Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.02.2024, Az.: 12 ME 130/23

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen persönlicher Unzuverlässigkeit nach dem ordnungswidrigen unter dem Einfluss von Cannabis Führen eines Kraftfahrzeugs

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.02.2024
Aktenzeichen
12 ME 130/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 11103
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0223.12ME130.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 06.12.2023 - AZ: 1 B 42/23

Amtlicher Leitsatz

Einen Kraftfahrer, der anlässlich einer Verkehrskontrolle dadurch aufgefallen ist, dass er ordnungswidrig unter dem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, und der daraufhin einen isolierten Probierkonsum der Droge geltend macht, trifft im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren die Obliegenheit, über diesen Konsum substantiierte Angaben zu machen. Unterlässt er das, darf die Fahrerlaubnisbehörde seine Einlassung ggf. ohne Weiteres als Schutzbehauptung würdigen, von gelegentlichem Cannabiskonsum ausgehen und sogleich die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer - vom 6. Dezember 2023 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der 2002 geborene Antragsteller dagegen, dass es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, ihm vorläufigen Rechtsschutz gegen den Sofortvollzug der Entziehung seiner Fahrerlaubnis (u. a. Klasse B) durch den Bescheid des Antragsgegners vom 30. Oktober 2023 (Bl. 10 ff. der Gerichtsakte - GA -) zu gewähren.

Der Antragsteller führte am 14. Juni 2023 unter dem Einfluss von Cannabis (THC-Konzentration im Blutserum: 4,9 ng/ml) im öffentlichen Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug und wurde daraufhin unter dem 28. Juli 2023 (Bl. 6 ff. GA) durch den Antragsgegner aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu den Fragestellungen beizubringen, ob zu erwarten sei, dass er künftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis führen werde, und ob als Folge unkontrollierten Cannabiskonsums bei ihm Beeinträchtigungen vorlägen, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Fahrerlaubnisgruppe 1 infrage stellten. Da er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht vorlegte, hielt ihn der Antragsgegner unter Berufung auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV für ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und erließ den genannten Entziehungsbescheid.

Das Verwaltungsgericht hat seinen angefochtenen Beschluss unter anderem begründet wie folgt:

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei unbegründet, weil sich die angefochtene Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Ablieferung des Führerscheins nach summarischer Prüfung als rechtmäßig darstelle. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV habe die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Im Falle einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis könne die Fahreignung bejaht werden, wenn der Konsum und das Fahren voneinander getrennt werden könnten, kein zusätzlicher Gebrauch von psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Persönlichkeitsstörung und kein Kontrollverlust vorlägen (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV). Bringe der Betroffene ein von der Fahrerlaubnisbehörde gefordertes Gutachten [über seine Kraftfahreignung] nicht fristgerecht bei, dürfe die Behörde auf seine Nichteignung schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV), wenn ihre Gutachtenanordnung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig gewesen sei. Die vorliegend auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gestützte Anordnung erweise sich nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Gutachtenanforderung habe nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Anlass für eine medizinisch-psychologische Begutachtung bestanden, da ein gelegentlicher Cannabiskonsum festgestanden habe (1) und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung des Antragstellers begründet hätten (2).

(1) Gelegentlicher Konsum von Cannabis liege vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen habe und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufwiesen.

(a) Von einem gelegentlichen Konsum sei auch auszugehen, wenn ein zweiter Konsumvorgang nicht nachgewiesen sei. Denn vor dem Hintergrund der äußersten Seltenheit des Falles, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument bereits wenige Stunden nach dem Konsum ein Kraftfahrzeug führe und dann auch noch von der Polizei kontrolliert werde, sei im Rahmen der Beweiswürdigung die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden müsse. Um solchem Vorbringen Glauben schenken zu können, sei vielmehr eine substantiierte, widerspruchsfreie und inhaltlich nachvollziehbare Schilderung der näheren Umstände des [angeblichen] einmaligen Probierkonsums und des nachfolgenden Entschlusses, ein Kraftfahrzeug zu führen, erforderlich.

(b) Der Antragsteller habe nicht plausibel dargelegt, am 14. Juni 2023 einmalig Cannabis probiert zu haben.

(aa) Im Rahmen der Verkehrskontrolle an diesem Tag habe er ausweislich des hierüber gefertigten Protokolls der PD Lüneburg - PI A-Stadt - angegeben, zum Konsum keine näheren Angaben machen zu wollen. Naheliegend wäre es dagegen gewesen, dass er die Umstände eines einmaligen Probierkonsums angegeben hätte, hätte es sich um einen solchen gehandelt.

(bb) Erstmals sei diese Behauptung indes in einem erst am 13. Oktober 2023 bei dem Antragsgegner eingegangenen (S. 22 f. der elektron. Beiakte - eBA -) Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 13. Juli 2023 (S. 24 eBA) geäußert worden. Der Antragsteller habe darin lediglich vorgebracht, es habe sich um einen einmaligen Probierkonsum gehandelt, ohne die Umstände auch nur ansatzweise zu schildern.

(cc) Er könne auch nicht mit dem Argument durchdringen, die relativ geringen Werte des Untersuchungsbefundes korrespondierten mit einem einmaligen Probierkonsum. Dies treffe weder für den THC-Wert von 4,9 ng/ml noch für den THC-Carbonsäure-Wert von 58 ng/ml zu.

