Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 16.12.2004, Az.: 1 O 2998/04

Voraussetzungen für einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe; Bestehen eines Sonderkündigungsrechts des Insolvenzverwalters bei Dauerschuldverhältnissen

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
16.12.2004
Aktenzeichen
1 O 2998/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 34043
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2004:1216.1O2998.04.0A

Fundstellen

  • NZI (Beilage) 2005, 19* (amtl. Leitsatz)
  • ZInsO 2005, 156-157 (Volltext mit red. LS)

Tenor:

In dem Verfahren wird der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Entscheidung beruht auf § 114 ZPO. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

2

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Schadensersatz gegen den Beklagten in seiner Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn M. Dieser war Mieter eines im Eigentum des Klägers stehenden Hauses. Seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 20.02.2003 sind die Mieten für die Monate September 2003, Februar 2004 und April bis Juli 2004 in Höhe von insgesamt 5.817,17 EUR nicht gezahlt worden. Mit Schreiben vom 25.05.2004 forderte die Prozessbevollmächtigte des Klägers den Beklagten auf, die bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände als Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 InsO anzuerkennen. Der Beklagte ließ daraufhin am 22.06.2004 über das Amtsgericht Lingen mitteilen, dass das Verfahren massearm sei. Die Klägervertreterin antwortete hierauf am 21.07.2004. Sie führte an, dass eine Erklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO nach wie vor nicht abgegeben worden sei, so dass sehr wohl ein Anspruch gegen die Insolvenzmasse bestehe. Wenn jedoch nunmehr Masseunzulänglichkeit bestehe, komme die persönliche Haftung des Beklagten zum Tragen. Zugleich erklärte sie die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen der Zahlungsrückstände. Der Beklagte weist etwaige Ansprüche zurück.

3

Ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich weder aus § 61 InsO noch aus § 60 InsO.

4

Voraussetzung für eine Schadensersatzpflicht nach § 61 InsO ist zunächst, dass der Verwalter eine Masseverbindlichkeit selbst begründet hat. Bereits das erscheint zweifelhaft.

5

Selbst abgeschlossen hat der Beklagte den Mietvertrag nicht. Eine Begründung der Forderung im Sinne des § 61 InsO könnte danach allenfalls in der Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses zu sehen sein. Dabei steht dem Insolvenzverwalter ein Sonderkündigungsrecht aus Anlass der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinsichtlich der Wohnung des Schuldners nicht zu, wie sich aus § 109 Abs. 1 InsO ergibt. Denkbar wäre jedoch, die Begründung weiterer Masseverbindlichkeiten in der Nichtausübung des Rechts zur ordentlichen Kündigung oder im Unterlassen der Mitteilung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO zu sehen. Selbst wenn man diese Unterlassungen des Beklagten ausreichen lassen würde, so ergäbe sich aber dennoch kein Schadensersatzanspruch des Klägers.

6

Nach § 61 InsO schuldet der Verwalter Ersatz des negativen Interesses. Stellt man danach auf die unterlassene Kündigung des Wohnraummietverhältnisses durch den Beklagten ab, so wäre diese für den Mietzinsausfall nur dann kausal, wenn der Kläger auch tatsächlich einen anderen Mieter für das Objekt gefunden hätte. Dazu und zu den Konditionen eines solchen Mietverhältnisses hat er nichts vorgetragen. Im Übrigen wäre zu beachten, dass der Kläger selbst ebenfalls die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung hatte und von ihr keinen Gebrauch gemacht hat, obwohl er nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten bereits frühzeitig von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kenntnis hatte.

7

Sieht man das haftungsbegründende Verhalten des Beklagten im Sinne des § 61 InsO dagegen im Unterlassen der Anzeige nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO, so fehlt es ebenfalls an der Darlegung eines hierauf beruhenden Schadens. Unstreitig war die vorhandene Masse unzulänglich. Danach war von vornherein selbst die Befriedigung der Masseverbindlichkeiten nicht möglich. Etwas anderes ist jedenfalls auch seitens des Klägers nicht dargelegt worden. Die Erklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO hätte jedoch lediglich zur Folge gehabt, dass der Kläger mit dem an die Stelle des Mietzinsanspruchs tretenden Schadensersatzanspruch nach S. 3 der Vorschrift nicht bevorrechtigter Insolvenzgläubiger geworden wäre. Seine Position hätte sich folglich allenfalls verschlechtert.

8

Das Gleiche gilt im Ergebnis für die Frage eines Schadensersatzanspruchs nach § 60 Abs. 1 InsO. Selbst wenn man den Beklagten mit der Klägervertreterin für verpflichtet hält, eine Erklärung nach § 109 Abs. 1 S. 2 InsO abzugeben, so wäre durch diese die Position des Klägers lediglich verschlechtert worden.

Holtmeyer, Richter am Landgericht