Landgericht Osnabrück
Urt. v. 16.07.2004, Az.: 12 O 992/03

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
16.07.2004
Aktenzeichen
12 O 992/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 42784
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2004:0716.12O992.03.0A

Fundstelle

  • JWO-VerbrR 2004, 275

In dem Rechtsstreit

...

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück auf die mündliche Verhandlung vom 28.05.2004 durch

...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 498.616,11 € zu zahlen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten 501.770,92 € aus ungerechtfertigter Bereicherung, die Beklagte wendet im wesentlichen den Wegfall der Bereicherung ein.

2

Die Parteien haben in der Vergangenheit am Finanzierungssystem des Finanzmaklers ... teilgenommen, der in den 90-iger Jahren Kredite und Kapitalanlagen zwischen Kommunen bzw. kommunalen Betrieben vermittelte. ... der sich gegenwärtig in ... in Auslieferungshaft befindet, zog Geld aus dem Finanzierungskreislauf ab und veruntreute es.

3

Am 14. 4. 1998 teilte ... dem Kämmereiamt des Klägers mit, dass der Kläger der Beklagten eine Termingeldeinlage in Höhe von 750.000,-- DM mit der Laufzeit vom 14 .4. 1998 bis 14. 5. 1998 überlassen sollte, die Beklagte benötige einen entsprechenden Kassenkredit.

4

Der Kläger überwies am 14. 4. 1998 per Blitzgiro die 750.000,-- DM auf das Konto der Beklagten bei der ... mit dem Verwendungszweck "gemäß besonderer Vereinbarung". Am selben Tag rief ... bei der Beklagten an und teilte dieser mit, bei dem Betrag handele es sich um einen Irrläufer, das Geld stehe ihm - ... - zu. Noch am 14. 4. 1998 überwies daraufhin die Beklagte den Betrag auf ein Konto des ... . Der Kläger wurde hierüber nicht informiert.

5

Der Kläger verlangt den überwiesenen Betrag = 383.468,91 € zuzüglich 5 % Zinsen hieraus seit dem 14. 4.1998 bis zum 15. 4. 2004 von der Beklagten.

6

Der Kläger trägt dazu vor, ... sei lediglich als Vermittler von Kassenkrediten und Festgeldanlagen direkt zwischen den einzelnen Kommunen tätig gewesen. Dass sein System absolut sicher sei, habe ... damit begründet, dass die Abwicklung ausschließlich über die Konten des Auftraggebers und des vermittelten Geschäftspartners erfolge.

7

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Zum einen habe die Beklagte einen Anspruch gegen ... erworben. Zum anderen könne sich die Beklagte nach §§ 819, 818 Abs. 4 BGB nicht auf die Entreicherung berufen, da sie die Entreicherung durch eine Zahlung außerhalb des Systems - direkt an ... - selbst verschuldet habe.

8

Der Kläger ist weiter der Ansicht, die Beklagte habe ihm entgangene Zinsen in Höhe von 5 % zu zahlen. Er trägt dazu vor, - insoweit von der Beklagten unwidersprochen - die durchschnittlichen Zinssätze für Kommunalkredite hätten seit 1998 bei 5 % gelegen.

9

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 501.770,92 € zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

11

Sie beruft sich auf den Wegfall der Bereicherung und trägt vor, Ansprüche gegen ... seien nicht durchsetzbar. Sie trägt weiter vor, ... sei nicht nur als Vermittler tätig gewesen, sondern habe auch selbst Zahlungen erbracht. Sie ist der Ansicht, Zinsen könne der Kläger nicht verlangen, weil sie keine Nutzungen aus dem überwiesenen Geld gezogen habe.

12

Darüber hinaus meint die Beklagte, sie selbst treffe kein Verschulden an der Entreicherung, jedoch habe sich der Kläger das Verhalten des .... über § 278 BGB bzw. über eine Anscheinsvollmacht zurechnen zu lassen. Insofern habe der Kläger gewusst, dass die Zahlung nicht für die Beklagte bestimmt gewesen sei.

13

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.