(2) Es hätten zudem weitere Tatsachen vorgelegen, die Zweifel an seiner Eignung begründet hätten. Eine solche Tatsache könne ein Verstoß gegen das Trennungsgebot sein. In dem für den 14. Juni 2023 festgestellten THC-Wert von 4,9 ng/ml im Blutserum zeige sich zugleich, dass der Antragsteller damals nicht zuverlässig zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und dem Drogenkonsum zu trennen vermocht habe.

(3) Gründe, die es ausnahmsweise gerechtfertigt hätten, das von dem Antragsgegner geforderte Gutachten nicht vorzulegen, seien nicht ersichtlich. Mit seinem Vorbringen, er befinde sich in der Ausbildung, beziehe ein relativ geringes Ausbildungsentgelt und es sei ihm daher nicht möglich, den für ihn immens hohen Geldbetrag für eine medizinisch-psychologische Begutachtung aufzubringen, dringe er nicht durch. Fehlende finanzielle Mittel stellten keinen Grund dar, von notwendigen Aufklärungsmaßnahmen abzusehen. Von einem zur Vorlage eines Eignungsgutachtens verpflichteten Verkehrsteilnehmer sei zu fordern, dass er alle ernsthaft in Betracht kommenden Möglichkeiten ausschöpfe, um die einer Begutachtung womöglich entgegenstehenden Hemmnisse auszuräumen. Allenfalls dann, wenn der Betreffende entsprechende, noch nicht abgeschlossene Bemühungen glaubhaft mache, wie z. B. die Abklärungen einer etwaigen Ratenzahlung mit dem Gutachter oder einer anderweitigen Finanzierungsmöglichkeit, könne die Fahrerlaubnisbehörde gehalten sein, ihre abschließende Entscheidung vorübergehend zurückzustellen, soweit die dadurch eintretende Verzögerung auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit vertretbar erscheine. Ein derartiger Fall sei vorliegend nicht gegeben. Vielmehr habe sich der Antragsteller noch mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom "28. Juli 2023" bereiterklärt, sich der Begutachtung zu unterziehen, ohne geltend zu machen, die Kosten dafür als Auszubildender nicht aufbringen zu können.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 6. Dezember 2023 bleibt ohne Erfolg.

Denn die in der Beschwerdebegründungsschrift vom 4. Januar 2024 vorgebrachten und mit (am 20. Februar 2024 signierten) Schriftsatz vom "24. Januar 2024" ergänzten Beschwerdegründe, die hier gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen sind, genügen teilweise bereits nicht den Anforderungen, die nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO an ihre Darlegung unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung zu stellen sind, und greifen im Übrigen in der Sache nicht durch.

Um sich im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, muss ein Beschwerdeführer von der Begründungsstruktur dieser Entscheidung ausgehen und das Entscheidungsergebnis in Frage stellen (Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 8. Aufl. 2021, § 146 Rn. 31). Die erforderliche Dichte seiner eigenen Ausführungen hat sich dabei an der Dichte der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu orientieren (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 22a). Je intensiver die gerichtliche Entscheidung begründet ist, umso eingehender muss der Beschwerdeführer die sie tragende Argumentation entkräften. Es reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, wenn er lediglich eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr muss er in der Regel den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenüberstellen und - soweit möglich - deren Vorzugswürdigkeit darlegen (Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, ZNER 2017, 70 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 56, und Beschl. v. 10.2.2014 - 7 ME 105/13 -, juris, Rn. 26). Hieraus folgt, dass es regelmäßig nicht genügt, wenn er pauschal auf erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt oder dieses unverändert wiederholt (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 8. Aufl. 2021, § 146 Rn. 31, m. w. N.). Hinweise auf Fundstellen ersetzen ebenfalls nicht die eigene Argumentation des Beschwerdeführers innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist. Denn die zu prüfenden Beschwerdegründe sind darzulegen, sodass sie sich das Oberverwaltungsgericht nicht anhand ihm lediglich bezeichneter Fundstellen selbst zusammenzustellen hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 30.11.2016 - 12 ME 131/16 -, juris, Rn. 30, und Beschl. v. 15.4.2014 - 7 ME 121/13 -, Nds. VBl. 2014, 286 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 41).

1. Soweit der Antragsteller eingangs seiner Beschwerdebegründungsschrift vom 4. Januar 2024 vorbringt, es habe deshalb nicht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden dürfen, weil die Voraussetzungen des § 13 Nr. 2 Buchst. b) und/oder c) [FeV] nicht vorgelegen hätten, geht das am hiesigen Fall und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorbei. Denn § 13 FeV regelt Voraussetzungen, unter denen zur Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik eine medizinisch-psychologische Begutachtung (nach unter Alkoholeinfluss begangenen Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr bzw. nach Trunkenheitsfahrten) anzuordnen ist. Die hier getroffene Anordnung des Antragsgegners knüpft indessen weder an derartige Sachverhalte an, noch wurde die genannte Ermächtigungsnorm zur Rechtfertigung des behördlichen Handels oder der Entscheidung der Vorinstanz herangezogen.

2. Der Antragsteller macht (in den ersten vier Absätzen auf der Seite 3 seiner Beschwerdebegründungsschrift) geltend, aufgrund der geringen Höhe seines Ausbildungsentgelts sei er nicht in der Lage, die Kosten für die angeordnete medizinisch-psychologische Untersuchung aufzubringen. Er könne sich den benötigten Betrag "auch nicht anderweitig leihen oder dergleichen", habe aber angeboten, stattdessen seine Bereitschaft zu erklären, sich kurzfristig anberaumten Untersuchungen zu unterziehen und Abstinenznachweise zu erbringen.

