Landgericht Osnabrück
Urt. v. 12.03.2004, Az.: 10 O 2174/03
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 12.03.2004
- Aktenzeichen
- 10 O 2174/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 42782
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2004:0312.10O2174.03.0A
Fundstelle
- JWO-VerkehrsR 2004, 95
Tenor:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger EUR 22.104,78 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2003 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden, soweit die Ansprüche des Klägers nicht im Wege des gesetzlichen Forderungsüberganges auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind, sowie immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfallereignis vom 01.10.2000 zu ersetzen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 69 %, der Kläger zu 31 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von dem Beklagten zu 1. sowie seiner Haftpflichtversicherung, der Beklagten zu 2., Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes aus einem Verkehrsunfall, der sich am 02.10.2000 ereignet hat, sowie die Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten für weitere Schäden. Im Wesentlichen streiten die Parteien um die Frage, ob ein Mitverschulden des Klägers anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist sowie um die Höhe des Schmerzensgeldes.
Am 01.10.2000 wurde der Kläger gegen 18.00 Uhr in seiner Eigenschaft als Feuerwehmann alarmiert, weil sich auf der Bundesautobahn A 30 im Bereich der Gemeinde Isterberg auf dem Pannenstreifen in Fahrtrichtung Niederlande ein brennender Pkw befand. Der Kläger zog seine den Vorschriften entsprechende Feuerwehrkleidung an, die unter anderem aus roter Einsatzjacke und reflektierendem Helm bestand und begab sich mit seinem Privat-Pkw zu der bezeichneten Einsatzstelle. Ca. 40 m bis 50 m vor dem Fahrzeug ließ er seinen Pkw auf dem Standstreifen stehen. Es ist streitig, ob er dabei Abblendlicht und Warnblinker eingeschaltet hatte. Der Kläger begab sich zu dem brennenden Pkw und stellte sich vor diesen, um den ankommenden Verkehr an der Einsatzstelle vorbeizuleiten. Kurz darauf traf ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr ein, das mit drei Personen besetzt war. Das Einsatzfahrzeug war mit drei auf dem Dach befindlichen Blaulichtern ausgestattet. Der Kläger wies seine Kollegen an, in Fahrtrichtung gesehen vor den Pkw zu fahren, um mit den Löscharbeiten beginnen zu können. Er selbst blieb weiterhin vor der Einsatzstelle stehen, um den Verkehr umzuleiten. Eine Reihe von Fahrzeugen passierte die Unfallstelle, als sich der Beklagte zu 1. mit seinem Pkw Golf mit einer Geschwindigkeit von etwa 90 km/h bis 100 km/h näherte und auf den Kläger zufuhr. Dieser versuchte auszuweichen, wurde jedoch von dem Beklagten zu 1. erfasst, der weiterfuhr und ca. 30 - 40 m weiter auf einen in Richtung Niederlande fahrenden Pkw auffuhr.
Der Kläger erlitt infolge des Unfalls folgende Verletzungen:
Offene verschobene Unterschenkelschaftfraktur links
Mehretagenunterschenkeltrümmerfraktur rechts
Fraktur der 5. Mittelhandknochenbasis
partielle Lähmung des Nervus peronäus links.
Der infolge des Unfalls erforderliche stationäre Aufenthalt erfolgte in der Zeit vom 01.10. bis 02.12.2000. In dieser Zeit war der Kläger zu 100 % arbeitsunfähig. In der Zeit vom 03.12.2000 bis 13.05.2001 bestand eine 50 %ige Minderung der Erwerbsunfähigkeit. Die dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit beläuft sich auf 30 %. Wegen der dauerhaften Verletzungsfolgen wird auf das Gutachten des ........... Bezug genommen, dessen Inhalt zwischen den Parteien unstreitig ist.
Die Beklagte zu 2. hat an den Kläger auf das Schmerzensgeld einen Betrag von 35.000,- DM (17.895,22 EUR) sowie 250,- DM pauschal auf den Sachschaden gezahlt.
