Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.03.2021, Az.: 5 LC 174/18

anderweitige Verwendung; Fallprofil; Suchpflicht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.03.2021
Aktenzeichen
5 LC 174/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70817
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 27.09.2018 - AZ: 3 A 2355/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Anforderungen an die Suchpflicht, damit der Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" in effektiver Weise zur Umsetzung gelangen kann

1. Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn - hier: das Land Niedersachsen - erstrecken.
Eine - wie hier - ganz überwiegend an konkrete Stellenausschreibungen geknüpfte Suche ist strukturell fehlerhaft. Die Suche muss vielmehr systematisch alle Landesressorts abdecken. Dies muss durch entsprechende Ressortabfragen geschehen. Parallel hierzu sind in angemessenem Umfang auch einzelne, in Betracht kommende Stellenausschreibungen in den Blick zu nehmen.

2. Die Suche muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit frei werden.


3. Ein Suchzeitraum von sechs Monaten ist ausreichend.


4. Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt.

Hierzu bedarf es der Einführung und Anwendung verfahrensmäßiger Vorkehrungen, um den Weiterbeschäftigungsanspruch des Beamten ggf. auch gegen die Ablehnung der anderen Behörde durchzusetzen. Es muss organisatorisch sichergestellt sein,
- dass die zuständigen Sachbearbeiter dahingehend geschult sind, "Absagen" kritisch zu hinterfragen und auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen,
- dass bei etwaigen rechtlichen Bedenken die Vorgesetztenebene mit der entsprechenden Frage befasst wird
- und dass diese ggf. über die zuständige oberste Landesbehörde des Ressorts an die höchste Ebene des entsprechenden Ressorts herantreten kann, damit die angefragte Behörde von dort ggf. angewiesen werden kann, den für die Weiterverwendung geeigneten Beamten zu verwenden.

5. Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen; eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.


Der Dienstherr darf deshalb in ein sog. Fallprofil keine beschreibenden Zusätze aus fachpsychiatrischen Gutachten (hier: "begrenzte kritische Eigendistanz") aufnehmen, die dort nicht ausdrücklich als Leistungseinschränkung formuliert worden sind. Dies mindert in abstrakter Weise - was bereits ausreichend ist - die Weiterbeschäftigungschancen des Betreffenden.

Ein Fallprofil enthält auch dann keine charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung, wenn es unvollständig ist (hier: kein Hinweis, dass sich die Suche nach einer anderweitigen Verwendung auf einen A 13-wertigen Dienstposten beziehe; kein Hinweis auf die grundsätzliche Möglichkeit des Laufbahnwechsels; kein Hinweis auf die grundsätzliche Möglichkeit der Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit).

Zu einer sachlichen Kurzbeschreibung gehören auch besondere Fähigkeiten (hier: besondere technische Kenntnisse), welche die besondere Eignung des Betreffenden für den Wechsel in eine technische Laufbahn belegen können. Um entsprechende Kenntnisse abzufragen, böte sich etwa an, vor Erstellung des Fallprofils mit dem Betreffenden ein umfassendes Gespräch zu führen oder ihn zu bitten, besondere technische Kenntnisse, die ihn für einen etwaigen Wechsel in eine technische Laufbahn qualifizieren könnten, aufzulisten. Jedenfalls aber hätte die suchenden Behörde dem Betreffenden das von ihr erstellte Fallprofil vorab zur Kenntnis geben müssen, damit er etwaige Einwendungen bereits zeitnah zum Start der Suche nach einer anderweitigen Verwendung hätte erheben und die Behörde diese Einwendungen hätte rechtlich prüfen und ggf. berücksichtigen können.

6. Die gesetzliche Suchpflicht schließt eigene Bewerbungsbemühungen des Betreffenden nicht aus.

7. Ob der Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" in effektiver Weise zur Umsetzung gelangt ist, ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung des im Vorfeld der Zurruhesetzungsverfügung liegenden Sachverhalts zu prüfen. Dabei dürfen die Anforderungen einerseits nicht überspannt werden, müssen andererseits
aber ein ausreichendes Niveau erreichen, um die Effizienz der Suchpflicht zu gewährleisten.

8. Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die maßgeblichen Vorgaben beachtet hat.

Tenor:

Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des … 2017.

Tatbestand:

[…]

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Die Zurruhesetzungsverfügung der Funktionsvorgängerin des Beklagten vom 7. Juni 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht der Anfechtungsklage des Klägers zu Recht stattgegeben.

I. Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der erkennende Senat folgt, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 16.10.1997 - BVerwG 2 C 7.97 -, juris Rn. 16; Urteil vom 26.3.2009 - BVerwG 2 C 73.08 -, juris Rn. 12; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 17.10 -, juris Rn. 9 m. w. Nw.; Urteil vom 5.6.2014 - BVerwG 2 C 22.13 -, juris Rn. 10; Urteil vom 16.11.2017 - BVerwG 2 A 5.16 -, juris Rn. 16; Nds. OVG, Beschluss vom 1.3.2013 - 5 LB 79/11 -, juris Rn. 27; Beschluss vom 7.6.2017 - 5 LA 55/17 -; Urteil vom 30.10.2018 - 5 LB 26/17 -; Urteil vom 8.12.2020 - 5 LB 175/18 -), hier also die Sach- und Rechtslage am 7. Juni 2017.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (in der vom 1. April 2009 bis zum 6. Dezember 2018 geltenden Fassung vom 17. Juni 2008, BGBl. I S. 1010) sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind.

Von der Versetzung in den Ruhestand soll indes gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist (Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung). Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann (§ 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). In diesen Fällen ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG). Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmerkmalen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen (§ 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG).

Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgaben unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist (§ 26 Abs. 3 BeamtStG).

II. In Anwendung dieser Vorschriften hält die streitgegenständliche Zurruhesetzungsverfügung vom 7. Juni 2017 der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Der Kläger war zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung - also am 7. Juni 2017 - zwar dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (dazu unter 1.). Die Funktionsvorgängerin des Beklagten hatte jedoch bis zu diesem Zeitpunkt ihrer Suchpflicht aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, Abs. 3 BeamtStG nicht genügt (dazu unter 2.).

1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer allgemeinen Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen.

a) Der in § 26 Abs. 1 BeamtStG definierte Begriff der allgemeinen Dienstunfähigkeit ist kein medizinischer, sondern ein spezifisch beamtenrechtlicher Begriff (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 16.10.1997, a. a. O., Rn. 15; Koch, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: März 2021, Bd. 1, § 44 BBG Rn. 11 [zur Parallelvorschrift im Bundesrecht]; Schmidt, in: Plog/Wiedow, a. a. O., § 43 BBG Rn. 3), welcher der uneingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.3.2015 - BVerwG 2 C 37.13 -, juris Rn. 10; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 20; Beschluss vom 16.4.2020 - BVerwG 2 B 5.19 -, juris Rn. 8).

Ein Beamter ist nicht bereits dann dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, wenn er die Aufgaben des von ihm wahrgenommenen Amtes im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten) nicht mehr erfüllen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 14; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 21). Denn Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d. h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann (BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 14; Urteil vom 5.6.2014 - BVerwG 2 C 22.13 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 6.11.2014 - BVerwG 2 B 97.13 -, juris Rn. 7; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Urteil vom 30.10.2018 - 5 LB 26/17 -; Urteil vom 8.12.2020 - 5 LB 175/18 -). Dienstunfähig ist der Beamte also nur dann, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung auf jedem dieser Dienstposten wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist; er ist demgegenüber nicht dienstunfähig, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung auf irgendeinem dieser Dienstposten noch möglich ist (von der Weiden, jurisPR-BVerwG 18, 2016 Anm. 4, C.).

Gemäß § 43 Abs. 1 NBG ist die Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 BeamtStG aufgrund einer ärztlichen Untersuchung (§ 45 NBG) festzustellen; darüber hinaus können auch andere Beweise erhoben werden. Ärztliche Untersuchungen in diesem Sinne werden durch Amtsärzte oder beamtete Ärzte durchgeführt (§ 45 Abs. 1 Satz 1 NBG), die wiederum Fachgutachter hinzuziehen können. Dementsprechend hat die Funktionsvorgängerin des Beklagten zur Feststellung der gesundheitlichen Situation des Klägers das amtsärztliche Gutachten vom 28. Oktober 2016 (Bl. 429f./Beiakte 003) herangezogen, welches an das amtsärztliche Gutachten vom 9. April 2014 (Bl. 290f./Beiakte 002) anknüpft, dem wiederum die fachpsychiatrische Stellungnahme des G. (Bl. 293 bis 301/Beiakte 002) zugrunde liegt.

