Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.03.2021, Az.: 10 ME 14/21

Bauleitplanung; Beanstandung; Bürgerbegehren; Bürgerentscheid; Formerfordernisse; Hauptausschuss; Hauptverwaltungsbeamter; Kreisausschuss; Landrat; Unterschriftserfordernis; Vertreter; Vorabentscheidung; Vorabprüfung; zulässiger Gegenstand

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.03.2021
Aktenzeichen
10 ME 14/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 71132
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 07.01.2021 - AZ: 1 B 52/20

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der Hauptausschuss, der gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG im Rahmen einer Vorabentscheidung bereits über Teile der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entschieden hat, ist an das Ergebnis seiner Vorabentscheidung bei der endgültigen Entscheidung über die Zulässigkeit gemäß § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG gebunden.

2. Ein Bürgerbegehren, das die Standortsuche für einen Klinikneubau zum Gegenstand hat, kann nicht mit der Begründung für unzulässig erklärt werden, dass es die Aufstellung von Bauleitplänen betrifft.

3. Ein Bürgerbegehren muss bereits bei Antragstellung von allen Vertretern unterschrieben werden.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer - vom 7. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf je 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller erstreben die vorläufige Zulassung für das Bürgerbegehren „H.-Klinikum“.

Der Landkreis H. – im Folgenden: Landkreis – ist alleiniger Gesellschafter der H.-Klinikum gGmbH – im Folgenden: HKK –, die an den Standorten A-Stadt und Walsrode jeweils ein Krankenhaus betreibt. Er wird in der Gesellschafterversammlung durch die Mitglieder des Kreistags und den Hauptverwaltungsbeamten vertreten (§ 12 Abs. 5 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags).

Im Januar 2018 bot das für die Krankenhausversorgung zuständige Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (im Folgenden: Niedersächsisches Sozialministerium) der HKK an, die Errichtung eines zentralen Klinikums im Landkreis bei Aufgabe der bisherigen Standorte maßgeblich zu finanzieren. Im März 2018 beschloss der Kreistag, die Vertreterinnen und Vertreter in der Gesellschafterversammlung der HKK zu beauftragen, die Geschäftsführung der HKK anzuweisen, beim Land Niedersachsen bzw. beim Krankenhausplanungsausschuss den Antrag zu stellen, planerisch die Zusammenlegung der beiden Krankenhausstandorte an einem zentralen Standort im H. zum 1. Januar 2023 zu beschließen und für die Zusammenlegung Fördermittel in Höhe von bis zu 200 Mio. € bewilligen. Nach Beteiligung des Krankenhausplanungsausschusses des Landes Niedersachsen stellte das Niedersächsische Sozialministerium fest, dass der Ersatzneubau eines zentralen Klinikums in den Niedersächsischen Krankenhausplan unter der Bedingung aufgenommen werde, dass die Krankenhäuser Walsrode und A-Stadt aus dem Krankenhausplan bestandskräftig ausscheiden. Zugleich stellte das Land Niedersachsen Fördermittel in Höhe von rund 130 Mio. € aus dem Strukturfonds II in Aussicht. Für die Förderung muss der Förderantrag bis zum 30. September 2021 vorgelegt werden.

Die HKK gab in der Folgezeit eine gutachterliche Analyse verschiedener Standorte in Auftrag, darunter in G-Stadt (F4) und in der ebenfalls zur Stadt G-Stadt gehörenden Ortschaft Dorfmark (D4). Das Gutachten sprach die Empfehlung aus, den Klinikneubau am Standort G-Stadt (F4) zu errichten.

Auf seiner Sitzung vom 26. Juni 2020 beschloss der Kreistag, die Vertreterinnen und Vertreter in der Gesellschafterversammlung der HKK zu beauftragen, einen Beschluss folgenden Inhalts zu fassen: „Die Gesellschafterversammlung der [HKK] beschließt, als Standort für die Planung eines Krankenhaus-Neubaus in zentraler Lage im Landkreis H. den Suchbereich F4 auf Basis der Gutachtervorschläge vorzusehen.“ Die Gesellschafterversammlung fasste am selben Tag einen entsprechenden Beschluss. Dieser Beschluss des Kreistags wurde am 3. Juli 2020 öffentlich bekannt gemacht.

Am 13. Juli 2020 fasste der Bau-, Umweltschutz- und Verkehrsausschuss der Stadt G-Stadt die Beschlüsse über die Aufstellung der 26. Änderung des Flächennutzungsplans und über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 79 „Klinikum auf dem Helmskamp“.

Am 20. Juli 2020 zeigten die Antragsteller zu 1. und 3. mit Schreiben vom 17. Juli 2020 dem Landkreis die Einleitung des Bürgerbegehrens an. Zugleich beantragten sie eine unverzügliche Entscheidung des Antragsgegners über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 32 Abs. 2 und 3 Satz 1 bis 3 NKomVG. Nach entsprechender Beratung durch den Landrat wurde der Wortlaut der Frage des Bürgerbegehrens durch Schreiben des Antragstellers zu 1. vom 23 Juli 2020 wie folgt gefasst:

„Sind Sie dafür, die Vertreterinnen und Vertreter in der Gesellschafterversammlung der H.-Klinikum GmbH (HKK) anzuweisen, einen Beschluss dahingehend zu fassen, dass in Abänderung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 26.6.2020 als Standort für die Planung eines Krankenhaus-Neubaus ein Suchbereich bei Dorfmark vorzusehen ist?“

Als Vertretungsberechtigte für das Bürgerbegehren wurden die Antragsteller benannt.