Die einen erstinstanzlichen Vortrag wiederholende Berufung des Antragstellers auf sein (angeblich) fehlendes finanzielles Leistungsvermögen genügt bereits nicht den Anforderungen an die Auseinandersetzung mit der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung. Denn weder bringt der Antragstellers schlüssige Gegenargumente dafür vor, dass die oben unter I. 3. wiedergegebenen Rechtssätze des Verwaltungsgerichts unzutreffend wären, noch trägt er substantiiert Tatsachen vor, die bei einer Subsumtion unter diese Rechtssätze ein längeres behördliches Warten auf die Beibringung des geforderten Gutachtens gerechtfertigt hätten. Nicht nachvollziehbar ist zudem der argumentative Wert seines Hinweises auf einen vorgerichtlichen, auf den 13. Juli 2023 datierten Schriftsatz, der allerdings nach den - mit Darlegungen nicht angegriffenen - tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz erst am 13. Oktober 2023 bei dem Antragsgegner einging. Denn in einem anderen Schriftsatz vom 13. Juli 2023 (S. 8 eBA), der bereits am 14. Juli 2023 eintraf (vgl. Inhaltsverzeichnis eingangs der eBA), hatte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers - nach Rücksprache mit seinem Mandanten, aber ohne Hinweis auf dessen angebliche Finanzierungsprobleme - das Einverständnis mit der medizinisch-psychologischen Begutachtung erklärt. Der (unerhebliche) Einwand angeblich fehlender Mittel ist also - an den tatsächlichen Eingängen gemessen - ebenso "nachgeschoben" wie die Behauptung einmaligen Konsums.

Ohne rechtliche Relevanz ist das Angebot des Antragstellers, sich anstelle einer angeordneten medizinisch-psychologischen Untersuchung Abstinenzkontrollen zu unterziehen. Da (etwaige) Armut grundsätzlich - und so auch hier - keine Rechtfertigung dafür bietet, zulasten der Verkehrssicherheit der Allgemeinheit bei der Fahrerlaubnisbehörde Abstriche von der notwendigen Aufklärung berechtigter Zweifel an der Kraftfahreignung einzufordern, musste der Antragsgegner nicht darauf eingehen, dass der Antragsteller "Abstinenznachweise" anstelle der geforderten medizinisch-psychologischen Untersuchung anbietet. Denn solche Nachweise sind in ihrem Erkenntniswert kein gleichwertiger Ersatz (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 20.11.2023 - 12 ME 109/23 -, S. 8 f. des Abdrucks; Bay. VGH, Beschl. v. 15.3.2023 - 11 CS 23.44 -, VerkMitt 2023, Nr. 20, hier zitiert nach juris, Rn. 31).

3. Indem der Antragsteller den oben unter I. 1. b) cc) wiedergegebenen Erwägungen der Vorinstanz (im vorletzten Absatz auf der Seite 3 seiner Beschwerdebegründungsschrift) lediglich wiederholend seine eigene abweichende Bewertung der Untersuchungsbefunde entgegenstellt, genügt er nicht den Anforderungen an die argumentative Auseinandersetzung mit der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob und ggf. welche indizielle Bedeutung etwa dem im Falle des Antragstellers festgestellten THC-COOH-Wert zu kommt (vgl. insoweit z. B. Bay. VGH, Beschl. v. 15.3.2023 - 11 CS 23.44 -, a. a. O., juris, Rn. 22, m. w. N.).

4. Der Antragsteller greift (auf den Seiten 4 und 5 seiner Beschwerdebegründungsschrift) die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz an, es stehe fest, dass er Cannabis gelegentlich konsumiert habe.

Er macht geltend, das Verwaltungsgericht habe zwar zutreffend erkannt, dass der Antragsgegner die materielle Beweislast für das Vorliegen des [in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV enthaltenen] Tatbestandsmerkmals der Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums trage. Die weiteren Ausführungen des Gerichts (vgl. oben unter I. 1. a), wonach von einem gelegentlichen Konsum auch auszugehen sei, wenn ein zweiter Konsumvorgang nicht nachgewiesen sei, träfen aber nicht zu. Sie würden der Sache nach zu einer Umkehr der Beweislast führen und auf reinen Spekulationen beruhen. Es gebe keine Anhaltspunkte für einen Erfahrungssatz nach Art einer gesetzlichen Tatsachenvermutung, wonach derjenige, der einmal mit Cannabis verkehrsauffällig werde, nicht zum ersten Mal Cannabis konsumiert habe. Unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit lasse sich dieser Ansatz schon deshalb nicht rechtfertigen, weil die Möglichkeit bestehe, nähere Kenntnisse über das Konsumverhalten des Betroffenen durch die Anforderung eines Gutachtens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV zu erlangen. Vor diesem Hintergrund komme dem Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers nur insofern Bedeutung zu, als von einem gelegentlichen Cannabiskonsum ausgegangen werden könne, wenn ein solches Verhalten eingeräumt werde. Das sei hier aber nicht der Fall. Vielmehr sei er mit ein paar Jugendlichen ins Gespräch gekommen die dann angefangen hätten, Joints herumzureichen, und ihm im weiteren Verlauf das Mitrauchen angeboten hätten. Da ihm das unbekannt gewesen, er aber neugierig gewesen sei, habe er schließlich mitkonsumiert. Die Joints seien dann herumgereicht worden. Seitdem habe er nichts mehr mit Cannabis zu tun gehabt und dies auch in Zukunft nicht vor.

Diese Darlegungen greifen letztlich nicht durch, obwohl sie eine teilweise berechtigte Kritik an den Ausführungen der Vorinstanz enthalten.