Bei der Beurteilung, ob eine Unfähigkeit des Betreffenden zur Wahrnehmung aller amtsangemessenen Dienstaufgaben vorliegt, ist nicht allein die Art der jeweiligen Gesundheitsbeeinträchtigung ausschlaggebend; vielmehr sind die konkreten Auswirkungen der jeweiligen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beamten auf den Dienstbetrieb der Behörde, der er angehört, entscheidend (BVerwG, Beschluss vom 25.10.1988 - BVerwG 2 B 145.88 -, Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 17; Urteil vom 16.10.1997, a. a. O., Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 6.9.2007, a. a. O., Rn. 14). Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die körperlichen und gesundheitlichen Leistungsbeeinträchtigungen des Betreffenden festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden (BVerwG, Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 22). Dies setzt in der Regel medizinische Sachkunde voraus, über die nur ein Arzt verfügt (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 11; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 22). Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf (BVerwG, Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 25). Aufgabe des Arztes ist es lediglich, den Gesundheitszustand des Beamten festzustellen und medizinisch zu bewerten; hieraus die Schlussfolgerungen für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen, ist dagegen Aufgabe des Dienstherrn und ggf. des Gerichts. Der Arzt wird nur als ein sachverständiger Helfer tätig, der der Behörde und gegebenenfalls dem Gericht die medizinische Fachkenntnis vermittelt, die für ihre Feststellungen und Entscheidungen erforderlich sind (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 12; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 25). Der Dienstherr bzw. das Gericht muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012 - BVerwG 2 A 5.10 -, juris Rn. 2; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 25). Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - BVerwG 2 C 16.12 -, juris Rn. 33).

Bei der Frage des Vorliegens einer Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist schließlich zu berücksichtigen, dass zwar der unbestimmte Rechtsbegriff der Dienstunfähigkeit - wie ausgeführt - in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, in Bezug auf die zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen der Laufbahn, an das statusrechtliche Amt und die in Betracht kommenden Dienstposten jedoch ein verwaltungsgerichtlicherseits nur beschränkt überprüfbarer, der Organisationsfreiheit des Dienstherrn zuzuordnender Gestaltungsspielraum besteht (BVerwG, Urteil vom 5.6.2014, a. a. O., juris Rn. 16; Nds. OVG, Urteil vom 8.12.2020 - 5 LB 175/18 -; Koch, in: Plog/Wiedow, a. a. O., § 44 BBG Rn. 14). Die Vorgaben des Dienstherrn in Bezug auf die Anforderungen, die an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist (BVerwG, Urteil vom 5.6.2014, a. a. O., Rn. 16).

b) Dies zugrunde gelegt liegt eine allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers vor.
[…]

2. Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung ist aber - wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat - deshalb rechtswidrig, weil die Funktionsvorgängerin des Beklagten die aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, Abs. 3 BeamtStG folgenden Vorgaben im Hinblick auf die Suche nach einer anderweitigen oder geringerwertigen Tätigkeit nicht hinreichend beachtet hat.

a) Auch im Falle der Dienstunfähigkeit eines Beamten ist dieser nicht umgehend in den Ruhestand zu versetzen. Denn die Dienstunfähigkeit ist nur eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die Versetzung in den Ruhestand (BVerwG, Urteil vom 5.6.2014 - BVerwG 2 C 22.13 -, juris Rn. 12; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 15; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 17). Von der Versetzung in den Ruhestand soll vielmehr nach dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung im Sinne des § 26 Abs. 2 BeamtStG bzw. die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit im Sinne § 26 Abs. 3 BeamtStG möglich ist.

Für danach noch mögliche Verwendungen bzw. Tätigkeiten besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 25; Urteil vom 5.6.2014, a. a. O., Rn. 12; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 15; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.2.2018 - 5 LA 33/17 -). Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel des § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a O., Rn. 25). Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 25; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 15; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 19.6.2015 - 5 LA 26/15 -; Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -).

Die Suchpflicht entfällt allerdings, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann (BVerwG, Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 34). Sofern feststeht, dass der Beamte generell nicht mehr oder nur mit erheblichen Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist, besteht keine Suchpflicht (BVerwG, Beschluss vom 6.11.2014, a. a. O., Rn. 15). Eine solche generelle Dienstunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art und Schwere ist, dass er für sämtliche Dienstposten im gesamten Bereich des Dienstherrn der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (BVerwG, Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 34; Beschluss vom 16.4.2020 - BVerwG 2 B 5.19 -, juris Rn. 43) oder wenn bei dem Beamten keinerlei Restleistungsvermögen mehr festzustellen ist (BVerwG, Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 34; zu einer solchen Fallgestaltung Nds. OVG, Urteil vom 8.10.2020 - 5 LB 175/18 -; Beschluss vom 11.1.2021 - 5 ME 178/20 -). Scheidet jegliche Weiterverwendung des Beamten wegen dessen körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen aus, besäße eine gleichwohl durchzuführende Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit keinen Sinn mehr. So liegt es hier aber nicht.

In dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. März 2014 (Bl. 290f./Beiakte 002), das sich die Ausführungen des Fachgutachters G. (Bl. 292 bis 302/Beiakte 002) zu eigen macht, sowie in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 28. März 2016 (Bl. 429f./Beiakte 003) wird eine neue berufliche Ausrichtung des Klägers trotz der attestierten Persönlichkeitsstörung ausdrücklich befürwortet. Im Fachgutachten wird festgestellt, es bestehe eine hohe Motivationslage des Klägers, überhaupt beruflich wieder tätig zu werden, und wenn es gelinge, eine entsprechende Tätigkeit - bei welcher Publikumsverkehr und der Umgang mit Jugendlichen nicht im Vordergrund stünden - zu finden, wäre eine diesbezüglich gedeihliche Entwicklung durchaus nicht auszuschließen (Bl. 300/Beiakte 002). In einer neuen beruflichen Ausrichtung sollten die besondere und vielfältige technische Gabe des Klägers genutzt werden, der sich sehr versiert in technische Abläufe einbringen könne und auf keinen Fall erwerbsunfähig sein müsse (Bl. 301/Beiakte 002). Arbeiten in ergonomisch ausgerichteten Betrieben mit großem Zeitdruck seien allerdings zu vermeiden, ebenso pädagogische Tätigkeiten (Bl. 301/Beiakte 002). Die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung seien trotz der Persönlichkeitsstörung gegeben (Bl. 302/Beiakte 002); eine Versetzung in den Ruhestand sei unbedingt zu vermeiden (Bl. 302/Beiakte 002). In der weiteren amtsärztlichen Stellungnahme vom 28. März 2016 heißt es, es habe sich der Eindruck verfestigt, dass eine (erfolgreiche) Berufsausübung zur Strukturierung des Tagesablaufs und Stabilisierung des psychischen Zustandes des Klägers beitragen könnte (Bl. 430/Beiakte 003). Dem Kläger seien noch vollschichtig in Tagesschicht ständig körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten, zum Teil auch körperlich schwere Tätigkeiten zumutbar; besondere Anforderungen an das Farbsehvermögen bestünden nicht; häufige Überkopfarbeiten seien zu meiden (Bl. 429/Beiakte 003).

