Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.08.2012, Az.: 2 NB 307/11
Feststellung des Bestandes von weiteren Studienplätzen im Bachelorstudiengang Psychologie der Universität Göttingen im Wintersemester 2011/12 im 1. Fachsemester
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.08.2012
- Aktenzeichen
- 2 NB 307/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 22098
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:0809.2NB307.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Göttingen - 02.11.2011 - AZ: 8 C 741/11
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, ob im Bachelorstudiengang Psychologie der Universität Göttingen im Wintersemester 2011/12 im 1. Fachsemester noch weitere Studienplätze bestehen.
Gründe
Durch Beschlüsse vom 2. November 2011, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, insgesamt elf Antragsteller, unter anderem die Antragsteller der vorliegenden Beschwerdeverfahren, nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2011/2012 vorläufig zum Studium der Psychologie/Bachelor im 1. Fachsemester zuzulassen; im Übrigen hat es die Anträge anderer Antragsteller abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Aufnahmekapazität in dem streitgegenständlichen Studiengang sei nicht lediglich auf 81 (wie in der Zulassungszahlen-Verordnung festgesetzt) bzw. 82 (wie von der Antragsgegnerin zugrunde gelegt), sondern auf 92 Studienplätze im 1. Fachsemester festzusetzen.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihren Beschwerden mit dem Ziel, die Anträge der Antragsteller insgesamt abzulehnen. Insbesondere rügt sie, dass das Verwaltungsgericht die Umwandlung einer C2/W2-Stelle in eine akademische Ratsstelle auf Zeit mit einem Lehrdeputat von 4 LVS sowie die vorgelegte aktualisierte Schwundberechnung nicht anerkannt und einen Sicherheitszuschlag von 15 v. H. auf das bereinigte Lehrangebot wegen der angeblich fehlenden Umsetzung des Zukunftsvertrages II vorgenommen hat. Kompensatorisch wendet sich die Antragstellerin zu 8. gegen die Anerkennung diverser Lehrdeputatsreduzierungen durch das Verwaltungsgericht.
II.
Die Beschwerden der Antragsgegnerin haben aus dem im Tenor ersichtlich Umfang Erfolg.
Die Rügen der Antragsgegnerin greifen lediglich zum Teil durch, während die kompensatorisch erhobenen Einwände der Antragsteller ohne Erfolg bleiben. Im Ergebnis sind die Anträge der Antragsteller zu 1., 3. bis 5. und 8. daher in Abänderung der erstinstanzlichen Beschlüsse abzulehnen, während die auf die Antragsteller zu 2., 6. und 7. sowie 9. bezogenen Beschwerden der Antragsgegnerin erfolglos sind. Dazu im Einzelnen:
1.
Richtigerweise ist nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - von einem bereinigten Lehrangebot von 147,7612 LVS, sondern von einem solchen von (230,04 - 27,6 = 202,44 LVS unbereinigtes Lehrangebot - 43,3722 LVS =) 159,0678 LVS pro Semester für die Lehreinheit Psychologie auszugehen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
1.1
Das Verwaltungsgericht hat die von der Antragsgegnerin vorgenommene Umwandlung einer bisher mit acht LVS (nunmehr neun LVS) bemessenen unbefristeten C2/W2-Stelle (Universitätsprofessor) in eine Akademische Ratsstelle auf Zeit mit einem Lehrdeputat von lediglich vier LVS zu Recht nicht anerkannt.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Senats zutreffend angeführt, die kapazitätsrechtlich relevante Umwandlung von Stellen sei zwar grundsätzlich möglich, es bedürfe hierfür aber zum einen sachlicher Gründe und zum anderen einer nachprüfbaren Abwägungsentscheidung. Diese letztere Abwägungsentscheidung erfordere eine sorgfältige Planung mit einer auf die einzelne Stelle bezogenen Abwägung der Aufgaben der Hochschule in Forschung, Lehre und Studium einerseits sowie der Rechte der Studienbewerber andererseits. Eine kapazitätsvermindernde Maßnahme sei mithin fehlerhaft und daher kapazitätsrechtlich unwirksam, wenn eine Abwägung gar nicht stattgefunden habe, wenn sie nicht willkürfrei auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts erfolgt oder wenn den Belangen der Studienplatzbewerber kein hinreichendes Gewicht beigemessen worden sei. Diese Voraussetzungen an den umfassenden Abwägungsvorgang seien nicht gegeben. Es seien den vorgelegten Unterlagen weder konkrete Abwägungsprozesse noch etwaige Alternativen zu entnehmen, vielmehr hätten lediglich die wirtschaftlichen Einsparaspekte im Vordergrund gestanden. Der Erhalt der einzigen C2/W2-Stelle in der Lehreinheit Psychologie sei möglich und die getroffene Entscheidung nicht alternativlos gewesen.
