrund der von den Antragstellern dargelegten Betreuungssituation (dazu a) in einer solchen Weise von anderen Schülern der Sekundarstufe I, dass der Besuch des für den Antragsteller zu 1. zuständigen Gymnasiums in H. als unzumutbar bezeichnet werden müsste.
a)
Die aufgrund der Berufstätigkeit der Antragsteller zu 2. und 3. bedingte Betreuungssituation rechtfertigt nicht die Annahme einer unzumutbaren Härte.
Wie der Senat in seinem Beschluss vom 14. September 2007 (- 2 ME 575/07 -, NdsVBl. 2008, 48 = [...]) im Einzelnen ausgeführt und in seiner weiteren Rechtsprechung (vgl. etwa Senat, Beschl. v. 11.6.2012 - 2 ME 188/12 -; Beschl. v. 12.8.2010 - 2 ME 245/10 -; vgl. auch VG Braunschweig, Beschl. v. 3.8.2010 - 6 B 126/10 -, [...]; s. allgemein Brockmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, a. a. O., § 63 Anm. 5.2.1 m. w. N.) bekräftigt hat, folgt eine rechtlich schutzwürdige Position bereits für einen Schulanfänger noch nicht allein aus der Berufstätigkeit seiner beiden Elternteile, weil ein derartiger Umstand heute nicht mehr als Ausnahmesituation anzusehen ist, sondern typischerweise eine größere Anzahl von Schülern und deren Erziehungsberechtigte betrifft. Abweichendes kann unter Umständen nur dann gelten, wenn mit der berufsbedingten Belastung der Erziehungsberechtigten weitere Umstände einhergehen, die sich auf die Betreuungssituation des schulpflichtigen Kindes auswirken können. So sind die Erziehungsberechtigten oder ein Elternteil von ihnen etwa nicht gehalten, ihre Berufstätigkeiten zugunsten der persönlichen Betreuung ihres Kindes einzuschränken oder gar aufzugeben, eine häusliche Betreuungskraft unter Aufwand der entsprechenden finanziellen Mittel zu beschäftigen oder unter vergleichbarem Einsatz finanzieller Mittel die vor- oder nachschulische Betreuung in einer sozialen öffentlichen Einrichtung sicherzustellen. Ist ein Grundschüler im Zusammenhang mit dem Schulbesuch vor und nach dem Unterricht betreuungsbedürftig, so obliegen die Auswahl der Betreuungsperson und die Ausgestaltung des Betreuungsverhältnisses grundsätzlich den Eltern. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass allein der Umstand, dass ein schulpflichtiges Kind neben dem Schulbesuch zusätzlicher Betreuung bedarf, Auswahl und Zuständigkeit der in Betracht kommenden Schule bestimmt. Angesichts des Ausnahmecharakters der nach § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG zu erteilenden Genehmigung und der besonderen Situation, aufgrund derer diese Genehmigung zu erteilen ist, ist vielmehr weiter nach der Ausgestaltung des von den Erziehungsberechtigten gewählten Betreuungsverhältnisses, der örtlichen Bindung und dem zeitlichen Umfang der Betreuung oder dem zeitlichen wie sachlichen Aufwand zu fragen, der für die Betreuungsperson mit der Wahrnehmung schulischer und außerschulischer Belange einschließlich der Begleitung des Kindes auf dem Schulweg verbunden ist.
