Landgericht Osnabrück
Urt. v. 02.04.2004, Az.: 12 S 46/04
Nachzahlungen auf Grund einer Staffelmietvereinbarung; Schriftformerfordernis bei Aufhebung einer Staffelmietvereinbarung
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 02.04.2004
- Aktenzeichen
- 12 S 46/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 36215
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2004:0402.12S46.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Osnabrück - 12.12.2003 - AZ: 43 C 494/03 (XXVI)
Rechtsgrundlagen
- § 10 Abs. 2 MHG
- § 151 BGB
- § 557a BGB
Fundstellen
- DWW 2004, 152
- JWO-MietR 2004, 140
- WuM 2004, 368 (Kurzinformation)
Amtlicher Leitsatz
Zur Verwirkung eines Anspruchs auf Nachzahlung einer Mietzinserhöhung aufgrund einer Staffelmietvereinbarung nach 5-jähriger Nichtausübung
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 12. 12. 2003 - 43 C 494/03 (XXVI) - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreites.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Nachzahlungen aufgrund einer Staffelmietvereinbarung, die über einen mehrjährigen Zeitraum nicht zur Anwendung kam.
Im Juni 1996 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über die im Dachgeschoss des Hauses ......... in Osnabrück gelegene Wohnung. Die monatliche Nettomiete betrug zunächst 1100,--DM und erhöhte sich nach dem schriftlichen Mietvertrag jährlich jeweils zum 1. 7. eines Jahres um jeweils 50,--DM. Der Beklagte und seine damalig in der Wohnung lebende Verlobte und Mitmieterin zahlten sodann die ab dem 1.7.1997 vereinbarte Erhöhung um 50,- DM. Ab Juli 1998 wurde seitens des Beklagten die Mietanpassung nicht mehr bezahlt. Der Beklagte hatte sich zwischenzeitlich von seiner Verlobten getrennt, die einverständlich aus dem Mietvertrag entlassen worden war.
Das Mietverhältnis endete zum 3.4.2003. Mit Schreiben vom 8.5.2003, also nach Beendigung des Mietverhältnisses, wandten sich die Kläger erstmalig an den Beklagten und verlangten die rückständigen Erhöhungen für die Jahre 1998, 1999, 2000, 2001 und 2002 bis zum 30.4.2003 in Höhe von insgesamt 4.345,88 EUR, wovon sie ein Kautionsguthaben des Beklagten abzogen.
Die Kläger haben vorgetragen, den Beklagten bereits im Januar 1999 zur Zahlung der Rückstände aufgefordert zu haben.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.869,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 10. 6. 2003 zu zahlen, abzüglich am 29. 10. 2003 verrechneter 56,55 EUR.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des Nachforderungsanspruches für 1998 haben sie die Einrede der Verjährung erhoben. Darüber hinaus haben sie behauptet, dass im April 1998 fernmündlich vereinbart worden sei, dass zum 1. 7. 1998 und für die Jahre danach keine Erhöhung entsprechend der Staffelmietvereinbarung eintreten sollte. Dies hätte den Hintergrund gehabt, dass der Beklagte nach dem Auszug seiner Verlobten sich nicht mehr finanziell in der Lage gesehen hätte, die Mieterhöhungen zu bezahlen. Die Kläger seien mit dieser Regelung einverstanden gewesen.
Zudem haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass die Forderung verwirkt sei, da über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren keine Erhöhungsbeiträge geltend gemacht worden seien. Dadurch und durch die widerspruchslose Annahme der nicht erhöhten Mietzinsen hätten die Kläger konkludent auf eine Nachforderung verzichtet.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 2.716,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% übe dem Basiszinssatz seit dem 4.6.2003, abzüglich am 29.10.2003 verrechneter 56,55 EUR verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass Nachforderungen für die Monate Juli 1998 bis einschließlich Dezember 1998 in Höhe von insgesamt 153,36 EUR gemäß §§ 197, 201, 198 BGB a.F. verjährt seien.
Im Übrigen hat das Amtsgericht die Ansicht vertreten, dass die zwischen den Parteien getroffene Staffelmietvereinbarung Geltung hätte. Entgegen der Ansicht der Beklagten hätte diese Vereinbarung nicht mündlich aufgehoben werden können. Denn ebenso wie die Vereinbarung einer Staffelmietvereinbarung unterläge auch deren Aufhebung dem Schriftformerfordernis. Auch sei die Nachforderung nicht verwirkt, da keine Umstände ersichtlich wären, aus denen heraus der Beklagte hätte annehmen können, dass die Kläger ihren Erhöhungsanspruch nicht mehr geltend machen würden.