Das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. Die Antragsgegnerin beschränkt sich in ihrem Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 2. Dezember 2011 auf einen Verweis auf ihr Stellendispositionsermessen, das es ermögliche, eine Dauerstelle bei Ausscheiden ihres Inhabers in eine befristete Stelle umzuwandeln, und einen Hinweis auf die Notwendigkeit bei Bleibe- oder Berufungsverhandlungen, einen Pool von befristeten Stellen an der Hand zu haben. In diesem Zusammenhang verweist die Antragsgegnerin - wie in der ersten Instanz - auf die Verhandlungen mit Prof. J. und Prof. Dr. K., die beide als herausragende Hochschulzugehörige nur hätten gewonnen bzw. gehalten werden können, weil ihnen für ihre Lehrstühle jeweils eine - durch die Umwandlung geschaffene - halbe Qualifikationsstelle zugesagt worden sei. Mit diesem Beschwerdevorbringen wird die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht erfolgreich in Frage gestellt. Denn es fehlen jegliche Ausführungen zu der Frage der darüber hinaus erforderlichen hinreichenden Abwägung der Entscheidung der Antragsgegnerin mit den Folgen für die Studienplatzbewerber. Der bloße Hinweis der Antragsgegnerin, durch die beiden herausragenden Hochschullehrer sei der mit der Stellenumwandlung verbundene Kapazitätsverlust "als geringer" zu bewerten, reicht nicht aus. Zudem ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die konkrete Stellenumwandlung alternativlos war.
Auszugehen ist mithin von besetzbaren Stellen nach dem Stellenplan mit einem Lehrdeputat von insgesamt 230,04 (und nicht von 220,4, wie das Verwaltungsgericht meint). Die Differenz zu dem Ergebnis des Verwaltungsgericht beruht zum einen darauf, dass - wie noch auszuführen ist - der Senat die Lehrverpflichtung für Professoren bereits zum streitgegenständlichen Semester mit neun LVS (10 x 9 LVS = 90 LVS statt 10 x 8 LVS = 80 LVS) in Ansatz bringt. Zum anderen ist die Summe der Lehrverpflichtung der 4,51 FwN-Stellen mit 18,04 LVS in Ansatz zu bringen (4 x 4,51 LVS), sodass sich in der Summe eine Lehrverpflichtung von 230,04 (202 + 18,04) und nicht eine solche von 220,4 bzw. richtigerweise aufgrund der Berechnung des Verwaltungsgerichts von 220,04 LVS ergibt.
1.2
Die Ermäßigung der Lehrverpflichtung für Prof. Dr. K. in Höhe von zwei LVS als Dekanatsvertreter der Lehreinheit Psychologie ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nach dem im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes maßgeblichen Prüfungsmaßstabes bereits dem Grunde nach insgesamt nicht anzuerkennen. Das hierauf bezogene kompensatorische Vorbringen einer Antragstellerin, das der Senat von Gerichts wegen seiner Entscheidung insgesamt zugrunde zu legen hat, greift daher im Ergebnis durch.