Auch diese - von den Beteiligten im Übrigen nicht angegriffenen - Ausführungen hält der erkennende Senat für schlüssig und gut nachvollziehbar. Zwar kann der Dienstherr wegen des Grundsatzes, dass ärztliche Gutachten eine in medizinischer Hinsicht wesentliche Entscheidungsrundlage darstellen, für die Entscheidung als solche aber nicht bindend sind, bei entsprechender Begründung auch entgegen den Ausführungen eines amtsärztlichen Gutachtens in rechtmäßiger Weise die Dienstunfähigkeit eines Beamten feststellen (vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 3.8.2012 - 5 LB 234/10 -, juris Rn. 41; Beschluss vom 20.8.2013 - 5 LA 279/12 -; Urteil vom 8.12.2020 - 5 LB 175/18 -; Beschluss vom 11.1.2021 - 5 ME 178/20 -). Dies setzt jedoch regelmäßig voraus, dass der Betreffende in der Vergangenheit bereits in einer Vielzahl von Bereichen seiner Beschäftigungsbehörde eingesetzt gewesen ist und sich dort immer wieder erhebliche Schwierigkeiten, etwa im sozialen Bereich, gezeigt haben; in solchen Fällen kann insbesondere die Auswertung der Personalakten in Bezug auf den bisherigen dienstlichen Werdegang des Betreffenden dazu führen, ihm jegliches Restleistungsvermögen abzusprechen (vgl. etwa Nds. OVG, Urteil vom 8.12.2020 - 5 LB 175/18 -; Beschluss vom 11.1.2021 - 5 ME 178/20 -). Eine solche Konstellation ist vom Beklagten bzw. seiner Funktionsvorgängerin jedoch weder im streitgegenständlichen Verfahren noch in einem der - bis in das Jahr 2008 zurückreichenden - vorangegangen Gerichts- und Verwaltungsverfahren geltend gemacht worden. Das Vorliegen einer solchen Fallgestaltung ist auch nicht ersichtlich. Gegen das Fehlen jeglichen Restleistungsvermögens des Klägers spricht insbesondere, dass er seit dem Jahr 2011 als Immobilienmakler unternehmerisch tätig war und am 8. August 2017 - und damit kurz nach Erlass der angegriffenen Zurruhesetzungsverfügung vom 7. Juni 2017 - Inhaber einer Leichtluftfahrzeugpilotenlizenz geworden ist, die ihn befähigt, Leichtflugzeuge bis hin zu einer kleinen Cessna zu fliegen (vgl. Bl. 54, 55, 60 bis 63/GA). Da der Erwerb einer solchen Fluglizenz eine entsprechende theoretische und praktische Unterweisung voraussetzt und der Kläger diese im Zeitraum vor Erlass der angegriffenen Zurruhesetzungverfügung erfolgreich absolviert haben muss, stützt der Erwerb der Pilotenlizenz im unmittelbaren zeitlichen Umfeld der Zurruhesetzungsverfügung die Einschätzung, dass zum hier maßgeblichen Zeitpunkt trotz der dem Kläger attestierten Persönlichkeitsstörung seine vollzeitige anderweitige Verwendung bzw. die vollzeitige Ausübung einer geringerwertigen Tätigkeit möglich war.

b) Ist - wie hier - die Suchpflicht eröffnet, so gilt, dass sich die Suche nach einer anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn - hier: das Land Niedersachsen - erstrecken muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn 27; Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 17; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -); im Einzelfall kann sich insbesondere unter Fürsorgegesichtspunkten eine räumliche Begrenzung ergeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4; Nds. OVG, Beschluss vom 24.6.2016 - 5 LC 216/15 -; Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -).

Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 28; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 18; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 24.6.2016 - 5 LC 216/15 -; Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -). Eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht. Die dafür erforderliche Laufbahnbefähigung kann der Beamte aber regelmäßig erst nach einer längeren Unterweisungszeit erwerben (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 28; Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4).

Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen (BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -). Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden (BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4; Nds. OVG, Beschluss vom 24.6.2016 - 5 LC 216/15 -; Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -). Zur Suchpflicht gehört auch die Nachfrage bei einer anderen Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt (BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 22; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19). Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte auf diesem Dienstposten zu verwenden; der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 39; Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4).

Die Suchanfrage muss zudem eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 19; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -). Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt. Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 19). Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen; eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 19; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -).

In welcher Form die Verwaltung ihrer Suchpflicht nachkommt - sei es durch schriftliche Anfragen, durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise - bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 22). Dagegen begründet die Suchpflicht keine Pflicht des Dienstherrn, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 29; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 18; Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 33). Es liegt im Organisationsermessen des Dienstherrn, welche und wie viele Ämter im abstrakt-funktionellen Sinne und im konkret-funktionellen Sinne er bei den Behörden einrichtet (BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 29). Ebenso wenig ist der Dienstherr verpflichtet, Dienstposten im Wege personeller Änderungen frei zu machen (BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 29).

Letztlich muss die Suche nach einem anderen Amt dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen (BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012 - BVerwG 2 A 5.10 -, juris Rn. 4). Ob dies - insbesondere unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Vorgaben - der Fall ist, ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung des im Vorfeld der Zurruhesetzungsverfügung liegenden Sachverhalts zu prüfen (vgl. Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015 - 2 A 182/12 -, juris Rn. 32f.). Dabei dürfen die Anforderungen einerseits nicht überspannt werden; sie müssen andererseits aber ein ausreichendes Niveau erreichen, um die Effizienz der Suchpflicht zu gewährleisten.

Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die maßgeblichen Vorgaben beachtet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 30; Urteil vom 5.6.2014, a. a. O., Rn. 52; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 1.7.2013 - 5 ME 109/13 -, juris Rn. 14). Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Verwaltungsinterne Verfahrensschritte müssen so dokumentiert oder jedenfalls nachträglich so detailliert beschrieben werden, dass geprüft werden kann, ob der Suchpflicht Genüge getan wurde (Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 33). Fehlt es an einer schlüssigen Darlegung des Dienstherrn, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung die rechtlichen Vorgaben beachtet hat, oder kann nicht aufgeklärt werden, ob die Suchpflicht diesen entsprochen hat, so geht dies zulasten des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 30; Urteil vom 5.6.2014, a. a. O., Rn. 52; Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 20; Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -).

c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Funktionsvorgängerin des Beklagten die Suchpflicht unter mehreren Gesichtspunkten verletzt.

aa) Das Fallprofil vom Juli 2016 (Bl. 389/Beiakte 003) sowie seine Ergänzung vom 30. November 2016 (Bl. 432/Beiakte 003) genügt nicht den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen an eine sachliche, den Personaldatenschutz wahrende und von diagnostischen Zusätzen oder Hinweisen freien Kurzbeschreibung der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers.

Der erkennende Senat folgt allerdings nicht der klägerischen Rüge, schon die im Fallprofil verwendete Formulierung „Restleistungsvermögen“ sei mit Blick auf die geforderte sachliche Kurzbeschreibung als problematisch anzusehen (so Berufungserwiderung vom 25.4.2019 - BE -, S. 2 [Bl. 136/GA]). Der im Dienstunfähigkeitsrecht verwendete Begriff des „Restleistungsvermögens“ (so etwa BVerwG, Urteil vom 16.11.2017, a. a. O., Rn. 34) ist wertneutral. Er dient im Falle eines dienstunfähigen Beamten als zusammenfassender Oberbegriff für dessen verbliebene Leistungsfähigkeit („Welche Tätigkeiten kann der Beamten noch ausüben?“); ebenso lässt sich (negativ) nach den konkreten Leistungseinschränkungen fragen („Welche Tätigkeiten kann der Beamte nicht mehr ausüben?“).

Soweit es allerdings im Fallprofil unter der Darstellung der verbliebenen Leistungsfähigkeit heißt (Hervorhebung durch den erkennenden Senat),

„Normaler Denkablauf mit Berücksichtigung logischer Gesetze, guter Urteilsbildung, aber doch begrenzter kritischer Eigendistanz“,