Der Antragsgegner stellte daraufhin auf seiner Sitzung vom 10. August 2020 fest, dass das Bürgerbegehren die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 2 und 3 Satz 1 bis 3 NKomVG erfülle.

Bis zum 5. Oktober 2020 reichten die Antragsteller bei dem Antragsgegner über 12.000 gültige Unterstützungsunterschriften für das Bürgerbegehren ein. Der Antragsgegner vertagte auf seiner Sitzung vom 15. Oktober 2020 eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und beschloss, zur Beurteilung dieser Frage ein Rechtsgutachten einzuholen.

Der Rat der Stadt G-Stadt bestätigte mit Beschluss vom 2. November 2020 die Aufstellungsbeschlüsse vom 13. Juli 2020. Er stellte dabei ergänzend klar, dass für ein neues zentrales Klinikum im Stadtgebiet G-Stadt „ausschließlich der sogenannte Bereich ‚F4‘ […] infrage kommt. Andere Flächen im Stadtgebiet G-Stadt sind somit für den Neubau des H.-Klinikums ausgeschlossen.“

In seiner Sitzung vom 16. November 2020 hob der Antragsgegner seinen Beschluss vom 10. August 2020 auf und stellte fest, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei. Unter Berufung auf das eingeholte Rechtsgutachten sei er der Auffassung, dass sein Beschluss vom 10. August 2020 unwirksam sei, weil das Bürgerbegehren die laufende Bauleitplanung der Stadt G-Stadt betreffe und damit gegen § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NKomVG verstoße. Die Antragsteller hatten bereits zuvor am 13. November 2020 Klage erhoben (Az. 1 A 284/20) und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht mit dem Begehren, den Antragsgegner (vorläufig) zu verpflichten, das Bürgerbegehren zuzulassen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 7. Januar 2021 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Antragsgegner vorläufig, das von den Antragstellern eingereichte Bürgerbegehren „H.-Klinikum“ zuzulassen.

Die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch sei § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG. Danach entscheide der Hauptausschuss unverzüglich über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Da der Antragsgegner bereits eine (Vorab-)Entscheidung nach § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG getroffen habe, habe er gemäß § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG alleine darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der Abs. 4 und 5 der Vorschrift vorlägen. Die übrigen Voraussetzungen nach § 32 Abs. 2 und 3 Satz 1 bis 3 NKomVG habe der Antragsgegner als gegeben angesehen und die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens insofern bereits durch Beschluss vom 10. August 2020 festgestellt. An diese Vorabentscheidung sei er weiterhin gebunden. Der Beschluss vom 10. August 2020 sei weder nichtig, noch dürfe der Antragsgegner ihn durch einen späteren Beschluss ändern. Zwar betreffe der Beschluss nur das kommunale Innenrechtsverhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner. Daher fänden die Regelungen über die Nichtigkeit und Aufhebung von Verwaltungsakten keine Anwendung. Daraus folge aber nicht, dass die Vorabentscheidung über die Zulässigkeit gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG dann, wenn sich herausstelle, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung des Bürgerbegehrens insoweit zu Unrecht bejaht worden seien, nichtig sei oder geändert werden dürfe. Durch die Regelung in § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG solle vielmehr sichergestellt werden, dass der Hauptausschuss an seine Entscheidung nach Abs. 3 Satz 5 der Vorschrift gebunden sei und er insoweit auch keine wiederholende Entscheidung treffen solle. Für diese Auslegung spreche sowohl der Wortlaut des § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG als auch die Norm- und Gesetzessystematik. Über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und 3 Satz 1 bis 3 NKomVG entscheide der Hauptausschuss auf einen entsprechenden Antrag hin bereits nach Anzeige des Bürgerbegehrens. Das Gesetz sehe in einen solchen Fall ausdrücklich eine 2-stufige Prüfung vor und verleihe der Vorabentscheidung damit grundsätzlich Bestandskraft. Dies entspreche auch dem Gesetzeszweck. Nach der Gesetzesbegründung sollten die Bürgerinnen und Bürger, die sich für das Bürgerbegehren engagierten oder dieses durch ihre Unterschrift unterstützten, vor der Enttäuschung bewahrt werden, die entstehe, wenn sie erst am Schluss des Verfahrens erführen, dass bei der Abfassung des Bürgerbegehrens die inhaltlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht beachtet worden seien. Diese klare gesetzgeberische Zielsetzung werde unterlaufen, wenn der Hauptausschuss erst nach Einholung der Unterstützungsunterschriften aufgrund „näheren Hinsehens“ zum Schluss käme, dass seine frühere Entscheidung unzutreffend und (damit) unwirksam wäre. Dies vorausgeschickt seien hier allein die Voraussetzungen der Abs. 4 und 5 des § 32 NKomVG zu prüfen. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage, die ausnahmsweise eine Bindung an die Vorabentscheidung entfallen lassen könne, liege nicht vor. Sie sei auch nicht durch den Beschluss des Rates der Stadt G-Stadt eingetreten. Der Beschluss sei keine verbindliche baurechtliche Festlegung, sondern lediglich eine politische Erklärung. Die übrigen Voraussetzungen der Abs. 4 und 5 des § 32 NKomVG lägen vor.

Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes sei auch eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners erforderlich, das Bürgerbegehren zuzulassen. Durch den weiteren Zeitablauf würde das Erreichen des Ziels des Bürgerbegehrens, dass ein neues H.-Klinikum im Raum Dorfmark gebaut werde, mit hoher Wahrscheinlichkeit unangemessen erschwert. Nach den vom Antragsgegner vorgelegten Terminplänen sei davon auszugehen, dass die HKK im Zeitpunkt einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache die Beantragung von Fördermitteln und die Ausführungsplanung am vom Landkreis vorgesehenen Standort in G-Stadt wesentlich vorangetrieben haben werde. Im Falle einer später stattgebenden gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache würde dieser Zeitverlust wenn nicht zu einer faktischen Erledigung des Bürgerbegehrens, so doch jedenfalls zu einer unzumutbaren und irreversiblen Benachteiligung der von den Antragstellern vertretenen Unterstützern des Begehrens führen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Fakten, die bis zum Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren geschaffen würden, die politische Meinungsbildung und damit den Ausgang eines Bürgerentscheids wesentlich (mit-)bestimmen würden. Dies rechtfertige die faktische Vorwegnahme des Erfolgs in der Hauptsache.

Gegen diesen Beschluss, der dem Antragsgegner am 8. Januar 2021 zugestellt worden ist, richtet sich die am 20. Januar 2021 erhobene Beschwerde, die der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 3. Februar 2021 begründet hat.

Der Antragsgegner vertritt die Ansicht, es bestehe kein Anordnungsanspruch. Das Bürgerbegehren sei unzulässig, weil es die Bauleitplanung betreffe und im Übrigen von den Vertretern bei Antragstellung nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden sei. Es bestehe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keine Bindung an die Vorabentscheidung des Antragsgegners vom 10. August 2020. Zu Recht nehme das Verwaltungsgericht an, dass es sich bei der Vorabentscheidung des Antragsgegners gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG nicht um einen Verwaltungsakt handele. Dann sei aber eine rechtswidrige Vorabentscheidung nichtig. Dieser Konsequenz versuche das Verwaltungsgericht vergeblich damit zu begegnen, indem es die Bindungswirkung gerade aus § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG herleite. Eine Vorabentscheidung könne die vom Verwaltungsgericht angenommene Bindungswirkung nur dann entfalten, wenn sie auf einer rechtlich zutreffenden Würdigung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens beruhe. Es sei weder der gesetzlichen Regelung noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG einer Verbindlichkeit der Vorabentscheidung nicht nur für den Fall ihrer Rechtmäßigkeit, sondern auch für den Fall anordnen wollte, dass die grundsätzliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu Unrecht bejaht worden sei. Auch der Wortlaut von § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG gebe für ein solches Verständnis nichts her. Der Fall der rechtswidrigen Bejahung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sei vom Gesetzgeber nicht geregelt worden. Daher bleibe es bei dem Grundsatz, dass die innenrechtliche, rechtswidrige Zulassung eines Bürgerbegehrens deren Unwirksamkeit zur Folge habe. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts hätten sich die Umstände seit Zulassung auch relevant geändert. Durch den Beschluss des Rates der Stadt G-Stadt stehe zumindest derzeit ein anderer Standort als derjenige, den die Stadt ins Auge gefasst habe, nicht zur Verfügung. Zudem ergebe sich eine relevante Änderung der Gegebenheiten daraus, dass auch das Verwaltungsgericht nicht infrage stelle, dass im Falle einer Änderung des geplanten Standortes die seitens des Landes Niedersachsen in Aussicht gestellten Fördermittel voraussichtlich nicht mehr ordnungsgemäß beantragt werden könnten. Tatsächlich stehe damit keine Entscheidung zwischen zwei Standorten, sondern die Entscheidung zwischen der Realisierung des Projekts am vom Landkreis favorisierten Standort und der Verschiebung des Neubaus für einen derzeit nicht absehbaren Zeitraum in Rede.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehe auch kein Anordnungsgrund. Dies setze voraus, dass die Zulässigkeit bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden könne, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden könne und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung das Bürgerbegehren zur Folge hätte. Hier stünden aber allenfalls eine Veränderung äußerer Gegebenheiten mit etwaiger Bedeutung für die Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger zur Debatte, die im Kontext eines Bürgerbegehrens ein allgemeines Lebensrisiko darstellten, das nicht die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertige. Darüber hinaus leite das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine Eilbedürftigkeit aus der Tatsache her, dass das Land Niedersachsen einen Zuschuss aus dem Strukturfonds II für einen Krankenhaus-Neubau am bislang vom Landkreis vorgesehenen Standort gewähren könnte. Im Falle eines Erfolgs des Bürgerbegehrens und des nachfolgenden Bürgerentscheids stehe schon aus Zeitgründen fest, dass ein solcher Zuschuss für einen neu zu beplanenden Standort nicht in Betracht komme. Es sei nicht erkennbar, warum dieser Umstand eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte.

Mit weiterem Schriftsatz vom 17. Februar 2021 hat der Beschwerdeführer seine Argumentation wiederholt und vertieft.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 7. Januar 2021 hat keinen Erfolg.