15

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des überwiesenen Betrages sowie auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 % auf diesen Betrag bis zum 15. 4. 2004 in Höhe von 498.616,11 € gemäß §§ 812 ff. BGB.

16

I.

Überwiesener Betrag von 750.000,- DM = 383.468,91 €.

17

Die Beklagte hat diesen Betrag durch die Überweisung des Klägers auf ihr Konto erhalten, ohne dass dafür ein Rechtsgrund bestand.

18

Sie ist insofern ungerechtfertigt bereichert.

19

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte durchsetzbare Ansprüche gegen ... hat, denn die Beklagte kann sich gemäß §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Die Beklagte, vertreten durch ihren Mitarbeiter, wusste nämlich bereits zum Zeitpunkt des Geldeinganges, dass die Überweisung ohne rechtlichen Grund erfolgte. Dieses folgt daraus, dass ... die Überweisung der Klägerin als Irrläufer bezeichnet hatte. Die Beklagte war also, als sie ihrerseits das Geld von ihrem Konto an ... überwies, bösgläubig. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung berufen, nach der § 819 BGB dann keine Anwendung findet, wenn der Leistungsempfänger zumindest irrtümlich annimmt, der Leistende habe den Mangel des Rechtsgrundes gekannt. Die Beklagte nahm nämlich an, dass eine Fehlüberweisung vorlag, dass also die Überweisung in der irrtümlichen Annahme erfolgt war, ihr - der Beklagten - etwas zu schulden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger seinerseits bereits bei Ausführung der Überweisung gewusst hat, der Beklagten nichts zu schulden, denn ... hatte den Kläger gebeten zu überweisen, weil die Beklagte einen Kassenkredit benötigte. Der Kläger muss sich auch das Verhalten des ... nicht zurechnen lassen, denn es ist nicht erkennbar, dass ... im Verhältnis der Parteien als Vertreter einer der Parteien aufgetreten ist. Die Parteien haben ihn im Gegenteil als Vermittler angesehen. Das Verschulden der Beklagten liegt darin, dass sie ohne Nachfrage beim Überweiser zu halten, auf Anruf des ... an diesen selbst überwiesen hat, wobei nichts dafür sprach, dass ... selbst diesen Betrag auf ihr Konto überwiesen hatte.

20

Ein Mitverschulden des Klägers dergestalt, dass er sich selbst leichtfertig seines Geldes im Vertrauen auf ... begeben hat, liegt nicht vor. Der entscheidende Umstand, dass das Geld durch ... veruntreut werden konnte, wurde dadurch gesetzt, dass die Beklagte das Geld, das als "Irrläufer" auf ihrem Konto einging, nicht an den Überweisenden zurück überwies, sondern ohne weitere Nachfragen an ... selbst.

21

II.

Zinsen in Höhe von 5 % auf die Summe von 383.468,91 € vom 14. 4. 1998 bis 15.4.2004:

22

Der Klägerin steht dieser Betrag nicht als von der Beklagten gezogene Nutzung aus dem erhaltenen Geld zu. Die Beklagte hat nämlich weder das Geld angelegt, noch hat sie es schuldhaft unterlassen Nutzungen zu ziehen.

23

Der Anspruch steht dem Kläger auf Grund der verschärften Haftung nach § 819, 818 Abs. 4 BGB zu. Wie bereits ausgeführt, kannte die Beklagte den Mangel des rechtlichen Grundes bei der Überweisung, so dass sie nach den allgemeinen Vorschriften haftet. Nach den allgemeinen Vorschriften haftete sie jedoch aus Verzug. Die Höhe der durchschnittlichen Zinssätze für Kommunalkredite (5 %) ist von der Beklagten nicht bestritten.

24

Der von der Beklagten als Zinsen zu zahlende Betrag ist wie folgt zu berechnen:

25

5 % aus 383.468,91 € für den Zeitraum 14. 4. 1998 bis 14. 4. 2003 ....... 95.920,49 €

26

und für den Zeitraum 15. 4. 2003 bis 15. 4. 2004 .................................... 19.226,71 €.

27

Dies ergibt insgesamt zusammen mit der Hauptforderung den Betrag von

28

498.616,11€.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.