Das Verwaltungsgericht hat diese auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 2 LVVO ergangene Deputatsreduzierung dem Grunde nach anerkannt. Hieran bestehen durchgreifende Zweifel. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LVVO wird die Lehrverpflichtung auf Antrag ermäßigt für Dekane nach Maßgabe der Grundordnung der Hochschule um bis zu 100 v. H. Sieht - wie hier - die Grundordnung der Hochschule weitere Mitglieder des Dekanats vor, so können diese nach Satz 2 Halbsatz 1 dieser Vorschrift eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung erhalten, wobei nach Satz 2 Halbsatz 2 des § 7 Abs. 1 LVVO diese Ermäßigungen und die Ermäßigungen nach Nr. 2 LVVO insgesamt die Grenze von 100 v. H. nicht überschreiten dürfen. Der Antragsgegnerin ist zwar zuzugestehen, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 LVVO durch die Verwendung des Begriffes "wird" darauf hindeutet, dass bei der Entscheidung über die Deputatsreduzierung ein Ermessen nicht auszuüben ist. Dies trifft auf Nr. 1 (nebenamtliche Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten) und Nr. 4. (Gleichstellungsbeauftragte) dieser Vorschrift auch uneingeschränkt zu. Etwas anderes gilt aber für Nr. 2 (Dekaninnen und Dekane) und Nr. 3 (Studiendekaninnen und Studiendekane). Denn in diesen letzteren Fällen erfolgt die Ermäßigung ausdrücklich lediglich "nach Maßgabe der Grundordnung". Daher spricht Einiges dafür, dass sich durch diesen Einschub die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Lehrdeputatsreduzierung letztlich aus der Grundordnung der Hochschule ergeben. Die Grundordnung der Georg-August-Universität Göttingen bestimmt in § 12 Abs. 4 Satz 3 (Grundordnung in der Fassung vom 20.1.9.2008) bzw. in § 12 Abs. 5 Satz 3 (Grundordnung in der Fassung vom 20.12.2010) aber, dass unter anderem die Mitglieder des Dekanats auf Antrag des Fakultätsrats vom Präsidium für die Dauer der Amtszeit (ganz oder teilweise) von der Lehrverpflichtung freigestellt werden können. Diese Formulierung der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LVVO für maßgeblich erklärten Grundordnung unter Verwendung des Begriffes "können" spricht dafür, dass es sehr wohl einer Ermessensentscheidung bedarf. In dieser Ermessensentscheidung ist dann aber auch konsequenterweise eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der insbesondere auch die Belange der Studienplatzbewerber in den Blick zu nehmen sind. Hieran fehlt es nach dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin. Folge dieses Ermessensausfalls ist in kapazitätsrechtlicher Hinsicht, dass diese Deputatsreduzierung insgesamt nicht anerkannt werden kann.
Auf die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage, in welchem Umfang diese Deputatsreduzierung in Ansatz zu bringen ist, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an. Gleichwohl merkt der Senat hierzu an, dass er dem Berechnungsansatz des Verwaltungsgerichts, das auf der Basis einer noch angenommenen Lehrverpflichtung von noch acht (und nicht neun) LVS lediglich eine anteilige Deputatsreduzierung von 1,6666 LVS in Ansatz gebracht hat, nicht folgen würde. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die durch die Änderungsverordnung vom 2. August 2011 (Nds. GVBl. S. 276) bewirkte Erhöhung der Lehrverpflichtung für Professoren und Hochschuldozenten in der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 30. September 2015 durch § 4 Abs. 1 Satz 2 LVVO n.F. um eine LVS auf neun LVS ist nach Art. 2 dieser Änderungsverordnung zwar erst am 1. Oktober 2011 in Kraft getreten. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, angesichts der in § 5 Abs. 2 KapVO bezeichneten zeitlichen Grenze "bis zum Beginn des Berechnungszeitraums" (1.10.2011) könne diese geänderte Fassung der LVVO im streitgegenständlichen Wintersemester 2011/2012, dessen Berechnungszeitraum am 1. Oktober 2011 begonnen habe, (noch) nicht berücksichtigt werden, ist hingegen nicht gerechtfertigt. Zum einen handelt es sich bei der durch den Verordnungsgeber normativ vorgenommenen Erhöhung der Lehrverpflichtung nicht um ein "Datum" für die Kapazitätsberechnung im Sinne des § 5 Abs. 2 KapVO. Vielmehr handelt es sich bei den Normen der LVVO um eine der Rechtsgrundlagen, nach denen die Kapazitätsberechnung vorzunehmen ist. Zum anderen ist in § 4 Abs. 1 Satz 2 LVVO bestimmt, dass die Lehrverpflichtung der genannten Lehrpersonen in der Zeit ab dem 1. Oktober 2011 und damit ab dem Beginn des Berechnungszeitraums des streitgegenständlichen Semesters neun LVS beträgt. Durch diese Formulierung hat der Verordnungsgeber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Erhöhung der Lehrverpflichtung bereits zu Beginn des Wintersemesters 2011/2012 wirksam werden soll. Soweit ersichtlich sind die Hochschulen im Land Niedersachsen dieser Verpflichtung bereits vorab in ihren erstellten Kapazitätsberechnungen zum Wintersemester 2011/2012 gefolgt und haben die übrigen Verwaltungsgerichte des Landes Niedersachsen ihren Überprüfungen der Kapazitäten in den einzelnen Studiengängen diesen Wert zugrunde gelegt (vgl. etwa VG Osnabrück, Beschl. v. 2.11.2011 - 1 C 15/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 46 ff. <Psychologie Bachelor>; VG Hannover, Beschl. v. 9.12.2011 - 8 C 3080/11 u.a. - <Zahnmedizin>). Und schließlich bleibt es der Antragsgegnerin unbenommen, unabhängig von einer rechtlichen Verpflichtung ihren Kapazitätsberechnungen bereits von sich aus einen höheren als den normativ vorgegebenen (MIndest-)Wert zugrunde zu legen, da sich diese Vorgehensweise kapazitätserhöhend auswirkt und eine solche freiwillige Berücksichtigung kapazitätserhöhender Umstände weder durch § 5 Abs. 2 KapVO noch durch eine andere Vorschrift ausgeschlossen ist (so auch VG Osnabrück, Beschl. v. 2.11.2011 - 1 C 15/11 u.a. -, [...] Langtext Rdnr. 47).
1.3
Die weiteren auf die wegen übernommener besonderer bzw. anderweitiger Dienstaufgaben erfolgte und von dem Verwaltungsgericht anerkannte Ermäßigung der Lehrverpflichtung weiterer Lehrpersonen bezogenen kompensatorischen Einwände einer Antragstellerin greifen dagegen nicht durch.
1.3.1
Die seitens der Antragsgegnerin auf der Grundlage von § 15 LVVO in einem Umfang von (nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sechs, nach dem oben Gesagten für das streitgegenständliche Wintersemester 2011/2012 indes richtigerweise) sieben LVS vorgenommene Deputatsreduzierung für Prof. Dr. L. wegen seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Geschäftsführer des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) und Leiter der Abteilung Kognitive Neurowissenschaften des DPZ auf eine Lehrverpflichtung von noch zwei LVS hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht anerkannt. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass - anders als zum Wintersemester 2010/2011, vgl. VG Göttingen, Beschl. v. 2.11.2010 - 8 C 643/10 u.a. -, BU S. 13) - nunmehr der nach § 15 LVVO erforderliche Beschluss des zuständigen Präsidiums der Antragsgegnerin mit Datum vom 5. Januar 2011 vorliege, der ausweislich seiner Begründung auch eine hinreichend sachgerechte Interessenabwägung beinhalte.