ist mit der gekennzeichneten Passage ein Zusatz aufgenommen worden, der über das Ziel des Fallprofils, die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten in sachlicher Weise zu beschreiben, deutlich hinausgeht. Dieser Zusatz nimmt erkennbar einen Satz des Fachgutachters G. auf, der sich unter der Überschrift „Psychiatrischer Befund“ (Bl. 299/Beiakte 003) im beschreibenden Teil des Fachgutachtens findet; als Leistungseinschränkung wird der Gesichtspunkt einer „begrenzten kritischen Eigendistanz“ im Fachgutachten aber gerade nicht genannt. Ihn im Fallprofil gleichwohl als Leistungseinschränkung in Bezug auf eine mögliche Weiterverwendung aufzunehmen, widerspricht daher der fachgutachterlichen Einschätzung, wonach „die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung trotz der Persönlichkeitsstörung durchaus gegeben“ sind (Bl. 302/Beiakte 002), und offenbart diagnostische Feststellungen, die für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig sind.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere das durch unterschiedliche - ggf. stark gegensätzliche - Interessen geprägte Spannungsfeld, in dem die Suche nach einer anderweitigen Verwendung bzw. geringerwertigen Tätigkeit steht. Der Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ dient sowohl dem Interesse des Dienstherrn als auch des Beamten selbst. Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit sind zum einen die Vermeidung finanzieller Belastungen des Haushalts durch vorzeitige Zurruhesetzungen soweit und solange als möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.10.1997 - BVerwG 2 C 7.97 -, juris Rn. 19; Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 30). Zum anderen besteht ein Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an einer effizienten, von vermeidbaren Störungen freien Arbeit der öffentlichen Verwaltung; dazu gehört, dass bei einem auf die zu erledigende Arbeit zugeschnittenen Personalbestand sich ständig wiederholende Ausfallzeiten zu einer Verlängerung von Bearbeitungszeiten zu Lasten der Bürger führen, die durch Mehrarbeit der anderen Mitarbeiter auf Dauer ausgeglichen werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.10.1997, a. a. O., Rn. 19; Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 30). Im Falle von Lehrkräften besteht ein Interesse des Dienstherrn daran, Unterrichtsausfall zu Lasten der Schüler und Mehrarbeit durch die zur Vertretung berufenen Kollegen zu verhindern. Der betroffene Beamte hat einerseits ein Interesse am Verbleib im aktiven Dienst aus persönlichen und finanziellen Gründen, andererseits aber auch ein Interesse, dass die Grenzen seiner gesundheitlichen Leistungsfähigkeit beachtet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.10.1997, a. a. O., Rn. 19; Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 30). Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Interessenlagen können Konflikte auftreten, die im Rahmen der Suche nach einer anderweitigen Verwendung bzw. geringerwertigen Tätigkeit auszugleichen sein können (so auch Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 30). Die Durchführung einer solchen Suche bedeutet zwingend, dass der Betreffende - bezogen auf sein abstrakt funktionelles Amt - dienstunfähig ist (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Es kommt somit durchaus in Betracht, dass die angefragte Behörde die Befürchtung hat, die gesundheitlichen Einschränkungen des Betreffenden, die zu dessen Dienstunfähigkeit geführt haben, könnten auch auf dem neuen Dienstposten zu Störungen des Verwaltungsablaufs führen, und dass sie deshalb einem Laufbahnwechsel oder einer Versetzung ablehnend gegenübersteht; dabei kann die angefragte Behörde auch die Notwendigkeit im Blick haben, ihre Bediensteten vor zusätzlichen Belastungen und Konflikten zu schützen (Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 30). Demgegenüber ist der Beamte regelmäßig in besonderer Weise darauf angewiesen, dass sein Dienstherr für ihn eine Verwendungsmöglichkeit findet, weil er die freien bzw. absehbar frei werdenden Stellen seines Dienstherrn regelmäßig nicht kennt (vgl. Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 30).

Aufgrund dieser Situation, in der sich der betreffende Beamte in der schwächsten Position befindet, ist die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in besonderem Maße angesprochen. Gerade in Fällen wie dem vorliegenden, in dem eine psychische Erkrankung zur Annahme der Dienstunfähigkeit in Bezug auf das abstrakt-funktionelle Amt geführt hat, ist bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung bzw. geringerwertigen Tätigkeit für den Betreffenden besondere Sensibilität gefragt. Wenn ein amtsärztliches Gutachten (ggf. unter Zuhilfenahme eines Fachgutachtens) gerade nicht festgestellt hat, dass eine psychische Erkrankung den Beamten generell zur Dienstausübung unfähig macht, und wenn auch der Dienstherr nicht in Abweichung von den amtsärztlichen Feststellungen gleichwohl von einer generellen Dienstunfähigkeit ausgeht (zu einer solchen Fallgestaltung vgl. etwa Nds. OVG, Urteil vom 8.12.2020 - 5 LB 175/18 -; Beschluss vom 11.1.2021 - 5 ME 178/20 -), dann darf die suchende Behörde nicht durch Aufnahme von Zusätzen im Fallprofil, die darauf hinweisen, dass der Betreffende möglicherweise ein im Umgang „etwas schwieriger“ Bediensteter sein könnte, dessen Weiterbeschäftigungschancen mindern.

Genau dies ist hier aber geschehen. Insoweit wäre zwar die abstrakte Möglichkeit der Chancenminderung ausreichend, d. h. eines konkreten Nachweises dafür, dass der Zusatz der „begrenzten kritischen Eigendistanz“ (mit-)ursächlich für eine „Absage“ war, bedürfte es nicht. Hier ist eine entsprechende Kausalität indes sogar konkret erweislich. Denn in der „Absage“ der Berufsbildenden Schulen H., Technik und Gestaltung, vom 15. Dezember 2016 - dort war ausweislich des Newsletters der Job-Börse vom … 2016 ein/e Verwaltungsmitarbeiter/in zur Personal- und Mittelbewirtschaftung gesucht worden (vgl. Bl. 537/Beiakte 006) - heißt es u. a. wörtlich (Bl. 539/Beiakte 006):

„Die begrenzte kritische Eigendistanz ist als problematisch anzusehen, da Entscheidungen, auch negative, im Aufgabenbereich immer Konsequenzen und Folgen für die betreffenden Personen haben werden.“

In der „Absage“ des Niedersächsischen Ministeriums für I. vom 25. Januar 2017 wird ausgeführt (Bl. 658f./Beiakte 007), ausweislich des von der Funktionsvorgängerin des Beklagten übersandten Fallprofils erfülle der Kläger die in der Ausschreibung formulierten „weichen“ persönlichen Anforderungen nicht und sei daher für einen Einsatz beim Niedersächsischen Ministerium für I., in dem eine ungeteilte kritische Eigendistanz unabdingbar sei, nicht geeignet. Beide „Absagen“ hat die Funktionsvorgängerin des Beklagten akzeptiert.

Nur ergänzend sei angemerkt, dass die Funktionsvorgängerin des Beklagten den angefragten Landesbehörden jedenfalls in zwei Fällen nicht nur das von ihr erstellte Fallprofil, sondern auch das den Kläger betreffende Urteil des Verwaltungsgerichts Stade vom 15. März 2016 (- 3 A 196/15 -) übermittelt hat (so E-Mail vom 23. August 2016 [Bl. 61/Beiakte 004]). Da im Tatbestand dieses Urteils auch der wesentliche Inhalt des amtsärztlichen Gutachtens vom 9. April 2014 - insbesondere auch die in Bezug auf den Kläger ermittelten Diagnosen - wiedergegeben wird, geht die Übermittlung dieser Entscheidung im Zuge der Suche ebenfalls über das Ziel, die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten in sachlicher und datenschutzrechtlich zulässiger Weise zu beschreiben, deutlich hinaus.

(bb) Das Fallprofil enthält auch insofern keine charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung, als es in dreierlei Hinsicht unvollständig ist. Denn es fehlt darin - erstens - der Hinweis, dass sich die Suche nach einer anderweitigen Verwendung auf einen A 13-wertigen Dienstposten beziehe. Außerdem hätte es - zweitens - eines Hinweises auf die grundsätzliche Möglichkeit eines Laufbahnwechsels sowie - drittens - auf die grundsätzliche Möglichkeit der Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit bedurft.

Auch insoweit ergibt sich der Verstoß gegen die den Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ in effizienter Weise auszugestaltende Suchpflicht bereits aufgrund der abstrakten Möglichkeit, dass die fehlenden Zusätze für „Absagen“ (mit-)ursächlich waren. Ungeachtet dessen lässt sich auch hier eine konkrete Kausalität - etwa des fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit eines Laufbahnwechsels - feststellen. So wird etwa in der „Absage“ der J. Niedersachsen, K., vom 23. August 2016 (Bl. 58f./Beiakte 004) u. a. ausgeführt, die Aufgabenstellung auf dem ausgeschriebenen Dienstposten erfordere unabdingbar die Befähigung für die Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt, Fachrichtung Technische Dienste, über die der Kläger ausweislich des übersandten Fallprofils nicht verfüge. Ferner hat das Landesamt für L., das über die Job-Börse Niedersachsen eine/n Personalsachbearbeiter/in gesucht hatte (Bl. 193f./Beiakte 004), zur Begründung seiner „Absage“ u. a. erklärt, der Kläger besitze keine Laufbahnbefähigung der Fachrichtung Allgemeine Dienste (Bl. 195/Beiakte 004). Auch dies hat die Funktionsvorgängerin des Beklagten akzeptiert.