Anhand der materiellen Beweislast beantwortet sich im Verwaltungsverfahren (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 24 Rn. 40) und im nachfolgenden Verwaltungsprozess (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 5) die Frage, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit einer Hauptbeweistatsache (vgl. Laumen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 15. Aufl. 2023, § 284 Rn. 13) geht, wenn sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (vgl. für den Verwaltungsprozess § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), d. h. aufgrund umfassender Sachverhalts- und Beweiswürdigung, weder die volle Überzeugung vom Vorliegen noch vom Nichtvorliegen dieser Hauptbeweistatsache hat gewinnen lassen. Als Verkennung der materiellen Beweislast kann daher beanstandet werden, dass ein Gericht aus der Unaufklärbarkeit einer Hauptbeweistatsache die falsche Konsequenz für die Beantwortung der Frage gezogen hat, zu wessen Lasten diese Unaufklärbarkeit geht. Dagegen eignet sich die Beweislast nicht als Argument dafür, dass eine auf die volle richterliche Überzeugungsbildung gestützte tatsächliche Feststellung unrichtig getroffen sei. Denn die Vorgaben der materiellen Beweislast beziehen sich nicht auf die Sachverhalts- und Beweiswürdigung, sondern sie greifen erst auf einer ihr nachgelagerten Ebene ein.

Hauptbeweistatsache ist hier das Vorliegen gelegentlichen Cannabiskonsums des Antragstellers als tatbestandliche Voraussetzung der Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV (i. V. m. § 46 Abs. 3 FeV). Das Verwaltungsgericht selbst definiert einen gelegentlichen Cannabiskonsum zutreffend als ein Zu-sich-Nehmen von Cannabis in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen, die einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (vgl. oben unter I. 1. vor a). Damit ist die Existenz (mindestens) eines zweiten Konsumvorgangs Bestandteil dieser Hauptbeweistatsache. Folglich ist es dem Wortlaut nach widersprüchlich, einerseits deren Vorliegen zu bejahen (vgl. oben unter I. vor 1. - am Ende), und andererseits anzunehmen, dass ein (mindestens) zweiter Konsumvorgang nicht "nachgewiesen" sei (vgl. oben unter I. 1. a). Denn bei Unaufklärbarkeit wesentlicher Elemente einer Hauptbeweistatsache ist diese selbst ebenfalls nicht erwiesen und wäre deshalb in dem Hauptsacheverfahren, dessen Erfolgsaussichten hier maßgeblich zu berücksichtigen sind, eine Beweislastentscheidung erforderlich, die sich an der materiellen Beweislast auszurichten hätte. Deshalb beanstandet der Antragsteller in Anknüpfung an die von dem Verwaltungsgericht (zumindest scheinbar) eingeräumte Unaufklärbarkeit des zweiten Konsumvorgangs nicht ohne nachvollziehbaren Ansatzpunkt die Verletzung von Beweislastregeln.

Die in den Gründen des angegriffenen Beschlusses der Einräumung einer Unaufklärbarkeit folgenden Erwägungen unter I. 1. a), wonach trotz unerweislichen zweiten Konsumvorgangs im Wege der Beweiswürdigung die Hauptbeweistatsache, d. h. gelegentlicher Cannabiskonsum, zu bejahen sei, lassen allerdings darauf schließen, dass das Verwaltungsgericht sein im Ergebnis richtiges Vorgehen (nur) entweder methodisch oder sprachlich unrichtig eingeordnet hat. Im Falle methodisch unrichtiger Einordnung hätte die Vorinstanz wohl verkannt, dass eine (Beweis-)Würdigung von Indizien und Mitwirkungsdefiziten des Antragstellers, die in ihrer gebotenen Gesamtschau zu dem Ergebnis führt, ein gelegentlicher Cannabiskonsum habe vorgelegen, auch die Überzeugung einschließen muss, (mindestens) ein zweiter relevanter Konsumvorgang sei als nachgewiesen zu betrachten und habe folglich stattgefunden. Bei sprachlich unrichtiger Einordnung hätte sie Indizien und Mitwirkungsdefizite des Antragstellers, die sie zu dem Schluss auf einen gelegentlichen Cannabiskonsum führten, nicht als "Nachweis" qualifiziert und diesen Begriff damit auf positive Ergebnisse einer unmittelbaren Beweisführung reduziert. Die richtige rechtliche Konstruktion dürfte sich indessen wie folgt darstellen: Um nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Hauptsacheverfahren die Überzeugung vom Vorliegen der Hauptbeweistatsache eines gelegentlichen Konsums, d. h. von (mindestens) zwei (auch zeitlich zusammenhängenden) Konsumakten, zu gewinnen, können unterschiedliche Arten der Beweisführung (vgl. Laumen, a. a. O., § 284 Rnrn. 12 und 17) gewählt werden. Während ein von dem Betroffenen bereits überzeugend eingeräumter Konsumakt unmittelbar beweisbar ist, lässt sich für einen entsprechenden weiteren Konsumakt nur ein mittelbarer Beweis (Indizienbeweis) führen. Dieser mittelbare Beweis ist ausreichend (vgl. Kraft, in: Eyermann, a. a. O., § 108, Rn. 43), geht allerdings mit einer - in der Natur der Sache liegenden - Unschärfe der tatsächlichen Feststellungen einher, die er ermöglicht.

Es hindert eine - hier gerechtfertigte - Überzeugungsbildung, es habe gelegentlicher Cannabiskonsum des Betroffenen vorgelegen, daher nicht, dass Ort und Zeit weiterer Konsumakte nicht im Einzelnen feststehen. Dafür spricht bereits, dass entsprechende Details in aller Regel behördlich und gerichtlich auch dann nicht festgestellt werden - und nicht festgestellt werden müssen, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber seinen gelegentlichen Cannabiskonsum selbst ausdrücklich einräumt und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dabei die Bedeutung des Wortes "gelegentlich" verkennt.