Der Kläger trägt vor:
Er habe seinen privaten Pkw mit eingeschaltetem Abblendlicht und eingeschaltetem Warnblinker auf dem Standstreifen als erste Warnung für den ankommenden Verkehr stehen lassen. Zur Zeit des Unfalls sei die Rauchentwicklung noch nicht stark gewesen, weil nur der vordere Teil des Pkw in Brand gewesen sei und die Löscharbeiten gerade erst begonnen hätten. Die Blaulichter an dem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr seien die ganze Zeit eingeschaltet und weithin sichtbar gewesen. Er könne nicht mehr sagen, ob er nach links oder rechts ausgewichen sei, als sich der Beklagte zu 1. genähert habe. Aus einer Schreckreaktion könne ihm aber kein Vorwurf gemacht werden.
Er stellt sich ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 50.000,00 EUR vor.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfallereignis vom 01.10.2000 zu ersetzen, soweit die Ansprüche des Klägers nicht im Wege gesetzlichen Forderungsüberganges auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor:
Ausweislich der Feststellungen der aufnehmenden Polizeibeamten sei an dem Pkw des Klägers weder die Warnblinkanlage noch das Abblendlicht eingeschaltet gewesen. Die Rauchentwicklung infolge des Pkw-Brandes sei ungewöhnlich stark gewesen, zudem hätten schlechte Sichtverhältnisse geherrscht. Vor diesem Hintergrund sei festzustellen, dass der Kläger hinreichende optische Signale für den nachfolgenden Verkehr unterlassen habe. Infolge der Rauchentwicklung sei das Blaulicht des Einsatzfahrzeuges nicht sichtbar gewesen. Ferner sei dem Kläger deswegen ein Mitverschulden zur Last zu legen, weil er zunächst nach links und dann nach rechts gelaufen sei, als der Beklagte zu 1. sich ihm genähert habe. Insgesamt sei dem Kläger ein Mitverschulden in Höhe von 50 % zur Last zu legen. Seine Schmerzensgeldvorstellung sei der Höhe nach übersetzt. Ein immaterieller zukünftiger Schaden sei nicht erkennbar.
Die Ermittlungsakte der StA Osnabrück ............ war zu Beweiszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Das Gericht hat ferner Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A..... , B..... , C ......, D ....., E..... und F..... .
Entscheidungsgründe
Der Kläger kann von dem Beklagten zu 1. gemäß § 847 Abs. 1 BGB a.F., von der Beklagten zu 2. gemäß § 847 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von insgesamt 40.000,00 EUR verlangen. Abzüglich der auf das Schmerzensgeld gezahlten 17.895,22 EUR ergibt dies den ausgeurteilten Betrag (1.). Auch der Feststellungsanspruch ist begründet (2.).
1.
Dass ein Schmerzensgeldanspruch dem Grunde nach besteht, ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldanspruches hat sich das Gericht von folgenden Überlegungen leiten lassen:
Der Kläger hat infolge des Unfalls ganz erhebliche offene Beinfrakturen erlitten. Diese stehen hinsichtlich der Verletzungen eindeutig im Vordergrund. Die Fraktur im Handbereich ist nämlich ausweislich der vorliegenden Gutachten folgenlos ausgeheilt. Infolge der erheblichen Beinverletzungen war ein 2-monatiger Klinikaufenthalt sowie eine insgesamt 7 ? Monate andauernde Arbeitsunfähigkeit gegeben. Die Dauer-MdE bemisst sich auf 30 %. Zwar kann der Kläger in seinem Beruf nach wie vor tätig sein. Aus den von ihm vorgelegten Arbeitgeberbescheinigungen, die inhaltlich nicht streitig sind, ergibt sich jedoch, dass dies nur auf Grund eines erheblichen Entgegenkommens seiner jeweiligen Arbeitgeber ermöglicht worden ist. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger unter ganz erheblichen Dauerschäden leidet, die naturgemäß sowohl seine private als auch seine berufliche Lebensführung in starkem Maße beeinträchtigen. Aus den Gutachten geht nämlich hervor, dass der Kläger seit dem Unfall unter starken Schmerzen im Beinbereich leidet. Er hat beim Gehen starke Schmerzen und das Empfinden, als würde er auf Wasser laufen. Auch im Sitzen hat der Kläger ständige Schmerzen. Ferner leidet er unter Hautveränderungen, die belastungsabhängig auftreten und ebenfalls sehr schmerzhaft sind. Er kann seine Füße nicht mehr richtig abrollen und hat eine deutliche Bewegungseinschränkung im Bereich der oberen und unteren Sprunggelenke.
