Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.03.2021, Az.: 1 LB 80/20

Änderungsgenehmigung; Baugenehmigung; Betriebserweiterung; Immissionen; Verunstaltungsverbot; Vorhaben

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.03.2021
Aktenzeichen
1 LB 80/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70841
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 07.03.2019 - AZ: 2 A 282/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Wird die Genehmigung einer baulich selbständigen Anlage, die funktional in einen bestehenden Gewerbebetrieb eingebunden sein soll, beantragt, so ist das Vorhaben nur dann als Änderung des Gesamtbetriebs zu prüfen, wenn mit Inbetriebnahme der neuen Anlage der Bestandsbetrieb zwangsläufig seinen Charakter in einer Weise ändert, die die Bandbreite der bisher genehmigten Nutzung überschreitet.

Aus §§ 34, 35 BauGB kann ein Nachbar keinen Abwehranspruch gegen mit einem Vorhaben verbundene ästhetische Belästigungen herleiten.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine ihrem beigeladenen Nachbarn erteilte Baugenehmigung für eine Carportanlage und zwei als Spülküche bzw. Abstellraum genutzte Container. Sie meint, diese Anlage erweitere indirekt das Störpotential eines Partyservice auf dem Vorhabengrundstück.

Die Klägerin ist Eigentümerin des aus dem Aktivrubrum ersichtlichen Grundstücks. Dieses ist im straßenseitigen nördlichen und im östlichen Bereich mit Wohngebäuden bebaut, die eine Rasenfläche einrahmen. Südlich davon liegt ein Swimmingpool. Nebenberuflich betreibt die Klägerin auf dem Grundstück eine Heißmangel, ihr Sohn eine Werbeagentur. Das westlich angrenzende Grundstück steht im Eigentum des Beigeladenen und ist im nördlichen, straßennahen Bereich ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaut. Westlich und südlich dieser Grundstücke schließt sich die offene Landschaft an. Die Bebauung östlich und nördlich des Grundstücks wird überwiegend zu Wohnzwecken genutzt; ca. 170 m weiter östlich liegt ein Reitplatz, ca. 250 m östlich eine landwirtschaftliche Hofstelle.

Im rückwärtigem, d.h. südlichen, Bereich des Beigeladenengrundstücks steht, ca. 20 m vom Haupthaus und einen Meter von der Grenze zum Klägergrundstück entfernt, neben einigen Schuppen ein 22 m² großes einstöckiges ehemaliges Stallgebäude. Am 15. Mai 2003 erhielt der Kläger die Baugenehmigung zu dessen Nutzungsänderung für einen Partyservice. Die Grundrisszeichnung zeigt ein Fenster an der West-, Türen an der Nord- und Südseite und an der dem Grundstück der Klägerin zugewandten Ostseite eine geschlossene Wand. Im Innenraum sind zwei Waschbecken und ein Arbeitstisch eingezeichnet. In der grüngestempelten Betriebsbeschreibung ist als Betriebszeit „je nach Bedarf“ vermerkt, bei der Zahl der Beschäftigten sind nur der Bauherr und seine Ehefrau angegeben. Details der Betriebsabläufe sind in der Betriebsbeschreibung nicht niedergelegt. Die Nebenbestimmung Nr. 5 zur Genehmigung fordert die Einhaltung von Immissionswerten von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts, die Nebenbestimmung Nr. 11 das Vorhandensein einer Handwaschgelegenheit, eines Schmutzwasserausgusses und einer ausreichenden Spülanlage sowie eine Trennung der reinen Seite „Herrichten und Abgabe von Speisen“ von der unreinen Seite „Annahme und Spülen des unsauberen Geschirrs, Putzen des Gemüses, Schälen der Kartoffeln usw.“. Nebenbestimmung Nr. 12 verlangt die Abluftführung über das Dach, wenn dies zum Schutz der Nachbarn vor erheblichen Geruchsbelästigungen erforderlich sei. Ein mit dem Namen der Klägerin gezeichnetes, auf den 25. Juni 2003 datiertes Schreiben im Zusammenhang mit der Duldung weiterer Nebengebäude enthält die Erklärung, dass sie das „Nachbargebäude mit Carport, Gewerberaum, Schuppen und Garage nicht störe“. Tatsächlich wurde die Abluft seitlich zum Grundstück der Klägerin hin, d.h. nach Osten abgeleitet. Die Klägerin, der dieser spätestens seit 2005 bestehende Zustand bekannt war, nahm die Abweichungen zunächst hin. 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass der Beigeladene weitere, teils innerhalb des Grenzabstands errichtete Nebenanlagen für den Partyservice in Nutzung genommen habe, und bat um bauaufsichtliches Einschreiten.