Diese allgemeinen Anforderungen an gerichtliche Feststellungen zu dem Cannabiskonsummuster (einmalig, gelegentlich oder regelmäßig) gelten auch, wenn der betroffene Fahrerlaubnisinhaber gelegentlichen Cannabiskonsum pauschal bestreitet. Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen der für die behördliche (vgl. Ramsauer, a. a. O., § 24 Rn. 50) und richterliche (vgl. Schübel-Pfister, a. a. O., § 86 Rn. 45) Überzeugungsbildung erforderlichen Detailschärfe der tatsächlichen Erkenntnisse über das Konsummuster einerseits und anderseits dem Grad, in dem ein Fahrerlaubnisinhaber im Entziehungsverfahren und Verwaltungsprozess seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt hat. Soweit es sich um Tatsachen handelt, deren Aufklärung zur Vorbereitung einer Anordnung nach § 46 Abs. 3 i. V. m. den §§ 11 bis 14 FeV anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 29.9.2017 - 12 ME 136/17 -, ZfSch 2017, 719 f., hier zitiert nach juris, Rn. 6), besteht nämlich im Verwaltungsverfahren gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) und im Verwaltungsprozess nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 138 Abs. 1 ZPO (also nicht nur gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO) eine Mitwirkungsobliegenheit des Betroffenen. Hiernach hat er insbesondere über solche Tatsachen, deren Erheblichkeit sich ihm aufdrängen muss, auch unaufgefordert substantiierte Angaben zu machen. Kommt er dieser Mitwirkungsobliegenheit, die insbesondere besteht, soweit es sich um Umstände handelt, die ausschließlich oder überwiegend in seiner eigenen Sphäre liegen, nicht nach, kann das gemäß dem in § 444 ZPO zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden. Ein Schweigerecht, welches demjenigen vergleichbar wäre, das den Beschuldigten und Betroffenen im Straf- bzw. Bußgeldverfahren zusteht, sodass sie sich nicht selbst belasten müssen, hat ein Fahrerlaubnisinhaber in dem gefahrenabwehrrechtlichen Fahrerlaubnisentziehungsverfahren und einem diesem nachfolgenden Verwaltungsprozess ebenso wenig, wie dort zu seinen Gunsten die Unschuldsvermutung eingreift (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 15.3.2023 - 11 CS 23.44 -, a. a. O., juris, Rn. 19 - am Ende). Mit dem Einwand, beides sei ihm unbekannt, vermag er jedenfalls ab demjenigen Zeitpunkt nicht mehr durchzudringen, zu dem er anwaltlich vertreten war.

Kommt ein Fahrerlaubnisinhaber seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nach, kann er sich nicht erfolgreich darauf berufen, die Fahrerlaubnisbehörde oder das Verwaltungsgericht hätten auf andere Beweismittel ausweichen müssen, um dadurch jene Umstände aufzuklären, zu denen er keine zureichenden Angaben gemacht hat (vgl. Schübel-Pfister, a. a. O., § 86 Rn. 46).

Soweit der beschließende Senat in der Vergangenheit einen abweichenden Standpunkt vertreten hat (vgl. Beschl. v. 7.6.2012 - 12 ME 31/12 -, ZfSchR 2012, 473 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 8), wird daran nicht festgehalten.

Inhalt und Ausmaß der vorstehend umrissenen Mitwirkungsobliegenheit sind gerechtfertigt, weil die Umstände, aus denen sich das Cannabiskonsummuster eines Fahrerlaubnisinhabers ergibt, ausschließlich in der Sphäre des Konsumenten liegen und weil die Fallgestaltung, dass sich ein Kraftfahrer schon bei einem isoliertem Probierkonsums der Droge entschließt, unter deren Einfluss ein Kraftfahrzeug zu führen, und - just dann - in eine Polizeikontrolle gerät, atypisch und sehr unwahrscheinlich ist (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 15.3.2023 - 11 CS 23.44 -, a. a. O., juris, Rn. 19; OVG NRW, Beschl. v. 15.3.2017 - 16 A 432/16 -, NWVBl. 2017, 379 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 50). Das bedeutet zwar nicht, dass diese Fallgestaltung ausgeschlossen wäre. Es hat aber zur Folge, dass es einem Fahrerlaubnisinhaber obliegt, ihr Vorliegen im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit selbst geltend zu machen und dabei substantiiert vorzutragen. Insoweit ist die Rechtslage derjenigen (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 7.3.2023 - 11 CS 22.2608 -, juris, Rn. 14) vergleichbar, die besteht, wenn der Betroffene behauptet, dass ihm eine Droge ohne sein Wissen und Wollen von einem Dritten verabreicht worden sei. Denn auch ein derartiges Geschehen ist, obgleich sehr unwahrscheinlich, möglich, ohne dass bereits dies dazu führte, dass sich die Fahrerlaubnisbehörde oder das Gericht auch ohne substantiierte Geltendmachung durch den Betroffenen daran versuchen müssten, die nur pauschale Behauptung der unwillentlichen Verabreichung zu widerlegen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers rechtfertigt die Ermächtigungsnorm des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV ebenfalls keinen Verzicht auf die Substantiierung der Behauptung eines isolierten Probierkonsums. Denn dass die Rechtsordnung (u. a.) zur beweiskräftigen Klärung der Frage, ob einmaliger oder gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt, die Anordnung einer ärztlichen Begutachtung vorsieht, besagt nichts Abschließendes darüber, in welchen Fällen diese Frage beweiskräftiger Klärung überhaupt bedarf und inwieweit der Betroffene zur Klärung beizutragen hat. Ansonsten müsste im Übrigen selbst dann, wenn die Fahrerlaubnisbehörde vom Vorliegen eines nur einmaligen Probierkonsums bereits durch andere Beweismittel vollständig überzeugt ist, die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zum Ausschluss gelegentlichen Konsums angeordnet werden und hätte auch im Fall des § 11 Abs. 7 FeV eine Beweiserhebung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV zu erfolgen; beides trifft aber nicht zu (vgl. Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, StVR, 47. Aufl. 2023, § 14 FeV, Rnrn. 14 bzw. 11). Zudem haben weder § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV noch die materielle Beweislast einen subjektiven Schutzgehalt, der einen cannabiskonsumierenden Fahrerlaubnisinhaber, welcher - rechtswidrig - seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht erfüllt, dahin privilegiert, dass auf eine Beweiserhebung durch ein ärztliches Gutachten ausgewichen werden müsste, um Umstände aus seiner Sphäre weiter aufzuklären, zu denen der Betroffene selbst keine näheren Angaben macht. Die Argumentation der Vertreter der Gegenauffassung (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 16.5.2014 - 4 Bs 26/14 -, NJW 2014, 3260 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 16 f.; VG Düsseldorf, Urt. v. 24.3.2011 - 6 K 1156/11 -, Rnrn. 50 ff.) überzeugt nicht. Denn aus einem Gebot (hier: § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV), bestimmte Mitteln zur erforderlichen weiteren Aufklärung einer Tatsache (hier: des Cannabiskonsummusters) einzusetzen, und aus den Vorgaben für die Folgen der Unaufklärbarkeit dieser Tatsache (d. h. der materiellen Beweislast) kann nicht auf die Erforderlichkeit der weiteren Aufklärung zurückgeschlossen werden.