Die Einwände der Antragstellerin zu 8. hiergegen greifen nicht durch. Soweit diese Antragstellerin bemängelt, die Lehrdeputatsreduzierung für Prof. Dr. L. könne nach der Systematik der LVVO nicht auf der Grundlage des § 15 LVVO <Aufgaben außerhalb der Hochschule>, sondern lediglich auf der Grundlage von § 7 Abs. 5 LVVO <herausragende Hochschullehrer> und hier auch lediglich in einem Umfang von höchstens der Hälfte der Lehrverpflichtung vorgenommen werden, folgt der Senat dem nicht. Prof. Dr. L. nimmt als wissenschaftlicher Geschäftsführer und Abteilungsleiter des DPZ Aufgaben außerhalb seiner Tätigkeit als Lehrperson der Antragsgegnerin wahr, sodass der Tatbestand des § 15 LVVO einschlägig ist. Dass die Begründung der Beschlussvorlage für das Präsidium auch davon spricht, dass Prof. Dr. L. ein exzellenter Hochschullehrer sei, und deshalb gegebenenfalls eine Ermäßigung auch auf der Grundlage des weiteren Tatbestandes des § 7 Abs. 5 LVVO in Betracht gekommen wäre, steht dem nicht entgegen. Diese beiden Tatbestände stehen nicht in einem Ausschließlichkeits-, sondern in einem Ergänzungsverhältnis zueinander.
Auch die weitere Kritik der Antragstellerin zu 8., es handele sich "lediglich um eine nachgeschobene Begründung für eine nie stattgefundene Ermessensabwägung", ist unbegründet. Der Antrag von Prof. Dr. L. datiert vom 8. Dezember 2010, die Beschlussvorlage trägt das Datum des 9. Dezember 2010 und die Entscheidung des Präsidiums wurde am 5. Januar 2011 gefasst. Bereits diese zeitliche Abfolge zeigt, dass von einem "Nachschieben" einer bisher fehlenden Entscheidung und einer tragenden Begründung keine Rede sein kann.
1.3.2
Die auf der Grundlage von (nunmehr) § 7 Abs. 2 LVVO (früher: § 7 Abs. 3 LVVO 2000) vorgenommene und von dem Verwaltungsgericht - wenn auch unter Angabe der nicht mehr aktuellen Rechtsgrundlage des § 7 Abs. 3 LVVO 2000 - akzeptierte Deputatsreduzierung für Dr. M. wegen besonderer Dienstaufgaben wird durch den kompensatorischen Einwand einer Antragstellerin nicht erfolgreich infrage gestellt. Die Kritik dieser Antragstellerin, es seien keine besonderen Aufgaben der Studienreform im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 LVVO erkennbar, geht angesichts des Umstandes, dass diese Deputatsreduzierung wegen der Tätigkeit von Dr. M. als wissenschaftlicher Leiter der Arbeitsgruppe EDV und Technik sowie wissenschaftlicher Betreuer der EDV-Struktur des Instituts sowie der wissenschaftlichen Labore und damit wegen der Übernahme besonderer Dienstaufgaben im Sinne des § 7 Abs. 2 LVVO erfolgt ist, ins Leere. Dass die nicht unerhebliche Reduzierung der Lehrverpflichtung dieses Mitarbeiters der Antragsgegnerin um 7,6 LVS auf nur noch 2,4 LVS der Höhe nach gerechtfertigt ist und dass die erforderliche Abwägung stattgefunden hat, ist angesichts des unbestrittenen Vortrags der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 24. Juli 2012 nicht ernstlich zweifelhaft.
1.3.3
Die weitere Kritik einer Antragstellerin an dem Umstand, dass Dr. N. gänzlich von einer Lehrverpflichtung freigestellt ist, geht ebenfalls ins Leere. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin war Dr. N. nach ihrem Arbeitsvertrag zu keinem Zeitpunkt zur Lehre verpflichtet. Hintergrund dessen ist nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin, dass ihre Stelle allein wegen einer im Jahr 1985 erfolgten Versetzung von Ministerium für Wissenschaft und Kultur zur Antragsgegnerin als A 13-Stelle (Studienrat) eingerichtet worden ist und im Falle ihres Ausscheidens ersatzlos wegfallen wird.