Aus den vom Antragsgegner zur Begründung seiner Beschwerde dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat sich gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch (dazu unter 1.) als auch einen Anordnungsgrund (dazu unter 2.) glaubhaft gemacht haben (§ 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 940 ZPO).

Die Obergerichte stellen allerdings an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs bzw. eines Anordnungsgrunds für eine vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens wegen der damit regelmäßig verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache hohe Anforderungen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg kommt eine vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.12.2016 – 1 S 1883/16 –, juris Rn. 25 m.w.N. und Beschluss vom 22.8.2013 – 1 S 1047/13 –, juris Rn. 16; ähnlich auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.4.2017 – 15 B 479/17 –, juris Rn. 17; Thüringer OVG, Beschluss vom 19.11.2015 – 3 EO 363/15 –, juris Rn. 22; Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.12.2010 – 4 CE 10.2839 –, juris Rn. 26). Ist dagegen gänzlich ungewiss, ob das Bürgerbegehren zulässig ist, insbesondere ob die notwendige Anzahl von Unterschriften erreicht wird, fehlt es danach bereits an einer Tatsachengrundlage, die eine - wenn auch nur vorläufige - gerichtliche Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens tragen kann (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6.12.2012 – 1 S 2408/12 –, juris Rn. 9). Der Senat lässt offen, ob er diesen besonders strengen Maßstab auf die Rechtslage nach dem NKomVG anwendet (vgl. zum Maßstab auch Senatsbeschluss vom 24.3.2000 – 10 M 986/00 –, juris Rn. 5 f.). Denn auch gemessen an diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht zutreffend einen Anordnungsanspruch und –grund bejaht, weil die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens schon jetzt festgestellt werden kann.

1. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG.

Der Antragsgegner – gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 4 NKomVG der Hauptausschuss des Landkreises – nimmt zu Unrecht an, dass er im Rahmen der gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG von ihm (abschließend) zu treffenden Zulässigkeitsentscheidung die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens auch dann noch wegen Fehlens einer der Voraussetzungen gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 bis 3 und Abs. 2 NKomVG verneinen könne, wenn er zuvor auf Antrag im Verfahren gemäß Abs. 3 Satz 5 derselben Vorschrift festgestellt hat (im Folgenden: Vorabentscheidung), dass diese Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen. Gegen eine solche Auslegung sprechen der Wortlaut (dazu unter a) und der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Sinn und Zweck der Vorabentscheidung (dazu unter b). Es entsteht dadurch auch keine Regelungslücke, weil der Landrat gemäß § 88 NKomVG grundsätzlich noch einschreiten kann (dazu unter c).

a) Gemäß § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG entscheidet der Hauptausschuss dann, wenn bereits eine Entscheidung nach Abs. 3 Satz 5 derselben Vorschrift vorliegt, lediglich darüber, ob die Voraussetzungen gemäß Abs. 4 und 5 vorliegen. Damit ist das Prüfprogramm für den Antragsgegner zwingend vorgegeben. Unabhängig davon, ob und inwieweit die Vorabentscheidung gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG Fehler aufweist, geht aus Abs. 6 Satz 2 hervor, dass der Antragsgegner nur über die weiteren Voraussetzungen der Abs. 4 und 5 zu befinden hat (vgl. bereits Senatsurteil vom 4.12.2019 – 10 LC 154/18 –, juris Rn. 44). Tatbestandsvoraussetzung ist auch allein, dass eine derartige Entscheidung gemäß Abs. 3 Satz 5 „vorliegt“. Ungeachtet einer etwaigen Fehlerhaftigkeit der Entscheidung ist somit nur erforderlich, dass die auf bestimmte Zulässigkeitsvoraussetzungen beschränkte Prüfung mit einer Entscheidung abgeschlossen worden ist, was hier unstreitig der Fall ist.

Der Antragsgegner ist dadurch auch nicht verpflichtet, rechtswidrige Zustände zu schaffen, zu vertiefen oder rechtswidrige oder nichtige Beschlüsse entgegen der Rechtslage als rechtmäßig anzusehen. Vielmehr folgt er den für ihn als Hauptausschuss zwingenden gesetzlichen Vorgaben. Zudem folgt allein aus der Tatsache, dass er im Rahmen der Vorabentscheidung zu Unrecht zum Ergebnis gekommen sein mag, das Bürgerbegehren sei zulässig, nicht notwendig seine Kompetenz, die daraus resultierenden Fehlerfolgen selbst festzustellen oder durch einen gegenteiligen Beschluss zu beheben.

b) Wenn man hingegen annehmen würde, dass der Antragsgegner stets auch noch die Voraussetzungen gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 bis 3 und Abs. 2 NKomVG (erneut) prüfen dürfte, würde dies den Sinn der Vorabentscheidung gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG vollständig entwerten. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auf den sich aus der Begründung des „Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts und anderer Gesetze“ ergebenden Sinn und Zweck der Einführung der Vorabentscheidung Bezug genommen. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 16/785) heißt es hierzu:

„Nach der bisherigen Rechtslage wird erst am Schluss des Verfahrens zur Einreichung des Bürgerbegehrens, also nach der Sammlung der Unterstützungsunterschriften, geprüft, ob das Bürgerbegehren z. B. ein zulässiges Thema zum Gegenstand hat oder der Kostendeckungsvorschlag ausreicht. Die Kriterien für die Zulässigkeit haben in der Praxis eine große Bedeutung für den Erfolg eines Bürgerbegehrens. […] Mit einer frühzeitigen Entscheidung über die inhaltliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wird gegebenenfalls eine Überarbeitung des Bürgerbegehrens ermöglicht, bevor für das Anliegen in der Bürgerschaft geworben wird und Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Damit sollen die Bürgerinnen und Bürger, die sich für das Bürgerbegehren engagieren oder dieses durch ihre Unterschrift unterstützen, vor der Enttäuschung bewahrt werden, die entsteht, wenn sie erst am Schluss des Verfahrens erfahren, dass bei der Abfassung des Bürgerbegehrens die inhaltlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht beachtet worden sind. Die Änderung beugt damit der Politikverdrossenheit vor und steigert die Akzeptanz von Bürgerbegehren bei den Bürgerinnen und Bürgern.“

Die Vorabentscheidung hat damit gerade den Sinn, den Unterstützern des Bürgerbegehrens das Risiko abzunehmen, dass später im Rahmen der endgültigen Prüfung durch den Hauptausschuss die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens aus Gründen verneint wird, die bereits im Rahmen der Vorabentscheidung geprüft und bejaht wurden bzw. hätten geprüft werden müssen. Würde man dies im Sinne des Antragsgegners anders bewerten, blieben die Vertreter des Bürgerbegehrens bis zur endgültigen Entscheidung über die Zulässigkeit weiter im Ungewissen, ob es bei der ursprünglichen Bewertung der Zulässigkeit bleibt. Das Risiko einer Enttäuschung der Unterstützer des Bürgerbegehrens, das diesen gerade durch die Vorabentscheidung genommen werden sollte, bestünde unverändert fort. Aus diesen Gründen besteht die Bindungswirkung der Vorabentscheidung entgegen der Ansicht des Antragsgegners gerade in den Fällen, in denen der Hauptausschuss nach der Vorabentscheidung zu einer anderen rechtlichen Bewertung der im Rahmen der Vorabentscheidung zu prüfenden Fragen gelangt. Anderenfalls wäre diese Vorschrift sinnentleert.

Darüber hinaus entspricht eine Bindung des Hauptausschusses an das Ergebnis seiner eigenen früheren Vorabentscheidung auch dem zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers. Der ursprüngliche Gesetzentwurf zur Änderung des damaligen § 22 b Abs. 6 Sätze 1 und 2 NGO lautete (LT-Drs. 16/785, Seite 3):

„(6) 1Der Verwaltungsausschuss entscheidet unverzüglich über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. 2Liegt bereits eine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 5 vor, so entscheidet er, ob die Voraussetzungen der Absätze 4 und 5 vorliegen. […]“

Auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration (LT-Drs. 16/1194, Seite 3) wurde § 22 b Abs. 6 Sätze 1 und 2 NGO dann wie folgt gefasst:

„(6) 1Der Verwaltungsausschuss entscheidet unverzüglich über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. 2Liegt bereits eine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 5 vor, so entscheidet er nur noch darüber, ob die Voraussetzungen der Absätze 4 und 5 vorliegen. […]“ (Hervorhebung im Original)

Diese Ergänzung bezeichnete der Berichterstatter des Ausschusses in seinem Bericht (LT-Drs. 16/1255) als lediglich redaktionelle Klarstellung, „dass der Verwaltungsausschuss an seine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 5 gebunden ist und insoweit auch keine wiederholende Entscheidung treffen soll.“ Bis auf sprachliche Anpassungen (vgl. hierzu LT-Drs. 16/2510, Seite 101, 108) entsprechen die Bestimmungen des § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 NKomVG den damaligen Regelungen des § 22 b Abs. 6 Sätze 1 und 2 NGO. Somit ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien sehr deutlich, dass eine erneute und eventuell abweichende Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ausgeschlossen sein sollte. Dies schließt die Möglichkeit ein, dass die vorherige Entscheidung gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG materiell rechtswidrig ist. Die vom Antragsgegner bemängelte Regelungslücke besteht schon aus diesem Grund nicht.

c) Entgegen der Ansicht des Antragsgegners besteht auch deshalb keine Regelungslücke, weil durch die Regelung des § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG die Rechte des Hauptverwaltungsbeamten, hier des Landrats, gegen einen der Beschlüsse des Hauptausschusses/Kreisausschusses gemäß § 88 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 NKomVG oder gegen den dem Bürgerbegehren folgenden Bürgerentscheid gemäß § 88 Abs. 1 Sätze 1 und 5 NKomVG vorzugehen, grundsätzlich unberührt bleiben. Dies gilt ebenso für die Rechte der Kommunalaufsichtsbehörde nach §§ 88 Abs. 1 Satz 6 und 173 NKomVG. Es müssen also grundsätzlich keine rechtswidrigen Beschlüsse des Hauptausschusses/Kreisausschusses vom Hauptverwaltungsbeamten bzw. der Kommunalaufsichtsbehörde hingenommen werden.