Ein solcher Schluss zwänge letztlich zur Aufklärung jeder "ins Blaue hinein" aufgestellten Behauptung, zu deren Nachweis sich ein Beweismittel potentiell eignet und die von einer in Rede stehenden Beweislastverteilung erfasst wird. Das Verlangen nach substantiierten Angaben bewirkt hier auch keine "faktische Umkehr der Beweislast". Vielmehr ist es die Rechtsauffassung des Antragstellers, die zu einer faktischen Lastenverschiebung führt, indem sie anstelle seiner Mitwirkungs- eine Beweislast rechtlich wirksam werden lassen will. Sie anerkennt ein (sogar nur partielles) Schweigerecht des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers, welches diesem gerade dasjenige Risiko einer Widerlegung abnähme, welches aus der vergleichsweise besseren Überprüfbarkeit substantiierter anstatt (lediglich) pauschaler Tatsachenbehauptungen erwächst. Dieses Risiko ist aber von der Rechtsordnung vorgesehen und ihm daher nicht abzunehmen.

Der gegenteiligen Annahme des Antragstellers dürfte vermutlich eine unrichtige Parallelisierung von Straf- und Gefahrenabwehrrecht zugrunde liegen. Dabei wird an die Stelle des Verbots eines Zwangs zur Selbstbelastung (Nemo tenetur, se ipsum accusare.) für das Fahrerlaubnisrecht eine (vermeintliche) Freiheit des Kraftfahrers gesetzt, sich trotz des gegen ihn gerichteten behördlichen Verdachts der Nichteignung über den eignungsrelevanten Sachverhalt und/oder dessen Details auszuschweigen. Außerdem wird die materielle Beweislast in Wirkung und Gewicht der strafrechtlichen Unschuldsvermutung angenähert und damit fast als eine von der Behörde gegenbeweislich zu widerlegende Eignungsvermutung gehandhabt. Beides übergeht indessen die Unterschiede zwischen dem Strafrecht und dem Gefahrenabwehrrecht. Denn die Rechtfertigung für den staatlichen Verzicht darauf, dass ein Beschuldigter durch eigene Angaben an der Verwirklichung eines etwaigen gegen ihn gerichteten Strafanspruchs mitwirkt, lässt sich nicht auf das Gefahrenabwehrrecht übertragen. Bei generalisierender Betrachtung ist die einen Fahrerlaubnisinhaber treffende "Zumutung" der Obliegenheit, zum Schutz der Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr auch durch substantiierte eigene Angaben an der Aufdeckung persönlicher Eignungsmängel mitzuwirken, nämlich weitaus weniger belastend, als der (verbotene) Zwang zu selbstbelastenden Aussagen in einem Strafverfahren. Die strafrechtliche Unschuldsvermutung hat ebenfalls eine andere und umfassendere Bedeutung als diejenige einer Beweislastverteilung. Sie gilt für das gesamte Strafverfahren und gibt dem Betroffenen das subjektive Recht, bis zum ordnungsgemäßen Nachweis seiner Schuld grundsätzlich als unschuldig behandelt zu werden (vgl. Fischer, in: KK-StPO, 9. Aufl. 2023, Einl. Rnrn. 135 f.). Dagegen greift die materielle Beweislast im Fahrerlaubnisrecht erst nach einer abgeschlossenen Beweiswürdigung ein. Sie gibt dem Betroffenen schon deshalb nicht das subjektive Recht, vor der Beweiswürdigung und bis zum etwaigen ordnungsgemäßen Nachweis seiner Nichteignung grundsätzlich als geeignet betrachtet und etwa deshalb nicht mit einer Obliegenheiten belastet zu werden, aktiv an der Aufklärung berechtigter Eignungszweifel mitzuwirken.