Mithin ist die Summe von 230,04 LVS um die anerkennungsfähigen Deputatsreduzierungen in einem Umfang von insgesamt 27,6 LVS zu kürzen, sodass das unbereinigte Lehrangebot somit 202,44 LVS (230,04 - 27,6) beträgt. Bereinigt um den Dienstleistungsexport von 43,3722 LVS ergibt sich ein Lehrangebot von 159,0678 LVS.
2.
Dieses bereinigte Lehrangebot ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht mit Rücksicht auf den Zukunftsvertrag II (Landtagsdrucksache 16/2655) um einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 15 v. H. zu erhöhen.
Zwar sind faktisch kapazitätsverbessernde Maßnahmen, die durch den Zukunftsvertrag II ermöglicht worden sind, bei den Kapazitätsberechnungen unmittelbar zu berücksichtigen. Es besteht aber kein Anspruch Dritter darauf, dass der Zukunftsvertrag II in allen Details vertragsgemäß umgesetzt wird. Dafür fehlt - unbeschadet weiterer Erwägungen, die insoweit für einzelne Studiengänge ergänzend ins Gewicht fallen mögen - eine rechtlich tragfähige Grundlage.
Das Verwaltungsgericht hat den zwischen der Landesregierung und den niedersächsischen Hochschulen geschlossenen und vom Niedersächsischen Landtag genehmigten Zukunftsvertrag - im Gegensatz zum Hochschulpakt 2020 - als öffentlich-rechtlichen Vertrag mit Schutzwirkung für konkret bestimmbare Studienanfänger des Zeitraums vom Wintersemester 2011/2012 bis einschließlich Sommersemester 2015 angesehen. Es spricht auch zunächst einiges dafür, darin einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 VwVfG zu sehen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 54 Rdnr. 40h). Es bestehen ferner im öffentlichen Recht grundsätzlich keine Bedenken, auf der Grundlage des § 54 VwVfG analog § 328 BGB Verträge zuzulassen, in denen eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen wird, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern ("Vertrag zu Gunsten Dritter", vgl. BVerwG, Urt. v. 8.9.1972 - IV C 21.71 -, DVBl. 1973, 499). Das gleiche dürfte für Verträge mit Schutzwirkung für Dritte gelten, bei welchen Dritte in vertragliche Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen werden, die Hauptleistung aber nur dem Gläubiger zusteht (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.7.2002 - 2 L 204/00 -, [...]; BGH, Urt. v. 14.12.2006 - III ZR 303/05 -, NJW 2007, 1061; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 58 Rdnr. 24). Für den Bereich des Zivilrechts fasst der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen wie folgt zusammen (Urt. v. 13.10.2011 - IX ZR 193/10 -, MDR 2011, 1471 [BGH 13.10.2011 - IX ZR 193/10]; vgl. zur Entwicklung des Rechtsinstituts auch BGH, Urt. v. 7.5.2009 - III ZR 277/08 -, BGHZ 181, 12 = JZ 2010, 414; Zenner, NJW 2009, 1030):
"Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich vertraglicher Pflichten hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in zahlreichen Entscheidungen geklärt. Der geschützte Dritte muss zunächst mit der Hauptleistung des Schutzpflichtigen bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Zu dieser Leistungsnähe muss ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags hinzutreten. Dem Schutzpflichtigen muss die Einbeziehung Dritter in sein vertragliches Haftungsrisiko erkennbar sein. Der Dritte muss für diese Haftungserstreckung letztlich selbst schutzwürdig sein (siehe zu diesen Voraussetzungen etwa BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 173; vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 17 ff)."
Eine Analogie zu diesem zivilrechtlich entwickelten Vertragstypus "trägt" jedoch nicht die vom Verwaltungsgericht Göttingen angenommenen Rechtsfolgen. Im Zivilrecht dient der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (nur) der Begründung von vertraglichen Schadensersatzpflichten (Haftungspflichten) im Falle einer Vertragsverletzung (vgl. Gottwald, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 328 Rdnr. 175, 186; Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 328 Rdnr. 19); er soll die "Unzulänglichkeit des Deliktsrecht" ausgleichen (vgl. Palandt, a.a.O., Rdnr. 13). Die vom Verwaltungsgericht Göttingen postulierten Rechtsfolgen der von ihm angenommenen Schutzwirkung liefen demgegenüber auf einen eigenständigen - zudem von der Beurteilung durch die eigentlichen Vertragspartner unabhängigen - Erfüllungsanspruch hinaus, unterfielen also unmittelbar dem Anwendungsbereich des § 328 BGB.