Hieran gemessen vermag der Senat im Hinblick auf die Deckung des von den Antragstellern vorgetragenen nachschulischen Betreuungsbedarfs für den Antragsteller zu 1. und die im Fall des Besuchs der gewünschten Schulen gegebene Möglichkeit, diesen durch seine Großeltern sicherzustellen, eine unzumutbare, die streitbefangene Ausnahmeregelung rechtfertigende Härtesituation nicht zu erkennen. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass der Antragsteller zu 1. inzwischen zehn Jahre alt ist und ab dem kommenden Schuljahr die Sekundarstufe I besucht. Der Senat tritt auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragsteller der Ansicht des Verwaltungsgerichts bei, dass in der Regel ein Schüler der Sekundarstufe I (gar) keiner nachschulischen Betreuung durch seine Eltern oder Dritte bedarf. Gründe, die einen hiervon abweichenden Ausnahmefall rechtfertigen könnten, haben die Antragsteller weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht. Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus dem von den Antragstellern in ihrer Beschwerdebegründung hervorgehobenen Umstand, dass die Ganztagesbetreuung an Schulen aufgrund politischer und gesellschaftlicher Anforderungen immer mehr ausgebaut wird. Zum anderen haben die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen die auf ihren Einzelfall bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert infrage gestellt. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, ein etwaiger Betreuungsbedarf bestehe nur an den Tagen, an denen die Schule in H. um 13.00 Uhr ende und der Antragsteller zu 1. gegen 14.00 Uhr zu Hause eintreffe. Aufgrund des Nachmittagunterrichts an zwei Tagen und der Berufstätigkeit der Antragstellerin zu 2. an vier Tagen ergebe sich allenfalls ein Betreuungsbedarf an zwei Nachmittagen, wobei an diesen Tagen die Rückkehr der Antragstellerin zu 2. gegen 16.00 Uhr zu erwarten sei. Angesichts ihrer variablen Arbeitszeiten könne sie ihre häusliche Abwesenheit an diesen Tagen verkürzen, sodass nur ein geringer Betreuungsbedarf verbleibe. Daher geht auch der Senat davon aus, dass der - an dieser Stelle dem Grunde nach als notwendig unterstellte - Betreuungsbedarf des Antragstellers zu 1. zeitlich lediglich einen Umfang aufweist, den die Antragstellerin zu 2. auch mit Blick auf ihre Berufstätigkeit in zumutbarer Weise ohne weiteres selbst abdecken kann, ohne die Hilfe der Großeltern des Antragstellers zu 1. in Anspruch nehmen zu müssen.
b)
Eine unzumutbare Härte folgt auch weder aus der Entfernung und der Erreichbarkeit der zuständigen Schule in H. vom Wohnort der Antragsteller in G. (dazu aa) noch aus der täglichen Gesamtbeanspruchungszeit des Antragstellers zu 1. (dazu bb).
aa)
Die Kriterien der Entfernung und Erreichbarkeit der zuständige Schule können eine unzumutbare Härte begründen, wenn diese Schule vom Wohnort des Schülers und seiner Erziehungsberechtigten derart weit entfernt und so schwer zu erreichen ist, dass bei einem Besuch dieser Schule die Grenze der zumutbaren körperlichen Belastung überschritten wird. Das Kriterium der Erreichbarkeit der zuständigen Schule kann vor dem Hintergrund der gesetzlichen Verpflichtung des Trägers der Schülerbeförderung, die Schülerinnen und Schüler unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 NSchG) allerdings nur dann eine Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der unzumutbaren Härte im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 4 NSchG gewinnen, wenn sich ein nach seiner zeitlichen Länge und seinen Gesamtumständen zumutbarer Schulweg auch durch die Möglichkeiten der Schülerbeförderung nicht herstellen lässt (vgl. Brockmann, in: Brockmann/Littmann/ Schippmann, a. a. O., § 63 Anm. 5.2.1).