Dagegen hat das Gericht ein Mitverschulden des Klägers bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt. Das Gericht ist der Auffassung, dass der Beklagte zu 1. den Unfall grob fahrlässig verschuldet hat. Soweit ein Mitverschulden des Klägers überhaupt angenommen werden könnte, ist dieses bei Abwägung der Verschuldensbeiträge so gering, dass es hinter dem groben Verschulden des Beklagten zu 1. zurücktreten muss.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Beklagte zu 1. in grob fahrlässiger Weise gegen das Sichtfahrgebot (§ 3 Abs. 1 StVO), sowie gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen. Dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Folge hat sich der Unfall zu Beginn der Dämmerung ereignet, es war jedoch noch nicht dunkel. Insoweit geben die in Augenschein genommenen Bilder in der Ermittlungsakte (dort Bl. 11) die Lichtverhältnisse zum Unfallzeitpunkt nicht wieder. Dies haben sämtliche vernommenen Zeugen bestätigt. Unstreitig handelt es sich um eine gerade Autobahnstrecke und ebenso unstreitig trug der Kläger die vorgeschriebene reflektierende Feuerwehrkleidung. Ferner steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die drei an dem Einsatzfahrzeug angebrachten Blinklichter eingeschaltet waren. Dies ergibt sich aus den überzeugenden und glaubhaften Angaben der Zeugen A..... , C ...... und B..... . Auch die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten D ..... und E..... haben bestätigt, dass jedenfalls zu ihrem Einsatzzeitpunkt die Blaulichter eingeschaltet waren. Fest steht schließlich, dass eine Reihe von Fahrzeugen vor dem Fahrzeug des Beklagten zu 1. die Unfallstelle folgenlos passiert haben. Ferner ist festzuhalten, dass sich der Kläger nicht, wie von der Beklagtenseite vorgetragen, mitten auf der Fahrbahn, sondern im Bereich des rechten Fahrstreifens etwas vom Standstreifen entfernt aufgehalten hat. Dies haben die glaubhaften Aussagen der Zeugen C ......, A..... und B..... ergeben. Dies entspricht auch der in der Ermittlungsakte enthaltenen Unfallskizze (dort Bl. 9).
Weiter steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass an dem klägerischen Fahrzeug, das vor dem brennenden Pkw platziert war, sowohl die Warnblinkanlage als auch das Abblendlicht eingeschaltet waren. Dies hat zunächst der Kläger im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO glaubhaft versichert, was in die freie richterliche Beweiswürdigung einbezogen werden. Es entspricht auch den Angaben, die der Kläger von Anfang an in dem Ermittlungsverfahren gemacht hat. Er hat insoweit glaubhaft geschildert, dass es für ihn als erfahrenen Feuerwehrmann zur Routine gehöre, die Warnblinkanlage als erste Warnung anzulassen. Allerdings steht auf Grund der Aussagen der Zeugen E..... und D ..... fest, dass das Fahrzeug unbeleuchtet war, als die Polizeibeamten eintrafen. Dies spricht jedoch nicht gegen die Schilderung des Klägers, weil der Zeuge B..... , in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er habe das Fahrzeug aufsuchen müssen, weil der Notarzt sich nach Medikamenten erkundigt habe. Solche habe er aus dem Auto des Klägers holen wollen und bei dieser Gelegenheit die Beleuchtung ausgeschaltet. Diese Angaben hat der Zeuge B..... erstmals in der mündlichen Verhandlung gemacht. Er hat dazu erklärt, er sei im Ermittlungsverfahren danach nicht gefragt worden und habe dem auch keine Bedeutung zugemessen. Eine dahingehende Befragung läßt sich der Ermittlungsakte auch nicht entnehmen. Das Gericht hat den Angaben des Zeugen Glauben geschenkt, weil dieser auf das Gericht einen ehrenhaften Eindruck gemacht hat und über das Unfallgeschehen ganz offensichtlich nur mit großen Mühen berichten konnte.