Nach Verhandlungen mit der Bauaufsicht beantragte der Beigeladene am 10. Januar 2012 (Eingang beim Beklagten) die streitgegenständliche Baugenehmigung zur Errichtung einer die ungenehmigt genutzten Anlagen ersetzenden Anlage aus zwei im rechten Winkel zueinander angeordneten Containern und einem von diesen eingerahmten Doppelcarport in einem Abstand von 3 m zur Grundstücksgrenze. Ein Container soll nach der Betriebsbeschreibung als Abstellraum - ob privat oder für den Partyservice, ist umstritten -, der andere als Spülküche und zur Lagerung von Geschirr für den Partyservice genutzt werden. Am 14. März 2013 und am 15. August 2014 wurden Lärmmessungen auf dem Grundstück der Klägerin durchgeführt, bei denen Spitzenpegel zwischen 63,2 und 67,0 dB(A) bzw. zwischen 43,6 und 59,1 dB(A) am nächstgelegenen Wohngebäude gemessen wurden; die Aussagekraft dieser Messungen ist zwischen den Beteiligten umstritten. Dauerschallpegel wurden nicht ermittelt. Eine weitere Lärmmessung führte das Büro G. am 2. Oktober 2015 mit Messpunkten auf dem Beigeladenengrundstück durch; dabei maß es auf einen etwa zweistündigen Betriebszeitraum bezogene Dauerschallpegel von 57 bis 62 dB(A) bzw. 50 bis 52 dB(A) und einen - durch Vogelgezwitscher verursachten - Spitzenpegel von 71 dB(A). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Messbericht (BA 003 hinter Bl. 104) Bezug genommen. Der Beklagte erteilte die Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren unter dem 3. April 2014 und übersandte sie der Klägerin mit Schreiben vom 2. Juli 2015. Ihren am 9. Juli 2015 erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2016 zurück.

Die am 15. Dezember 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Vorhaben verletze keine Nachbarrechte der Klägerin. Entgegen ihrer Auffassung werfe das Vorhaben nicht die Genehmigungsfrage für den gesamten Partyservice einschließlich des in Grenznähe errichteten Küchengebäudes erneut auf; die baurechtliche Prüfung habe sich vielmehr auf die Carport-/Containeranlage zu beschränken. Eine formelle Baurechtswidrigkeit wegen fehlender Genehmigung des Küchengebäudes in seiner gegenwärtigen Form und Nutzung bestehe daher – abgesehen davon, dass diese für sich genommen keine Nachbarrechte verletze – nicht. Der Baugenehmigung fehle auch nicht in nachbarrechtsrelevanten Punkten die erforderliche Bestimmtheit. Das Gebot der Rücksichtnahme werde ebenfalls nicht verletzt. Das Vorhaben liege im Außenbereich, das Grundstück der Klägerin könne daher selbst dann, wenn ihr Wohnhaus in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet liege, nur einen herabgesetzten Schutzanspruch einfordern. Die damit maßgeblichen Lärmwerte halte das Vorhaben selbst unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch das Küchengebäude ein. Geruchsimmissionen gingen vom Vorhaben selbst nicht aus, Geruchsimmissionen vom Küchengebäude seien, wie dargelegt, nicht Prüfungsgegenstand. Das Verunstaltungsverbot, Grenzabstandsvorschriften oder ein Gebietserhaltungsanspruch seien ebenfalls nicht verletzt.