Die sich aus alledem für den Fahrerlaubnisinhaber ergebende Obliegenheit, der Fahrerlaubnisbehörde (bereits im Verwaltungsverfahren) substantiierte Angaben über die Umstände eines von ihm behaupteten isolierten Probierkonsums zu machen, begegnet auch unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit keinen durchgreifenden Bedenken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. Beschl. v. 17.9.2019 - 12 ME 100/19 -, ZfSchR 2019, 657 ff., hier zitiert nach juris, m. w. N.), die insoweit der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht, für die hier vorliegenden Fallgestaltung Folgendes gilt: Die Einordnung einer unsubstantiierten Geltendmachung von Probierkonsum als Schutzbehauptung führt nicht (mehr) ohne Weiteres zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen gelegentlichen Cannabiskonsums und (einmaligen) Verstoßes gegen das Trennungsgebot, sondern sie zieht nur - wie hier geschehen - die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach sich. In Fällen, in denen ein Probierkonsum vor einer solchen behördlichen Anordnung nicht oder nur unsubstantiiert geltend gemacht wurde, wird die behördliche Anordnung der medizinisch-psychologischer Begutachtung zudem regelmäßig keine Festschreibung enthalten, die (gerichtlichen Bestimmungen nach § 98 VwGO i. V. m. § 404a Abs. 3 ZPO vergleichbar) verbindlich vorgibt, dass der Begutachtung in allen Stadien die tatsächliche Annahme gelegentlichen Cannabiskonsums zugrunde gelegt werden muss. Vielmehr darf in derartigen Fällen die Beweisfrage - so wie hier geschehen - in der Weise offen formuliert werden, dass den Gutachtern Raum bleibt, sie - bei (nunmehr) ausreichender Mitwirkung des Betroffenen - u. a. auch mit dem Ziel aufzuklären (vgl. § 404a Abs. 4 ZPO) festzustellen, ob statt eines gelegentlichen (etwa doch) nur ein isolierter Probierkonsum vorgelegen hat. Ergibt diese Aufklärung zur vollen Überzeugung der Gutachter (lediglich) einen einmaligen Probierkonsum, kann - tunlichst in Absprache mit der Fahrerlaubnisbehörde - der Gutachtenauftrag entsprechend reduziert werden. Es muss also bei sich wandelndem Mitwirkungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers nicht stets das gesamte gewöhnliche Untersuchungsprogramm einschließlich der Klärung eines Trennungsvermögens abgearbeitet werden.

Seiner Obliegenheit, substantiierte Angaben über die Umstände eines von ihm behaupteten isolierten Probierkonsums (und des nachfolgenden Entschlusses, ein Kraftfahrzeug zu führen) zu machen, ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Er hat weder auf das Anhörungsschreiben des Antragsgegners vom 10. Juli 2023 (S. 4 eBA), das die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung ankündigte, noch auf die Beibringungsanordnung selbst mit substantiiertem Vortrag reagiert. Einen solchen hat er auch in seinen Darlegungen der Beschwerdegründe und in seinem Schriftsatz vom "24. Januar 2024" nicht nachgeholt. Die in diesem Schriftsatz aufgestellte Behauptung eines Probierkonsums anlässlich eines Zusammentreffens mit einer unerwähnten Anzahl namentlich nicht genannter Jugendlicher an einem nicht näher bezeichneten Ort zu ungewisser Zeit ist keine inhaltlich ausreichende und dementsprechend nachprüfbare Schilderung. Deshalb kann auch dahinstehen, ob und bis zu welchem Zeitpunkt ein substantiierter Vortrag hier rechtlich erheblich gewesen wäre. Er hat in allen Stadien des verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahrens gefehlt, sodass die vom Verwaltungsgericht der Sache nach vorgenommene Würdigung der Geltendmachung des Probierkonsums (auch) als unerhebliche Schutzbehauptung ebenso durchgängig gerechtfertigt ist.

5. Der Antragsteller beanstandet die erstinstanzliche Würdigung (vgl. unter I. 1. b] aa) seines Aussageverhaltens gegenüber der Polizei. Auch darin liege eine Umkehr der Beweislast. Er habe nur entsprechend der polizeilichen Belehrung (§ 136 StPO) von seinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch gemacht, zur Sache nicht auszusagen. Darüber hinaus enthielten Art. 6 Abs. 2 EMRK und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) Gewährleistungen der Unschuldsvermutung.

Diese Darlegungen greifen ebenfalls im Ergebnis nicht durch.

Bei der Würdigung des Aussageverhaltens des Beschuldigten oder Betroffenen in einem Straf- bzw. Bußgeldverfahren ist allerdings die konkrete Situation zu beachten, in der das Aussageverhalten gezeigt wurde. In der Hoffnung, es werde ihm das zumindest ordnungswidrige Führen eines Kraftfahrzeugs unter Cannabiseinfluss nicht nachgewiesen werden können, oder aus Unsicherheit darüber, welche rechtlichen Konsequenzen die Einräumung eines Probierkonsums haben könne, kann auch ein Kraftfahrer, der Cannabis (nur) erstmalig probiert hatte und nach einer Verkehrskontrolle im Verdacht steht, eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 2 StVG begangen zu haben, gute Gründe haben, erst einmal von seinem Schweigerecht als Betroffener Gebrauch zu machen. Da die angegriffene richterliche Beweiswürdigung des Aussageverhaltens bei der Polizei dies nicht erkennbar berücksichtigt, ist sie insoweit inhaltlich nicht überzeugend.