In der Rechtsprechung des Senats und des vormals für das Schulrecht zuständigen 13. Senats des beschließenden Gerichts ist geklärt, dass unter Berücksichtigung der allgemeinen altersgemäßen Belastbarkeit für Schülerinnen und Schüler von Regelschulen in der Sekundarstufe bereits ab der 5. Jahrgangsstufe ein Schulweg von einer Dauer von 60 Minuten reiner Fahrtzeit in einer Richtung zumutbar ist, wobei die Grenze der zusätzlich zu betrachtenden Wartezeit vor dem Unterricht bei rund 25 Minuten und nach dem Unterricht bei rund 45 Minuten angesetzt wird. Keine dieser Zeiten bildet jedoch eine feste Obergrenze, die bei der gerichtlichen Kontrolle als normativer Maßstab unmittelbar anwendbar wäre. Lediglich Wegezeiten von 90 Minuten je Fahrtrichtung sind unter pädagogischen Gesichtspunkten für diesen Schülerkreis als äußerste Grenze der Zumutbarkeit anzusehen (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 4.6.2008 - 2 LB 5/07 -, [...] Langtext Rdnr. 37 ff., insbesondere Rdnr. 42 <bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 15.1.2009 - BVerwG 6 B 78.08 -, [...] Langtext Rdnr. 4; die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 16.6.2009 - 1 BvR 419/09 - nicht zur Entscheidung angenommen>; Beschl. v. 12.8.2011 - 2 LA 283/10 -, [...] Langtext Rdnr. 10; jeweils m. w. N.; so auch Sächsisches OVG,Beschl. v. 16.4.2009 - 2 B 305/08 -, NVwZ-RR 2009, 729 <Leitsatz> = [...] Langtext Rdnr. 21).
Nach diesen Maßstäben ist der Schulweg für den Antragsteller zu 1. zu und von dem zuständigen Gymnasium in H. unter zumutbaren Bedingungen zu bewältigen.
Die Antragsteller stellen mit ihrer Beschwerdebegründung nicht in Zweifel, dass die genannten zeitlichen Grenzen hinsichtlich der morgendlichen Fahrten vom Wohnort zur Schule eingehalten werden. Soweit sie die Zumutbarkeit des morgendlichen Weges zur Schule deshalb in Zweifel ziehen, weil der Antragsteller zu 1. in dem um 7.17 Uhr in H. ankommenden Zug ohne Begleitung weiterer Schulkinder fahren müsste, ist dem entgegenzuhalten, dass es hierauf nicht ankommt. Einem Schüler der Sekundarstufe I ist es bereits ab dem fünften Schuljahrgang - gegebenenfalls nach vorheriger kurzer Einübung - ohne weiteres möglich und zumutbar, den Schulweg selbst bei Umsteigenotwendigkeiten ohne Begleitung zurückzulegen.
Aber auch hinsichtlich der (nach-)mittäglichen Rückfahrten des Antragstellers zu 1. von der Schule werden die zeitlichen Grenzen der Zumutbarkeit entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht überschritten. Die Fahrtzeit einschließlich der Wegezeit von der Schule zum Bahnhof beträgt an den Wochentagen Montag bis Donnerstag bei Inanspruchnahme des Ganztagesangebots insgesamt lediglich rund 67 Minuten. Nach der Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin fährt die Buslinie 600 an Schultagen montags bis donnerstags um 15.40 Uhr vom Bahnhof in H. ab. Auf die von den Antragstellern in ihrer Beschwerdebegründung in Bezug genommene alternative Fahrzeit mit dem Zug kommt es daher nicht entscheidungserheblich an. Diesen Bus kann der Antragsteller zu 1. bei einem Schulschluss um 15.25 Uhr in rund zehn Minuten unschwer erreichen. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Schule mit Rücksicht auf ihre Schülerinnen und Schüler und auch im Eigeninteresse für einen rechtzeitigen Schulschluss Sorge trägt. Der Bus erreicht anschließend den Bahnhof in I. um 15.55 Uhr, wo der Antragsteller zu 1. mit einem anderen, ebenfalls als Linie 600 gekennzeichneten Bus um 15.56 Uhr nach J. fährt. Dort steigt er um 16.24 Uhr in ein Taxi, das ihn zu seiner rund 8 km entfernt liegenden Wohnung befördert; diese erreicht er nach den Angaben der Antragsteller in erster Instanz nach weiteren 13 Minuten. An Freitagen beträgt die Fahrzeit einschließlich der Wegezeit von der Schule zum Bahnhof insgesamt rund 60 Minuten. An diesem Schultag hat der Antragsteller zu 1. spätestens nach der achten Unterrichtsstunde - insoweit nach unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin von den übrigen Wochentagen abweichend - bereits um 14.55 Uhr Schulschluss, sodass er mit dem Zug der K. GmbH um 15.22 Uhr am Bahnhof H. abfährt und um 15.46 Uhr am Bahnhof in J. ankommt, anschließend kommt er bei Benutzung des Taxis nach weiteren 13 Minuten um 15.59 Uhr an seinem Wohnort an.