Ihre vom Senat mit Beschluss vom 6. Mai 2020 (1 LA 63/19) zugelassene Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet: Die zwei Container könnten nicht allein beurteilt werden. Sie und der Carport bildeten mit dem Bestandsgebäude eine Einheit. Allein die Betriebsfläche von 22 m² sei um ca. 30 m² vergrößert worden. Ursprünglich sei ein kleines Gewerbe genehmigt worden; nunmehr sei der Beigeladene auch in der Lage, Schulen und andere öffentliche Einrichtungen mit Essen zu beliefern. Mit der Änderung gehe nicht nur eine Nutzungsintensivierung, sondern auch eine qualitative Erweiterung und eine stärkere Belastung ihres Grundstücks mit Lärm- und Geruchsentwicklung einher. Die Abluft werde durch einen Lüftungsauslass im Giebel des ehemaligen Stallgebäudes auf ihr Grundstück geleitet. Über die vermehrte Lärm- und Geruchsbelastung hätte Beweis erhoben werden müssen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben liege im Außenbereich ohne Einfluss auf ihr Wohngrundstück, treffe nicht zu. Das Vorhaben wirke ferner verunstaltend; es entstehe der Eindruck einer „sanierungsbedürftigen Budenstadt“ in einer durch Natur geprägten Umgebung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 2. Kammer - vom 7. März 2019 abzuändern und die Baugenehmigung vom 3. April 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt aus, das Verwaltungsgericht habe zutreffend angenommen, dass Prüfungsgegenstand lediglich die mit Bescheid vom 3. April 2014 genehmigten Anlagen seien. Der Innenraum der Altanlage von ca. 16 m² werde seit jeher für die Speisenzubereitung genutzt; durch die Auslagerung der Spülvorgänge würde eine zusätzliche Fläche von vielleicht zwei Quadratmetern gewonnen; von einer Verdoppelung könne keine Rede sein. Der Container führe lediglich zu einer großzügigeren Möglichkeit, die Spülvorgänge durchzuführen, erweitere aber die Möglichkeiten zur Zubereitung von Speisen nicht. Der Lagercontainer könne von vornherein keinen Einfluss auf den Umfang des Gewerbes des Beigeladenen haben. Bei isolierter Betrachtung sei das Vorhaben nicht rücksichtslos; alle Belästigungen seien auf das Bestandsvorhaben zurückzuführen. Aber auch bei einer Gesamtbetrachtung gebe es keine unzumutbaren Immissionen. Das Vorhaben befinde sich im Außenbereich; Grenze des Bebauungszusammenhangs bildeten die Wohnhäuser der Klägerin und des Beigeladenen. Die Nebengebäude seien nicht maßstabbildend, da sie nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Der aus § 35 Abs. 2 BauGB resultierende Schutzanspruch der Klägerin gehe bestenfalls auf die Einhaltung eines Zwischenwertes zwischen den im Allgemeinen Wohngebiet und im Außenbereich zumutbaren Werten, mithin 57,5 dB(A) tags und 42,5 dB(A) nachts. Tatsächlich sei der Innenbereich vor Ort allerdings als faktisches Mischgebiet zu qualifizieren, da in der näheren Umgebung auch ein Reitplatz, eine Ferienwohnung, ein Landwirtschaftsbetrieb und ein Ingenieurbüro lägen. Mischgebietswerte würden unstreitig eingehalten, aber auch Zwischenwerte. Von einer vorhabenbedingten Erhöhung der Geruchsimmissionen sei nicht auszugehen. Die vorhandene Ventilationsöffnung zum Grundstück der Klägerin werde im Übrigen aus Brandschutzgründen geschlossen werden; die Lüftung werde dann entsprechend dem Stand der Technik über das Dach geführt werden; insoweit solle nur der Ausgang des vorliegenden Verfahrens abgewartet werden.