Daraus, dass § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG als „anderweitige Verwendung“ auch die Übertragung eines Amtes einer anderen Laufbahn beschreibt und dass in § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG vorgesehen ist, dass Beamte, welche die Befähigung für die andere Laufbahn nicht besitzen, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen haben, folgt zwingend, dass das Erfordernis eines Laufbahnwechsels der Weiterbeschäftigung des Betreffenden nicht grundsätzlich entgegensteht. Von einem Laufbahnwechsel kann zwar nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abgesehen werden, etwa, wenn die hierfür erforderliche Unterweisungszeit in keinem angemessenen Verhältnis zur verbleibenden kurzen Dienstzeit mehr steht (Metzler-Müller u. a., BeamtStG, 2. Auflage 2012, § 26 BeamtStG Anm. 2.2.6 und 3.1). Eine solche Einzelfallprüfung setzt indes voraus, dass der Betreffende als grundsätzlich für einen Laufbahnwechsel in Betracht kommend angesehen wird, was indes durch das hier erstellte Fallprofil des Klägers nicht hinreichend deutlich wird. Ist für die angefragte Stelle nicht hinreichend deutlich erkennbar, für welche Art von Dienstposten der Betreffende verwendungsfähig ist, setzt die suchende Behörde nicht den erforderlichen Impuls für die angefragte Behörde, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer möglichen anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 21).

cc) Im vorliegenden Einzelfall erweist sich die Erstellung des Fallprofils auch deshalb als unzureichend, um eine charakterisierende Kurzbeschreibung der verbliebenen Leistungsfähigkeit des Klägers zu liefern, weil es besondere Fähigkeiten - wie etwa die 14-jährige Tätigkeit des Klägers als Feuerwehrmann - nicht enthält.

Die Funktionsvorgängerin des Beklagten hat zwar zutreffend darauf hingewiesen (Klageerwiderung vom 21.11.2017, S. 2f. [Bl. 42f./GA]), dass der Leistungsgrundsatz im Rahmen der „Weiterverwendungskonstellationen“ nicht gilt, so dass Fähigkeiten/Kenntnisse, die den Kläger zu einem „besser geeigneten Bewerber“ machen würden als etwaige Mitbewerber, bei vorliegender fachlicher (ggf. nach Durchführung erforderlicher Qualifizierungsmaßnahmen, s. o.) und gesundheitlicher Eignung nicht ausschlaggebend sein dürfen. Das Vorhandensein besonderer technischer Kenntnisse kann aber für die Frage bedeutsam sein, welche für einen etwaigen Laufbahnwechsel erforderlichen Fachkenntnisse der Betreffende in einem angemessenen Zeitraum erwerben kann. Vor diesem Hintergrund wäre die Funktionsvorgängerin des Beklagten in einer Konstellation wie dem Streitfall, in dem ein für das abstrakt-funktionelle Amt einer Berufsschullehrkraft dienstunfähiger Beamter über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Mechaniker sowie ein abgeschlossenes Maschinenbaustudium verfügt und schon deshalb ein Einsatz in einer technischen Laufbahn durchaus in Betracht kommt, im Rahmen der Erstellung des Fallprofils gehalten gewesen, bei dem Kläger nähere Erkundigungen über Art und Umfang der in Berufsausbildung und Studium erworbenen technischen Kenntnisse sowie über Art und Umfang etwaiger sonstiger technischer Kenntnisse abzufragen, die seine besondere Eignung für den Wechsel in eine technische Laufbahn belegen könnten.

Um entsprechende Kenntnisse abzufragen, böte sich etwa an, vor Erstellung des Fallprofils mit dem Betreffenden ein umfassendes Gespräch zu führen oder ihn zu bitten, besondere technische Kenntnisse, die ihn für einen etwaigen Wechsel in eine technische Laufbahn qualifizieren könnten, aufzulisten. Im Streitfall stand der zuständigen Fallmanagerin sogar der vom Kläger gefertigte Lebenslauf mit detaillierteren Ausführungen zu seinem beruflichen Werdegang und zu seinen besonderen technischen Kenntnissen zur Verfügung, denn diesen hatte er ihr übermittelt (vgl. Bl. 18f./Beiakte 004). Gleichwohl hat sie im Rahmen ihrer Abfragen - von Einzelfällen abgesehen - ganz überwiegend lediglich das Fallprofil übersandt.

Um bei der Suche nach einem anderen Amt dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ in effektiver Weise zur Umsetzung zu verhelfen, hätte die zuständige Fallmanagerin dem Kläger aber jedenfalls das von ihr erstellte Fallprofil, das sie ihrer Suche zugrunde zu legen beabsichtigte, vorab zur Kenntnis geben müssen, damit er etwaige Einwendungen bereits zeitnah zum Start der Suche nach einer anderweitigen Verwendung hätte erheben und die Fallmanagerin diese Einwendungen hätte rechtlich prüfen und ggf. berücksichtigen können (vgl. auch VGH Ba.-Württ., Beschluss vom 30.7.2018 - 4 S 1150/18 -, juris Rn. 15). Dann wäre eine Situation wie hier vorliegend, in der der Kläger erstmals im gerichtlichen Verfahren - nämlich nach im Juli 2019 erfolgter Einsichtnahme seines Prozessbevollmächtigten in die vierbändigen Verwaltungsvorgänge „Prüfung anderweitige Verwendung“ (Bl. 12f./GA) - den konkreten bzw. unvollständigen Inhalt des Fallprofils rügen konnte (so erstmals Klagebegründung vom 20.9.2017, S. 4f. [Bl. 18f./GA]), von vornherein vermieden worden. Die hierdurch gewonnene Zeit hätte genutzt werden können, um für den Kläger erfolgreich eine anderweitige Verwendung bzw. eine geringerwertigere Tätigkeit zu finden.

dd) Der erkennende Senat vermag zudem auch nicht zu erkennen, dass die gesetzliche Suchpflicht eigene Bewerbungsbemühungen des Klägers ausgeschlossen hätte.

Hiervon ist aber erkennbar die Funktionsvorgängerin des Beklagten ausgegangen, als sie dem Kläger mit E-Mail der zuständigen Fallmanagerin vom 27. Juni 2016 (Bl. 13/Beiakte 004) erklärt hat, es sei „nicht sinnvoll“, wenn der Kläger seine Unterlagen direkt an Behörden sende, die Stellen in der Job-Börse Niedersachsen ausgeschrieben hätten, weil die Suchpflicht bei der Funktionsvorgängerin des Beklagten liege und die zuständige Fallmanagerin in den Suchprozess eingebunden sein müsse; außerdem könne die Fallmanagerin ihrer dialogischen Suchpflicht nicht nachkommen, wenn der Kläger seine Unterlagen direkt verschicke. Dem berechtigten Interesse der Funktionsvorgängerin des Beklagten, ihre Suchbemühungen zu dokumentieren, hätte ohne Weiteres durch eine Verpflichtung des Klägers Rechnung getragen werden können, ihr etwaige eigenständige Bewerbungsbemühungen mitzuteilen. Diese hätte sie dann zum Anlass nehmen können, ebenfalls Kontakt zu der entsprechenden Behörde aufzunehmen, darauf hinzuweisen, dass für den Kläger eine gesetzliche Suchpflicht bestehe und ggf. dialogische Bemühungen zu entfalten. Zutreffend ist zwar, dass die gesetzliche Suchpflicht beim Dienstherrn liegt und dieser Pflicht nicht genügt wird, wenn der Beamte lediglich auf die Möglichkeit eigener Bewerbungen verwiesen wird. Einem Beamten, der sich motiviert an der Suche einer anderweitigen Verwendung beteiligen möchte, die erste Kontaktaufnahme mit der entsprechenden Stelle unter Hinweis auf die gesetzliche Suchpflicht zu verwehren, diese Suche aber gleichzeitig mit einem unzureichenden und unabgestimmten Fallprofil (s. o.) durchzuführen und zudem bei der Suche weitere rechtlich zwingende Gesichtspunkte nicht zu beachten (s. dazu sogleich), läuft indes der rechtlichen Vorgabe, bei der Suche nach einem anderen Amt dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ in effektiver Weise zur Umsetzung zu verhelfen (BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012 - BVerwG 2 A 5.10 -, juris Rn. 4), zuwider.

ee) Die Funktionsvorgängerin des Beklagten hat die rechtlichen Anforderungen an die Suchpflicht auch deshalb nicht erfüllt, weil nicht hinreichend erkennbar ist, dass sie systematisch im gesamten Bereich des Dienstherrn - hier: des Landes Niedersachsen - gesucht hat.

