Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.09.2017, Az.: 12 ME 136/17

Fragestellungen der Fahrerlaubnisbehörde an behandelnde Ärzte des Betroffenen als anlassbezogen und verhältnismäßig im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren lediglich zur Vorbereitung etwa nachfolgender Anordnungen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.09.2017
Aktenzeichen
12 ME 136/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 49522
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2017:0929.12ME136.17.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 29.05.2017 - AZ: 15 B 2554/17

Amtlicher Leitsatz

Anlassbezogen und verhältnismäßig müssen auch solche Fragestellungen sein, die die Fahrerlaubnisbehörde im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren lediglich zur Vorbereitung etwa nachfolgender Anordnungen nach § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 FeV an behandelnde Ärzte des Betroffenen richtet.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 15. Kammer (Einzelrichter) - vom 29. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Mit Ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin dagegen, dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 24. März 2017 - 15 A 2553/17 - wiederhergestellt hat, soweit sich diese Klage gegen ihre Verfügungen zu Nrn. 1 und 2 des Bescheides vom 16. März 2017 (Bl. 8 ff. der Gerichtsakte - GA) richtete. Mit diesen Verfügungen entzog die Antragsgegnerin dem am I. J. 1934 geborenen Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis der Klasse 3 (einschließlich aller darin enthaltenen Klassen) und forderte ihn zur Abgabe seines Führerscheins auf. Die Entziehung der Fahrerlaubnis begründete sie mit einer Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen, auf die sie meinte, nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV schließen zu dürfen, weil der Antragsteller entgegen ihrer Anordnung vom 27. Oktober 2016 (Bl. 48 ff. der Beiakte zu 15 A 2553/17- BA 1 -) kein Einverständnis damit erklärt hatte, ein ärztliches Gutachten des verkehrsmedizinischen Dienstes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung über sich erstellen zu lassen, das sie neben einem augenärztlichen Gutachten (nach Anlage 6 der Fahrerlaubnisverordnung) gefordert hatte.

2

Der Anordnung vom 27. Oktober 2016 war ein polizeilicher Bericht an die Antragsgegnerin vom 20. April 2016 (Bl. 2 ff. BA 1) vorausgegangen, wonach sich aus dem Verhalten des Antragstellers anlässlich eines Verkehrsgeschehens am 30. März 2016 Zweifel daran ergaben, ob seine akustische und optische Wahrnehmungsfähigkeit ausreichten, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr sicher zu führen. Den späteren gerichtlichen Feststellungen im Bußgeldverfahren (vgl. Bl. 47 BA 1) zufolge fuhr der Antragsteller in Anbetracht der besonderen örtlichen Straßen- oder Verkehrsverhältnisse damals mit nicht angepasster Geschwindigkeit auf eine Unfallstelle zu. Die Antragsgegnerin nahm das umstrittene Verkehrsgeschehen zunächst zum Anlass, ihn mit Schreiben vom 29. Juni 2016 (Bl. 11 ff. BA 1) aufzufordern, einen ausführlichen Befundbericht seines behandelnden Arztes über seinen aktuellen Gesundheitszustand, einen von diesem Arzt vollständig auszufüllenden Fragebogen sowie ein augenärztliches Zeugnis nach Anlage 6 zu den §§ 12, 48 Abs. 4 und 5 FeV vorzulegen. In ihrem Begleitschreiben führte sie aus: "Sollte mir keine Nachricht zugehen, bin ich gehalten, ein formelles Verfahren zur Überprüfung ihrer Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen einzuleiten. Dabei würde ich die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung bzw. die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kostenpflichtig anordnen." In dem als Formblatt ausgestalteten Fragebogen wurde der behandelnde Arzt - untergliedert in zehn Themenkreise - aufgefordert, sämtliche Beeinträchtigungen des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens seines Patienten zu offenbaren, die aus medizinischer Sicht Bedenken gegen dessen Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründeten und gegebenenfalls Anlass für eine weiter gehende Untersuchung gäben. Der anwaltlich beratene Antragsteller legte dieses Formblatt ausgefüllt vor (vgl. Bl. 16 ff. BA 1), nachdem seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen durch den Hausarzt aus internistischer Sicht grundsätzlich positiv beurteilt worden war. Im Hinblick auf die fehlende verkehrsmedizinische Qualifikation des Hausarztes folgte die Antragsgegnerin dieser hausärztlichen Bewertung indessen nicht, sondern leitete aus den in das Formular eingetragenen Erkrankungen des Antragstellers - mit Ausnahme des eingeschränkten Hörvermögens - jeweils Zweifel an dessen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen her, die sie meinte durch das ärztliche Gutachten des verkehrsmedizinischen Dienstes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle gleichzeitig und umfassend klären zu müssen.