Das hilft dem Antragsteller indessen nicht weiter. Denn seinen angeblichen Probierkonsum hat er auch im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren und im nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in denen - wie ausgeführt - weder das Verbot eines Zwangs zur Selbstbelastung noch die Unschuldsvermutung gelten, nicht durch substantiierte Angaben plausibel gemacht. In beiden Verfahren war er anwaltlich vertreten und musste sowohl aufgrund der Begründung des Antragsgegners für dessen Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens als auch infolge der Gründe des angefochtenen Gerichtsbeschlusses damit rechnen, dass seine nicht substantiierte Schilderung eines Probierkonsums als unerhebliche Schutzbehauptung eingeordnet werden würde. Es wurde bereits oben unter II. 4. ausgeführt, dass diese Einordnung gerechtfertigt ist.

6. Obwohl die Darlegungen des Antragstellers diesen Punkt nicht näher beleuchten, sei Folgendes ergänzt: Vor dem Hintergrund der oben unter II. 4. dargestellten Rechtslage und angesichts der bereits seit dem 11. Juli 2023 (vgl. S. 6 eBA) bestehenden Vertretung des Antragstellers durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht hatte der Antragsteller auch keine guten Gründe, der Gutachtenanordnung vom 28. Juli 2023 etwa deshalb nicht zu folgen, weil in ihr ebenfalls die fragwürdige Formulierung enthalten war (vgl. Bl. 26, zweiter Absatz, GA), es sei auch dann von einem gelegentlichen Konsum auszugehen, wenn kein zweiter Konsumvorgang nachgewiesen sei. Denn finden sich neben richtigen Erwägungen, welche die Forderung nach einer Begutachtung selbständig tragen, in einer Gutachtenanordnung (auch) unrichtige Ausführungen, ist das unschädlich, sofern der betroffene Fahrerlaubnisinhaber (bei richtiger Rechtsauffassung) anhand einer verständigen Prüfung der Gutachtenanordnung noch immer zu der Einsicht gelangen musste, dass er ihr Folge zu leisten hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 26.9.2019 - 12 ME 141/19 -, ZfSch 2019, 655 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 11, und Beschl. v. 2.12.2016 - 12 ME 142/16 -, DAR 2017, 159 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 18)

So dürfte es auch im vorliegenden Falle liegen. Denn unrichtig an der Begründung der Gutachtenanordnung ist nicht, dass in der vorliegenden Fallgestaltung von gelegentlichem Cannabiskonsum auszugehen ist, sondern (nur) der damit verbundene Nebensatz, wonach dies auch dann gelte, "wenn kein zweiter Konsumakt nachgewiesen ist". Die Bedeutung dieser Unrichtigkeit der Begründung muss dabei vor dem Empfängerhorizont des bereits durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht vertretenen Antragstellers gewürdigt werden. Dieser Anwalt hat nicht nur unter dem 13. Juli 2023 (vgl. S. 8 eBA) das Einverständnis des Antragstellers mit der avisierten medizinisch-psychologischen Begutachtung mitgeteilt. Er hat auch nach der unter dem 14. Juli 2023 gewährten Akteneinsicht in den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners binnen der bis zum 28. Juli 2023 verlängerten (vgl. S. 7 eBA) Frist für eine Stellungnahme zu dem Anhörungsschreiben vom 10. Juli 2023 (S. 4 eBA 2) den (erst später) behaupteten Probierkonsum nicht geltend gemacht, geschweige denn substantiiert geschildert und als denkbaren Einwand gegen die angekündigte Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung vorgebracht. Da dem Fachanwalt für Verkehrsrecht die damit verbundene rechtliche Problematik mangelnder Mitwirkung bekannt sein musste, konnte es ihn und den Antragsteller nicht erstaunen, dass daraufhin die Begutachtungsanordnung vom 28. Juli 2023 - wie angekündigt - erging. Vielmehr musste die in der Begründung dieser Anordnung vertretene Auffassung, es sei auch dann von einem gelegentlichen Konsum auszugehen, wenn kein zweiter Konsumvorgang nachgewiesen sei, lediglich als die vorhersehbare - allerdings fragwürdig formulierte - Positionierung des Antragsgegners zu den soeben unter II. 4. dargestellten Rechtsfragen gewertet werden. Bei richtiger Beantwortung dieser Rechtsfragen musste dem durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht vertretenen Antragsteller dann aber klar sein, dass er die Gutachtenanordnung vom 28. Juli 2023 zu befolgen hatte, weil zu Recht von einem gelegentlichen Konsum auszugehen war, weil und solange er seinen angeblichen Probierkonsum (und des nachfolgenden Entschlusses, ein Kraftfahrzeug zu führen) nicht substantiiert geschildert hatte. Das Risiko aufgrund einer - sei es auch vertretbaren - abweichenden Rechtsauffassung objektiv seiner Mitwirkungslast nicht nachzukommen, hat der Antragsteller zu tragen. Indessen dürften - angesichts des nach fachanwaltlicher Beratung zunächst erteilten Einverständnisses mit der Begutachtung - ohnehin keine abweichenden Beurteilungen von Rechtsfragen, sondern vielmehr die aufzubringenden Kosten und/oder die mutmaßlich fehlenden Erfolgsaussichten der Begutachtung maßgeblich dafür gewesen sein, dass der Antragsteller ein medizinisch-psychologisches Gutachten nicht vorlegte.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

8. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an den Vorschlägen unter Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

III.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).