In den zwar umfänglichen, aber trotz der nachträglich erfolgten Paginierung insgesamt unübersichtlichen Verwaltungsvorgängen findet sich zwar eine Tabelle (Stand: 14.9.2016 und Stand: 8.2.2017), in der die einzelnen Anfragen der zuständigen Fallmanagerin und die „Absagen“ datumsmäßig aufgeführt sind (Bl. 168 bis 170/Beiakte 004 und Bl. 660 bis 683/Beiakte 007). Diese Anfragen beruhten jedoch - wie die Funktionsvorgängerin des Beklagten im Berufungsverfahren sogar ausdrücklich vorgetragen hat (Berufungsbegründung vom 29.3.2019 - BB -, S. 2 [Bl. 118/GA]) - ganz überwiegend auf Veröffentlichungen in der Job-Börse Niedersachsen, in welcher einzelne Landesbehörden freie Stellen ausgeschrieben hatten. Aus Anlass dieser konkreten Veröffentlichungen ist die zuständige Fallmanagerin an die ausschreibenden Behörden herangetreten und hat bei diesen - regelmäßig mittels des erstellten Formular-Anschreibens und unter Übersendung des Fallprofils - nach Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in Bezug auf den Kläger angefragt. Durch dieses Vorgehen ist jedoch nicht sichergestellt, dass tatsächlich der gesamte Bereich des Dienstherrn in die Suche einbezogen wird. Denn zum einen wird ein Geschäftsbereich, der während des maßgeblichen Suchzeitraums (s. u.) keine Stelle ausschreibt, durch diese Art der Suche nicht in den Blick genommen. Zum anderen ist mit einer Abfrage bei einer unteren Landesbehörde, die eine Stelle ausgeschrieben hat, der weitere - mittlere Landesbehörden, ggf. Landesämter und die oberste Landesbehörde umfassende - Geschäftsbereich des entsprechenden Ressorts nicht in die Suche einbezogen worden.

Dementsprechend ist die hier erfolgte Suche bereits aufgrund ihres ganz überwiegend an konkrete Stellenausschreibungen geknüpften Suchansatzes strukturell fehlerhaft. Soweit die Funktionsvorgängerin des Beklagten vereinzelt Suchanfragen unabhängig von konkreten Ausschreibungen gestellt hat (vgl. etwa die Suchanfrage an den Niedersächsischen M. vom 21.9.2016 [Bl. 196/Beiakte 004]), stellt dies den aus der Gesamtschau der vierbändigen Verwaltungsvorgänge gezogenen Schluss eines strukturellen Defizits der Suche im Hinblick auf das Erfordernis, diese auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken, nicht in Frage.

Eine den rechtlichen Anforderungen genügende, den gesamten Bereich des Dienstherrn umfassende Suche muss systematisch alle Landesressorts abdecken und dies nachvollziehbar dokumentieren. Hierzu wäre es aus Sicht des erkennenden Senats ausreichend, Abfragen an alle Personalabteilungen der Ministerien sowie der Staatskanzlei (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 21) zu richten mit der Bitte, bei deren Beantwortung den gesamten jeweiligen Geschäftsbereich in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf das Erfordernis einer nachvollziehbaren Dokumentation wäre es durchaus sinnvoll, dem Suchvorgang eine Tabelle voranzustellen, in der das Datum der jeweiligen Suchanfrage und das Datum der jeweiligen Antwort eingetragen werden. Im Anschluss wäre dann aber der jeweilige Einzelvorgang mit Anfrage, ggf. Nachfrage, Antwort, rechtlicher Bewertung von „Absage“-Gründen und ggf. hieran anknüpfende dialogische Bemühungen (s. u.) zusammenhängend und nachvollziehbar sortiert einzuheften, um unübersichtliche Abfrage- und Antwort-Konvolute wie im Streitfall zu vermeiden. Verwaltungsinterne Verfahrensschritte müssen - wie ausgeführt - so dokumentiert oder jedenfalls nachträglich so detailliert beschrieben werden, dass geprüft werden kann, ob der Suchpflicht Genüge getan wurde; fehlt es an einer schlüssigen Darlegung des Dienstherrn, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung die rechtlichen Vorgaben beachtet hat, oder kann nicht aufgeklärt werden, ob die Suchpflicht diesen entsprochen hat, so geht dies zulasten des Dienstherrn.

Darüber hinaus hat die suchende Behörde, um ihrer Fürsorgepflicht Genüge zu tun und insbesondere dem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen, dass sich das Freiwerden einer Stelle erst im späteren Verlauf des maßgeblichen Suchzeitraums (s. u.) und insbesondere auch zeitlich nach einer rechtmäßig begründeten Absage einer angefragten obersten Landesbehörde ergeben kann, parallel zur systematischen Ressortabfrage in angemessenem Umfang auch einzelne, in Betracht kommende Stellenausschreibungen in den Blick zu nehmen und dort entsprechende Anfragen zu stellen. Insoweit begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, die Job-Börse Niedersachsen um Unterstützung dahingehend zu bitten, unter Berücksichtigung eines rechtmäßigen Fallprofils etwaige andere Einsatzmöglichkeiten für den Betreffenden zu benennen. Die Job-Börse Niedersachsen, angesiedelt beim Niedersächsischen N., ist eine ressortübergreifende Service- und Beratungsstelle für die Dienststellen und die Beschäftigten der Landesverwaltung, die allen Dienststellen Unterstützung bei der Personalgewinnung bietet (vgl. Nr. 1.1 und 1.2 des Runderlasses des Niedersächsischen N. vom 14.12.2010, Nds. MBl. S. 1236).

ff) Was die zeitliche Ausdehnung der Suche betrifft, tritt der erkennende Senat allerdings nicht der - auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Bremen (Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 52ff.) gestützten - Auffassung des Verwaltungsgerichts (UA, S. 23) bei, dass die Suchabfrage den Zeitraum eines Jahres umfassen müsse. Vielmehr ist ein Zeitraum von sechs Monaten ausreichend.

Wie dargestellt, muss sich die Suche nicht nur auf Dienstposten erstrecken, die frei sind, sondern auch auf solche, die in absehbarer Zeit frei werden. Denn wenn sich die Suche nur auf die aktuell freien Stellen bezöge, die von Landesbehörden konkret ausgeschrieben worden sind, hätten von vornherein allenfalls diejenigen Beamten eine Erfolgschance, die bereits im Besitz der jeweiligen Laufbahnbefähigung sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 39). Dies ließe jedoch außer Acht, dass § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht; die dafür erforderliche Befähigung kann der Beamte aber erst nach einer gewissen Unterweisungszeit erwerben (Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 53).

In seiner älteren Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht zur Beantwortung der Frage, wann ein Dienstposten „in absehbarer Zeit frei“ wird bzw. welcher Zeitraum in Bezug auf die Eröffnung einer neuen Verwendungsmöglichkeit betrachtet werden muss, an den Zeitraum angeknüpft, der im konkreten Streitfall für den Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung erforderlich wäre (BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 23, 28; Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4), etwa im mittleren Bundesdienst ein Jahr (BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 23, 28 unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 3 BLV a. F.). Hieran hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch in seiner jüngeren Rechtsprechung nicht mehr festgehalten, sondern nunmehr die Auffassung vertreten, für die vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten werde (pauschal) ein Zeitraum von sechs Monaten für angemessen gehalten (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 18); diese Zeitspanne entspreche dem von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG (bzw. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) vorgegebenen Zeitraum von „weiteren sechs Monaten“ (BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 18).

Dieser Rechtsprechung ist der erkennende Senat gefolgt (Beschluss vom 27.8.2020 - 5 LA 85/19 -; ebenso auch Bay. VGH, Urteil vom 26.9.2019 - 3 BV 17.2302 -, juris Rn. 38) und hält hieran auch weiterhin fest. Ein pauschaler Suchzeitraum von sechs Monaten stellt einen angemessenen Ausgleich insbesondere zwischen dem Interesse des Betroffenen, aus persönlichen und finanziellen Gründen im aktiven Dienst zu verbleiben, und dem Interesse des Dienstherrn, nach einer aufgrund amtsärztlicher Untersuchung festgestellten Dienstunfähigkeit das Zurruhesetzungsverfahren in absehbarer Zeit abschließen zu können, dar. Aus diesem Grunde folgt der Senat der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Bremen - die im Übrigen zwar zeitlich nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2015, aber ersichtlich noch ohne Kenntnis der dortigen Ausführungen zum zeitlichen Umfang der Suchpflicht ergangen ist - nicht.

gg) Die Art und Weise der im Streitfall durchgeführten Suche genügt schließlich auch nicht der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Vorgabe, dass der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen darf, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt.