Der Senat lässt jedoch offen, ob und inwieweit hier der Landrat und gegebenenfalls die Kommunalaufsichtsbehörde diesbezüglich (noch) tätig werden können. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass das Handeln des Landrats gemäß § 88 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 NKomVG unverzüglich sein muss, was hier im Hinblick auf ein Abwarten des Ausgangs des vorliegenden Verfahrens möglicherweise noch zu bejahen, aber gleichwohl fraglich sein könnte. Auch wird in der Kommentarliteratur unter Hinweis auf § 88 Abs. 1 Satz 5 NKomVG vertreten, dass der Landrat nur (durch ihn) zu vollziehende Beschlüsse beanstanden kann (Mielke in KVR Nds, § 88 Rn. 7; vgl. auch Germer in BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, 16. Edition, Stand: 1.1.2021, § 88 Rn. 2; Thiele, § 88 Rn. 1: keine Anwendung auf vorbereitende Beschlüsse des Hauptausschusses und der Fachausschüsse). Dies zugrunde gelegt, könnte der Landrat die Vorabentscheidung des Kreisausschusses nicht zum Anlass einer Berichterstattung gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde nehmen oder dagegen Einspruch einlegen, weil allein die Feststellung, dass kein Verstoß gegen die im Rahmen der Vorabentscheidung zu prüfenden Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens vorliegt, nicht vollzugsbedürftig ist. Vollzugsbedürftig im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 5 NKomVG, aber auch des § 173 Abs. 1 Satz 2 NKomVG, ist allerdings die abschließende Zulässigkeitsentscheidung des Kreisausschusses gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG. Denn dieser Beschluss ist durch den Landrat auszuführen, da er u. a. gemäß § 32 Abs. 6 Satz 3 NKomVG die Vertretung über die Entscheidung des Kreisausschusses in der nächsten Sitzung zu unterrichten hat und gemäß §§ 32 Abs. 6 Satz 4 und 33 NKomVG den Bürgerentscheid innerhalb von 3 Monaten vorzubereiten und durchzuführen hat. Da diese Fragen für das vorliegende Verfahren aber nicht entscheidungserheblich sind und nicht absehbar ist, ob sie für die Beteiligten jemals klärungsbedürftig werden, ist hierauf nicht näher einzugehen.

Insofern und insbesondere hinsichtlich der Frage, ob der Landrat hier überhaupt einen Anlass zum Einschreiten haben könnte, ist darauf hinzuweisen, dass das Bürgerbegehren entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht im Hinblick auf § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NKomVG unzulässig ist (dazu unter aa). Auch ist es nicht deshalb unzulässig, weil das von ihm angestrebte Ziel nach der Meinung des Antragsgegners nicht mehr erreicht werden kann (dazu unter bb). Das Bürgerbegehren ist “nur“ insoweit fehlerhaft, als es nicht von allen vertretungsberechtigten Personen unterschrieben worden ist (dazu unter cc).

aa) Gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 NKomVG ist ein Bürgerbegehren „über […] die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB) unzulässig“.

Nach der Senatsrechtsprechung kommt es für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht darauf an, ob sich ein Bürgerbegehren (ausdrücklich) gegen einen Beschluss des Rates über die Aufstellung eines Bebauungsplans richtet. Entscheidend ist allein, ob das Bürgerbegehren den Gegenstand „Aufstellung eines Bebauungsplans“ betrifft. Dies wird bereits deutlich durch die Formulierung: „Unzulässig ist ein Bürgerbegehren über die Aufstellung [...] von Bauleitplänen“. Das Bürgerbegehren muss deshalb einen ihm möglicherweise entgegenstehenden konkreten Beschluss der Vertretung nicht benennen (Senatsbeschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 –, juris Rn. 9). Auf der anderen Seite kann schon wegen des Gebots, die Ausschlusstatbestände eng auszulegen, nicht jedes Begehren, das mittelbar geeignet ist, die Bauleitplanung des Landkreises oder einer Mitgliedsgemeinde zu beeinflussen, dem Verbot der Nr. 6 unterfallen. Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung können zumindest im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.3.2009 – 1 S 419/09 –, juris Rn. 11; Durinke/Fiedler, ZfBR 2012, 531, 535). Grund für den gesetzlichen Ausschlusstatbestand ist einerseits, dass u. a. in den Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen eine Bürgerbeteiligung in formalisierter Form vorgesehen ist, die nach Auffassung des Gesetzgebers einer Erweiterung durch andere Partizipationsformen nicht zugänglich sein soll (vgl. Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts, Landtags-Drucksache 13/2400, S. 6). Andererseits verfolgt der Ausschlusstatbestand das Ziel, zu verhindern, dass es infolge des Nebeneinanders von Planaufstellungsverfahren und Bürgerbegehren/Bürgerentscheid und der damit verbundenen Gefahr einander widersprechender Ergebnisse zu einer nicht vertretbaren Verzögerung des geplanten Vorhabens kommt (Senatsbeschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 –, juris Rn. 11).

Nach diesen Vorgaben ist der Ausschlusstatbestand hier nicht einschlägig.

Mit dem Bürgerentscheid wird eine Abänderung der Weisung gegenüber den Vertretern des Landkreises in der Vertreterversammlung des HKK verfolgt, bei der Standortsuche für einen Standort im Suchbereich ‚F‘ zu votieren. Damit geht es den Unterstützern des Bürgerbegehrens um eine grundsätzliche und der späteren Bauleitplanung lediglich faktisch vorgelagerte Entscheidung der HKK, in welchem Suchbereich überhaupt ein neuer Klinikstandort ausgemacht werden soll. Der angestrebte Bürgerentscheid betrifft unmittelbar auch nicht die Bauleitplanung, sondern vielmehr die Krankenhausplanung im Sinne des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG).

