Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.12.2009, Az.: 5 LA 488/07

Konsequenzen des vorzeitigen Eintritts eines Beamten in den Ruhestand und Auswirkungen auf die rentenrechtliche Beurteilung der Eintrittssituation des Beamten; Zulässigkeit der Unterscheidung zwischen einem "verschuldeten" und einem "unverschuldeten" Eintritt in den Ruhestand

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.12.2009
Aktenzeichen
5 LA 488/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 29599
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2009:1223.5LA488.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 18.09.2007 - AZ: 7 A 38/06

Redaktioneller Leitsatz

Die Anwendung des § 55 BeamtVG a.F. (i.V.m. § 108 Abs. 1 BeamtVG) auf Personen, die ihr Arbeitsleben teils im Beamtenverhältnis und teilweise in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis verbracht haben, unterliegt weder im Hinblick auf die Rentenanrechnung noch im Hinblick auf die Festlegung der Höchstgrenze in Absatz 2 der Vorschrift verfassungsrechtlichen Bedenken.
Im Übrigen kommt es für die Rechtfertigung der Rentenanrechnung nicht darauf an, aus welchen Gründen der Beamte vorzeitig in den Ruhestand getreten ist.

Gründe

1

I.

Der Kläger, der sich ehedem im Klagewege über drei Instanzen erfolglos gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gewandt hatte (vgl. Bl. A1 f. und A11 f. der Beiakte - BA - A), begehrt nunmehr in dem vorliegenden Rechtsstreit die Aufhebung eines Ausgangsbescheides vom 6. Juli 2005 (Bl. 4 f. der Gerichtsakte - GA -) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2005 (Bl. 6 f. GA), durch den seine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 288,12 EUR (Bl. 8 GA) auf seine Versorgungsbezüge angerechnet wurde und mit dem der Beklagte überzahlte Versorgungsbezüge in Höhe von 455,96 EUR zurückforderte.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger die Zulassungsgründe des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend.

3

II.

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil die Zulassungsgründe, auf die sich der Kläger beruft, teilweise bereits nicht hinreichend gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt sind und im Übrigen jedenfalls nicht vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

4

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23. 6. 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 [1459]). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 27. 3. 1997 - 12 M 1731/97-, NVwZ 1997, 1225 [1228];Beschl. v. 23. 8. 2007 - 5 LA 123/06 -; BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838 [839]). Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substanziell mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (Happ, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 63). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Happ, a.a.O., § 124a Rn. 64, m.w.N.).

5

Gemessen an diesen Maßstäben ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO teilweise bereits nicht hinreichend dargelegt und liegt im Übrigen jedenfalls nicht vor.

6

Erfolglos macht der Kläger geltend, dass gegen § 55 BeamtVG alter Fassung - a.F. - [i.V.m. § 108 Abs. 1 BeamtVG] und seine Anwendung auf die vorliegende Fallgestaltung verfassungsrechtliche Bedenken bestünden.

7

Es kommt hier nicht darauf an, ob der Kläger "unverschuldet" vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde.

8

Zutreffend verweisen der Beklagte und die Vorinstanz vielmehr auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - (NVwZ 1988, 329 ff. [333 ff.]), der über die verfassungskonforme Rechtfertigung einer Rentenanrechnung Aufschluss gibt:

9

Bei Personen, die ihr Arbeitsleben teils im Beamtenverhältnis und teilweise in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis verbracht haben, bringt es das Nebeneinander von beamtenrechtlichem Versorgungssystem und gesetzlicher Rentenversicherung mit sich, dass Ansprüche auf Leistungen zur Alterssicherung getrennt erwachsen und sich kumulieren. Diese Häufung kann zu einer Gesamthöhe der Bezüge führen, die dem Gesetzgeber unter Gleichheitsgesichtspunkten aus politischen Gründen unerwünscht ist: Der Empfänger erhält unter Umständen weit mehr als ihm das beamtenrechtliche Versorgungssystem und die gesetzliche Rentenversicherung von ihren Grundgedanken her jeweils verschaffen sollen. So liegt der Fall regelmäßig, wenn Personen ihr Berufsleben teilweise im rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und teilweise im Beamtenverhältnis zurückgelegt haben. Renten und Versorgungsbezüge sind nämlich - mit unterschiedlicher Intensität - seit der Rentenreform von 1957 jeweils so gestaltet, dass auch bei einem verkürzten Berufsgang eine hinreichende finanzielle Grundlage für die Folgezeit verbleibt. Diese versorgungsmäßige Besserstellung beruht auf der relativen Überhöhung von Rente und Ruhegehalt bei vorzeitigem Abbruch der Tätigkeit. Sie rechtfertigt sich bei einer Person, die lediglich Ansprüche aus einem der beiden Versorgungssysteme erworben hat, unter sozialen Gesichtspunkten, und zwar aus dem Umstand, dass der Betroffene insgesamt nur in einem geminderten Zeitraum seine Arbeitskraft zur Begründung einer Altersversorgung einsetzen kann. Wenn er aber nur den Status wechselt und während weiterer Zeiten im Bereich eines anderen Versorgungssystems tätig ist, so entfällt damit die Voraussetzung für die erhöhten Ruhebezüge aus dem früheren Rechtsverhältnis. In der neuen Beschäftigungsphase stellt sich das gleiche Problem. Da der Betroffene auch hier nur einen Teil der normalen Lebensarbeitszeit verbringt, erwirbt er wiederum einen überproportional bemessenen Versorgungsanspruch. Es treffen also bei ihm zwei Vergünstigungen zusammen, ohne dass die sie rechtfertigenden Gründe - nämlich die sozialen sowie die fürsorge- und amtsbestimmten Gesichtspunkte - vorliegen. Seine versorgungsmäßige Besserstellung lässt sich aber anderweitig aus der Sache selbst (wie z.B. aus einer längeren oder größeren Arbeitsleistung) nicht begründen. Der Gesetzgeber ordnet also eine Kürzung der Versorgungsbezüge an, um die Überhöhung einer Gesamtversorgung zu beseitigen, die nicht durch eine Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern dadurch entstanden ist, dass Rentenrecht und Beamtenversorgungsrecht nicht hinreichend aufeinander abgestimmt, weil unterschiedlich strukturiert sind und dass die für den Fall einer verkürzten Lebensarbeitszeit im einen wie im anderen Bereich vorgesehene und insoweit sozial gerechtfertigte überproportionale Versorgung auch dem Mischlaufbahn-Beamten - allerdings grundlos - zugute kommt.

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Hieraus ergibt sich nicht nur, dass es keines Verschuldens des Versorgungsempfängers bedarf, um die Rentenanrechnung zu rechtfertigen, sondern auch, dass es nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen der Beamte vorzeitig in den Ruhestand getreten ist (Nds. OVG, Beschl. v. 4. 2. 2009 - 5 LA 78/07 -). Denn die unerwünschte Überversorgung tritt - systembedingt - unabhängig davon ein, aus welchen Gründen der Beamte vorzeitig pensioniert wurde.

11

Der Kläger bestreitet gleichwohl, dass es in seinem Falle zu einer unerwünschten Überversorgung komme. Seine Argumentation geht jedoch an der Rechtslage vorbei. Er meint, dass seine Altersrente aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn deshalb nicht angerechnet werden dürfe, weil er durch seine "Zwangspensionierung" unverschuldet einen [auszugleichenden] wirtschaftlichen Schaden erlitten habe, indem er daran gehindert worden sei, weitere Versorgungsanwartschaften zu erlangen und durch spätere Beförderungen zu erhöhen, sodass er stattdessen gezwungen gewesen sei, eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit aufzunehmen, deren Früchte ihm folglich ungeschmälert erhalten bleiben müssten. Nach dem Ergebnis der Vorprozesse steht aber rechtskräftig (§ 121 Nr. 1 VwGO) fest, dass die Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit rechtens war. Eine irgendwie geartete Kompensation für seine "Zwangspensionierung" und deren Folgen kann er daher von seinem Dienstherrn nicht beanspruchen. Sein Bestreben, gleichsam "durch die Hintertüre" versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als wäre seine vorzeitige Pensionierung ein Unrecht, das ungeschehen zu machen sei, findet in der Rechtsordnung keine Stütze.