3

Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren des Antragstellers nach Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter anderem mit folgender Begründung entsprochen: Die Gutachtenanforderung vom 27. Oktober 2016 sei unverhältnismäßig, weil die Antragsgegnerin keine sachgerechte Untersuchungsreihenfolge festgelegt habe. Es entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass von überschießenden - vom Untersuchungsanlass her gesehen nicht erforderlichen - Untersuchungsvorgaben bzw. -inhalten mit Blick auf die damit einhergehenden Eingriffe in die Rechte des Betroffenen abzusehen sei. Dem Betroffenen dürfe nicht mehr an Untersuchungen abverlangt werden als erforderlich. Ergäben schon die bei den ersten fachärztlichen Untersuchungen (vorliegend etwa HNO und Augenarzt) gewonnenen Erkenntnisse eine hinreichende Erklärung des auffälligen Verhaltens des Antragstellers, so verböten sich mit Eingriffen in die Rechte des Betroffenen verbundene weitere Explorationen, weil sie für die behördliche Entscheidungsfindung nicht mehr notwendig seien. Dabei sei es unerheblich, dass ggf. sämtliche Untersuchungen bei einer Begutachtungsstelle durchgeführt werden könnten, weil jede hinzukommende Untersuchung die grundrechtliche Eingriffsintensität erhöhe. Davon ausgehend, dass das beschriebene Anlassgeschehen eine Untersuchung des Antragstellers auf dessen Seh- und Hörvermögen nahelege, hätte es das relativ mildeste und zugleich effektivste Mittel dargestellt, entsprechende Begutachtungen anzufordern und deren Ergebnisse abzuwarten.

II.

4

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 29. Mai 2017 hat keinen Erfolg, weil die dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, die mit dem Beschwerdeantrag der Sache nach begehrte kostenpflichtige Versagung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigen.

5

Das Verwaltungsgericht ist nämlich in seine Entscheidung selbständig tragender Weise und im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Gutachtenanforderung vom 27. Oktober 2016 zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses unverhältnismäßig und deshalb unrechtmäßig war, sodass der Antragsteller sie nicht befolgen musste und ihm seine entsprechende Weigerung im Rahmen des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV nicht entgegengehalten werden darf.