Der Beklagte zu 1. hat im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und im darauffolgenden Strafverfahren angegeben, er habe auf ca. 90 km/h bis 100 km/h abgebremst, weil er Rauch gesehen habe und der Rauch sich über der ganzen Fahrbahn befunden habe. Schon danach steht fest, dass der Beklagte das Sichtfahrgebot in keiner Weise eingehalten hat und mit weit überhöhter Geschwindigkeit in den für ihn auf Grund der geraden Autobahnstrecke schon länger erkennbaren Rauch hineingefahren ist. Dass der Beklagte zu 1. mit weit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, ergibt sich auch daraus, dass der glaubhaften Angabe des Zeugen D ..... zur Folge keine Bremsspuren ersichtlich waren. Darüber hinaus ist er nach der Kollision mit dem Kläger ca. 30 m bis 40 m weiter noch in ein weiteres fahrendes Fahrzeug aufgefahren, was zeigt, dass der Beklagte zu 1. die Kontrolle über sein Fahrzeug völlig verloren hatte und von der Verkehrssituation überfordert war.
Danach steht fest, dass der Beklagte zu 1. grob fahrlässig gehandelt hat. Eine weitere Beweiserhebung durch Vernehmung der weiteren von der Beklagtenseite benannten Zeugen hinsichtlich der Frage, ob die Blinklichter an dem Feuerwehrfahrzeug erkennbar waren, hält das Gericht nicht für erforderlich. Die Angaben der Zeugen differieren im Wesentlichen im Hinblick darauf. Die Zeugin F..... hat angegeben, es sei einer Rauchwand vor ihnen aufgetaucht, während der Zeuge B..... angab, zum Unfallzeitpunkt sei die Rauchentwicklung nur gering gewesen. Eine weitere Beweiserhebung hierzu ist nicht erforderlich, weil ein grobes Verschulden des Beklagten zu 1. beiden Schilderungen zufolge gegeben ist. Wenn der Rauch nämlich sogar stark war, dass man noch nicht einmal drei hoch angebrachte Feuerwehrlichter sehen konnte, so bestand eine völlig unklare Verkehrslage für den Beklagten zu 1., die ihn dazu hätte veranlassen müssen, unmittelbar bis auf Schrittgeschwindigkeit abzubremsen. Dagegen hat er seinen eigenen Angaben zufolge nur auf 90 km/h bis 100 km/h abgebremst. War die Rauchentwicklung jedoch schwach, wie der Zeuge B..... es angegeben hat, so gilt das Gleiche. Dann bestand nämlich eine unklare Verkehrslage auf Grund des ersichtlichen Unfalls und des deutlich postierten Feuerwehrfahrzeugs. Auch in diesem Fall wäre ein grobes Verschulden des Beklagten zu 1. gegeben.