12

Dementsprechend hält es der Kläger auch fälschlich für einen Verstoß gegen das Fürsorge- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG), dass nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 a) BeamtVG a.F. bei der Berechnung der Höchstgrenze, bis zu der ihm Versorgungsbezüge ungeschmälert neben der Rente gezahlt werden, lediglich die Endstufe der Besoldungsgruppe des zuletzt tatsächlich innegehabten Amtes zugrunde gelegt wird und dadurch während eines unterstellten Berufslebens als Nur-Beamter mögliche Beförderungen nicht im Wege einer fiktiven Laufbahnnachzeichnung berücksichtigt werden. Auch in diesem Punkte ist er auf den schon genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - (a.a.O., S. 336) zu verweisen:

13

Der Gesetzgeber war durch Art. 33 Abs. 5 GG nicht daran gehindert, bei der Festlegung der Höchstgrenze in § 55 Abs. 2 BeamtVG a.F. lediglich auf das zuletzt tatsächlich innegehabte Amt abzustellen und Beförderungen, die bei einem Berufsleben als Nur-Beamter erreichbar gewesen wären, unberücksichtigt zu lassen. Ein Abweichen von dem gerade zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums - insbesondere dem Leistungsgedanken im öffentlichen Dienst und dem Charakter der Alimentation als Gegenleistung - gehörenden Prinzip, dass das Ruhegehalt des Beamten und die Hinterbliebenenbezüge auf der Grundlage der Dienstbezüge des letzten vom Beamten bekleideten Amtes zu berechnen sind, ist mit Blick auf den Alimentationsgrundsatz nicht geboten. Besoldung und Versorgung des Beamten und seiner Familie haben ihre gemeinsame Wurzel im Beamtenverhältnis und müssen immer im Zusammenhang mit der Dienstverpflichtung und Dienstleistung des Beamten gesehen werden. Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung sind ebenso wie die Dienstbezüge die vom Staat festzusetzende Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass der Beamte sich ihm im Rahmen des gegenseitigen öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses mit seiner ganzen Persönlichkeit und unter Einsatz seiner vollen Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflicht nach Kräften erfüllt hat. Da die Alimentation seit jeher amtsbezogen und amtsangemessen zu sein hat, sind nach den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums mit der Übertragung eines höheren Amtes in aller Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden. Die höhere besoldungsrechtliche Einstufung ist also die unmittelbare Folge der Übertragung eines höherwertigen Amtes. Aus dem engen Zusammenhang von Besoldung und Versorgung folgt, dass die in einer Beförderung liegende Anerkennung einer Leistung nach dem Leistungsprinzip im System der Beamtenversorgung nicht auf die Zeit beschränkt bleibt, in der sich der Beamte im aktiven Dienst befindet. Die Abstufung des angemessenen Lebensunterhalts nach Amt und Verantwortung wirkt in die Zeit des Ruhestands hinein und gilt auch für das Ruhegehalt. Da jedes Beförderungsamt durch erhöhte Amtsverantwortung gekennzeichnet ist und jede Beförderung nur nach Leistung erfolgen darf, wird dem Leistungsprinzip dadurch Rechnung getragen, dass der Entgeltfaktor hinsichtlich der Altersversorgung auf das vom Versorgungsempfänger zuletzt innegehabte Amt bezogen ist und sich die Qualität der Dienstleistung auf diese Weise günstig auf die Höhe der Versorgung auswirkt. Zur Wahrung des Leistungsgrundsatzes bedeutet amtsgemäße Versorgung demzufolge im System der Beamtenversorgung, dass Beförderungen sich in der Höhe der Altersversorgung niederschlagen müssen und die Versorgung grundsätzlich nach dem zuletzt innegehabten Amt zu bemessen ist. Ein Anknüpfen an das jeweilige Spitzenamt einer Laufbahn (hier: Amtsinspektor im JVD) - liefe dagegen dem Leistungsprinzip zuwider, da es dazu führen würde, dass anstelle der förmlich anerkannten nunmehr eine bloß vermutete Eignung, Befähigung und fachliche Leistung über die Bemessung des fiktiven Ruhegehalts als Berechnungsfaktor der Höchstgrenze bestimmte und die Alimentation ihren Charakter als Gegenleistung verlöre. Der rentenbeziehende Versorgungsempfänger würde dann mit seiner Gesamtversorgung für etwas entgolten, was er gar nicht geleistet hat.