An den Schultagen, an denen der Antragsteller zu 1. nicht an dem Ganztagsangebot des Gymnasiums H. teilnimmt oder diese Schule ein derartiges Angebot nicht bereit hält, ist die Rückfahrt ebenfalls in einer zumutbaren Zeit von rund 60 Minuten zu leisten. Dies stellen die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung auch nicht in Zweifel. Der Antragsteller zu 1. kann ausweislich des in erster Instanz vorgelegten Fahrplans bei einem Schulschluss nach der sechsten Unterrichtsstunde um 13.00 Uhr den um 13.22 Uhr am Bahnhof in H. abfahrenden Zug unschwer erreichen. Dieser Zug erreicht den Bahnhof L. um 13.44 Uhr, von wo der Antragsteller zu 1. in den Bus umsteigt, der um 13.49 Uhr abfährt und die Ortsmitte von G. um 13.59 Uhr erreicht. Von dort hat der Antragsteller einen Fußweg von drei Minuten zur elterlichen Wohnung.
bb)
Etwas anderes folgt nicht aus der von den Antragstellern als unzumutbar bezeichneten täglichen Gesamtbeanspruchungszeit des Antragstellers zu 1. als Fünfklässler. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des zuvor für das Schulrecht zuständigen 13. Senats des beschließenden Gerichts (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 20.2.2002 - 13 L 3502/00 -, NVwZ-RR 2002, 580 = [...] Langtext Rdnr. 28 unter Bezugnahme auf die Empfehlungen der "Niedersächsischen Landeskommission Schülertransport" vom März 1979) eine Belastungsgrenze für Schülerinnen und Schüler bis zu 15 Jahren von Schulweg, Unterricht und Hausaufgaben bei acht Stunden zieht, ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Rechtsprechung eine andere "Schulwirklichkeit" als heute zugrunde lag. Die heutige Schullandschaft ist insbesondere geprägt durch ein verstärktes Ganztagsschulangebot. Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 NSchG sollen bei Ganztagsschulen Unterricht und zusätzliches Förder- und Freizeitangebot acht Zeitstunden an einem Tag nicht überschreiten. Auch wenn derartige Ganztagsangebote freiwillig wahrgenommen werden und in den Betreuungszeiten zum Teil die Hausaufgabenerledigung stattfindet, so ist doch nicht zu verkennen, dass die unter heutigen Bedingungen als möglich und zumutbar angesehene zeitliche Belastung der Schülerinnen und Schüler mit den in § 23 Abs. 1 Satz 3 NSchG genannten acht Schulzeitstunden nicht mit den Vorstellungen der Empfehlungen der "Niedersächsischen Landeskommission Schülertransport" aus dem Jahr 1979 - und damit von vor über 30 Jahren - übereinstimmt. Die seinerzeitige Belastungsgrenze von acht Stunden wird unter den heutigen Gegebenheiten bereits vollständig durch die in der Schule verbrachte Zeit aufgebraucht, sodass für Fahrzeiten und sonstige Zeiten kein Raum mehr wäre.
Da mithin im Ergebnis weder eine unzumutbare Härte noch pädagogische Gründe für die Antragsteller streiten, ist die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass es auf die von den Antragstellern eingangs ihrer Beschwerdebegründung in Zweifel gezogene Zweckmäßigkeit der Beibehaltung der bestehenden Schulbezirksgrenzen ankommt. Gleiches gilt für die von den Antragstellern wie bereits in erster Instanz angeführten, aus ihrer Sicht vergleichbaren Fälle, in denen eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden sein soll, da ein Anspruch auf Fehlerwiederholung nicht besteht. Schließlich kommt es auf die Frage der Erreichbarkeit der von den Antragstellern gewünschten Schulen in E. und F. nicht an.