Gegenstand des angestrebten Bürgerentscheids ist auch unter keinem Aspekt eine Bauleitplanung des Landkreises, auf dessen Ebene der Bürgerentscheid durchzuführen wäre. Eine solche Bauleitplanung ist vielmehr auf Ebene der Gemeinde G-Stadt durchzuführen. Am 13. Juli 2020 hat die Vertretung der Stadt G-Stadt dementsprechende Beschlüsse auch schon gefasst.

Auch mittelbar betrifft ein erfolgreicher Bürgerentscheid nicht diese Bauleitplanung. Zwar würde eine Entscheidung für den vom Bürgerbegehren favorisierten Standort die bereits begonnene Bauleitplanung – wohl gemerkt: der Stadt G-Stadt, nicht des Landkreises – realitätsnah unter finanziellen Gesichtspunkten obsolet machen. Dies ist aber lediglich eine faktische Folge und nicht damit gleichzusetzen, dass mittelbar ein anderes Ergebnis der Bauleitplanung angestrebt wird. Denn die Prüfung, ob bauplanungsrechtlich am favorisierten Standort ein Krankenhaus errichtet werden darf, ist vom Ausgang des Bürgerentscheids weder unmittelbar noch mittelbar betroffen.

bb) Der Antragsgegner hat auch nicht dargelegt, dass sich die äußeren Umstände derart geändert hätten, dass eine Zulässigkeit des Bürgerbegehrens jedenfalls auf der Grundlage der jetzigen Sach- und Rechtslage nicht mehr bejaht werden könnte.

Nach der Rechtsprechung des Senats wird ein Bürgerbegehren unzulässig, soweit das von ihm angestrebte Ziel rechtlich oder tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann, weil das Bürgerbegehren dann auf ein unmögliches Ziel gerichtet ist und es für die Verursachung der mit der Durchführung verbundenen Kosten keine Rechtfertigung gibt (Senatsbeschluss vom 24.3.2000 – 10 M 986/00 –, juris Rn. 4). Hier ist das Bürgerbegehren aber nicht auf ein unmögliches Ziel gerichtet.

Der Beschluss der Stadt G-Stadt vom 2. November 2020, der einen Standort im Suchbereich Dorfmark ausschließen soll, steht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, einer gegenteiligen Entscheidung nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren nicht entgegen. Ein solcher Gemeinderatsbeschluss stellt nur ein jederzeit revidierbares Internum dar, mit dem einem Bürgerbegehren noch nicht die Grundlage entzogen werden kann. Es bleibt zudem abzuwarten, ob im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids die Stadt G-Stadt bei diesem Beschluss selbst um den Preis bleiben würde, dass der Klinik-Neubau auf ihrem Stadtgebiet dann gar nicht mehr zu realisieren wäre.

Der Antragsgegner hat auch nicht dargelegt, warum ein Klinikneubau an dem vom Bürgerbegehren angestrebten Standort dadurch tatsächlich unmöglich werden soll, dass für einen Klinikneubau in Dorfmark keine Fördermittel aus dem Strukturfonds II mehr zu erlangen sind. Zwar verkennt auch der Senat nicht, dass der H. realistisch nur bei Bewilligung entsprechender Mittel des Landes Niedersachsen ein neues Zentralklinikum errichten wird. Weder rechtlich noch tatsächlich ist aber eine Errichtung ohne entsprechende Mittel unmöglich.

cc) Das Bürgerbegehren ist aber insoweit fehlerhaft, als es nicht von allen vertretungsberechtigten Personen unterschrieben worden ist.

Nach § 32 Abs. 3 Satz 3 NKomVG sind in Bürgerbegehren bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten.

Sind mehrere Personen benannt worden, muss bereits die Anzeige des Bürgerbegehrens nach § 32 Abs. 3 Satz 4 NKomVG von allen Vertretern unterzeichnet werden. Hier war das Bürgerbegehren bei seiner Anzeige am 20. Juli 2020 abweichend nur von zwei der genannten Vertreter unterzeichnet worden. Das Bürgerbegehren hätte deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.