14

Diese Gesichtspunkte sind nicht etwa aufgrund einer seit 1987 stark veränderten, gesellschaftlichen und sozialen Lage überholt. Vielmehr beanspruchen sie weiterhin Gültigkeit (BVerfG, Beschl. v. 16. 3. 2009 - 2 BvR 1003/08 -, veröffentlicht in [...]). Da der Kläger hiernach nicht in die Lage versetzt werden muss, in der er sich - möglicherweise - befände, wenn er nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden wäre, kann er nicht den Lebensstandard als "amtsangemessen" beanspruchen, der einem pensionierten Amtsinspektor im JVD zustünde. Dieser Lebensstandard ist ihm folglich auch nicht durch einen vollständigen oder weiter gehenden Verzicht auf die Anrechnung seiner Altersrente zu eröffnen.

15

Dem Kläger hätte es frei gestanden, ehedem einen Teil seiner aktiven Dienstbezüge für eine zusätzliche private Absicherung zu verwenden. Es war seine eigene Entscheidung, dies nicht zu tun. Ob eine andere Entscheidung heute "selbstverständlich" wäre, ist rechtlich unerheblich; denn selbst eine solche "Selbstverständlichkeit" geböte keinen Verzicht auf das teilweise Ruhen seiner Versorgungsbezüge.

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Eine "unangemessen Benachteiligung" des Klägers ist weder im Verhältnis zu anderen Beamten noch zu anderen Rentnern gegeben.

17

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Standpunkt eingenommen, dass in den Anspruch des Klägers gegen die gesetzliche Rentenversicherung nicht eingegriffen wurde, sodass insoweit eine durch Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EU-GRCharta geschützte Rechtsposition nicht verletzt sein kann. Es liegt hier keine "Entwertung" der gesetzlichen Rente des Klägers vor. Vielmehr wird ihm lediglich mit einer von ihm nicht akzeptierten Begründung weniger Versorgung gezahlt, als er meint beanspruchen zu können. Der Umstand, dass die tatsächlichen Auswirkungen des teilweisen Ruhens der Versorgungsbezüge denjenigen vergleichbar sind, die einträten, wenn bei ungeschmälerter Versorgung die Altersrente des Klägers "gekürzt" würde, rechtfertigt keinen Wechsel der rechtlichen Perspektive.