Der Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, er habe zwischen 2004 und 2012 wochentags täglich für Kindergärten und schulische Nachmittagsbetreuungen gekocht und eine Angestellte in Teilzeit beschäftigt; die Betriebsstunden hätten sich auf 6 pro Tag an fünf Tagen je Woche belaufen. Von 2012 bis 2015 habe nur seine Frau geringfügig beschäftigt für den Betrieb gearbeitet. Er beabsichtige nicht mehr, den Partyservice in Vollzeit zu betreiben; er beabsichtige, nur noch nebenberuflich am Wochenende tätig zu werden. Ein Betrieb nach 22 Uhr sei nicht beabsichtigt. Durch den Spül- und Lagercontainer verringere sich der entstehende Lärm, da er bisher durch die HACCP-Anweisung gehindert gewesen sei, gleichzeitig zu kochen und abzuspülen; in der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er bislang das schmutzige Geschirr in den Kochphasen aus dem Arbeitsraum heraus- und anschließend zum Spülen wieder hereingetragen habe. Im Lagercontainer würden Transportboxen und Buffetutensilien gelagert, die bisher im Haus aufbewahrt worden seien, was zu mehrfachen Transporten über den Hof geführt habe. Die Betriebsabläufe als solche (Waren einkaufen, Verräumen, Kochen und Ausliefern) veränderten sich durch die Auslagerung nicht. Nach Rückkehr vom Ausliefern werde das Fahrzeug nicht mehr am selben Tag bzw. Abend ausgeladen, sondern erst am nächsten Tag. Es seien drei Lärmgutachten erstellt worden, die die Unbedenklichkeit seines Betriebes bestätigten. Die Heizungsanlage der Klägerin sei lauter als sein Abwasch und Ventilator. Er sei nach wie vor bereit, den Lüfter auf die gegenüberliegende Gebäudeseite zu versetzen. Die Klägerin habe 2003 ihr Einverständnis mit dem Vorhaben erklärt. Mit Maßnahmen zur optischen Aufwertung des Vorhabens wolle er zunächst den Ausgang des Vorhabens abwarten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen; die angegriffene Baugenehmigung vom 3. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2016 verletzen die Klägerin nicht, wie dies für einen Klageerfolg nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlich wäre, in ihren Rechten.

1.

Die im Zulassungsbeschluss thematisierte Frage, ob Prüfungsgegenstand des Beklagten allein die Container-Carport-Konstruktion sein durfte oder ob das 2003 genehmigte Küchengebäude in die Prüfung hätte einbezogen werden müssen, ist mit dem Verwaltungsgericht im erstgenannten Sinne zu beantworten.

Grundsätzlich bestimmt der Bauherr mit seinem Bauantrag, was er als Baumaßnahme im Sinne der §§ 59 Abs. 1, 2 Abs. 13 NBauO zur Prüfung der Genehmigungsbehörde stellt und was diese als „Vorhaben“ im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB einer bauplanungsrechtlichen Beurteilung unterziehen muss (BVerwG, Urt. v. 20.8.1992 - 4 C 57/89 - juris Rn. 21; Beschl. v. 21.8.1991 - 4 B 20.91 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Das gilt auch für die hier relevante Frage, ob ein baulich selbständiges neues Betriebsgebäude, das seiner Bestimmung nach aber in funktionellem Zusammenhang mit bestehenden Betriebsgebäuden stehen soll, isoliert als Neuerrichtung einer baulichen Anlage genehmigt werden oder ob auch eine bauliche Änderung oder Nutzungsänderung bestehender Betriebsanlagen in das Genehmigungsverfahren einbezogen werden soll. Grenzen findet dieser Grundsatz nur dann, wenn das hinzutretende Vorhaben und der Altbestand technisch oder rechtlich nicht voneinander getrennt werden können. Wird ein bestehendes Gebäude erweitert, so wird eine solche objektive Unteilbarkeit der Regelfall sein (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 -, juris Rn. 16). Tritt ein baulich isoliertes Gebäude hinzu, ist das nicht der Fall. Zu prüfen ist dann vielmehr, ob mit dessen Inbetriebnahme der genehmigte Bestandsbetrieb seinen Charakter in einer Weise ändert, dass die Bandbreite der von der bisherigen Genehmigung erfassten Nutzungen überschritten würde. Dabei genügt es nicht, dass das neue Vorhaben es dem Bauherrn nur ermöglicht, seinen Bestandsbetrieb zu ändern, sofern die Änderung einen weiteren Zwischenschritt erfordert, der auch isoliert einer baurechtlichen Betrachtung zugänglich wäre. Nur wenn die Änderung gleichsam automatisch mit der Verwirklichung des neuen Vorhabens einhergeht, ist Unteilbarkeit gegeben. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die Gesamtbetriebsfläche - unabhängig von ihrer Anordnung in einem Gebäude - zu den genehmigungsrelevanten und daher durch die Genehmigung beschränkten Merkmalen des Altvorhabens gehört, was namentlich im Einzelhandelsbereich denkbar ist.