Soweit ein Anspruch von Studienbewerbern auf Erfüllung des Zukunftsvertrages eine analoge Anwendung zivilrechtlicher Konstruktionen gestützt werden sollte, müsste er sich deshalb unmittelbar an der Bestimmung des § 328 BGB messen lassen. Hier fehlt es aber an Anhaltspunkten im Vertragstext dafür, dass der Zukunftsvertrag II den Studienbewerbern eigene subjektive Rechte habe einräumen sollen. Was insoweit aus dem Vertragstext und Landtagsdebatten zitiert wird, erhellt nur die Motivation für den Vertragsschluss. Ohne jeden Zweifel wollten die Vertragspartner Studienkapazitäten ausweiten, damit also Studienbewerber als Dritte begünstigen. Die Begünstigungsabsicht als solche lässt aber für sich genommen in aller Regel nicht bereits den Schluss zu, dem Dritten sollten eigenständige Erfüllungsansprüche eingeräumt sein. Das würde die Dispositionsbefugnis der Vertragspartner über den Vertrag in einem Maße einschränken, das im Zweifel nicht gewollt ist. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass öffentlich-rechtliche Rechtsansprüche der Bürger herkömmlicherweise durch Rechtsnormen begründet werden. Unterlässt das Land den Erlass solcher Rechtsnormen und nutzt zur Erreichung seiner Ziele stattdessen das Instrument vertraglicher Absprachen, ist das allein schon ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, dass unmittelbare Bindungen nur zwischen den Vertragspartnern beabsichtigt waren.
Die von dem Verwaltungsgericht angenommene Schutzwirkung lässt sich auch nicht durch Analogie zu anderen, anerkannten Formen einer Schutzwirkung begründen. So verleiht z.B. die aus dem Bau- und Planungsrecht geläufige nachbarschützende Wirkung, die bestimmten Vorschriften beigemessen wird, nur Abwehr-, nicht auch Leistungsrechte. Für die Entwicklung eines neuen Rechtsinstituts mit abweichend definierter Schutzwirkung besteht kein Anlass, weil angesichts des erörterten Instruments des Vertrages zugunsten Dritter - dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen - keine ausfüllungsbedürfte Lücke im Rechtssystem ersichtlich ist.
Ein Anspruch von Studienbewerbern auf - zumal buchstabengetreue - Umsetzung des Zukunftsvertrages II ergibt sich schließlich auch nicht unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das bundesverfassungsrechtliche Kapazitätserschöpfungsgebot fordert nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur, vorhandene Kapazitäten auszuschöpfen, vermittelt aber keinen Anspruch auf Schaffung neuer Kapazitäten; nur bei einer evidenten Verletzung des Verfassungsauftrags zur Schaffung ausreichender Ausbildungskapazitäten könnte die Herleitung eines individuell einklagbaren Anspruchs auf Schaffung von Studienplätzen überhaupt in Betracht kommen (BVerfG, Beschl. v. 10.3.1999 - 1 BvL 27/97 -, NVwZ-RR 1999, 481). Anhaltspunkte dafür, dass diese Schwelle erreicht sein könnte, bestehen nicht, zumal hier nur ein Verteilungskampf um zusätzliche Mittel und Lehrdeputate geführt wird. Der Umstand, dass zur Verfügung gestellte Mittel nicht zuvörderst Studiengängen mit "harten" Zulassungsbeschränkungen zugute kommen, belegt noch nicht eine grundsätzliche Ungerechtigkeit in der Detailsteuerung der Mittelverteilung. Das liegt unter anderem daran, dass vorhandene Engpässe - in medizinischen Studiengängen z.B. teilweise die "verfügbaren" Patienten - nicht in jedem Falle durch vorübergehende Mittelerhöhungen beseitigt werden können.