Ein Mitverschulden des Klägers könnte nur in einem Verstoß gegen § 18 Abs. 9 StVO gesehen werden. Der Kläger konnte jedoch Sonderrechte im Sinne von § 35 Abs. 1 StVO für sich in Anspruch nehmen. Allerdings bestehen diese Sonderrechte nur dann, wenn das Handeln zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Die Beklagten machen insoweit geltend, es sei nicht erforderlich gewesen, eine Person auf der Fahrbahn zu postieren, bzw. das Einsatzfahrzeug habe zunächst die Sicherung der Unfallstelle vornehmen müssen. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass zum Unfallzeitpunkt Polizei sowie ein zweites Einsatzfahrzeug noch nicht eingetroffen waren. Bei der Absicherung einer Unfallstelle müssen die im Allgemeininteresse handelnden Feuerwehrleute bzw. Polizeibeamten schnell handeln, so dass ihnen eine Einschätzungsprärogative zuzubilligen ist. Die von dem Kläger getroffenen Maßnahmen halten sich der Auffassung des Gerichts zufolge in diesem Rahmen. Eine Sicherung der Einsatzstelle durch Gegenstände auf der Fahrbahn wäre als Absicherung der löschenden Feuerwehrleute sicher nicht ausreichend gewesen. Alternative für den Kläger wäre somit nur gewesen, die Löscharbeiten zurückzustellen und das brennende Auto zu sichern, indem das Einsatzfahrzeug vor diesem postiert wurde. Dies hätte wiederum andere Gefahren wie die einer Ausweitung des Brandes und einer immer stärkeren Rauchentwicklung mit sich gebracht. Eine gewisse Absicherung war dadurch gegeben, dass schon vor der Unfallstelle das mit Warnblinker versehene Fahrzeug des Klägers postiert war sowie durch die Feuerwehrkleidung des Klägers. Die Auffassung der Beklagten stützt sich im Wesentlichen auf die in der Ermittlungsakte enthaltene Einschätzung des Polizeibeamten D ....., der dort festgehalten hat, dass eine ausreichende Absicherung der Unfallstelle sicherlich nicht gegeben gewesen sei. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass beim Eintreffen des Polizeibeamten D ..... das Auto des Klägers nicht mehr beleuchtet war. Darüber hinaus hat der Polizeibeamte D ..... in der mündlichen Verhandlung angegeben, seine damalige Einschätzung sei naturgemäß auf die Lage bei seinem Eintreffen bezogen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Dunkelheit weiter fortgeschritten gewesen als im Unfallzeitpunkt.
Selbst wenn man die Voraussetzungen des § 35 Abs. I StVO verneinen wollte, wäre das Mitverschulden des Klägers als so gering zu bewerten, daß es gegenüber dem Verschulden des Beklagten zurücktreten muß. Denn wegen der oben geschilderten Einschätzungsprärogative und der ebenfalls mit Unsicherheiten behafteten Entscheidungsalternative kann allenfalls von einem leichten Verschulden des Klägers ausgegangen werden. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß in derartigen Fällen ein geringes Verschulden solcher im Allgemeininteresse handelnder Personen zurücktreten kann (vgl. BGH VersR 1969, S. 571; OLG Frankfurt, NZV 1989, 150).
Schließlich kann ein Mitverschulden des Klägers auch nicht daraus gefolgert werden, dass dieser möglicherweise zunächst nach links und dann nach rechts ausgewichen ist. Dabei ist nämlich zu bedenken, dass der Kläger das Fahrzeug des Beklagten mit hoher Geschwindigkeit auf sich zurasen sah. Eine Schreckreaktion in letzter Sekunde kann nach Auffassung des Gerichts in keinem Fall als Mitverschulden angesehen werden.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat sich das Gericht an vergleichbaren Urteilen in der Tabelle Hacks/Ring/Böhm, 21. Aufl., orientiert. Es hat dabei insbesondere die unter der Nr. 2616 enthaltenen Entscheidung des Landgerichts Hechingen herangezogen. Zwar war im dort entschiedenen Fall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % festgestellt worden. Dagegen sind im vorliegenden Fall sogar beide Beine getroffen gewesen. Auch die jetzt bereits über Jahre hinweg andauernden Schmerzen, unter denen der Kläger leidet, müssen in besonderem Maße bei der Schmerzensgeldbemessung berücksichtigt werden.
Unter Abwägung aller genannten Faktoren hat das Gericht einen Betrag von 40.000,00 EUR insgesamt als angemessen angesehen, wovon der bereits gezahlte Betrag abzusetzen ist.
2.
Der Feststellungsantrag ist begründet. Insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse des Klägers. Denn der Kläger hat offene Frakturen und gelenksnahe Schädigungen erlitten. In solchen Fällen ist ein Feststellungsantrag wegen der immer bestehenden Arthrosegefahr regelmäßig begründet (OLG Hamm, NZV 96, 69; NJW-RR 98, 1179).