Hier liegt ein solcher Fall nicht vor.

Die Baugenehmigung vom 15. Mai 2003 für das Bestandsvorhaben des Beigeladenen spezifiziert die genehmigten Betriebsabläufe kaum. Weder sind bestimmte Betriebszeiten festgelegt, noch sind Art und Anzahl der eingesetzten Geräte beschränkt. Auch die Anzahl der Essen, die täglich zubereitet werden dürfen, ist über die Baugenehmigung nicht begrenzt. Ob es eine an die Betriebsfläche geknüpfte lebensmittelrechtliche Begrenzung gab oder gibt, ist insoweit unerheblich, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Bauaufsichtsbehörde diese als den Betriebsumfang limitierenden Faktor in den Blick genommen hätte. Soweit die Einrichtung und Nutzung des Arbeitsraums geregelt ist - insbesondere mit Blick auf die Anzahl der vorzuhaltenden Waschbecken und die Trennung der reinen von den unreinen Arbeiten -, dient dies ersichtlich nicht der Begrenzung des Betriebsumfangs, sondern der Sicherstellung lebensmittelhygienischer Mindeststandards. Der Klägerin ist darin beizupflichten, dass dem Beklagten bei Genehmigung des Vorhabens ein dem Umfang nach beschränkter Betrieb vor Augen stand; die insoweit maßgebliche Begrenzung bildet allerdings nicht die Art, wie die genehmigte Betriebsfläche genutzt wird, sondern die in der grüngestempelten Betriebsbeschreibung dargestellte Beschränkung des eingesetzten Personals auf zwei Personen, die auch dazu geführt hat, dass der Beklagte auf die Forderung nach eigenen, vom Wohnhaus der Kläger unabhängigen Mitarbeitertoiletten verzichtete (Hinweis Nr. 18 zur Baugenehmigung). Diese Begrenzung charakterisiert den Betrieb als „Kleinbetrieb“.

An diesem Betriebsumfang ändert sich durch das Hinzutreten des Containerkomplexes - ein Zusammenhang des Carports mit dem Betrieb steht nicht in Rede - nichts, wobei der Senat davon ausgeht, dass der als Lagerraum genehmigte Container jedenfalls teilweise dem Betrieb zur Verfügung stehen soll. Zwar führen die Auslagerung der Spülmaschine und einiger Lagerkapazitäten dazu, dass im Arbeitsraum etwas mehr Platz zum Kochen zur Verfügung steht. Eine Verdoppelung des für die Speisenzubereitung verfügbaren Arbeitsplatzes bedeutet dies allerdings nicht, da die in Nebenbestimmung Nr. 11 geforderte Trennung der reinen von den unreinen Arbeitsvorgängen auch bisher nicht durch räumliche Abtrennung eines Teils des Arbeitsraums umgesetzt wurde und umgesetzt werden musste, sondern durch zeitliche Abschichtung bewirkt wurde; die Schätzung des Beklagten, dass der Nettogewinn an Arbeitsfläche im Bestandsgebäude im Bereich von 2 m² liege, dürfte daher der Realität näherkommen. Unabhängig davon stellt, wie oben ausgeführt, nicht die Betriebsfläche, sondern die Mitarbeiterzahl den nach der Baugenehmigung von 2003 limitierenden Faktor für die Betriebsgröße dar. Die streitgegenständliche Baugenehmigung erlaubt es dem Beigeladenen nicht, diese zu erhöhen; ob sie tatsächlich vor 2012 oder, wie die Klägerin und ihr Sohn in der mündlichen Verhandlung angegeben haben, auch später noch höher lag, ist insoweit unerheblich.

Das Hinzutreten der Container wird zwar die Betriebsabläufe des Partyservice ändern, jedoch nicht in genehmigungsrelevanter Hinsicht. Wie ausgeführt, waren bestimmte Betriebsabläufe durch die bestehende Genehmigung nicht vorgegeben. Wenn der Beigeladene, wie er in der mündlichen Verhandlung dargestellt hat, den Spülbetrieb bislang zur Trennung der reinen von der unreinen Betriebsseite so gehandhabt hat, dass er schmutziges Kochgeschirr nach der Benutzung aus dem Arbeitsraum heraus- und später zum Spülen wieder hereingetragen hat, so stand das zur bisherigen Genehmigung nicht im Widerspruch. Dass Lebensmittel und Partygeschirr je Nutzungsvorgang einmal in den Arbeitsraum herein und einmal wieder aus ihm herausgebracht wurden, ändert sich durch die Zwischenlagerung beider Artikel in einem Lagercontainer nicht.