In Zusammenhang mit der Aufstellung dieser Anforderung hat das Bundesverwaltungsgericht zwar - worauf die Funktionsvorgängerin des Beklagten zutreffend hingewiesen hat (BB, 3 [Bl. 119/GA]) - verlangt, dass zur Suchpflicht auch eine Nachfrage bei einer anderen Behörde gehört, wenn diese eine Suchanfrage unbeantwortet gelassen hat (BVerwG, Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4). Entgegen der Auffassung der Funktionsvorgängerin des Beklagten (so BB, S. 3 [Bl. 119/GA]) steht der Anspruch des Beamten auf Weiterverwendung aber nicht allein dann faktisch unter dem Zustimmungsvorbehalt der anderen Behörde, wenn diese eine Suchanfrage nicht beantwortet und die suchende Behörde es dabei bewenden lässt. Es sind vielmehr auch andere Fallkonstellationen denkbar, in denen die andere Behörde faktisch eine fehlende Zustimmung signalisiert und die suchende Behörde sich hieran gebunden sieht, etwa, wenn es möglich ist, schlicht eine „Fehlanzeige“ zu melden und die suchende Behörde aufgrund dessen eine Weiterverwendungsmöglichkeit verneint (so Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 61, 67). Auch der erkennende Senat entnimmt daher der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 26.3.2009, a. a. O., Rn. 39; Beschluss vom 6.3.2012, a. a. O., Rn. 4) die Vorgabe, das das gesamte Suchverfahren bereits strukturell nicht so ausgestaltet sein darf, dass faktisch die andere Behörde über die Stellenbesetzung entscheidet, weil deren Zustimmung von der suchenden Behörde als Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermittlung des Beamten angesehen wird. Hierzu bedarf es der Einführung und Anwendung von verfahrensmäßigen Vorkehrungen, um den Weiterbeschäftigungsanspruch des Beamten ggf. auch gegen die Ablehnung der anderen Behörde durchzusetzen (so auch Brem. OVG, Urteil vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 66). Es muss also verfahrensmäßig sichergestellt sein, dass „Absagen“ anderer Behörden rechtlich geprüft und ggf. in Frage gestellt werden können und dass die suchende Stelle ihre Auffassung, ein Ablehnungsgrund sei nicht gegeben, auch durchsetzen kann.

Entsprechende Verfahrensvorkehrungen bestanden im Streitfall jedoch nicht.

Dem Beklagten ist zwar zuzugestehen, das die zuständige Fallmanagerin gegenüber den angefragten Behörden vereinzelt durchaus erläuternde Rechtsausführungen gemacht und etwa darauf hingewiesen hat, dass der Leistungsgrundsatz nicht gelte, der Kläger sich also nicht dem Leistungsvergleich mit etwaigen Bewerbern stellen müsse (so etwa Gesprächsnotiz vom 23.8.2016 [Bl. 60/Beiakte 004]), oder dass der Umstand, dass ein Dienstposten für den Tarifbereich ausgeschrieben sei, einer Weiterbeschäftigung des Klägers nicht entgegenstehe (so etwa Bl. 92/Beiakte 004). Auch hat die zuständige Fallmanagerin bereits in ihrem Standard-Anschreiben darauf hingewiesen, dass eine Prüfung der anderweitigen Verwendung zeitlich vor dem eigentlichen Stellenbesetzungsverfahren durchgeführt werden solle, weil sich diese Person nicht der Bestenauslese stellen müsse, und dass die erbetene Rückmeldung, sollte der Kläger nicht für die jeweilige Stellenbesetzung in Frage kommen, eine Begründung enthalten müsse, warum dies in gesundheitlicher und fachlicher Hinsicht nicht der Fall sei (vgl. etwa Bl. 67/Beiakte 004).

Auch der erkennende Senat gelangt indes aufgrund der Gesamtschau der umfänglichen Verwaltungsvorgänge zu der Feststellung, dass die Fallmanagerin die begründeten „Absagen“ bzw. fehlenden Zustimmungen ganz überwiegend hingenommen hat, ohne diese rechtlich dahingehend zu überprüfen - oder jedenfalls durch die nächsthöhere Hierarchieebene überprüfen zu lassen -, ob die jeweilige Begründung möglicherweise rechtswidrig war. Die zuständige Fallmanagerin war vielmehr - im Einklang mit der entsprechenden Position der Funktionsvorgängerin des Beklagten - ganz offenkundig der Auffassung, dass letztlich allein die andere Behörde die Entscheidung über die Vergabe der freien Stellen an den Kläger treffe. Dies ist insbesondere der an den Kläger gerichteten E-Mail der Funktionsvorgängerin des Beklagten vom 31. August 2016 (Bl. 197/Beiakte 004) zu entnehmen, mit der die „Absage“ des Niedersächsischen O. die Anlass für den Kläger gewesen war, die „Bewerbungsstrategie“ der Funktionsvorgängerin des Beklagten zu bemängeln (Bl. 49f./Beiakte 004), näher erläutert wurde. In dieser E-Mail der Funktionsvorgängerin des Beklagten vom 31. August 2016 (Bl.197/Beiakte 004) heißt es nämlich,

natürlich sei man daran interessiert, dass der Kläger eine geeignete Stelle im Landesdienst finde; dennoch seien „wir von den Entscheidungsträgern vor Ort, hier das Niedersächsische O., abhängig;

diese Stellen entschieden anhand der vorliegenden Informationen;

die jeweiligen Entscheidungsträger träfen ihre Entscheidungen u. a. anhand der amtsärztlicherseits festgestellten Leistungsfähigkeit/konkreten Leistungseinschränkungen.

Hieraus wird deutlich, dass sich die Funktionsvorgängerin des Beklagten als durch „die Entscheidung der jeweiligen Entscheidungsträger vor Ort“ gebunden ansah und ein In-Frage-Stellen von Ablehnungsgründen gar nicht als ihre Aufgabe betrachtete. Diese Position entspricht auch dem seinerzeit maßgeblichen „Konzept des Niedersächsischen O. zur Umsetzung des § 26 BeamtStG zur alternativen Verwendung“ (Stand: 11. November 2013). Darin heißt es zunächst, unter alternativer Verwendung im Sinne des Konzepts werde die vorrangig zu prüfende anderweitige Verwendung nach § 26 Abs. 2 BeamtStG sowie die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG verstanden (S. 18 [Bl. 27/GA]). Sodann wird unter Ziffer 4 „Rolle und Aufgaben des Fallmanagers oder der Fallmanagerin im Bereich der alternativen Verwendung“ ausgeführt (S. 19 [Bl. 28/GA]):

„Die endgültige Entscheidung über die umzusetzende Maßnahme (Einrichtung und Vergabe von alternativen Arbeitsplätzen) verbleibt bei der personalführenden Stelle, mit der die Fallmanagerinnen oder die Fallmanager in enger Abstimmung zusammenarbeiten sollen“.

Damit wird ausdrücklich von einer Letztentscheidungskompetenz der angefragten Behörde ausgegangen. Dass dies - wie die Funktionsvorgängerin des Beklagten vorgetragen hat (BB, S. 4 [Bl. 120/GA]) - in einer neueren Fassung des Konzepts möglicherweise nicht der Fall ist, ändert nichts daran, dass nach der zum Zeitpunkt der Suche maßgeblichen Konzept-Fassung eine alternative Verwendung unter dem Vorbehalt der Zustimmung der anderen Behörde stand. Adressat der Suchpflicht ist aber das Land Niedersachsen, das sich seiner - hier durch die Funktionsvorgängerin des Beklagten ausgeübten - Suchpflicht nicht unter Verweis auf eine inhaltlich nicht zu überprüfende Letztentscheidungskompetenz anderer Landesbehörden entziehen kann.