6

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die auf § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 FEV gestützte Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anlassbezogen und verhältnismäßig sein muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.2.2015 - BVerwG 3 B 16.14 -, DAR 2015, 216 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 8). Daraus folgt, dass zwischen dem zu Bedenken gegenüber der Kraftfahreignung Anlass gebenden Ausgangssachverhalt und einer nach den § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV festzulegenden Fragestellung ein hinreichender innerer Zusammenhang bestehen muss (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 6.4.2017 - DAR 2017, 339 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 13; VGH, Bad.-Württ., Beschl. v. 2.12.2013 - 10 S 1491/13 -, DAR 2014, 220 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 5). Dieser Beschränkung unterliegen indessen nicht nur diejenigen Aufklärungsmaßnahmen, die nach § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 FeV ergriffen werden sollen, sondern sie kennzeichnet das behördliche Aufklärungsziel insgesamt. Anlassbezogen und verhältnismäßig müssen deshalb auch diejenigen Fragestellungen sein, welche die Fahrerlaubnisbehörde an behandelnde Ärzte richtet, um die in § 11 FeV geregelten Aufklärungsmaßnahmen vorzubereiten. Aus der passiven Formulierung in § 46 Abs. 3 FeV, "Werden Tatsachen bekannt ...", kann für das Entziehungsverfahren geschlossen werden, dass es das Ziel der Aufklärung des Sachverhalts zu sein hat, die durch die bekannt gewordenen Tatsachen bedingten Eignungsbedenken zu klären, nicht aber aus Anlass solcher Bedenken den Betroffenen "ins Blaue hinein" unter einen gesundheitlichen Generalverdacht zu stellen und umfassend nach potentiell eignungsrelevanten ärztlichen Befunden auszuforschen, die dann als Anknüpfungstatsachen für weitere durch den Ausgangssachverhalt nicht gerechtfertigte Eignungsbedenken verwendet werden können. In der Umsetzung eines gemessen an diesem Maßstab materiell-rechtlich überschießenden Aufklärungsbestrebens der Behörde liegt zugleich ein nicht dem Zweck des § 24 Abs. 1 Satz 2 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) entsprechender Fehlgebrauch des Verfahrensermessens, wenn die ergriffene Aufklärungsmaßnahme mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der Fairness im Verwaltungsverfahren einhergeht. Überwiegendes spricht dafür, dass der Antragsgegnerin hier ein solcher Fehlgebrauch anzulasten ist. Denn der Ausgangssachverhalt gab ihr nicht nur - offensichtlich - keinen Anlass, den Hausarzt des Antragstellers zur umfassenden Angabe aller etwa fahrerlaubnisrelevanten Leiden (z. B. etwaiger Suchterkrankungen: "Alkohol, Drogen, Medikamente") seines Patienten zu veranlassen, sondern in dem an den Antragsteller gerichteten Begleitschreiben wurde sowohl der unzutreffende Eindruck erweckt, dass eine derartige behördliche Aufklärung geboten sei, als auch, dass der Antragsteller durch eine Mitwirkung daran die Einleitung eines "formellen Verfahrens" zur Überprüfung seiner Kraftfahreignung mit weiteren kostenpflichtigen Maßnahmen vermeiden könne. Es gibt jedoch keine gesondertes "formelles Verfahrens" zur Überprüfung der Kraftfahreignung, sondern lediglich ein einheitliches Verwaltungsverfahren zur (etwaigen) Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 9 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG), das die Antragsgegnerin ausweislich ihres Schreiben vom 29. Juni 2016 längst eingeleitet hatte. Außerdem lag es für sie schon in Anbetracht des Alters des Antragstellers auf der Hand, dass sich aus einem vollständig ausgefüllten Fragebogen mit erheblicher Wahrscheinlichkeit Anknüpfungspunkte für allein durch den Ausgangssachverhalt nicht gerechtfertigte weitere Eignungsbedenken ergeben könnten, dass aber durch die Stellungnahme eines Hausarztes, der in der Regel über keine verkehrsmedizinische Qualifikation verfügt, solche Bedenken nicht ohne weiteres auszuräumen sein würden. Dem entspricht es, dass sie sich nunmehr im Beschwerdeverfahren auf eine nicht ausreichende hausärztliche Sachkunde beruft, um darzulegen, warum die unter dem 27. Oktober 2016 angeordnete Begutachtung erforderlich sei. Es mussten ihr aber bereits zuvor die Aussichten des Antragstellers, durch eine Mitwirkung an ihren überschießenden "Vorermittlungen" weitere kostenpflichtige Untersuchungen zu vermeiden, als gering, seine Aussichten, solche Untersuchungen damit erst zu veranlassen, dagegen als hoch erscheinen. Deshalb stellt es eine unzutreffende Beschönigung ihres Vorgehens dar, dass sie auf der Seite 5 ihrer Beschwerdeschrift (Bl. 71, fünfter Absatz, GA) ausführt, es sei dem Antragsteller in Abwägung seiner Interessen zunächst die "freiwillige Vorlage" eines hausärztlichen Befundberichts "eingeräumt" worden. Vielmehr hat die Antragsgegnerin durch ihre überschießenden "Vorermittlungen" das Erfordernis der Anlassbezogenheit einer auf § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 FeV gestützten Untersuchungsanordnung umgangen und den Antragsteller mit ihren teilweise irreführenden Ausführungen in dem Begleitschreiben vom 29. Juni 2016 in einer nicht ganz fairen Weise bewogen, daran mitzuwirken.