Der Umstand, dass die räumliche Trennung der Spülvorgänge von der Speisenzubereitung es ermöglicht, gleichzeitig zu kochen und zu spülen, lässt auch in zeitlicher Hinsicht keine Intensivierung des Betriebs im bisherigen Arbeitsraum über den genehmigten Umfang hinaus erwarten. Zwar ist es nun theoretisch möglich, „rund um die Uhr“ zu kochen, während die räumliche Verbindung beider Vorgänge nach der überzeugenden Darstellung des Beigeladenen es aus lebensmittelhygienischen Gründen erforderte, Kochen und Spülen zeitlich zu trennen, von der nach der Genehmigung von 2003 prinzipiell verfügbaren Kochzeit von 24 Stunden also faktisch eine gewisse auf das Spülen entfallende Zeit abzuziehen war. Allerdings wirkt auch insoweit weiterhin das verfügbare Personal als begrenzender Faktor. Ein Kochen „rund um die Uhr“ wäre nur in einem Schichtmodell darstellbar, was in einem allein vom Beigeladenen und seiner Ehefrau bestrittenen Betrieb völlig unrealistisch ist.

2.

Eine auf den Containerkomplex beschränkte Prüfung lässt keine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die Baugenehmigung erkennen.

Ein relevanter Lärm- oder Geruchsbeitrag, der ggf. in Verbindung mit einer zu berücksichtigenden Vorbelastung das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB für Außenbereichsvorhaben bzw. § 34 Abs. 2 i.V.m. § 15 Satz 1 BauNVO BauGB für Innenbereichsvorhaben enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verletzen könnte, geht, wie die Klägerin auf Seite 6 ihrer Berufungszulassungsbegründung vom 20. Mai 2019 selbst einräumt, von der Containeranlage allein nicht aus. Für die Geruchsfrage liegt das auf der Hand, da das Spülen keine Geruchsemissionen zur Folge hat. Mit Blick auf die Lärmauswirkungen ergibt es sich klar aus dem Messbericht vom 22. Oktober 2015. Dieser ergab für einen Zeitraum, in dem dauerhaft gleichzeitig von Hand und mit Spülmaschine abgespült wurde, am Messpunkt 2, in ca. 3 m Entfernung zum Spülcontainer und über 12 m Entfernung zum maßgeblichen Immissionsort auf dem Klägergrundstück - einem Fenster auf der Westseite des südöstlichen Gebäudetrakts - einen Dauerschallpegel von 52 dB(A), in den zudem nicht nur Lärmemissionen des Spülbetriebs, sondern auch z.B. Vogelgezwitscher nahe der Messstelle, Heizungsgeräusche sowie Lärm aus dem Arbeitsraum einflossen. Angesichts der Tatsache, dass der Schalldruckpegel sich bei Verdoppelung der Entfernung zur Lärmquelle bei freier Schallausbreitung um 6 dB(A) reduziert, muss der vom Spülcontainer ausgehende Lärm am Immissionsort selbst im Dauerbetrieb bereits weniger 40 dB(A) betragen, der Immissionsort damit klar außerhalb des Einwirkungsbereichs des Vorhabens nach Nr. 2.2 TA Lärm liegen, unabhängig davon, ob man dem Grundstück der Antragstellerin den Schutzanspruch eines faktischen allgemeinen Wohngebietes oder den geringeren eines faktischen Mischgebiets bzw. des Außenbereichs zubilligt.