Insbesondere der Umstand, dass eine Erhöhung der Lehrdeputate nicht - wie im Zukunftsvertrag noch angenommen - gezielt und individuell vorgenommen werden konnte, sondern letztlich nur eine generelle Anhebung durch befristete Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung möglich war, führt nicht zu einem "Nachbesserungsanspruch" von Studienbewerbern, der vom Gericht durch einen kapazitätsrechtlichen Sicherungszuschlag zu honorieren wäre. Was dem Lehrpersonal rechtlich abverlangt werden kann, wird durch Rechtsnormen bestimmt, nicht durch vertragliche Absprachen zwischen Land und Universität. Für Abwägungen der Universität ist deshalb kein Raum, soweit das Lehrpersonal nicht freiwillig zusätzliche Dienstleistungen anbietet. Auf letztere haben Studienbewerber jedoch keinen Anspruch.
Auch der selbständig tragenden Begründung des Verwaltungsgerichts, der Zukunftsvertrag II modifiziere für die Dauer von vier Studienjahren die vom Ministerium als Vertragspartei durch Rechtsverordnung landesweit vorgeschriebene Kapazitätsberechnung unmittelbar, folgt der Senat nicht. Der Zukunftsvertrag stellt trotz Zustimmung des Gesetzgebers im Verhältnis zur Verordnung kein höherrangiges Recht dar, sondern ist zu seiner Umsetzung insbesondere gegenüber dem betroffenen Lehrpersonal seinerseits auf rechtsförmliche Änderung der Rechtsverordnung angewiesen.
Letztlich kann dahinstehen, ob es dem Land erlaubt sein kann, sich in einer Verwaltungsmaterie, die durch Teilhaberechte der Studienbewerber geprägt ist, durch Wahl einer Vertragskonstruktion der rechtlichen Überprüfung seiner Handlungsweise ganz oder teilweise zu entziehen. Jedenfalls für einen missbräuchlichen Einsatz dieses Instrumentariums bestehen hier keine Anhaltspunkte.
Mithin beträgt die jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit Psychologie vor Schwund insgesamt 149,5279 Studienplätze (2 x 159,0678 = 318,1356 : 2,1276). Ausgehend von dieser jährlichen Aufnahmekapazität der Lehreinheit ist die jährliche Aufnahmekapazität des der Lehreinheit zugeordneten Bachelorstudiengangs Psychologie vor Schwund angesichts der Anteilsquote für diesen Studiengang von 0,5198 mit 77,7246 Studienplätzen anzusetzen (149,5279 x 0,5198).
3.
Die Einwände der Antragsgegnerin gegen ihre von dem Verwaltungsgericht kritisierte und korrigierte ursprüngliche Schwundberechnung mit einer Schwundquote von 1,1066 (statt von 1,1101) wirken sich auf das Ergebnis nicht aus. Bei beiden Schwundquoten errechnet sich im Ergebnis eine Kapazität von (gerundet) 86 Studienplätzen (77,7246 x 1,1066 = 86,0100; 77,7246 x 1,1101 = 86,2820).
Da die Antragsgegnerin nach ihren unbestrittenen Angaben 82 Studierende zugelassen hat, stehen im Ergebnis noch vier weitere Studienplätze im Bachelorstudiengang Psychologie im 1. Fachsemester zur Verfügung.
Die die Antragsteller zu 2., 6., 7. und 9. (die die besten vier Losplätze besetzen, vgl. die Losliste des Verwaltungsgerichts, S. 5 f. BU) betreffenden Beschwerden der Antragsgegnerin bleiben daher erfolglos, während die die übrigen Antragsteller betreffenden Beschwerden der Antragsgegnerin Erfolg haben mit der Folge, dass die Anträge dieser Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen sind.