Die Frage, ob dann, wenn mehrere Vertreter benannt worden sind, diese Vertreter nur gemeinschaftlich handeln können oder jeder Vertreter allein befugt ist, Erklärungen im Namen des Bürgerbegehrens abzugeben, ist im Gesetz nicht beantwortet worden. In der Rechtsprechung und in der Kommentarliteratur wird überwiegend vertreten, dass zumindest im Falle der Aktivvertretung diese Vertreter nur gemeinschaftlich, d. h. in ihrer Gesamtheit zur Vertretung der Unterzeichnenden berechtigt sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.6.2017 – 15 A 1561/15 –, juris Rn. 49 ff. und Beschluss vom 24.4.2017 – 15 B 479/17 –, juris Rn. 8; VG Oldenburg, Urteil vom 7.12.2010 – 1 A 2477/09 –, juris Rn. 40 und Urteil vom 19.4.2005 – 2 B 901/05 –, juris Rn. 15; Wefelmeier in KVR Nds, § 32 Rn. 66 m.w.N.; H. in Ipsen, 1. Aufl. 2011, NKomVG, § 32 Rn. 58; a. A. Thiele, 2. Aufl. 2017, NKomVG, § 32 Rn. 16: Alleinvertretungsrecht). Dem schließt sich der Senat an. Für die nur gemeinschaftliche Vertretungsberechtigung spricht auch, dass die Vertreter eines Bürgerbegehrens am ehesten mit einer Personengesellschaft verglichen werden können. Deren Mitglieder verfolgen (allein) den gemeinsamen Zweck, einen Bürgerentscheid zu einer bestimmten, gemeinsam formulierten Fragestellung gemäß § 33 NKomVG herbeizuführen (vgl. § 705 BGB). Sofern – wie hier – keine näheren Bestimmungen zum Innenverhältnis dieser Vertreter vorliegen, ist davon auszugehen, dass alle Vertreter das Bürgerbegehren nur gemeinschaftlich vertreten können (vgl. §§ 709 Abs. 1, 714 BGB). Es gilt also zumindest für die aktive Vertretung das Erfordernis der Gesamtvertretung (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 714 Rn. 3).

In der oben zitierten Rechtsprechung ist diese Gesamtvertretung zwar regelmäßig nur im Zusammenhang mit der gerichtlichen Vertretung durch die Vertreter als notwendige Streitgenossen gemäß § 64 VwGO, § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO des Bürgerbegehrens thematisiert worden. Sie gilt aber auch außergerichtlich und vor allem bei der Anzeige des Bürgerbegehrens nach § 32 Abs. 3 Satz 4 NKomVG. Danach ist das Bürgerbegehren der Kommune in schriftlicher Form anzuzeigen, hat also gemäß § 126 Abs. 1 BGB analog eigenhändig mit Namensunterschrift zu erfolgen. Diese Anzeige ist auch keine rein tatsächliche Handlung. Es handelt sich vielmehr um einen förmlichen Verfahrensschritt, der im Hinblick auf die Einhaltung der Fristen – die Anzeige löst gemäß § 32 Abs. 5 Sätze 1 und 2 NKomVG die Frist zur Einreichung des Bürgerbegehrens mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften aus – und den eventuell (wie auch hier) mit ihr verbundenen Antrag auf Vorabentscheidung Rechtswirkungen für das Bürgerbegehren auslöst. Außerdem stellt die gemeinsame Anzeige durch alle Vertreter auch sicher, dass alle Beteiligten vom gleichen Text des Bürgerbegehrens ausgehen. Zudem besteht schon zu diesem Zeitpunkt ein Interesse aus Sicht der Kommune zu erfahren, wer Ansprechpartner für die zu treffenden Entscheidungen ist. Die förmliche Vertreterbenennung gestaltet dementsprechend das Rechtsverhältnis der Vertreter des Bürgerbegehrens zur Gemeinde verbindlich bis zum Abschluss des Verfahrens über das Bürgerbegehren (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.6.2017 – 15 A 1561/15 –, juris Rn. 52, 54). Aus diesen Gründen hat auch die Anzeige durch alle Vertreter zu erfolgen (so auch Wefelmeier in KVR Nds, § 32 Rn. 74 f.; H. in Ipsen, NKomVG, § 32 Rn. 58).

2. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass ein Anordnungsgrund vorliegt, hält ebenfalls den Einwänden des Antragsgegners stand.

Die Voraussetzung für den Erlass einer die Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung nach dem oben dargestellten Maßstab, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann, ist nach dem oben Gesagten erfüllt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob diese Voraussetzung im Rahmen des Anordnungsgrunds (nochmals) zu prüfen ist.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die HKK im Zeitpunkt einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache den Antrag auf Förderung aus dem Strukturfonds II gestellt, das Land über die Fördermittelvergabe entschieden und die HKK – im Falle einer entsprechenden Förderzusage – der Ausführungsplanung für den Klinikneubau am Standort G-Stadt wesentlich vorangetrieben haben wird (Seite 13 des Beschlussabdrucks). Dabei handelt es sich nicht um die Veränderung äußerer Gegebenheiten, sondern um die willentliche Schaffung von Tatsachen. Je weiter aber derartige Vorbereitungsmaßnahmen fortgeschritten sind, desto weniger werden sich die abstimmungsberechtigten Bürgerinnen und Bürger dem Argument verschließen können, dass bei einer Entscheidung im Sinne des Bürgerbegehrens bereits getätigte Aufwendungen nutzlos werden. Der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf hätte daher voraussichtlich eine faktische Erledigung des Bürgerbegehrens in dem Sinne zur Folge, dass dessen Durchführung wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht sinnlos wäre. Dass im Falle eines erfolgreichen Bürgerentscheids – nach Darstellung des Antragsgegners – bereits feststehen soll, dass Mittel aus dem Strukturfonds II für eine veränderte Planung nicht mehr zu erlangen sind, steht dieser Argumentation nicht entgegen, sondern stützt diese im Gegenteil. Denn durch die Bewilligung derartiger Mittel für die bisherige Planung würde der Druck auf die Bürgerinnen und Bürger noch zunehmen, die bereits zurückgelegten Schritte auf dem Weg zum Neubau am vom Landkreis favorisierten Standort nicht mehr infrage zu stellen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 24.3.2000 – 10 M 986/00 –, juris Rn. 5 f.).