7

Zutreffend macht die Antragsgegnerin allerdings geltend, dass im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren als neue Tatsachengrundlage auch die aus dem vom Hausarzt des Antragstellers ausgefüllten Fragebogen gewonnenen Erkenntnisse über Erkrankungen des Antragstellers verwertbar sind, nachdem der Antragsteller den Fragebogen selbst vorgelegt hatte. Insoweit gilt grundsätzlich nichts anderes, als in denjenigen Fällen, in denen ein Fahrerlaubnisinhaber der Behörde ein gestützt auf § 46 Abs. 3 FeV i. V. m. § 11 FeV angefordertes Gutachten vorgelegt hat, obwohl die Anordnung der Beibringung dieses Gutachtens rechtswidrig war (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.2010 - BVerwG 3 C 2.10 -, NJW 2010, 3318 [3319, Rn. 19]). Die Art und Weise, in der die Antragsgegnerin im vorliegenden Falle die Tatsachengrundlage für ihre spätere Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens erweitert hat, bleibt jedoch von Bedeutung für die Ausübung des ihr im Rahmen solcher Anordnungen eingeräumten Ermessens. Zwar hat sich das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.4.2010 - BVerwG 3 C 2.10 -, a. a. O.) für den Fall einer rechtswidrigen Gutachtenanordnung nach § 46 Abs. 3 FeV i. V. m. § 11 FeV auf den Standpunkt gestellt, die Anordnung erledige sich durch die Vorlage des Gutachtens in der Weise, dass von seitens der Behörde rechtswidrig erlangten Erkenntnissen nicht mehr gesprochen werden könne. Diese Überlegung kann aber nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden, weil die Antragsgegnerin - wie ausgeführt - ihre Erkenntnisse unter Umgehung gesetzlicher Vorschriften und unter Verletzung des Grundsatzes der Fairness im Verwaltungsverfahren erlangt hatte. In derartigen Fällen ist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB davon auszugehen, dass sich der Tatbestand einer rechtswidrigen Erlangung von Erkenntnissen nicht vollständig erledigt hat. Er führt zwar nicht zur Unverwertbarkeit solcher Erkenntnisse, wirkt aber in anderer Weise fort: Die Fahrerlaubnisbehörde ist nämlich - soweit die erlangte Tatsachenkenntnis nicht unabweisbar eine sofortige umfassende weitere Sachverhaltsaufklärung erzwingt - im Rahmen des ihr nach § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV zustehenden Ermessens aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in aller Regel gehalten, durch ein zeitlich gestaffeltes Vorgehen zunächst die wegen des Ausgangssachverhalts begründeten Eignungszweifel zu klären, ehe sie den Betroffenen damit belastet, dass sie den an rechtswidrig erlangte Tatsachenkenntnis anknüpfenden weiteren Eignungsbedenken nachgeht. Zwar fehlt dem Hausarzt des Antragstellers eine verkehrsmedizinische Zusatzqualifikation. Angesichts seiner internistischen Fachkenntnisse und der grundsätzlich positiven Beurteilung der Fahreignung des Antragstellers in dem von der Behörde angeforderten Fragebogen ist aber nicht zu erkennen, dass die Klärung der an den Inhalt des Fragebogens anknüpfenden weiteren Eignungsbedenken der Antragsgegnerin unabweisbar sofort erfolgen musste. Vielmehr ist dem Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der vorstehenden rechtlichen Einordnung des Geschehens darin zustimmen, dass ehe eine weitergehende Begutachtung des Antragstellers anzuordnen war, vorrangig versucht werden musste, abschließend zu klären, ob nicht die Einschränkungen des Seh- und Hörvermögens des Antragstellers zu dessen Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen führten. Erst nachdem dies geschehen war, hätte die Antragsgegnerin weiter gehende Maßnahmen ergreifen dürfen. Dabei spricht allerdings Überwiegendes dafür, dass eine nachfolgende weitere zeitliche Staffelung dieser Begutachtung nicht mehr erforderlich gewesen wäre. Vielmehr hätte sich der Antragsteller dann aufgrund seiner Multimorbidität und der Möglichkeit entsprechend kumulativ bedingter Eignungsmängel der umfassenden ärztlichen Begutachtung durch den verkehrsmedizinischen Dienst einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung stellen und ein entsprechendes positives Gutachten vorlegen müssen, um die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zu vermeiden. Gleiches dürfte auch für die - hier allerdings nicht entscheidungserhebliche - gegenwärtige Sachlage gelten, nachdem die inzwischen vorhandenen Gutachten zur Seh- und Hörfähigkeit des Antragstellers allein eine abschließende Klärung seiner Fahreignung nicht erlauben.

8

Soweit die Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung mit der Behauptung argumentiert, das augenärztliche Gutachten habe zum Zeitpunkt der Entziehung der Fahrerlaubnis noch nicht vorgelegen, ist ihr Vortrag aktenwidrig. Die Entziehungsverfügung datiert vom 16. März 2017, das Gutachten von 29. Dezember 2016 ging dagegen - wie von dem Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt - bereits am 30. Dezember 2016 bei der Antragsgegnerin ein (Bl. 91 f. BA 1).

9

Einer weiter gehenden obergerichtlichen Auseinandersetzung mit den Beschwerdegründen der Antragsgegnerin bedarf es nicht.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

11

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an den Vorschlägen unter den Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

12

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).