Gegen dieses Urteil, welches dem Beklagten am 19. Dezember 2003 zugestellt worden ist, hat dieser am 16. Januar 2004 fristgerecht Berufung eingelegt, die er mit weiterem Schriftsatz vom 19. Februar 2004, der am gleichen Tag bei dem Landgericht eingegangen ist, begründet hat.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Soweit in dem amtsgerichtlichen Urteil die Ansicht vertreten wird, die Aufhebung der Staffelmietvereinbarung unterläge dem Schriftformerfordernis (siehe so auch Barthelmess: Wohnraumkündigungsschutzgesetz und MHG, 5. Auflage, § 10 MHG, Rn. 59), begegnet dieses nicht unerheblichen Bedenken. § 10 Abs. 2 MHG bzw. § 557 a BGB ( n.F. ) sehen nach ihrem Wortlaut ausdrücklich nur für die Vereinbarung eines Staffelmietzinses die Schriftform vor. Hintergrund dabei ist eine Schutzbedürftigkeit des Mieters, dem vor Abschluss des Mietvertrages vor Augen geführt werden soll, welche mietvertraglichen Verpflichtungen er für die Zukunft eingehen wird. Diese Warnfunktion besteht aber nicht für den gegenteiligen Akt der Aufhebung der Staffelmietvereinbarung. Denn diese ist für den Mieter günstig, da sie ja zu einer Verringerung des ursprünglich vereinbarten Mietzinses kommt.
Letztlich bedarf es aber keiner Entscheidung dieser Rechtsfrage, da nach Auffassung der Kammer der geltend gemachte Anspruch seitens des Vermieters entgegen der Ansicht des Amtsgerichts verwirkt ist. Dabei weist das Amtsgericht im Ansatz zu Recht drauf hin, dass Voraussetzung einer Verwirkung ein Zeitmoment und zum anderen ein Umstandsmoment ist, so dass die bloße Untätigkeit des Berechtigten nicht ausreichend ist, ein solches Umstandsmoment anzunehmen.
Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass es die Vermieter über einen Zeitrum von fast 5 Jahren verabsäumt haben, die sich aus der Staffelmietvereinbarung ergebenden jährlichen Erhöhungen geltend zu machen. Des Weiteren darf nicht unberücksichigt bleiben, dass aus den sonstigen Umständen für den Beklagten auch nicht ersichtlich werden konnte, dass die Vermieter weiter auf einer Zahlung der Mieterhöhungen bestanden. Soweit sie hierzu vorgetragen haben, dass sie im Januar 1999 eine Zahlung des Rückstandes angemahnt hätten, ist diese Behauptung weder genauer dargelegt, noch unter Beweis gestellt worden.
Entscheidend ist aber auch, dass die Kläger im Zusammenhang mit den Nebenkostenabrechnungen zu keinem Zeitpunkt die Nachzahlung der erhöhten Miete verlangt haben. Dabei kommt es letztlich nicht darauf an, ob in rechtlicher Hinsicht ein solches Erhöhungsverlangen mit einer Nebenkostenabrechnung verbunden werde kann. Aus rein tatsächlichen Gründen wäre es aus Sicht des Beklagten aber zu erwarten gewesen, dass bei dem wenigen Schriftverkehr zwischen Vermieter und Mieter der Vermieter die Möglichkeit einer solchen Abrechnung nutzt, um sämtliche Punkte im Zusammenhang mit der Abwicklung des Mietverhältnisses anzusprechen. Bei objektiver Würdigung aus der Sicht des Beklagten stellt das Verhalten der Kläger somit einen konkludenten Verzicht auf die Rechte aus der Staffelmietvereinbarung dar, deren Annahme durch den Beklagten im Hinblick auf § 151 BGB entbehrlich war (in diesem Sinne vgl. LG München, ZMR 2003, 431).
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Bezahlung der Staffelmiete erst unmittelbar nach der Beendigung des Mietverhältnisses verlangt wurde. Hier drängt sich tatsächlich der Verdacht auf, dass wegen möglicher Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Beendigung auf diese Weise ein Ausgleich gesucht wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10 analog, 713 ZPO.
Einer Zulassung der Revision bedurfte es nicht, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.