18

Soweit der Kläger eine Verletzung europarechtlicher Vorschriften durch die Vorinstanz rügt, genügt die Begründung seines Zulassungsantrages bereits nicht den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. In Ansehung der Art. 17 und 39 EU-GRCharta fehlt es seinem Zulassungsvorbringen an der gebotenen, substanziellen Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, die sich im zweiten und dritten Absatz auf der Seite 11 sowie im ersten Absatz auf der Seite 12 des Urteilsabdrucks finden. Soweit der Kläger ergänzend Art. 6 Abs. 2 EUV a.F. (nunmehr Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 EUV) sowie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erwähnt, führt dies nicht hinreichend auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dasselbe gilt für seinen Hinweis, dass seine Altersbezüge, - sei es nun in Gestalt seiner Rente oder seiner Beamtenpension - auch europarechtlich, und zwar namentlich nach Art. 34 EU-GRCharta (vgl. dazu etwa: Kingreen, in: Callies/Ruffert [Hrsg.], EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 34 GRCh), zu beurteilen seien. Denn der Kläger lässt nähere Ausführungen dazu vermissen, welche abstrakten, europarechtlichen Anforderungen sich daraus seines Erachtens ergeben, und warum diese Anforderungen in dem hier vorliegenden, konkreten Einzelfall dergestalt nicht eingehalten sein sollen, dass dies eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nach sich ziehe, die, weil der Bescheid ihn zugleich in eigenen Rechten verletze, gemäߧ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu dessen Aufhebung hätte führen müssen. Die schlichte Behauptung, eine bislang zumindest teilweise unterbliebene Prüfung anhand der europäischen Normen - deren Auslegung erst noch vorab durch den "Europäischen Gerichtshof" zu klären sei - werde gewiss, oder doch zumindest möglicherweise eine Verletzung des europäischen Rechts ergeben, reicht zur schlüssigen Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht hin. Vielmehr lässt die Gedankenführung des fachanwaltlich vertretenen Klägers die fallbezogene Auslegung der angeführten Vorschriften ebenso vermissen wie eine durchgängige Subsumtion des Sachverhalts unter die zitierten Normen. Der Senat vermag hieraus nicht auf eine Verletzung europäischen Rechts zu schließen.

19

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist ebenfalls nicht genügend dargelegt und liegt im Übrigen nicht vor.

20

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache, wenn sie eine konkrete (Happ, in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 72; Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124a VwGO Rn. 211), grundsätzliche und fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...]). Daher ist die grundsätzliche Bedeutung einer zu ausgelaufenem Recht aufgeworfenen Rechtsfrage in der Regel zu verneinen; anderes gilt nur, wenn die Beantwortung der Frage für einen nicht überschaubaren Personenkreis auf nicht absehbare Zeit auch künftig noch Bedeutung hat (Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124 Rn. 44, m.w.N.). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Hess. VGH, Beschl. v. 22. 10. 2002 - 8 UZ 179/01 -, NVwZ 2003, 1525 [1526], m.w.N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene, konkrete Frage zu formulieren (Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 -, a. a. O; Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 72) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 -, a.a.O., m.w.N.).

21

Mit der Frage, "ob § 55 BeamtVG [a.F.] in seiner jetzigen Ausgestaltung 'möglicherweise' Verfassungsrecht und Europarecht verletzt" hat der Kläger bereits keine hinreichend konkrete Rechtsfrage formuliert. Denn es werden nicht einmal die Artikel und Absätze der Verfassung bzw. die Normen, Artikel und Absätze der Rechtsordnung "Europarecht" bezeichnet, die durch § 55 BeamtVG [a.F.] verletzt sein sollen. Im Übrigen ist weder ersichtlich noch dargelegt, inwiefern bereits die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in einem Berufungsverfahren entscheidungserheblich sein könnte. Davon abgesehen ist jedenfalls die Frage nach der Anwendbarkeit und Verfassungsmäßigkeit des§ 55 BeamtVG a.F. durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dessen Beschlüssen vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - (NVwZ 1988, 329 ff.) und vom 16. März 2009 - 2 BvR 1003/08 - ([...]) bereits bejahend beantwortet worden. Eine weiter gehende Klärungsbedürftigkeit zeigt der Kläger nicht überzeugend auf.

22

Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (vormals Art. 234 Abs. 3 EGV) sind nicht gegeben.

23

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).