Angesichts des durch gegensätzliche Interessen geprägten Spannungsfeldes, in dem die Suche nach einer anderweitigen Verwendung bzw. geringerwertigeren Tätigkeit steht (s o.), spricht Einiges dafür, dass eine effiziente Suche mit verfahrensmäßigen Vorkehrungen, um einen Weiterbeschäftigungsanspruch durchzusetzen, am einfachsten durch eine zentrale Stelle durchgeführt werden kann (so auch Brem. OVG, vom 22.4.2015, a. a. O., Rn. 66). Unter Berücksichtigung dessen, dass das Bundesverwaltungsgericht auf die Organisationsfreiheit des Dienstherrn in Bezug auf die Durchführung der Suche hingewiesen hat (so BVerwG, Urteil vom 19.3.2015, a. a. O., Rn. 22), ist jedoch auch eine dezentrale Organisation der Suche rechtlich nicht zu beanstanden. Wenn aber - wie im Streitfall - die Suchpflicht der jeweils personalbearbeitenden Stelle (hier: Mittelbehörde) obliegt, müssen geeignete organisatorische Vorkehrungen etabliert sein, um sicherzustellen,

- dass die zuständigen Sachbearbeiter dahingehend geschult sind, „Absagen“ vor dem Hintergrund des oben genannten Spannungsfeldes kritisch zu hinterfragen und auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen,

- dass bei etwaigen rechtlichen Bedenken die Vorgesetztenebene mit der entsprechenden Frage befasst wird

- und dass diese ggf. über die zuständige oberste Landesbehörde des Ressorts - hier: das O. - an die höchste Ebene des entsprechenden Ressorts herantreten kann, damit die angefragte Behörde von dort ggf. angewiesen werden kann, den für die Weiterverwendung geeigneten Beamten zu verwenden.

Dass im hier zu betrachtenden Zeitraum entsprechende Verwaltungsstrukturen zur effektiven Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs bestanden hätten, eine Weiterverwendung auch gegen den Willen der ablehnenden Behörde also strukturell gewährleistet war, ist nicht erkennbar. Die zuständige Fallmanagerin hat zwar nach Erhalt der „Absage“-Schreiben nebst Begründung regelmäßig mit einem weiteren Schreiben an die „absagende“ Stelle reagiert, in dem sie sich für die ausführliche Rückmeldung bedankt hat und mit den besten Wünschen für eine Besetzung des jeweiligen Dienstpostens mit einer geeigneten Bewerberin/einem geeigneten Bewerber verblieben ist (vgl. etwa Bl. 103f., 131f., 158f./Beiakte 004; Bl. 219 bis 221/Beiakte 005). Dass diesen „Abschluss“-Schreiben eine inhaltliche Prüfung der „Absage“-Gründe und/oder eine Abklärung etwaiger Bedenken im Hinblick auf deren Berechtigung vorausgegangen wäre, ist jedoch nicht dokumentiert. Aus dem Umstand etwa, dass die Fallmanagerin zwar in ihrem Formular-Anschreiben selbst auf den Vorrang der Weiterwendungskonstellation vor einem etwaigen Leistungsvergleich hingewiesen hat, dem Kläger aber gleichwohl - nach Rücksprache mit dem Fachbereich Personal der Funktionsvorgängerin des Beklagten (Bl. 314/Beiakte 005) - die Einladung zu einem „Auswahlgespräch“ bei der P. Niedersachsen übermittelt (Bl. 316/Beiakte 005) hat, wird vielmehr deutlich, dass es bereits an einer hinreichenden rechtlichen Schulung der zuständigen Sachbearbeiter in Bezug auf die Suchanforderungen, jedenfalls aber an deren Bewusstsein, Ablehnungsschreiben ggf. inhaltlich in Frage stellen zu müssen, gefehlt hat.

Anlass für ein In-Frage-Stellen der Ablehnungsgründe hätte insbesondere deshalb bestanden, weil zahlreiche „Absagen“ damit begründet worden sind, dass bei den in Rede stehenden Dienstposten Aufgabenbereiche mit Publikumsverkehr vorhanden seien und diese daher aufgrund der beim Kläger bestehenden Leistungseinschränkungen für ihn gesundheitlich ungeeignet seien (vgl. etwa die „Absagen“ vom 7.9.2016 [Bl. 134/Beiakte 004] oder vom 22.9.2016 [Bl. 200/Beiakte 004]). Soweit der Amtsarzt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. Oktober 2016 (Bl. 429f./Beiakte 003) ausgeführt hat, der Fachgutachter G. habe empfohlen, dass auch Publikumsverkehr gemieden werden solle, ist damit zwar die entsprechende Passage des Fachgutachtens zutreffend wiedergegeben worden (so Bl. 301/Beiakte 002). Aus der Gesamtschau der fachgutachterlichen Ausführungen ergibt sich jedoch nicht, dass der Fachgutachter der Auffassung gewesen wäre, auf dem zu suchenden Dienstposten müsse jeglicher Bürgerkontakt bzw. fachlicher Austausch mit Kollegen oder Dritten zwingend ausscheiden, sondern vielmehr gemeint hat, Publikumsverkehr (und der Umgang mit Jugendlichen) sollten nicht im Vordergrund stehen (so Bl. 300/Beiakte 002). Hätte G. eine Tätigkeit mit Kontakt zu Bürgern, Kollegen oder Dritten aufgrund der dem Kläger attestierten Persönlichkeitsstörung ausgeschlossen, dann hätte er nicht - wie aber geschehen - eine neue berufliche Ausrichtung des Klägers trotz der Persönlichkeitsstörung ausdrücklich befürwortet (so Bl. 302/Beiakte 002). Die Funktionsvorgängerin des Beklagten hat hier auch nicht den Standpunkt vertreten, trotz entgegenstehender amtsärztlicher Ausführungen liege gleichwohl eine generelle Dienstunfähigkeit des Klägers vor (s. o.). Dass dem Kläger also sehr wohl - wenn auch nicht als Tätigkeitsschwerpunkt - „Publikumsverkehr“ im Sinne eines Kontakts zu Bürgern, Kollegen oder Dritten gesundheitlich möglich ist, hatte die Funktionsvorgängerin des Beklagten auch zutreffend erkannt und dementsprechend im Fallprofil zutreffend ausgeführt, dass Tätigkeiten gesucht würden, bei denen der Publikumsverkehr (und der Umgang mit Jugendlichen) nicht im Vordergrund stünden (Bl. 389/Beiakte 003). Dies zugrunde gelegt hätte die Fallmanagerin die erfolgten Ablehnungen mit der Begründung, es seien Aufgabenbereiche mit Publikumsverkehr vorhanden, jedoch nicht ohne weitere dialogische Bemühungen und ggf. Einschaltung ihrer Vorgesetzten hinnehmen dürfen.

Die Funktionsvorgängerin des Beklagte hat zwar zutreffend darauf hingewiesen (Berufungsbegründung vom 29.3.2019, S. 4 [Bl. 120/GA]), dass sie - und auch das Niedersächsische O. als für das Ressort zuständige oberste Landesbehörde - aufgrund des Ressortprinzips keine Weisungsbefugnis gegenüber Behörden anderer Ressorts gehabt habe, die einer Versetzung des Klägers zu ihnen ablehnend gegenüberstünden. Weil es aber in jedem Ressort Fälle geben kann, in denen aus Fürsorgeaspekten die Suche nach einer anderweitigen Verwendung zu erfolgen hat, jedes Ressort also selbst einmal in der Suchpflicht sein kann, und weil zudem jegliches Verwaltungshandeln Art. 20 Abs. 3 GG zu beachten hat, müssen diese Fälle - notfalls über die Ebene der höchsten Landesbehörden - dahingehend gelöst werden, dass die entsprechende Weisung durch das für die ablehnende Behörde zuständige Ressort erfolgt.

hh) Nach alledem muss unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen erneut eine Suche nach einer anderweitigen Verwendung bzw. einer geringerwertigen Tätigkeit für den Kläger durchgeführt werden.

Entgegen der Auffassung des Klägers (so BE, S. 4f. [Bl. 138f./GA]) muss der Beklagte dabei allerdings - bezogen auf das eigene Ressort - abstrakt-funktionelle Ämter als Lehrkraft in der Erwachsenenbildung nicht abfragen. […]

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 63 Abs. 3 BeamtStG, § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) liegen nicht vor.