Das Verunstaltungsverbot (§ 10 NBauO bzw. § 53 der wortgleichen, hier nach § 86 Abs. 1 NBauO noch anwendbaren NBauO 2003), ist nicht nur, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, nicht drittschützend (Wiechert/Sander, in: Große-Suchsdorf, 10. Aufl. 2020, § 10 Rn. 22), es war im hier durchgeführten vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 75a NBauO 2003 auch nicht zu prüfen. Aus dem Bauplanungsrecht kann die Klägerin einen Abwehranspruch gegen eine mit dem Vorhaben verbundene ästhetische Belästigung ebenfalls nicht herleiten. Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist keine eigenständige Anforderung an bauliche Anlagen, sondern bedarf eines Anknüpfungspunktes im geschriebenen Recht. Liegt das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich, so kann § 34 BauGB diesen nicht bieten, da er nur ein Sich-Einfügen nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbauten Grundstücksfläche fordert, kein ästhetisches Sich-Einfügen; im Falle einer Außenbereichslage könnte zwar § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB verletzt sein; dieser dient aber rein öffentlichen Interessen und kann - anders als Nr. 3 - nicht als Ausprägung des Gebotes der Rücksichtnahme verstanden werden.

3.

Unabhängig vom vorstehend Ausgeführten verletzte die Genehmigung selbst dann keine Nachbarrechte der Klägerin, wenn sie etwaige vorhabenbedingte Änderungen der Betriebsweise des bestehenden Arbeitsraums einschlösse. Prüfungsgegenstand wäre in diesem Fall zwar das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, Urt. v. 15.5.1997 - 4 C 23.95 -, NVwZ 1998, 58 = juris Rn. 15 m.w.N.); gleichwohl wären nur die baurechtlichen Fragen zu prüfen, die von dem Änderungsvorhaben berührt werden (BVerwG, Beschl. v. 4.2.2000 - 4 B 106.99 -, NVwZ 2000, 1047 = BRS 63 Nr. 172 = juris Rn. 2).

a)

Neu in den Blick zu nehmen wäre gemessen daran die Zumutbarkeit der vom Vorhaben ausgehenden Lärmimmissionen. Der Senat neigt dabei der Auffassung zu, dass der Standort des Vorhabens dem unbeplanten Innenbereich mit dem Charakter eines faktischen allgemeinen Wohngebietes zugehört, mit der Folge, dass der Gesamtbetrieb dem in § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Satz 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme genügen und hierfür gegenüber der benachbarten Wohnbebauung die Richtwerte der TA Lärm von regelmäßig 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts einhalten müsste. Das ist allerdings - auch ohne weitere Beschränkungen der Baugenehmigung - zu erwarten.

Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung wesentlich auf die am 22. Oktober 2015 vom Büro G. durchgeführte Lärmmessung; die früheren Lärmmessungen sind schon deshalb nicht aussagekräftig, da sie keine Dauerschallpegel ermittelt haben. Die Lärmmessung vom 22. Oktober 2015 ergab an den Messpunkten Lärmwerte, die erwarten lassen, dass die o.g. Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten werden. Für den Messpunkt 2 ist dies bereits oben ausgeführt worden. Am Messpunkt 1, d.h. in 1 m Abstand zur Lüftungsöffnung des bestehenden Arbeitsraums und ca. 11 m Abstand zum Spülcontainer ergab sich bei gleichzeitigem Betrieb von Küche und Spülküche ein Dauerschallpegel von maximal 62 dB(A). Der maßgebliche Immissionsort auf dem Grundstück der Klägerin ist 19 m von der Lüftungsöffnung der Küche entfernt. Angesichts der Faustformel, dass sich der Schall im Freifeld bei Verdoppelung der Entfernung zur Schallquelle um 6 dB(A) reduziert, ergibt das rechnerische Werte weit unter 50 dB(A) am Immissionsort. Der der Lüftungsöffnung deutlich näher gelegene Swimmingpool der Klägerin als Außenwohnbereich kann keinen Anspruch auf Einhaltung der für Wohnräume geltenden Lärmwerte der TA Lärm erheben (VGH München, Urt. v. 28.4.2017 - 9 N 14.404 - juris Rn. 91). Ein Nachtbetrieb ist in der Baugenehmigung zwar nicht ausgeschlossen, faktisch aber nicht in relevantem Umfang zu besorgen und müsste daher in einer auf den Gesamtbetrieb bezogenen Baugenehmigung auch nicht bewältigt werden. Auch die Klägerin macht nicht substantiiert geltend, dass ein solcher in den letzten immerhin 17 Jahren in nennenswertem Umfang stattgefunden hat; das von ihr von August bis Oktober 2012 geführte „Lärmbelästigungsprotokoll“ führt lediglich einmal um 5.40 Uhr (also offenbar nicht über einen längeren Zeitraum) den Vorfall „Geschirrgeklapper, Türenschlagen, Mülltonnen gerollt“ und einmal „Geschirrgeklapper“ von 21.00 Uhr bis 22.15 Uhr auf; gemittelt auf die lauteste Nachtstunde dürfte das mit den Aktivitäten, die Gegenstand der Lärmmessung waren, nicht vergleichbar sein. 2 Ereignisse in 3 Monaten ergäben zudem, aufs Jahr hochgerechnet, 8 Ereignisse; das wären nach Nr. 7.2 der TA Lärm seltene Ereignisse, für die Dauerschallpegel von 55 dB(A) nachts erreicht werden dürften. Daraus ergibt sich, dass selbst bei einem Dauerbetrieb von Küche und Spülküche über den gesamten Tagzeitraum die Immissionswerte für ein Allgemeines Wohngebiet weit unterschritten sein werden. Zu berücksichtigen ist ferner, dass in den gemessenen Pegeln der Betrieb der zum Garten der Klägerin hin ausgerichteten Lüftungsanlage und ein Austritt der Innengeräusche durch das Lüftungsloch enthalten waren; diese Entlüftungsweise ist allerdings weder im Bestand genehmigt, noch würde sie es durch die angefochtene Baugenehmigung. Wird das Lüftungsloch, wie vom Beklagten angekündigt, geschlossen, ist eine weitere Reduktion des Lärms zu erwarten. Dass der gemessene Betrieb, wie die Klägerin anführt, simuliert worden wäre, trifft nicht zu. Der Messbericht beschreibt auf Seite 4, dass im Messzeitraum (3 ½ Stunden) Speisen für zwei (reale) Aufträge zubereitet wurden mit Zu- und Abgangsverkehr. Da die Art der Speisen und damit ihrer Zubereitung von den Kundenwünschen abhing, konnte der Beigeladene sich auch nur eingeschränkt auf die Überprüfungssituation einstellen. Die Öffnung der Küchentür zwecks ergänzender Lüftung während der Speisenzubereitung, die nicht simuliert wurde, nach Behauptung der Klägerin aber an heißen Tagen vorkomme, ist nach glaubhafter Darstellung des Beigeladenen aus lebensmittelhygienischen Gründen unzulässig. Bei der gebotenen Neukonzeption der Lüftungsanlage wird der Beigeladene Sorge zu tragen haben, dass er ohne diese auskommt.

b)

Ob die Änderungen des Vorhabens die Geruchsproblematik berühren würden, kann dahinstehen; denn dass von dem Gesamtvorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen ausgingen, ist ebenfalls nicht erkennbar. Der Betrachtung zugrunde zu legen ist nämlich nicht die Abluftführung in ihrer gegenwärtigen Form, mit einem direkt auf das Grundstück der Klägerin ausgerichteten Entlüftungsöffnung. Vielmehr ist die Nebenbestimmung 12 Satz 3 der Baugenehmigung von 2003 zu berücksichtigen, nach der die Lüftung über das Dach erfolgen muss, wenn dies zum Schutz der Nachbargrundstücke gegen erhebliche Geruchsbelästigungen erforderlich ist. Wird dies umgesetzt, so bietet das Vorhaben unter Berücksichtigung der genehmigten Betriebsweise als inhabergeführter Zwei-Personen Betrieb keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die in allgemeinen Wohngebieten zulässige Geruchsstundenhäufigkeit von 10% der Jahresgeruchsstunden überschritten werden könnte. Dies würde voraussetzen, dass das Vorhaben an jedem Tag des Jahres - werktags wie feiertags - über rund zweieinhalb Stunden Küchengerüche absonderte, die unabhängig von der Windrichtung an schutzwürdigen Immissionsorten auf dem Klägergrundstück wahrnehmbar wären.

c)

Die Frage, ob das Vorhaben Grenzabstandsvorschriften einhält, ist keine, die durch das Vorhaben erneut aufgeworfen würde. Selbst wenn man dieses als Änderung des Gesamtbetriebes fasste, stünden die Änderungen in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der Lage der Ostwand des bestehenden Arbeitsraumes.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.